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2. Preis Christoph Heilig: Intelligentes Design oder Theistische

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong><br />

<strong>Theistische</strong> Evolution?<br />

Zum Verständnis von Gottes Schöpfungshandeln im Spannungsfeld von<br />

Wissenschafts-„Kultur“ und christlicher Ursprungsperspektive<br />

CHRISTOPH HEILIG<br />

10. September 2008


<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

1<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Intelligentes</strong> <strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong><br />

<strong>Theistische</strong><br />

Evolution?<br />

Evolution?<br />

Zum Verständnis von Gottes Schöpfungshandeln im Spannungsfeld von<br />

Wissenschafts-„Kultur“ und christlicher Ursprungsperspektive<br />

HINFÜHRUNG: ZWEIMAL WISSENSCHAFTS-„KULTUR“ .................................................................. 3<br />

I. TAXONOMIE UND DEFINITIONEN ZUR URSPRUNGSFRAGE ........................................................... 5<br />

TELEOLOGISCHE UND ATELEOLOGISCHE POSITION .................................................................. 5<br />

DIE DEBATTE ZWISCHEN DEN ZWEI POSITIONEN ................................................................. 5<br />

TELEOLOGIE, PLAN UND INTELLIGENTER AGENT ................................................................. 5<br />

TELEOLOGISCHE POSITION UND PERSPEKTIVE: EINE WICHTIGE DIFFERENZIERUNG ............................ 6<br />

META-TELEOLOGIE .................................................................................................... 6<br />

PSEUDO-ATELEOLOGIE ............................................................................................... 7<br />

DIE TELEOLOGISCHE PERSPEKTIVE .................................................................................. 7<br />

MODELLBILDUNG IM RAHMEN DER ÜBERGEORDNETEN PERSPEKTIVEN ........................................... 8<br />

SPEZIFISCHES DESIGN .................................................................................................. 8<br />

ATELEOLOGISCHE ERKLÄRUNGSVERSUCHE ........................................................................ 9<br />

EXKURS: INTELLIGENTES DESIGN ....................................................................................... 9<br />

INTELLIGENTES DESIGN – DIE TELEOLOGISCHE PERSPEKTIVE AUF DIE URSPRUNGSFRAGE .................. 9<br />

INTELLIGENT DESIGN – EINE POLITISCHE BEWEGUNG AUS DER JÜNGSTEN VERGANGENHEIT? ............ 10<br />

INTELLIGENT DESIGN – EIN PLEONASMUS? ........................................................................ 10<br />

INTELLIGENTES DESIGN – OPTIMALES DESIGN? .................................................................. 12<br />

INTELLIGENT DESIGN – EINE NATURWISSENSCHAFTLICHE „ERKLÄRUNG/THEORIE“? ...................... 13<br />

INTELLIGENT DESIGN – GEGENSTÜCK ZUR „EVOLUTION“? ..................................................... 14<br />

II. RECHTFERTIGUNG DER TELEOLOGISCHEN PERSPEKTIVE IN DER DISKUSSION UM DIE URSPRUNGSFRAGE ... 16<br />

ATELEOLOGISCHES UND TELEOLOGISCHES POSTULAT UND ARGUMENTATIONSSTRUKTUR .................. 16<br />

VON DER BEWEISLAST UND DER METHODISCHEN GESUNDHEIT ................................................... 16<br />

DIE URSPRUNGSFRAGENBURG .......................................................................................... 17<br />

ERSTE MÖGLICHKEIT ................................................................................................. 18<br />

ZWEITE MÖGLICHKEIT: .............................................................................................. 19<br />

POSITIVE HINWEISE AUF DESIGN - DAS UNMÖGLICHE DOCH MÖGLICH? ........................................ 20<br />

III. PERSPEKTIVENFINDUNG IM RAHMEN DER VERTRETENEN WELTANSCHAUUNG ................................ 21<br />

PERSPEKTIVEN- VS. WAHRHEITSFINDUNG ............................................................................ 21<br />

SYSTEMATIK DES NICHT-WISSENS ...................................................................................... 21<br />

SCHERERS ANSATZ: DREI HALTUNGEN BEI SYSTEMATISCHEM NICHTWISSEN ................................ 21<br />

EIGENE ÜBERLEGUNGEN: QUANTIFIZIERUNG DES „ARGUMENTUM AD IGNORANTIAM“ .................... 22<br />

SYNTHESE: ............................................................................................................. 25<br />

TRANSSUBJEKTIVER SCHLUSS AUF DESIGN? ........................................................................... 27<br />

DER APPELL AN KONSEQUENTES SCHLUSSFOLGERN ............................................................. 27<br />

DER POTENTIELLE DESIGNER ....................................................................................... 27<br />

KOCHREZEPTE ZUR PERSPEKTIVEN-FINDUNG ....................................................................... 31<br />

THEISTEN ............................................................................................................... 31<br />

ATHEISTEN ............................................................................................................. 38<br />

SCHLUSSWORT ............................................................................................................... 42


DANK .......................................................................................................................... 43<br />

LITERATUR .................................................................................................................... 43<br />

ANHANG I: DAS „POSITIVE“ ARGUMENT „FÜR“ INTELLIGENTES DESIGN ........................................... 50<br />

DER „ANSCHEIN VON PLANUNG“ ...................................................................................... 50<br />

EMPIRISCHES DESIGN – WAS ES WIRKLICH LEISTEN KANN… UND WAS NICHT .................................. 52<br />

UHREN „SIND“ DESIGNT… ........................................................................................... 52<br />

PALEY UND COUNTERFLOW ........................................................................................ 54<br />

ABKÜRZUNG UND UMWEG .......................................................................................... 58<br />

SPEZIFISCHES DESIGN UND DESIGN-ERLEBNISSE .................................................................. 59<br />

DAS ARGUMENT „FÜR“ DESIGN IST EIN „ARGUMENTUM AD IGNORANTIAM“ ..................................... 60<br />

ZWEI BEISPIELE – WIE WIRD DER SCHLUSS AUF DESIGN GETÄTIGT? ........................................... 61<br />

ANHANG II: NATURWISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNG IM RAHMEN DER TELEOLOGISCHEN PERSPEKTIVE ... 64<br />

GEHÖRT DIE TELEOLOGISCHE PERSPEKTIVE IN DEN BEREICH DER NATURWISSENSCHAFT? ................... 64<br />

DIE DESIGNERUNABHÄNGIGE TELEOLOGISCHE PERSPEKTIVE ................................................... 64<br />

WAS EIGENTLICH AUF WISSENSCHAFTLICHKEIT HIN GEPRÜFT WERDEN MUSS ............................... 65<br />

WELTANSCHAULICHE MOTIVATIONEN UND IMPLIKATIONEN .................................................. 65<br />

ZUM WISSENSCHAFTSTHEORETISCHEN FORMAT DER TELEOLOGISCHEN PERSPEKTIVE ..................... 68<br />

FORSCHUNGSINHALTE ................................................................................................... 69<br />

EVOLUTIONSFORSCHUNG – THE EDGE OF EVOLUTION ........................................................ 69<br />

DER BREITERE RAHMEN UND DIE MODELLBILDUNG ............................................................. 69<br />

EINE „GENERALTHEORIE“ INTELLIGENTEN DESIGNS? ............................................................ 71<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

2


<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

3<br />

Hinführung: Hinführung: Zweimal Zweimal Wissenschafts<br />

Wissenschafts-„Kultur“<br />

Wissenschafts „Kultur“<br />

Wenn wir als Mitteleuropäer unsere kulturellen Leitmotive betrachten, sticht dabei besonders eines— ob man<br />

das bedauert <strong>oder</strong> nicht – hervor: Das der Naturwissenschaft. Wir leben ohne Zweifel in einem<br />

Wissenschaftszeitalter, in einer Wissenschaftskultur.<br />

Das Partizip zum lateinischen „cultus“, „colere“ heißt nicht von ungefähr „eine Gottheit verehren“: Die<br />

Naturwissenschaft ist die Gottheit dieser Generation—ihr gilt Hoffnung (etwa bezüglich der Entdeckung von<br />

wichtigen Medikamenten), sie soll Erlösung bringen, die Welt verbessern, den Hunger abschaffen und ein stabiles<br />

Klima etablieren. Als Bauer betet man nicht mehr für eine gute Ernte—man greift auf die Erkenntnisse der<br />

Wissenschaft, auf die neusten Technologien zurück, um den Ertrag zu steigern. „Colore“ heißt auch „das Feld<br />

bebauen, pflegen“ – wie wir das machen, sagt in der Tat viel über unsere Kultur aus.<br />

Man mag als Christ einer solchen Entwicklung kritisch gegenüberstehen, gar zum Fortschritts-Pessimisten und<br />

Einsiedler werden. Man kann dabei aber von einem nicht ablenken: Die m<strong>oder</strong>nen Naturwissenschaften sind nicht<br />

grundlos in einem christlichen Umfeld aufgekeimt! (Jäger 2007, Schaeffer 2000). Sie waren – das lässt sich nicht<br />

leugnen – lange Zeit ein Teil christlich-abendländischer Kultur. Wenn sie nun also zu einer Art Gegenbewegung<br />

zu einer aus einem christlichen Weltbild abgeleiteten Kultur werden, plötzlich gar für moralische Fragen<br />

zuständig sind und in Sphären vorstoßen, wie sonst nur religiöses Gedankengut, müssen wir uns fragen, woran das<br />

liegt.<br />

Dazu ist es wichtig zu wissen, dass auch in den Naturwissenschaften so etwas wie eine „Kultur“ besteht. Dieses<br />

Methodeninventar gibt vor, wie Erklärungen und Theorien formuliert und auf welche Weise getestet und<br />

ausgebaut werden können und wie man verschiedene Thesen evaluiert. Es ist in etwa Vergleichbar mit einer „Ess-<br />

Kultur“, die vorgibt, wie man sich bei der Nahrungsaufnahme zu verhalten hat. Und diese Kultur wird heutzutage<br />

ohne Gott ausgeübt – ganz so, wie wenn vor der Mahlzeit das Tischgebet entfallen würde.<br />

Ich möchte keinesfalls bestreiten, dass etwa der „methodischer Naturalismus“ ein wichtiger Teil des genannten<br />

Sets an Werkzeugen ist. Hier geht es um grundlegendere Dinge: Es ist auffallend, dass Gott aus immer mehr<br />

Bereichen, welche die Naturwissenschaft behandelt, verdrängt wird: Die Seele (und Gott selbst) muss der<br />

Neurotheologie weichen, sein zorniges Blitz-Schleudern in Zeus-Manier den Erkenntnissen der Meteorologie und<br />

die Heilungen Jesu erscheinen angesichts der rezenten medizinischen Erfolge gerademal als Lehrlingsstück.<br />

Während zumindest die letzten beiden eine sinnvolle naturalistische, naturwissenschaftliche Aufarbeitung<br />

bekamen – und obendrein noch immer genügend Raum für Gottes Handeln hinter den naturwissenschaftlich<br />

erfassbaren Dingen erlauben (Hemminger 2007) – kann dies von einer anderen wichtigen Fragestellung nicht<br />

gesagt werden: In all den Jahrhunderten der Kirchengeschichte mögen verschiedene Auffassungen darüber<br />

bestanden haben, wie genau Gottes Schöpfungshandeln zu verstehen sei – dass damit jedoch ein aktiver<br />

Gestaltungs-Prozess dieser Welt verbunden war, dessen zugrundeliegender Plan uns durch Forschungsarbeit<br />

offenbart werden kann, galt als selbstverständlich (Dembski et al. 2008) 1 . Erst in jüngster Vergangenheit haben<br />

Anschauungen massiv an Bedeutung gewonnen, denen nach Gott zwar als Planer der Welt agiert, jedoch „nur“ auf<br />

einer übergeordneten – naturwissenschaftlich nicht fassbaren – Ebene. Besonders auffallend ist, dass dieses<br />

Hinausdrängen Gottes aus naturwissenschaftlichen Überlegungen zur Ursprungsfrage nicht etwa nur von<br />

Atheisten gefordert wird, sondern gerade von Christen überzeugt vorangetrieben wird. Ein naturwissenschaftlich<br />

erkennbares Eingreifen Gottes in den Schöpfungsprozess seiner Welt wird gegenwärtig in christlichen Kreisen<br />

derart einhellig abgelehnt (vgl. EKD 2008), dass die Position, die Aufgabe dieses Elements sei für das<br />

Christentum nicht nur unnötig, sondern sogar unangebracht, geradezu zwangsläufig einer Provokation<br />

gleichkommen muss.<br />

1 Auch wenn dies teilweise bestritten wurde, beispielsweise von Howard van Till (vgl. dazu „Origins & <strong>Design</strong>“, Vol. 19,<br />

No.1“. Dembski et al. (2008) widerlegen eine solche Einordnung jedoch effektiv.


Dennoch möchte ich gerne den Versuch unternehmen, die Gründe für einen solchen Standpunkt darzulegen.<br />

Meines Erachtens lässt sich zeigen, dass das Ablehnen eines „intelligenten <strong>Design</strong>s“ (s.u.) Gottes in der heutigen<br />

Zeit, bei der gegenwärtigen Datenlage, atheistische Voraussetzungen benötigt und daher für Theisten <strong>oder</strong> gar<br />

Christen eigentlich nicht zur Diskussionen stehen sollte, wenn diese innerhalb ihres Denkrahmens konsequente<br />

Schlüsse ziehen.<br />

Meine Argumentation möchte ich in drei Hauptabschnitte unterteilen: Im ersten sollen vor allem Definitionen<br />

abgeklärt werden, und dadurch eine Grundlage geschaffen werden, auf die im weiteren Textverlauf aufgebaut<br />

werden soll.<br />

Der zweite Hauptabschnitt beschäftigt sich mit der Rechtfertigung einer teleologischen Perspektive in der<br />

Diskussion um die Ursprungsfrage allgemein, der dritte speziell mit meiner These, dass man als Theist und Christ<br />

eben diese einnehmen sollte, wenn man konsequente Schlussfolgerungen aus seinen Denkvoraussetzungen<br />

ableiten will. Dabei soll der starke Zusammenhang zwischen vertretener Weltanschauung des Individuums und<br />

seiner Sicht auf den Ursprung der Welt aufgezeigt und damit Kritik an der szientistischen Wissenschafts-Kultur<br />

unserer Zeit geübt werden, die meint, den Streit um die Ursprungsfrage auf rein naturwissenschaftlicher Ebene<br />

und ohne außer- bzw. übernatürliche Bezüge lösen zu können. Ebenso soll jedoch auch gezeigt werden, inwiefern<br />

die christliche Position auch das Aufgeben einer wissenschaftsinternen Kultur fordert, welche Gott als erkennbaren<br />

Schöpfer der Welt ausschließt.<br />

Der Aufsatz weist einen ANHANG I und einen ANHANG II auf. Beide Texte sind nicht etwa themenfremde<br />

Diskussionen, die den drei Hauptteilen angehängt sind, sondern bilden mit diesen eine Einheit. Dass sie nicht als<br />

Kapitel in den Hauptverlauf des Textes eingegliedert sind (wie sie es anfangs waren), hat folgende Gründe:<br />

ANHANG I behandelt einen für die Diskussion des „Intelligent <strong>Design</strong>“ äußerst kritischen Punkt. Diese Analyse<br />

geht jedoch ins Detail und beansprucht daher so viel Platz, dass sie – in die Argumentationslinie des Aufsatzes<br />

eingeschustert – diese stören würde. Daher ist an der entsprechenden Stelle nur ein Vermerk zu finden, während<br />

die ausführlichere Darlegung im Anhang erfolgt. ANHANG II bildete Ursprünglich ein viertes Kapitel und ging<br />

direkt dem Schlusswort voran. Dort „drängte“ es sich jedoch zwischen diese Schlussbemerkungen und das<br />

vorangehende Kapitel zur Perspektivenfindung. Diese beiden Text-Abschnitte gehen eigentlich inhaltlich direkt<br />

ineinander über, sodass die wissenschaftstheoretischen Überlegungen zum Status der teleologischen Perspektive<br />

im Bezug zu den Naturwissenschaften ohnehin eine Art Exkurs gewesen wäre.<br />

Die Ausgliederung von ANHANG I und ANHANG II erlaubt also eine Konzentration auf die<br />

Hauptargumentationslinie. Dennoch sind beide Abschnitte integraler Teil dieses Aufsatzes und sind als ergänzende<br />

Informationen Elemente, welche die Argumentation abrunden und untermauern.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

5<br />

I. Taxonomie und und Definitionen zur Ursprungsfrage<br />

Ursprungsfrage<br />

Teleologische Teleologische Teleologische und und und ateleologische ateleologische ateleologische Position Position<br />

Position<br />

Die Die Die Debatte Debatte Debatte zwischen zwischen zwischen den den den zwei zwei zwei Positionen<br />

Positionen<br />

Positionen<br />

„Argument is to me the air I<br />

breathe. Given any proposition, I<br />

cannot help believing the other<br />

side and defending it“.<br />

Gertrude Stein (1874-1946), „The<br />

Radcliffe Manuscripts“, Form and<br />

Intelligibility, Exposition Press.<br />

Herausgegeben von Rosalind S.<br />

Miller (1949).<br />

Die Frage nach den Ursachen für die Entstehung und<br />

Entwicklung des Universums, des Lebens und all seiner<br />

Folgephänomene einschließlich des Menschen, die<br />

Ursprungsfrage, durchzieht die menschliche Kulturgeschichte<br />

selbst, wie ein roter Faden. Wie kein anderes Thema lieferte<br />

es unzähligen Philosophen und Naturwissenschaftlern „die Luft<br />

zum Atmen“, den Grund für intellektuelle Betätigung und<br />

nicht selten Stoff für Streits, bei denen man das gegenseitige<br />

Verständnis im Sinne des Stein-Zitats nicht mal erahnen<br />

konnte. Soweit man die Geschichte menschlichen Denkens<br />

zurückverfolgen kann, findet man im Hinblick auf diese<br />

Ursprungsfrage (sofern die Existenz der Welt überhaupt<br />

anerkannt wurde, was bei der Frage nach ihrem Ursprung wohl gegeben ist) zwei einander diametral<br />

gegenüberstehende und alle möglichen Perspektiven abdeckende Positionen:<br />

Neben der Position, der Welt – <strong>oder</strong> Teilen davon – läge ein Plan, ein <strong>Design</strong>, ein Zweck, ein Ziel zu Grunde<br />

(wir werden dies im folgenden als die „teleologische“ Position bezeichnen; griechisch τελεολογία im<br />

altgriechischen Sinn von τέλος, télos – Ziel, Sinn und λόγος, lógos – Lehre.), bestand auch zu allen Zeiten der<br />

Gedanken, es gäbe kein übernatürliches <strong>oder</strong> natürliches Wesen, das als Schöpfer agiert haben hätte können und<br />

folglich auch keinen Schöpfer. Für diese Menschen ergab sich die Notwendigkeit, dass die Welt inklusive das Leben<br />

auf unserer Erde ohne einen Eingriff von außen entstanden war, sich also selbst erschaffen haben musste<br />

(ateleologische Position) – ohne Ziel und ohne Zweck – und dabei Wesen generierte (uns Menschen), die in der<br />

Lage sind, Zukünftiges zu simulieren und auf dieser Grundlage durch Entscheidungen und Eingriffe den Gang der<br />

Dinge (in gewissen Schranken) auf von ihnen gewählte Ziele auszurichten.<br />

Gott will den Menschen – will sogar den individuellen Menschen, hat ihn mit seiner ganzen Person, seinem ganzen<br />

Auftrag geplant, ehe er verwirklicht wurde (vgl. Psalm 139 2 , 15-16; Epheser 1, 11-12; Jeremia 1, 4-5;<br />

Apostelgeschichte 17, 26). Auch das Alte Testament mit seinen vielen Verweisen auf zukünftige Aspekte der<br />

Heilsgeschichte und des Neuen Bundes (vgl. House 1992, 98-101), wie sie etwa der Evangelist Matthäus<br />

herausstellt (vgl. MacArthur 2006, 1301f.) unterstreichen Gottes zielgerichtetes Handeln mit und in der Welt.<br />

Gott wird bereits in den ersten Kapiteln der Bibel als der Schöpfer der Erde und der Menschen beschrieben. So<br />

plant er den Menschen (Genesis 1, 26) und erschafft ihn daraufhin (Genesis 1, 27). Die christliche Position zur<br />

Ursprungsfrage ist daher zweifelsfrei die teleologische Position.<br />

Teleologie, Teleologie, Plan Plan und und intelligenter intelligenter Agent<br />

Agent<br />

Im Rahmen der teleologischen Ursprungsposition wird von einem Ziel ausgegangen, das im Laufe der<br />

Entwicklung der Welt angepeilt wird, das also bereits zu Beginn ihrer Entstehung (<strong>oder</strong> zu Beginn des<br />

Entstehungsprozesses einer kleineren Untereinheit) bekannt sein muss. Dieses Ziel wird durch teleologische<br />

Prozesse verfolgt, welche auf das gewünschte Resultat ausgerichtet sind. In vielen Situationen muss zwischen<br />

verschiedenen Optionen entschieden werden, um dieses zu erreichen. In diesen Wahlmöglichkeiten, die im<br />

2 Bibelzitate sind der Lutherbibel in ihrer revidierten Form von 1984 entnommen.


Hinblick auf das angepeilte Resultat genutzt werden, besteht auch der Unterschied zwischen teleologischen und<br />

rein deterministischen Prozessen. Beide führen zu einem Ergebnis, das bereits im Vorhinein feststeht. Während<br />

die letztgenannten jedoch gar nicht anders können, als dieses Ergebnis zu erreichen, geschieht das bei ersteren<br />

aufgrund im Hinblick auf das angepeilte Ziel getroffenen Entscheidungen an Stellen, an denen die weitere<br />

Entwicklung der Sache auch in eine ganz andere Richtung gehen könnte.<br />

Hinter solchen Prozessen muss notwendigerweise eine Instanz stecken, die zum Wählen eines Ziels, zum<br />

Antizipieren und zweckmäßigen Arrangieren fähig ist. Sternberg (1982) hält dieses „goal-directed“ Verhalten als<br />

das entscheidende Kennzeichen von „Intelligenz“. Und Wechsler (1944) versteht unter diesem Begriff „the<br />

aggregate or global capacity of the individual to act purposefully, to think rationally, and to deal effectively with<br />

his environment“. Eine Instanz mit den oben genannten Eigenschaften bzw. Fähigkeiten kann also wohl guten<br />

Gewissens als „Intelligenz“ bezeichnet werden, denn genau diese Merkmale sind es, die intelligente Agenten<br />

ausmachen – gleichgültig, ob es sich nun um Menschen, Tiere, Außerirdischen <strong>oder</strong> ein „intelligentes Universum“<br />

selbst handelt. Auch wenn der „<strong>Design</strong>er“, welcher mit der teleologischen Ursprungsposition verbunden wurde,<br />

sehr häufig mit Gott und nur selten mit anderen geglaubten Wesen, die ebenfalls zu einem solchen teleologischen<br />

Handeln fähig gewesen wären, identifiziert wurde, hebt Bostom (2002) hervor, dass der intelligente Agent nicht<br />

notwendigerweise der „theistische Gott“ sein müsste:<br />

„We can take 'purposeful designer' in a very broad sense to refer to any being, principle or mechanism external to<br />

our universe responsible for selecting its properties, or responsible for making it in some sense probable that our<br />

universe should be fine-tuned for intelligent life.“<br />

Behe (2007, 300) kritisiert, dass – auch hier gelistete – Charakteristika eines <strong>Design</strong>-Prozesses, wie etwa<br />

Intention und die Möglichkeit zu wählen von einem „principle or mechanism“ nicht aufgewiesen werden könnten.<br />

Bostom ist hier insofern zuzustimmen, da ein intelligenter Agent nicht automatisch auch mit einer<br />

„Persönlichkeit“ gleichzusetzen ist. Im Rahmen der teleologischen Ursprungsposition steht hinter unserer Welt<br />

<strong>oder</strong> zumindest Teilen von ihr, die über menschliche Konstruktionen hinausgehen und in den Bereich der Biologie<br />

und Kosmologie reichen, „etwas“ intelligentes – sei es ein Agent, <strong>oder</strong> seien es mehrere Entitäten <strong>oder</strong> gar<br />

unendlich viele, sei dieser/seien diese Teil des Universums, das Universum selbst <strong>oder</strong> diesem übergeordnet, sei<br />

er/seien sie gut, böse <strong>oder</strong> einfach völlig ohne irgendeinen moralischen Bezug, sei er/seien sie lustig, depressiv<br />

<strong>oder</strong> ganz ohne Persönlichkeit.<br />

Dass Gott, mit dem wir als Christen den Planer dieser Welt verbinden, die notwendigen Bedingungen erfüllt, um<br />

als „Intelligenz“ zu gelten, dürfte eine unkontroverse Feststellung sein. Gott ist sogar die Reinform eines<br />

intelligenten Agenten: Er ist allwissend (Hiob 37, 16), kann jede nur erdenkliche Situation im Vorhinein<br />

durchschauen und auf dieser Grundlage planen (Jesaja 37, 26; Jesaja 46, 11) und ist allmächtig (Genesis 17, 1) –<br />

kann seinen Plan also ausführen, ohne an Beschränkungen gebunden zu sein, wie es irdische Intelligenzen sind.<br />

Teleologische Teleologische Teleologische Position Position und und Perspek Perspektive: Perspek Perspek tive: Eine wichtige Differenzierung<br />

Differenzierung<br />

Meta Meta-Teleologie<br />

Meta Teleologie<br />

Den Standpunkt zu vertreten, unsere Welt gehe letztendlich auf einen Plan zurück, bedeutet noch nicht, davon<br />

auszugehen, dass dieser Plan auch für uns Menschen in der Natur erkundbar ist (vgl. Ross 2005). Es besteht<br />

schließlich die Möglichkeit, dass das Ziel durch Prozesse verwirklicht wurde, die wir innersystemlich als<br />

„ungerichtet“ klassifizieren, die aber auf einer über unserem Universum stehenden Ebene teleologisch sind und<br />

einen Plan verwirklichen. Der allwissende Gott könnte für uns unvorhersagbare Prozesse, wie eine darwinsche<br />

Evolution, bis ins letzte Detail vorhersehen und – sollte er an ihrem Ergebnis interessiert sein – als „<strong>Design</strong>-<br />

Methode“ verwenden. Aus dem bloßen „Ergebnis“ würde ein „Ziel“ und aus dem innersystemlich ateleologischen<br />

Prozess der Ausdruck übersystemlicher Planung. Auf einer naturwissenschaftlichen Ebene jedoch könnte ein solcher<br />

Plan nie erfahren werden: Die Naturwissenschaft beschäftigt sich mit Phänomenen, die für die Empirie –<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

7<br />

zumindest indirekt – zugänglich sind. Sie schafft sich ihre Taxonomie für Kategorien wie „zielgerichtet“ und<br />

„ungerichtet“ selbst. Die Welt als Ganzes, der Blick auf sie aus der Vogelperspektive – gar der Vergleich zu<br />

hypothetischen anderen Welten – muss ihr verschlossen bleiben. Daher ist sie auch nur in der Lage innerhalb des<br />

Systems Vorgänge in die beiden Kategorien einzuteilen, ohne das System selbst evaluieren zu können. Der Glaube<br />

an einen Plan, der naturwissenschaftlich nicht belangbar und auf einer ganz anderen Ebene als die empirische<br />

Untersuchung der materiellen Welt anzusiedeln ist (das sogenannte NOMA-Prinzip, nach Gould 1999), muss also<br />

nicht automatisch mit der Annahme einhergehen, das „<strong>Design</strong>“ der Welt sei uns Menschen empirisch zugänglich.<br />

Dass diese Annahme eines allgemeinen göttlichen Plans automatisch aus dem christlichen Glauben hervorgeht,<br />

wurde im letzten Abschnitt bereits erläutert. Die entscheidende Frage, die sich dem Christen im Hinblick auf die<br />

naturwissenschaftlich erfassbare Ebene dieser Welt jedoch stellt, ist: Hat Gott durch Prozesse geschaffen, die auch<br />

nach innersystemlichen Kriterien teleologisch sind? Oder sind diese Prozesse als Teil seiner Schöpfung aus unserer<br />

Perspektive heraus zwar ateleologisch wahrzunehmen, aber übersystemlich betrachtet zielgerichtet? Gebraucht<br />

Gott für die Umsetzung seines Welt-Planes also lediglich Sekundärursachen?<br />

Da die letztgenannte Auffassung im Hinblick auf die Betrachtungsweise der Natur keinen Unterschied zur<br />

ateleologischen Position aufweist, wird im Folgenden dafür der Begriff der meta-teleologischen Perspektive gebraucht,<br />

da die Teleologie hier auf einer übergeordneten Ebene angesiedelt ist, die sich in der naturwissenschaftlichen<br />

Sichtweise – der Perspektive – der belebten Welt gar nicht niederschlagen kann.<br />

Pseudo Pseudo-Ateleologie<br />

Pseudo Ateleologie<br />

Aber auch die Annahme eines (nach innersystemlichen Kriterien tatsächlich) teleologischen Ursprungs unserer<br />

Welt bedingt noch lange nicht das Element der empirischen Zugänglichkeit des <strong>Design</strong>s. Selbst wenn man für die<br />

Entstehungsprozesse unserer Welt extrem teleologisches Agieren eines „<strong>Design</strong>ers“ annimmt, wie Vertreter eines<br />

biblisch begründeten Schöpfungslehre etwa, der nach die gesamte Welt und alle Grundtypen des Lebens vor<br />

wenigen tausend Jahren direkt von Gott durch sein übernatürliches Wirken erschaffen wurden, ergibt sich daraus<br />

noch nicht, dass diese Teleologie auf naturwissenschaftlicher Ebene erkennbar sein muss. Ein Gott, der in seiner<br />

Allmacht das gesamte Universum durch sein Machtwort erschaffen kann, ist auch in der Lage, es so zu schaffen,<br />

dass es für uns aussieht, als sei es in einem Jahrmilliarden langen, ungerichteten Vorgang entstanden. Eine solche<br />

Sicht mag theologisch äußerst fragwürdig sein, da sie Gott zum Betrüger macht (vgl. Junker 2005a, 204; Knobel<br />

2005), zeigt aber doch, dass eine teleologische Position zum Ursprung der Welt nicht automatisch mit einem<br />

gewissen Anspruch an Erkennbarkeit von <strong>Design</strong> in der Natur und damit an den Naturwissenschaften,<br />

einhergehen muss.<br />

Die Die teleologische teleologische Per Perspektive<br />

Per spektive<br />

Dieser Aufsatz widmet sich der Frage, wie die naturwissenschaftlich zugängliche Schöpfung Gottes mit seinem<br />

Schöpfungs-Handeln in Verbindung zu bringen ist. Ist Gottes Plan nur Meta-Teleologie? Oder kann er durch<br />

Forschung zumindest teilweise erkannt werden? Sowohl Meta-Teleologie als auch Pseudo-Ateleologie sind für die<br />

Bedeutung einer teleologischen Ursprungssicht auf der Ebene der Naturwissenschaft nicht relevant, da beide<br />

Konzepte im Hinblick auf die empirisch erfassbare, naturwissenschaftlich zugängliche, Realität keinen Anspruch<br />

auf irgendeine Beeinflussung erheben. Allein die natürliche Ebene betrachtet – der einzige Bereich der für<br />

naturwissenschaftliche Betrachtungen von Interesse sein kann – unterscheiden sich diese Ansätze in keinster Weise<br />

von dem der ateleologischen Position. Unterschiede können auftauchen, wenn man metaphysische Fragen<br />

anspricht. Eine „<strong>Theistische</strong> Evolution“ wie im ersten Beispiel schließt durchaus nicht aus, dass an den Menschen<br />

moralische Anforderungen gestellt werden, da er letztendlich eben kein Zufallsprodukt (im metaphysischen nicht<br />

innersystemlichen Sinne) ist – für das zweite Beispiel gilt das ohnehin.<br />

Für die Diskussion zur Ursprungsfrage, die naturwissenschaftliche Bezüge enthalten soll, ist aufgrund des bisher<br />

Gesagten eine weitere Aufteilung des Überbegriffs der „Teleologischen Position“ notwendig. Für den Teilbereich<br />

innerhalb dieses Rahmens, der davon ausgeht, dass unsere Welt zumindest in Teilen auf nach innersystemlichen


Kriterien teleologischen Prinzipien (die selbst natürlich auch übersystemlich sein können) entstand (trifft auch auf<br />

die Pseudo-Ateleologie zu, es handelt sich hierbei also nur um ein notwendiges, kein hinreichendes<br />

Definitionskriterium) und außerdem annimmt, diese teleologischen Elemente seien für die menschliche Empirie –<br />

zumindest theoretisch – zugänglich (anders als bei der Pseudo-Ateleologie), möchten wir den Begriff der<br />

„teleologischen Perspektive“ verwenden, da die reale Welt vor dem Hintergrund eines Plans und von dem<br />

Standpunkt einer erkennbaren Teleologie aus aktiv betrachtet und interpretiert wird. Die Teleologie ist hier kein<br />

meta-Phänomen, sondern integraler Bestandteil des Erkennungs-Prozesses.<br />

Für eine auf der Empirie verweisende Diskussion zur Ursprungsfrage 3 spielen also zwei Perspektiven eine Rolle:<br />

Zum einen die ateleologische Perspektive, welche die ateleologischen Position 4 beinhaltet und den Bereich der<br />

teleologischen Position miteinschließt, die von lediglich übersystemlicher meta-Teleologie ausgeht (<strong>Theistische</strong><br />

Evolution), sowie den Teil, der zwar von echter Teleologie ausgeht, jedoch auch davon, dass diese in der Natur<br />

verborgen ist und wir stattdessen eine ateleologische Illusion wissenschaftlich untersuchen 5 , und die teleologische<br />

Perspektive, welche den Anspruch erhebt, dass in unserer Welt nicht nur designt wurde, sondern erkennbar<br />

designt wurde. Zu dieser Erkennbarkeit gehört, dass keine plausible ateleologische Erklärung für das in Frage<br />

stehende Phänomen vorliegt. Wäre dies so, so wäre das <strong>Design</strong> darin nicht mehr erkennbar, da die Welt ebenso<br />

gut ateleologisch erklärt werden könnte. Wenn ein Phänomen (z.B. ein Gewitter <strong>oder</strong> aber eine Schneeflocke)<br />

eine ateleologische Erklärung hat, dann ist es nicht mehr möglich, darin <strong>Design</strong> zu erkennen, selbst wenn es<br />

designt wurde, da die Unterscheidung zum „nicht-<strong>Design</strong>“ nicht mehr gegeben ist.<br />

Modellbildung Modellbildung im im Rahmen Rahmen der der übergeordneten übergeordneten Perspektiven<br />

Perspektiven<br />

Spezifisches Spezifisches <strong>Design</strong> <strong>Design</strong><br />

<strong>Design</strong><br />

Betrachtet man die Geschichte des <strong>Design</strong>-Gedankens (vgl. <strong>Heilig</strong> & Kany 2009), fällt auf, dass die Interpretation<br />

bestimmter Elemente der Wirklichkeit als „<strong>Design</strong>“ in der Regel auch mit einer konkreten Zuordnung eines<br />

spezifischen <strong>Design</strong>ers für dieses Phänomen einherging. Durch diese Spezifizierung der teleologischen Perspektive<br />

ergaben sich jeweils ganz bestimmte Erwartungen an die biologische Realität. Diese bilden mit anderen<br />

Rahmenbedingungen, die durch den spezifischen <strong>Design</strong>er gegeben werden, teleologische Erklärungen. Sie<br />

konstatieren nicht mehr nur „<strong>Design</strong>“ wie es im Zuge der allgemeinen teleologischen Perspektive geschieht,<br />

sondern ordnen dieses einem (kausalen) Ursprung zu. Aufgrund des Bezugs auf einen ganz bestimmten <strong>Design</strong>er<br />

und der Möglichkeit, daraus sehr spezialisierte Voraussagen Abzuleiten, sprechen wir hier von Modellen eines<br />

Spezifischen <strong>Design</strong>s (= SD-Modelle; vgl. <strong>Heilig</strong> 2008a).<br />

<strong>Design</strong>er (und auch Vorstellungen zum eigentlich selben <strong>Design</strong>er) unterscheiden sich in den Methoden, die sie<br />

verwenden bzw. die ihnen überhaupt zugänglich sind. Sie unterscheiden sich im Bezug auf die Zeitpunkte, die sie<br />

für ihr Agieren wählen. Sie unterscheiden sich nicht zu Letzt in dem, was sie planen und als Produkt umsetzen –<br />

3 Und eine solche Diskussion liegt momentan zweifelsohne vor, ansonsten gäbe es wenig Konfliktpotential, gäbe es doch mit<br />

Hinblick auf objektivierbare Sachverhalte (Naturwissenschaft) keine Meinungsverschiedenheiten, sondern sowieso nur im<br />

Bezug auf individuelle Ansichten und Glaubensentscheidungen, die für den Bereich der Forschung bedeutungslos sind.<br />

4 Genau genommen gibt es auch hier noch eine Extraabteilung: Im Rahmen einer ateleologischen Ursprungssicht könnte man<br />

auch annehmen, das Universum sei „just so“ da. Möglicherweise erst vor wenigen Sekunden einfach „erschienen“, ohne<br />

richtigen Grund, ohne irgendetwas. Aus einer derart nihilistischen Weltsicht heraus lässt sich jedoch keine Interpretation der<br />

„Realität“, keine wissenschaftliche Deutung machen. Diese wäre schlicht sinnlos. Daher gehört dieser Aspekt auch nicht zur<br />

ateleologischen Perspektive auf die Welt, wohl aber zur ateleologischen Position.<br />

5 Es stellt sich natürlich die Frage, inwiefern ein solches Realitätsverständnis naturwissenschaftliche Forschung motivieren<br />

kann. Es liegt nahe, dass eine solche Perspektive eher mit einem völligen Verzicht auf naturwissenschaftliche Arbeit –<br />

zumindest mit Bezug auf die Ursprungsfrage – einhergehen müsste und stattdessen den Blick auf überwissenschaftliche<br />

Elemente konzentriert, die im Gegensatz zur empirisch zugänglichen Welt als real betrachtet werden.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

8


<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

9<br />

dem „<strong>Design</strong>“. Zum Teil, weil sie gewissen Beschränkungen unterliegen, zum Teil, weil ihnen Persönlichkeit<br />

zugesprochen werden kann und über diese von den jeweiligen Teleologisten bestimmte Annahmen bestehen.<br />

So lange die angenommenen <strong>Design</strong>er mit Naturkräften <strong>oder</strong> persönlichen, aber endlichen Göttern in Verbindung<br />

gebracht wurden, war die wissenschaftliche Ausformulierung eines SD-Modells praktisch nicht möglich <strong>oder</strong><br />

bewegte sich zumindest in mystischen Sphären. Erst der Glaube an den wörtlich-verstandenen biblischen<br />

Schöpfungsbericht ermöglichte die Ausformulierung des ersten richtigen Versuchs einer Ursprungs-Erklärung.<br />

Natürliche Phänomene wurden auf real-kausale Ursachen zurückgeführt und einer der ersten Beiträge zur<br />

Aufklärung war geschaffen (vgl. beispielsweise Stephan 2001) Obwohl die <strong>Design</strong>-Methode selbst – Schöpfung<br />

durch das übernatürliche Machtwort des unendlichen Gottes – nicht Gegenstand objektivierbarer Forschung war,<br />

bot dieses Paradigma doch viele testbare Rahmenbedingungen: So sollte die Erde jung sein (im Bereich von 10<br />

000 Jahren) und durch eine weltweite Wasserflut gekennzeichnet sein. Außerdem sollten die geschaffenen<br />

Lebewesen-Typen von Beginn an parallel existiert haben. Wie Laudan (1996, 210-230) unterstreicht, liegt damit<br />

eine wissenschaftlich testbare Theorie vor, wie man sich es nur wünschen kann – auch wenn der überwiegende<br />

