Wiener Festwochen - Österreich Journal
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Foto: Klose<br />
ÖSTERREICH JOURNAL NR. 107 / 03. 05. 2012<br />
gehen in der Inklinantenangelegenheit aus.<br />
Darin wurde z. B. festgelegt, daß die „Inklinanten“<br />
sich innerhalb von 14 Tagen für<br />
eine der genannten Möglichkeiten entscheiden<br />
müssen. Diejenigen, die in eine andere<br />
Provinz im österreichischen Staatsgebiet<br />
übersiedeln wollten, mußten sich dem sechswöchigen<br />
katholischen Religionsunterricht<br />
unterziehen. Außerdem wurde jeder Akt von<br />
Religionsstörung nach aller gesetzlichen<br />
Strenge behandelt.<br />
Am 12. März 1837 reiste Kreishauptmann<br />
Anton von Gasteiger als landesfürstlicher<br />
Kommissär von Schwaz in das Zillertal,<br />
um die Publikation des kaiserlichen<br />
Dekretes in den Gemeinden des hinteren<br />
Zillertals durchzuführen und zwar in Zell am<br />
Ziller im Landgerichtshaus; am 14. März im<br />
Pfarrhaus zu Mayrhofen, am 15. März in<br />
Brandberg, am 16. März in Finkenberg und<br />
am 17. März in Hippach.<br />
Vier Monate Frist<br />
Die Auswanderungsfrist war auf vier<br />
Monate festgesetzt worden und begann am<br />
11. Mai 1837. Johann Fleidl und seine<br />
Glaubensbrüder erhielten zu diesem Tag<br />
vom Landgericht Zell am Ziller das schriftli-<br />
<strong>Österreich</strong>, Europa und die Welt<br />
che Zertifikat, mit dem sie geeignete Übersiedlungsorte<br />
im Ausland suchen konnten.<br />
Johann Fleidl reiste im Auftrag seiner<br />
Glaubensbrüder mit einer Bittschrift nach<br />
Berlin und überreichte Ende Mai dem preussischen<br />
König Friedrich Wilhelm III. das<br />
vom 27. Mai 1837 datierte Bittgesuch.<br />
Die schriftliche Zusicherung der Aufnahme<br />
in Preußen erhielt Johann Fleidl Ende<br />
Juli 1837 durch die Königlich Preußische<br />
Gesandtschaft in München.<br />
Nun wurden die Vorbereitungen zur<br />
Auswanderung getroffen, d. h. der Verkauf<br />
der Güter und des Hausstandes wurde organisiert.<br />
Die Behörden kamen den Auswanderern<br />
hierbei mit großer Bereitwilligkeit entgegen.<br />
Im Monat August kam eine so große<br />
Menge von Realitätenverkäufen (= Immobilienverkäufe),<br />
126 Schuldverschreibungen,<br />
Zessionen (= Abtretungen) und Abquittierungen<br />
von seiten der Auswanderer zum<br />
Eintrag ins Verfachbuch 6) , daß das Landgericht<br />
große Mühe hatte diese durchzuführen.<br />
Der Weg der Zillertaler Protestanten<br />
nach Preußisch-Schlesien<br />
Die Ausreisetermine und die Reiseroute<br />
der Zillertaler Protestanten oder Zillertaler<br />
»<strong>Österreich</strong> <strong>Journal</strong>« – http://www.oesterreichjournal.at<br />
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Inklinanten, wie sie von der Obrigkeit bezeichnet<br />
wurden, waren von der k.k.<br />
Regierung in Wien festgelegt worden. Am<br />
31. August 1837 erfolgte der Auszug der Protestanten<br />
aus der Pfarre Zell am Ziller. Es waren<br />
nur Personen vom Ramsberg und Ramsau.<br />
Am 1. September folgten die Mayrhofer,<br />
am 2. September waren die Brandberger an<br />
der Reihe, am 3. September zogen die Finkenberger<br />
aus dem Tal und am 4. September<br />
verließen die Protestanten aus Schwendau,<br />
Hippach, Laimach und vom Schwendberg<br />
als letzte ihre Zillertaler Heimat in Richtung<br />
Preußisch-Schlesien. Am 22. September<br />
1837 folgten die Nachzügler.<br />
Insgesamt 427 Personen verließen das<br />
Zillertal in Tirol, von denen 416 nach Schlesien<br />
zogen. Die restlichen elf wanderten in<br />
Toleranzgemeinden nach Kärnten und in die<br />
Steiermark aus.<br />
Die meisten der Zillertaler Protestanten<br />
waren in der Landwirtschaft tätig, 18 lebten<br />
vom Handwerk, als Zimmermann, Schmied<br />
oder Schuster. Das Handwerk des Webers<br />
war am zahlreichsten vertreten, es wurde<br />
von 13 Personen ausgeübt.<br />
Der erste Zug mit etwa 130 Personen<br />
wurde von Christian Brugger angeführt. Jo-<br />
Tirolerhaus Lublasser: König Friedrich Wilhelm III. ließ den Zillertaler Einwanderern ihre Zillertaler Höfe nach einem vorab<br />
erstellten Musterhaus erbauen. Selbst einen Gaulofen besaßen die Häuser, ein gemauerter Ofen mit Ofenbank und Ofenbrücke,<br />
wie man ihn heute noch im Zillertal/Tirol antrifft.