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Stadtjugendamt<br />
Angebote der Jugendhilfe<br />
Jahresbericht 2008<br />
Stadtjugendamt
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Landeshauptstadt München<br />
Sozialreferat<br />
Stadtjugendamt<br />
Angebote der Jugendhilfe<br />
Konzeption, Umsetzung, Auskunft:<br />
Ingeborg Giourges<br />
Stadtjugendamt / S-II-A/ZD<br />
Luitpoldstraße 3, 80335 München<br />
Telefon: (0 89) 2 33-4 99 22<br />
Telefax: (0 89) 2 33-4 99 11<br />
E-Mail: ingeborg.giourges@muenchen.de<br />
Der Jahresbericht ist im Intranet<br />
des Sozialreferates / Stadtjugendamtes aufruf- und ausdruckbar<br />
Titel:<br />
Städtische Ambulante Erziehungs-Hilfe Giesing/Harlaching, Yeliz / 9 Jahre<br />
EDV:<br />
Stefan Henn<br />
S-II-LG / DV<br />
Gestaltung und Druck:<br />
Direktorium, Stadtkanzlei<br />
Aufl age: 1100<br />
München, im Juni 2009
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort...................................................................................................................................... 5<br />
Überblick der Fortbildungsveranstaltungen 2008 der Abteilung Angebote der Jugendhilfe.... 8<br />
„Cool down, kick off“ ............................................................................................................. 12<br />
„Da knallts aber ordentlich!“ – auf dem Papier ...................................................................... 14<br />
Streetwork im münchner Westen........................................................................................... 15<br />
Bedarfsorientierte Integrationshilfen für unbegleitete junge Flüchtlinge „UMF“................... 16<br />
Streetwork in Schwabing und Milbertshofen ......................................................................... 18<br />
Schülerpartizipation in der Förderschule? ............................................................................... 20<br />
Lomo-Kids: Die Welt mit anderen Augen sehen.................................................................... 22<br />
Ein neues Serviceangebot der Fachstelle............................................................................... 23<br />
Außer Wiesn nichts gewesen................................................................................................. 24<br />
Soziale Netzwerke – In ist wer drin ist.................................................................................... 25<br />
Ferienangebote – Familienpass............................................................................................... 26<br />
Familienpass............................................................................................................................ 26<br />
Ferienpass ............................................................................................................................... 27<br />
Ferienaufenthalte..................................................................................................................... 27<br />
Ermäßigungsmöglichkeiten für Eltern mit geringem Einkommen oder ALG-II-Bezug ........... 28<br />
Kinder-Zirkus-Attraktionen....................................................................................................... 29<br />
Eintägige Erlebnisreisen .......................................................................................................... 30<br />
Winterferien 2007 / 2008 ......................................................................................................... 30<br />
Osterferien 2008..................................................................................................................... 30<br />
Pfingstferien 2008................................................................................................................... 30<br />
Sommerferien 2008 ................................................................................................................ 30<br />
Integrationsstelle ..................................................................................................................... 31<br />
„Ein Pferd für alle 2008“ in Verona ........................................................................................ 31<br />
Personalstelle .......................................................................................................................... 31<br />
Bürgerschaftliches Engagement ............................................................................................. 32<br />
Jugendgerichtshilfe ................................................................................................................. 34<br />
TOA ......................................................................................................................................... 40<br />
„Der hat mich provoziert, dann habe ich zugeschlagen“ ....................................................... 41<br />
Gruppendynamisches Wochenende ....................................................................................... 42<br />
„ Hallo! Ja, ich bin ganz oben................................................................................................. 43<br />
Message in a bottle ................................................................................................................ 44<br />
Just M – Ort des Lernens und der Bildung ............................................................................ 46<br />
Jugendhilfe als Chance um dem Problem Armut und Bildung entgegenzuwirken ................ 48<br />
Und es geht auch mit der Schule....! ...................................................................................... <strong>51</strong><br />
3
Vorwort<br />
Lebenspraktisches professionelles, mitunter<br />
unkonventionelles Handeln und Gestalten vor Ort<br />
für und mit jungen Menschen waren auch 2008<br />
unsere bestimmenden Arbeitsinhalte. Neben den<br />
vielen Querschnittsthemen wie Behinderung,<br />
Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen<br />
und Migrationshintergrund, sexuelle Identität, die<br />
in unserer Arbeit selbstverständlich sind, haben<br />
wir 2008 ein besonderes Augenmerk auf die<br />
sozialpolitischen Inhalte von Armut und Bildung von<br />
jungen Menschen gelegt und darauf, wie wir mit<br />
unseren qualifizierten pädagogischen Angeboten hier<br />
erfolgreich etwas bewirken können.<br />
Die primäre Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen ist die Familie und ihr kommt nach<br />
wie vor die zentrale Stellung für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu. Dem<br />
Prozess des Aufwachsens und der Bildung von Kindern und Jugendlichen wird in unserer<br />
Zeit eine hohe Bedeutung beigemessen. Selbst wenn wir davon ausgehen können, dass<br />
etwa 80 % unserer Kinder und Jugendlichen wohl behütet und gesund aufwachsen, so<br />
bleibt doch ein Anteil von 20 % und dies ist immerhin ein 1 /5 junger Menschen, die davon<br />
nicht partizipieren können 1 .<br />
Überlegungen, die ein gesundes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen ermöglichen,<br />
sind aber immer vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Anforderungen und derer<br />
subjektiven Bedürfnisse und Fähigkeiten zu sehen und müssen ungeachtet dessen mit den<br />
kindlichen und jugendlichen Lebenslagen verknüpft werden können.<br />
Selbst in einer „reichen“ Stadt wie der Landeshauptstadt München ist die Zahl der Menschen,<br />
die in Armut leben, im Anstieg. Besonders Kinder und Jugendliche sind von den Folgen<br />