Großteil der heutigen Wissenschaftler sagen würde, dass dieses Modell den Daten eben nicht stand halten konnte.<br />

Ateleologische Ateleologische Erklärungsversuche<br />

Erklärungsversuche<br />

Auch im Rahmen der ateleologischen Perspektive kam es im Laufe der Geschichte zur Modell-Bildung. Diese<br />

erfolgte ganz simpel durch eine nähere Bestimmung des Mechanismus, der – wie von den Ateleologisten<br />

vertreten – die Komplexität des Lebens erklären sollte.<br />

Ein solches Modell wurde erst im 19. Jahrhundert vorgeschlagen – und zwar von Darwin (1859). Bis dahin hatte<br />

diese Position als „Mechanismus“ nur den Lückenbüßer „Zufall“ anzubieten. Mit einem solchen Modell war im<br />

Streit um die Ursprungsfrage nicht viel zu gewinnen. Dass „Zufall“ lange Zeit die einzige ateleologische<br />

Alternative zum göttlichen Plan war, zeigt sich auch, wenn etwa der Naturtheologe William Paley (1802, 179)<br />

argumentiert, es sei ein eindeutiges Zeichen für einen teleologischen Ursprung des Menschen, dass seine Augen<br />

und Füße in dieselbe Richtung zeigen würden. Denn bei rein zufälliger Ausrichtung dieser Organe und<br />

Extremitäten wäre das ja nicht zu erwarten. Durch die von Darwin (1859) hinzugefügte Komponente der<br />

Notwendigkeit wurden solche Argumente hinfällig. Wer noch immer gegen die Fähigkeiten bloßen „Zufalls“<br />

argumentiert, hat verpasst, dass das nicht mehr der aktuelle Prüfstein der Evolutionslehre sein darf. Was zu Paleys<br />

Zeiten korrekt war, wäre heute ein unfairer Schachzug.<br />

Exkurs: Exkurs: <strong>Intelligentes</strong> <strong>Intelligentes</strong> <strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong><br />

<strong>Design</strong><br />

Im Folgenden soll das Konzept des „Intelligenten <strong>Design</strong>s“ kurz vorgestellt und besprochen werden. Es handelt<br />

sich bei dieser Diskussion in einem gewissen Sinne um eine Exkursion, die das bisher Gesagte lediglich im Bezug<br />

auf gegenwärtig populäre Begriffe auslegt, jedoch keine neuen taxonomischen Strukturen erstellt. Dieser<br />

Abschnitt ist folglich als Ergänzung zum bisher Gesagten zu verstehen und ist zum Verständnis der im Folgenden<br />

ausgeweiteten Diskussion zur Ursprungsfrage nur insofern relevant, da er im weiteren Verlauf verwendete<br />

Begriffe von in diesem Aufsatz nicht vertretenen Belegungen dissoziiert.<br />

Intelligent<br />

<strong>Intelligentes</strong><br />

Intelligent es <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> – die die teleologische teleologische Perspektive Perspektive auf auf die<br />

die<br />

Ursprungsfrage<br />

Ursprungsfrage<br />

Ein seit Anfang der 1990er Jahre immer populärer werdender Begriff muss nun an dieser Stelle eingeführt<br />

werden. Es geht um den Ausdruck des „Intelligent <strong>Design</strong>“ (kurz: ID), der sich zum geflügelten Wort gemausert<br />

hat. Inhaltlich ist er im Prinzip mit der teleologischen Perspektive gleichzusetzen (vgl. Ross 2005). Leider ist er<br />

als Gegenstand zahlreicher Vermengungen mit anderen Konzepten und Ansätzen derart mit missverständlichen<br />

Anhängen behaftet, dass sich die Frage stellt, ob unter diesem Begriff überhaupt noch sinnvoll diskutiert werden<br />

kann. Ich bezweifle dies, will auf diese Bezeichnung jedoch schon aus sprachlichen Gründen (der Begriff drückt<br />

einfach am besten aus, was die teleologische Perspektive bedeutet) ungern verzichten. Daher sollen im Folgenden


einige Klarstellungen bezüglich der Frage gegeben werden, was „Intelligent <strong>Design</strong>“ – zumindest mit der hier<br />

herangezogenen Bedeutung als teleologische Perspektive und unabhängig davon, was von manch anderen Autoren<br />

bereits damit bezeichnet wurde – nicht ist. Diese Auflistung ist sicherlich nicht vollständig und man könnte noch<br />

andere Eigenschaften anzuführen, die nicht auf ID in dieser „Reinform“ zutreffen. Eine solche Diskussion kann<br />

hier jedoch schon aus Platzgrünen nicht geliefert werden. Daher konzentriere ich mich lediglich auf einige<br />

wichtige Punkte, die sich rein logisch und zwangsläufig aus meiner Gleichsetzung von „ID“ mit der<br />

„Teleologischen Perspektive/Ursprungssicht“ ergeben (also nicht nur meiner persönlichen Meinung entsprechen)<br />

und oft für Verwirrung sorgen.<br />

Intelligent Intelligent <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> – eine eine politische politische Bewegung Bewegung aus aus der der jüngsten<br />

jüngsten<br />

Vergangenheit?<br />

Vergangenheit?<br />

Vergangenheit?<br />

ID wird in den Medien häufig als aus den USA kommende politische Bewegung der 1990er Jahre präsentiert, der<br />

es vor allem daran gelegen ist, unter dem Vorwand eines anonym wirkenden <strong>Design</strong>ers den biblischen<br />

Schöpfergott in den Biologieunterricht einzuschleusen.<br />

In der Tat gibt es gerade im US-amerikanischen Bereich auch ein ID-Movement, das seine Ansichten recht<br />

selbstbewusst vertritt. Dazu gehören sicher teilweise auch (bildungs)politische Ziele (vgl. hierzu den Sammelband<br />

von Campbell & Meyer 2003). Dazu ist es wichtig zu wissen, dass die amerikanische Verfassung den<br />

Religionsunterricht an öffentlichen Schulen untersagt. Auf dieser Grundlage sind auch die zahlreichen<br />

kreationistischen Bemühungen zu verstehen, mit den eigenen Ansichten Anteil am Biologie-Unterricht zu<br />

bekommen. Es kann dem ID-Movement nun vorgeworfen werden, dass es sich nach der letzten großen Schlappe<br />

des „scientific creationism“ formierte, zwar noch immer dessen Ansichten vertritt, aber diese aber in einen<br />

säkularen Mantel zu kleiden versucht. „Intelligent <strong>Design</strong> is just Creationism in a cheap tuaxedo!“ ist daher eine<br />

häufig vorgebrachte Abklassifizierung. Inwiefern sie für das amerikanische ID-Movement gilt, soll hier nicht<br />

diskutiert werden – es ist nicht Zweck dieser Arbeit kulturelle Strömungen zu bewerten, sondern die der<br />

Ursprungsfrage zugrundeliegenden Begründungsstrukturen zu analysieren. Dass die teleologische Perspektive<br />

mehr ist, als eine konservative, politische Bewegung des 20. Jahrhunderts ist bereits klar, wenn man die<br />

jahrhundertelange Geschichte des <strong>Design</strong>-Arguments bedenkt (vgl. Barrow & Tipler 1986).<br />

Dennoch sind die gesellschaftspolitischen Assoziationen zum Begriff „Intelligent <strong>Design</strong>“ im öffentlichen<br />

Bewusstsein eine unleugbare Tatsache. Es stellt sich die Frage, ob unter dem Begriff des „ID“ überhaupt noch eine<br />

sachliche Diskussion der teleologischen Ursprungsperspektive geführt werden kann. Angesichts zahlloser<br />

enttäuschend undifferenzierter Meldungen in den Medien (siehe Schmidt 2006) mag man geneigt sein diese Frage<br />

entschieden zu verneinen. Doch man sollte es sich nicht zu einfach machen. Markus Rammerstorfer (2006a)<br />

lieferte beispielsweise einen Beitrag zum Thema „Intelligent <strong>Design</strong> – jenseits des Schlagwortes“. Ob es möglich<br />

sein wird, den Begriff des intelligenten <strong>Design</strong>s in Zukunft als Synonym zur teleologischen Perspektive zu<br />

verwenden, ohne Missverständnisse zu erzeugen ist fraglich – hier soll das jedoch, auf der expliziten Grundlage<br />

dieser Klarstellungen, geschehen.<br />

Intelligent Intelligent <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> – ein ein Pleonasmus?<br />

Pleonasmus?<br />

Auf den ersten Blick scheint es, als sei die Bezeichnung „Intelligent <strong>Design</strong>“ ein Pleonasmus: <strong>Design</strong> ist doch stets<br />

das Produkt eines intelligenten Planers und das vor das „<strong>Design</strong>“ gestellte Adjektiv daher äußerst redundant, <strong>oder</strong><br />

nicht? Im Grunde schon. Da die belebte Welt jedoch eindeutig so aussieht, als sei sie designt, die Mehrheit der<br />

Biologen heute jedoch davon ausgeht, dass dieses offenkundige <strong>Design</strong> nur eine Illusion (vgl. Rammerstorfer<br />

2006b), und durch Darwin und seine Erben als solche entlarvt worden sei, stehen wir vor einem Problem: Die<br />

Natur konfrontiert uns mit einer Fülle an Konstruktionen, die noch ausgeklügelter wirken als die von<br />

Menschenhand erzeugten <strong>Design</strong>-Produkte, und die sich hinsichtlich ihres „<strong>Design</strong>twirkens“ von richtigen <strong>Design</strong>-<br />

Produkten nur darin unterscheiden, dass die meisten Biologen heute annehmen, in ihrem speziellen Fall würde der<br />

Eindruck von <strong>Design</strong> täuschen und sie seien ateleologisch entstanden.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

10


<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

11<br />

Aufgrund dieses überwältigenden Eindrucks von <strong>Design</strong> ist eine entsprechende Wortwahl oft gar nicht<br />

vermeidbar, möchte man nicht in Kauf nehmen, die biologische Realität unangemessen zu beschreiben. Nicht<br />

umsonst definiert Richard Dawkins (1986) die Biologie als „the study of complicated things that give the<br />

appearance of having been designed for a purpose.“<br />

Campbell & Reece (2006, 1006) weisen in ihrem Lehrbuch für Biologie daher extra darauf hin, dass das für sie<br />

unausweichliche „Schöpfungsvokabular“ keinen intelligenten Urheber implizieren soll, um Missverständnissen<br />

vorzubeugen:<br />

„Die Verwendung von Begriffen wie ‘Bauplan’ <strong>oder</strong> auch ‘<strong>Design</strong>’ soll jedoch keineswegs unterstellen, eine<br />

Tierkonstruktion sei das Produkt einer zielgerichteten Planung.“<br />

Es ist offensichtlich, dass eine Natur, welche eine solche begriffliche Belegung geradezu unausweichlich fordert,<br />

zumindest einen starken Eindruck von <strong>Design</strong> vermitteln muss. Ein so starker Eindruck (und durch die Brille des<br />

ateleologischen Standpunkts: eine so perfekte Täuschung), dass Crick (1988, 38) sogar mahnt – den<br />

überwältigenden Eindruck von <strong>Design</strong> in der Biologie damit automatisch als bloße Illusion abstempelnd:<br />

„Biologists must constantly keep in mind that what they see is not designed, but rather evolved.“<br />

Dass das bestimmende Adjektiv „intelligent“ notwendig ist, zeigt sich auch an der Wortwahl der Kritiker des ID-<br />

Ansatzes. Wenn Ayala (2007) von „Darwin’s greatest Discovery“ spricht, meint er damit „<strong>Design</strong> without a<br />

<strong>Design</strong>er“. Ruse (2007) greift dieses Element auf, wenn er über eine Besprechung eines ID-Buchs die Überschrift<br />

„<strong>Design</strong>? Maybe. Intelligent? We have our doubts“ setzt und damit einen Titel von Pigliucci (2000) variiert:<br />

„<strong>Design</strong> Yes, Intelligent No.“ Und auch William Provine (2003) scheint das Thema zu gefallen, wenn er einen<br />

Diskussionsbeitrag „<strong>Design</strong>? Yes! But is it intelligent?“ benennt.<br />

Kirschner & Gerhart (2007, 375) definieren „<strong>Design</strong>“ als „eine Struktur, die in Beziehung zur Funktion steht und<br />

nicht notwendigerweise einen <strong>Design</strong>er <strong>oder</strong> Schöpfer erfordert“. Krohs (2005) widmet einen ganzen Aufsatz der<br />

Begründung des <strong>Design</strong>-Begriffs ohne Rückgriff auf einen realen, intelligenten, <strong>Design</strong>er. Würden ID-Vertreter<br />

nur sagen, sie sähen „<strong>Design</strong>“ in der Natur, würde dies also wohl kaum noch reichen, um ihre Position nach außen<br />

hin korrekt abzugrenzen.<br />

Am Beispiel einer aktuellen evolutionsbiologischen Arbeit soll dieser Punkt verdeutlicht werden (vgl. Haller &<br />

<strong>Heilig</strong> 2008).<br />

Binford et al. (2007) berichten von einem Mechanismus, mit dessen Hilfe sich zwei nicht näher verwandte<br />

Spinnengattungen (Sicarius und Homalonychus) durch Sand tarnen können. Dies geschieht durch Adhäsionskräfte,<br />

die zwischen sogenannten „Hairlettes“, winzigen, widerhakenförmigen Fasern, und den Sandpartikeln wirken.<br />

Diese Sandkörner sitzen auf feinen Härchen (Setae), wie sie auch beim Gecko ein Anhaften an Wänden und<br />

Zimmerdecken (aufgrund von van-der-Waals-Kräften) ermöglichen. Die Autoren betrachten die Ergebnisse ihrer<br />

Untersuchungen aus der Perspektive der Bionik, die Problemlösungen aus dem Bereich der belebten Welt in die<br />

Technik überträgt. Die Erkenntnisse sollen zur Entwicklung neuer Schmutz-anhaftender Materialien beitragen,<br />

die das Abstauben im Haushalt erleichtern, aber auch als Luftfilter und vieles mehr in Einsatz kommen.<br />

Interessanterweise nennen die Autoren diese Struktur bereits in der Überschrift ein „design principle“. Anders als<br />

dieser Begriff jedoch vermuten lassen könnte, wollen die Forscher keinen intentionalen Ursprung der Sand-<br />

Anhaftungs-Konstruktion nahe legen, wie Greta Binford in persönlicher Korrespondenz versicherte. „<strong>Design</strong>“ sei<br />

hier lediglich die Bezeichnung für eine evolutionäre Lösung eines spezifischen Problems.


Wie sehr gängige evolutionsbiologische Literatur durch teleologische Begriffe geprägt ist, zeigt sich sehr schön an<br />

der Reaktion auf den Artikel von Binford et al. auf einem ID-Blog6. Ein Wissenschaftler nahm dort aufgrund der<br />

oben erläuterten Wortwahl von Binford und Mitarbeitern an, die Autoren seien Vertreter einer teleologischen<br />

Position. So fragt er: „Have some closet ID scientists managed to infiltrate the hallowed halls of the Royal Society<br />

of London?“ Der Autor ist sich sogar sicher: „Of course, the scientists are careful to cover their tracks by talking<br />

'evolutionary origins', but it is obvious that they are thinking about biology from a design perspective. It is a shame<br />

that they have to hide this behind a Darwinian facade in order to get published.“ Mit dieser Einschätzung hat er<br />

sich offenbar getäuscht.<br />

Man sieht: Wer wirklich „<strong>Design</strong>“ meint, muss die Bezeichnung der eigenen Position durch ein Adjektiv ergänzen<br />

und von einem „Intelligent <strong>Design</strong>“ (ID) sprechen. Die Doppel-Bezeichnung „Intelligent <strong>Design</strong>“ ist folglich<br />

angebracht, um die teleologische Position eindeutig zu bestimmen. Das „<strong>Design</strong>“ der Natur steht einer sowohl der<br />

ateleologischen als auch der teleologischen Deutung des Lebens neutral gegenüber. Für die ateleologische<br />

Perspektive, die versucht, dieses <strong>Design</strong> durch ungerichtete, unintelligente 7 , Prozesse zu erklären.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Intelligentes</strong> <strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> – Optimales Optimales Optimales <strong>Design</strong>? <strong>Design</strong>?<br />

<strong>Design</strong>?<br />

Es gibt viele Missverständnisse zum Begriff „intelligentes <strong>Design</strong>“, aber die Meinung, das „intelligent“ solle etwas<br />

über die Qualität des <strong>Design</strong>s ausmachen ist vielleicht das verbreiteteste überhaupt (vgl. Dembski 2000; Ayala<br />

2007; Raff 2005, 275; Ridley 1981, 832; Charlesworth 2002; Kutschera 2001, 209; vgl. Lustig 2004). Dies geht<br />

häufig auf mangelndes Verständnis für den Gebrauch des vorgestellten Adjektivs hervor, wie er in „Intelligent<br />

<strong>Design</strong> – ein Pleonasmus?“ begründet wurde: Wer meint, „<strong>Design</strong>“ beinhalte bereits den „intelligenten“<br />

Ursprung, wird das vorgestellte Adjektiv für eine Wertung halten. Doch das ist, wie gezeigt, nicht die Aussage-<br />

Absicht des Begriffs.<br />

Mutmaßlich ineffiziente Strukturen in der Natur („inkompetentes <strong>Design</strong>“) sind also kein Argument gegen die<br />

teleologische Perspektive. Sie können erst dann eine Rolle für die Diskussion spielen, wenn es darum geht, den<br />

<strong>Design</strong>er zu identifizieren und das erkannte <strong>Design</strong> im Rahmen von SD-Modellen zu interpretieren. So schreiben<br />

Haller & <strong>Heilig</strong> (2008):<br />

„Der ID-Ansatz lässt die Person des <strong>Design</strong>ers, seine Eigenschaften, seine Methode […] außer Betracht. Erst<br />

wenn dessen Eigenschaften (beispielsweise: 'gut' <strong>oder</strong> 'allmächtig') <strong>oder</strong> seine Methode (beispielsweise als<br />

'Flickschuster', der das bereits vorhandene Material mitverwendet) ins Gespräch kommen, könnten diese<br />

suboptimale Strukturen von Interesse sein.“<br />

Da dies jedoch erst bei der SD-Modellbildung geschehen kann und nicht schon im Rahmen der allgemeinen<br />

teleologischen Ursprungsperspektive, ist das sogenannte „Dysteleologie-Argument“, das auf suboptimale<br />

Konstruktionen verweist noch nicht von Bedeutung. Wenn bei ID jedoch keine Voraussagen bezüglich der Güte<br />

des <strong>Design</strong>s gemacht werden können, gilt das nicht nur für suboptimale, sondern auch für optimale Phänomene.<br />

Zwar besteht im Rahmen von ID auch die Möglichkeit von Hochfunktionalität der „Junk“-DANN (nämlich dann,<br />

wenn ein <strong>Design</strong>er postuliert wird, der so etwas erwarten lässt), die innerhalb einer ateleologischen Perspektive<br />

unter Umständen nicht gegeben ist, aber ID erzwingt diese Erwartung keinesfalls. Der <strong>Design</strong>er könnte auch ein<br />

stümperndes Alien-Baby sein <strong>oder</strong> eine verschwendungssüchtige Gottheit. James Goetz beispielsweise schieb<br />

einen Artikel mit dem vielsagenden Titel „The Extravagant Creator of Junk DNA“.<br />

6 http://professorsmith.wordpress.com/2007/11/08/hairy-design/<br />

7 Was soviel heißt, wie „ohne Intelligenz“ und nicht mit „wenig intelligent“, also „dumm“ verwechselt werden sollte. Siehe<br />

dazu auch den Abschnitt „<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> – optimales <strong>Design</strong>?“<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

13<br />

Es ist daher absolut sinnlos, wenn O'Leary (2008) fragt, ob es eine ID-Voraussage dafür gäbe, ob es Leben auf<br />

anderen Planeten gibt <strong>oder</strong> nicht. Ihre Frage ist deswegen sinnlos, weil ID dazu prinzipiell nichts sagen kann.<br />

Ebenso ist es einfach nur falsch, wenn Dembski (1998a) im Sinn von Lange (2007) behauptet:<br />

„If [...] organisms are designed, we expect DNA, as much as possible, to exhibit<br />

function.“ (Hervorhebung nicht im Original)<br />

Wenn wir nur wissen, dass die Organismen designt sind und nicht mehr, nicht von wem und nicht, wie und auch<br />

nicht warum, dann erwarten wir erst mal – nichts. Ganz einfach, weil sich aus der Annahme von <strong>Design</strong> keine<br />

Erwartungen ableiten lassen – außer der, dass ateleologische Erklärungsansätze sich als ungenügend herausstellen<br />

werden und letztendlich teleologische Modelle die Daten besser integrieren können. Erste Erwartung ist rein<br />

negativ und kann wohl kaum als produktives Forschungsprogramm gelten. Die zweite Erwartung regt tatsächlich<br />

naturwissenschaftliche Arbeit und Modellbildung an. So lange ID selbst jedoch als hinreichende Antwort betrachtet<br />

wird, werden solche Erklärungen wohl nie formuliert werden. Doch genau das ist das Entscheidende, das, was im<br />

Rahmen der teleologischen Ursprungsperspektive geschehen müsste.<br />

Intelligent Intelligent Intelligent <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> – eine eine eine naturwissenschaftliche naturwissenschaftliche naturwissenschaftliche „Erklärung/Theorie“?<br />

„Erklärung/Theorie“?<br />

„Erklärung/Theorie“?<br />

Die Standard-Definition 8 zu ID lautet:<br />

„The theory of intelligent design (ID) holds that certain features of the universe and of living things are best<br />

explained by an intelligent cause rather than an undirected process such as natural selection. “(Hervorhebung<br />

nicht im Original)<br />

Auch im deutschsprachigen Raum existiert die Ansicht, ID sei eine „Theorie“. Immerhin überschreiben Lönnig &<br />

Meis (2006a) einen Beitrag mit „Intelligent <strong>Design</strong> ist eine wissenschaftliche Theorie“. In einem anderen Artikel<br />

(Lönnig & Meis 2006b) referieren sie durchaus korrekt Thesen der ID-Bewegung, werden dem Anspruch des<br />

Titels ihrer Arbeit („Intelligent <strong>Design</strong> [ID] liefert wissenschaftliche Erklärungen“) jedoch nicht gerecht, da sie<br />

nicht aufzeigen, welche „wissenschaftliche[n] Erklärungen“ ID angeblich liefert. Schon aus der Formulierung der<br />

Autoren selbst geht doch (wohl unbeabsichtigt) hervor, dass „ID“ diese Erklärung noch nicht selbst sein kann. Sie<br />

liefert sie nur, ist also – im Bezug auf die aus ihr hervorgehenden Erklärungs-Ansätze gesehen – auf einer<br />

übergeordneten Ebene anzusiedeln. „Struktur XY ist designt.“ kann wohl kaum als naturwissenschaftliche<br />

Erklärung im eigentlichen Sinne gelten; Vielmehr verlangt ein solches Postulat nach anderen erklärenden<br />

Elementen, wie etwa: „Wo/Wann/Wie/Wozu/Durch wen wurde designt?“<br />

Doch solche Fragen werden von ID nicht beantwortet, da hier kein Bezug auf den jeweils angenommenen<br />

<strong>Design</strong>er genommen wird. Ohne diese Fragen steht der Ansatz jedoch auch ohne spezifische Erwartungen da und<br />

damit ohne wissenschaftlichen Erklärungswert (siehe Beispiel „Junk-DNA“ oben). Dieses Dilemma lässt sich<br />

auflösen, versteht man das „theory“ in der zitierten Definition etwas umgangssprachlich (im Sinne von: „Wer hat<br />

die Chips gegessen?“ - “Ach, ich habe da so eine Theorie/Idee/einen Verdacht, dass eine Intelligenz<br />

dahintersteckt...“) 9 : ID wäre demnach die „Theorie“, dass gewisse Aspekte des Universums und des Lebens am<br />

besten durch Theorien (diesmal im wissenschaftstheoretischen Sinne) erklärt werden können, welche eine<br />

8 Von: http://www.intelligentdesignnetwork.org/) <strong>oder</strong>: „The theory of intelligent design holds that certain features of the<br />

universe and of living things are best explained by an intelligent cause, not an undirected process such as natural selection.“<br />

(http://www.discovery.org/csc/topQuestions.php)<br />

9 Beispielsweise, weil die Tüte Chips in einem Tressor verwahrt wurde und ihr ateleologisches Verschwinden nicht erklärt<br />

werden kann.


intelligente Ursache beinhalten. 10 Ebenso, wie der gegenübergestellte ungerichtete Mechanismus ja auch erst noch<br />

spezifiziert werden muss, damit eine Theorie gebildet werden kann („such as natural selection“), gilt dies auch für<br />

die teleologische Position: ID entspricht dem Postulat, demnach manche Aspekte des Universums und des Lebens<br />

am besten durch Theorien erklärt werden können, welche eine intelligente Ursache beinhalten – so wie<br />

beispielsweise eine übernatürliche Schöpfung aller Grundtypen vor wenigen tausend Jahren (vgl. Junker 2005b)<br />

<strong>oder</strong> eine von Außerirdischen durch „frontloading“ (vgl. Gene 2007) initiierte Evolution (Gerichtete Panspermie,<br />

vgl. Crick & Orgel 1973).<br />

Intelligent Intelligent <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> – Gegenstück Gegenstück zur zur „Evolution“?<br />

„Evolution“?<br />

Nicht selten wird ID ganz schlicht der „Evolution“ als diametrale Antithese gegenübergestellt. Eine solche<br />

Klassifizierung ist so undifferenziert, wie die Verwendung des Wortes „Evolution“ in den meisten Fällen ist.<br />

Zahlreiche Autoren beider Seiten (beispielsweise Meyer & Keas 2003 und Bowler 1975; Thomson 1982), haben<br />

bereits auf die vielfältigen Bedeutungen dieses Wortes hingewiesen.<br />

Versteht man unter Evolution lediglich die Veränderung der Lebensformen im Laufe der Zeit, so ist diese<br />

Vorstellung sehr gut kompatibel mit der teleologischen Perspektive. Mikroevolutive Abänderungen des intelligent<br />

designten Bauplans der Lebewesen wurden bereits von frühen Vertretern der biblischen Schöpfungslehre (SD-<br />

Modell), wie etwa Carl von Linné anerkannt (Landgren 1993).<br />

Auch wenn unter „Evolution“ die gemeinsame Abstammung auch der höheren taxonomischen Einheiten<br />

verstanden wird, ist sie problemlos kompatibel mit dem <strong>Design</strong>-Gedanken.<br />

Dass die Vorstellung eines „Baum des Lebens“ nicht unbedingt an ateleologische Mechanismen, die zu seinen<br />

Verästelungen führen, gekoppelt ist, sieht man auch daran, dass auch viele der frühen Vertreter von „common<br />

descent“ die Meinung vertraten, der Mechanismus, welcher für die Transformationen gesorgt haben müsste, sei ein<br />

teleologischer – sie vertraten also den ID-Standpunkt (vgl. Barrow & Tipler 1986). Selbstverständlich gab es auch<br />

Teleologisten, welche einen Entwicklungsgedanken aufgrund spezieller SD-Modelle, ablehnten. Das ist aber noch<br />

nicht in der übergeordneten allgemeinen teleologischen Perspektive begründet.<br />

Auch heute noch gibt es Vertreter der teleologischen Ursprungssicht, welche SD-Anschauungen vertreten, in<br />

denen „common descent“ abgelehnt wird (z.B. Paul Nelson) und solche, welche dieses Element integrieren (z.B.<br />

Michael J. Behe und Mike Gene). Im Rahmen der ateleologischen Perspektive besteht nur eine sehr<br />

eingeschränkte Möglichkeit, den „Baum des Lebens“ abzulehnen: Wenn das Leben ateleologisch entstand und<br />

zwar nicht „einfach so“ von einem Moment auf den anderen, sondern aufgrund eines naturwissenschaftlich<br />

plausiblen Mechanismus, dann müssen sich die einzigen Lebensformen im Grunde unausweichlich auseinander<br />

entwickelt haben. Daher ist im ateleologischen Rahmen-Paradigma nur sehr begrenzt ein Abweichen von dieser<br />

Anschauung möglich (vgl. Doolittle & Bapteste 2007). Ausnahmen (Schwabe 2001; Schwabe & Warr 1984; vgl.<br />

Meyer & Keas 2003, 153) bestätigen die Regeln.<br />

Junker & Scherer (2006, 47) setzen den Begriff der „Abstammungslehre“ mit dem der „Evolutionslehre“ gleich<br />

und begründen das damit, dass die „Vorstellung eine universellen Evolution auch auf philosophischen Grundlagen<br />

und nicht nur auf empirischen Befunden beruht“.<br />

Ich verwende den Begriff der „Evolutionslehre“ ohne Bezug zum Element der gemeinsamen Abstammung der<br />

Lebensgruppen, und bezeichne damit die Auffassung, dass das unsere Welt vollständig auf rein ateleologische<br />

Prozesse zurückzuführen ist. Da der Begriff der „Lehre“ am ehesten für den Inhalt eines weltanschaulichen<br />

10 Um das Chips-Beispiel aufzugreifen: Je nach verdächtigtem Dieb (<strong>Design</strong>er) ergeben sich ganz verschiedene Aspekte: Hätte<br />

meine Katze die Tüte selbstständig öffnen können? Mag mein kleiner Bruder überhaupt Chips? Und wieso finde ich bei mir<br />

im Zimmer einen Haargummi meiner Schwester?<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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Glaubenssystems angebracht ist, könnte man den Begriff der Evolutionslehre wohl am ehesten mit der oben<br />

definierten ateleologischen Position gleichsetzen. Da die ateleologische Perspektive – auf der materiellen Ebene –<br />

jedoch vergleichbar absolut ist, scheint die Bezeichnung auch für dieses Gedankengebäude angemessen.


II. II. Rechtfertigung Rechtfertigung der der teleologischen teleologischen Perspektive Perspektive in in der<br />

der<br />

Diskussion Diskussion um um die die Ursprungsfrage<br />

Ursprungsfrage<br />

Ateleologisches Ateleologisches und und teleologisches teleologisches Postulat Postulat und und Argumentationsstruktur<br />

Argumentationsstruktur<br />

Auf die eingangs diskutierten Definitionen der teleologischen und ateleologischen Perspektive aufbauend, möchte<br />

ich im Folgenden die jeweiligen Postulate und (daraus folgend) die jeweiligen Argumentationsstrukturen<br />

aufzeigen, die sich aus den beiden Ansichtsweisen der Welt ergeben.<br />

Das Postulat der Vertreter der (sich auf alle naturwissenschaftlich diskutierten Ursprünge [Universum, Leben,<br />

Organismengruppen usw.]) ateleologischen Perspektive ist offensichtlich: Es gibt eine ateleologische Erklärung<br />

für den Ursprung und die Entwicklung der Welt einschließlich aller belebten Phänomene. Ein solches Postulat hat<br />

eine positive Grundstruktur, da hier eine verifizierbare Erwartung formuliert wird. Die These könnte durch<br />

experimentelle Bestätigung und mathematische Plausibilitätsabschätzungen leicht untermauert werden:<br />

Beispielsweise würde der Nachweis der Reichweite eines ungerichteten Makroevolutionsmechanismus bis hinein<br />

in die Tiefen der organismischen Komplexität, den Anspruch der ateleologischen Perspektive zumindest für den<br />

Bereich der biologischen Evolution rechtfertigen.<br />

Das Postulat der teleologischen Perspektive hat hingegen eine negative – also negierende – Grundstruktur. Es<br />

widerspricht dem ateleologischen Anspruch vehement und behauptet, die Welt könne nicht auf ateleologische<br />

Erklärungen (ob nun der Real-Historie entsprechend, <strong>oder</strong> nicht) reduziert werden. Wäre dies nämlich möglich,<br />

läge Pseudo-Ateleologie vor und die teleologische Perspektive wäre nicht mehr aufrecht zu erhalten, das <strong>Design</strong><br />

wäre nicht mehr erkennbar. Das Postulat, ‚Es gibt keine ateleologische Erklärung für den Ursprung und die<br />

Entwicklung der Welt, welche auch die belebten Phänomene beinhaltet.‘, kann nicht verifiziert werden, es sei<br />

denn es erfolgt der Negativbeweis, dass eine bestimmte Struktur unmöglich durch alle möglichen ateleologischen<br />

Prozesse entstehen kann. Dieses Postulat macht keine positiven Aussagen bezüglich der Reichweite irgendwelcher<br />

Prozesse. 11 Damit besteht auch keine postulierte Fähigkeit, die man durch Experimente <strong>oder</strong> mathematische<br />

Modelle nachweisen könnte. Das Postulat ist jedoch sehr leicht falsifizierbar, nämlich durch die Bestätigung des<br />

ateleologischen Postulats. Dieses wiederum ist nur sehr schwer falsifizierbar, da das Versagen eines<br />

ateleologischen Erklärungs-Versuchs nicht beweist, das die Welt auch grundsätzlich nicht ateleologisch erklärbar<br />

ist. Die einzige Möglichkeit das ateleologische Postulat zu falsifizieren, bestünde in dem genannten<br />

Negativbeweis, der alle denkbaren ateleologischen Erklärungsansätze widerlegt und als unzureichend<br />

zurückweist. Damit wäre dann das teleologische Postulat bewiesen, dass nämlich keine ateleologische Erklärung<br />

existiert, woraus folgen würde, dass die korrekte Erklärung nicht-ateleologisch sein müsste – mit anderen<br />

Worten: teleologisch.<br />

Diese Eigenschaften der jeweiligen Postulate („Negativität“ des teleologischen Postulats usw.) sind von großer<br />

Bedeutung und bestimmen die Forschungsmöglichkeiten im jeweiligen Paradigma, wie im Folgenden gezeigt<br />

werden soll.<br />

Von Von der der der Beweislast Beweislast Beweislast und und und der der methodischen methodischen Gesundheit<br />

Gesundheit<br />

Mit den im letzten Abschnitt formulierten Thesen der beiden Parteien, stellt sich nun die Frage nach den<br />

„Spielregeln“, die einen geregelten Wettbewerb der Perspektiven erlauben. Mit anderen Worten: Wer trägt die<br />

Beweislast? Stehen die Ateleologisten in der Pflicht, eine ateleologische Erklärung zu liefern und ist die<br />

teleologische Perspektive so lange gerechtfertigt, bis dies geschieht <strong>oder</strong> muss man viel mehr von den<br />

Teleologisten fordern, sie müssten zuallererst den Negativbeweis vollbringen um überhaupt eine Berechtigung in<br />

11 Das kann erst geschehen, wenn sich die Frage stellt, ob spezifische teleologische Prozesse aus dem Bereich „ID“ als<br />

Erklärungen in Frage kommen (also im Rahmen von SD).<br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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der Diskussion um die Ursprungsfrage zu haben, während die ateleologische Perspektive bis zum Gelingen eben<br />

dieses Beweises die Deutungshoheit inne hätte?<br />

Ich möchte zur Beantwortung dieser Frage zunächst eine kleine Analogie heranziehen. Weltanschaulich weniger<br />

bedeutsam und daher auch weniger kontrovers als der Schluss auf intelligentes <strong>Design</strong> in der „Schluss auf<br />

Gesundheit“, den wir aus unserem Alltag zu Genüge kennen. „Wie geht es dir?“, wird man da von einem<br />

Bekannten gefragt und antwortet je nach Situation: „Danke der Nachfrage, ich bin momentan kerngesund!“ <strong>oder</strong>:<br />

„Leider nicht gut, ich bin richtig krank…“. Jeder von uns wird schon mal krank gewesen sein und jeder – so hoffe<br />

ich – auch wieder gesund. Werden wir nach unserem Befinden befragt, wie kommen wir dann zu unserer<br />

Einschätzung? In der Regel antworten wir, wir seien gesund – es sei denn, wir verspüren hier ein Zwicken <strong>oder</strong><br />

dort einen Schmerz, <strong>oder</strong> sonst eine Beschwerde. Wir diagnostizieren Erkrankungen also aufgrund von am<br />

Körper auftretenden Symptomen, wie beispielsweise einer erhöhten Körpertemperatur. Gesund ist eine Person<br />

nach unserem Verständnis, wenn sie keine Krankheit hat und der Organismus ohne Störung funktioniert, also im<br />

Umkehrschluss: keines der Symptome auftritt. Wir gehen auch nicht zum Arzt und lassen uns auf „Gesundheit“<br />

hin untersuchen. Das würde nämlich Gesundheits-Symptome voraussetzen, aber die gibt es nicht: Normale<br />

Körpertemperatur ist lediglich die Absenz eines Krankheits-Symptoms, jedoch kein Nachweis von Gesundheit.<br />

Schließlich kann man auch bei einer Körpertemperatur von 37°C schwer krank sein. Nein, wir lassen uns auf die<br />

Krankheits-Signale hin begutachten. Dabei geht es nicht darum, die Gesundheit nachzuweisen, indem alle denkbaren<br />

Symptome ausgeschlossen werden. Dies wäre ein Negativbeweis, der nicht funktionieren kann, denn: Wer weiß<br />

denn, ob wir alle möglichen Krankheits-Signale kennen und daher auch auf alle überprüft haben? Der Arzt kann<br />

durch seinen Gesundheits-Check (besser: Krankheits-Check) nur nach bereits im Vorhinein bekannten<br />

Symptomen suchen. Auch die beste Untersuchung eines Arztes kann jedoch nicht garantieren, dass es nicht auch<br />

andere Krankheits-Indizien gibt, die nicht bekannt sind und damit nicht untersucht wurden. Damit bleibt der<br />

„Schluss auf Gesundheit“ letztendlich immer ein argumentum ad ignorantiam, er attestiert Gesundheit auf der Basis<br />

nicht nachgewiesener Krankheit. Medizinische Forschung kann jedoch dazu beitragen, dass wir immer mehr der<br />

Gesamtheit denkbarer Krankheits-Signale kennen und die Patienten daraufhin untersuchen können. Je mehr<br />

theoretisch mögliche Symptome bekannt sind und dennoch bei einer Person nicht auftreten, desto plausibler ist<br />

es, ihr zu attestieren, sie sei nicht krank – sprich: gesund. Das Argument ist also kein schlechtes, nur weil es ein<br />

negatives ist.<br />

„Gesundheit“ liefert kein positives, verifizierbares Postulat, „Krankheit“ jedoch schon. Ist letztere einmal<br />

Standard, kann sie jedoch nicht falsifiziert werden. Aus diesen methodischen Gründen setzen wir „Gesundheit“ als<br />

eine Art Nullhypothese voraus, die durch Forschung (Untersuchung des Patienten) als ungültig ausgewiesen<br />

werden kann.<br />

Betrachtet man die Begründungsstruktur der beiden konkurrierenden Thesen zur Ursprungsfrage (s.o.), fällt auf,<br />

dass diese mit denen von „Krankheit und Gesundheit“ identisch sind. Daher soll im nächsten Abschnitt versucht<br />

werden, die Rechtfertigung der Gesundheit auf die teleologische Ursprungsperspektive zu übertragen.<br />

Die Die Die Ursprungsfragenburg<br />

Ursprungsfragenburg<br />

Am 1. Januar 2007 erschien in der japanischen Tageszeitung Sekai Nippo aus Tokyo ein Cartoon von Hiromi<br />

Makita. Darauf ist eine, dem Globus aufgesetzt, Burg, welche mit „The Darwin Castle“ beschriftet ist, zu sehen.<br />

Dementsprechend regiert in diesem Schloss ein mit Königswürden versehener und in die Jahre gekommener<br />

Charles Darwin, der sich jedoch wenig über den bevorstehenden 150sten Geburtstag seines Anwesens freuen<br />

kann, da die Burg von Vertretern der teleologischen Ursprungsperspektive massiv attackiert wird. Darwins<br />

Truppen haben mit den ihnen technologisch weit überlegenen Gegnern und desertierenden (wohl zum Feind<br />

überlaufenden) Soldaten sichtlich Schwierigkeiten.


