Steuerruling - Home - Ernst & Young - Schweiz
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René Schreiber, Roger Jaun, Marlene Kobierski<br />
Aus dem Gedanken des Vertrauensschutzes folgt, «dass eine Auskunft grundsätzlich<br />
so lange verbindlich bleibt, als der Auskunftsempfänger auf die Verbindlichkeit<br />
vertrauen darf». 128) Grundsätzlich ist eine vorbehaltlose behördliche<br />
Auskunft in ihrer Beständigkeit nicht befristet. Allerdings ist es denkbar, dass<br />
eine Steuerbehörde ihre Auskunft widerruft, nachträglich abändert oder befristet.<br />
129) Die Frage nach dem Vertrauensschutz stellt sich diesfalls nur dann, wenn<br />
der Steuerpflichtige aufgrund der Auskunft bereits nicht leicht rückgängig zu<br />
machende Dispositionen getätigt hat. Auch ohne nachträgliche Behördeneingriffe<br />
ist der Steuerpflichtige ausserdem nur in seinem Vertrauen geschützt, wenn<br />
seit der Auskunftserteilung und der Umsetzung des Sachverhaltes das massgebliche<br />
Recht keine Änderung erfahren hat. 130)<br />
Bei <strong>Steuerruling</strong>s ist somit die Zeitspanne zwischen der Auskunftserteilung<br />
und der Umsetzung des steuerlich relevanten Sachverhaltes von Bedeutung. So<br />
hat das Bundesgericht beispielsweise in Fällen von Bauvorhaben geurteilt, dass<br />
u.U. bereits eine Dauer von zwei bzw. vier Jahren, in welcher der Private nicht<br />
handelt, reichen könne, damit er in seinem Vertrauen nicht mehr geschützt ist. 131)<br />
Sind seit der Auskunftserteilung der Steuerbehörden somit einige Jahre verstrichen,<br />
ohne dass der Steuerpflichtige den dargelegten und zeitlich nicht näher<br />
präzisierten Sachverhalt umgesetzt hat, darf er nicht mehr ohne weiteres auf die<br />
Auskunft vertrauen. In den Fällen, in welchen eine Umsetzung des Sachverhalts<br />
erst nach längerer Zeit erfolgt, sollte sich der Steuerpflichtige daher die Gültigkeit<br />
des bestehenden <strong>Steuerruling</strong>s von den Behörden erneut bestätigen lassen.<br />
III. <strong>Steuerruling</strong>s in Abweichung von Verwaltungsanweisungen oder<br />
Gerichtsurteilen<br />
Wie bereits einleitend erwähnt, publizieren sowohl die kantonalen Steuerverwaltungen<br />
als auch die ESTV Teile ihrer Praxis in Kreisschreiben oder Merkblättern.<br />
Zum einen um die einheitliche Anwendung des Steuerrechtes sicherzustellen,<br />
zum anderen um Rechtssicherheit für den Steuerpflichtigen zu schaffen,<br />
indem er anhand der publizierten Praxis die Steuerfolgen seines geplanten Handelns<br />
abschätzen kann. 132)<br />
Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann diesbezüglich implizit entnommen<br />
werden, dass sich der Steuerpflichtige nicht leichthin auf Treu und<br />
Glauben berufen kann, wenn er eine behördliche Auskunft erhält, die nicht mit<br />
der publizierten Praxis oder der gefestigten einschlägigen Rechtsprechung in<br />
Einklang steht. 133) Nach Auffassung der Autoren sollte diesbezüglich eine differenzierte<br />
Betrachtungsweise zur Anwendung gelangen.<br />
128) Baur, 244.<br />
129) Eingehend dazu Baur, 244 ff.<br />
130) Häfelin/Müller/Uhlmann, RZ 692.<br />
131) Übersicht der Rechtsprechung in BGE 119 Ib 138 E. 4e.<br />
132) Vgl. dazu vorne Lit. A. Ziff. I.2.<br />
133) BGE vom 01.11.2000, 2A.46/2000 E. 3d.bb.<br />
322 ASA 80 · Nr. 5 · 2011/2012