materieller Armut betroffen, oft auch einhergehend mit sozialer Ausgrenzung und mangelnden<br />
Bildungschancen. Kinder und Jugendliche aus ärmeren Familien haben vielfach gesundheitliche<br />
Probleme, leben häufiger in beengten Wohnverhältnissen, können sich oft im<br />
Unterricht nur schwer konzentrieren und beenden häufiger die Schule ohne Abschluss.<br />
Kurz gesagt: Arme Kinder leben in einem Kreislauf, der Armut und Ausgrenzung verstärkt.<br />
Ihre Chancen zu einem guten Start ins Leben sind deutlich geringer. Auch mangelnde<br />
Deutschkenntnisse bei Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund führen zur<br />
Ausgrenzung.<br />
Der aktuelle Münchener Armutsbericht 2007 2 weist eine Armutspopulation von rd<br />
179.000 Personen aus. Anders ausgedrückt: 134 von 1.000 Einwohnern (Armutsdichte)<br />
sind arm. Auch in München sind es die Kinder, die am stärksten von Armut betroffen<br />
sind. Etwa 21.000 Kinder und Jugendliche (= 10 % der bis 17-jährigen) in München leben<br />
in Haushalten mit Bezug von Arbeitslosengeld II. Armut hat vielfältige negative Folgen,<br />
gerade für Kinder: Arme Kinder sind nicht so gesund, arme Kinder haben schlechtere<br />
Bildungschancen, arme Kinder haben weniger Selbstvertrauen.<br />
Die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen hängen zum Beispiel sehr stark<br />
davon ab, wie das räumliche und kommunale Umfeld gestaltet ist, welche kulturellen,<br />
sozialen und sportlichen Möglichkeiten ihnen dort offen stehen. Hier erreichen wir die<br />
jungen Menschen in ihren Quartieren mit unseren Angeboten von Schulsozialarbeit,<br />
1 H. Keupp, Aus demVortrag im Rahmen des Forums Kinder- und Jugendhilfe, München 2009<br />
2 Münchner Armutsbericht, Landeshauptstadt München, Sozialreferat 2008<br />
5
Streetwork, bürgerschaftlichen Engagement, Familien- und Ferienangeboten, Elternbriefen<br />
aber auch mit unseren gesetzlichen Aufträgen in Jugendgerichtshilfe, ambulanter Erziehungs -<br />
hilfe, Jugendschutz und den Angeboten in den städtischen Münchner Kinder- und Jugendheimen.<br />
In der Schulsozialarbeit ist im Gegensatz zu 2007 (1073 Einzelfälle) die Einzelfallarbeit an<br />
den Schulen um 20,7 % (1295 Einzelfälle) gestiegen. Unterteilt in einzelne Altersgruppen<br />
bedeutet dies:<br />
Bei den 6 – 10jährigen, eine Steigerung von 22,4 %,<br />
bei den 11 – 14jährigen um 11,0 % und<br />
bei denen ab 15 Jahre um 32,5 %.<br />
Unabhängig zu den vielfältigen Tätigkeiten und Gruppenangeboten, die Schulsozialarbeit<br />
vor Ort leistet, darf nicht übersehen werden, wie intensiv sich die Arbeit mit den einzelnen<br />
Schülerinnen und Schülern in der Einzelfallhilfe gestaltet. Um nur einige Beispiele zu<br />
nennen, haben es in der Altersgruppe der ab 14 jährigen (ca. 580 Einzelfälle) 62 Jugendliche<br />
(10,7 %) mit Unterstützung von Schulsozialarbeit auf eine weiterführende Schule geschafft,<br />
mit 178 (30,7 %) wurden erfolgreich Bewerbungsunterlagen erstellt und 372 (64,1 %)<br />
nahmen an intensiven Bewerbungstrainings teil.<br />
44 dieser jungen Menschen erhielten zusätzliche Unterstützung im Rahmen des bürgerschaftlichen<br />
Engagements.<br />
In der aufsuchenden Kinder- und Jugendarbeit fiel auf, dass die Jugendlichen, die die Nähe<br />
und den Kontakt zu Streetwork suchen jünger werden und sich bereits in der Altersgruppe<br />
der 11jährigen bewegen. Die Aktualität der Arbeitsinhalte vor Ort forderte von Streetwork<br />
Flexibilität und ein konzeptionelles Umdenken. So erklärte sich Streetwork bereit und ging<br />
mit einer halben Stelle, bis die Stelle von Schulsozialarbeit besetzt werden konnte, fest an<br />
eine Schule und nahm positiven und deeskalierenden Einfluss auf das Geschehen vor Ort.<br />
Insgesamt hat sich in Streetwork die Unterstützung und Hilfeleistung von Einzelfällen stark<br />
intensiviert.<br />
Die Ferienangebote haben ihr Angebot erweitert und der neue Familienpass fand in der<br />
Bevölkerung so enormen Anklang, dass das ursprüngliche Angebot bei weitem nicht<br />
aus reichte, alle innerhalb weniger Tage verkauft waren und wir sofort Familienpässe nachdrucken<br />
lassen mussten.<br />
Der Jugendschutz, der hoch qualifiziert arbeitet und bundesweit eine sehr hohe Wert -<br />
schätzung genießt, wird ausgebaut und erhält 2009 ein zusätzliche Stelle für Alkoholprävention.<br />
Die Elternbriefe erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit und konnten 2008 um die<br />
Sprachen in serbisch / deutscher und kroatisch / deutscher Sprache erweitert werden.<br />
Die Familien-, Jugend und Erziehungsberatung des Stadtjugendamtes München feierte<br />
2008 ihr 60-jähriges Bestehen. Als hochqualifiziertes interdisziplinäres Team bietet<br />
es Familien Unterstützungsangebote und Hilfen früh an, also bereits in der Phase der<br />
Familienbildung, aber auch in der beratend-therapeutischen Begleitung von Eltern mit<br />
Kindern, bereits ab dem Säuglingsalter und arbeitet sehr professionell mit Risikofamilien.<br />
Ihre Popularität zeigt sich auch darin, dass sich die Erzeihungsberatungsstelle mit ihren<br />
kreativen Gruppenangeboten im Sozialraum immer mehr etablieren.<br />
Die Münchner Kinder- und Jugendheime lassen ihre Qualität immer wieder daran erkennen,<br />
dass ihre Angebote aktuell an den Kindern und Jugendlichen, aber auch an den sozial-<br />
und gesellschaftspolitischen Bedarfen und Bedürfnissen angepasst sind und sie auf notwendige<br />
Erfordernisse kreativ reagieren und sich einstellen.<br />
6
Die ambulanten Erziehungshilfen sind mit ihren Angeboten gut im Stadtteil integriert<br />
und finden gerade mit ihren kreativen Gruppenangeboten sehr viel Anklang bei jungen<br />
Menschen und ihren Eltern.<br />
In der Jugendgerichtshilfe begegnen sich juristische und sozialpädagogische Sichtweisen.<br />
Es hat sich auch 2008 gezeigt, dass in keinem anderem Tätigkeitsfeld der Sozialen<br />
Arbeit ein derartiges Spannungsfeld vorhanden ist, wie in dem der Jugendgerichtshilfe<br />
(JGH). Einerseits soll sie junge Menschen und ihre Familien unterstützen, andererseits<br />
ist sie eingebunden in ein strafendes System, dem Strafgesetzbuch (StGB) und dem<br />
Jugendgerichtsgesetz (JGG). Die ausgewogene und von gegenseitiger Akzeptanz<br />
praktizierte Zusammenarbeit zwischen dem Jugendgericht und der städtischen Jugendgerichtshilfe<br />
verdankt sich der hohen Professionalität der Kolleginnen und Kollegen der<br />
Jugendgerichtshilfe.<br />
Damit unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre vielfältigen Aufgaben vor Ort gut<br />
bewältigen können und möglichst viele aktuell über neue Entwicklungen informiert sind,<br />
bieten wir Fortbildungen und Fachveranstaltungen an, wählen dazu kompetente<br />
Referentinnen / Referenten aus und laden zu größeren Veranstaltungen immer unsere<br />
Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner und bürgerschaftlich Engagierten<br />
mit ein. Dieser Rahmen bietet für alle zusätzlich immer die Möglichkeit des Dialogs und<br />
Austausches.<br />
Die anschließenden Beiträge bieten als Beispiele einen Einblick in unsere tägliche Arbeit.<br />
An dieser Stelle möchte ich es nicht versäumen, mich bei allen Leitungskräften und<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren Einsatz und ihr Engagement zu Gunsten der<br />
Kinder und Jugendlichen und deren Eltern ganz herzlich zu bedanken.<br />
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich beim Lesen der der Lektüre viele interessante<br />