Dieses – für unsere Zwecke etwas modifizierte – Bild soll im Folgenden herangezogen werden, um die beiden<br />

Perspektiven auf die Ursprungsfrage zueinander in Beziehung zu setzen 12 . Dazu nehmen wir an, es gäbe eine Art<br />

„Ursprungsfragenburg“, die sowohl von den Ateleologisten als auch von den Teleologisten besetzt sein könnte.<br />

Dabei ist jeweils die Partei, welche gerade in der Burg herrscht, im Bezug auf die Ursprungsfrage gut begründet.<br />

Dementsprechend ist ihr Postulat zum jeweiligen Zeitpunkt gut belegt, während die andere Partei die Burg erst<br />

erobern muss, um dies über sich sagen zu können, sie trägt also die Beweislast. Die erste Gruppe bleibt so lange<br />

gerechtfertigt, so lange sie die Angreifer abwehren kann. Dabei ist wichtig, anzumerken, dass diese Burg zu jeder<br />

Seite eine separate Kriegsfront hat: Hier wird um den Ursprung des Universums gekämpft, dort um die<br />

Entstehung des Lebens, daneben um dessen Entwicklung und an der verbliebenen Seite um den Ursprung des<br />

Menschen mit all seinen geistigen Fähigkeiten. Ob es Darwin (1859) gelang, eine dieser Fronten für die<br />

Ateleologisten einzunehmen, ob bereits die ganze Burg und damit alle Aspekte des Universums der<br />

ateleologischen Perspektive zugefallen sind, all das sei dahingestellt (vgl. zu diesen Aspekten das Buch des Nicht-<br />

Teleologisten Berlinski 2008). Wichtiger noch als die Frage, wie die Burg erobert werden kann, ist die Frage, wie<br />

sie erstmalig besetzt werden sollte. Selbst wenn die teleologische Perspektive einmal angemessen war 13 – wie<br />

wurde sie es erstmals begründet? Um diese Fragen beantworten zu können, versetzen wir uns in die – abstrakte –<br />

Situation der erstmaligen Besiedlung der Burg. In diesem konstruierten Urzustand gibt es generell zwei<br />

theoretische Möglichkeiten der Rollenverteilung, beide Fälle sollen im Folgenden besprochen werden.<br />

Erste Erste Möglichkeit<br />

Möglichkeit<br />

Der vorläufige Herrscher der Burg ist die ateleologische Perspektive, also die Annahme, dass ein<br />

naturwissenschaftlich untersuchbarerer, naturalistischer, ungerichteter Mechanismus existiert, der die Evolution<br />

vorantreiben kann. In diesem Fall müsste die teleologische Perspektive positive Belege dafür bringen, dass im<br />

Laufe der Geschichte der Entstehung und Entwicklung der Welt intelligent designt wurde.<br />

Diese Rollenverteilung wirft Probleme auf: Zum einen setzt sie die Existenz eines ateleologischen Mechanismus<br />

voraus, obwohl es doch bei der Ursprungs-Forschung darum gehen sollte, diesen erst noch zu spezifizieren und<br />

nachzuweisen. Während die ateleologische Perspektive eine Existenz postuliert (nämlich die der Möglichkeit<br />

einer ateleologischen Erklärung), verneint der ID-Standpunkt diese. Diese verneinende Argumentation kann<br />

12 Dabei nehme ich nicht an, dass die momentane Situation in der „Scientific Community“ durch den Cartoon realitätsnah<br />

wiedergegeben wird und spreche mich auch nicht für einen aggressiven Kampf um die Ursprungsfrage aus. Im Gegenteil:<br />

Dieser Aufsatz soll einen Beitrag zu einer respektvollen Diskussion liefern, indem durch das Aufzeigen der weltanschaulichen<br />

Abhängigkeit der Perspektiven-Wahl die Möglichkeit eröffnet wird, die abweichende Entscheidung anderer als (in deren<br />

Weltbild) konsequente Schlussfolgerung zu achten.<br />

13 Dass die teleologische Perspektive vor hunderten von Jahren Standard war zeigt nicht nur der geschichtliche Überblick<br />

(Barrow & Tipler 1986), sondern wird auch von den allermeisten Ateleologisten als berechtigt angesehen. So schreibt Dawkins<br />

(1986, 6), dass es Darwin war, der mit der Präsentation seines Mechanismus den Rückgriff auf intelligentes <strong>Design</strong> unnötig<br />

machte: „[...]Darwin made it possible to be an intellectually fulfilled atheist.“ Das heißt nichts anderes, als dass Darwin<br />

erstmals einen naturalistischen und ungerichteten Mechanismus für ein Ereignis präsentierte, für das es bis dahin keine<br />

Erklärung gab. Zuvor war diese „Erklärungslücke“ durch einen <strong>Design</strong>er „geschlossen“ worden. Ruse (2003) macht diesen<br />

Verdienst auf folgende Weise klar: „Organisms give the appearance of being designed, and thanks to Charles Darwin’s<br />

discovery of natural selecetion we know why this is true. Natural selection produces artifact-like features [...].“Ayala (2007)<br />

unterstreicht nochmal Ruses Aussage: „It was Darwin’s greatest accomplishment to show that the directive organization of<br />

living beings can be explained as the result of a natural process - natural selection - without any need to resort to a Creator or<br />

other external agent.“ Und Crick (1990, 24f.) schließt sich an, wenn er schreibt: „The second property of almost all living<br />

things is their complexity and, in particular, their highly organized complexity. This so impressed our forebears that they<br />

considered it inconceivable that such intricate and well-organized mechanisms would have arisen without a designer. Had I<br />

been living 150 years ago I feel sure I would have been compelled to agree with this Argument from <strong>Design</strong>. […] This<br />

compelling argument was shattered by Charles Darwin, who believed that the appearance of design is due to the process of<br />

natural selection.“<br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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jedoch erst greifen wenn ein Mechanismus vorgeschlagen wird, der dann kritisiert werden kann. Erst dann, wenn<br />

ein Versuch vorliegt, diese Existenz (eines Krankheits-Symptoms/eines Makroevolutionsmechanismus)<br />

nachzuweisen, kann die Gegenposition überhaupt anfangen zu argumentieren, Evolutionskritik vorzubringen.<br />

Wenn die ateleologische Perspektive Standard ist, ohne die Reichweite eines spezifischen ateleologischen<br />

Mechanismus nachgewiesen zu haben und sogar, ohne einen solchen Mechanismus spezifiziert und benannt zu<br />

haben, dann kann ID rein gar nichts tun. Die teleologischen Truppen sind darauf angewiesen, vor den Toren der<br />

Burg zu lagern und können nichts tun, um die Burg zu erobern und eine Berechtigung zu erhalten. Und sollte<br />

einmal ein Mechanismus präsentiert und von den Teleologisten sofort widerlegt werden, wäre dadurch für sie<br />

nichts gewonnen, denn die ateleologisch Partei ist ja bekanntermaßen auch ohne Mechanismus bereits ausreichend<br />

begründet. Die Evolutionslehre hätte in diesem Fall keinerlei empirische Basis – und würde trotzdem als gültig<br />

dastehen.<br />

Das wäre – auf das Beispiel der Gesundheit übertragen – als würden wir davon ausgehen, dass eine Person krank<br />

ist, ohne je eine Untersuchung gemacht zu haben und Krankheitssignale nachgewiesen zu haben. Und wenn auch<br />

später nie ein solches Signal gefunden würde, würde das doch immer nur heißen, es sei eben noch nicht entdeckt<br />

worden, ohne dass es dem Status „krank“ etwas schaden könnte. Ebenso wenig, wie wenn mal ein Symptom<br />

vorgeschlagen aber sofort von den „Gesundheits-Fanatikern“ widerlegt würde: Nichts würde sich daraus ergeben,<br />

denn die Person kann schließlich auch ohne Symptom als krank gelten, so wäre es schließlich die ganze Zeit<br />

gewesen, von Anfang an.<br />

Die einzige Möglichkeit der Gesundheits-Anhänger bestünde in einem Negativbeweis, von dem nicht klar ist, ob<br />

er überhaupt theoretisch möglich ist. Ebenso haben auch die Teleologisten keine „Waffen“ im Sinne des Cartoons,<br />

sie haben keine positiven Befunde, mit denen ein Sturm auf die Burg begonnen werden könnte. Sie beherrschen<br />

nur defensive Maßnahmen, die ihnen – außerhalb der Burg und ohne etwas, was es abzuwehren gäbe – nichts<br />

bringen.<br />

Weder die Gesundheits-Perspektive, noch die teleologische Ursprungssicht können positive Befunde für die<br />

eigene Position vorbringen, da sie im Gegensatz zur Krankheits- und ateleologischen Perspektive keine<br />

verifizierenden Statements über postulierte Existenzen aufweisen. „Verifizierbar“ ist eine Eigenschaft, die so viel<br />

heißt, wie „grundsätzlich fähig, die Burg zu erobern“ und „falsifizierbar“ so etwas wie „grundsätzlich so<br />

ausgestattet, dass es möglich ist, diese Sache aus der Burg zu werfen“. Daher macht es keinen Sinn, eine nichtfalsifizierbare<br />

nur („noch weiter“) bestätigbare These zum Standard, zur Nullhypothese zu erklären, weil sie es<br />

dann immer bleiben wird und von einer nicht-verifizierbaren Hypothese zu verlangen, dass sie etwas Positives<br />

„nachweist“. Diese „Rollenverteilung“ kann nur vertreten werden, wenn man bezüglich der „Schauspieler“ klare<br />

Präferenzen hat. Ob die Evolutionslehre nun richtig ist <strong>oder</strong> nicht, einmal diese Rollenverteilung eingenommen,<br />

gibt es kein Zurück. Kein naturwissenschaftlicher Befund könnte die Situation ändern. Wenn wir eingestehen,<br />

dass es zumindest theoretisch auch sein könnte, dass die teleologische Perspektive der Wahrheit näher kommt, als<br />

die ateleologische und wir des Weiteren mit unserem Nachsinnen über die Ursprungsfrage tatsächlich dieser<br />

Wahrheit näher kommen und nicht nur eine bereits vorgefertigte Meinung unter allen Umständen verteidigen<br />

wollen, kann der ateleologischen Perspektive keine Rolle zugeschanzt werden, aus der sie unter keinen Umständen<br />

zu verdrängen ist.<br />

Zweite Zweite Möglichkeit:<br />

Möglichkeit:<br />

Die teleologische Perspektive gilt als Standard, bis die Partei der Ateleologisten Ergebnisse vorlegen kann. Die im<br />

ID-Standpunkt enthaltene These, dass keine ateleologische Erklärung vorliegt, welche das <strong>Design</strong> unerkennbar<br />

machen würde, ist zumindest zu Beginn, vor jeglicher Forschung, zum Zeitpunkt der erstmaligen Besiedlung der<br />

Burg gegeben. Auch wenn bereits fünf Minuten Laborarbeit zeigen könnten, dass befriedigende ateleologische<br />

Erklärungen existieren und es zum Thronwechsel käme. Das ist möglich, weil im Rahmen der ateleologischen


Weltsicht verifizierbare Aussagen über die Fähigkeiten von Mechanismen möglich sind. Doch bis sie nachgewiesen<br />

sind, bleibt das Einnehmen der teleologischen Perspektive berechtigt.<br />

Im Gegensatz zur ersten Möglichkeit macht die eben geschilderte Variante der Rollenverteilung Sinn: Sollte die<br />

Evolutionslehre Recht haben, wird sie sich ihre Rechtfertigung erkämpfen und die Burg der Ursprungsfrage<br />

einnehmen können – aber eben erst, wenn sie nachgewiesen hat, dass sie dazu in der Lage ist und nicht schon a<br />

priori. Im Falle der Richtigkeit der Idee eines ateleologischen Ursprungs der belebten Welt, wird hier die richtige<br />

Option zum Standard werden (Unintelligentes <strong>Design</strong>). Sollten jedoch die Teleologisten Recht haben, werden die<br />

Armeen der ateleologischen Ursprungsvorstellung die Burg nie einnehmen können und die zutreffende Option<br />

wäre auch in diesem Fall stets vertretbar. Diese Rollenverteilung garantiert daher – im Gegensatz zur anfangs<br />

genannten Alternative – ein durch Forschung und nicht Dogmatik begründetes Ergebnis.<br />

Diese Rollenverteilung macht zumindest dann Sinn, wenn wir eine ateleologische Perspektive nicht bereits von<br />

Anfang an Voraussetzen wollen. Um ein solches Vorgehen zu unterstützen braucht man kein Teleologist, sondern<br />

lediglich an einer möglichst korrekten Antwort auf die Ursprungsfrage interessiert zu sein. Wie auch die<br />

„Gesundheit“ kann „Intelligent <strong>Design</strong>“, kann die teleologische Perspektive, also als Nullhypothese betrachtet<br />

werden, die durch die Erkenntnisse der Forschung jedoch schnell hinfällig werden kann. Da die Gründe für den<br />

Status als Nullhypothese methodischer Natur sind, schlage ich vor, ID als methodisch erzwungene (nicht<br />

widerlegte?) 14 Nullhypothese anzusehen.<br />

Positive Positive Hinweise Hinweise auf auf <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> - Das Das Das Unmögliche Unmögliche doch doch möglich?<br />

möglich?<br />

Ich habe in diesem Kapitel erläutert, weshalb die teleologische Perspektive nur negativ argumentieren kann, also<br />

nur vorgebrachte ateleologische Erklärungsversuche widerlegen kann und – so lange ihr das gelingt – aus<br />

methodischen Gründen gerechtfertigt und vertretbar bleibt. Diese Schlussfolgerungen sind aus Überlegungen zum<br />

Postulat der teleologischen Perspektive ableitbar, welche wiederum direkt aus ihrer Definition folgt.<br />

Nun begegnet man in der von Vertretern des ID-Ansatzes verfassten Literatur auch oft der Behauptung, es gäbe<br />

positive Argumente für intelligentes Wirken in der Entstehungsgeschichte unserer heute existierenden Welt.<br />

Aufgrund der oben getätigten Überlegungen zur Natur des Postulats der teleologischen Perspektive dürfte ein<br />

solches Argument eigentlich nicht möglich sein. Tatsächlich offenbart eine detaillierte Analyse der Struktur dieses<br />

angeblich positiven Arguments für intelligentes <strong>Design</strong>, einen negativen Grundcharakter. Es bestätigt sich die<br />

These, dass positive Argumentation für <strong>Design</strong> nur im Rahmen von SD möglich ist.<br />

Da diese Diskussion eine gewisse Ausführlichkeit erfordert, aber zugleich nur die Widerlegung eines Einwands<br />

zum hier vorgestellten und diskutierten Konzept darstellt, wurde sie in einen Anhang (ANHANG I) gestellt.<br />

14 Diese Frage zu Entscheiden ist die Aufgabe der Naturwissenschaften. Die teleologische Perspektive ist daher empirisch gut<br />

verankert und mit der aktuellen Forschung verbunden.<br />

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III. III. Perspektivenfindung im Rahmen der vertretenen<br />

Weltanschauung<br />

Weltanschauung<br />

Perspektiven<br />

Perspektiven- Perspektiven<br />

Perspektiven vs. vs. Wahrheitsfindung<br />

Wahrheitsfindung<br />

Im letzten Kapitel habe ich dargelegt, weshalb die teleologische Perspektive auf die Ursprungsfrage legitim ist, so<br />

lange keine ateleologische Erklärung vorliegt und mit deren Auftreten ihre Berechtigung verliert. Das heißt nun<br />

aber gerade nicht, dass die teleologische Perspektive die einzig vertretbare Perspektive ist. Man kann durchaus auch<br />

die ateleologische Perspektive einnehmen und versuchen ihr Postulat als wahr auszuweisen. Entscheidend ist nur,<br />

dass man der Gegenseite die Daseinsberechtigung nicht absprechen kann, so lange dieser Nachweis nicht<br />

geschehen ist. Und selbst wenn eine augenscheinlich hinreichende ateleologische Gesamterklärung formuliert<br />

werden kann, ist die teleologische Perspektive noch insofern einnehmbar, dass sie versuchen kann, durch negative<br />

Argumentation diesen Erklärungsversuch als unzureichend auszuweisen, beziehungsweise neue explananda zu<br />

entdecken, welche sich dem bis dahin durchaus angemessenen ateleologischen Ansatz entziehen. 15<br />

Wir müssen also prinzipiell unterscheiden zwischen der Frage, ob die ateleologische Perspektive gut genug belegt<br />

ist, um die teleologische Perspektive zu verdrängen, sich also als „wahr“ erwiesen hat <strong>oder</strong> die teleologische<br />

Perspektive noch immer gerechtfertigt ist und der Frage, welcher der beiden Parteien wir uns als Individuen<br />

anschließen sollten. Nochmals: Nur weil die teleologische Perspektive als begrünet ausgewiesen werden kann,<br />

indem auf erhebliche Erklärungsprobleme der ateleologischen Sichtweise verwiesen wird und methodische<br />

Aspekte ins Spiel gebracht werden, heißt das nicht, dass Letztere nicht vertretbar sei. Oder im Bild der<br />

Ursprungsfragenburg gesprochen: Nur weil begründet werden kann, dass ID noch immer über die Ländereien der<br />

Burg herrscht, heißt das nicht, dass jeder Soldat nur zur Truppe der Teleologisten gehören kann. Im Gegenteil:<br />

Ein ganz beträchtlicher Anteil gehört auch zum Heer der Ateleologisten – andererseits könnte dieses schließlich<br />

nicht die Burg attackieren.<br />

In diesem Aufsatz soll es darum gehen, eine Systematik aufzustellen, die als Leitfaden dienen soll, für die<br />

Entscheidungsfindung zwischen den beiden Perspektiven: Mit welchen Voraussetzungen sollte man – um<br />

konsequent auf diese aufzubauen – welcher Perspektive anhängen. Sollte man eher versuchen die Felder der<br />

Ursprungsfragenburg mit teleologischen SD-Modellen zu bestellen, <strong>oder</strong> sollte man nach ateleologischen<br />

Ansätzen suchen, mit denen eine Eroberung der Burg gelingen könnte?<br />

Systematik ystematik des des Nicht Nicht-Wissens<br />

Nicht Wissens<br />

Scherers Scherers Ansatz: Ansatz: Drei rei Haltungen bei systematischem Nichtwissen<br />

In einem hervorragenden Aufsatz zur Entstehung molekularer Maschinen, weist Scherer (2008) nach, dass die<br />

makroevolutive Generierung eben dieser Konstruktionen bis heute unverstanden ist. Er nennt es „eine Tatsache,<br />

dass wir nicht wissen, wie eine erste Zelle <strong>oder</strong> ein Bakterienmotor durch Naturprozesse entstanden sein könnte“.<br />

Er stellt jedoch auch die Frage: „Was aber kann man insbesondere aus den Wissenslücken evolutionsbiologischer<br />

Forschung schlussfolgern?“ Mit anderen Worten: Müssen wir auf dieser Basis auf <strong>Design</strong> schließen?<br />

Grundsätzlich, so Scherer, würde das „Nicht-Wissen zur Forschung motivier[en], in diesem Fall zur<br />

Evolutionsforschung“. Dadurch würden weitere Daten erzeugt, welche die Erklärungslücken schließen könnten.<br />

Geschähe dies, wäre eine ausreichende ateleologische Erklärung vorhanden und der Schluss auf intelligentes<br />

<strong>Design</strong> unnötig.<br />

15 Ähnlich argumentiert Behe (1996): Der darwinsche Evolutionsmechanismus hätte die Entstehung der im 19. Jahrhundert<br />

bekannten Komplexitäts-Ebenen des Lebens durchaus adäquat erklären können. Die Erkenntnisse der Molekularbiologie aus<br />

der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kämen jedoch einem Öffnen der zur Zeit Darwins noch verschlossenen „Black Box“<br />

gleich und würden im Nachhinein Anforderungen an den Mechanismus stellen, die er – trotz versuchter Erweiterungen –<br />

nicht befriedigen würde.


Es könnte aber sein, dass die neuen Daten keine Lösung bringen. Scherer meint dazu: „[N]un, dann muss eben<br />

weiter geforscht werden. Diesen Zyklus wird man erfahrungsgemäß oft durchlaufen und viele Probleme werden<br />

am Ende einer naturwissenschaftlichen Lösung zugeführt werden. Manche vielleicht aber auch nicht. Im Fall der<br />

Lebensentstehung (und, bisher weniger gut begründet, des Bakterienmotors) hat sich gezeigt, dass die<br />

zunehmende Datenfülle von über 50 Jahren experimenteller und theoretischer Forschung nicht zu einer<br />

Erklärung, sondern im Gegenteil zu einer Verschärfung des Problems geführt hat.“<br />

Von dieser Situation ausgehend, wie sie Scherer wie zitiert für manche Phänomene heute als gegeben erachtet,<br />

meint er drei Haltungen ausmachen zu können:<br />

1. Die naturalistische Haltung: Man glaubt, dass es ganz sicher einen Weg gibt, und früher <strong>oder</strong> später<br />

werde man ihn finden. Man wird in diesem Fall also erwarten, dass die künftige Forschung das Problem<br />

löst. Das kann man schwerlich ausschließen. Die Möglichkeit, dass tatsächlich „Nicht-Erklärbarkeit“<br />

vorliegt, lässt sich allerdings auch nicht im Vorhinein ausschließen. Wer bei Vorliegen von „Nicht-<br />

Erklärtheit“ die Möglichkeit der „Nicht-Erklärbarkeit“ einer biologischen Struktur grundsätzlich ablehnt,<br />

formuliert einen Glaubenssatz. Wenn es tatsächlich keinen natürlichen Mechanismus zur Entstehung der<br />

ersten Zelle gäbe, würde die naturalistische Haltung in einen unendlichen, ergebnislosen Zirkel führen.<br />

Sie käme in einem gewissen Sinne einem Verzicht auf Erklärung gleich, wenn es sich bei der ersten Zelle<br />

in Wahrheit um eine geschaffene Konstruktion handeln würde.<br />

<strong>2.</strong> Die ID-Haltung: Sie schließt „aus Nicht-Erklärtheit im Zusammenhang mit designertypischen<br />

Kennzeichen auf Nicht-Erklärbarkeit [....]: Es gibt keinen natürlichen Weg zur Entstehung einer ersten<br />

Zelle, denn sie ist nichtreduzierbar komplex, weist typische Kennzeichen von <strong>Design</strong> auf und kann daher<br />

nur auf unbekannte Weise von einem <strong>Design</strong>er konstruiert worden sein. Diese Haltung birgt dann die<br />

Gefahr, auf Wissen zu verzichten, wenn sie dazu führt, dass die Erforschung des Problems deshalb<br />

aufgegeben wird, weil man es für unlösbar hält. Aber wenn es nun doch lösbar wäre? Vielleicht haben<br />

wir in einigen Jahren eine plausible Erklärung für die natürliche Entstehung des Bakterienmotors? Wer<br />

aus dem Befund von ‚Nicht- Erklärtheit‘ auf ‚Nicht-Erklärbarkeit‘ einer biologischen Struktur schließt,<br />

formuliert einen Glaubenssatz. Außerdem besteht die Gefahr (aber das muss nicht notwendig so sein,<br />

und es ist ein theologisches Argument), dass ein <strong>Design</strong>er als Lückenbüßer dort eingesetzt wird, wo die<br />

derzeitige Wissenschaft (noch?) keine Erklärung hat.“<br />

3. Die abwartende Haltung: „Man kann den Fall nicht entscheiden, es existiert eine Wissenslücke, die<br />

zunächst einfach stehen bleiben muss. Ich kenne eine ganze Reihe von Biologen, die diese Meinung<br />

vertreten. Als Naturwissenschaftler teile ich diese Haltung, doch darf sie nicht in einem resignativen,<br />

agnostischen Sinn verstanden werden. Sonst würde die Gefahr bestehen, dass auf Forschung verzichtet<br />

wird, weil man glaubt, sowieso nichts Sicheres wissen zu können.“<br />

Eigene Eigene Überlegungen: Überlegungen: Quantifizierung Quantifizierung des des „argumentum „argumentum ad ad ignorantiam“<br />

ignorantiam“<br />

Scherer (2008) trifft in mancher Hinsicht meine eigenen Gedanken zu dieser Frage (teilweise publiziert in <strong>Heilig</strong><br />

2008a). Ich habe sowohl im zweiten Kapitel des Aufsatzes, als auch im ANHANG I ausführlich dargelegt, weshalb<br />

das ID-Argument letztendlich immer ein argumentum ad ignorantiam (AAI) sein muss, es sei denn es gelingt der<br />

unbestreitbare Ausschluss aller denkbaren ateleologischer Alternativen.<br />

Wenn das ID-Argument ein solcher Negativbeweis wäre, wäre seine Gültigkeit unhinterfragt. Ist es aber (noch?)<br />

ein AAI, stellt sich automatisch die Frage, wie es zu bewerten ist und ab welchem „Grad an Unplausibilität“ der<br />

konkurrierenden Hypothese es zu gelten hat. Oder gar, wie dieser zu messen ist. Wie<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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gut/stark/überzeugend/zwingend ist das AAI der ID-Vertreter? Das heißt: Wie zwingend ist das Einnehmen der<br />

teleologischen Perspektive aufgrund fehlender ateleologischer Erklärungen?<br />

Komplexität Komplexität vs. vs. Unplausibilität<br />

Um eines klar zu stellen: Ein AAI kann durchaus ein gutes Argument sein. Ratzsch (2001, 5) liefert ein Beispiel für<br />

ein rein negatives, aber doch sehr überzeugendes, Argument:<br />

„Suppose that you come home and you find someone flat on the ceiling. According to quantum mechanics, there<br />

is a nonzero chance of the molecules in the person's body suddenly all spontaneously heading straight up, resulting<br />

in the splattering. But although that is both logically and physically possible, we'd never believe that that was the<br />

proper explanation. Before buying that, we'd accept the Weekly World News explanation involving space aliens and<br />

malfunctioning tractor beams.“<br />

Dabei steht der Negativbeweis noch aus, der zeigt, dass es keine bisher verborgenen physikalischen Prinzipien<br />

gibt, die ein solches Ereignis plausibel machen würden.<br />

Auch der Schluss Paleys, die gefundene Uhr sei designt, ist letztendlich ein AAI: Wir können nicht ausschließen,<br />

dass ein uns noch unbekannter Selbstorganisationsprozess existiert, welcher Taschenuhren generieren kann.<br />

Wir dürfen nicht vergessen: Jeder Schluss auf intelligentes und nicht näher spezifiziertes <strong>Design</strong> ist ein AAI. Auch<br />

wenn Mahner (2007) meint, wir würden nicht die Komplexität des in Frage stehenden Objektes betrachten:<br />

„Wir würden auch einfache Artefakte wie Scherben <strong>oder</strong> Mauerreste als solche erkennen, wie es Archäologen<br />

ständig tun. Komplexität scheint also bei Paleys Argument [ 16 ; Anm. C. H.] nicht die relevante Analogie zu sein.“<br />

In der Tat ist es nicht die Komplexität des Gegenstandes sondern die Unplausibilität seiner ateleologischen<br />

Entstehung, die zählt – auch wenn (spezifizierte) Komplexität (unter anderen Dingen!) auf eine solche<br />

Unplausibilität hinweisen kann. In diesem Kontext sollte auch das SETI-Programm nicht unerwähnt bleiben.<br />

„SETI“ steht für „Search for Extraterrestrial Intelligence“ und beschäftigt sich folglich mit der Suche nach<br />

außerirdischer Intelligenz, indem nach Radiosignalen aus dem All gesucht wird. ID-Vertreter haben in der<br />

Vergangenheit häufig auf dieses Forschungs-Programm verwiesen und angemerkt, dass es ganz offensichtlich<br />

möglich sei, intelligentes Wirken auf naturwissenschaftliche Art und Weise zu erkennen (vgl. Dembski 2002).<br />

Shostak (2005) verfasste daraufhin einen Artikel, indem er versuchte SETI von ID abzugrenzen. Sein<br />

Hauptargument ist dabei, dass die SETI-Forscher eben nicht nach komplexen Signalen suchen würden, während<br />

der „Komplexität“ in ID-Kreisen das Hauptaugenmerk gelte. Shostak übersieht jedoch, dass die (spezifizierte)<br />

„Komplexität“ lediglich deswegen ein <strong>Design</strong>-Signal ist, weil sie Schwierigkeiten für ateleologische Erklärungen<br />

bereitet. Bei näherer Analyse der Argumentation Shostaks stellt sich heraus, dass auch die SETI-Argumentation im<br />

Kern ebenfalls negativer Natur ist. Denn auch die SETI-Signale deuten deswegen auf eine Intelligenz hin, weil ihre<br />

ateleologische Entstehung in ihrem jeweiligen Kontext unplausibel erscheint:<br />

„An endless, sinusoidal signal – a dead simple tone – is not complex; it’s artificial. Such a tone just doesn’t seem to be<br />

generated by natural astrophysical processes.“ (Hervorhebung nicht im Original)<br />

Shostak sagst selbst, SETI suche nach „Künstlichkeit“ (artificiality, s.o.). Das könnte bereits ein sehr simples Signal<br />

sein. Aber er sagt auch klar, dass es genau dadurch zum Hinweis auf einen intelligenten Urheber würde, weil es<br />

aus einer astronomischen Umgebung käme, „from which neither it nor anything like it is either expected or<br />

16 Zu Paleys Argument siehe ANHANG I.


observed“. Unplausibilität muss also keinesfalls mit großer Komplexität im deskriptiven Sinne verbunden sein.<br />

Das gilt auch für das von Korthof (2007) zitierte Gegenbeispiel zu Dembskis Argumentation 17 :<br />

„Physicist Mark Perakh asks a seemingly innocent and simple question: If we find pebbles and a perfect spherical<br />

white ball on the beach, which is designed? Nobody needs advanced mathematics to decide which is designed and<br />

which originated by random forces. However, the information content of the spherical white ball can be described<br />

by a very short formula only containing its diameter and colour. Therefore, the algorithmic information content<br />

of the ball is low. Contrary, the algorithmic information content of an arbitrary pebble is very much higher<br />

because a very complex formula is required to describe its irregular surface and colour distribution.“<br />

Perakh (2004, 130) schrieb dazu:<br />

„This example again illustrates that complexity in itself is more likely to point to a spontaneous process of random<br />

events while simplicity (low complexity) more likely points to intelligent design. This is contrary to the definition<br />

of complexity given by Dembski.“<br />

Perakhs Äußerungen machen zumindest eines deutlich: Sein Beispiel ist nicht „komplex“ und es erscheint uns<br />

dennoch als guter <strong>Design</strong>-Indikator. Entscheidend ist, dass die möglichen ateleologischen Erklärungsansätze für das<br />

diskutierte Objekt unplausibel sind. In diesem Fall etwa die Herausformung der Struktur durch Erosions-<br />

Prozesse.<br />

Perspektive Perspektive vs. vs. Repräsentierende Repräsentierende Theorie<br />

Theorie<br />

Die im letzten Abschnitt diskutierten Beispiele machen einen weiteren wichtigen Punkt deutlich: Wir können<br />

nicht einfach die zwei möglichen Perspektiven miteinander vergleichen: Wie sieht es etwa mit der Unplausibilität<br />

der ateleologischen Option insgesamt aus? Da wir die Gesamtheit ihrer Erklärungen nicht kennen, ein Teil noch<br />

zu entdecken ist, können wir diese Abschätzung nicht vornehmen (das liefe auf die eliminative Induktion hinaus).<br />

Was wir haben sind lediglich vorgeschlagene Erklärungs-Ansätze. Es ist äußerst wichtig, sich vor Augen zu halten,<br />

dass aus Sicht von ID stets nur diese Ansätze kritisiert und evaluiert werden. Diese sind nicht, sondern<br />

repräsentieren lediglich die ateleologische Perspektive. Und das tun sie aus einem guten Grund: Sie stellen die<br />

besten Modelle dar, die derzeit im Rahmen dieser Sichtweise zur Verfügung stehen. Ist einmal die einzig gängige<br />

Evolutionstheorie widerlegt <strong>oder</strong> zumindest unplausibel gemacht, steht die ateleologische Perspektive zwar ohne<br />

Erklärung dar, aber folgt daraus auch, dass die Perspektive insgesamt aufgegeben werden sollte? Im den folgenden<br />

Abschnitten soll dieser Frage nachgegangen werden.<br />

AAI AAI vs. vs. AAC<br />

Wenn trotz fehlender ateleologischer Erklärung an der zugrundeliegenden Perspektive festgehalten und nach<br />

ersterer weitergeforscht wird, drückt dies eine bestimmte Erwartung aus: Die Erwartung, dass zukünftige<br />

Forschung noch einen Mechanismus offenbaren wird, die das bisher rätselhafte auf ateleologische Art und Weise<br />

erklären kann. Diese Erwartung steht dem AAI, welches davon ausgeht, dass keine solche Erklärung gefunden<br />

werden wird, diametral gegenüber. Die eigentliche Frage ist also, wie wir uns zwischen diesen beiden Optionen<br />

an Erwartungen entscheiden sollen. Das AAI von ID einzunehmen, wäre äußerst schade, wenn noch ein wenig<br />

Forschung tatsächlich den umstrittenen Mechanismus offenbaren würde. Auf der anderen Seite wäre ein<br />

Festhalten an der sich noch manifestierenden Realität einer ateleologischen Erklärung äußerst unfruchtbar, wenn<br />

sich im Bereich von ID gute und produktive SD-Modelle für das in Frage stehende Phänomen finden lassen<br />

würden und alles Weiterforschen in die falsche Richtung Zeitverschwendung wäre. Dembski drückt seine<br />

Motivation, sich für ein AAI zu entscheiden, nach Neuhaus (2002) so aus:<br />

17 Es sei angemerkt, dass es insofern eine sehr schwache Kritik ist, da sie – allerhöchstens – zeigt, dass Dembskis <strong>Design</strong>-<br />

Indikator „false negatives“ liefert, aber nicht, dass er „false negatives“ generiert, was das eigentlich Entscheidende wäre (vgl.<br />

Dembski 2002, 22-28).<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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„An argument from ignorance is still better than a pipe dream in which you’re deluding yourself. I’m at least<br />

admitting to ignorance as opposed to pretending that you’ve solved the problem when you haven’t.“<br />

Sowohl die Annahme, zukünftige Ergebnisse würden Wissenslücken schließen , als auch die Annahme, dies würde<br />

nicht geschehen, sind Einstellungen, die klare Erwartungen an die Zukunft formulieren. Man könnte hier analog<br />

zum AAI (und etwas polemisierend) von einem „Argument aus Leichtgläubigkeit“ (argumentum ad credulitatem =<br />

AAC). 18<br />

Der Der Wert Wert der der Erfahrung: Erfahrung: Das Das Meta Meta-ad Meta ad ad-ignorantiam<br />

ad ignorantiam<br />

Während uns der Blick in die Zukunft die Bedeutung der Wahl zwischen AAI und AAC aufzeigt (schwerwiegende<br />

Folgen der Wahl, s.o.) kann uns ein Blick in die Vergangenheit helfen, den Wert des AAIs und die Plausibilität am<br />

AAC festzuhalten, einzuschätzen. Dieses Element der Erfahrung ist zwar schwer objektivierbar, kann aber doch<br />

zumindest im Einzelfall eine grobe Abschätzung über die Entwicklung der Ausdehnung von Wissenslücken im<br />

Rahmen der ateleologischen Perspektive dienen.<br />

Wir haben also zwei verschiedene Erwartungshaltungen zum selben Gegenstand. Hinzu kommt nun ein Element,<br />

das dem AAI eine gewisse Rechtfertigung verleiht und das AAC zumindest einmal als nicht aus der empirischen<br />

Forschung hervorgehend einordnet: Die genannte Erfahrung. Keine Erfahrung über <strong>Design</strong>-Vorgänge, sondern die<br />

Erfahrung, inwiefern vergangene Jahrzehnte die Tendenz gezeigt haben, dass fortschreitende Forschung, die<br />

Wissenslücken bzgl. ungerichteter Entstehungsmodelle vergrößerten <strong>oder</strong> verkleinerten. Diese<br />

Erfahrungskomponente kann das <strong>Design</strong>-Argument zu einem besonderen AAI, zu einem qualitativ hochwertigen<br />

machen. Waschke (2007) formuliert dies so:<br />

„ID beruht eben nicht auf Wissen, sondern auf den Lücken im vorhandenen Wissen, die man durch mehr<br />

Wissen erst bemerkt. ID basiert sozusagen auf einem ‚Meta-ad-ignorantiam‘[Anm.C.H.: Im Folgenden „MAI“],<br />

zumindest so lange, bis es in der Lage ist, eine konsistente Theorie zu formulieren, die die Forschung weiter<br />

bringt.“<br />

In Anlehnung an Waschke spreche ich von einer MAI-Situation, wenn zum einen keine befriedigende<br />

ateleologische Erklärung existiert und zum anderen die Geschichte zeigt, dass trotz erheblicher Bemühungen diese<br />

zu liefern, die Erklärungslücken nicht geschlossen wurden <strong>oder</strong> sogar noch weiter aufklafften.<br />

Hier kommt wieder einmal die Komponente der Erfahrung zum Vorschein, die ID zugrundeliegt, das „Wissen“.<br />

Aber eben kein gewonnenes Wissen über die Fähigkeiten menschlicher Intelligenzen (vgl. ANHANG I), sondern<br />

Wissen über die Unfähigkeit ateleologischer Erklärungsansätze und deren geschichtliche Entwicklung. Aufgrund<br />

diesen Wissens entscheiden wir uns für das AAI als kleineres Übel, wenn wir schlussfolgern: Paleys Uhr ist designt<br />

und nicht ateleologisch entstanden.<br />

Synthese:<br />

Synthese:<br />

Wissenslücken im ateleologischen Deutungsmuster sind sowohl nach Scherers Meinung als auch meiner Ansicht<br />

nach nicht automatisch Grund genug, davon auszugehen, eine Erklärung könnte nicht mehr gefunden werden.<br />

18 Diese Leichtgläubigkeit kann zum Teil erstaunliches Ausmaß annehmen. So verkündete ich auf meinem Blog zum 1.April<br />

2007 die scherzhafte Meldung:<br />

„In einer Vorankündigung von PNAS ist zu lesen, dass es einem amerikanischen Forscherteam anscheinend gelang, unter<br />

Evolutionsbedingungen eine Bakterienflagelle entstehen zu sehen.“<br />

Der angegebene Evolutionspfad war absolut unrealistisch und an den Haaren herbeigezogen. Ich hatte mir das denkbar<br />

unwahrscheinlichste Szenario zurecht geschustert gehabt. Evolutionsvertreter sind solche Plausibilitäten aber anscheinend<br />

gewohnt und rechnen fest mit dem Eintreten eben solcher Ereignisse. Zumindest verkündete wenig später der<br />

„Antiteleologist“ (um den von ihm geliebten Begriff des „Antievolutionisten“ aufzugreifen...) Martin Neukamm im<br />

atheistischen Forum Freigeisterhaus den Erfolg für die Evolutionsbiologie im Kampf gegen ID voller Freude ...


