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Hospizbote 2012 - Hospizbewegung Varel e.V.

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zerstören. Die Begleitung von Patienten und Angehörigen in der Erkenntnis um den ungleichen<br />

Kampf gegen die nicht heilbare Erkrankung ist eine extreme Herausforderung, in der es<br />

gilt, angesichts der zuweilen schrecklichen Wirklichkeit gemeinsam und zuweilen täglich neu<br />

nach den „wichtigen und schönen Dingen“ im Leben zu fragen und danach zu streben.<br />

Wahrheit und Wahrhaftigkeit sind nötig, um sich als Patient, Partner, Familie und Arzt auf Augenhöhe<br />

begegnen zu können und gemeinsam Ziele und Erwartungen im Wissen um das Unausweichliche<br />

zu erarbeiten. Dieses Ringen um Erkenntnis und die Akzeptanz des Geschehens, ist<br />

im Verlauf einer Erkrankung ein schwieriger Prozess, der auch davon abhängt, wieviel Wahrheit<br />

und Wahrhaftigkeit von den Beteiligten zugelassen und ertragen wird. Hierbei ergeben sich<br />

neue Fragen:<br />

Wie aktiv und objektiv setzen sich Patient und Familie mit der Situation auseinander? Kann<br />

oder soll Unwissenheit schützen? Welche Impulse soll oder darf der Arzt setzen, um eine Auseinandersetzung<br />

des Patienten (und der Angehörigen) mit dem kommenden Sterben anzuregen?<br />

Dabei gilt sicher auch, als Arzt in einem aussichtslosen Kampf auf Heilung oder Lebensverlängerung<br />

vor mutmaßlich unwirksamen Therapien zu schützen. (Beispiel: Soll nach umfangreicher<br />

Vortherapie eine nur wenig aussichtsreiche Chemotherapie in der wagen Hoffnung auf<br />

Besserung trotz aller belastenden Nebenwirkungen erneut versucht werden?)<br />

Wann ist der Zeitpunkt erreicht von aktiver Therapie der Grunderkrankung auf eine führend<br />

symptomorientierte Therapie im Sinne der Leidensminderung zu wechseln und wie wird dieses<br />

als gemeinsames Ziel von Patient, Familie und Arzt getragen? Wie wird es kommuniziert und<br />

von allen Beteiligten gleichermaßen verstanden und akzeptiert, dass in einer fortschreitend palliativen<br />

Situation nicht mehr Lebenserhalt und Lebensverlängerung sondern Leidenslinderung<br />

und Symptomkontrolle unter Beachtung der Würde des Patienten vorrangig sind.<br />

Aus palliativmedizinischem Blick bedeutet dieses eben nicht, „Leben um jeden Preis“.<br />

„Qualität“im verbleibenden Leben hat Vorrang vor Lebenszeit!<br />

Wo bleibt die Hoffnung im Wissen, es ist es Zeit Abschied zu nehmen? Wo ist die Qualität des<br />

Lebens im Wissen um das nahe Sterben?<br />

Vielleicht ist es die Hoffnung, im Wissen um erfülltes zurückliegendes Leben, im Kreis der wichtigsten<br />

Mitmenschen Abschied nehmen zu können. Akzeptieren zu können, dass das Sterben zu<br />

unserem Leben gehört, vielleicht ist es die Hoffnung oder das Wissen auch aus religiöser Überzeugung,<br />

das Leben ist mit dem Tod nicht zu Ende. Vielleicht ist es die Hoffnung auf ein verbleibendes<br />

Leben und ein Sterben ohne Leiden. Vielleicht ist es einfach nur schön, noch ein bißchen<br />

auf dieser Welt mit all ihren kleinen und großen Dingen verweilen zu dürfen und danach jeden<br />

Tag neu zu suchen. Dazu gehören ein Genießen und Schätzen des Augenblickes, ein würdiger<br />

Umgang mit der Vielfältigkeit der Natur und des Lebens aber auch unser menschliches Miteinanders<br />

(Familie, Freunde, Beruf ….).<br />

Wer wirklich lebt, tut dieses auch in dem Bewusstsein um die<br />

Endlichkeit des Seins auf der Erde. Zur Erfahrung von Glück<br />

gehört wohl auch die Erfahrung von Leid. Dieses bedeutet auch<br />

die Auseinandersetzung mit dem Tod.<br />

Wer gehen muss, soll sagen können, „es war eine schöne Zeit,<br />

ich wäre noch gern geblieben“.<br />

Dr. Guido Klein · Chefarzt Innere Medizin, Hämatologie und<br />

Onkologie · St. Johannes-Hospital gemeinnützige GmbH<br />

Bleichenpfad 9 · 26316 <strong>Varel</strong><br />

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