und aufschlussreiche Informationen.<br />
Gabriele Bertz<br />
Abteilungsleiterin<br />
7
Überblick der Fortbildungsveranstaltungen 2008<br />
der Abteilung Angebote der Jugendhilfe<br />
8<br />
Monat Veranstaltung – Titel Zeitrahmen Zielgruppe Veranstaltungssort<br />
Prielmayrstr. 1, 80335 München<br />
21.01.2008 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
S-II-A<br />
Januar Aggressive und gewaltbereite Kinder und<br />
Jugendliche – Möglichkeiten der Gewaltprävention<br />
für den beruflichen Alltag<br />
Referent: Haci Erdogan<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Schulsozialarbeit<br />
12.02.2008<br />
Februar Fachtreffen Schulsozialarbeit<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
ambulanten Erziehungshilfen<br />
19.02.2008<br />
Fachtreffen Ambulante Erziehungshilfen<br />
Streetwork Außenstelle<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Streetwork<br />
27.02.2008<br />
Fachtreffen Streetwork<br />
Haus der Jugendarbeit<br />
Rupprechtstr. 29, 80363 München<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
15.03.2008/<br />
16.03.2008<br />
März Impro-Theater Workshop<br />
Herr Nagy, Herr Sprengler<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
S-II-A<br />
04.04.2008<br />
April Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen<br />
Referent: Klaus Joelsen<br />
Haus der Jugendarbeit<br />
Rupprechtstr. 29, 80363 München<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
12.04.2008<br />
Erste Hilfe Kurse<br />
Referent: Herr Mehl<br />
Haus der Jugendarbeit<br />
Rupprechtstr. 29, 80363 München<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
19.04.2008<br />
Zirkusworkshop<br />
Frau Ertl<br />
Münchner Waisenhaus<br />
Waisenhausstr. 20,<br />
80637 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Streetwork<br />
26.04.2008<br />
Fachtag Streetwork
Orleansplatz 11, 81667 München<br />
30.04.2008 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
vonS-II-A<br />
Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung<br />
gem. § 8a SGB VIII<br />
Referentinnen: Stefanie Krüger, Susanna Lillig,<br />
Michaela Enders<br />
Mai<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
ambulanten Erziehungshilfen<br />
03.06.2008<br />
Juni Fachtreffen Ambulante Erziehungshilfen<br />
Kinder- und Jugendtreff 2Club<br />
Dietramszellerstr. 9, 81371<br />
München<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
07.06.2008<br />
Kreativworkshop und Schminkkurs<br />
Frau Kühnholz<br />
Haus der Jugendarbeit<br />
Rupprechtstr. 29, 80363 München<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
13./14.06.<br />
2008<br />
20./21.06.<br />
2008<br />
Interkulturelle Verständigung<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
S-II-A<br />
20.06.2008<br />
Schulden im Jugend- und Heranwachsendenalter<br />
Referentinnen: Frau Caspari, Frau Huber<br />
Jugendherberge Possenhofen<br />
82343 Pöcking/Possenhofen<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
21.06.2008<br />
22.06.2008<br />
Erlebnispädagogik für Fortgeschrittene<br />
Temprament Event<br />
Agentur für erlebnisorientiertes Lernen<br />
Kinder- und Jugendtreff 2Club<br />
Dietramszellerstr. 9, 81371<br />
München<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
23.06.2008<br />
Kartenspiel-Workshop<br />
Frau Ohlsson<br />
Münchner Waisenhaus<br />
Waisenhausstr. 20,<br />
80637 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Schulsozialarbeit<br />
23.06.2008<br />
24.06.2008<br />
Fachtage Schulsozialarbeit „ Soziale, schulische<br />
und berufliche Entwicklung von Kindern,<br />
Jugendlichen und Heranwachsenden von der<br />
Grundschule bis zur Berufsschule“<br />
9
Streetwork Außenstelle<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Streetwork<br />
02.07.2008<br />
Juli Fachtreffen Streetwork<br />
10<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
S-II-A<br />
02.07.2008<br />
Essverhalten von Kindern und Jugendlichen<br />
Referentinnen:Carolin Martinovic, Andrea<br />
Messmann, Dr. Eva Wunderer<br />
Jugendherberge Possenhofen<br />
82343 Pöcking/Possenhofen<br />
ehrenamtliche Betreuerinnen und<br />
Betreuer der Ferienangebote<br />
12.07.2008<br />
13.07.2008<br />
Erlebnispädagogik für Einsteiger – Temprament<br />
Event<br />
Agentur für erlebnisorientiertes Lernen<br />
Luitpoldstr. 3, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Schulsozialarbeit<br />
15.07.2008<br />
Jugendsozialarbeit im neuen sozial- und<br />
bildungspolitischen Rahmen<br />
Referentin: Ingeborg Giourges<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
S-II-A<br />
24.07.2008<br />
Happy Slapping – Ursachen, Folgen,<br />
Interventionsmöglichkeiten, rechtliche Aspekte<br />
Referenten: Stefan Ther,<br />
Armin Anstett, Stefan Baumann<br />
August<br />
September<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der<br />
ambulanten Erziehungshilfen<br />
07.10.2008<br />
Oktober Fachtreffen Ambulante Erziehungshilfen<br />
Münchner Kindlheim<br />
Oberbibergerstr. 45<br />
81547 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
S-II-A und Kooperationspartner<br />
13.10.2008<br />
Fachtag Heime<br />
„Frühbeginnende Delinquenz: Beurteilung und<br />
Prävention“<br />
Referent: Prof. Dr. Nedopil<br />
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Schulsozialarbeit<br />
28.10.2008<br />
Fachtreffen Schulsozialarbeit
Prielmayerstr. 1, 80335 München<br />
Bürgerschaftlich Engagierte von<br />
S-II-A<br />
11.11.2008<br />
November Der Umgang mit Lernstörungen und<br />
Verhaltensauffälligkeiten<br />
Referent: Thomas Hartmann<br />
Streetwork Außenstelle<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Streetwork<br />
12.11.2008<br />
Fachtreffen Streetwork<br />
Agentur für Arbeit<br />
Kapuzinerstr. 26, 80337 München<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
Schulsozialarbeit und Streetwork<br />
14.11.2008<br />
Förderangebote U25 durch SBH,ARGE,Agentur für<br />
Arbeit und Stadtjugendamt<br />
Referentin: Claudia v. Stransky<br />
Kulturhaus Milbertshofen<br />
Curt-Mezger-Platz 1,<br />
80809 München.<br />
03.12.2008 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von<br />
S-II-A<br />
Dezember Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung<br />
gem. § 8a SGB VIII<br />
Referentinnen: Stefanie Krüger, Susanna Liilig,<br />
Katja Schlüter<br />
Zudem werden auf das Jahr verteilt, laufend zweitägige erste Hilfe Grundkurse für ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer angeboten sowie Rettungsschwimmer<br />
Kurse für diejenigen, die Meeresfreizeiten begleiten.<br />
11
„Cool down, kick off“<br />
Sonderpunkte für Fairness<br />
Im April 2008 haben wir, von Streetwork Neuperlach, uns für das Projekt „cool down,<br />
kick off“ beworben. „cool down, kick off“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der Postbank und<br />
Aktion Mensch. Diese Fußball-Initiative legt ihren Schwerpunkt auf die Arbeit mit<br />
Kindern und Jugendlichen. In diesem Fußballturnier gelten besondere Regeln, die das<br />
Sozialverhalten und die Fähigkeiten zur Konfliktregelung fördern. Veranstaltet wird es jedes<br />
Jahr in nur zehn Deutschen Städten, in Kooperation mit Einrichtungen der Jugendhilfe und<br />
wir waren stolz, mit dabei sein zu dürfen.<br />
Um Gutes Gelingen zu gewährleisten, gab es im Vorfeld viel zu organisieren.<br />
Zunächst musste sich Streetwork und „cool down, kick off“ über einen Termin einigen<br />
und ein geeigneter Ort, an dem wir das Turnier publikumswirksam durchführen konnten,<br />