Der Zyklus der Unerklärtheit, der über Evolutionsforschung zur erneuten Ernüchterung führt, wird bei mir<br />

durch die MAI-Situation wiedergegeben. Entscheidend ist, dass dieser Zyklus oft und systematisch durchlaufen<br />

wird, wodurch (in Scherers Worten) das „Problem [...] verschärft“ wird. Von dieser MAI-Situation liefert Scherer<br />

erst mal zwei sehr absolute weiterführende Möglichkeiten: Es gäbe entweder „ganz sicher eine naturalistische<br />

Erklärung“ bzw. es existiere „keine natürliche Lösung“ und das bisher nicht erklärte sei generell nicht erklärbar.<br />

Bei zwei derart absoluten Aussagen wundert es nicht, dass Scherer eine „[a]bwartende Haltung“ einführen muss,<br />

die sich nicht festlegt. Ich möchte einen anderen Weg gehen:<br />

Ich denke, dass es durchaus möglich ist, in einer MAI-Situation eindeutige Zuordnungen zu den beiden<br />

Perspektiven ID und UD zu machen. Man muss dann eben eingestehen, dass diese Zuordnungen lediglich<br />

vorläufiger Natur sind und jederzeit durch naturwissenschaftliche Forschung hinfällig werden können, wenn sich<br />

also die MAI-Situation auflöst. Das könnte selbstverständlich geschehen. Ein Risiko besteht also auch, wenn man<br />

sich in der MAI-Situation entscheidet, sie liefert keine Sicherheit. Aber mit dieser ist in der Naturwissenschaft<br />

eben nicht immer zu rechnen. Und sofern die eingenommenen Perspektiven nicht als dogmatische Haltungen<br />

eingenommen werden, sondern als bei der momentanen Datenlage am wenigsten risikoreiche Haltungen mit nur<br />

vorläufigem Charakter aber mit den größten Aussichten auf fruchtbaren naturwissenschaftlichen „Output“, sehe<br />

ich nicht die Notwendigkeit eine abwartende Haltung als dritte Entscheidungsmöglichkeit anzunehmen. Ganz<br />

einfach deshalb, weil die Aussage man könne „den Fall nicht entscheiden“, also nicht objektiv entscheiden, in einer<br />

MAI-Situation von beiden Seiten unterschrieben werden sollte. Wir können es nicht wissen, wie es wirklich ist,<br />

sonst könnten wir das „I“ in der MAI-Situation streichen und es läge keine solche vor. Dass bei Scherer eine dritte,<br />

diplomatische Haltung nötig wird, liegt auch daran, dass bei ihm ohne diese dritte Haltung, die einzige<br />

Möglichkeit weiter zu forschen in der „naturalistischen Haltung“ besteht. Kein Wunder, dass es da noch eine<br />

zusätzliche Haltung braucht, denn was ist mit all den Vertretern der teleologischen Perspektive, welche die<br />

Evolutionsbiologie nicht einfach aufgeben wollen, nur weil sie meinen, am Ende des Forschungsprozesses stünde<br />

ein teleologisches SD-Modell? Dass ein Forschungsprozess in etwas resultieren soll setzt doch eben diesen<br />

Forschungsprozess und nicht nur der Schluss auf „ID“ mit anschließender Stagnation und Forschungsfaulheit<br />

voraus. Eine intensive Evolutionsforschung ist integraler Bestandteil der teleologischen Perspektive (siehe<br />

ANHANG II). Außerdem sorgen Wissenschaftler, welche sich zu ateleologischen Perspektive rechnen, sicher<br />

dafür, dass diese Option nicht einfach vergessen wird. Im Gegenteil: Es ist ja ihr festes Ziel, der teleologischen<br />

Perspektive auf die Ursprungsfrage endlich die Basis zu entziehen. Scherer kreiert sich seine problematische<br />

Entscheidungssituation also in einer gewissen Weise selbst, indem er den Charakter der teleologischen<br />

Perspektive falsch darstellt: Nur weil man sich persönlich dafür entscheidet, dass die teleologische Perspektive die<br />

besseren Zukunftsaussichten hat, wird dadurch schließlich nichts an der Grundstruktur eben dieses<br />

Deutungsrahmens geändert und er ist weiterhin den Angriffen der ateleologischen Gegenbewegung ausgesetzt,<br />

wie bei der „Ursprungsfragenburg“ beschrieben.<br />

Ich fasse die MAI-Situation wohletwas schärfer und die teleologische Perspektive mit weitaus größeren Grenzen<br />

auf als Scherer. Das sind wohl die beiden Hauptgründe, die ihn dazu zwingen, eine dritte Kategorie einzuführen.<br />

Selbstverständlich: Es gibt Unentschiedenheit. Aber diese muss (im richtigen Maß) für jede der beiden<br />

Ursprungsperspektiven gelten, nicht nur für eine dritte, besonders unsichere Partei. Diese Unentschiedenheit<br />

drückt sich in einem Bewusstsein darüber aus, dass eine veränderte empirische Situation einen Perspektiven-<br />

Wechsel erforderlich machen könnte – und zwar jederzeit. Es gibt auch noch eine andere Unentschiedenheit,<br />

schlichtweg nicht zu wissen, welcher Perspektive man sich – auch nur vorläufig – anschließen sollte. Diese<br />

Unentschiedenheit ist (zumindest in meiner MAI-Situation) jedoch keine gesonderte Perspektive, sondern in<br />

meinen Augen lediglich das Resultat nicht komplett konsequenter Anwendung der eigenen Denkvoraussetzungen<br />

auf die Ursprungsfrage.<br />

Bevor wir gegen Ende dieses dritten Kapitels des Aufsatzes auf eine solche Systematik, eine möglichst klare<br />

Zuordnung von vertretener Weltanschauung und einzunehmender Ursprungsperspektive, zurückkommen,<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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möchte ich zuvor ein Element einführen, dass für die Erstellung eben jenes Leitfadens von immenser Bedeutung<br />

ist, in ID-Literatur aber bisher nur wenig bearbeitet und oft sogar entschieden abgelehnt wurde.<br />

Transsubjektiver Transsubjektiver Schluss Schluss Schluss auf auf <strong>Design</strong>?<br />

<strong>Design</strong>?<br />

Der Der Der Appell Appell Appell an an an konsequentes konsequentes konsequentes Schlussfolgern<br />

Schlussfolgern<br />

Schlussfolgern<br />

Im ANHANG I wurde Paleys „Appell an konsequentes schlussfolgern“ vorgestellt: Bei derselben empirischen<br />

Situation für eine Uhr und eine Bakterienflagelle, bei derselben Unplausibiliät der ateleologischen<br />

Erklärungsansätze also, solle man doch auch gefälligst in beiden Bereichen auf einen intelligenten Urheber<br />

schließen – nicht nur im technischen. Nach den in diesem Kapitel bisher vorgenommenen Differenzierungen<br />

könnte man das wie folgt umformulieren: Ist nicht jeder rational denkende Mensch „intellektuell verpflichtet“, bei<br />

systematischem Scheitern ateleologischer Erklärungsansätze für die Entstehung und Entwicklung des Lebens, auf<br />

ein intelligentes <strong>Design</strong>, einen teleologischen Ursprung zu schließen, wenn er es in der hypothetisch<br />

vergleichbaren MAI-Situation der Uhren-Genese auch tut?<br />

Ich denke, dass eine solche Haltung einem übertriebenen Empirismus gleichkommt und unangemessen ist. Zur<br />

Begründung meiner These möchte ich auf ein Element verweisen, das sowohl Paley, als auch Rammerstorfer, als<br />

auch all die anderen Anwälte der teleologischen Perspektive übersehen haben, die von aufgrund unplausibler<br />

ateleologischer Option auf <strong>Design</strong> getätigte Schlüsse in der Naturwissenschaft ausgehend, argumentieren, ID sei<br />

für den Ursprung des Universums, des Lebens, seiner Entwicklung und dem Auftauchen des Bewusstseins ebenso<br />

zwingend. Wer in diesem Sinne argumentiert, vergisst eines: den potentiellen <strong>Design</strong>er.<br />

Der Der potentielle potentielle <strong>Design</strong>er<br />

<strong>Design</strong>er<br />

Darunter ist jede Instanz zu verstehen, die als Kandidat für den „intelligenten <strong>Design</strong>er“ in Frage kommt, also<br />

zumindest rein theoretisch fähig zum <strong>Design</strong> ist und diesem nicht explizit abgeneigt 19 – ein potentieller <strong>Design</strong>er<br />

eben. Dass dieser so oft vergessen wird, ist eigentlich merkwürdig. Denn im Grunde ist er das entscheidende<br />

Element, bei der Frage, ob für uns aus Nichtwissen bezüglich der ateleologischen Entstehung und der Erfahrung,<br />

dass dieses im Verlauf der Forschung nicht weniger wird, der Schluss auf <strong>Design</strong> folgt. Der „potentielle <strong>Design</strong>er“<br />

spielt immer eine Rolle, wenn wir uns überlegen, ob wir in einer MAI-Situation tatsächlich auf einen<br />

teleologischen Ursprung einer Sache schließen, <strong>oder</strong> doch besser darauf vertrauen sollten, dass es eine<br />

ateleologische Erklärung dafür gibt. Jeder, der <strong>Design</strong>-Schlüsse zieht, arbeitet mit diesem Element. Ganz gleich,<br />

ob er als Forensiker arbeitet, als Archäologe, als SETI-Wissenschaftler <strong>oder</strong> als ID-Vertreter. Letztere sind leider<br />

diejenigen, die in der Vergangenheit am meisten geleugnet haben, dass der „potentielle <strong>Design</strong>er“ für ihre<br />

Schlussfolgerungen von Bedeutung ist. Irgendetwas scheint sich in ihnen gegen das Anerkennen der Wichtigkeit<br />

für ihr Argument zu sträuben. Möglicherweise – um hier einen rein spekulativen Gedanken zu äußern – weil<br />

dieses Element Paleys Forderung nach analogem Schließen bei selber ateleologischer Problemlage zunichte macht,<br />

vielleicht, weil der teleologischen Perspektive auf die Ursprünge von Universum, Leben, neuen Organismen-<br />

Bauplänen und menschlichem Bewusstsein, damit der Aspekt der Objektivität genommen wird, wie er etwa beim<br />

Schluss auf <strong>Design</strong> im Fall eines Uhr-Fundes vorliegt.<br />

Dabei liegt der potentielle <strong>Design</strong>er eigentlich recht nahe und Rammerstorfer (2006a, 262) nennt dieses Element<br />

sogar indirekt als eine von drei Voraussetzungen 20 für die „ID-Position“: „Offenheit“. Darunter versteht er:<br />

19 Ein Kandidat für ein <strong>Design</strong>, der zwar fähig zum <strong>Design</strong>en ist, aber ausdrücklich nichts mit so etwas zu tun haben will, ist<br />

schließlich kein Kandidat im engeren Sinne.<br />

20 Erkennbarkeit und Skepsis sind die anderen beiden. Letzterer Punkt ist wohl mit meiner MAI-Situation zu vergleichen,<br />

auch wenn diese bei Rammerstorfer schon sehr leicht erreicht ist, nämlich schon wenn „Zweifel an bisherigen naturalistischen<br />

Erklärungen zum Ursprung der Organismenwelt“ vorliegen. Weder muss ein systematisches Scheitern vorliegen, noch kann<br />

hier eigentlich von „Scheitern“ gesprochen werden, da bloßer „Zweifel“ bereits genügt.


„Die Bereitschaft, intelligente Kausation grundsätzlich als mögliche Erklärung in der biologischen Ursprungsfrage<br />

zu akzeptieren.“<br />

Es gäbe sowohl atheistische Konzepte, als auch theistische, die eine solche Bereitschaft fördern. Was fördert diese<br />

Bereitschaft? Rammerstorfers Kommentar zu den atheistischen und theistischen Konzepten legt nahe, dass er an<br />

dasselbe dachte wie ich, es jedoch nicht ausformulierte. Zumindest berücksichtigt er das Element nicht in seinen<br />

beispielhaften Schlüssen auf <strong>Design</strong>.<br />

Nehmen wir dazu nochmals sein Lotto-Beispiel zur Hand (vgl. ANHANG I). Hier liegt nicht nur statistische<br />

Unwahrscheinlichkeit vor, sondern auch die Möglichkeit der transsubjektiven Voraussetzbarkeit eines<br />

„potentiellen <strong>Design</strong>ers“. Dass eine Instanz einen potentiellen <strong>Design</strong>er darstellt, kann wie bereits diskutiert,<br />

entweder auf empirischer Basis (Mensch) gezeigt werden (ANHANG I), <strong>oder</strong> aus logischen Gründen<br />

angenommen werden (z.B. für Gott). Für die SD-Modell-Bildung ist der potentielle <strong>Design</strong>er äußerst wichtig und<br />

der einzige Bereich in dem <strong>Design</strong>-Erfahrungen tatsächlich von Bedeutung sind. Aber auch bereits auf der Ebene<br />

des bloßen Erkennens von intelligentem und nicht erst auf der der Zuordnung von spezifischem <strong>Design</strong> spielt er eine<br />

Rolle.<br />

Wir wissen, dass unsere Welt von intelligenten Wesen bevölkert ist, von potentiellen <strong>Design</strong>ern. Wir brauchen<br />

nicht genau zu wissen, wie man ein Lotto-Spiel manipulieren kann, welche Mechanismen hier am Werke sein<br />

könnten und wer genau seine Finger im Spiel hat, <strong>oder</strong> gar, wie viele Finger derjenige hat. Aber es gehört zur<br />

Definition intelligenter Instanzen, dass sie in der Lage sind, gegenwärtiges Handeln aufgrund antizipierter<br />

zukünftiger Folgen nach eigenem Ermessen zu gestalten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das bestätigt sich<br />

in vielen Alltagssituationen. Menschen erfüllen ganz offensichtlich das Kriterium der „Intelligenz“. Tritt ein<br />

sechsmaliger Lotto-Gewinn also in einem Kontext (diese Bezeichnung verwendet Rammerstorfer<br />

interessanterweise auch, ohne es zu spezifizieren) auf, der in eine menschliche Gesellschaft integriert ist, so ist<br />

klar, dass potentielle <strong>Design</strong>er vorhanden sind. Hätte Paley diesen Punkt bedacht, hätte er vielleicht besser<br />

verstanden, weshalb manche seiner Zeitgenossen im Falle der Uhr <strong>Design</strong> akzeptierten, im Falle des<br />

Wirbeltierauges jedoch nicht. Denn die Existenz der Mitmenschen (im Fall der Uhr) darf man getrost für alle<br />

voraussetzen, die Existenz eines Gottes <strong>oder</strong> außerirdischen Wesens (im Fall des Wirbeltierauges) jedoch nicht,<br />

da die Entscheidung für <strong>oder</strong> gegen die Akzeptanz eines solchen Wesens (Außerirdische <strong>oder</strong> Gott) – des<br />

potentiellen <strong>Design</strong>ers – dem Individuum überlassen ist und zum momentanen Zeitpunkt nicht objektiv und für<br />

alle gültig vorausgesetzt werden kann. Im Rahmen von ID (anders als bei SD) rechnen wir das <strong>Design</strong> noch nicht<br />

dem Wirken eines spezifischen <strong>Design</strong>ers zu, aber wir müssen bereits vor dem Schluss auf <strong>Design</strong> wissen, wer<br />

(<strong>oder</strong> was) denn alles als Urheber in Frage kommt. Dabei kann sich die Anzahl möglicher <strong>Design</strong>er tatsächlich so<br />

weit einengen, dass wir schon beinahe ein SD-Modell haben, da nur ein ganz spezifischer potentieller <strong>Design</strong>er<br />

vorliegt (für den Ursprung des Universums beispielsweise nur ein Gott-Wesen; s.u.). Das räumt auch Dembski<br />

(1998c, 15) unfreiwillig ein, wenn er schreibt:<br />

„Whether an intelligent cause operates within or outside nature (i.e., is respectively natural or supernatural) is a<br />

separate question from whether an intelligent cause has operated. For instance, we can reliably infer that a<br />

Shakespearean sonnet has an intelligent cause independently of whether Shakespeare actually lived, whether a<br />

space alien moved Shakespeare's quill, or whether an angel made the sonnet materialize magically.“<br />

Dembski hat Recht, dass wir diese Frage aufgrund von Unwahrscheinlichkeiten entscheiden können, ohne dass<br />

wir wissen, ob Menschen, Außerirdische <strong>oder</strong> übernatürliche Wesen designt haben. Das muss durch einen<br />

Wettstreit verschiedener SD-Modelle ausgemacht werden. Der muss auch klären, ob Shakespeare der plausibelste<br />

Urheber ist, <strong>oder</strong> ob das Sonett nicht vielleicht von einem anderen Dichter verfasst wurde. All diese Fragen sind<br />

in der Tat für die <strong>Design</strong>-Identifikation unerheblich. Tatsache ist jedoch, dass wir beim Schluss auf <strong>Design</strong> drei<br />

potentielle <strong>Design</strong>er zur Auswahl haben. Zumindest einer davon – der Mensch – kann für den Zeitraum der<br />

Entstehung des Werks transsubjektiv vorausgesetzt werden. Daher ist der Schluss auf <strong>Design</strong> hier sehr<br />

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unproblematisch. Auch schon einige wenige Buchstaben auf einem Stück Papier hätten unter diesen<br />

Voraussetzungen die nötigen Unwahrscheinlichkeiten geliefert, um auf <strong>Design</strong> zu schließen. Ganz anders im Falle<br />

einer MAI-Situation für den Ursprung des Universums: Sie kann noch so erdrückend sein, lehnt ein Kosmologe<br />

jedes übernatürliche Wesen ab – das zu Beginn unserer Zeit der einzig denkbare potentielle <strong>Design</strong>er ist – ab (und<br />

dazu hat er als Mensch jedes nur erdenkliche Recht), wird er niemals auf <strong>Design</strong> schließen: Ohne die Möglichkeit<br />

eines potentiellen <strong>Design</strong>ers ist die ateleologische Entstehung des von ihm beobachteten Universums eine<br />

Notwendigkeit, hat die Wahrscheinlichkeit P=1, ist eine Tatsache – aller Unwahrscheinlichkeiten zum Trotz.<br />

Von Von Von Steinwerkzeugen Steinwerkzeugen Steinwerkzeugen und und und potentiellen potentiellen potentiellen Herstellern<br />

Herstellern<br />

Herstellern<br />

Meine Anfrage an jeden transsubjektiven Schluss auf <strong>Design</strong> wird auch vom ID-Kritiker Elliott Sober (2003, 38)<br />

(zumindest in Teilen) geteilt:<br />

„The first premiss in the likelihood formulation of the design argument – that Pr(O |Chance) is very low – is<br />

correct, then the only question that remains is whether Pr (O |<strong>Design</strong>) is higher. This, I believe, is the Achilles'<br />

heel of the design argument [...].“<br />

Mit anderen Worten: Aus der Tatsache, dass das ateleologische Zustandekommen eines Ereignisses extrem<br />

unwahrscheinlich ist, folgt – an sich – noch nicht, dass die teleologische-Perspektive zutreffend ist. Entscheidend<br />

ist nicht nur, dass die ateleologische Hypothese eine geringe Wahrscheinlichkeit hat, sondern dass die <strong>Design</strong>-<br />

Hypothese wahrscheinlicher ist. Letzteres hängt – und hier trennen sich meine Einschätzungen von Sobers – aber<br />

vor allem davon ab, ob ein <strong>Design</strong>er, also eine handelnde Intelligenz, plausibel ist <strong>oder</strong>, um noch einen Schritt<br />

zurückzutreten, wie plausibel ein potentieller <strong>Design</strong>er ist.<br />

Am Beispiel von gefunden Steinwerkzeugen aus der Erdvergangenheit lässt sich dieser Punkt gut verdeutlichen: Es<br />

gibt Funde von Steinen aus dem Oligozän bei Boncelles, welche von tasmanischen Ureinwohnern gefertigten<br />

Steinwerkzeugen erstaunlich ähnlich sind (Stephan 2002). Beide Steinstrukturen können, nach allem was wir<br />

wissen, nicht durch ungerichtete Prozesse entstehen. Bei den tasmanischen Werkzeugen ist es keine Frage, dass<br />

sie designt wurden. Nicht nur, dass die ateleologische Option unwahrscheinlich ist, hinzu kommt, dass potentielle<br />

<strong>Design</strong>er bekannt sind. Natürlich könnten die Werkzeuge auch von Außerirdischen <strong>oder</strong> Dämonen hergestellt<br />

worden sein – wer weiß das schon. Während letztere Option aber wohl nur für einige wenige Personengruppen<br />

in Frage kommt, besteht bezüglich der ehemaligen Existenz der Tasmanier keine Diskussion. Für die genannten<br />

Artefakte besteht also auf jeden Fall ein potentieller <strong>Design</strong>er, der nicht nur von kleinen Glaubensgruppen<br />

akzeptiert wird, sondern von der gesamten Menschheit. Im Fall der oligozänen Funde ist die Situation<br />

schwieriger: Cremo & Thompson (1996) weisen nach, dass Ende des 19. Jahrhunderts viele Funde aus<br />

vergleichbaren Schichten bekannt waren und von angesehenen Experten als Artefakte, als Produkt einer<br />

Intelligenz, angesehen wurden. Damals war man sich noch nicht über das evolutionär bedingte, geringe Alter des<br />

Menschen bewusst, es wurde sogar ein dinosaurierjagender Mensch (Homo ooliticus; vgl. Desmond & Moore<br />

1991, 575) diskutiert. Es waren also potentielle <strong>Design</strong>er, Menschen, angenommen worden und die Funde<br />

wurden als Produkte intelligenten Schaffens eingestuft. Später wurde jedoch klar, dass die Geschichte des<br />

Menschen evolutionsbedingt nur wenige Millionen Jahre in die Vergangenheit zurückreichen konnte. Die<br />

potentiellen <strong>Design</strong>er lösten sich in Luft auf und mit ihnen der <strong>Design</strong>-Status ihrer Produkte. Cremo & Thompson<br />

dokumentieren eine darauf einsetzende Vorgehensweise, die in Einzelfällen äußerst unsaubere Aktionen<br />

beinhalteten. Heute werden die „Werkzeuge“ nur noch von Menschen als solche anerkannt, die es für möglich<br />

halten, dass es schon in diesen frühen Zeiten Wesen gab, welche Fertigkeiten der Menschen aufwiesen, was darin<br />

begründet ist, dass sie ein evolutionäres Szenario (zumindest im Allgemeinen Sinn) für dessen Entstehung<br />

ablehnen (vgl. Stephan 2002; Cremo & Thompson 1996).<br />

Auch im Fall der Biologie ist teleologisches Wirken nicht prinzipiell ausgeschlossen: Ist hier ein potentieller<br />

<strong>Design</strong>er allgemein akzeptiert – also in jüngster Erdvergangenheit der Mensch – so ist es durchaus möglich, nicht


einmal extrem unwahrscheinliche Ereignisse auf intelligente Urheber zurückzuführen. So beispielsweise die<br />

Veränderung der Schädelform beim Bernhardiner (vgl. Drake & Klingenberg 2008).<br />

<strong>Design</strong> <strong>Design</strong> ohne ohne <strong>Design</strong>er <strong>Design</strong>er-Kandidat?<br />

<strong>Design</strong>er Kandidat?<br />

Um Rammerstorfers Lotto-Beispiel (ANHANG I) treu zu bleiben: Nehmen wir an, eine Person habe Schiffsbruch<br />

erlitten und habe sich als einziger der Besatzung auf eine einsame Insel von wenigen Quadratmetern Fläche retten<br />

können. Außerdem gelang es ihm neben einer Flasche Wein und einer Tüte Chips auch eine Lotto-Trommel mit<br />

Zahlenbällen vor dem Untergang zu bewahren.<br />

Während des langweiligen Wartens auf ein vorüberfahrendes Schiff spielt unsere Versuchsperson Lotto.<br />

Tatsächlich gewinnt sie auf Anhieb. Der Schiffbrüchige wiederholt das Spiel und gewinnt erneut und auch ein<br />

drittes mal. Er weiß, dass die Wahrscheinlichkeiten für das eingetretene Ereignis schwindend gering sind und es<br />

noch wesentlich plausibler wäre, dass ihn ein Schiff zufällig finden würde, aber wird unser Freund auf dieser<br />

Grundlage den Schluss wagen, das Ergebnis sei manipuliert? Trotz der unwahrscheinlichen Konstellation wird er<br />

wohl weiterhin an ungerichteten Mechanismen festhalten. Es fehlt der potentielle <strong>Design</strong>er. So lange er nicht<br />

davon ausgeht, der Mangel an Trinkwasser hätte ihn wahnsinnig werden und das Spiel selbst manipulieren lassen,<br />

im Sand der Insel verberge sich ein heimlicher Betrüger <strong>oder</strong> Gott wolle ihm mit diesem Ergebnis ein Zeichen<br />

geben, ist kein potentieller <strong>Design</strong>er vorhanden und damit auch kein Schluss auf intelligentes <strong>Design</strong> möglich.<br />

Sicherlich erscheint ihm das Geschehene rätselhaft – aber vielleicht liegen dem Ereignis auch verborgene<br />

Gesetzmäßigkeiten zugrunde, die noch zu entdecken sind. Eine für ihn noch unverstandene Verbindung zwischen<br />

ankreuzender Hand und Auswahl der Lotto-Kugeln. So, wie dem andauernden Roulette-Gewinn in „Lockruf des<br />

Goldes“ auch eine mechanische Besonderheit zugrundeliegt und nicht betrogen wurde. Doch was, wenn unser<br />

unfreiwilliger Inselbewohner immer und immer wieder im Lotto gewinnt. Wird er nicht irgendwann, allein auf<br />

der Grundlage der Unwahrscheinlichkeit und ohne einen potentiellen <strong>Design</strong>er vorauszusetzen, auf intelligentes<br />

<strong>Design</strong> schließen?<br />

Oder um das Beispiel der Steinwerkzeuge aus tiefliegenden geologischen Schichten zu wählen: Angenommen, ein<br />

Fahrrad würde im Jura gefunden, wäre nicht dann ein Schluss auf <strong>Design</strong> für jeden rational denkenden Menschen<br />

unausweichlich? Auch wenn er nicht daran glaubt – anders als etwa Vertreter einer biblischen Schöpfungslehre –<br />

dass Menschen schon zur Zeit der Dinosaurier gelebt haben? Könnte ein solcher Fund sogar dazu führen, dass ein<br />

potentieller <strong>Design</strong>er – der Mensch selbst – für das Jura allgemein anerkannt würde, obwohl dafür im Rahmen<br />

der Evolutionslehre keinerlei Platz ist? Würde sich also aus der extremen Unwahrscheinlichkeit der spontanen<br />

Fahrrad-Entstehung im Jura ein transsubjektiver Schluss auf <strong>Design</strong> und <strong>Design</strong>er erfolgen, während die eher<br />

m<strong>oder</strong>ate Unplausibilität der Entstehung der Steinfunde nur bestimmte Gruppen, die ohnehin bereits einen<br />

potentiellen <strong>Design</strong>er für diese Zeit annehmen, zum Schluss auf <strong>Design</strong> kommen lässt?<br />

Behe (2007, 307) vertritt dies, wenn er schreibt: „Ziehen wir Rückschlüsse auf <strong>Design</strong>, brauchen wir keinen<br />

Kandidaten für die Rolle des Planers. Ob ein System geplant ist, können wir bestimmen, indem wir das System<br />

selbst untersuchen.“ Er begründet dies mit einigen Beispielen, in denen wir erfolgreich die Schlussfolgerung<br />

„<strong>Design</strong>“ ziehen, in denen „die Identität des Planers nicht erkennbar“ (S. 307) ist. Ohne es zu wollen hat Behe<br />

damit den hier von mir beschriebenen Unterschied zwischen spezifischem <strong>Design</strong>er bei SD und potentiellen<br />

<strong>Design</strong>er bei ID herausgearbeitet: Entgegen seiner zuerst zitierten Behauptung denke ich, dass wir einen<br />

„Kandidaten für die Rolle des Planers“ sicherlich brauchen. Irgendeine Intelligenz, die designt haben könnte. Wir<br />

müssen aber in der Tat nicht wissen, wer <strong>oder</strong> was nun tatsächlich designt hat. In allen Beispielen, die Behe<br />

anführt haben wir die Situation, dass ateleologische Erklärungsansätze unplausibel sind und zugleich ein Kontext<br />

auftritt, in dem mit potentiellen <strong>Design</strong>ern zu rechnen ist. Etwa eine Lianenfalle im Wald <strong>oder</strong> eine Konstruktion<br />

auf dem Schrottplatz. Wir wissen nicht, wer genau hier designt hat. Aber wir haben eine ganze Menge<br />

potentieller <strong>Design</strong>er zur Auswahl (Gott, Aliens, Menschen...). Und zumindest ein Teil dieser potentiellen<br />

<strong>Design</strong>er (Menschen) wird nicht nur von einigen Glaubensgruppen angenommen, sondern von allen<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

31<br />

Wissenschaftlern. Aber nicht in allen Situationen sind die potentiellen <strong>Design</strong>er so unumstritten. Und genau darin<br />

liegt das große Problem von ID: Nicht, dass Zweifel daran bestünden, dass unter den Sammelbegriff „ID“ auch<br />

Instanzen fallen, die potentielle <strong>Design</strong>er sind, also designt haben könnten (z.B. Gott, der alles vermag), das<br />

Problem von ID ist, dass diese nicht unbedingt von allen Menschen angenommen werden, sondern nur von<br />

bestimmten Glaubensgruppen. Somit ist der Schluss auf <strong>Design</strong> oft nur für diejenigen Gruppen nachvollziehbar,<br />

für die ein solcher potentieller <strong>Design</strong>er Realität ist – nicht jedoch für all die anderen, die aus der Unplausibilität<br />

der ateleologischen Erklärungsansätze lediglich folgern werden, dass noch nicht lange genug nach einer<br />

ateleologischen Antwort geforscht wurde.<br />

Das überzeugendste Beispiel von Behe (2007, 307) scheint noch das Folgende zu sein: Angenommen wir würden<br />

auf einem fernen Planeten, der bis dato von Menschen nicht besucht wurde, „Dutzende von Mausefallen in der<br />

Nähe des Vulkans“ finden. Der Schluss auf <strong>Design</strong> wäre unausweichlich. Er will damit zeigen, dass der Schluss auf<br />

<strong>Design</strong> auch ohne „Kandidaten für die Rolle des Planers“ (S.308, s.o.) erfolgen kann. Ich bitte den Leser sich<br />

einmal selbst die aufrichtige Frage zu stellen: Wenn ein Raumschiff auf dem Mars einen Haufen Mausefallen<br />

fände, würden wir auf <strong>Design</strong> schließen? Ich denke ja. Wir haben hier „keinen Kandidaten für die Rolle des<br />

Planers“? Ich meine: Den haben wir sehr wohl. Ich denke, wir können sogar ein astreines SD-Modell<br />

ausformulieren, wenn wir bedenken, dass Mausefallen bei Mäusen funktionieren, die es bekanntermaßen auf<br />

unserem Planeten gibt. Vielleicht wäre es sogar möglich, einen Aufdruck des (irdischen) Herstellers zu finden?<br />

Würden Sie aufgrund dieser Mausefallen auf ein mysteriöses kosmisches <strong>Design</strong> schließen? Für mich käme ein<br />

humorvolles und äußerst cleveres Menschen-<strong>Design</strong> viel eher in Frage: Betrug der „Finder“.<br />

Dass ein Fahrrad einfach so entsteht, wird wohl niemand glauben wollen. Auch nicht, wenn wir es in den<br />

Schichten des Juras fänden. Doch wer sagt denn, dass der potentielle <strong>Design</strong>er zu Zeiten der Dinosaurier gelebt<br />

haben muss? Sicher, geologische Befunde können starke Indizien dafür liefern, dass das Fahrrad schon zum<br />

Zeitpunkt der Bildung der umgebenden Schicht in dieser existierte. Aber wenn ich es schon nicht mehr schaffe, zu<br />

glauben, dass vielleicht doch noch ein – bisher unentdeckter – Entstehungsmechanismus für das Fahrrad existiert,<br />

kann ich mich doch noch immer damit zufrieden geben, dass unser geologischen Wissen eben noch nicht<br />

ausreicht, um nachweisen zu können, dass das Fahrrad erst sekundär in besagte Schicht kam. Oder ich nehme auch<br />

hier wieder an, dass Entdecker und Konstrukteur dieselbe Person sind.<br />

Ich möchte nicht ausschließen, dass eines Tages eine Möglichkeit gefunden wird, intelligentes <strong>Design</strong><br />

nachzuweisen, ohne dazu die Frage nach der Existenz potentieller <strong>Design</strong>er stellen zu müssen. Die bisher<br />

vorgebrachten <strong>Design</strong>-Schlüsse belegen aber absolut durchgängig: So ganz unabhängig von einem „Kandidaten“ für<br />

den <strong>Design</strong>er ist unser Schluss auf <strong>Design</strong> dann doch nicht, wie bisher von Seiten der ID-Vertreter oft behauptet<br />

wurde.<br />

Kochrezepte Kochrezepte zur zur Perspektiven<br />

Perspektiven-Findung<br />

Perspektiven Findung<br />

Unsere Weltanschauung, die über die Grenzen der Naturwissenschaft hinausgeht, macht wichtige Aussagen über<br />

etwaige potentielle <strong>Design</strong>er. Und diese wiederum beeinflussen unseren Schluss auf <strong>Design</strong> erheblich. Eben diese<br />

Zusammenhänge sollen in diesem letzten Unterabschnitt des dritten Teils des Aufsatzes systematisiert werden. Sie<br />

sind von zentraler Bedeutung für die Diskussion um ID und den Ton, mit dem er geführt wird. Ich bin überzeugt,<br />

dass, wären sie Paley bewusst gewesen, sie ihn ruhiger hätten schlafen lassen und sie uns auch heute noch ein<br />

angenehmeres Diskussionsklima schaffen können.<br />

Theisten<br />

Theisten<br />

Teleologische Teleologische Perspektive Perspektive Perspektive <strong>oder</strong> <strong>oder</strong> nur nur teleologische<br />

teleologische teleologische Position?<br />

Als Theist vertritt man, das dürfte unstrittig sein und wurde in der Hinführung argumentativ belegt, eine<br />

teleologische Position. Das heißt jedoch noch nicht automatisch, dass man als Theist auch eine teleologische


Perspektive – ID – vertreten muss. Man kann zumindest prinzipiell auch annehmen, der verwirklichte Plan läge<br />

hinter der uns naturwissenschaftlich zugänglichen Welt und könnte nicht erkannt werden.<br />

Ganz zu Anfang meiner Beschäftigung mit der Thematik besuchte ich den Vortrag Was Darwin nicht wissen konnte<br />

von Siegfried Scherer. Er präsentierte dabei eine Abbildung, welche ein atheistisches und ein theistisches Weltbild<br />

als Voraussetzung zeigte und die sich daraus jeweils ergebende Ursprungssicht: Evolution und Schöpfung. Je nach<br />

Wahl des Weltbildes würde eine der beiden Optionen praktisch automatisch folgen. Ich kam nach längerem<br />

Überlegen zu dem Schluss, dass dieses Modell nicht stimmen könnte: Nach der Wahl des Theismus hat man ja<br />

noch immer drei Möglichkeiten offen, von denen nur eine zur Annahme von ID, also einem aktiven Teilhaben des<br />

Schöpfergottes am Entstehungsprozess des Lebens, führt:<br />

Zum einen besteht die Möglichkeit, dass der geglaubte Gott seine Schöpfung nicht nur will, sondern diesen Plan<br />

durch Methoden verwirklicht, die Schwierigkeiten bereiten, wenn man ihre Produkte ohne Zuhilfenahme einer<br />

lenkenden Intelligenz erklären will. Vertritt man als Theist diese Position, so folgt daraus automatisch die<br />

Annahme von ID, also nicht nur die Position, dass designt wurde, also ein Plan hinter der belebten Welt steht,<br />

sondern dass man das auch erkennen kann. Das ist jedoch nur eine von drei Möglichkeiten, die sich einem Theisten<br />

bei dem Versuch der Beantwortung der Ursprungsfrage stellen, weshalb „Christentum“ nicht einfach mit<br />

„Intelligent <strong>Design</strong>“ gleichzusetzen ist. Zum anderen könnte es ja auch sein, dass der geglaubte Gott die Schöpfung<br />

zwar will, also einen Plan hat, aber er diesen entweder durch innersystemlich ungerichtete Methoden verwirklicht<br />

(Meta-Teleologie), <strong>oder</strong> aber zwar übernatürlich schafft, jedoch dabei ein Produkt generiert, das auch problemlos<br />

ateleologisch nachvollzogen werden kann (Pseudo-Ateleologie). Gott designt durch Evolution <strong>oder</strong> erschafft so,<br />

dass alles nach einer ohne seine helfende Hand abgelaufenen Evolution aussieht.<br />

Bei der Frage, für welche der drei Optionen – und damit für welche Perspektive (ID <strong>oder</strong> UD) sich ein Theist<br />

nun entscheiden sollte, um innerhalb seines Weltbilds konsequente Schlüsse zu ziehen, bestehen zwei<br />

Möglichkeiten bei der weiteren Vorgehensweise. Auf jeden Fall brauchen wir offenbar einen „Input“, weil der<br />

allgemeine Glaube an ein übernatürliches Wesen noch nicht zu spezifischen Details über seine Schöpfungs-<br />

Methode führt.<br />

Input Input durch durch Offenbarung<br />

Offenbarung<br />

Der Glaubensinhalt philosophischer Theisten bezieht sich generell auf ein übernatürliches Gottes-Wesen. Bei der<br />

Frage, wer dieser Gott (<strong>oder</strong> diese Götter) sein soll(en), gehen die Meinungen jedoch weit auseinander. Manch<br />

einer bezieht sich auf die biblische Offenbarung, andere auf den Koran und wieder andere können ihren Gott gar<br />

nicht beim Namen nennen, glauben nicht, dass er sich in dieser Welt offenbart hat, <strong>oder</strong> glauben es zwar, können<br />

sich aber noch nicht zwischen den zahlreichen angeblichen Offenbarungs-Büchern entscheiden. Ein „Input“ im<br />

oben genannten Sinn einer Entscheidungshilfe kann auch auf der allgemeinen Ebene eines nicht näher<br />

spezifizierten Theismus erfolgen. Das soll im nächsten Abschnitt geschehen. An dieser Stelle möchte ich mich<br />

zunächst dem Fall eines Theisten widmen, der recht präzise Vorstellungen von seinem Gott hat und diese auf ein<br />

– so von ihm geglaubten – Selbstzeugnis seines Gottes zurückführt. Für uns Christen liegt dieses Zeugnis in Form<br />

der Bibel und dem menschgewordenen Gottessohn Jesus vor. Wie auch Vertreter anderer Offenbarungs-<br />

Religionen müssen wir uns fragen: Gibt diese Grundlage irgendwelche Hinweise darauf, dass Gott sich lediglich<br />

Sekundärursachen bediente, um seine Welt zu erschaffen, die intern nicht als teleologische Wirkweisen erkennbar<br />

sind (Meta-Teleologie)? Generell lässt sich die zumindest tendenzielle Feststellung machen, dass ein sich uns<br />

offenbarender Gott, also ein Gott, der nicht nur von außen auf unsere Welt schaut, sondern aktiv in sie eintritt<br />

und uns Zugang zu ihm ermöglicht – gar in der Superlative der Menschwerdung – und sich zugleich selbst in<br />

seiner Offenbarung als ein nicht aktiv in die Welt eingreifender, sondern indirekte Schöpfungsprozesse<br />

verwendender Gott ausgibt, ein wenig widersprüchlich wirkt. Zumindest mir persönlich – und es mag da andere<br />

Empfindungen geben – scheint ein „passiver Offenbarungs-Gott“ ein Oxymoron zu sein. Daher scheint es mir eine<br />

merkwürdige Rollenverteilung von Christen, die eine teleologische Perspektive vertreten, zu fordern, sie sollten<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

33<br />

doch erst einmal zeigen, dass der biblische Bericht unmöglich mit Sekundärursachen, mit Meta-Teleologie<br />

übereinzubringen wäre. Vielmehr sind diejenigen in der Bringschuld, welche die zunächst untypisch klingende<br />

