Insider - Der Ausbildungsatlas für den Landkreis Görlitz, 2
Insider - Der Ausbildungsatlas für den Landkreis Görlitz, 2
Insider - Der Ausbildungsatlas für den Landkreis Görlitz, 2
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
ERFOLGREICHER UMWEG „BERUFSVORBEREITENDE BILDUNGSMASSNAHME“<br />
Karsten Kunert, U-25-Berater im Jobcenter in Weißwasser/O.L.<br />
Wie kann man sich eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme vorstellen<br />
und was haben Jugendliche mit Startschwierigkeiten davon?<br />
Mit <strong>den</strong> Berufsvorbereiten<strong>den</strong> Bildungsmaßnahmen (sogenannte<br />
BVB-Maßnahmen) soll <strong>den</strong> Jugendlichen, die nach der Schule keinen<br />
Ausbildungsplatz fin<strong>den</strong>, der Zugang zum Ausbildungs- und Arbeitsmarkt<br />
ermöglicht wer<strong>den</strong>. Hier bei der Nestor<br />
Bildungsinstitut GmbH in Weißwasser/O.L.<br />
haben die Jugendlichen die Möglichkeit, ihre<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten hinsichtlich<br />
einer möglichen Berufswahl zu überprüfen<br />
und zu bewerten, sich in der Vielzahl der Berufe<br />
zu orientieren und eine Berufswahlentscheidung<br />
zu treffen. Außerdem wer<strong>den</strong> <strong>den</strong><br />
Jugendlichen die erforderlichen Fähigkeiten<br />
und Fertigkeiten <strong>für</strong> die Aufnahme einer beruflichen<br />
Erstausbildung vermittelt. Zusammenfassend<br />
ist es das Ziel, die Jugendlichen<br />
nachhaltig in <strong>den</strong> Ausbildungsmarkt zu integrieren und das möglichst<br />
individuell und flexibel. In der BVB können die Jugendlichen verschie<strong>den</strong>e<br />
Gewerke ausprobieren. Auch <strong>für</strong> Firmen ist die BVB eine gute Möglichkeit,<br />
<strong>den</strong> Menschen hinter <strong>den</strong> Zensuren kennenzulernen. Darüber<br />
hinaus bietet die BVB <strong>für</strong> Jugendliche, die bisher noch ohne Schulabschluss<br />
sind, die Möglichkeit, sich auf <strong>den</strong> Erwerb eines Hauptschulabschlusses<br />
oder eines gleichwertigen Schulabschlusses vorzubereiten.<br />
Grit Hermersdorfer, Ausbildung zur Rechtsanwaltfachangestellten<br />
über eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme bei der Nestor<br />
Bildungsinstitut GmbH<br />
Welchen Schulabschluss hast du gemacht, wie ging es nach der Schule<br />
weiter und was hast du bei Nestor gemacht? Nach meinem Realschulabschluss<br />
2006 war ich noch unentschlossen, was ich überhaupt<br />
machen möchte. Ich bin dann erst mal ins Freiwillige Soziale Jahr<br />
(FSJ) gegangen, habe dort als Altenpflegerin gearbeitet und bin dann<br />
schwanger gewor<strong>den</strong>. Das Kind habe ich bekommen und arbeitete in<br />
dieser Zeit im Erziehungsjahr ehrenamtlich im Kindergarten im Besuchsdienst<br />
vom DRK. Nach dem Jahr wollte ich natürlich eine Ausbildung<br />
beginnen. Das war sehr schwierig, weil mein Kind noch klein war<br />
und ich auch keine wirklich aussagekräftigen Bewerbungsunterlagen<br />
hatte. Zur Überbrückung war ich bei Hallo Pizza als Innendienstmitarbeiterin<br />
jobben und bei Radio WSW als Volontärin und Moderatorin<br />
tätig. Beim Jobcenter hat Herr Kunert mit mir nach einer Ausbildung<br />
zur Zahntechnikerin gesucht. Ich habe dann meine Ausbildung in einem<br />
Zahnlabor in Weißwasser/O.L. begonnen. Nach relativ kurzer Zeit<br />
habe ich dort aufgehört, weil es zwischen dem Unternehmen und mir<br />
nicht gepasst hat. Mit Herrn Kunert haben wir dann entschie<strong>den</strong>, dass<br />
ich eine BVB-Maßnahme beginne. Diese habe ich im November 2011<br />
bei der Nestor Bildungsinstitut GmbH im Bürobereich angefangen.<br />
Für diesen Bereich habe ich mich entschie<strong>den</strong>, weil Mathe, Deutsch<br />