gefunden werden.<br />
Und um diese besondere Veranstaltung noch attraktiver zu gestalten, versuchten wir mit<br />
Hilfe des Fanprojekts, bei den beiden Münchner Bundesligavereinen aktive Spieler für eine<br />
Autogrammstunde zu gewinnen, was uns leider nicht gelang.<br />
Dafür konnten wir die Stadträtin Birgit Volk in Vertretung für den Oberbürgermeister, die<br />
Bezirksausschussvorsitzende Marina Achhammer, die Jugendbeauftragte Bernadette<br />
Raschke des BA 16 und die Regionalleiterin der Region 1 des Jugendamtes Petra Pecher-<br />
Stich dafür begeistern.<br />
Tolle Stimmung herrschte am 26. September, trotz kalten Wetters, im Wohnring am<br />
Theodor-Heuss-Platz im Stadtteil-Neuperlach. Für das leibliche Wohl sorgten Mitarbeiterinnen<br />
des Bewohnertreffs ZAK.<br />
Streetwork hatte zum Fußballspiel nach den Regeln von „cool down, kick off, Straßenfußball<br />
für Toleranz!“ eingeladen. Mehr als 70 Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil im<br />
Alter von 8 bis 17 Jahren ließen sich überzeugen, dass es möglich ist, auch ohne Schieds -<br />
richter und Torhüter Fußball zu spielen. Tore allein zählten nicht; faires Verhalten, Teamgeist,<br />
gegenseitige Rücksichtnahme waren bei diesem Turnier entscheidend für den Sieg<br />
einer Mannschaft. Auch neben dem Platz zeigten alle faires und tolerantes Verhalten, was<br />
wir auf anderen Fußballturnieren so nicht immer erleben. Für besonders sportliche Haltung<br />
gab es Sonderpunkte, ebenso für die Einhaltung bestimmter Regeln, die die Mannschaften<br />
vorher selbst bestimmten. So zählten beispielsweise Mädchentore doppelt.<br />
Gespielt wurde in zwei Altersklassen, mit 4 bzw. 5 Teams, mit je 5 bis 8 Spielerinnen und<br />
Spielern. Einige Teams hatten sich spontan vor Ort gebildet, andere, wie die „Streetsoccer„<br />
von der Südpolstation, die Spieler des SV Neuperlach, die KJZ power Kicker und viele<br />
weitere Mannschaften verschiedener Jugendeinrichtungen, hatten sich direkt zum Turnier<br />
angemeldet.<br />
Den Anstoß für das erste Spiel – EC Soccer Kids gegen NPL Styler – übernahm Stadträtin<br />
Birgit Volk, die in Vertretung für Oberbürgermeister Christian Ude gekommen war. Erst<br />
nach über vier Stunden standen die Sieger fest. Bei den bis 14-Jährigen gewann das Team<br />
Furious Styles. Platz 2 belegten der „Kindertreff OMG“ und das Team „Streetsoccer“.<br />
In der Gruppe der Älteren siegten der „FC Soccer Kids“ vor dem „SV Neuperlach“ und<br />
dem „Team Jawed“. Rund 200 Zuschauer verfolgten interessiert das Geschehen auf dem<br />
Streetsoccer-Court von Postbank und der Aktion Mensch. Viele nutzten die Gelegenheit,<br />
beim Torwandschießen ihre Schussqualitäten unter Beweis zu stellen.<br />
Nach der Siegerehrung bestritten die Organisatoren von Streetwork und dem KJZ noch ein<br />
Match gegen die Kollegen von „cool down kick off“, um selbst einmal die Erfahrung mit<br />
den besonderen Regeln zu machen.<br />
12
Vor Abbau der Anlage, trafen sich alle Organisatoren noch zu einer kurzen Besprechung<br />
und Reflektion des Turniers. Es war erstaunlich, wie gut die Zusammenarbeit zwischen<br />
München und Köln, sowohl in der Vorbereitung, als auch bei der Veranstaltung funktioniert<br />
hat und mit welcher Begeisterung die Jugendlichen dieses Projekt angenommen hatten.<br />
Das durchwegs positive Resümee veranlasste uns gleich, die Planung einer Streetsoccer-<br />
Stadtmeisterschaft mit Qualifikationsturnieren in den verschieden Stadtteilen und einem<br />
großen Finale, nach den Regeln von Straßenfußball für Toleranz, in Angriff zu nehmen.<br />
Mülkiye Dangel, Helmut Baumann<br />
Streetwork Neuperlach<br />
13
„Da knallts aber ordentlich!“ – auf dem Papier<br />
Die Montagsmaler MOMA stellen sich vor<br />
14<br />
Der Hintergrund – knallrot. Im Vordergrund: Ein Kindergesicht,<br />
das dem Betrachter direkt zugewandt ist. Der Kopf<br />
trägt eine gewaltige Last: Einen hohen, schweren Hut in<br />
den verschiedensten Grüntönen. Und trotz allem ist dem<br />
Gesicht keine Erschöpfung und keine Anstrengung anzumerken.<br />
Titel des Bildes: Gut behütet?! Eines von vielen<br />
verschiedenen Themen und Motiven der Malgruppe MOMA.<br />
Die Malgruppe MOMA kann im März 2009 auf ein drei -<br />
jähriges Bestehen zurückblicken. Die Gruppe setzt sich<br />
aus Giesinger Mädchen und Jungen im Alter von 8 – 14<br />
Jah ren zusammen, die individuell im Rahmen des Hilfeplan -<br />
verfahrens ein bis zwei Jahre in dieser Maßnahme<br />
gefördert werden. Die Malgruppe ist Teil der Lernwerk statt<br />
– einem sozialpädagogischen, strukturierten und differen -<br />
zierten Gruppenangebot der Ambulanten Erziehungs hilfe.<br />
Die Kinder kommen überwiegend aus Familien mit Migrationshintergrund.<br />
Es mangelt an häuslicher Förderung,<br />
bildungsferne und unzureichende Sprachkenntnisse<br />
erschweren den Eltern, ihrem Erziehungsauftrag gerecht<br />
zu werden.<br />
Während Bildung umgangssprachlich in der Regel mit<br />
akademischer Ausbildung oder reiner Wissensvermittlung<br />
assoziiert wird, haben die Humanisten, namentlich Kant,<br />
Humboldt, Goethe, Schiller etc. unter Bildung die Vervollkommnung der Persönlichkeit und<br />
die Erlangung von Individualität verstanden. Wenn Kinder beim Entdecken der Welt ihre<br />
eigenen Fähigkeiten entdecken – indem sie beispielsweise Theater spielen, lesen, Sport<br />
treiben oder malen – dann bilden sie sich und ihren Charakter. Im Sinne der Erziehungshilfe<br />
gilt es, Bildungsprozesse in den Familien zu fördern, und Kinder und Jugendliche in die<br />
Lage zu versetzen, Leistungs potentiale zu entwickeln, zu handeln, Probleme zu lösen und<br />
Beziehungen zu gestalten.<br />
Unter der kunstpädagogischen Leitung von Katrin Apfel wird alle 5 Wochen in einem mehrstündigen<br />
Block in einer Gruppe von 7 Kindern zu einem vorgegebenen Thema gearbeitet.<br />
Hierbei wird gleich viel Gewicht auf das handwerkliche Können, wie auch auf die inhaltliche<br />
Auseinandersetzung mit dem Bildmotiv und dessen Umsetzung gelegt. Gearbeitet wird mit<br />
den verschiedensten Materialien: Zum Einsatz kommen Farben wie Acryl, Gouache, Tusche,<br />
Holzbeize und Ölkreiden, zudem Werkzeuge wie Pinsel, chinesische Rohrfedern und Spachtel.<br />
Bei dem künstlerischen Schaffensprozess stehen im Vordergrund für die Kinder, die gemeinsame<br />
Freude am Gestalten, die konzentrierte Ruhe und der individuelle Ausdruck. Die<br />
Begeisterung am Ende des Arbeitsprozesses und der Stolz auf das eigene Ergebnis sind<br />
nicht zu unterschätzen. Beim 60 jährigen Jubiläum der Städtischen Beratungsstellen im<br />
Oktober 2008 wurden die Bilder, die ansonsten bisher nur in der „Treppengalerie“ in der<br />
Ambulanten Erziehungshilfe Giesing / Harlaching zu sehen waren, in der Pasinger Fabrik<br />
ausgestellt. Dort wechselten sich stimmungsvolle Landschaften mit geduldigen Stillleben,<br />
farbenstarken Figuren, interessanten Ausblicken und liebenswerten Tierporträts ab.<br />
Kinder für eine Sache zu begeistern, gehört zum Selbstverständnis eines pädagogischen<br />
Auftrags. Wecke ich diese Leidenschaft, ermögliche ich den Kindern eine Erfahrung, die<br />
das Aufwachsen reicher macht und bildet.<br />
Katrin Apfel<br />
AEH Giesing / Harlaching
Streetwork im Münchner Westen<br />
Streetwork im Münchener Westen hat die Anlaufstellen in der August-Exter-Str., Pasing<br />
und Westendstraße. Kurz vor der Eröffnung steht eine Außenstelle in der Blumenau. Hinzu<br />