Behauptung aufstellen, ein Offenbarungsgott – speziell der Gott der Bibel – würde sich keiner innersystemlichen<br />

Teleologie bedienen (für aktuelle Plädoyers für diese Perspektive, siehe Hemminger 2007; Rhonheimer 2007;<br />

Kummer 2007). Wer würde schon ausschließen wollen, dass Gott nicht auch direkt in seine Schöpfung<br />

eingegriffen haben könnte? Prinzipiell liegt der Gedanke, der in vielen Aspekten aktiv eingreifende Gott (<strong>oder</strong><br />

falls man das generell ablehnt: der zumindest dazu fähige Gott) auch tatsächlich in die Geschichte des Lebens<br />

eingegriffen haben könnte – um es vorsichtig zu formulieren – zumindest nahe. Wie es Hafner (2007, 24)<br />

ausdrückt:<br />

„Wenn die Welt, in der wir leben, eine Schöpfung des Gottes ist, der sich uns in der Geschichte Israels und in<br />

Jesus Christus zugewandt hat, dann wird der Gedanke gewiss nicht verkehrt sein, dass man in dieser Welt etwas<br />

von seinem Werk und Wirken wahrnehmen kann. Und das gilt sicher nicht nur für einen besinnlichen Blick über<br />

eine schöne Landschaft und für unser ästhetisches Erleben der Natur, sondern auch bezüglich unserer<br />

wissenschaftlichen Erkenntnisse. Auch sie gehören in den Horizont der Beziehung zu unserem Schöpfer hinein<br />

und können und sollen in diesem Horizont betrachtet werden.“<br />

Der Gott der Bibel verwendet definitiv auch Zweitursachen. Schon im Schöpfungsbericht lesen wir davon, dass<br />

„die Erde […] Gras und Kraut [aufgehen ließ], das Samen bringt“ (Genesis 1, 12; Hervorhebung nicht im<br />

Original). Gott bedient sich bei der Erhaltung seiner Schöpfung auch nach dem Zeugnis der Bibel Ursachen, die<br />

wir ateleologisch beschreiben können. Die Frage ist, wie gesagt, ob eine schlüssige Argumentation möglich ist,<br />

die darlegt, weshalb man als Christ davon ausgehen sollte, dass Gott bei seinem Wirken in der Welt ausschließlich<br />

auf indirekte Kausation zurückgegriffen haben sollte. Schon wer die Wundergeschichten Jesu und seiner Jünger<br />

im Neuen Testament für real-historisch hält, räumt Gott ja bereits einen Spielraum ein, der über dieses<br />

innersystemlich ateleologisch wirkende Handeln hinausgeht. So macht Junker (2008) klar:<br />

„Ein schöpferisches Wirken durch eigengesetzliche, innerweltlich vollständig beschreibbare Zweitursachen würde keine<br />

Offenheit für ein souveränes Eingreifen Gottes lassen. Dass Gott aber auch direkt eingreift, ist nach den<br />

Zeugnissen der Evangelien unzweifelhaft. Man kann dies an den Vollmachtstaten Jesu sehen, der durch sein Wort<br />

Schwerkranke heilte, Tote auferweckte und Wasser in Wein verwandelte. Folgt man diesem Zeugnis des Neuen<br />

Testaments, ist die Sicht von einer kausal geschlossenen Welt hinfällig.“<br />

Wollen wir also auf der Basis der Bibel und des Zeugnisses vom Wirken Jesu eine Entscheidung über die Frage,<br />

ob wir als Christen Teleologisten <strong>oder</strong> Ateleologisten im Bezug auf die materielle Welt sein sollten, herbeiführen<br />

wollen, hängt es vor allem von unserem persönlichen Verständnis und unserer Herangehensweise an Gottes Wort<br />

ab, wie unsere Entscheidung ausfällt. In einem evangelikalen Textverständnis (vgl. Stadelmann 2005) werden die<br />

als Wunder bezeugten Taten Jesu auch als solche Verstanden. Andere Herangehensweisen an den biblischen Text,<br />

behandeln die Berichte mehr in einem metaphorischen Sinn. Da keine absolute Aussage über das „richtige“<br />

Textverständnis gemacht werden kann (auch wenn hier verschiedene Positionen verschieden gut begründet<br />

werden können), ist es auf der Basis der biblischen Offenbarung nicht möglich, eine eindeutige Entscheidung für<br />

alle Christen zu treffen. Entscheidend ist: Wer zumindest zu Teilen Primär-Wirkursachen Gottes in der<br />

Geschichte der Welt akzeptiert (etwa die Wunderheilungen Jesu), hat im Prinzip bereits seine Bereitschaft<br />

geäußert, auch an anderen Textstellen, diese „beim Wort“ zu nehmen, wenn sie von ihrer Aussageabsicht her<br />

vergleichbar sind. Dies sollten wir uns vor Augen halten, um nicht inkonsequenter weise im einen – nicht so<br />

kontroversen – Fall an wundersames, innersystemlich teleologisches, Handeln Gottes zu glauben und es in<br />

anderen – mit den Naturwissenschaften überschneidenden – Bereichen, kategorisch auszuschließen.<br />

Zusammenfassend ist zu sagen: Generell legt die Existenz einer Offenbarung den Gedanken nahe, dass auch<br />

während des Erschaffungsprozess des Offenbarungs-Gegenübers, nicht nur durch Sekundärursachen agiert wurde.<br />

Wer daher nachweisen möchte, dass eine spezielle Offenbarung mit innersystemlicher Teleologie nicht


übereinzubringen ist, trägt die Bringschuld. Dies ist bisher für die jüdisch-christliche Glaubensgrundlage noch<br />

nicht erfolgt: Oft wurde argumentiert, Gott könnte auch durch meta-teleologische Prozesse seinen Plan<br />

verwirklicht haben, aber dass es nicht sein könnte, dass er auf reale Teleologie zurückgegriffen hat wurde noch nie<br />

gezeigt und wird wohl auch nicht zu zeigen sein. Damit besteht im christlichen Denkrahmen weiterhin zumindest<br />

die Deutungsmöglichkeit des Lebens als das Produkt eines „intelligenten <strong>Design</strong>s“, das für uns erkennbar ist und es<br />

ist zumindest vertretbar, mit Paulus zu sagen (Römer 1, 20):<br />

„Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird seit der Schöpfung der Welt ersehen aus<br />

seinen Werken, wenn man sie wahrnimmt, sodass sie keine Entschuldigung haben.“<br />

Input Input durch durch die die biologische biologische Realität<br />

Realität<br />

Ein philosophischer Theist steht vor der Wahl zwischen der teleologischen Perspektive, Meta-Teleologie und<br />

Pseudo-Ateleologie. Auch die Spezifizierung des geglaubten Theos als der sich in der Bibel offenbarende Gott<br />

kann die erste der hier genannten Optionen nicht ausschließen: Ein allmächtiger Gott mag in der Lage sein, das<br />

Universum durch Sekundärursachen bis zum heutigen Zustand zu leiten. Aber ebenso ist er in der Lage, sich<br />

innersystemlich teleologisch wirkender Prozesse zu bedienen. Die Option der Pseudo-Ateleologie mag für<br />

manche Theisten eine Option sein, für uns Christen ist sie das weniger: Natürlich wäre auch unser Gott rein<br />

theoretisch in der Lage, die Welt zwar zu erschaffen, aber „unerschaffen“ aussehen zu lassen. Doch der Gott, der<br />

uns so hereinlegen – ja betrügen – würde, kann wohl kaum der Gott sein, über den David sagt, seine „Wahrheit<br />

[ist], soweit die Wolken gehen“ (Psalm 36, 6). Gott der Schöpfer? Das bekennt die Bibel, ja. Gott der Trickser?<br />

Nichts liegt ihr ferner.<br />

Wie soll der Christ sich nun zwischen diesen beiden Möglichkeiten, wie der Theist generell – zwischen den sich<br />

ihm grundsätzlich bietenden drei Optionen – entscheiden?<br />

In diesem Abschnitt soll ein „Input“ besprochen werden, der sich nicht auf theologische Diskussionen von<br />

Offenbarungsquellen beruft, sondern auf einer allgemeineren, grundsätzlicheren und übergeordneten Ebene<br />

ansiedeln ist und zwar auf der des nicht näher spezifizierten philosophischen Theismus. Mein Ziel ist es zu zeigen,<br />

dass die teleologische Perspektive schon die natürliche Folge für jeden Theisten ist (zumindest in der MAI-<br />

Situation), auch wenn er an keine spezielle Offenbarungsreligion glaubt. Nun haben wir Christen eine solche<br />

spezifische Offenbarungsgrundlage. Da diese aber wie im letzten Abschnitt gezeigt, die Wahl zwischen<br />

ateleologischer und teleologischer Perspektive nicht nichtig macht, da je nach Schriftverständnis in der Bibel<br />

bezeugtes direktes Eingreifen wörtlich <strong>oder</strong> metaphorisch verstanden werden kann , gilt die hier vorgestellte<br />

Entscheidungshilfe auch für Christen, die aufgrund ihres Bibelverständnisses nicht zu dem Schluss kommen, Gott<br />

habe sicher innersystemlich-teleologisch erscheinende Schöpfungsprozesse verwendet.<br />

Als Theist glaubt man an einen Gott mit zwei prinzipiellen Eigenschaften: Zum einen wird angenommen, das<br />

übernatürliche Wesen existiere nicht nur, sondern sei auch an unserer Existenz interessiert. Das Wesen will uns.<br />

Zum anderen hat dieses übernatürliche Wesen prinzipiell die Macht, in das Geschehen der Welt einzugreifen. Der<br />

Theos ist also nicht deistisch 21 . Diese Definition zeigt auch, wie es zu der Unsicherheit bezüglich der Wahl der<br />

Ursprungsoptionen bei einem Theisten kommen kann: Schließlich könnte man argumentieren, die Gottheit<br />

müsste von ihrer prinzipiellen Fähigkeit, den Lauf der Dinge aktiv zu beeinflussen, ja nicht unbedingt Gebrauch<br />

gemacht haben. Dieses Argument hat durchaus seine Berechtigung: In einer sehr einfach gebauten Welt, die daher<br />

auch nicht den Eindruck von <strong>Design</strong> liefert, da ateleologische Erklärungen formuliert werden können, kann man<br />

auch als Theist annehmen, diese Welt sei innersystemlich ungerichtet entstanden, also die Position vertreten, der<br />

Theos habe von seiner Möglichkeit vom schöpferischen, direkten Eingriff eben keinen Gebrauch gemacht (Meta-<br />

21 Die Definition des Deismus wird hier recht streng gehalten. Das hat unter anderem den Sinn, dass etwa<br />

Gottesvorstellungen, wie die von Antony Flew, der annimmt, Gott habe das Leben erschaffen, also doch recht „aktiv“ ist,<br />

nicht in diesen Bereich fallen. Als „Theos“ qualifiziert sich daher mit allergrößter Wahrscheinlichkeit jeder Offenbarungs-<br />

Gott. Offenbarung den Menschen und zugleich tiefstes Desinteresse der Welt gegenüber ist nicht zusammenzubringen.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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Teleologie). Eine simpel erscheinende biologische Realität macht diese Position wie gesagt möglich. Und wenn<br />

schon noch nicht alles geklärt ist, die Ursprungsfragenburg noch nicht eingenommen ist, so kann man doch<br />

annehmen, dass die ateleologische Partei auf dem besten Weg ist, die Mauern zu überwinden, wenn man sieht,<br />

wie die ersten Tore splittern. Zur Zeit Haeckels war dies vielleicht noch möglich. Da konnte man die ersten<br />

spontan im Kochtopf entstandenen Lebewesen noch eher direkt erwarten. Heute befinden wir uns zumindest im<br />

Hinblick auf die Lebensentstehung in einer MAI-Situation (Binder et al. 2006; <strong>Heilig</strong> 2009).<br />

Was also, wenn die vorerst hypothetische Welt, welche unseren hypothetischen Theisten umgibt, so aussieht, als<br />

wäre sie designt? Was, wenn er umgeben ist von grundlegenden Phänomenen, für die es keine ateleologische<br />

Erklärung gibt und die trotz intensiver Forschung unerklärlich bleiben <strong>oder</strong> sogar immer noch mysteriöser<br />

werden? Wenn er sich in der oben geschilderten MAI-Situation befindet? Dann hat der konsequent denkende<br />

Theist eigentlich eine recht einfache Wahl: Er glaubt an ein Wesen, das designt haben könnte – an einen<br />

potentiellen <strong>Design</strong>er – und alles um ihn herum sieht aus, als wäre es designt und die Erfahrung zeigt ihm, dass die<br />

Erklärungsschwierigkeiten nicht gelöst werden konnten und keine begründete, also aus der Erfahrung abgeleitete,<br />

Hoffnung besteht, dass sich diese Situation zugunsten der ungerichteten Ursprungserklärung verändern wird<br />

(MAI-Situation). Wenn man an einen potentiellen <strong>Design</strong>er glaubt und die Welt designt wirkt, ist es nur<br />

konsequent anzunehmen, dass sie es tatsächlich ist.<br />

Selbstverständlich: Eine logisch zwingende Folge ist es nicht – zu sehr spielen auch kulturelle Prägungen eine Rolle,<br />

welche bei dieser Entscheidung hemmend wirken können. So lange der Mensch einen freien Willen hat, kann<br />

auch irrationales Handeln nie ausgeschlossen werden, wenn es um konsequente Entscheidungen geht. Dennoch<br />

denke ich, dass deutlich wird, dass in einem konsequent gelebten, theistischen Weltbild kein intellektuell redlicher<br />

Weg an einer <strong>Design</strong>-Perspektive vorbeiführt, ist man mit der entsprechenden biologischen Realität konfrontiert.<br />

Viele Theisten machen den Fehler, diesen empirischen Faktor nicht zu bedenken. Man mag gegen „ID“ Vorbehalte<br />

<strong>oder</strong> noch keine spezifischen <strong>Design</strong>-Vorstellungen haben, aber in einer MAI-Situation ist es nur konsequent und<br />

intellektuell redlich, die richtigen Schlussfolgerungen aus den vorausgesetzten Glaubensinhalten zu ziehen und<br />

den Ursprung der belebten Welt – so schwierig und unbequem das sein mag – durch eine teleologische Brille neu<br />

zu interpretieren.<br />

Die oben angeführten Vertreter einer ganzheitlich theistischen Evolution scheinen den Aspekt der empirischen<br />

Situation vollkommen zu vergessen und hören auf, wo sie beginnen müssten: Bei dem Benennen der Möglichkeit,<br />

ein Gott könnte ja auch durch eine ungerichtet wirkende Evolution geschaffen haben, ohne zu begründen, warum<br />

er es auch wirklich getan haben sollte, obwohl doch alles gegensätzlich aussieht.<br />

Verlockung Verlockung Meta Meta-Teleologie<br />

Meta Teleologie<br />

Besteht eine MAI-Situation, so steht fest, dass die Option der Meta-Teleologie eigentlich kein konsequenttheistisches<br />

Konzept ist (s.o.). Dennoch genießt eine solche Anschauung großen Zuspruch. Das wird verständlich,<br />

wenn man bedenkt, dass diese Position eine recht „bequeme“ ist. Manche ihrer Vertreter können daher auch<br />

äußerst „unbequem“ gegenüber einer Perspektive werden, welche sie zu einem konsequenten Weiterdenken des<br />

eigenen Weltbilds und damit zu einer Konfrontation mit dem „Mainstream“ auffordern möchte 22 . Dazu kommen<br />

theologische Herausforderungen, wenn man akzeptiert, dass Gott aktiv an der Entstehung unserer Welt beteiligt<br />

war.<br />

22 Dass der Anteil an gläubigen Christen unter den ID-Kritikern gerade im englischsprachigen Raum sehr groß ist, ist eine<br />

äußerst auffällige Tatsache, nur darauf beziehe ich mich hier. Es soll keinenfalls angezweifelt werden, dass Vertreter einer<br />

<strong>Theistische</strong>n Evolution nicht auch respektvolle Gesprächspartner sein können, die sich aufs Äußerste um intellektuelle<br />

Redlichkeit bemühen wollen. Ich denke, wie hier dargelegt, nicht, dass eine umfassende <strong>Theistische</strong> Evolution zum<br />

momentanen Zeitpunkt mit einem konsequent gelebten Theismus übereinzubringen ist, das ändert jedoch nichts daran, dass<br />

ich im Hinblick auf so machen Christen, der mir in diesem Punkt nicht zustimmen würde, dankbar dessen freundliche<br />

Diskussionen mit mir betonen muss.


Theodizee<br />

Theodizee<br />

Unter den vehementesten Verfechtern einer naturalistischen und ungerichteten Ursprungssicht und Kritikern der<br />

teleologischen Perspektive findet man daher viele Theisten und auch Christen. Hunter (2001) zeigt auf, dass für<br />

viele – auch für Darwin – in einem unpersönlichen Schöpfungsprozess eine Möglichkeit bestand, Gott von dem<br />

Übel in unserer Welt loszulösen. Überraschenderweise stellt sich in diesen Fällen also die Evolutionslehre als<br />

Versuch der Lösung des Theodizee-Problems heraus. Sehr gut deutlich wird das am folgenden Zitat von Ayala<br />

(2007, 70):<br />

„Consider now the birth canal of women, much too narrow for easy passage of the infant's head, so that thousands<br />

upon thousands of babies die during delivery. Surely we don't want to blame God for this defective design or for<br />

the children's deaths. Science makes it understandable, a consequence of the evolutionary enlargement of our<br />

brain. Females of other animals do not experience this difficulty. Theologians in the past struggled with this issue<br />

of dysfunction, because they thought it had to be attributed to God's design. Science, much to the relief of many<br />

theologians, provides an explanation that convincingly attributes defects, deformities, and dysfunctions to natural<br />

causes.“<br />

Gott als Souverän kann jedoch unmöglich von dem getrennt werden, was er tut – die Methode ist hierbei keine<br />

„Entschuldigung“. Wenn Gott einen ungerichteten Evolutionsprozess verwendet um einen darüber stehenden<br />

Plan zu verwirklichen, dann ist das aus einer übergeordneten Perspektive heraus zweifellos Teleologie (wenn auch<br />

aus unserer nur Meta-Teleologie). Gott bleibt also voll verantwortlich für das, was er schafft. Gleich ob dies<br />

durch Primär- <strong>oder</strong> Sekundärursachen geschieht. Diese Entkopplung Gottes von seiner Schöpfung kann daher<br />

keine befriedigende Lösung des Theodizee-Problems darstellen.<br />

God God of of the the Gaps?<br />

Gaps?<br />

Oft fürchten sich Theisten auch, den Fehler eines God-of-the-Gaps-Arguments zu begehen, Gott also zum<br />

Lückenbüßer für bisher im ateleologischen Unverstandenes zu machen und damit zu gefährden, dass er aus diesen<br />

Lücken heraus gedrängt werden kann, sobald eine ateleologische Erklärung vorliegt. Was ist von diesem Einwand<br />

zu halten?<br />

Zuerst einmal ist anzumerken, dass er in einer gewissen Hinsicht durchaus berechtigt ist: Wenn bezüglich des<br />

Ursprungs des Lebens eine MAI-Situation vorliegt (Binder et al. 2006, <strong>Heilig</strong> 2009) und daher der Eingriff eines<br />

<strong>Design</strong>ers angenommen wird, diese MAI-Situation jedoch in der Zukunft aufgelöst werden kann, dann fällt dieses<br />

Ereignis nicht mehr in den Bereich von ID. 23<br />

Auf der anderen Seite ist jedoch sehr wichtig anzumerken, dass das Ereignis dennoch noch immer in den Bereich<br />

der teleologischen Position fallen kann (Meta-<strong>Design</strong> <strong>oder</strong> Pseudo-Ateleologie). Gott ist nach Ansichten des<br />

Theisten ohnehin (a priori) „verantwortlich“ für das Ereignis, er hat seinen Plan zugrunde gelegt. Wenn er nun<br />

aufgrund einer MAI-Situation annimmt, er habe dies durch ein direktes Eingreifen verwirklicht, das für uns<br />

erkennbar ist, dann bindet er seinen Gott nicht an diese Lücke und riskiert, dass er bei schließender Wissenslücke<br />

sprichwörtlich in die Enge getrieben wird, sondern macht die – beim momentanen Kenntnisstand – bestmögliche<br />

Aussage über die Frage, wie sein Gott die in Frage stehende Sache erschaffen hat (nämlich durch ID), ohne dass<br />

irgendwie dadurch das ob des Erschaffens an sich in Gefahr kommen könnte 24 . Es ist möglich, dass ein<br />

philosophischer Theist im Laufe aufkommender Forschungsergebnisse erkennen muss, dass die MAI-Situation<br />

nicht haltbar ist und infolgedessen annimmt, sein Gott habe an dieser Stelle eben nicht auf ID zurückgegriffen,<br />

23 Auch wenn weitere Forschung dieses Ergebnis wieder revidieren könnte – Naturwissenschaft bleibt eben immer nur<br />

vorläufig.<br />

24 Auch wenn es in der Tat – auch mich als Vertreter einer teleologischen Perspektive – traurig stimmende Kommentare von<br />

ID-Vertretern gibt, die befürchten lassen, sie würden ihren Glauben an Gott davon abhängig machen, dass er nach<br />

bestimmten Vorstellungen geschaffen habe.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

37<br />

sondern hier durch Meta-Teleologie <strong>oder</strong> Pseudo-Ateleologie seinen Plan verwirklicht 25 . Der Leser möge mir<br />

meine respektlos klingende Anfrage verzeihen, aber: „Na und?“<br />

Wer als Theist sauber auf ID schließt, braucht sich vor Lückenbüßer-Argumenten nicht zu fürchten. Er glaubt<br />

schließlich nicht an einen Gott der Lücken, sondern an einen Gott, der auch über dem steht, was die Lücken<br />

aufweist. Anders sieht es natürlich aus, wenn mit der vorläufigen Einordnung einer Struktur als „intelligentes<br />

<strong>Design</strong>“ der unredliche Versuch unternommen wird, einen Gottesbeweis zu führen. Dadurch wird die Existenz<br />

Gottes an materielle (und möglicherweise vergängliche) Zustände geknüpft und Gott wird mit allen erdenklichen<br />

Mitteln direkt an einer Lücke festgemacht und an sie gekettet. Dadurch wird er derart unlösbar mit ihr<br />

verbunden, dass er beim sich Schließen der Lücke nicht nur in die Enge getrieben, sondern geradezu „zerquetscht“<br />

wird. Das ist eine unschöne Formulierung, aber sie bezieht sich auch auf ein unschönes Vorgehen, das wir als<br />

Christen auf jeden Fall vermeiden sollten. Ebenso, wie wir uns dafür hüten sollten, ins andere Extrem zu verfallen<br />

und Gott die Möglichkeit abzusprechen, tatsächlich „intelligent designt“ zu haben, wenn etwas danach aussieht.<br />

Ein philosophischer Theist, der seinem Theos Souveränität zutraut, kann der Frage nach dem wie der von ihm<br />

geglaubten Schöpfung völlig gelassen gegenüber stehen. Und diese Gelassenheit muss man heute wohl weniger<br />

mit Verweis auf die Möglichkeit einer vielleicht nur übersystemlich, aber nicht innersystemlich teleologischen<br />

Schöpfung fordern, sondern auch bei der – eigentlich doch wenig aufregenden – Option eines realen,<br />

intelligenten <strong>Design</strong>s, des für real gehaltenen intelligenten <strong>Design</strong>ers in einer nach derzeitigem Wissensstand real<br />

designt wirkenden Welt...<br />

Ablehnen Ablehnen der der teleologischen teleologischen Perspektive<br />

Perspektive<br />

Eine weitere Frage, die sich in diesem Kontext stellt ist, welche weltanschauliche Position mindestens<br />

eingenommen werden muss, um ID begründet abzulehnen. Dies ist ein Aspekt, der in der gegenwärtigen<br />

Diskussion leider nur sehr ungenügend berücksichtigt wird. Wird die teleologische Perspektive in einer Welt<br />

abgelehnt, die designt wirkt (MAI-Situation), so erfordert dies tiefgreifende, vorangehende, philosophische<br />

Schlussfolgerungen, die leicht übersehen werden können. Wir haben festgehalten: Wer an einen potentiellen<br />

<strong>Design</strong>er glaubt, der kommt in einer designt wirkenden Welt zu dem konsequenten Schluss, sie sei tatsächlich<br />

designt. Daraus folgt nun aber, dass der Schluss auf echtes <strong>Design</strong> nicht (begründet) abgelehnt werden kann, so<br />

lange der Glaube an einen potentiellen <strong>Design</strong>er besteht, da der im Fall der so gestalteten biologischen Realität<br />

automatisch die Annahme von ID bedingt. Das heißt: Um in einer designt-wirkenden Welt den konsequenten<br />

Schluss auf <strong>Design</strong> zu vermeiden, ist es eine notwendige Bedingung, jeden möglichen <strong>Design</strong>er auszuschließen. Da<br />

aber jede theistische Gottheit per Definition (s.o.) ein potentieller <strong>Design</strong>er ist, muss jede theistische<br />

Gottesvorstellung abgelehnt werden, um die ID-Position zu vermeiden. Dass das gerechtfertigte Ablehnen von ID<br />

in einer MAI-Situation atheistische 26 Voraussetzungen benötigt, sollte uns Christen eine Warnung sein, trotz<br />

ateleologischer Erklärungsprobleme und ihrem Größerwerden leichtfertig die Option eines in der Natur für uns<br />

ersichtlichen Plans auszuschließen.<br />

Es zeigt sich aber, dass das Ablehnen von ID in einer MAI-Situation, in einer designt-wirkenden Welt, eine<br />

atheistische Glaubensentscheidung benötigt. Damit zeigt sich auch, dass Scherers Grafik tatsächlich korrekt ist,<br />

wenn man das heutige Bild der biologischen Realität zugrundelegt und diesen „Input“ berücksichtigt. Der Theismus<br />

ist in einer MAI-Situation somit keine notwendige, aber eine hinreichende Bedingung, um die teleologische Perspektive zu<br />

vertreten.<br />

25 Wenn er Gottes innersystemlich-teleologisches Handeln aufgrund einer Offenbarung und einem bestimmten Verständnis<br />

dieser annimmt, wird er eher zur Pseudo-Ateleologie neigen. Der Nachweis einer ateleologischen Erklärungsmöglichkeit darf<br />

nicht mit einem Unmöglichmachen eines Glaubens an eine übernatürliche und wundersame Schöpfung verwechselt werden.<br />

26 Der Deismus s.st. fällt hier in den weltanschaulichen Bereich des Atheismus: A-Theismus grenzt sich vom Theismus und<br />

damit von der Existenz eines Theos ab. Dieser wird sowohl im „klassischen“ Atheismus, als auch im Deismus s.st. abgelehnt.


Atheisten Atheisten<br />

Atheisten<br />

Wahlmöglichkeiten<br />

Wahlmöglichkeiten<br />

Wahlmöglichkeiten<br />

Atheisten haben im Hinblick auf die Ursprungsfrage wirklich die „Qual der Wahl“:<br />

Liegt keine MAI-Situation vor, so hat man es als Atheist sehr einfach: Man braucht sich nicht darum zu sorgen, wo<br />

bei all den ateleologischen Erklärungen irgendeine Gottheit bleibt, die man ungern aus dem Spiel lassen möchte.<br />

Man nimmt die ateleologische Erklärung an und fertig. Ein Atheist, der bei bester ateleologischer Erklärungslage<br />

anfängt, nebulöse Außerirdische <strong>oder</strong> von ihm abgelehnte übernatürliche Wesen als Erklärung für die ihn<br />

umgebende Welt anzunehmen, hätte wohl das Höchstmaß an Inkonsequenz erreicht.<br />

In einer MAI-Situation hingegen hat der Atheist die Wahl zwischen drei Entscheidungsmöglichkeiten: Da der<br />

Atheist nicht an einen übernatürlichen, potentiellen <strong>Design</strong>er glaubt, stellt sich zunächst die Frage, ob für ihn<br />

andere potentielle <strong>Design</strong>er in Frage kommen. Hält er es für plausibler, dass es designende Außerirdische gab, als<br />

dass er die Annahme vertreten könnte, dass doch noch eine ateleologische Erklärung für die Entstehung der<br />

belebten Welt gefunden würde, wird auch er eine ID-Position einnehmen (Fred Hoyle, Leslie Orgel, Francis<br />

Crick usw.). Lehnt er die Möglichkeit von zum <strong>Design</strong> auf der Erde fähigen Außerirdischen jedoch prinzipiell ab,<br />

so ist diese Person dazu gezwungen, alles Leben auf ateleologische Prozesse zurückzuführen, ID steht also<br />

grundsätzlich gar nicht zur Debatte. Auch wenn er – etwas m<strong>oder</strong>ater – Außerirdische nicht generell ausschließen<br />

möchte, aber für ihre Existenz noch weniger Hinweise sieht, als für die Absenz einer ateleologischen Erklärung,<br />

wird die teleologische Perspektive für ihn nicht in Frage kommen.<br />

Der Der „Fall „Fall Flew“ Flew“ und und der der transsubjektive transsubjektive transsubjektive Schluss Schluss Schluss auf auf auf den den den potentiellen<br />

potentiellen<br />

<strong>Design</strong>er <strong>Design</strong>er<br />

<strong>Design</strong>er<br />

Hier wird dem Anspruch mancher (der meisten?) ID-Vertreter auf Transsubjektivität ihrer Schlüsse auf <strong>Design</strong><br />

der Riegel vorgeschoben. So unerklärlich die ateleologische Entstehung einer bestimmten Struktur zum<br />

momentanen Zeitpunkt auch sein mag, so wenig Hoffnung die Erkenntnisse der Forschung auch dafür machen<br />

mögen, die Überzeugung, welche sich aus der Vorentscheidung dieser Person ergibt, gibt vor, dass eine<br />

ateleologische Entstehung stattgefunden hat und folglich eine noch zu entdeckende Erklärung dieser Art existiert.<br />

Wie bereits erwähnt: Unter diesen Bedingungen ist ID eine Unmöglichkeit und eine naturalistische Evolution ist<br />

eine Notwendigkeit. Eine Notwendigkeit hat jedoch die Wahrscheinlichkeit P = 1. So ist zu verstehen, dass die<br />

naturalistische Evolution für manche Menschen wirklich eine „Tatsache“ ist, ein Fakt, den man nur „leugnen“, aber<br />

nicht „kritisieren“ kann. Die geschilderte Entscheidungs-Option wird (statistisch gesehen) der Standard sein, es<br />

gibt jedoch auch Ausnahmen. Die prominenteste ist wohl der britische Philosoph Antony Flew, der als einer der<br />

größten atheistischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts galt und zum großen Schrecken seiner weltanschaulich<br />

nahestehenden Mitmenschen zu Beginn des neuen Millenniums verkündete, er würde nun einen philosophischen<br />

Theismus vertreten. Wie kam dieser Atheist von Weltformat zu seiner neuen Überzeugung? Flew & Varghese<br />

(2007) erklären dies. Flews heutiger Standpunkt (S. 88):<br />

„I now believe that the universe was brought into existence by an infinite Intelligence. I believe that this universe’s<br />

intricate laws manifest what scientists have called the Mind of God. I believe that life and reproduction originate<br />

in a divine Source.“<br />

Auf die Frage, weshalb er dies vertrete, antwortet er schlicht, dies sei das Bild, das – soweit er das sähe – aus den<br />

Erkenntnissen der m<strong>oder</strong>nen Wissenschaft hervorgehen würde (Seite 89):<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

39<br />

„Science spotlights three dimensions of nature that point to God. The first is the fact that nature obeys laws. The<br />

second is the dimension of life, of intelligently organized and purpose-driven beings, which arose from matter.<br />

The third is the very existence of nature.“<br />

Beruft sich Flew in seinem Buch There IS a God vor allem auf das kosmologische Argument, so spielte laut Carrier<br />

(2004) – siehe dort auch für kritische Anmerkungen – vor allem die Situation in der OOL-Forschung (OOL =<br />

Origin Of Life = Ursprung des Lebens) eine große Rolle:<br />

„My one and only piece of relevant evidence [for an Aristotelian God] is the apparent impossibility of providing a<br />

naturalistic theory of the origin from DNA of the first reproducing species ... [In fact] the only reason which I<br />

have for beginning to think of believing in a First Cause god is the impossibility of providing a naturalistic account<br />

of the origin of the first reproducing organisms.“<br />

Flew war eigentlich nie ein „dogmatischer Atheist“. Liest man seine früheren Schriften, so hebt er sich darin<br />

angenehm von den Teils am Besten als „Hassschriften“ bezeichneten Bücher der „m<strong>oder</strong>nen Atheisten“ um Richard<br />

Dawkins ab. Er empfand seine Position stets als durch die Hinweise, die zur Verfügung standen, begründet. Als<br />

diese sich änderten, änderte sich die Position eben mit (S. 89):<br />

„When I finally came to recognize the existence of a God, it was not a paradigm shift, because my paradigm<br />

remains, as Plato in his Republic scripted his Socrates to insist: ‘We must follow the argument wherever it<br />

leads.’“<br />

Flew betont daher den empirisch begründeten Charakter seines Meinungsumschwungs (S. 93):<br />

„I must stress that my discovery of the Divine has proceeded on a purely natural level, without any reference to<br />

supernatural phenomena. It has been an exercise in what is traditionally called natural theology. It has had no<br />

connection with any of the revealed religions. Nor do I claim to have had any personal experience of God or any<br />

experience that may be called supernatural or miraculous. In short, my discovery of the Divine has been a<br />

pilgrimage of reason and not of faith.“<br />

Der „Fall Flew“ lässt eine interessante und wichtige Frage aufkommen: Kann pure Unplausibilität der<br />

ateleologischen Erklärungsoption dazu führen, dass wir <strong>Design</strong> annehmen und damit einen <strong>Design</strong>er, obwohl wir<br />

bis dahin nicht an einen potentiellen <strong>Design</strong>er glaubten? Praktisch nicht nur ein „Schluss auf <strong>Design</strong>“, sondern auch<br />

ein „Schluss auf einen potentiellen <strong>Design</strong>er“? Ist dieser Schluss also doch jenseits weltanschaulicher Elemente<br />

möglich?<br />

Ich möchte das bezweifeln und darauf verweisen, dass auch in diesem Fall weltanschauliche Prädispositionen<br />

gefunden werden können, nur eben auf einer übergeordneten Ebene: Was der potentielle <strong>Design</strong>er für den<br />

<strong>Design</strong>er ist, ist eine gewisse Offenheit, dass es trotz anderslautender momentaner Meinung doch einen<br />

potentiellen <strong>Design</strong>er geben könnte, zum besagte <strong>Design</strong>er-Kandidaten: So wie der Schluss auf einen tatsächlichen<br />

<strong>Design</strong>er einen potentiellen <strong>Design</strong>er erfordert, ist die Annahme des letzteren darauf angewiesen, dass ihm eine<br />

gewisse Plausibilität eingeräumt wird. Flew war bezüglich der Existenz eines übernatürlichen <strong>Design</strong>ers nie<br />

dogmatisch 27 . Er hatte sich stets eine Möglichkeit offen gehalten, die von anderen Atheisten generell<br />

ausgeschlossen wurde. Daher war er bezüglich seiner Bereitschaft, an einen Gott zu glauben, nicht sehr viel<br />

weiter entfernt, als ein Theist. Es ist diese Bereitschaft, welche in Kombination mit der MAI-Situation der<br />

Lebensentstehung bei Flew dazu führte, dass er von der Existenz des potentiellen <strong>Design</strong>ers letztendlich<br />

überzeugt wurde. Auch hier sind weltanschauliche Voraussetzungen also entscheidend.<br />

27 Siehe dazu das obige Zitat zu Sokrates’ Leitsatz. Vergleiche zu meiner Einschätzung des „Fall Flew“ Rammerstorfer (2007).