und Fremdsprachen mir schon immer lagen und auch meine Schwester<br />
<strong>den</strong> Beruf einer Bürokauffrau erlernt. Bei Nestor habe ich dann ein<br />
Praktikum von sechs Wochen absolviert. Ich war in der Stadtverwaltung<br />
Weißwasser/O.L., im Sekretariat der Grundschule, im Archiv der<br />
Stadtverwaltung, im Kultur- und Sportamt und im Rechtsamt tätig.<br />
In der Rechtsabteilung fand ich es extrem spannend. Das hat meinen<br />
Ausbildungswunsch bestätigt und mir gezeigt, dass ich auf dem richtigen<br />
Weg bin. Ich habe mich dann über <strong>den</strong> Beruf der Rechtsanwaltsfachangestellten<br />
informiert und mich in mehreren Anwaltskanzleien<br />
beworben. Zum Glück erhielt ich von einer Anwaltskanzlei in Dres<strong>den</strong><br />
<strong>den</strong> Anruf, dass sie mich haben wollen. Das war ein sehr gutes Gefühl.<br />
Wer hat dir in dieser Zeit geholfen, dass du jetzt eine duale Ausbildung<br />
beginnst? In der Zeit haben mir ganz viele Leute geholfen. Herr Kügler<br />
und Frau Schwaar von der Nestor Bildungsinstitut GmbH waren<br />
immer <strong>für</strong> mich erreichbar. Frau Schwaar hat mich auch sehr bei <strong>den</strong><br />
Bewerbungen unterstützt. Auch wenn es um Termine ging, gab es mit<br />
Nestor nie Probleme. Aber auch andere haben mich sehr unterstützt.<br />
Ich bin ja zu diesem Zeitpunkt alleinerziehende Mutter gewesen. Kind,<br />
BVB-Maßnahme und die Suche nach einer Ausbildung unter einen Hut<br />
zu bekommen, war nicht einfach. Mein Kind ist ja eigentlich <strong>den</strong> halben<br />
Tag über im Kindergarten untergebracht. Und wenn ich doch mal<br />
irgendwas erledigen muss, dann habe ich meine Mama, meine Oma,<br />
meinen Papa – also die Familie, die noch hinter mir steht.<br />
Du musst ja nun Weißwasser/O.L. verlassen, um deine Ausbildung zu machen.<br />
Wie schwer fällt dir der Abschied aus der Heimat? Aus Weißwasser/<br />
O.L. wollte ich eigentlich nicht weg. Ich gehe mit einem weinen<strong>den</strong><br />
Auge. Man kennt hier je<strong>den</strong>, man ist hier heimisch. Ich wohne hier<br />
seit elf Jahren und fühle mich sehr wohl. Man ist hier zu Hause. Aber<br />
Dres<strong>den</strong> wollte mich und so ziehe ich mit Kind und Kegel um. Genauer<br />
gesagt mit Kind und einem Hund. Mein Freund ist bei der Bundeswehr<br />
und deshalb nur jedes zweite Wochenende zu Hause. Trotzdem unterstützt<br />
er mich seelisch und moralisch und dies hilft mir auch sehr viel<br />
in der doch außergewöhnlichen Situation mit Lehre und Umzug.<br />
Was sind deine Tipps, die du anderen Jugendlichen weitergeben kannst,<br />
die eventuell Ähnliches erlebt haben? Wenn ich Leuten, die vor ähnlichen<br />
Situationen stehen, was raten soll, dann vielleicht Folgendes: Eigenengagement<br />
und Durchhalten. Wenn ich was probiere und nach der<br />
ersten Woche feststelle, das ist nicht das Richtige, nicht gleich aufgeben,<br />
sondern abwarten, ob es besser wird. Damit hatte ich selber auch<br />
Probleme, muss ich ganz klar sagen. Ich war faul. Welcher Jugendliche<br />
sagt schon „Hey, Arbeit,<br />
ich komme!“?<br />
Man sollte vielleicht<br />
ein bisschen an der<br />
eigenen Arbeitsmoral<br />
arbeiten.<br />
Ansonsten ist es<br />
manchmal wirklich<br />
nur Durchhalten.<br />
Gerade so ein Zwischenschritt<br />
– da ist<br />
es immer gut, einen<br />
Rückhalt zu haben.<br />
Was wünschst du dir<br />
<strong>für</strong> deine Zukunft?<br />
Erst mal meine Ausbildung<br />
been<strong>den</strong>.<br />
Wenn es mir in Dres<strong>den</strong><br />
gefällt, ich mich<br />
wohlfühle und auskomme,<br />
werde ich<br />
wahrscheinlich dort<br />
bleiben.<br />
15