kommen drei Busstandorte in Aubing, Laim und Blumenau.<br />
Zu den vielfältigen Aufgaben und Anforderungen mit denen sich die Kolleginnen und Kollegen<br />
von Streetwork täglich befassen, veranstalten sie an den Wochenenden und Abenden noch<br />
attraktive Sport- und Freizeitangebote, wie z.B. Winter- und Sommeraktivitäten, Hallenfußball<br />
trainings und – turniere, Radlrallye, Theatrontage und verschiedene Tanzangebote.<br />
Ebenso selbstverständlich ist es für die Kolleginnen und Kollegen von Streetwork, mit den<br />
freien Trägern der Freizeitstätten und anderen Kooperationspartnern zusammenzuarbeiten,<br />
beispielsweise mit dem Projekt „Junge Arbeit“ und „Therapie sofort“. Auch der regelmäßige<br />
fachliche Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen der Sozialbürgerhäuser hat<br />
einen hohen Stellenwert.<br />
Blumenau –<br />
Kooperation und Zusammenarbeit mal anders<br />
In Zusammenwirken mit den betroffenen Jugendlichen<br />
und den engagierten Jugendbeamten des zuständigen<br />
Laimer Polizeireviers, Vertretern des Bezirksausschusses,<br />
der Schulen und Vertretern der Freizeitheime wurde am<br />
„Runden Tisch Blumenau“ die unbefriedigende Situation<br />
in diesem Stadtteil erörtert und nach praktikablen kon -<br />
kreten Lösungen gesucht. Infolgedessen gelang es mit<br />
Unterstützung des Kreisverwaltungsreferats den Streetwork<br />
Bus einmal wöchentlich vor dem Einkaufszentrum<br />
Blumenau als Anlaufstelle für die Jugendlichen anzubieten.<br />
Dieser wurde von den jungen Menschen in kürzester Zeit<br />
als ein für sie qualitatives Angebot angenommen.<br />
Zum Ende des Jahres fanden sich im Quartier preiswerte<br />
Räumlichkeiten die, mit Unterstützung des Kommunal-<br />
und des Baureferats, angemietet werden konnten.<br />
Diese sichtbare Etablierung der notwendigen Jugendsozialarbeit<br />
im Stadtteil Blumenau für die jugendliche Zielgruppe<br />
ist ein Erfolg aller in diesem Bereich zusammenwirkenden<br />
Kolleginnen und Kollegen, sowohl der freien Träger der<br />
Jugendarbeit im Stadtteil, als auch dem Familienzentrum,<br />
den Bürgerinnen und Bürgern, den Stadtteilpolitikerinnen<br />
und Politikern, den Jugendbeamtinnen und -beamten der<br />
Polizei, samt ihrem Vorgesetzten, der sie unterstützte und<br />
dem Runden Tisch von REGSAM, an dem diese Anstrengungen<br />
koordiniert und geplant wurden.<br />
Streetwork an der Förderschule Gilmstraße –<br />
ein Experiment<br />
Der Hilferuf der Schulleitung der Förderschule Gilmstraße war der Anlass, kurzfristig und<br />
ohne langes Zögern, die personelle Ressource, in Form einer halben Stelle, eines langjährig<br />
erfahrenen Streetworkers an die Förderschule zu deligieren. Es war klar, dass hier zunächst<br />
keine klassische Schulsozialarbeit möglich war, sondern der Streetworker sollte als Jugendsozialarbeiter<br />
von außen eine Möglichkeit ausloten, vorhandene Konfl ikte anzugehen und<br />
die Situation der Schülerinnen und Schüler, durchaus in Kooperation mit den Lehrkräften<br />
und besonders auch der Schulleitung, zu verbessern.<br />
Der Zugang gelang schnell durch die Präsenz auf dem Pausenhof und Vorstellungen in den<br />
Klassen. Auch ein wöchentliches Angebot in der Turnhalle der Gilmschule erleichterte<br />
anfangs den Kontakt. Durch den parteilichen und vertrauensvollen Ansatz von Streetwork<br />
15
fand der Kollege Zugang, selbst in schwierigste Familien- und Konfl iktsituationen. Bei<br />
Schulschwänzern war er ebenso präsent, wie bei extremen Gefährdungssituationen. Auch<br />
bei zeitlich begrenzten Schulausschlüssen war seine Arbeit gefragt, um die betroffenen<br />
Schülerinnen und Schüler in der Situation nicht allein zu lassen. In Einzelfällen kümmerte<br />
er sich verantwortlich auch um Schüler und Schülerinnen, die die Schule verlassen haben<br />
und vermittelte sie in entsprechende Maßnahmen. Mit der Etablierung einer regulären<br />
Schulsozialarbeit verringerte sich zum Jahresende auch der Bedarf an den Einsätzen des<br />
Streetwork-Kollegen.<br />
Im Rückblick gesehen, ist das Experiment gelungen, da viele Elemente der Streetwork-<br />
Arbeit einen Zugang zu Schülerinnen und Schülern und deren Familiensituationen<br />
ermöglichen, die andernfalls die herkömmlichen pädagogischen Angebote überfordern.<br />
Manfred Treudler<br />
Regionalleiter<br />
Bedarfsorientierte Integrationshilfen für<br />
unbegleitete junge Flüchtlinge „UMF“<br />
im Wohnprojekt Heßstraße<br />
Im Durchschnitt reisen jährlich ca. 50 minderjährige Flüchtlinge jünger als 16 Jahre und<br />
ca. 120 Flüchtlinge zwischen 16 und 18 Jahre alt, alleine und ohne nahe Verwandte nach<br />
München. Für jugendliche Flüchtlinge unter 16 Jahre, erfolgt direkt nach Ankunft, für das<br />
sogen. ‚Clearingsverfahren‘, im Rahmen der Jugendhilfe, eine Unterbringung in angemessenen<br />
Einrichtungen. Jugendliche Flüchtlinge älter als 16 Jahre werden in der Asylbewerber-<br />
Erstaufnahmeeinrichtung, unter für sie sehr schwierigen und oft sehr leidvollen Bedingungen,<br />
‚gecleart‘. Im Clearingverfahren, in der Regel ca. 3 Monate, fi ndet meist die Asylanhörung<br />
statt, aber auch die Entscheidung über den weiteren Verbleib, ob in München, oder eine<br />
Umverteilung sein wird und ob ein Vormund zu bestellen ist. Und auch darüber, ob die<br />
MitarbeiterInnen des Stadtjugendamtes Bedarf für Jugendhilfe und die entsprechende Unter -<br />
bringung in eine jugendgerechte Einrichtungen feststellen oder ob die jugendlichen und<br />
jungen Erwachsenen-Flüchtlinge im Anschluss an das ‚Clearing‘ in Asylbewerberunterkünfte<br />
geschickt werden.<br />
Die Hauptherkunftsländer der UMF‘s waren in den letzten Monaten: Irak (viele Jugendliche<br />
Jezidischer Herkunft), Sierra Leone, Afghanistan.<br />
Die Fluchtgründe der UMF‘s sind hauptsächlich: Flucht vor Krieg im Land und der Aufl ösung<br />
sozialer und gesellschaftlicher Strukturen (Afghanistan, Irak). Die Familien wollen wenigstens<br />
ein Kind, oft den ältesten Sohn, in Sicherheit bringen. Die vorherrschenden Gründe hierfür<br />
sind bei den Söhnen Zwangsrekrutierung (als Frontkämpfer, Kindersoldaten...), bei den<br />
Mädchen, Flucht vor Zwangsheirat, Zwangsbeschneidung.<br />
Die ankommenden jugendliche Flüchtlinge sind in vielerlei Hinsicht schwer belastet. Oft haben<br />
sie in einem Alter Dinge gesehen, bzw. erlebt, in dem affektiv und rational noch nicht ausreichend<br />
Strategien entwickelt wurden, um solche Geschehnisse entsprechend verarbeiten<br />
zu können. Vor allem die sich oft über mehrere Monate hinziehende Flucht wirkt auf viele<br />
Jugendliche sehr stark belastend und traumatisierend. So bedarf es nach der Ankunft einer<br />
sehr langen Stabilisierungsphase, in deren Rahmen adäquate Beschulung, eine jugend-<br />
16
gerechte Wohnsituation, ärztliche und therapeutische Versorgung eine wichtige Rolle spielen.<br />
Weitere zentrale Themen in der pädagogischen Arbeit mit UMF‘s während ihrer ersten<br />
Jahre in Deutschland sind: kulturelle und emotionale Entwurzelung, Verlust naher Bezugspersonen,<br />
Asylverfahren (Unsicherheit bzgl. des Aufenthalts), Leistungsdruck (Erreichen<br />
eines Schulabschlusses in kurzer Zeit). Diese zahlreichen Belastungen bewirken oft psychosomatische<br />
Beschwerden, wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Magenschmerzen,<br />
Konzentrationsstörungen.....<br />
Unsere jugendlichen Flüchtlinge sind in der Regel sehr motiviert zu lernen und sich zu<br />
integrieren, neigen aber dazu, sich zu überfordern, zu schnell zu viel zu wollen und in<br />