Man kann an dieser Stelle meiner Argumentation kritisch einwenden, dass man immer eine Art übergeordnete<br />

weltanschauliche Voraussetzung ausmachen und damit immer begründen könnte, dass ein Schluss auf <strong>Design</strong><br />

aufgrund ateleologischer Unplausibilitäten letztendlich weltanschaulich beeinflusst ist. Diese „metaweltanschaulichen“<br />

Voraussetzungen könnten derart allgemein werden, dass sie im Grunde die ganze<br />

Wissenschaftsgemeinde miteinschließen würde: Beispielsweise kann die „Prädisposition“ eine äußere Realität<br />

anzuerkennen, als naturwissenschaftlich nicht begründbare Glaubensentscheidung herangezogen werden, welche<br />

nötig ist, damit eine Person die Position vertreten kann, es könnte zumindest rein theoretisch sein, dass es einen<br />

potentiellen <strong>Design</strong>er gibt, was es wiederum wahrscheinlicher macht, dass diese Person ateleologische<br />

Erklärungslücken überhaupt erst deutlich wahrnimmt, wodurch die Plausibilität des potentiellen <strong>Design</strong>ers für<br />

diese Person steigt, bis man im Flew-Stadium vor seinem Frontenwechsel (potentieller <strong>Design</strong>er hat eine gewisse<br />

Plausibilität) und zuletzt bei seiner heutigen Position landet.<br />

Niemand könnte doch ernsthaft aufgrund solcher minimaler Voraussetzungen argumentieren, der Schluss auf<br />

intelligentes <strong>Design</strong> sei nicht objektiv. Letztendlich, so könnte man argumentieren, braucht auch der Schluss auf<br />

<strong>Design</strong> bei Rammerstorfers Lotto- und Paleys Uhr-Beispiel (ANHANG I) weltanschauliche Voraussetzungen, wie<br />

etwa die Anerkennung einer Außenwelt und Ähnliches. Voraussetzungen, die von allen Wissenschaftlern geteilt<br />

werden dürften.<br />

Diesem Einwand ist nichts entgegenzusetzen, ich halte ihn für absolut korrekt. Ich möchte auch überhaupt nicht<br />

ausschließen, dass der Schluss auf <strong>Design</strong> letztendlich doch einmal für alle Menschen intersubjektiv<br />

nachvollziehbar wird. Tatsache ist: Er ist es heute nicht. Im Wissenschaftsbetrieb sind Vertreter der<br />

teleologischen Perspektive eine klare Minderheit. Zumindest in der gegenwärtigen Situation sind die<br />

ateleologischen Unplausibilitäten also offensichtlich noch nicht groß genug, beziehungsweise die notwendigen<br />

weltanschaulichen Voraussetzungen von solch spezieller Natur, dass sie nicht von allen Wissenschaftlern geteilt<br />

werden, sondern nur von weltanschaulich geeinten Untergruppen (nach meiner Grenzziehung: „Theisten“). Das<br />

Einräumen der theoretischen Möglichkeit eines potentiellen <strong>Design</strong>ers genügt offensichtlich noch nicht. Man muss<br />

den potentiellen <strong>Design</strong>er schon für recht plausibel halten, um angesichts der gegenwärtigen Erklärungslücken im<br />

ateleologischen System auf teleologische Kausation zu schließen (Beispiel Flew).<br />

Im Folgenden seien einige Aspekte genannt, die meines Erachtens dafür sorgen werden, dass sich diese Situation<br />

in nächster Zeit auch nicht ändern wird:<br />

• Bereitschaft an einen übernatürlichen potentiellen <strong>Design</strong>er zu glauben, wie bei Flew, ist nicht immer<br />

gegeben.<br />

• Der Kontext der Lebens-Entstehung <strong>oder</strong> der Entstehung des Universums im Bezug auf natürliche<br />

potentielle <strong>Design</strong>er ist ein anderer, als der beispielsweise in der SETI-Forschung: Es wirkt plausibler zu<br />

postulieren, es gäbe heute Außerirdische, von denen man Spuren im All finden könnte, als Anzunehmen,<br />

sie hätten schon zum Zeitpunkt der Lebens-Entstehung (<strong>oder</strong> gar zum Zeitpunkt der Entstehung des<br />

Universums) existiert und durch ungerichtete Prozesse einen derart hohen Zivilisations-Standard<br />

erreicht, dass sie Leben designen konnten. Die Entstehung solcher Außerirdischer wäre naturalistisch<br />

viel schwieriger zu Erklären, als die der Außerirdischen, die momentan durch das SETI-Programm<br />

aufgespürt werden sollen. Da scheint die Entstehung einfacher Lebensformen zur selben Zeit auf der<br />

Erde – trotz aller Schwierigkeiten – noch plausibler. Dementsprechend größer sind bei den Leben<br />

designenden Außerirdischen auch die metaphysischen Hürden.<br />

• Ein weiterer wichtiger Punkt ist der der Überschaubarkeit: Lebewesen sind nicht nur komplex,<br />

Lebewesen sind auch äußerst kompliziert. Ihre Funktionsweise ist nur schwer zu verstehen, vieles ist uns<br />

noch nicht bekannt. Wenn dann auch noch das Element der Geschichtlichkeit hinzukommt, wir also<br />

diese komplizierten Strukturen in einem raumzeitlichen Gefüge verstehen wollen, wird das Ganze sehr<br />

unübersichtlich. „Descent with Modification“ mag zwar keine ateleologische Erklärung für die<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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Komplexität und Diversität des Lebens liefern, aber es liefert auf jeden Fall eine gute Tarnung: Der durch<br />

diese Eigenschaft immer dichter werdende Baum des Lebens ist ein undurchdringliches Gestrüpp<br />

geworden. Wer kann schon wirklich definitive Aussagen darüber machen, was im Laufe eines derart<br />

verwobenen und verworrenen Prozesses geschehen kann, der sich zu großen Teilen abspielte, ohne dass<br />

wir ihn direkt beobachten konnten? Uhren sind verstanden, die Statistik auch. Wir können erstens mit<br />

recht großer Sicherheit annehmen, dass es keine verborgenen Selbstorganisationsprozesse für Uhren gibt,<br />

die wir noch nicht kennen und zum zweiten für die bekannten Prozesse recht unkompliziert<br />

Unwahrscheinlichkeiten kalkulieren. Im Bereich des Lebens fehlt jedoch sowohl Sicherheit bezüglich<br />

möglicher Mechanismen als auch die Übersichtlichkeit, die nötig ist, um scharf eingrenzbare<br />

Wahrscheinlichkeitsabschätzungen zu machen.<br />

• Der schon genannte Punkt der Historizität wurde bereits früher für das Jura-Fahrrad angeführt. Wir<br />

beobachteten nicht dessen Einbettung ins Sediment vor zig Millionen Jahren, sondern im besten Fall die<br />

Ausgrabung aus einer Erdschicht, ohne dass wir direkt Beweise darauf finden würden, dass das Fahrrad<br />

nur sekundär in das Sediment geriet. Doch was heißt das schon: Die These, dass vor vielen Millionen<br />

Jahren bereits Fahrrad-Konstrukteure gelebt haben sollen würde den meisten Menschen unplausibler<br />

erscheinen als die Möglichkeit, dass unser Wissen über geologische Prozesse der sekundären Einlagerung<br />

(inklusive Betrug) noch unvollständig ist. Das ateleologische Paradigma widerlegende Befunde würden<br />

sicherlich zunächst mit demselben Skeptizismus begutachtet werden – Paradigmen, noch dazu wenn sie<br />

derart weltanschauliche Elemente aufweisen – gibt man nicht einfach auf, wenn sich einzelne Anomalien<br />

bemerkbar machen.<br />

Die einzige Möglichkeit für einen transsubjektiven Schluss auf <strong>Design</strong>, die meines Erachtens momentan denkbar<br />

ist, wäre wohl die unzweideutige Offenbarung des <strong>Design</strong>ers. Würden Außerirdische auf unserer Erde landen und<br />

ihre <strong>Design</strong>-Fähigkeiten vorführen, wäre das sicherlich mehr beeindruckender als ein wenig Radiowellenmüll,<br />

den man im Rahmen von SETI aufspüren könnte.<br />

Im Falle eines übernatürlichen <strong>Design</strong>ers gilt dasselbe – sogar in einem stärkeren Maß. Der christliche Glaube<br />

geht beispielsweise davon aus, dass ein solcher Zustand in dem Gott transsubjektiv erkannt werden wird,<br />

eintreten wird, wenn Jesus wiederkommt (Matthäus 24, 27). Durch eine solche Offenbarung (ob von Gott <strong>oder</strong><br />

Außerirdischen) könnte einen potentiellen <strong>Design</strong>er für den Zeitpunkt der Entstehung des Lebens/Universums<br />

ebenso durchgehend akzeptabel machen, wie der menschliche potentielle <strong>Design</strong>er für Paleys Uhr und<br />

Rammerstorfers Lotto-Betrug (ANHANG I) vorausgesetzt werden kann.


Sch Schlusswort<br />

Sch usswort<br />

Wie in der Hinführung bereits angemerkt, heißt das lateinische Wort „colore“, von dem sich der Begriff der<br />

Kultur ableitet, in ungefähr so viel wie „das Feld bebauen, pflegen“. Auf den vorangehenden Seiten habe ich<br />

versucht aufzuzeigen, warum eine christliche Weltsicht in bestimmten Situationen (MAI) eine ganz bestimmte Art<br />

und Weise erfordert, mit der wir die „Felder“ der Ursprungsforschung bewirtschaften. Diese spezielle „Kultur“<br />

der teleologischen Perspektive ist durchaus kompatibel mit naturwissenschaftlicher Forschung (vgl. ANHANG II)<br />

und – das hoffe ich gezeigt zu haben – auch mit der christlichen Kultur. Besonders gegen letztere Ansicht<br />

bestehen bisher im christlichen Bereich erhebliche Widerstände. Teilweise durchaus zu Recht: Unsaubere<br />

Argumentation bezüglich der teleologischen Perspektive (oft von den eigenen Vertretern), hat ein Zerrbild<br />

erzeugt, das in der Tat theologisch äußerst fragwürdig ist. Wird die teleologische Perspektive jedoch nicht<br />

überstrapaziert, so treten diese Schwierigkeiten nicht auf und man kann „ID“ als Christ gelassen vertreten, ohne<br />

seinen Glauben von naturwissenschaftlichen Ergebnissen abhängig zu machen. Die Bildung von Modellen<br />

spezifischen <strong>Design</strong>s (ANHANG II) steht größtenteils noch aus und ist eine spannende Aufgabe, welche die<br />

interdisziplinare Zusammenarbeit christlicher Akademiker erfordert. Wir sollten diese Gelegenheit nicht<br />

verpassen: Es gibt keinen naturwissenschaftlichen, wissenschaftstheoretischen <strong>oder</strong> theologischen Grund, der uns<br />

zwingen würde, ein ateleologisches Monopol bezüglich Ursprungserklärungen zu akzeptieren.<br />

Sicherlich: Die der teleologischen Perspektive bevorstehenden Aufgaben sind nicht wenige und werden nicht ohne<br />

Probleme gelöst werden. Das sollte jedoch nicht der Grund sein, sich für das Konzept der Meta-Teleologie zu<br />

entscheiden. Umso weniger, da eine solche Perspektive in einer MAI-Situation nicht in einen theistischen<br />

Denkrahmen passt. Dass das Ablehnen der teleologischen Perspektive in einer solchen empirischen Situation<br />

atheistische (bzw. streng-deistische) Voraussetzungen benötigt, sollte uns als Christen und philosophische<br />

Theisten davon abhalten, der Option einer teleologischen Deutung der naturwissenschaftlich zugänglichen Welt<br />

um jeden <strong>Preis</strong> aus dem Weg zu gehen. Wenn wir dies tun, geben wir einen Teil unserer christlichen Kultur auf<br />

und integrieren nicht-theistische Konzeptionen ins theistische Weltbild. Das stellt nicht nur eine unnötige<br />

Schwächung für dieses dar, es lässt es auch inkonsequent wirken und dadurch abschreckend auf andere. Es ist ja<br />

dann auch nicht mehr in sich schlüssig – aber eben aufgrund unseres eigenen Verschuldens. Wer sich darüber<br />

wundert, dass das Christentum in immer weniger Bereichen unser mitteleuropäischen Kultur eine Rolle spielt,<br />

könnte im hier diskutierten Beispiel der Ursprungsfrage einen der Gründe finden: Das Christentum ist bequem<br />

geworden. Es geht der Konfrontation mit herkömmlichen Ideen der Wissenschaftsgemeinde aus dem Weg und<br />

auch den Mühen und Rückschlägen, die mit dem Vertreten und Ausarbeiten der teleologischen Perspektive<br />

verbunden wären. Nicht nur für sich – auch für Gott – sucht es den einfachsten Weg, indem man ihn von dem<br />

Leid in seiner Schöpfung und damit letztendlich von dieser selbst zu entkoppeln versucht. Dass Gott damit auch in<br />

anderen Bereichen des Lebens an Bedeutung verliert, ist eigentlich nicht sonderlich erstaunlich. Ein Christentum,<br />

das selbst zu bequem ist, eine mühevolle Ursprungssicht einzunehmen, braucht sich nicht wundern, dass es an<br />

Kontur verliert und irgendwann in keinen Fragen (nicht nur in naturwissenschaftlichen) mehr mit dem nichttheistischen<br />

Mainstream aneckt. Das wäre schade, denn der christliche Glaube sollte jede Lebenssituation<br />

durchdringen und auch in gesellschaftlichen Fragen zum Tragen kommen. Christentum und Kultur – gehören aus<br />

der Sicht des Leibes Christi zusammen. Verwirklicht werden kann dies auch im Hinblick auf die Ursprungsfrage,<br />

wenn wir als Christen nicht nur „Position“ beziehen, sondern zudem eine teleologische Perspektive einnehmen.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

43<br />

Dank<br />

Dank<br />

Ich danke Reinhard Junker für unzählige Diskussionen zum Thema „Intelligent <strong>Design</strong>“, die mich zwangen, meine<br />

Gedanken darzulegen und im Zuge dessen zu überprüfen. Die Menge an Anregungen, Unterstützungen und<br />

konstruktiven Beiträgen, die ich durch ihn bekam, ist unüberschaubar. Des Weiteren möchte ich Theresa Haller<br />

für ihre unermüdliche und gnadenlose Kritik an meinen Ideen danken. Was sich unter dem hier<br />

Niedergeschriebenen Richtiges findet, habe ich von ihr übernommen, was darunter noch falsch ist, habe ich<br />

entgegen ihres Rates in meiner dickköpfigen Art noch nicht geändert.<br />

Literatur Literatur<br />

Literatur<br />

Ayala FJ (2007) Darwin's greatest discovery: <strong>Design</strong> without a designer. PNAS 104, 9567-8573.<br />

Barrow JD & Tipler FJ (1986) The Anthropic Cosmological Principle. New York.<br />

Behe MJ (1996) Darwin's Black Box. The Biochemical Challenge to Evolution. New York.<br />

Behe MJ (2007) The Edge of Evolution. The Search for the Limits of Darwinism. New York.<br />

Bostrom N (2002) Anthropic bias: Obervation selection effects in science and philosophy. New York.<br />

Berlinski D (2008) The Devil's Delusion: Atheism and Its Scientific Pretensions. Crown Forum.<br />

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ANHANG ANHANG ANHANG I: : : Das Das „positive“ „positive“ Argument Argument „für“ „für“ intelligentes intelligentes <strong>Design</strong><br />

<strong>Design</strong><br />

Der Der Der „Anschein „Anschein „Anschein von von von Planung“ Planung“<br />

Planung“<br />

Rammerstorfer (2006a) liefert einen Überblicksartikel zum Thema „<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong>“. Die dort referierten<br />

Behauptungen sind typisch für Literatur der teleologischen Partei, weshalb ich Rammerstorfers Arbeit<br />

exemplarisch diskutiere. Für die von ihm vertretenen Thesen könnte eine große Menge gleichlautender Aussagen<br />

aus anderen ID-Publikationen angeführt werden. Für unsere Zwecke sollte die Diskussion eines repräsentativen<br />

Textes jedoch genügen.<br />

In seinem Aufsatz „Intelligent <strong>Design</strong> – Jenseits des Schlagwortes“ schreibt er (S. 253), es gehe bei ID darum<br />

„positive Evidenz für <strong>Design</strong> zu erkennen“ (Hervorhebung im Original). Als Beispiel wählt Rammerstorfer eine<br />

hypothetische Person, die im Lotto gewinnt. Dass sie betrogen habe, sei lediglich eine Denkmöglichkeit. Damit<br />

„positive Evidenz“ für den Betrug (<strong>Design</strong>) vorliegen würde, bräuchte es aber schon mehr. Beispielsweise würden<br />

wir <strong>Design</strong> annehmen, wenn die Person sechsmal in Serie gewinnen würde. Wenn Rammerstorfer hier von<br />

„positiven“ Hinweisen spricht, kann er damit jedoch unmöglich die Struktur des Arguments meinen. Viel mehr ist<br />

das „positiv“ wohl wertend gemeint und soll verdeutlichen, dass der Schluss auf <strong>Design</strong> begründet ist. Das<br />

Argument für <strong>Design</strong> wäre von der Struktur her selbstverständlich negativ, wie Rammerstorfer praktisch selbst<br />

einräumt, wenn er ausführt, die „extreme Unwahrscheinlichkeit einer solchen Serie würde in diesem Kontext<br />

sicher als positive Evidenz für ID gelten“. Unplausibilität der konkurrierenden Hypothese (hier: Zufall) ist mit<br />

Sicherheit ein negatives Argument, wie wir es im zweiten Teil dieses Aufsatzes kennen gelernt haben. Soweit<br />

findet man bei Rammerstorfer also keine Begründung für das angeblich positive Argument für <strong>Design</strong>.<br />

Der nächste Abschnitt, „Argumente für <strong>Design</strong>“, klingt vielversprechend, hilft aber auch nicht weiter. Zunächst<br />

stellt Rammerstorfer das negative Argument für <strong>Design</strong> vor. Dabei sitzt er dem Irrtum auf, ein negatives<br />

Argument müsse immer mit der Elimination aller denkbarer Möglichkeiten einhergehen, setzt es also mit dem<br />

Negativbeweis gleich. Diese Unterteilung ist nicht sehr praktikabel, weil dadurch auf der Seite der<br />

Argumentationsunterteilung, die „negativ“ ist, nur noch der äußerst problematische Negativbeweis steht und<br />

keine m<strong>oder</strong>ateren Formen. In der Realität können die allerwenigsten negativen Argumente auch nur<br />

annäherungsweise den Ausschluss aller anderen Optionen leisten. Evolutionskritik stellt die Unplausibilität<br />

bestimmter Theorien heraus <strong>oder</strong> kann sie im Einzelfall sogar widerlegen, aber nicht nachweisen, dass eine<br />

bestimmte Struktur unmöglich evolutiv entstand und kein – vielleicht noch nicht entdeckter – angemessener<br />

Makroevolutionsmechanismus existiert. Dennoch liegt mit dieser Kritik zweifellos ein „negatives Argument“ vor.<br />

Im Anschluss an seine Schilderungen des negativen Argumentes geht Rammerstorfer auf das positive Argument<br />

für <strong>Design</strong> ein (S. 254). Bei diesem gehe es darum, „Hinweise auf das Wirken einer Intelligenz“ aufzuzeigen. Laut<br />

Rammerstorfer sind beide Argumentationswege (negativ und positiv) lediglich „die beiden Seiten derselben<br />

Medaille“. Das begründet er folgendermaßen: Man würde „naturalistische Erklärungen“ (damit meint er wohl<br />

ateleologische) nicht auf ihre Reichweite hin überprüfen (negatives Argument), wenn man nicht schon davor<br />

„einen gewissen Verdachtsmoment auf <strong>Design</strong>“ hätte. Eben dieser Verdachtsmoment ist nach Rammerstorfer der<br />

positive Aspekt: Er „steht für Sachverhalte, die eine Wertung als positive Hinweise auf einen intentionalen<br />

Ursprung verlangen“. Es stellt sich die Frage, ob man angesichts der weitreichenden Behauptung eines positiven<br />

Arguments für etwas, das eigentlich nur negativ begründet werden kann, nicht mehr vorweisen sollte als nur<br />

„Verdachtsmomente“. Außerdem: Sind nicht auch „Verdachtsmomente“ – beispielsweise im Mord-Szenario – oft<br />

negativer Natur? Es erscheint schlicht unplausibel, dass der sportliche Mitte-30er plötzlich an Herzschwäche stirbt,<br />

nachdem er das nahrhafte Süppchen seiner Schwiegermutter eingenommen hat… Verdachtsmomente als positive<br />

Evidenz für intelligentes Wirken anzuführen, ist nicht nur argumentativ sehr dünn, es ist auch insofern schlichtweg<br />

falsch, da diese von ihrer Struktur her selbst negativ sind.<br />

Besonders deutlich wird das am Beispiel, das Rammerstorfer für einen solchen „Verdachtsmoment“ wählt: Er<br />

meint, die Lotto-Geschichte aufgreifend, hier wäre der positive Aspekt durch „Erfahrungswerte mit<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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Glücksspielen[...], die den Verdacht auf betrügerische Aktivitäten erzeugen“ repräsentiert. An diesem Beispiel<br />

wird jedoch deutlich, wie schwierig dieses Postulat eines positiven Arguments für <strong>Design</strong> zu begründen ist: Was<br />

für Erfahrungen meint Rammerstorfer? Erfahrungen mit Betrügern? Erfahrungen mit bestimmten Trick-<br />

Techniken und Möglichkeiten der Manipulation? Das wären designerspezifische Erfahrungswerte, die eher in den<br />

Bereich von SD gehören, als in den von ID. Außerdem: Auch wenn wir noch nie einen Glücksspiel-Betrug gehabt<br />

hätten – würden wir diesen nicht ganz einfach dessen ungeachtet annehmen, wenn wir einen Spieldurchgang<br />

hätten, bei dem eben dieses Glück überfordert wäre? Könnte es nicht sein, dass die entscheidende Erfahrung, die<br />

Rammerstorfer bemüht, die Erfahrung ist, die wir mit der Reichweite von Zufallsprozessen gemacht haben? Lotto<br />

wird schon eine ganze Weile gespielt, Wahrscheinlichkeitsrechnungen gibt es auch schon lange. Aber noch nie hat<br />

eine Person sechsmal im Lotto gewonnen. Für den Fall, dass so etwas doch einmal geschehen sollte: Ist das nicht<br />

ein deutlicher „Verdachtsmoment“ dafür, dass dann etwas nicht mit „rechten Dingen“ (also auf die bis dahin<br />

übliche, ateleologische, Weise) zugegangen wäre? Das wäre dann aber ganz eindeutig ein negativer Aspekt, wenn<br />

natürlich auch kein schlechter. 28<br />

Der Leser von Rammerstorfers Artikel interessiert sich nun natürlich besonders dafür, wie die positiven<br />

Verdachtsmomente im Bereich der Biologie aussehen sollen und ob es dem Autor gelingt, hier überzeugendere<br />

Beispiele zu finden. Dieser wählt das sogenannte „IC-Argument“, welches auf den Biochemiker Michael J. Behe<br />

(1996) zurückgeht. Er argumentierte, dass viele molekularen Maschinen des Lebens aus zwahlreichen<br />

interagierenden Teilen bestehen, die fein aufeinander abgestimmt sind. Würde man eine Komponente entfernen,<br />

so würde die Funktion des Systems verloren gehen. Behe leitet daraus ab, dass diese Systeme ein Problem für<br />

bisher vorgeschlagene ateleologische Prozesse darstellen, welche stets nur gegenwartsorientiert sind, also bei<br />

einer bestehenden Struktur immer nur den Fortpflanzungserfolg bewerten können, der sich aus ihr ergibt, nicht<br />

jedoch eine noch nicht fertiggestellte Funktionalität, die erst in der Zukunft erreicht werden kann. Eine<br />

„halbfertige“ IC-Struktur bringt also noch keinen solchen Vorteil – es müssen große Sprünge bei der Konstruktion<br />

genommen werden, zwischen denen ein „selektionsfreier“ Raum liegt.<br />

Auf der folgenden Textseite (S. 254 f.) legt Rammerstorfer eben diese Definition der IC-Struktur und das daraus<br />

abgeleitete evolutionskritische Argument, wie hier vorgestellt, dar. Ein besonderes Augenmerk legt<br />

Rammerstorfer auf die Feststellung, dass IC-Strukturen auch innerhalb der Mainstream-Biologie als evolutionäre<br />

Hürden wahrgenommen und Evolutionspfade, welche über diese führen, als unplausibel betrachtet werden.<br />

Rammerstorfer meint, dies liefere „einen subtilen Hinweis darauf, dass evolutionskritische Argumente nach<br />

diesem Muster grundsätzlich zutreffend sind“. Wichtig ist hier das Wort „evolutionskritisch“. Das Argument, das<br />

Rammerstorfer bis zu diesem Punkt beschreibt, ist rein negativ, es geht noch nicht um ein Argument für <strong>Design</strong>,<br />

wie er selbst schreibt: „[D]ie destruktive, negative Komponente des IC-Arguments [sollte] deutlich werden“ (S.<br />

255). Dann schreibt er auf der nächsten Seite jedoch dazu:<br />

„Würde nur diese negative Komponente des IC-Arguments existieren, wäre IC von vornherein kein<br />

ernstzunehmendes Argument für <strong>Design</strong>. Denn selbst wenn man damit sämtliche mehr <strong>oder</strong> weniger<br />

darwinistischen Vorstellungen von Evolution als unplausibel ausschließen kann, so ist dadurch noch nicht gesagt,<br />

daß alle Möglichkeiten einer Entstehung durch ungelenkte Prozesse ausgeschlossen werden können. An dieser<br />

Stelle wird ID-Vertretern gerne die Argumentation untergeschoben, daß das Versagen bzw. die Abwesenheit<br />

einer evolutionären Erklärung das Substrat für den Schluß auf <strong>Design</strong> liefern würde.“ (Hervorhebung im<br />

Original)<br />

Rammerstorfer meint im Anschluss, auf dieser Basis wäre ID leicht zu kritisieren, da der „Ausschluß aller<br />

Erklärungsmöglichkeiten abseits intelligenter Kausation“ zumindest derzeit nicht möglich wäre (Negativbeweis).<br />

28 Man muss sehr aufpassen, das „negativ“ der Argumentationsstruktur nicht wertend zu verstehen. „Negative“ Komponenten<br />

können starke Argumente abgeben (wie etwa beim Lotto-Spiel von oben).


Diese Ausführungen Rammerstorfers sind von großer Bedeutung. Sie zeigen, dass ID unbedingt eine Begründung<br />

braucht, die über Evolutionskritik hinausgeht. Ich habe im zweiten Teil dieses Aufsatzes versucht aufzuzeigen,<br />

dass dieses „mehr“ in methodischen Aspekten besteht, welche nahelegen, ID als Nullhypothese zu verstehen.<br />

Daher genügt die evolutionskritische Komponente des IC-Arguments auch Vollkommen, um das Beibehalten<br />

einer teleologischen Perspektive zu rechtfertigen.<br />

Rammerstorfer vertritt eine andere Position bezüglich dieses „mehrs“: ID, speziell das IC-Argument, weise auch<br />

eine positive Komponente auf. Im Fall der IC-Struktur zitiert er die ID-Vertreter Meyer & Minnich (2004):<br />

„In all irreducibly complex systems in which the cause of the system is known by experience or observation,<br />

intelligent design or engineering played a role in the origin of the systeme.“<br />

Wir haben also eine Eigenschaft X (in diesem Fall IC), und wir haben die positive Erfahrung, dass diese Systeme in<br />

den uns zugänglichen Fällen allesamt durch intelligentes Wirken entstanden. Daraus können wir den positiven, auf<br />

Erfahrung basierenden Schluss ziehen, dass auch die Fälle, in denen der Ursprung der Struktur nicht beobachtbar<br />

war, Intelligenz eine Rolle gespielt hat. Dieser „Anschein von Planung“ (S. 258) ist es laut Rammerstorfer, der ID<br />

über den Rang bloßer Evolutionskritik hinaushebt:<br />

„Es ist im Kern der teleologische Charakter von IC-Systemen, der den Schluß auf Planung provoziert, nicht das<br />

Fehlen von evolutionären Erklärungen.“ (S. 257)<br />

Und: „IC [beinhaltet] auch als positiv zu wertende Hinweise auf <strong>Design</strong>.“ (S. 257). Auch wenn der Negativbeweis<br />

(von Rammerstorfer wie gesagt irrtümlicherweise mit dem „negativen Argument“ gleichgesetzt) momentan nicht<br />

möglich ist, gibt es dennoch Gründe, „intelligentes <strong>Design</strong> als mögliche Erklärung zu diskutieren“ (S. 257). Mit<br />

der letzten zitierten Aussage Rammerstorfers stimme ich überein. Ich bin jedoch überzeugt davon, dass die<br />

Gründe in der Möglichkeit des negativen Arguments (wenn auch nicht des Negativbeweises) sowie<br />

wissenschaftstheoretischer Vorüberlegungen (die methodischen Aspekte) bestehen und keinesfalls in<br />

irgendwelchen angeblich „positiven“ Hinweisen auf <strong>Design</strong>.<br />

Empirisches Empirisches <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> – was es wirklich leisten kann… und was nicht<br />

Das angeblich positive ID-Argument geht auf einen Kerngedanken zurück: Erfahrungen mit <strong>Design</strong>ern. Ganz<br />

speziell heißt das für uns: Erfahrungen mit menschlichen <strong>Design</strong>ern. Menschen erzeugen IC-Strukturen,<br />

Menschen programmieren Software, Menschen verwenden Code, Menschen können teleologisch handeln. Nun<br />

sind Menschen zweifellos intelligente Agenten, sind also dem Bereich des ID und nicht dem des UD zuzurechnen.<br />

Kann man daraus nicht eine positive Aussage bezüglich der Leistungsfähigkeit nicht nur menschlicher sondern<br />

allgemein intelligenter <strong>Design</strong>er machen?<br />

Uhren Uhren „sind“ „sind“ designt…<br />

designt…<br />

Welche Rolle nehmen diese „<strong>Design</strong>-Erfahrungen/Beobachtungen“ beim formalen Schluss auf <strong>Design</strong> ein? Das<br />

von Rammerstorfer und anderen vorgebrachte Argument ist ein Analogieargument: Auf der Basis des Wissens<br />

über den Ursprung von technischen Konstruktionen wird auf den Ursprung organismischer Strukturen<br />

geschlossen, da diese den Strukturen des technischen Bereichs in vielerlei Aspekten ähnlich sind. Beide weisen<br />

einen „teleologischen Charakter“ auf, wie Rammerstorfer es nennt.<br />

Der „teleologische Charakter“ ergibt sich laut Rammerstorfer aus den Eigenschaften, dass bei IC-Strukturen<br />

„mehrere fein aufeinander abgestimmte und koordinierte Komponenten zusammen[wirken] und [...] so die<br />

Erfüllung einer <strong>oder</strong> mehrerer Funktionen möglich [machen]“.<br />

Teleologisch ist das, weil wir solche Eigenschaften auch aus dem Bereich der Technik und anderen <strong>Design</strong>-<br />

Bereichen von menschlichen <strong>Design</strong>ern (also aus einem uns bekannten Bereich teleologischen Wirkens) kennen.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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Wir halten also fest: Die Eigenschaft S (Synorganisation) ist uns aus Systemen bekannt, welche die Ursache ID<br />

(intelligentes <strong>Design</strong>) haben. Beispielsweise aus Konstruktionen wie U (Uhr). Das alleine macht S jedoch noch zu<br />

keinem Indikator für <strong>Design</strong>. In den Produkten intelligenter Agenten finden wir auch die Eigenschaften F<br />

(Fehlerhaftigkeit) und R (Regelmäßigkeit). Dennoch würden wir F und R nie als „<strong>Design</strong>-Signale“ kennzeichnen,<br />

da sie eben nicht zuverlässig <strong>Design</strong> anzeigen, mit diesen Indikatoren hätten wir viele „false positives“, wie etwa<br />

Strukturen bei Lebewesen, die durch degenerative Mikroevolution entstanden sind <strong>oder</strong> Produkte simpler<br />

Naturgesetzlichkeiten, wie etwa Schneeflocken. Diese falschen Ergebnisse hätten wir also, weil U und F auch<br />

durch die Ursprungsoption UD (unintelligentes <strong>Design</strong>) generiert werden können. Ein Argumentationsschema<br />

wie dieses würden wir daher nicht als Schluss auf <strong>Design</strong> akzeptieren (B = Bakterienflagelle):<br />

U hat die Eigenschaft ID.<br />

U und B haben die Eigenschaft S.<br />

Daher hat B die Eigenschaft ID auch.<br />

Erst wenn wir die negative Komponente ins Spiel bringen, werden „false positives“ vermieden, da nun für S nicht<br />

mehr F <strong>oder</strong> R geschrieben werden könnte:<br />

U hat die Eigenschaft ID.<br />

U und B teilen die Eigenschaft S.<br />

Es ist kein Fall bekannt, in dem S auftrat und sicher nicht von ID begleitet wurde.<br />

Deshalb hat B auch die Eigenschaft ID.<br />

Von entscheidender Bedeutung, um Rammerstorfers Fehlschluss zu verstehen, ist nun die erste Prämisse: „Uhren<br />

sind designt.“ Das heißt nicht nur, dass wir beobachten können, dass menschliche <strong>Design</strong>er (<strong>oder</strong> intelligente<br />

<strong>Design</strong>er allgemein) in der Lage sind, Uhren zu designen, sondern, dass eine Uhr die immanente Eigenschaft hat,<br />

designt zu sein. Das heißt: Wenn wir eine Uhr finden, können wir mit Sicherheit sagen, dass sie einen<br />

intentionalen Ursprung hatte – nicht nur gehabt haben könnte. Das heißt: Wir müssen auch wissen, dass Uhren<br />

nicht durch ungerichtete Prozesse entstehen können. Ansonsten ist die Prämisse „U hat die Eigenschaft ID“ nicht<br />

gegeben. Wenn sich jedoch nichts zur „<strong>Design</strong>theit“ der Uhr aussagen lässt, lässt sich aus ihr auch nichts für andere<br />

Strukturen ableiten, gleich ob sie ihr ähnlich sind, <strong>oder</strong> nicht. Die <strong>Design</strong>-Beobachtungen alleine reichen also<br />

nicht, um die „<strong>Design</strong>theit“ der Uhr zu begründen. Es stellt sich daher die Frage: Können Uhren denn auch<br />

ateleologisch entstehen? Wenn wir das verneinen und festhalten: „Uhren können nicht ateleologisch entstehen.“,<br />

dann können wir jedes Mal, wenn wir eine Uhr sehen sagen: „Diese Uhr ist designt!“<br />

Das Entscheidende ist nun: Wir können dies allein auf der Grundlage des Satzes: „Uhren können nicht<br />

ateleologisch entstehen.“ 29 , weil daraus aus logischen Gründen hervorgeht: Wenn wir dennoch eine Uhr finden,<br />

muss sie einen nicht-ateleologischen, also einen teleologischen, Ursprung haben. Die <strong>Design</strong>-Beobachtungen<br />

fallen dann komplett weg – sie sind unnötig für den Schluss auf <strong>Design</strong>.<br />

Um die Uhr dem Bereich „ID“ zuordnen zu können, reicht es, zu wissen, dass die Prozesse aus dem Bereich nicht-<br />

ID nicht ausreichen. Da alle denkbaren Prozesse diesen beiden Bereichen zugeordnet werden können, muss eine<br />

Struktur, die nicht dem Bereich UD zugerechnet werden kann, ihren Ursprung im Bereich ID haben.<br />

29 Wenn wir das nicht so absolut sagen können, ändert sich dementsprechend auch die Stärke der Schlussfolgerung. Das<br />

Grundprinzip ist jedoch das gleiche: „Es ist unwahrscheinlich, dass Struktur X ateleologisch entsteht.“ Ł „Es ist<br />

wahrscheinlich, dass Struktur X nicht-ateleologisch, also teleologisch, entstand.“


Die Erfahrung der Uhrmacher brauchen wir also nicht, um sagen zu können: „Uhren sind designt.“ Diese Prämisse<br />

kann auf einer rein negativen Argumentationsgrundlage getroffen werden. Damit ist jedoch diese Prämisse in<br />

obiger Darstellung keine positive Komponente mehr. Wir schließen bei der Uhr durch ein negatives Argument<br />

auf <strong>Design</strong> und argumentieren nun, dass Lebewesen möglicherweise dieselbe Unplausibilität im Hinblick auf<br />

ateleologische Entstehungswege aufweisen, weil sie ähnliche Eigenschaften haben (kritisch dazu siehe unten).<br />

Der „teleologische Charakter“, den Rammerstorfer bemüht bedeutet, dass eine Struktur gewisse Merkmale, wie<br />

etwa Synorganisation aufweist. Diese Merkmale können – so die bisherige Erfahrung – ateleologisch nicht<br />

entstehen. Daher sind sie typisch für das Teleologische. Es wundert also nicht, dass die einzigen Bereiche in denen<br />

wir die Eigenschaften sonst noch (außer in der Natur) beobachten können, Bereiche sind in denen intelligente<br />

Agenten (Menschen) wirken. Diese Merkmale wären jedoch – und das ist entscheidend – auch dann typisch für<br />

das Teleologische, wenn alle Spezifischen <strong>Design</strong>er, die wir kennen (Menschen), nicht „mächtig“ genug wären, sie<br />

zu produzieren. Dann würde uns eben die „Bestätigung“ fehlen dafür fehlen, was wir schon logisch schlussfolgern<br />

können, nämlich dass die besagten Strukturen „teleologisch-typisch“ sind. Das wären sie zweifellos noch immer,<br />

ganz einfach, weil sie ateleologisch nicht produziert werden könnten. Mehr als diese „Bestätigung“ sind unsere<br />

<strong>Design</strong>-Beobachtungen tatsächlich nicht. Damit ist Rammerstorfers „teleologischer Charakter“ gleichbedeutend mit<br />

dem „Fehlen evolutionärer Erklärungen“ (also mit der Absenz ateleologischer Erklärungen allgemein), dem er ihn<br />

eigentlich ausdrücklich gegenüberstellt (S. 257).<br />

Paley Paley und und Counterflow<br />

Counterflow<br />

Die Frage, woher die Prämisse „Uhren sind designt.“ kommt – ob sie auf unsere <strong>Design</strong>-Beobachtungen gegründet<br />

werden kann, <strong>oder</strong> auf unsere Erfahrungen mit den Grenzen von nicht-<strong>Design</strong> (also UD) ist schon sehr alt und<br />

wurde von William Paley (1802) aufgeworfen. Dieser kreierte das hypothetische Szenario eines Spaziergangs über<br />

eine Heide 30 . Würde er dabei seinen Fuß an einem Stein anstoßen, könnte er es dabei belassen, anzunehmen, er<br />

läge schon immer da. Würde er jedoch eine Uhr fänden, wäre dieser Erklärung sicher unangemessen:<br />

„But suppose I had found a watch upon the ground [...] the inference we think is inevitable, that the watch must<br />

have had a maker-that there must have existed, at some time and at some place or other, an artificer or artificers<br />

who formed it for the purpose which we find it actually to answer, who comprehended its construction and<br />

designed its use.“<br />

Im Anschluss vergleicht Paley die Uhr mit organismischen Strukturen und die „<strong>Design</strong>theit“ der Uhr mit der der<br />

Lebewesen.<br />

Dembski (2002, 31) stellt Paleys Argument im oben vorgestellten Schema vor:<br />

„Watches are intelligently designed.<br />

Watches and organisms are similar.<br />

Therefore organisms are also intelligently designed.“<br />

Paley wusste zwar sicher auch, dass Uhrmacher Uhren herstellen können, aber seine Prämisse konnte sicher nicht<br />

lauten: „Uhren sind intelligent designt.“, wie Dembksi behauptet. Vielmehr musste er für den spezifischen Fall der<br />

30 Nicht etwa an einem Strand, wie Graf (2007, 113) behauptet.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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55<br />

ihm vorliegenden Uhr selbst erst eine Schlussfolgerung über deren speziellen Ursprung ziehen. In einem nächsten<br />

Schritt vergleicht Paley den Schluss mit der Uhr mit dem Schluss bezüglich der Lebewesen. Was Dembski als ein<br />

Argument darstellt, sind in Wirklichkeit zwei, die miteinander verglichen werden. Von ganz entscheidender<br />

Bedeutung ist daher die Frage, wie Paley zu dem Schluss kommt, die Uhr sei designt. Mahner (2007) schreibt dazu<br />

im Bezug auf Flew (1999):<br />

„Paleys Analogie zwischen einer Uhr und der Natur selbst beruft sich auf die Ordnung bzw. Komplexität der<br />

Strukturen. Diese benötigen wir aber gar nicht, um eine Uhr als 'gemacht' zu erkennen, denn wir wissen bereits<br />

aus Erfahrung, dass Uhren Artefakte sind (Flew 1999). Wir würden auch einfache Artefakte wie Scherben <strong>oder</strong><br />

Mauerreste als solche erkennen, wie es Archäologen ständig tun. Komplexität scheint also bei Paleys Argument<br />

nicht die relevante Analogie zu sein.“<br />

Die Aussage, wir wüssten „aus Erfahrung, dass Uhren Artefakte sind“, ist sicherlich falsch: Wenn wir lediglich das<br />

Handeln der Uhrmacher betrachten, wissen wir nur, dass sie es sein können. Dass aber jede Uhr, der wir begegnen<br />

auch designt ist, lässt sich daraus nicht ableiten. Man muss sich also doch wieder auf die Komplexität der Uhr<br />

beziehen und fragen: Kann diese ateleologisch entstehen? Nur wenn dies verneint werden kann, können wir sagen:<br />

„Wir wissen aus Erfahrung (mit ateleologischen Prozessen), dass Uhren designt sind.“ Die Erfahrungen mit<br />

Uhrmachern, die Mahner bemüht, sind dann aber für den Schluss auf <strong>Design</strong> nicht mehr nötig. Betrachten wir<br />

nochmal das obige Argumentationsschema:<br />

U hat die Eigenschaft ID.<br />

U und B hat teilen die Eigenschaft S.<br />

Es ist kein Fall bekannt, in dem S auftrat und sicher nicht von ID begleitet wurde.<br />

Deshalb hat B auch die Eigenschaft ID.<br />

Es kann hier eine ganze Menge weggestrichen werden, ohne dass es dem Schluss in irgendeiner Weise schaden<br />

würde.<br />

Das Einzige, was für das Argument wegfällt ist die – für den Schluss auf <strong>Design</strong> – überflüssige Analogie:<br />

U hat die Eigenschaft ID.<br />

U und B hat teilen die Eigenschaft S.<br />

Es ist kein Fall bekannt, in dem S auftrat und sicher nicht von ID begleitet wurde.<br />

Deshalb hat B auch die Eigenschaft ID.


Ratzsch (2001) liefert einen besseren Ansatz als Flew (1999): Er führt den Begriff „counterflow“ ein und meint<br />

damit „things running contrary to what, in the relevant sense, would (or might) have resulted or occured had nature<br />

operated freely“ (S. 5). Um zu erkennen, ob etwas künstlich ist – also ein Artefakt – untersuchen wir Objekte auf<br />

eben diesen Counterflow. 31 Zum Fall Paleys schreibt Ratzsch:<br />

„If, in crossing a heath, we should stumble across a watch, we would immediately recognize it as artifact. We<br />

would recognize that, even if we had no idea how it was produced, who had produced it, what it was for, how it<br />

got there, or how long it had lain there. An object having the observable characteristics of a watch simply will not<br />

be natural.“ (S.8)<br />

Diese „characteristics“ sind die synorganisierten Merkmale, die Paley beschreibt, sie sind der „teleologische<br />

Charakter“, den Rammerstorfer bemüht – sie sind: eine gewisse Menge Counterflow. Sie sind schlichtweg<br />

Merkmale, die von ateleologischen Erklärungsmöglichkeiten (im Fall der Uhr: pure Selbstorganisation bzw.<br />

„Zufall“) nicht angemessen erklärt werden können. Sie sind daher aber auch eines: negativ. Sie beziehen ihre ganze<br />

Gewichtung einzig und allein aus dem Umstand, dass sie ateleologisch nicht erklärt werden können.<br />

Was lässt sich daraus ableiten? Der oben genannte Schluss dieser Form ist irreführend (C=Counterflow):<br />

U hat die Eigenschaft ID.<br />

U und B teilen die Eigenschaft S.<br />

Es ist kein Fall bekannt, in dem S auftrat und sicher nicht von ID begleitet wurde.<br />

Deshalb hat F auch die Eigenschaft ID.<br />

Vielmehr verbergen sich hinter ihm zwei unabhängige, parallel ablaufende Schlüsse:<br />

Und:<br />

U hat die Eigenschaft S.<br />

Aus S folgt eine bestimmte Menge C 32 .<br />

Ateleologische Ereignisse (mit der Eigenschaft UD) weisen diese Menge C nicht auf.<br />

U hat die Eigenschaft nicht-UD (ID).<br />

B hat die Eigenschaft S.<br />

31 Damit ist laut Ratzsch nicht gesagt, dass die Objekte auch designt wurden, also zu einem spezifischen Zweck entworfen<br />

wurden, aber dass sie von Agenten generiert worden sind, die zu solchem teleologischen Handeln fähig sind. Beispielsweise<br />

entstehen bei der Produktion von Steinwerkzeugen „künstliche“ Abschläge, die jedoch im Gegensatz zum erwünschten<br />

Endprodukt kein „intelligentes <strong>Design</strong>“ im Sinne Ratzschs sind.<br />

32 Also eine bestimmte Unplausibilität der ateleologischen Option.<br />

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Aus S folgt eine bestimmte Menge C.<br />

Ereignisse mit UD weisen diese Menge C nicht auf.<br />

B hat die Eigenschaft nicht-UD (ID).<br />

Man tut Paley unrecht, wenn man ihn auf eine naiv-empiristische Argumentation nach dem Muster Dembskis<br />

reduziert. Vielmehr ist sein Argument als Appell an die Konsequenz seiner Mitmenschen zu betrachten: Wenn wir<br />

zwei Objekte mit derselben Menge Counterflow haben, bei beiden ateleologische Ursprungserklärungen also<br />

gleich unplausibel sind, dann sollten wir doch auch in beiden auf einen teleologischen Ursprung schließen und nicht<br />

im einen (weltanschaulich weniger problematischen Fall) dies tun und im anderen (mit größeren metaphysischen<br />

Implikationen) auf zukünftige ateleologische Erklärungsansätze mit größerer Plausibilität hoffen.<br />

Man kann an Paleys Argumentation trotzdem noch genug kritisieren: So basiert seine Annahme, Uhren und<br />

Organismen würden eine vergleichbare Menge Counterflow aufweisen auf der Grundlage, dass als ateleologische<br />

Erklärungsmodelle nur bloßer „Zufall“ in Frage kommt – sowohl für die Uhr, als auch für das Leben. Am<br />

deutlichsten, wird dies, wenn man bedenkt, dass Paley (1802, 179) argumentiert, es sei ein eindeutiges Zeichen<br />

für einen teleologischen Ursprung des Menschen, dass seine Augen und Füße in dieselbe Richtung zeigen würden.<br />

Denn bei rein zufälliger Ausrichtung dieser Organe und Extremitäten wäre das ja nicht zu erwarten.<br />

Spätestens seit Darwin (1859) hat die ateleologische Perspektive jedoch neben der zufälligen Variation auch noch<br />

die Komponente der natürlichen Selektion vorzuweisen. Es ist eine naturwissenschaftliche Fragestellung, zu<br />

überprüfen, ob die Größe „C“ (also die Unplausibilität ateleologischer Erklärungsansätze) durch die<br />

Errungenschaften der Evolutionsbiologie für den Bereich des Lebens verringert werden konnten. Doch falls dies<br />

nicht der Fall sein sollte, ist Paleys Appell noch immer von großer Bedeutung. Daher soll auf seinen Aufruf nach<br />

Konsequenz in einem späteren Abschnitt nochmal eingegangen werden.<br />

An dieser Stelle möchte ich zunächst die Rückkopplung an die These des positiven Arguments für ID im Sinne von<br />

Meyer, Minnich, Rammerstorfer & Co versuchen:<br />

Der „Anschein von Planung“ bei der Bakterienflagelle ist auf bestimmte Eigenschaften zurückzuführen (IC Ł S),<br />

die uns auch von anderen Objekten bekannt sind. Teilweise wissen wir bei diesen anderen Objekten aus<br />

Erfahrung, dass sie von Menschen designt werden können, teilweise nicht. Unabhängig von dieser Erfahrung,<br />

schließen wir bei diesen Objekten jedoch auf <strong>Design</strong>, wenn die ateleologischen Erklärungsansätze unbefriedigend<br />

sind, also Counterflow vorliegt. Für die Bakterienflagelle das Wissen um Software-Programmierer und<br />

Uhrmacher zu bemühen ist schon deswegen nicht angebracht, da man diesen Vergleich auch nicht braucht, wenn<br />

man innerhalb der Technik bleibt: Ratzsch (2001, 18) berichtet von technischen Objekten, die ganz offensichtlich<br />

Artefakte sind, deren eventuelle Funktionen aber nicht bekannt sind. Ganz eindeutig weisen sie jedoch<br />

Counterflow auf – bekannte ateleologische Prozesse kommen für ihre Entstehung nicht in Frage und deswegen<br />

werden die Funde als Artefakte eingeordnet. Ein negatives Argument. Ebenso bleibt auch das IC-Argument<br />

negativ. Daran ändert auch der Verweis auf die Synorganisation von irreduzibel komplexen Strukturen nichts.<br />

Ganz einfach deswegen, weil durch den Verweis auf Synorganisation in bekanntermaßen designten Systemen<br />

nichts gewonnen wird: Auch diese werden von uns nur deswegen als künstlich erkannt, weil die Eigenschaft der<br />

Synorganisation mit Counterflow einhergeht – ihre ateleologische Entstehung also unplausibel bleibt.


Abkürzung<br />

Abkürzung Abkürzung und und Umweg Umweg<br />

Ist es also vollkommen unredlich mit der teleologischen Organisation des Lebens, mit seiner synorganisierten,<br />

spezifizierten Komplexität für ID zu argumentieren? Nein. So lange man sich dessen bewusst ist, dass all diese<br />

Merkmale nicht „von Natur aus“ <strong>Design</strong>-Signale sind, sondern es nur deswegen werden, weil sie ateleologische<br />

Hürden bezeichnen, ist eigentlich nichts dagegen einzuwenden. Man kann in diesem Rahmen die IC-Strukturen<br />

dann beispielsweise als besondere „Marker“ betrachten, die anzeigen, wo im zugrundeliegenden Genom im Laufe<br />

der Stammesentwicklung besonders große mutative Neuerungen nötig gewesen wären. Von einem „IC-Argument<br />

für intelligentes <strong>Design</strong>“ zu sprechen ist jedoch zumindest irreführend: Als Hinweisschild auf makroevolutive<br />

Problemstellungen ist IC nicht mehr und nicht weniger als jedes andere evolutionskritische Argument auf Basis<br />

unzureichender Makroevolutionsmechanismen.<br />

Wer mit dem „Anschein von Planung“ argumentiert, muss dabei eines immer klar einräumen: Wenn in der Natur<br />

etwas „designt“ wirkt, dann meinen wir, dass es einer Erfahrung aus unserer menschlichen <strong>Design</strong>-Welt<br />

entspricht. Das ist jedoch noch nicht das Argument für <strong>Design</strong>! Die eigentliche argumentative Kraft des Verweises<br />

auf den Anschein von Planung in der Natur geht darauf zurück, dass die Eigenschaften, die wir im menschlichen<br />

Bereich als design-typisch erkennen, das dort deswegen sind, weil sie für ateleologische Prozesse untypisch sind (die<br />

irreduzible Organisation der technischen Konstruktion der Mausefalle würde durch Zufallsprozesse nicht<br />

erreicht). Wenn wir nun eben diese „design-typischen“ Merkmale in der Natur wiederfinden, entdecken wir darin<br />

nicht das Vermögen intelligenter Agenten (Menschen) wieder, sondern das Unvermögen ateleologischer Prozesse.<br />

Wenn wir schon im technischen Bereich aufgrund dieser Merkmale auf <strong>Design</strong> schließen würden (weil sie<br />

Counterflow aufweisen, ateleologisch nur unplausibel erklärt werden können) und wir finden sie in irgendeinem<br />

anderen Kontext wieder, dann nehmen wir auch dort an, die identifizierte Struktur würde Counterflow<br />

aufweisen. Das ist das eigentliche – und ausschließlich negative – Argument mit dem „Anschein von Planung“ in<br />

der belebten Natur. Für <strong>Design</strong> in der Natur mit Verweis auf <strong>Design</strong> beim Menschen zu argumentieren, ist also<br />

eine Art „Abkürzung“, welche den Grund für die <strong>Design</strong>-Identifikation in den Bereichen der Technik, der<br />

Informatik, der Kunst usw. überspringt. Das Argument ist sicherlich gültig, nur eben auch sehr gefährlich: Leicht<br />

übersieht man die negative Grundstruktur und meint, positive Evidenz für ID vorbringen zu können. Des<br />

Weiteren muss man sich dessen bewusst sein, dass eine Eigenschaft in menschlichen Konstruktionen<br />

möglicherweise ateleologisch nicht entstehen kann, aber in der Natur sehr wohl. Dieser Fall könnte durchaus<br />

zutreffen. Schließlich weisen menschliche Konstruktionen (Eingenerationssysteme) und die der Natur<br />

(Mehrgenerationssysteme) auch erhebliche Unterschiede auf, welche letzteren „Descent with Modification“<br />

erlaubt. Die Frage ist also, ob sich aus diesen Unterschieden eine Möglichkeit gibt, die Analogie als zu schwach<br />

auszuweisen (<strong>Heilig</strong> 2008a). So lange dies nicht gezeigt werden kann, ist die „Abkürzung“ legitim. Neben der<br />

Gefahr beim vielen Verwenden der Abkürzung den ursprünglichen Weg aus den Augen zu verlieren und<br />

irgendwann zu vergessen, dass das Analogieargument nur dadurch funktioniert, dass auch im Bereich des Lebens<br />

erst mal negativ argumentiert wird (also sichergestellt wird, dass die ateleologischen Mechanismen, die in diesem<br />

Bereich wirken, die Eigenschaften S usw. ebenso wenig generieren können, wie die aus dem Bereich der Technik,<br />

also der Uhr), ist eine solche Abkürzung vor allem eines: Unnötig. Wenn das Analogieargument eh nicht (allein<br />

deswegen) funktioniert, weil wir ähnliche Eigenschaften zwischen zwei Bereichen nachweisen, sondern wir auch<br />

noch sicherstellen müssen, dass in beiden Bereichen (nicht nur im Ausgangsbereich der Technik, sondern auch in<br />

der Natur) keine ateleologischen Prozesse existieren, die einen ungerichteten Ursprung plausibel machen, wenn<br />

wir also eh in den Bereich der Natur eindringen und nach Makroevolutionsmechanismen fragen müssen, um zu<br />

überprüfen, ob das Analogieargument gültig ist, wenn wir eh Evolutionskritik aufbringen müssen, um das<br />

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Analogieargument überhaupt vorbringen zu können, wenn seine ganze argumentative Kraft aus diesem negativen<br />

Aspekt hervorgeht – wieso gehen wir dann überhaupt diesen Weg, ist er dann nicht viel mehr ein Umweg? 33<br />

Daher mein Plädoyer an die Vertreter der teleologischen Perspektive – ob diese nun auf den Ursprung der Uhr<br />

<strong>oder</strong> der Bakterienflagelle gerichtet ist – die im jeweiligen Rahmen in Frage kommenden ateleologischen<br />

Mechanismen auf ihre Reichweite zu untersuchen und dadurch festzustellen ob/wie viel Counterflow die<br />

jeweiligen Strukturen aufweisen. Die einzige Analogie, der einzige Vergleich kann dann erst, auf dieser<br />

Grundlage, erfolgen: Schließen wir in beiden Bereichen bei derselben Menge Counterflow, bei derselben<br />

Unplausibilität der ateleologischen Erklärungsoption analog auf eine intelligente Ursache?<br />

Vorausgesetzt man könnte vergleichbare Mengen Counterflow in beiden Bereichen ausmachen, wäre daraus<br />

durchaus ein Argument abzuleiten – der bereits erwähnte Appell an konsequentes Schließen, wie ihn Paley<br />

aufgestellt hat. Das ist das einzige argumentative Element, das man – unter wohlwollender Betrachtung – der<br />

Analogie zwischen Technik und Leben entnehmen kann. Dass auch dieser Appell seine Schwächen hat, da die<br />

Schlüsse nicht so analog sind, wie man auf den ersten Blick meinen sollte, wird im Kapitel III besprochen.<br />

Spezifisches Spezifisches Spezifisches <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> und und und <strong>Design</strong> <strong>Design</strong>-Erlebnisse<br />

<strong>Design</strong> <strong>Design</strong> Erlebnisse<br />

Erlebnisse<br />

Für den Schluss auf ID sind „<strong>Design</strong>-Erlebnisse“ wie gezeigt irrelevant. Deswegen sind sie jedoch nicht komplett<br />

nutzlos für die Diskussion um die Ursprungsfrage: Im Rahmen von SD-Modellen ist der Bezug auf einen <strong>Design</strong>er<br />

hingegen sieht die Sache jedoch anders aus (siehe zu „SD“ den ersten Teil des Aufsatzes): In diesem Rahmen ist es<br />

legitim, zu fragen, ob der angenommene <strong>Design</strong>er in der Lage ist, das in Frage stehende Phänomen zu generieren.<br />

Das ist nicht nur ein legitimes vorgehen, sondern ein notwendiges: Nur weil die Ursache aus dem Bereich von ID<br />

kommen muss, da sie nicht aus dem Bereich von UD kommen kann, muss das ja nicht heißen, dass ein ganz<br />

spezifisches SD-Modell aus diesem Bereich in der Lage ist, das zu vollbringen, wozu vielleicht nur für ein<br />

einziges, ganz anders gestaltetes, SD-Modell fähig ist. Angenommen, ein Biologe würde den Standpunkt<br />

vertreten, die Natur wäre intelligent designt. Diese Annahme – sofern keine plausiblen ateleologische<br />

Erklärungen vorliegen – mag angemessen sein. Wenn er jedoch seinen persönlich vertretenen <strong>Design</strong>er<br />

spezifiziert (und dies ist eine notwendige Bedingung, damit die teleologische Perspektive Eingang in die<br />

Biowissenschaften finden kann) und beispielsweise annimmt, Bienen hätten unsere Welt designt, müsste er sich<br />

anhören lassen, dass diese zwar zu beeindruckenden Bauten fähig sind, aber bisher nicht gezeigt werden konnte,<br />

wie sie als manipulierende Genetiker in Erscheinung treten könnten. Dieses Beispiel mag überzogen sein, aber es<br />

zeigt: Nur weil es für ID zweifellos klar ist, entfällt für einen ID-Vertreter, der seine SD-Vorstellungen<br />

spezifiziert noch lange nicht die Nachweispflicht, dass sein <strong>Design</strong>er in der Lage ist, Lebewesen zu designen.<br />

Was zeigen uns unsere bisherigen Erfahrungen mit bekannten <strong>Design</strong>ern? SD-Modelle, die sich auf Tiere berufen,<br />

werden wenig Erfolg haben. Und ansonsten? Ansonsten haben wir bisher nur Menschen beim designen direkt<br />

beobachtet (H. sapiens) <strong>oder</strong> können diese Fähigkeit zumindest aufgrund von Überlieferungen annehmen (H.<br />

33 Im obigen Argumentationsschema finden wir den Zwischenschritt: „Aus S folgt eine bestimmte Menge C“. „S“ steht dabei<br />

wie erwähnt für die Synorganisation der Struktur. Diese Eigenschaft wird hier stellvertreten für den „teleologischen<br />

Charakter“ angegeben. Entscheidend ist nun, dass es nicht reicht, im Bereich des Lebens die Menge an C für S zu bestimmen,<br />

auf <strong>Design</strong> zu schließen, dann S im Bereich der belebten Welt zu entdecken und per Analogie zu verkünden, auch dort wäre<br />

die Ursache teleologisch. „Aus S folgt eine bestimmte Menge C“ muss für die belebte Welt separat durchgerechnet werden,<br />

da für die Entstehung in den Bereichen ganz verschiedene Prozesse vorliegen. Es mag sein, dass „descent with modification“<br />

die Menge an C im belebten Bereich nicht senken kann, das sei dahingestellt. Aber auch diese Feststellung ist nur möglich,<br />

wenn man den Bereich der Natur explizit untersucht. Der Schluss vom Bereich der Technik in den Bereich des Lebens ist<br />

schlichtweg nicht zulässig – bis gezeigt werden kann, dass hier mit Bezug auf aus S Folgendem C vergleichbare Werte<br />

vorliegen. Damit haben wir aber für den Bereich des Lebens genau das kalkuliert, was wir eigentlich – ohne diesen Bereich zu<br />

analysieren – direkt aus unseren Erfahrungen im technischen Bereich ableiten wollten.


errectus) 34 . Allerhöchstens können wir unsere Erfahrungen wohl auf hypothetische menschenähnliche Wesen<br />

ausweiten und schlussfolgern, dass ein SD-Modell zumindest einen <strong>Design</strong>er der physiologischen, geistigen und<br />

kulturellen Fähigkeiten des m<strong>oder</strong>nen Menschen aufweisen müsste. Immerhin können wir, wenn auch noch recht<br />

beschränkt, bereits Leben manipulieren und nach unseren Vorgaben hin gestalteten (vgl. Gibson et al. 2008).<br />

Hochm<strong>oder</strong>ne Außerirdische, die über Raumschiffe verfügen sollten, mit denen sie unsere Erde besuchen <strong>oder</strong><br />

zumindest mit Leben infizieren hätten können, sollten unser Intelligenz-Niveau wohl erreicht haben und können<br />

als ernsthafte Kandidaten für <strong>Design</strong>er-Theorien, für SD-Modelle gelten.<br />

Die Erfahrung (menschlichen!) <strong>Design</strong>s ist also durchaus von Bedeutung – jedoch ausschließlich im Rahmen des<br />

Wettbewerbs verschiedener SD-Modelle. Da wir als Christen den <strong>Design</strong>er im Sinne des biblischen Gottes<br />

spezifizieren und wir nicht von außerirdischen <strong>Design</strong>ern ausgehen, sind für uns die Leistungen menschlicher<br />

<strong>Design</strong>er recht uninteressant. Dass Gott, der nicht zuletzt über seine Allmacht definiert ist (vgl. Genesis 17, 1),<br />

zumindest theoretisch in der Lage ist, unser Universum mit allem, was sich darin befindet, zu designen, steht<br />

wohl außer Frage. Jeder Atheist würde dem zustimmen, dass Gott die Welt erschaffen hätte können – falls er denn<br />

existiert. Und da scheiden sich die Geister – nicht jedoch unter uns Christen, die wir hier sprichwörtlich „den<br />

selben Geist“ haben, eben diese Existenz als Glaubensinhalt teilen und für alle Christen voraussetzen können.<br />

Das Das Argument Argument „für“ „für“ <strong>Design</strong> <strong>Design</strong> ist ist ein ein „argumentum „argumentum ad ad ignorantiam“<br />

ignorantiam“<br />

Warum wird von Seiten der ID-Vertreter derart nachdrücklich ein angeblich positives Argument für Teleologie<br />

vertreten, das es nicht gibt? Wenn ID lediglich in der Lage ist, ateleologische Erklärungsansätze zu kritisieren,<br />

dann folgt daraus unausweichlich, dass ID letztendlich immer ein argumentum ad ignorantiam bleiben muss – es sei<br />

denn, die Elimination aller möglichen ateleologischen Optionen sollte gelingen. Damit trifft auf die Argumentation<br />

der ID-Vertreter genau das zu, was sie bei ihren Kritikern als falsche Unterstellungen ausweisen. So etwa bei<br />

Rammerstorfer (2006a, 256), der Raff (2001, 373) zitiert:<br />

„If it's unexplained, it must be unexplainable by evolutionary biology. If it's unexplainable by evolutionary<br />

biology, it must require an intelligent designer.“<br />

Kritisch ist hier nicht der zweite Teil der Argumentation: Sollte ein Phänomen faktisch nicht erklärbar durch<br />

ateleologische Ansätze sein, dann wäre es ein klarer Fall für <strong>Design</strong> (eliminative Induktion). Entscheidend ist, dass<br />

aus einer gegenwärtigen ateleologischen Erklärungs-Absenz darauf geschlossen wird, dass es überhaupt keine<br />

Erklärung gibt.<br />

Eine solche Argumentation weckt aus gutem Grund Misstrauen. Mit einem solchen argumentum ad ignorantiam<br />

(AAI) lassen sich nämlich beinahe alle erdenklichen Thesen „untermauern“, die mit Sicherheit empirisch nicht gut<br />

belegt sind. Wer mit naturwissenschaftlichem Skeptizismus der Behauptung entgegentritt, auf der Oberfläche des<br />

Marses wären riesige Käse-Ablagerungen zu finden, kann da schnell mit dem Verweis „Es ist nicht bewiesen, dass<br />

es nicht so ist!“ abgespeist werden. Besteht ein prinzipieller Unterschied zum „Das ist nicht bewiesen!“ der<br />

Teleologisten zum Anspruch der Ateleologisten, es gäbe eine ateleologische Erklärung für die Komplexität des<br />

Lebens?<br />

ID-Vertreter sind bisher mit diesem Kritikpunkt nur unzureichend umgegangen. In der Regel folgt auf diesen<br />

Einwand lediglich der Verweis auf die angeblich positive Komponente von ID. Interessant ist, was Dembski<br />

(2004, 322) zu diesem Thema schreibt 35 . Dembski (1998a, 2002) ist wohl der einzige ID-Vertreter, der sich<br />

34 Für eine Diskussion der Fähigkeiten der Australopithecinen siehe Brandt (2000).<br />

35 Wobei Dembski auch noch ganz andere Äußerungen zum AAI gemacht hat, die recht kurios sind. So schreibt Dembski<br />

(1998, 17):<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

61<br />

bisher darum bemühte, eine formale Antwort auf die Frage zu finden, wie alle ateleologischen Ansätze mit einem<br />

Schlag als unplausibel ausgewiesen werden könnten. Seine Antwort besteht in der Eigenschaft der „spezifizierten<br />

Komplexität“. Darunter versteht Dembski jedes Merkmal, das sogleich spezifiziert ist, also einem unabhängigen<br />

Muster entspricht, und komplex – also „unwahrscheinlich“. Dembski (2002) möchte durch diese beiden<br />

Kennzeichnen seinen Informationsbegriff (Complex Specified Information) von der Shannon'schen Information<br />

abgrenzen, die ein reines Komplexitätsmaß ist und sehr gut auch ateleologisch entstehen kann, da jede<br />

Zeichenfolge – ob sinnvoll <strong>oder</strong> nicht, ob spezifiziert <strong>oder</strong> nicht – bereits „Information“ enthält. Der<br />

entscheidende Punkt bei Dembskis Argumentation ist jedoch, dass seine „Unwahrscheinlichkeit“ kein absoluter,<br />

sondern nur ein vorläufiger Wert ist und damit auch keine absoluten, sondern nur vorläufige Schlussfolgerungen<br />

zulässt. So gibt er den Kritikpunkt wieder:<br />

„The argument runs as follows. It starts by noting that if some natural system instantiates specified complexity,<br />

then that system must be vastly improbable with respect to all purely natural mechanisms that could be operating<br />

to produce it. But that means calculating a probability for each such mechanism. This, so the argument runs, is an<br />

impossible task. At best science could show that a given natural system is vastly improbable with respect to known<br />

mechanisms operating in known ways and for which the probability can be estimated. But this omits (1) known<br />

mechanisms operating in unknown ways and for which the probability cannot be estimated, (2) known<br />

mechanisms for which the probability cannot be estimated and (3) unknown mechanisms. Thus, even if it is true<br />

that some natural system instantiates specified complexity, we could never legitimately assert its specified<br />

complexity, much less know it. Accordingly, to assert the specified complexity of any natural system is to argue<br />

from ignorance.“<br />

Dembski hält nicht viel von diesem Kritikpunkt und wehrt ihn mit dem Verweis darauf ab, dass Naturwissenschaft<br />

immer nur gegenwärtiges Wissen berücksichtigen könnte, das sich im Laufe der Forschung selbstverständlich auch<br />

ändern könnte. Dabei übersieht er jedoch eines:<br />

Wenn das ID-Argument eine eliminative Induktion wäre, wäre seine Gültigkeit unhinterfragt. Ist es aber (noch?)<br />

ein AAI, stellt sich automatisch die Frage, wie denn dann begründet werden kann, dass von momentanen Nicht-<br />

Wissen im ateleologischen Erklärungsmodell auf <strong>Design</strong> geschlossen wird.<br />

Und hier wird dann eine vermeintlich positive Komponente bemüht, welche das <strong>Design</strong>-Argument retten soll.<br />

Wie oben gezeigt, ist ein solcher Weg nicht gangbar. Vielmehr müssen methodische Gründe dafür angeführt<br />

werden, auf der Basis von bisher fehlenden ateleologischen Erklärungen auf Teleologie zu schließen.<br />

Zwei Zwei Beispiele Beispiele – wie wird der Schluss auf <strong>Design</strong> getätigt?<br />

Im Folgenden sollen als ergänzende Information zwei Positionen zum Schluss auf intelligentes <strong>Design</strong> besprochen<br />

werden.<br />

„The world contains events, objects and structures that exhaust the explanatory resources of undirected natural causes and<br />

that can be adequately explained only by recourse to intelligent design. This is not an argument from ignorance.“<br />

Dembski hat Recht, dass der Schluss auf ID tatsächlich empirisch begründet werden kann, indem weitreichende negative<br />

Aussagen über die ateleologische Alternative getroffen werden können. Das hebt den Wert des Arguments – ändert aber<br />

nichts an seiner negativen Struktur als AAI.


Kummer (2007, 92), ein Kritiker der teleologischen Perspektive, beschreibt den Schluss auf <strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong><br />

wie folgt: Zuerst würde ein „<strong>Design</strong> in der Natur“ (worunter er „komplexe[...] zweckmäßige[...] Strukturen“<br />

versteht) festgestellt. In einem zweiten Schritt würden dann ateleologische Erklärungsansätze als ungenügend<br />

ausgewiesen. In einem dritten Schritt würde dann ein Analogieschluss bemüht:<br />

„So wie wir bei einem technischen Gebilde zur Erklärung seiner Zweckmäßigkeit die planende Intelligenz eines<br />

Erfinders <strong>oder</strong> Ingenieurs ins Feld führen, ohne darum wissen zu müssen, wer das im Einzelfall war, sind wir auch<br />

bei einer evolutionär nicht reduzierbaren organischen Zweckmäßigkeit gehalten, allein aus Gründen der Logik<br />

eine entsprechende planende Intelligenz vorauszusetzen, mögen wir sie Gott bezeichnen <strong>oder</strong> nicht [...].“ (S. 92)<br />

Der Schluss auf ID nach Kummer:<br />

1. Identifikation einer komplexen, zweckmäßigen Struktur.<br />

<strong>2.</strong> Ausweisen der ateleologische Erklärungsansätze als ungenügend.<br />

3. Analogieschluss aus dem Bereich der Technik auf die Natur.<br />

Kummer merkt des Weiteren an, der zweite Schritt müsse immer ein reductio ad ignorantiam sein. Man könne<br />

nicht zeigen, dass eine Struktur prinzipiell nicht ateleologisch evolvieren kann, sondern nur, „dass wir es bisher<br />

noch nicht wissen“. Auf dieser Grundlage sei der Analogieschluss nicht zwingend.<br />

Junker (2008) diskutiert ganz bestimmte Strukturen: Irreduzibel komplexe (s.o.). Auf Seite 5 gibt er das<br />

Argumentationsschema das sich seines Erachtens daraus für ID ableiten lässt, wie folgt wieder: Zuerst würde man<br />

„nichtreduzierbar komplexe Systeme“ identifizieren. In einem zweiten Schritt müssen ateleologische<br />

Erklärungsansätze auf ihre Plausibilität hin untersucht werden. Als dritten Schritt und unter der Voraussetzung,<br />

dass die Evolutionskritik auf der vorangehenden Stufe Erfolg hatte, stellt er die Frage: „Folgt daraus ein Argument<br />

für ID?“<br />

Der Schluss auf ID nach Junker:<br />

1. Identifikation einer IC-Struktur.<br />

<strong>2.</strong> Ausweisen der ateleologische Erklärungsansätze als ungenügend.<br />

3. Nicht näher bestimmtes Element, das auf der Basis von <strong>2.</strong> den Schluss auf ID erlaubt.<br />

Zum dritten Punkt referiert Junker (2008, 5):<br />

„Der Vorgang der Entstehung einer IC-Struktur wird durch die bekannten ungerichteten evolutionären Prozesse<br />

nicht erklärt. Viele ID-Befürworter betrachten das IC-Argument auch als positives Argument für das Wirken eines<br />

<strong>Design</strong>ers. Sie verweisen auf das Wissen um die ausschließlich planvolle Entstehung von IC im technischen Bereich<br />

und ziehen daraus einen Analogieschluss auf die Entstehung von IC bei Lebewesen.“<br />

Junker legt sich jedoch nicht fest, ob er diese Auffassung teilt, <strong>oder</strong> nicht.<br />

Junker schreibt jedoch auch (S. 20) – wortwörtlich wie Kummer – der Schluss auf ID auf der Grundlage des<br />

zweiten Schritts sei nicht „zwingend“.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

62


<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

63<br />

Wie im zweiten Teil des Aufsatzes gezeigt, ist das von Junker referierte „positive“ Element letztendlich Teil eines<br />

negativen Arguments, gehört also im Grunde noch zum zweiten Schritt – ID (ohne methodische<br />

Vorbetrachtungen und auf seine argumentative Stärke allein gestellt) kommt niemals über diese negative Ebene,<br />

niemals über das AAI hinaus, so lange der Negativbeweis nicht gelingt. Kummers dritter Schritt lässt sich ohne<br />

Weiteres in den zweiten überführen. Das ist natürlich ein Problem, denn wenn ID auf der zweiten Stufe<br />

verbleibt, heißt das nach Rammerstorfer (2006a, 256):<br />

„Würde nur die[...] negative Komponente des IC-Arguments existieren, wäre IC von vorneherein kein<br />

ernstzunehmendes Argument für <strong>Design</strong>.“ (Hervorhebung nicht im Original)<br />

Wie kann man auf dieser Grundlage (ID kann sich nicht durch positive Argumente selbst ins Spiel bringen) den<br />

Standpunkt vertreten, ID wäre noch immer von Bedeutung? Junker (2008, 20) nennt die einzige mögliche Lösung<br />

im Grunde selbst:<br />

„Die Option ID bleibt [...] solange die einzige Erklärung für die Existenz eines IC-Systems, bis ein natürlicher<br />

Evolutionsprozess nachgewiesen ist.“<br />

Demnach wäre ID eine Art Nullhypothese, die so lange begründet ist, bis der Nachweis eines ateleologischen<br />

Makroevolutionsmechanismuses vollbracht wird. Wenn vorgeschlagene ateleologische Erklärungsansätze durch<br />

Evolutionskritik als ungenügend ausgewiesen werden (negatives Argument, AAI, Stufe 2), dann ist ID automatisch<br />

noch immer „im Rennen“. Einen dritten Schritt, ein positives Argument <strong>oder</strong> dergleichen, wäre dann gar nicht<br />

nötig. Während Junker keine Erklärung dafür gibt, wie man begründen könnte, dass ID eine solche<br />

Nullhypothese darstellen sollte (und nicht etwa die ateleologische Alternative), wurde dies hier im Kapitel II<br />

begründet.<br />

Ein Wort zum Schluss: Zwingend ist der Schluss auf <strong>Design</strong> auch – beziehungsweise gerade – nach der Darstellung<br />

des vorliegenden Aufsatzes nicht. Weshalb, das wird im Kapitel III eingehend dargelegt. Es handelt sich dabei auch<br />

nicht um einen Nachteil, welcher die teleologische Perspektive im wahrsten Sinne des Wortes „indiskutabel“<br />

machen würde, sondern um eine prinzipielle Eigenschaft der Ursprungsfrage: Ohne Rückgriff auf<br />

außerwissenschaftliche Elemente ist ihre konkrete Beantwortung nicht möglich.


ANHANG II: Naturwissenschaftliche Forschung Forschung im im Rahmen Rahmen der<br />

der<br />

teleologischen teleologischen Perspektive<br />

Perspektive<br />

Gehört Gehört Gehört die die die teleologische teleologische teleologische Perspektive Perspektive Perspektive in in in den den den Bereich Bereich Bereich der der<br />

Naturwissenschaft?<br />

Naturwissenschaft?<br />

Wer einmal eine teleologische Perspektive für die Ursprungsfrage eingenommen hat, fragt sich natürlich, von<br />

welcher Warte aus er die Welt betrachtet, auf welchem Gelände er steht. Befindet er sich im Bereich der<br />

Naturwissenschaften, <strong>oder</strong> – wie Manns (2007) meint – ist ID tatsächlich „[n]ichts als Religion“?<br />

Die Die Die designerunabhängige designerunabhängige designerunabhängige teleologische teleologische teleologische Perspektive<br />

Perspektive<br />

Perspektive<br />

Das sogenannte Demarkationsproblem <strong>oder</strong> Abgrenzungsproblem stellt einen großen Arbeitsbereich der<br />

Wissenschaftstheorie dar: Wie kann man wissenschaftliche Gedankengebäude von nicht-wissenschaftlichen<br />

unterscheiden? Wie pseudo-wissenschaftliche von echt-wissenschaftlichen?<br />

Dass diese Diskussion im Bezug auf die teleologische Perspektive zu einem Streitthema wurde, hängt in meinen<br />

Augen vor allem mit zwei Punkten zusammen: Sowohl die Behauptung, es gäbe einen positiv begründeten Schluss<br />

auf <strong>Design</strong>, als auch die These, die teleologische Perspektive sei eine naturwissenschaftliche Theorie im Sinne der<br />

erweiterten Synthetischen Evolutionstheorie (Kutschera 2006) haben zu einer Abwehrreaktion unter Philosophen<br />

geführt, die eigentlich nicht verwunderlich ist. Der erste Punkt musste sich zum Reizthema entwickeln, weil<br />

positive Indizien für <strong>Design</strong> generell nicht designerunabhängig möglich sind (<strong>Heilig</strong> 2008a). Sobald eine<br />

Argumentation jedoch direkten Bezug auf einen <strong>Design</strong>er nimmt, rückt dessen Person ins Interesse. Da für<br />

manche Ereignisse (etwa Entstehung des Universums) beispielsweise nur übernatürliche potentielle <strong>Design</strong>er in<br />

Frage kommen, ist es nicht weiter verwunderlich, dass es für Irritationen sorgte, als diese Elemente in die<br />

wissenschaftliche Modellbildung mit eingeführt werden sollten. Auf der anderen Seite jedoch diese Gedanken als<br />

naturwissenschaftliche Theorien mit transsubjektivem Geltungsanspruch auszuweisen kam ( wenn von ID-Seite<br />

auch immer vermieden wurde, das so auszudrücken) dem Anspruch gleich, objektiv diese speziellen <strong>Design</strong>er-<br />

Vorstellungen nachgewiesen zu haben. Kritik an einem solchen Vorgehen – welche in großem Maße berechtigt<br />

ist, wie ich finde, soll an dieser Stelle nicht aufgegriffen werden. Das ist Aufgabe derjenigen Vertreter der<br />

teleologischen Perspektive, welche diese über die kritisierten Elemente definieren, also davon ausgehen,<br />

„Intelligent <strong>Design</strong>“ würde positive Erwartungen formulieren usw. Siehe beispielsweise Meyer 2000 für eine<br />

Diskussion der Demarkationskriterien unter diesen Voraussetzungen).<br />

Die hier vorgestellte teleologische Perspektive ist per Definition weitaus unproblematischer und die allermeiste<br />

Kritik am konventionellen ID-Konzept wird dadurch hinfällig. Die Aussage, der Schluss auf intelligentes <strong>Design</strong><br />

im Sinne der teleologischen Perspektive, verletze beispielsweise den methodischen Naturalismus, sei einer<br />

naturwissenschaftlichen Evaluierung nicht zugänglich usw. entfallen: Teleologisten können nur negativ<br />

argumentieren. Damit argumentieren sie aber auch definitionsgemäß designerunabhängig: Es werden die<br />

ateleologischen Mechanismen dieser Welt evaluiert, die naturwissenschaftlich zugänglich sind, und nicht ein<br />

<strong>Design</strong>er, der – möglicher- aber nicht notwendigerweise – naturwissenschaftlich nicht fassbare Elemente enthält.<br />

Gutmann & Warnecke (2006) weisen in einer überzeugenden Kritik nach, dass es letztendlich kein Argument<br />

„für“ intelligentes <strong>Design</strong> gibt und Argumente, wie das IC-Argument lediglich vorgeschlagene ateleologische<br />

Erklärungen widerlegen können, nicht jedoch Teleologie ins Spiel bringen (vgl. ANHANG I). Sie schreiben (S.<br />

281f.):<br />

„[D]er Diskurs […][nimmt] die Form einer einfachen Folge von ‚Aussage und Aussage-Bestreitung‘ an. In dieser<br />

Form ist der Diskurs zwar im besten Sinne wissenschaftlich, er ist aber gerade deshalb grundsätzlich<br />

unabschließbar. Methodologisch ist für uns hier zunächst nur bedeutsam, daß der Verteidiger des ID lediglich in<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

65<br />

Opponenten-Haltung fungiert: D. h. er bestreitet – im Einzelfall zu Recht <strong>oder</strong> zu Unrecht – die Triftigkeit einer<br />

bestimmten Beantwortung einer empirischen Frage. Er fungiert also innerhalb eines wissenschaftlichen Diskurses,<br />

so daß schon hier grundsätzlich ausgeschlossen werden kann, daß aus der Zurückweisung mehr zu gewinnen ist als die<br />

Revision einer Erklärung. Solange aus diesem Patt keine weiteren Schlüsse gezogen werden, ergibt sich weder eine<br />

Rückweisung noch eine Einbeziehung der Frage nach einem <strong>Design</strong>er – <strong>oder</strong> Gott; beide Ausdrücke treten<br />

innerhalb wissenschaftlicher Semantik einfach nicht auf.“<br />

Evolutionskritik ist wissenschaftlich. Der Punkt ist nur: Daraus folgt nicht intelligentes <strong>Design</strong>. So lange also ID<br />

wissenschaftlich bleiben will – kann es nicht auf <strong>Design</strong> schließen, so Gutmann & Warnecke. Nur weil eine<br />

Erklärung – durchaus auch mal berechtigt – zurückgewiesen würde, würde daraus ja nicht folgen, die in Frage<br />

stehende Struktur sei unerklärbar. Das wäre die von mir bezweifelte Option des Negativbeweises. Bis zu diesem<br />

Punkt besteht also absolute Übereinstimmung zwischen meinen Ausführungen und denen von Gutmann &<br />