der Folge darunter, ihren eigenen Erwartungen nicht entsprechen zu können. Die Folgen<br />
dessen sind oft Frustration, Rückzug, depressive Episoden.<br />
In unserem Wohnprojekt in der Heßstrasse (Maxvorstadt) betreuen wir als Gemeinschaftsprojekt,<br />
zwischen dem Amt für Wohnen und Migration und dem Stadtjugendamt,<br />
als eine der ersten Einrichtungen in München, nunmehr seit fast 15 Jahren männliche<br />
unbegleitete jugendliche Flüchtlinge aus verschiedensten Herkunftsländern.<br />
Das Haus, mit seinen 14 Plätzen, wird unter der Woche von 4 Sozialpädagoginnen in Teilzeit<br />
und während der Nacht, an Wochenenden und Feiertagen von pädagogischen Hilfskräften<br />
betreut.<br />
Die zwischen 16 und 19 Jahre alten Jugendlichen lebten bis April 2008 von 233€, dann<br />
von 234€ und seit Dezember 2008 von 252€ Jugendhilfe im Monat und müssen davon<br />
ihren Lebensalltag eigenverantwortlich bestreiten, d.h. sich selbst versorgen (Lebensmittel,<br />
Hygieneartikel, Kleidung, Geschirr, Schulmaterial..) kochen und putzen. Da das monatliche<br />
Geld zum Leben für die Jugendlichen sehr knapp bemessen ist, ist es umso wichtiger, dass<br />
über den Betreuungshaushalt des Stadtjugendamtes, bzw. über Stiftungs- und Spendenmittel<br />
regelmäßig Freizeitangebote, interkulturelle Feiern, gemeinsame Aktionen, wie<br />
Kochen, Hausversammlungen usw. angeboten werden. Fast alle unsere UMF‘s besuchen<br />
das ‚Schlau-Projekt‘, einen schulanalogen Unterricht für junge Flüchtlinge, in dessen<br />
Rahmen sie die Chance bekommen, die deutsche Sprache zu erlernen und innerhalb von<br />
2 Jahren, den Hauptschulabschluss oder Quali zu absolvieren.<br />
Im Schuljahr 2007 / 2008 haben 2 unserer Jugendlichen den Hauptschulabschluss bzw. den<br />
Quali bestanden und im September eine Berufsausbildung begonnen.<br />
Diese Beiden sind in ihrer Persönlichkeit so gefestigt, dass sie ihren Lebensalltag selbstständig<br />
regeln können, sobald es der rechtliche, wie auch der fi nanzielle Rahmen zulassen<br />
wird. UMF‘s haben keinen Anspruch auf aufzahlende Leistungen (Hartz 4), wenn sie sich in<br />
Ausbildung befi nden und in der Regel keinen Anspruch auf BaFög oder Kindergeld.<br />
Nicht alle jugendlichen Flüchtlinge schaffen es in so kurzer Zeit im Rahmen der Jugendhilfe<br />
einen Schulabschluss und entsprechend einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Die<br />
Mehrzahl ist jedoch im handwerklichen Bereich sehr geschickt und gut motiviert. So<br />
würden dringend alternative Ausbildungsformen mit größerem Schwerpunkt auf dem<br />
praktischen Erlernen bestimmter Berufe benötigt, um unseren Jugendlichen den Zugang<br />
zum Arbeits markt und damit die Chance zu einer gelungenen Integration zu erleichtern.<br />
Die jugendlichen UMF‘s sind hier auf sich alleine gestellt, oft durch Erlebnisse in der<br />
Ver gangenheit zusätzlich belastet und verglichen mit anderen Jugendlichen hier stark<br />
marginalisiert und sozial benachteiligt. Ihre einzige Chance für eine gute Zukunft ist die<br />
Aneignung von Bildung, wie Spracherwerb, Schulabschluss, Berufsausbildung... Dies<br />
bedeutet für die jungen Menschen eine große Herausforderung. Sie hierbei professionell<br />
zu unterstützen gehört zu einer der Hauptaufgaben in unserem Wohnprojekt. Neben<br />
17
intensiven Gesprächen organisieren wir Lernhilfegruppen, Einzelförderung, Vermittlung in<br />
Praktikas, Kontakte mit Firmen, mittelständischen Unternehmen, Familienbetrieben usw.<br />
Auch nach dem Auszug aus unserem Wohnprojekt benötigen viele unserer Jugendlichen<br />
weiterhin Unterstützung. Daher wurde zu Beginn des Jahres 2008 zusätzlich eine dem<br />
Wohnprojekt angegliederte AEH (Ambulante Erziehungshilfe)-Stelle beantragt.<br />
Andere wiederum besuchen uns auch erst nach Jahren wieder, meist dann mit Ehefrau und<br />
Kindern, um ihnen gerührt ihre erste Station in der neuen Heimat zu zeigen.<br />
Martin Schäffner<br />
Wohnprojekt für UMF, Heßstrasse<br />
Streetwork in Schwabing und Milbertshofen<br />
Zwei Beispiele<br />
Aufsuchende soziale Arbeit, wie in der Streetwork-Konzeption beschrieben, ist unbestritten<br />
ein wichtiger Bestandteil der sozialen Infrastruktur Münchens. Es ermöglicht, Zielgruppen<br />
zu erreichen, die sonst aufgrund von Schwellenängsten, Unsicherheiten im Umgang mit<br />
Behörden, oder prinzipieller Ablehnungshaltung, durch das soziale Netz fallen.<br />
Mit mehr als 60 betreuten Einzelfällen 2008, allein in den Stadtteilen Schwabing und<br />
Milbertshofen, ist eindeutig ein Anstieg in der Einzelfallhilfe im Verhältnis zur gruppenbezogenen<br />
Arbeit zu verzeichnen, wobei viele Einzelfälle sich zunehmend als sehr komplex<br />
gestalten.<br />
Mangelnde Bildung und Armut sind hier Faktoren, die immer mehr Jugendliche in eine<br />
Zukunft ohne berufl iche Perspektiven versetzt. Die Begleitung einzelner Schicksale, auf<br />
dem Weg in die Arbeitswelt, ist ein fester Bestandteil von Streetwork.<br />
Streetwork arbeitet mit schwierigstem Klientel, das durch teilweise monatelanges Schulschwänzen,<br />
Schulverweise, Ausbildungsabbrüche, fehlende Abschlüsse geprägt ist und<br />
oft im jugendlichen Alter schon den Langzeitarbeitslosen zugerechnet werden kann. Genau<br />
diese jungen Menschen haben auf dem Arbeitsmarkt kaum Chancen.<br />
Zwei Beispiele aus der täglichen Praxis<br />
Ein junger Mann verbrachte die ersten Jahre seines Lebens im Krankenhaus. Selbst als er die<br />
Förderschule besuchte, kam es aus gesundheitlichen Gründen immer wieder zu Fehlzeiten.<br />
Der Tod des Vaters belastete ihn zusätzlich. Obwohl er den Anschluss und den Mut zur<br />
Schule oft verloren hatte, schloss er mit viel Motivationsunterstützung das Berufsvorbereitungs -<br />
jahr (BVJ) erfolgreich ab. Zahlreiche Praktika ohne Aussicht auf Übernahme folgten und<br />
befristete Arbeitsverhältnisse ohne Aussicht auf eine feste Übernahme raubten ihm langsam<br />
jegliches Selbstwertgefühl.<br />
Der Berufsfi ndungsprozess, des mittlerweile 22jährigen, nimmt viel Zeit in Anspruch.<br />
Der junge Mann lebt noch bei seiner Mutter (ohne jegliche Deutschkenntnisse) in einer<br />
Zweizimmerwohnung. Beide leben von ihrer minimalen Witwenrente. Da sie sonst keinerlei<br />
Hilfe in Anspruch nahmen, waren hier für Mutter und Sohn existenzsichernde Maßnahmen<br />
über die ARGE einzuleiten.<br />
18
Ein Antrag auf Stiftungsmittel, Schuldenregulierung, das Ordnen und Erläutern sämtlicher<br />
angefallener Papierangelegenheiten, das Erstellen von Bewerbungen, die Vermittlung an<br />
eine psychologische Beratungsstelle und die Kooperationen mit der ARGE und der Reha-<br />
Abteilung des Arbeitsamtes, begleiten und unterstützen mit viel Motivationsarbeit diesen<br />
Prozess.<br />
Eine eigenständige Wohnform ist ebenfalls angestrebt und die Eingliederung in den<br />
Arbeitsmarkt.<br />
Die berufl iche Integration einer mittlerweile 24jährigen, nennen wir sie Anna, allein erziehenden<br />
Mutter, gestaltet sich sehr kompliziert.<br />
Anna ist in Brasilien geboren und lebte dort mit Geschwistern und Eltern bis zu ihrem<br />
3. Lebensjahr. Dann siedelte die Familie nach Deutschland über, der Vater war deutscher<br />
Staatsbürger. Nach dem Tod des Vaters kehrte die Mutter ohne ihre jugendlichen Kinder in<br />
ihr Heimatland zurück, da sie in Deutschland ohne Ehemann völlig überfordert war.<br />
Anna, zwischenzeitlich selbst junge Mutter, besuchte mit ihrem Kind die Mutter in Brasilien.<br />