Warnecke. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass ich dafür argumentiere, dass methodische Gründe dafür<br />

angeführt werden können, weshalb man die teleologische Perspektive als eine Art Nullhypothese betrachten<br />

könnte, die berechtigt ist, so lange sie nicht widerlegt ist. Damit könnte die geglückte „Aussage-Bestreitung“<br />

tatsächlich zu einem „Schluss auf intelligentes <strong>Design</strong>“ führen. Auch wenn es sich dabei nicht um einen<br />

progressiven Schritt handelt, sondern mehr um eine Rechtfertigung für das konservative Beharren auf dem ID-<br />

Ansatz. Wenn also die „Wissenschaftlichkeit“ des ID-Ansatzes bestritten werden soll, wird dies darauf<br />

hinauslaufen, die Annahme einer teleologischen Perspektive als Nullhypothese in Frage zu stellen.<br />

Kritik aber, wie etwa der methodische Naturalismus würde von Vertretern einer teleologischen Perspektive nicht<br />

gewahrt, ist im Rahmen der hier vorgestellten Konzeption verfehlt, da die Arbeitsweise sich immer nur auf die<br />

vorgeschlagenen ateleologischen Erklärungsversuche bezieht.<br />

Was Was eigentlich eigentlich auf auf Wissenschaftlichkeit Wissenschaftlichkeit hin hin geprüft geprüft werden werden muss<br />

muss<br />

So sehr die Begründung einer teleologischen Perspektive auch empirisch verankert ist, so unbedeutend ist dies für<br />

die Ursprungsfrage: Wir wollen schließlich nicht nur wissen, dass es angesichts der Datenlage noch immer legitim<br />

ist, die Welt teleologisch zu interpretieren. Wir wollen genau diese Interpretationen vorgelegt bekommen. Die<br />

eigentlich entscheidenden wissenschaftstheoretischen Anfragen werden sich daher an die einzelnen SD-Modelle zu<br />

richten haben. Kann ein biblisch-begründetes Kurzzeitmodell (Junker 2005) beispielsweise naturwissenschaftlich<br />

überprüfbare Rahmenbedingungen ableiten? Kann es ein produktives Forschungsprogramm generieren? Was ist<br />

mit anderen christlichen SD-Modellen? Jedes SD-Modell muss für sich geprüft werden – sowohl im<br />

wissenschaftstheoretischen, als auch im empirischen Sinn. Generelle Klassifizierungen (auf der Ebene von ID,<br />

ohne eine genauere Betrachtung der einzelnen SD-Modelle) sind hier nicht möglich, weil eine ganz wichtige<br />

Komponente bei dieser Prüfung durch den im Einzelfall postulierten <strong>Design</strong>er und seine Natur gestellt wird.<br />

Wissenschaftstheoretische Betrachtungen, die vom intelligenten Agenten ausgehen, sind bisher eine Seltenheit<br />

und bieten noch viele Möglichkeiten für zukünftige Diskussionen. Eine Ausnahme stellt das Buch von Del Ratzsch<br />

(2001) dar, das die Frage nach der Legitimität übernatürlicher <strong>Design</strong>-Konzepte stellt. Sind SD-Modelle, deren<br />

<strong>Design</strong>er nicht innersystemlich sind, anders als etwa bei der „gerichteten Panspermie“, von vorneherein<br />

„unwissenschaftlich“? Ratsch (2001) weist nach, dass dies nicht der Fall ist und SD-Modelle mit übernatürlichem<br />

<strong>Design</strong>er durchaus ihre Legitimation haben könnten. Wie gesagt: Die Argumentation muss hier für den<br />

individuellen Fall erfolgen und kann schon deswegen nicht in diesem Aufsatz geliefert werden, der lediglich einen<br />

groben Überblick über die Diskussion zur Ursprungsfrage geben möchte und kann. Wenn lediglich individuell<br />

argumentiert und evaluiert werden kann, ist damit aber auch klar, dass Kritik an der teleologischen Perspektive,<br />

welche sie verallgemeinernd als „unwissenschaftlich“ ausweisen will, nicht gerechtfertigt ist.<br />

Weltanschauliche Weltanschauliche Motivationen Motivationen und und Implikationen<br />

Implikationen<br />

Wie im dritten Teil des Aufsatzes gezeigt, ist der Schluss auf intelligentes <strong>Design</strong> nicht transsubjektiv begründbar,<br />

da er durch Faktoren beeinflusst wird, die eben genau auf das Individuum zurückgehen. Hat ein Gedankengebäude,


dessen Akzeptanz derart von nicht-objektivierbaren Parametern bestimmt wird, überhaupt einen Platz im<br />

Rahmen der Naturwissenschaften? Wenn ID schon keine Religion ist und nicht auf Offenbarungen angewiesen ist,<br />

also nicht das als Schlussfolgerung aufweist, was bereits weltanschaulich vorausgesetzt wird 36 , was ist dann davon<br />

zu halten, dass Religion durchaus ein Faktor sein kann, welcher den Schluss auf <strong>Design</strong> fördert? Und was ist davon<br />

zu halten, dass der Schluss auf <strong>Design</strong> auch metaphysische Implikationen hat? Schließlich scheint ein intelligentes<br />

<strong>Design</strong> einen Gott doch zumindest nahezulegen, wenn auch nicht zu beweisen?<br />

Der Der Der Urknall Urknall<br />

Urknall<br />

Ich möchte auf diesen Themenkomplex eingehen, indem ich einen meines Erachtens ähnlich gelagerten Fall<br />

diskutiere: Die Uhrknalltheorie. Diese Theorie wurde nicht umsonst von einem römisch-katholischen Priester aus<br />

Belgien begründet: Georges Lemaître. Und schon 1951 akzeptierte sie die Päpstliche Akademie der Wissenschaften,<br />

während noch viele Wissenschafts-Kollegen Lemaîtres die Theorie ablehnten – und das nicht etwa aus<br />

wissenschaftlichen Gründen. Wie diese Situation zu Stande kommen konnte, wird vielleicht klar, wenn man das<br />

folgende Zitat des Nobelpreisträgers Penzias (1978) bedenkt:<br />

„The best data we have [concerning the Big Bang] are exactly what I would have predicted, had I nothing to go on<br />

but the five books of Moses, the Psalms, the bible as a whole.“<br />

Die Vorstellung eines abrupten Anfangs der Welt, aus dem Nichts heraus, erinnerte einfach zu sehr an eine<br />

Schöpfung „ex nihilo“, wie sie die jüdisch-christliche Tradition überliefert hat. Der frühere Herausgeber der<br />

Wissenschaftszeitschrift Nature, John Maddox (1989) bezeichnete den Urknall als „philosophically unacceptable“,<br />

weil er einen letztendlichen Ursprung unserer Welt impliziere und Kreationisten damit jede Rechtfertigung für<br />

ihre Überzeugungen verschaffen würde. Maddox steht hier in einer langen Tradition, wonach sich ein plötzlicher<br />

Anfang unserer Welt und eine materialistische Weltsicht nicht gut vertragen. Schon Friedrich Engels (1910, 14)<br />

hatte gefragt:<br />

„Hat Gott die Welt erschaffen, <strong>oder</strong> ist die Welt von Ewigkeit da? Je nachdem diese Frage so <strong>oder</strong> so beantwortet<br />

wurde, spalten sich die Philosophen in zwei große Lager. Diejenigen, die die Ursprünglichkeit des Geistes<br />

gegenüber der Natur behaupteten, also in letzter Instanz eine Weltschöpfung irgendeiner Art annahmen,<br />

[...]bildeten das Lager des Idealismus. Die anderen, die die Natur als das Ursprüngliche ansahen, gehören zu den<br />

verschiedenen Schulen des Materialismus.“<br />

Und auch Hawking (2000, 62) kann Maddox’ Unbehagen nachvollziehen:<br />

„Vielen Menschen gefällt die Vorstellung nicht, dass die Zeit einen Anfang hat, wahrscheinlich weil sie allzu sehr<br />

nach göttlichem Eingriff schmeckt.“<br />

Und Sir Arthur Eddington, der allerdings Quäker war, (1931, 450) gesteht (zitiert nach Lennox 2006, 56):<br />

„Philosophisch ist der Begriff von einem Anfang der gegenwärtigen Ordnung der Natur abstoßend. [...]Ich würde<br />

gern ein wirkliches Hintertürchen finden.“<br />

Wie bei ID war auch im Falle der Urknalltheorie die Motivation derjenigen Wissenschaftler, welche anfangs diese<br />

Theorie vertraten, eindeutig religiöser Natur und die durch die Theorie nahegelegten Implikationen ebenso.<br />

Dennoch setzte sich die Theorie im Laufe der Jahrzehnte innerhalb der Wissenschaftsgemeinde durch, weil klar<br />

wurde, dass sie weder eine bestimmte religiöse Auffassung forderte, noch sich diese aus der Annahme des<br />

Wahrseins dieser Theorie zwingend ergab. Dabei hatte Maddox in seinem Artikel noch prophezeit, die Theorie<br />

würde das nächste Jahrzehnt nicht überleben. Sie tat es jedoch und ging gestärkt aus all den Jahren hervor und<br />

36 Vorausgesetzt wird nur der potentielle <strong>Design</strong>er, nicht der <strong>Design</strong>-Vorgang. Ob es zu diesem kam <strong>oder</strong> nicht, hängt wie<br />

gesagt auch von einer empirischen Komponente ab: Sind wir in einer MAI-Situation? Die teleologische Perspektive ist daher<br />

durchaus empirisch verankert.<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

67<br />

gewann immer mehr Unterstützung. Auch von Wissenschaftlern, die keine Theisten waren. Diese<br />

Wissenschaftler, welche die von der Theorie favorisierte weltanschauliche Position nicht vertraten, entwickelten<br />

Zusatzhypothesen, welche die Implikationen der Theorie abschwächen sollten. Schmidt-Salomon (2005)<br />

erwiderte in einer Diskussion mit William Lane Craig, welcher die Position eines intentionalen Ursprungs des<br />

Universums vertrat:<br />

„Craig meint, dass das Universum eine Erstursache haben müsse, die größer sei als das Universum selbst. Diesen<br />

kreativen Ursprung nennt er Gott. Natürlich kann er das Problem der Erstverursachung durch diesen Kniff nicht<br />

lösen, er verlagert es bloß um eine Stelle nach hinten. Eigentlich müsste man jetzt fragen: Was ist der Ursprung<br />

Gottes? Diese Frage aber hält Dr. Craig für unzulässig, da er Gott als ein ewiges Wesen definiert, das in sich selbst<br />

seine Ursache habe. Was Craig auf diese Weise ‘Gott’ zubilligt, könnte man natürlich ebenso gut für das<br />

Universum einklagen. Auch das Universum könnte als ewig existent und in sich selbst begründet definiert<br />

werden. Um dieses elegante Argument abzuwenden, behauptet Craig, dass die Theorie des Urknalls dem Postulat<br />

eines ewig seienden, aus sich selbst entstandenen Universums widersprechen würde. Hier jedoch irrt er gewaltig!<br />

Die Mehrheit der Forscher geht heute nämlich davon aus, dass vor dem sogenannten Urknall ein möglicherweise<br />

ewig existentes Vakuum vorherrschte, dessen Energiefluktuationen zu jenem inflationären Ereignis führten, das<br />

wir heute als Big Bang beschreiben. Das heißt: Auch wenn wir den Urknall als Auslöser der Entstehung des uns<br />

bekannten Kosmos begreifen können, so war er doch keinesfalls ein Anfang ohne entsprechende physikalische<br />

Voraussetzungen. Ein göttlicher Erstverursacher zur Erklärung des Urknalls ist also keineswegs vonnöten.“<br />

Durch diese Zusatzannahme werden die weltanschaulichen Implikationen des Urknalls (auf den ersten Blick)<br />

abgeschwächt und der Schöpfungsgedanke drängt sich nicht mehr gar so penetrant auf. Selbstverständlich kann<br />

darüber gestritten werden, inwiefern diese Zusatzannahmen ihren Zweck erfüllen, <strong>oder</strong> sie das Problem, dessen<br />

Existenz so eindringlich auf einen Schöpfungsakt hindeutet, nur weiter zurückdrängen, aber nicht lösen. Es kann<br />

beispielsweise darauf hingewiesen werden, dass nun die Existenz und das Zustandekommen des Quanten-<br />

Vakuums erklärt werden müsste. Einer Erklärung für eine naturalistische Entstehung von „etwas“ aus „nichts“ sei<br />

man also noch kein Stückchen näher gekommen. So schreibt Lennox (2006, 60):<br />

„Der Ausdruck ‘Quantenvakuum’ kann für jemanden, der mit der Terminologie der Physik vertraut ist,<br />

irreführend sein. Denn das Wort ‘Vakuum’ vermittelt gewöhnlich die Vorstellung, dass überhaupt nichts da ist.<br />

Ein Quantenvakuum ist ein Begriff, den Physiker für ein Quantenfeld in seinem Grund- <strong>oder</strong> niedrigsten<br />

Energiezustand verwenden. Es ist also sicherlich nicht ‘nichts’. Damit sich ein Feld in seinem Grundzustand<br />

befinden kann, muss es eindeutig zuerst mit seinen Masse-, Energie- u.ä. Eigenschaften da sein.“<br />

Die angebotene Lösung des Dilemmas stellt sich also lediglich als eine Ausflucht heraus, die es um einen Schritt<br />

weiter in die Ferne rücken lässt. Auch im Rahmen des ID-Konzepts gibt es die Möglichkeit, die metaphysischen<br />

Implikationen zu umgehen, wenn ein innersystemlicher <strong>Design</strong>er angenommen wird. Doch ebenfalls hier lässt<br />

sich dieselbe Gegenkritik formulieren, was die außergewöhnliche Analogie zwischen Urknalltheorie und<br />

Intelligent <strong>Design</strong> weiterhin stärkt: Auch die Aliens erklären letztendlich nicht, wie „Leben“ ateleologisch<br />

entstehen konnte. Sie erklären zwar unser Leben, bedürfen aber ja selbst wiederum eine Erklärung. Um nicht in<br />

einen unendlichen Regress zu verfallen, müsste angenommen werden, dass die Entstehungsbedingungen für<br />

Leben irgendwo im Kosmos günstiger sind, als auf unserer Erde. Da es eine Tendenz in der Physik zu geben<br />

scheint, physikalische Gesetze nicht mehr als unveränderliche und absolute Faktoren, die immer und überall im<br />

Universum gleich wirken, zu geben scheint, könnte sich in dieser Entwicklung das „Hintertürchen“ verstecken,<br />

das sich Eddington für den Beginn des Universums wünschte, denn „what we long regarded as absolute and<br />

universal laws might not be truly fundamental at all, but more like local bylaws. They could vary from place to<br />

place on a mega-cosmic scale“ (Davies 2007).<br />

Die Die So Sonderstellung So nderstellung der Ursprungsfrage


Gutmann & Warnecke (2009) meinen:<br />

„Wir erörterten folglich, ob die sogenannte ‚Theorie’ des ID eine wissenschaftliche Alternative zu konkreten<br />

evolutionsbiologischen Ansätzen darstellt (innerwissenschaftliche Konkurrenz) – <strong>oder</strong> aber einfach ‚nur’ einen<br />

komplementären Ansatz zur wissenschaftlichen Evolutionsbiologie per se (Konkurrenz zur wissenschaftlichen<br />

Erforschung der evolutionären Veränderung des Lebendigen). Dies ist ein methodologisches Herangehen<br />

insofern, als es uns eben nicht darum ging zu belegen, dass ‚die ID-Theorie’ faktisch falsche (<strong>oder</strong> falsche faktische)<br />

Aussagen über die Entstehung und Veränderung von Lebewesen liefert (ein empirisches Unterfangen, ggf. von<br />

Biologen und Paläontologen zu besorgen), sondern wir vielmehr darlegen wollten, dass sie keine Ergebnisse<br />

liefert, für die das Prädikat ‚wissenschaftlich’ beansprucht werden kann.“ (Hervorhebungen im Original)<br />

Die teleologische Perspektive stellt sicher keine „Alternative“ zu neodarwinistischen Evolutionstheorien dar –<br />

ganz einfach, weil sie auf einer übergeordneten Ebene anzusiedeln ist. Vielmehr ist sie direkt mit der<br />

ateleologischen Perspektive vergleichbar. Es ist richtig, dass die teleologische Ursprungsicht in einem hohen Maß<br />

durch außerwissenschaftliche Voraussetzungen aus dem Bereich der Meta-Physik bestimmt ist. Dasselbe gilt<br />

jedoch auch für eine ateleologische Perspektive, wird diese in einer MAI-Situation beibehalten. Die Absenz der<br />

fehlenden Transsubjektivität ist kein Merkmal der teleologischen Perspektive – es kommt ebenso bei deren<br />

Antagonisten vor, da ein philosophischer Atheismus auch nicht objektiv vorausgesetzt werden kann, wie ein<br />

übernatürlicher potentieller <strong>Design</strong>er. Es scheint also eine immanente Eigenschaft der Ursprungsfrage selbst zu<br />

sein, dass szientistische Versuche ihrer objektiven Beantwortung, letztendlich scheitern müssen. Die<br />

Ursprungsfrage – auch in der Kosmologie und Biologie – ist nicht ohne weltanschaulichen „Input“ zu<br />

beantworten, sie ist eingewoben in ein Fragengeflecht, das über die engen Grenzen der Naturwissenschaft<br />

hinausgeht. Die ateleologische Perspektive ist im selben Maße weltanschaulich, wie die teleologische Weltsicht.<br />

Sicherlich sollten in unseren Schulen im Naturwissenschafts-Unterricht die besten naturwissenschaftlichen<br />

Theorien gelehrt werden, die momentan existieren – natürlich auch zur Ursprungsfrage. Und wenn diese zum<br />

momentanen Zeitpunkt nun einmal ateleologisch sind, so wird damit niemandem Unrecht getan.<br />

Sensibel sollten wir jedoch sein, wo nicht nur ateleologische Erklärungsmodelle und ihre Reichweite besprochen<br />

werden, sondern die ateleologische Perspektive selbst vermittelt wird. Das wäre so wenig naturwissenschaftlich,<br />

wie es stattdessen unfair wäre.<br />

Wer die teleologische Perspektive (wohlgemerkt nicht automatisch alle SD-Modelle, die aus ihr folgen) aufgrund<br />

der weltanschaulichen Elemente und der fehlenden Transsubjektiv gerne aus dem Bereich der Naturwissenschaft<br />

ausgliedern und zu dem der Geisteswissenschaften stellen möchte, kann dies tun. Er sollte dabei aber nicht<br />

vergessen, dass er damit auch die ateleologische Perspektive (nicht notwendigerweise alle ateleologischen<br />

Erklärungsversuche) und Ansätze wie die Urknalltheorie in dieselbe Position verweist.<br />

Zum Zum wissenschaftstheoretischen wissenschaftstheoretischen Format Format der der teleologischen teleologischen Perspektive<br />

Perspektive<br />

Die teleologische Perspektive ist keine naturwissenschaftliche Theorie – darauf wurde bereits im ersten Teil<br />

dieses Aufsatzes hingewiesen. Problematisch ist dabei weniger die Feststellung der Naturwissenschaftlichkeit,<br />

sondern vielmehr der Anspruch eine erklärende „Theorie“ zu liefern, welche als Alternative zu den momentan<br />

gängigen ateleologischen Erklärungsansätzen vertreten werden könnte. Wenn ID keine „Theorie“ ist, sondern nur<br />

einen Rahmen für SD-Modelle bietet, welche diesen Namen verdienen könnten, wie sollte man die teleologische<br />

Perspektive dann klassifizieren? Welches Format nimmt die teleologische Perspektive im Bezug auf die<br />

Naturwissenschaften ein?<br />

Collins (2006a) spricht in diesem Zusammenhang von ID als einer meta-wissenschaftlichen („meta-scientific“)<br />

Hypothese im Kontrast zu einer rein naturwissenschaftlichen. Dies sei ID zumindest dann nicht, wenn man an<br />

eine naturwissenschaftliche Erklärung die Anforderung stellen würde, sie sollte eine „scientifically explicable<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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explanation of natural phenomena“ liefern. Meta-naturwissenschaftliche Hypothesen sind nach Collins auch<br />

Darwins 37 und Freuds Gedankengebäude. Collins vergleicht die meta-naturwissenschaftliche Hypothese mit dem,<br />

was der Wissenschaftsphilosoph Imre Lakatos (1974) den „harten Kern“ eines Forschungsprogramms nennt.<br />

Dieser harte Kern ist nach Lakatos „never directly tested or involved in explanation and prediction [is], but rather<br />

serves to suggest various lower-level hypotheses that are testable and that can be used in explanation and<br />

prediction.“<br />

Die Bezeichnung der „meta-wissenschaftlichen Hypothese“ hat ihre Vorteile: Sie weist auf den besonderen<br />

Charakter der ateleologischen und teleologischen Perspektive hin, unterstreicht aber dennoch deren empirischnaturwissenschaftlichen<br />

Bezug.<br />

Meta-naturwissenschaftliche Hypothesen müssen sich laut Collins daran messen lassen, ob sie sich eignen,<br />

naturwissenschaftliche Forschung anzuregen. Im Fall der teleologischen Perspektive heißt das also, dass die Frage<br />

gestellt werden muss, ob es gelingt, schlüssige und heuristisch fruchtbare SD-Modelle zu entwerfen<br />

beziehungsweise sich andere naturwissenschaftlich beantwortbare Fragestellungen geben. Mögliche<br />

Forschungsrichtungen im Rahmen der teleologischen Perspektive sollen im Folgenden besprochen werden.<br />

Forschungsinhalte<br />

Forschungsinhalte<br />

Evolutionsforschung<br />

Evolutionsforschung Evolutionsforschung – The The The Edge Edge Edge of of of Evolution Evolution<br />

Evolution<br />

Eine teleologische Perspektive einzunehmen, würde nicht dem Verzicht auf Evolutions-Forschung gleichkommen.<br />

Das exakte Gegenteil ist der Fall: Im Sinne einer negativen Argumentation fordert die teleologische Perspektive ja<br />

gerade die Frage nach den Grenzen ( und damit nach den Reichweiten!) ateleologischer Erklärungsansätze: Das<br />

Buch von Behe (2007) heißt nicht umsonst „The Edge of Evolution“: Variationsvorgänge in der Natur werden<br />

nicht geleugnet, es wird lediglich festgestellt, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht die Gesamtheit der<br />

biologischen Komplexität erklären können. Für viele Evolutionsbiologen scheint das jedoch – <strong>oder</strong> zumindest die<br />

Überzeugung, dass diese Komplexität zumindest prinzipiell auf ateleologische Prozesse zurückgeführt werden<br />

kann, auch wenn diese vielleicht noch nicht entdeckt sind – jedoch eine Art Voraussetzung für ihre Arbeit zu sein.<br />

Sie arbeiten in diesem Sinne „top-down“: Obwohl noch nicht einmal die grundlegenden Mechanismen einer<br />

ateleologischen Makroevolution bekannt sind, wird schon wild im Einzelfall spekuliert (vgl. Pallen & Matzke<br />

2006). „ID-Evolutionsbiologie“ hingegen arbeitet genau entgegengesetzt: Was ist bereits ateleologisch erklärbar?<br />

Wie können wir damit konkrete Einzelphänomene erklären und wie weit lässt sich diese Grenze der Evolution,<br />

diese Grenze des Ateleologischen ausweiten? Möglicherweise soweit, dass am Ende tatsächlich keine<br />

Notwendigkeit besteht, sich auf eine intelligente Ursache zu beziehen – doch bis dahin wird „bottom-up“<br />

geforscht.<br />

Der Der breitere breitere Rahmen und die die Modellbildung<br />

Die teleologische Perspektive „erlaubt“ mehr Phänomenen die Existenz, als die ateleologische Perspektive: Die<br />

denkbaren Ursachen aus dem ersten Bereich sind schlichtweg vielfältiger (und teilweise mächtiger), als die des<br />

zweiten. Generell ist vieles – wenn nicht alles – im Rahmen einer teleologischen Perspektive möglich. Damit ein<br />

solches Phänomen aber auch zu erwarten ist, muss es zur SD-Modellbildung kommen: Ein spezifischer <strong>Design</strong>er –<br />

<strong>oder</strong> zumindest bestimmte Rahmenbedingungen und Eigenschaften – werden benannt und aus ihnen<br />

überprüfbare Erwartungen abgeleitet. Das können wie gesagt Erwartungen sein, die im ateleologischen Rahmen<br />

eigentlich nicht möglich sind. Wichtig ist hier: Dass Strukturen gefunden werden, die sich einer ateleologischen<br />

Erklärung entziehen, kann eine teleologische Perspektive rechtfertigen. Aber damit ist die Arbeit nicht getan: In<br />

37 Während die ateleologische Perspektive die Bezeichnung als „metascientific“ im selben Maß verdient, wie die<br />

ateleologische Perspektive, halte ich diese Bezeichnung für Darwins konkreten Erklärungsversuch für unangebracht: Darwin<br />

legte durchaus eine erklärende Theorie vor.


einem Folgeschritt muss nach spezifischen Erklärungen für das Phänomen gesucht werden, müssen spezifische<br />

Modelle präsentiert werden, die das Auftreten der besagten Strukturen vermuten lassen. Collins (2006b) meint<br />

zur meta-naturwissenschaftlichen Hypothese :<br />

„Such an hypothesis can influence science by affecting how we think the world is likely to be structured. Taking<br />

seriously the possibility of design opens science up to investigate, instead of simply dismissing, various hypotheses<br />

about the nature of the physical world that postulate ‘designlike’ patterns at a fundamental level.“<br />

Die teleologische Perspektive eröffnet Möglichkeiten, doch damit ist es nicht getan. Es gilt, SD-Modelle zu<br />

entwerfen, die diese erwarten und erklären.<br />

Potentielle Potentielle Potentielle Komplexität<br />

Komplexität<br />

Komplexität<br />

Beispielhaft möchte ich das „designlike“ Beispiel der „potentiellen Komplexität“ (Junker & Rammerstorfer 2005)<br />

erwähnen, demnach die Lebewesen mit einem genetischen Potential ausgestattet sind, das ihnen in zukünftigen<br />

Situationen nützlich sein könnte. Eine extreme Form dieses Merkmals wäre in einem ateleologischen Rahmen<br />

schlichtweg nicht zu erwarten, weil ateleologische Prozesse per Definition nicht zukunftsorientiert sind. Diesen<br />

Fehler beging Christian Schwabe (s.o.) der laut George (1984) behauptet, „in der Ursuppe [seien][...]sämtliche<br />

theoretisch möglichen genetischen DNS-Strukturen entstanden, und es hätten somit bereits potentiell nützliche<br />

Bauanleitungen für alle jemals entstandenen und künftigen Lebensformen vorgelegen“. Danach, so Schwabe, sei es<br />

nur noch zu einem Ausselektieren der weniger variablen Stränge gekommen. Ausgestorbene Tiergruppen hatten<br />

einfach keine noch nicht verwirklichte Information in sich. Die Trilobiten und Saurier „starben aus, weil das<br />

genetische Programm, das sie einmal auf den langen Entwicklungsweg mitbekommen hatten, erschöpft war“.<br />

Schwabes Kollegen halten denkbar wenig von dieser „Genomic Potential Hypothesis“, welche im ateleologischen<br />

Rahmen schlichtweg keinen Sinn ergibt. Die von Schwabe geforderte Menge an Information, welche noch in der<br />

Ursuppe entstanden sein soll, sprengt jeden vernünftigen Rahmen. Dementsprechend harsch war die Rezeption<br />

unter Schwabes Fachkollegen (vgl. Korthof 2002). Vom teleologischen Standpunkt aus, könnte ein solches<br />

Szenario hingegen plausibel sein. Im Rahmen von ID gibt es Erklärungen, welche solche extreme potentielle<br />

Komplexität erklären könnten. So prägt beispielsweise Gene (2007) den Begriff des „frontloadings“ für einen<br />

Evolutionsverlauf, der lediglich auf der Ausprägung bereits früher injizierter Information beruht. Er liefert also<br />

eine <strong>Design</strong>-Methode, welche potentielle Komplexität erwarten lässt. Diese könnte beispielsweise im spezifischen<br />

Kontext der „gerichteten Panspermie“ eingebaut werden, wodurch ein schon recht vollständiges SD-Modell<br />

gebildet würde.<br />

Luxusstrukturen, Luxusstrukturen, Verspielte Verspielte Verspielte und und Detaillierte Detaillierte Detaillierte Komplexität<br />

Komplexität<br />

Die in der Überschrift genannten Begriffe bezeichnen allesamt Strukturen, die unter dem Aspekt der bloßen<br />

Zweckmäßigkeit bisher nicht zu verstehen sind. Sie weisen Elemente auf, die für ateleologische Erklärungsansätze<br />

nur schwer zu begründen sind und stellen damit ein negatives Argument dar. Auf der anderen Seite kann im<br />

Rahmen der Spezialisierung des <strong>Design</strong>ers gefragt werden, ob der jeweils postulierte solche Strukturen erwarten<br />

lässt. Ein Außerirdischer, der lediglich daran interessiert ist, seine Gene möglichst effektiv zu verbreiten, würde<br />

rein ästhetische, aber im Sinne des Fortpflanzungserfolgs „zwecklose“ Strukturen beispielsweise nicht erwarten<br />

lassen. Gerade im Bereich der Botanik finden sich viele „gewitzte“ Strukturen, die viel komplizierter sind, als ihr<br />

Zweck es erfordern sollte (Junker & Wiskin 2002). Und viele Tarnungs-Strukturen der Lebewesen (etwa beim<br />

Wandelnden Blatt) sind viel „perfekter“ und detailgetreuer – ästhetischer – als man es auf der Basis von<br />

Anpassungsvorgängen erwarten könnte (<strong>Heilig</strong> 2008b). Solche Strukturen sind nicht nur evolutionskritische<br />

Argumente, sie liefern auch wichtige Elemente für die SD-Modellbildung. Junker (2008) spezifiziert den <strong>Design</strong>er<br />

beispielsweise als übernatürlich und menschenähnlich und leitet daraus die Erwartung solcher Strukturen ab.<br />

Umso mehr ergeben diese Strukturen in SD-Vorstellungen Sinn, die den <strong>Design</strong>er mit dem Gott der Bibel in<br />

Verbindung bringen: Passen sie nicht gut zu einem Gott, der nicht nur an die Verbreitung unserer Gene denkt,<br />

sondern seine Geschöpfe im „Überfluss“ beschenkt (vgl. Sacharja 1, 17; Joel 2, 24; 5. Mose 28,11; Johannes 15,<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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11)? Und wenn Jesus laut Lukas 12, 27 über die Lilien sagt, „[a]uch Salomo in aller seiner Herrlichkeit [ist] nicht<br />

gekleidet gewesen […] wie eine von ihnen“, unterstreicht er diesen Eindruck.<br />

Die SD-Modellbildung kann durchaus auch außerwissenschaftliche Wege gehen, so lange am Ende prüfbare<br />

Erwartungen bezüglich der biologischen Realität stehen (Laudan 1996, 210-230).<br />

Eine Eine Eine „Generaltheorie“ „Generaltheorie“ „Generaltheorie“ intelligenten intelligenten intelligenten <strong>Design</strong>s <strong>Design</strong>s? <strong>Design</strong>s <strong>Design</strong>s<br />

Das Konzept der SD-Modelle entstand ursprünglich als Reaktion auf einen Vorschlag von Rammerstorfer (2006b,<br />

119ff.), der die sogenannte „GTID“ (Generaltheorie Intelligenten <strong>Design</strong>s) zum Inhalt hat (vgl. <strong>Heilig</strong> 2008a).<br />

Wie auch das SD-Konzept ist auch Rammerstorfers Vorschlag durch die Erkenntnis motiviert, dass es zum<br />

momentanen Zeitpunkt keine „<strong>Design</strong>-Theorie“ gibt, welche testbare Voraussetzungen macht, die sich direkt aus<br />

ihrem Rahmen ergeben. Selbst der „Vater“ der ID-Bewegung, Philipp Johnson, räumt laut D’Agnostino (2006)<br />

ein:<br />

„I also don’t think that there is really a theory of intelligent design at the present time to propose as a comparable<br />

alternative to the Darwinian theory, which is, whatever errors it might contain, a fully worked out scheme. There<br />

is no intelligent design theory that’s comparable.“<br />

Daher sei es auch nicht sinnvoll, mit ID in die Schulen drängen zu wollen, es gäbe ganz einfach kein Produkt<br />

anzubieten, das bereit sei für „competition in the educational world“. Eine positive Theorie auszuarbeiten sei eine<br />

noch ausstehende Arbeit. Das sei „the job of the scientific people that we have affiliated with the movement. Some<br />

of them are quite convinced that it’s doable, but that’s for them to prove ...“.<br />

Und auch Nelson (2006) unterstrich die noch anstehende Arbeit, als er sagte:<br />

„Easily, the biggest challenge facing the ID community is to develop a full-fledged theory of biological design. We<br />

don’t have such a theory right now, and that’s a real problem. Without a theory, it’s very hard to know where to<br />

direct your research focus. Right now, we’ve got a bag of powerful intuitions and a handful of notions such as<br />

irreducible complexity and specified complexity, but as yet, no general theory of biological design.“<br />

Rammerstorfer greift dies auf und bestätigt, dass ID das Muster des Lebens 38 nicht erklären würde. Ein Umstand,<br />

der sinngemäß auch schon, Rammerstorfers Ansicht nach berechtigt, von ID-Kritikern festgestellt wurde (vgl.<br />

Korthof 2004, 47). ID suche zwar in diesem Muster des Lebens nach Hinweisen auf Planung, aber ID liefere keine<br />

Erklärung für seine Entstehung und dafür, warum das Muster so sei, wie es eben ist. Diese Problematik läuft laut<br />

Rammerstorfer letztendlich darauf hinaus, dass nach einem „Modus des <strong>Design</strong>s“ gefragt wird, nach einem<br />

einheitlichen Schöpfungsplan. Erste Überlegungen in diese Richtung stammen von ReMine (1993) und Junker<br />

(2002). ReMine und Rammerstorfer sind sich einig, dass eine GTID, welche diesen einheitlichen Plan<br />

identifizieren und daraus Erwartungen ableiten und einem Test unterziehen möchte, „from the data“ her<br />

begründet werden müsste, also auf eine empirische Basis aufgebaut. Eine GTID müsse auf Naturbeobachtungen<br />

beruhen, und nicht wie Schöpfungslehren auf Offenbarungen, also auf angenommenen Eigenschaften eines<br />

spezifischen <strong>Design</strong>ers.<br />

Was ist von der GTID zu halten? Ist sie dem Wettstreit zwischen vielen SD-Modellen vorzuziehen? Ich denke<br />

nicht. Ich denke, dass sie sogar absolut unmöglich ist. Die GTID ist im Grunde der Superlativ der Schwächen des<br />

ID-Konzepts: Während hier noch immer kein Bezug zum <strong>Design</strong>er bestehen darf, sollen positive Erwartungen zu<br />

seinem <strong>Design</strong> formuliert werden. Das konnte ID schon nicht leisten, noch viel weniger wird es GTID können.<br />

38 Laut Rammerstofer (2006, 119): „Das Muster des Lebens: Vom Aufbau auf mikroskopischer und makroskopischer Ebene<br />

bis hin zur Ebene des Verhaltens; die Unterteilung des Lebens in Gruppen und daran geknüpfte Baupläne, die Ähnlichkeiten<br />

und Unterschiede zwischen diesen – und die fossile Überlieferung des Lebens in der Vergangenheit.“


Rammerstorfer räumt das im Prinzip selber ein und verweist auf die Notwendigkeit von SD-Modellen, wenn er<br />

schreibt:<br />

„Im Ganzen wird das auch darauf hinauslaufen, dass man sich über die Intentionen<br />

der planenden Instanz Gedanken macht.“ (S. 120)<br />

So etwas ist weder im Rahmen von ID noch im Paradigma der GTID auch nur im Ansatz möglich. Mit diesem<br />

Zitat widerspricht er sich selbst: Um etwas über die Intentionen aussagen zu können, muss man sich einig sein<br />

über die Person des <strong>Design</strong>ers, seinen Charakter, seine Pläne (wie eben im Rahmen einer <strong>Design</strong>er-Theorie, die<br />

mit SD arbeitet). Das ist innerhalb des ID-Paradigmas schon deswegen unmöglich, weil hier ganz verschiedene<br />

Vorstellungen von der Person des <strong>Design</strong>ers bestehen. Der <strong>Design</strong>er wird dabei sehr häufig mit einer Gottheit<br />

und ihrer entsprechenden Offenbarung identifiziert, ist also ganz extrem von der Weltanschauung und dem<br />

Glauben des Einzelnen abhängig. Das ist das genaue Gegenteil dessen, was Rammerstorfer als Grundlage für eine<br />

GTID fordert.<br />

Von ihrer inneren Widersprüchlichkeit abgesehen, die GTID schon theoretisch unmöglich macht, sehe ich bei ihr<br />

einen weiteren schwerwiegenden – diesmal praktischen – Nachteil gegenüber dem Wettbewerb zwischen<br />

verschiedenen SD-Modellen darin, dass das „Muster des Lebens“ selbst, je nach angenommenem <strong>Design</strong>er, auf<br />

ganz unterschiedliche Art und Weise erklärt werden muss. Während im Rahmen biblisch orientierter<br />

Schöpfungslehren die Ähnlichkeitsverteilung oberhalb der Grundtypenebene nicht durch eine gemeinsame<br />

Abstammung erklärt werden kann und das direkte Werk des <strong>Design</strong>ers sein müssen, schreibt im Gegensatz dazu<br />

Behe (2007), der <strong>Design</strong>er zeichne nur für Unterschiede verantwortlich, Gemeinsamkeiten seien auf Gemeinsame<br />

Abstammung zurückzuführen.<br />

Die Verteilung der Merkmale unter den Lebewesen ist einfach zu sehr mit der jeweiligen <strong>Design</strong>-Methode und<br />

somit mit einem spezifischen <strong>Design</strong>er verbunden, als dass es möglich wäre, hier eine gemeinsame Basis aller ID-<br />

Vertreter zu finden. Noch dazu haben Behe (2007) und Gene (2007) mit ihren Büchern 39 bereits begonnen, ihre<br />

speziellen Vorstellungen zu beschreiben, in welchem Rahmen <strong>Design</strong> ihrer Meinung nach auftritt und im Falle<br />

Behes auch, wie dies in einem größeren Kontext (Kosmologie, Geologie usw.) einzuordnen ist. 40<br />

39 Wissenschaftler wie Fred Hoyle und Francis Crick haben das schon vor Jahrzehnten getan. Allerdings hatten diese auch von<br />

Anfang an ihr ganz spezifisches <strong>Design</strong>-Modell ganz klar benannt. Gerade bei Behes „The Edge of Evolution“ sind die<br />

gemachten <strong>Design</strong>er-Bezüge jedoch deswegen bedeutend, da Behe und Kollegen für gewöhnlich deutlich betonen, dass sie im<br />

Rahmen von ID ohne Bezug zum <strong>Design</strong>er argumentieren. Umso mehr spricht es für die Richtigkeit der SD-Konzeption,<br />

wenn nun schon „Urgesteine“ der ID-Bewegung <strong>Design</strong>er-Bezüge herstellen. Sie merken wohl: Anders geht es letztendlich<br />

nicht.<br />

40 Aus der Ankündigung: „With The Edge of Evolution, the theory of intelligent design finally has its masterwork, a<br />

comprehensive scientific statement that draws the line between random and non-random mutation in nature; defines the<br />

principles by which Darwinism evolution can be distinguished from design; fits design theory together with the findings of<br />

cosmology, chemistry, and physics into an overarching theory of the universe; and lays out a research program, with<br />

predictions, to counter the failed predictions of Darwin’s enthusiasts.“<br />

<strong>Intelligentes</strong> <strong>Design</strong> <strong>oder</strong> <strong>Theistische</strong> Evolution? | <strong>Christoph</strong> <strong>Heilig</strong><br />

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