Nach sechs Monaten und einer Woche kehrte sie wieder nach Deutschland zurück, um<br />
die Schule trotz Kind zu beenden und eine berufl iche Zukunft in Deutschland anzustreben.<br />
Da sie nach gesetzlichen Richtlinien sich nur maximal sechs Monate am Stück im Ausland<br />
aufhalten darf, wurde ihr nach ihrer Rückkehr die unbefristete Aufenthaltserlaubnis entzogen,<br />
da der Maximalzeitraum um eine Woche überschritten war.<br />
Die junge Frau konnte, mit ihrer damals 3jährigen Tochter, in eine betreute Wohnform einziehen<br />
und eine Ausbildung beginnen. Mit dem 21. Geburtstag wurde nach gesetzlichen<br />
Regelungen die Jugendhilfe eingestellt, was zur Folge hatte, dass die junge Frau ein halbes<br />
Jahr vor Beendigung ihrer Ausbildung diese abbrechen musste. Mit der kompetenten<br />
Unter stützung der Kollegin und des Kollegen von Streetwork war es möglich, mit Einsatz<br />
von Stiftungsmitteln zu helfen. Die junge Mutter benötigte professionellen Beistand bei der<br />
Wohnungssuche, andernfalls hätte sie in eine Asylunterkunft ziehen müssen. Finanzielle<br />
Sicherheit gewährleistete ihr das Asylbewerber-Leistungsgesetz. Auf Kindergeld hatte sie<br />
keinen Anspruch und Unterhaltsvorschuss ist beantragt. Ein Hortplatz für die mittlerweile<br />
8jährige Tochter und dessen Kostenübernahme konnte organisiert werden. Bewerbungen<br />
wurden erstellt. Die Verbesserung des Aufenthaltsstatus wird noch längere Zeit in Anspruch<br />
nehmen, da einige Dokumente, wie Heiratsurkunden der Eltern usw. in Brasilien zu<br />
beantragen sind.<br />
Es gestaltet sich als sehr schwierig, eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz mit befristetem<br />
Aufenthaltstitel zu fi nden. Die ARGE kann derzeit nur Deutschkurse anbieten.<br />
Die unterstützende professionelle Integration unseres Klientels in die Arbeitswelt ist fester<br />
Bestandteil von Streetwork. Eine intensive Zusammenarbeit mit allen Bildungsträgern,<br />
Ausbildern und Arbeitgebern wird auch in den nächsten Jahren eine der zentralen<br />
Herausforderungen sein.<br />
Claus Wecker<br />
Streetwork Schwabing / Milbertshofen<br />
19
Arlinda bei einer Schulveranstaltung<br />
Schülerpartizipation in der Förderschule?<br />
20<br />
Alles begann auf der Tagung „Jugendparlament“ vor etwa<br />
8 Jahren. Schulsozialarbeit konnte und wollte sich mit dem<br />
Ergebnis dieser Tagung nicht zufrieden geben, da sich beim<br />
Jugendparlament fast ausschließlich Schülerinnen und Schüler<br />
von Gymnasien oder Realschulen, aber nicht aus Hauptschulen<br />
und erst recht nicht aus Förderschulen engagierten<br />
Die Förderschule an der Fröttmaningerstraße liegt im Münchener<br />
Norden. Zum Sprengel der Schule gehören vier Notunterkünfte<br />
und der Migrationsanteil beläuft sich auf ca.75 %. Die Kinder<br />
zeigen überwiegend ein sehr geringes Selbstbewusstsein.<br />
Aber wie könnte man Schülerinnen und Schüler an dieser<br />
Förderschule motivieren, selbst die Initiative zur Gestaltung des<br />
eigenen Lebensraums zu ergreifen und dafür Verantwortung zu<br />
übernehmen?<br />
Schulsozialarbeit übernahm die Organisation des Schulsprecherteams<br />
(SMV- Schüler Mitverantwortung). Dies bedeutete, dass<br />
wir die Schülerinnen und Schüler aufforderten, ihre Wünsche<br />
für die Gestaltung der Schule durchzusetzen und somit immer<br />
mehr Einfl uss auf das Zusammenleben in der Schule nehmen zu<br />
können.<br />
Mit der SMV und der großen Unterstützung des Lehrerkollegiums<br />
sind in der Schule viele Projekte entstanden, wie Schülerzeitung,<br />
Pausencafe, gemeinsame Schullandheimfahrten aller Hauptschulklassen,<br />
Graffi ti an den Wänden, Volkstanzgruppen, Hiphop, Schul bibliothek, Kissen auf<br />
den harten Stühlen, usw. Seit dem die SMV in der Schule tätig ist, wird jedes Jahr ein<br />
Klassenzimmer von den Schülerinnen und Schülern künstlerisch gestaltet. Die Farben<br />
dürfen sie sich selbst aussuchen.<br />
Die Volkstanzgruppe tritt nicht nur auf Schulfesten, sondern auch bei den Stadtteilfesten auf.<br />
Die Förderschule an der Fröttmaningerstraße wurde 2006 von der ISB (Institut für Schulbildung)<br />
evaluiert. Dabei hielten sie fest, dass die Stärke der Schule im Engagement der<br />
Schülerinnen und Schüler liegt. Es ist daher auch nicht überraschend, dass unsere Schulsprecher<br />
bei den Schülerratswahlen als Bezirksschülersprecher der Förderschulen für<br />
Oberbayern gewählt worden sind. Darauf sind wir alle sehr stolz.<br />
Schülerpartizipation entwickelt sich auf anderen Ebenen und geht kreativ neue Wege. Ab<br />
April 2009 wird ein Kooperationsprojekt zwischen Willhelmgymnasium und der Förderschule<br />
an der Fröttmaningerstraße beginnen. In diesem Projekt werden die Schülerinnen<br />
und Schüler der Fröttmaninger Förderschule von den Schülerinnen und Schülern des<br />
Willhelmgymnasiums bei ihrem Hausaufgaben unterstützt. Gemeinsam mit Sternstunde e.V<br />
und der Schulsozialarbeit wird dieses Projekt in den Räumen des Willhelmgymnasiums<br />
statt fi nden und von Schulsozialarbeit begleitet. Für das Projekt haben sich schon 16 SchülerInnen<br />
angemeldet. Wir sind gespannt auf das Ergebnis und die weitere Entwicklung der<br />
Schülerpartizipation in der Fröttmaninger Förderschule.
Bediha Bayram-Hausleiter<br />
Schulsozialarbeit FÖS Fröttmaningerstraße<br />
21
Lomo-Kids: Die Welt mit anderen Augen sehen<br />
Eine Fotoausstellung von Kindern aus der<br />
Gemeinschaftsunterkunft Landsberger Straße 412<br />
Anaya hat kaum Freundinnen außerhalb der Gemeinschaftsunterkunft. Das Mädchen aus<br />
Nigeria lebt zusammen mit 100 weiteren Jungen und Mädchen aus 15 Nationen und<br />
5 Erdteilen in der Landsberger Straße 412, einem Heim für Asylbewerberinnen und Asylbewerber.<br />
Die Familien der Unterkunft leben isoliert von der deutschen Nachbarschaft; die Erwachsenen<br />
sind meist durch Flucht, Vertreibung und Gewalt belastet, die Kinder oft sich und ihrer Lange -<br />
weile überlassen. Fachkräfte sozialer Dienste versuchen die Integration in den Stadtteil zu<br />
fördern.<br />
Die Familien-, Jugend- und Erziehungsberatungsstelle des Stadtjugendamtes hat dazu vor<br />
Ort ein Fotoprojekt organisiert. Als eine Form zugehender sozialer Arbeit hat der Sozialpädagoge<br />
Jürgen Welder und der Diplom-Psychologe Stefan Näther den Kindern mit Hilfe<br />
der Fotografi e eine Möglichkeit gegeben, sich und ihre Umwelt mit anderen Augen zu<br />
sehen. Die Kinder lernen nicht nur Fotografi e, sondern auch Verantwortung und Teamfähigkeit.<br />
Sie lernen ihre Umwelt bewusster wahrzunehmen und fototechnische Aufgaben<br />
Schritt für Schritt zu bewältigen. Verwendet werden hierfür unter anderem so genannte<br />
Lomokameras, einfache Kameras, die teilweise mit speziellen Linsen arbeiten.<br />
Foto-Lomo-Projekte bedeuten gruppenpädagogische Arbeitsweisen mit einen experimentellen<br />
künstlerischen Arbeitsstil zu verbinden, die Kinder und Jugendliche besonders<br />
anspricht.<br />
Die Kids, im Alter von 8 bis 15 Jahren, griffen begeistert und voller Tatendrang das Fotoangebot<br />
auf. Ihre Kreativität und Neugier war beeindruckend. Mit Stolz konnten sie ihre<br />
fertigen Werke erleben und schließlich am 18. November 2008 bei einer Vernissage in der<br />
Unterkunft präsentieren. Die Vernissage war ein voller Erfolg für die Kinder, denn durch die<br />
zahlreichen Besucherinnen und Besucher durften sie einmal ganz im Mittelpunkt stehen<br />
und ihren Erfolg genießen.<br />
Nicht immer werden gerade besonders benachteiligte Familien von den Angeboten der<br />
Erziehungsberatung erreicht, obgleich ein hoher Bedarf bestünde. Mit verschiedenen<br />
Konzepten „mobiler Familienberatung“ versuchen wir, einen Zugang zu diesen Familien zu<br />
realisieren. Das Lomo-Projekt steht in unserer Tradition niederschwelliger Zugänge nach<br />
dem Motto: Die Familien-, Jugend-, und Erziehungsberatung geht dorthin, wo sie dringend<br />
gebraucht wird. Durch das „Vor-Ort-Sein“ haben sich zahlreiche Beratungskontakte<br />
ergeben, die nur über dieses erste Kennenlernen und die damit verbundene Vertrauensbildung<br />
möglich werden konnten.<br />
Jürgen Welder und Stefan Näther<br />
Familien-, Jugend- und Erziehungsberatung<br />
22
Ein neues Serviceangebot der Fachstelle<br />
Elternbriefe und Elterninformation<br />
Die Fachstelle Elterninformation und Elternbriefe<br />
hat ihr Angebot für Münchner Familien<br />
erweitert und in Zusammenarbeit mit dem<br />
Verein „Hilfe von Mensch zu Mensch“ für<br />
Familien aus Kroatien, Bosnien-Herzegowina,<br />
Serbien und Montenegro, Elternbriefe in<br />
serbisch / deutscher und kroatisch / deutscher<br />
Sprache erstellt.<br />
Die Elternbriefe fördern das Verständnis<br />
für die kindliche Entwicklung, unterstützen<br />
die Erziehungskompetenzen junger Eltern<br />
und geben Anregungen zur gewaltfreien<br />
Bewältigung von Konfl ikten im Familienalltag.<br />
Die einzelnen zweisprachigen Elternbriefe<br />
präsentieren sich als Sammlung unterschiedlicher<br />
Themen, wobei ein besonderer<br />
Fokus auf die besondere Situation der<br />
Migrantenfamilien gelegt wurde. Themen<br />
wie Zweisprachigkeit, in verschiedenen Kulturen aufwachsen, Fragen nach der Herkunft der<br />
Familie, werden in verschiedenen Elternbriefen aufgegriffen. Der Autor wurde von einem<br />
Arbeitskreis aus Fachleuten mit Migrationshintergrund sachkundig begleitet und unter stützt.<br />
Neben ihrer fachlichen Kompetenz konnten viele von ihnen auch ihre Alltagserfahrungen mit<br />
eigenen Kindern einbringen.<br />
Weitere Angebote der Fachstelle Elterninformation und Elternbriefe sind:<br />
die bereits bekannten 43 deutschen Elternbriefe und drei Sonderbriefe sowie für türkische<br />
Familien die 16 türkisch / deutschen Elternbriefe.<br />
Aktuelles Informationsmaterial vertieft familienrelevante Themen.<br />
Das Eltern-Service-Telefon ist ein Angebot, in dem Eltern bei Fragen bezüglich des<br />
Versandes der Elternbriefe und zu pädagogischen Themen kurz beraten werden können.<br />
Die Fachstelle Elternbriefe und Elterninformation beteiligt sich an der Kinder- und Familien -<br />
information in der Stadtinformation im Rathaus. Dort werden Auskünfte zu allen Fragen<br />
rund um das Leben von Familien in München angeboten.<br />
Unter www.muenchen.de/elternbriefe<br />
bietet die Fachstelle Elternbriefe und Elterninfor mation, einen Überblick über alle Angebote.<br />
Auch 2008 haben wieder etwa 60.000 Familien in München regelmäßig die Elternbriefe<br />
erhalten.<br />
Norma Melcher-Ledermann, Daniela Obermair<br />
Fachstelle Elternbriefe<br />
23
unter 14<br />
Jahren<br />
Außer Wiesn nichts gewesen<br />
Selbstverständlich waren wir vom Kinder- und Jugendschutz auch 2008 während der<br />
gesamten Zeit auf dem Oktoberfest vor Ort anzutreffen. Die zunehmende Sensibilisierung<br />
der Ordnungskräfte und die gegenseitig wertschätzende Zusammenarbeit ermöglichte,<br />
dass wir öfter bereits in den Nachmittagsstunden in ein Festzelt gerufen wurden. Dort<br />
trafen wir meist stark alkoholisierte Eltern mit Kleinkindern an, die es zu versorgen galt.<br />
Der Fall einer amerikanischen Touristin wurde sogar bis zu deren Meldeadresse nach<br />
Zürich weiterverfolgt. Somit läuft die lokale Arbeit des Jugendschutzes selbst global sehr<br />
kooperativ.<br />
Aber nicht nur die Eltern trinken. Vor allem an den Wochenenden fi el die Zahl alkoholisierter<br />
Jugendlicher auf. Diese trafen wir überwiegend auf der Festwiese selbst und nicht in den<br />
Festzelten an. Meist hatten sie sich ihren Alkoholisierungsgrad schon auf dem Weg zur<br />
Wiesn angetrunken. Insofern lässt sich aus dieser bedenklichen Bilanz wenigstens das<br />
erfreuliche Fazit ziehen, dass in den Zelten der Ausschank an Minderjährige gut kontrolliert<br />
wird. Andererseits beobachten wir seit einigen Jahren den Trend des sogenannten Vor- oder<br />
Durchglühens. Zunehmend betrinken sich die Jugendlichen vor dem Besuch der Wiesn.<br />
Teilweise machten sie die Nacht in diversen Clubs durch, um frühmorgens ab sechs Uhr vor<br />
den Festzelten anzustehen. Häufi g war der Andrang vor den Festzelten derart stark, dass<br />
die Ordnungskräfte, bereits vor der regulären Öffnungszeit, Eintritt gewähren mussten.<br />
Somit hatten die Festzelte, schon vor der eigentlichen Öffnung, wegen Überfüllung wieder<br />
geschlossen.<br />
Dank der sehr guten Kooperation mit den Ordnungsdiensten, der Polizei sowie den<br />
anderen Dienststellen und Beteiligten konnten wir auch 2008 sehr effektiven Jugendschutz<br />
betreiben. In Zahlen drückt sich unsere Arbeit vor Ort folgendermaßen aus:<br />
Die Erfahrung auf der Wiesn zeigt jedes Jahr, dass es nichts gibt, was es nicht gibt.<br />
Armin Anstett<br />
Kinder- und Jugendschutz<br />
24<br />
nach 20:00 Uhr aufgegriffene Kinder /<br />
Jugendliche ohne Begleitung<br />
Personensorgeberechtigte (r) /<br />
Erziehungsbeauftragte (r)<br />
davon (stark) alkoholisiert<br />
7 5<br />
14 bis 15 Jahre 27 16<br />
16 bis 18 Jahre 3 2<br />
GESAMT 37 23<br />
(davon 8 wegen starker<br />
Alkoholisierung in Betreuung beim<br />
Wiesn-BRK)
Soziale Netzwerke – In ist wer drin ist<br />
Nach den Ergebnissen der JIM-Studie (Jugend, Information, Multi-Media Studie) 2008 des<br />
Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest haben fast 3 /4 der 12- bis<br />
19-jährigen Internetnutzer Erfahrungen mit sozialen Netzwerken bzw. online-Communities.<br />
Auf <strong>Seiten</strong> wie schülerVZ, studiVZ oder lokalisten werden eigene (halb-)öffentliche Profi le<br />
mit Fotos, Videos und persönlichen Angaben erstellt. Diese Profi le ermöglichen, sich<br />
wiederum mit den Profi len von Freunden, Bekannten, Kollegen usw. zu verknüpfen, so dass<br />
sich der persönliche Aktionsrahmen der Heranwachsenden enorm erweitert. Eine positive<br />
(Selbst-)Darstellung ermöglicht damit neue Handlungsspielräume, die Stärkung sozialer<br />
Ressourcen sowie, durch das Feedback aus der Umwelt, auch die Stärkung des eigenen<br />
Selbstwerts. Das ist gerade in der Phase der Identitätsfi ndung ein wichtiger Prozess, in dem<br />
die reale und die virtuelle Welt zunehmend miteinander verschmelzen. Mit Hilfe der ein -<br />
fachen Gestaltungs- und Präsentationsmöglichkeiten im sog. Web 2.0 werden aus<br />
Konsumenten Produzenten medialer Inhalte. Entscheidend ist: „In ist wer drin ist.“<br />
Zudem ziehen immer häufi ger junge Menschen die Kommunikation in sozialen Netzwerken<br />
der persönlichen Kommunikation vor, da das Medium eine zeitliche wie räumliche Distanz<br />
schafft und somit Kontakte erleichtert – gerade auch zum anderen Geschlecht.<br />
Allerdings bringen online-Plattformen auch einige Gefahren und Risiken mit sich:<br />
Preisgabe persönlicher Daten, die damit für jeden (!) frei einsehbar sind (Verlust des<br />
Schutzes der Privatsphäre)<br />
Verletzung von Persönlichkeits- und Urheberrechten (datenschutzrechtliche Bedenken)<br />
Mobbing im Rahmen der Netzgemeinschaft (sog. Cyberbullying) bis hin zur Erfüllung<br />
von Straftatbeständen (z.B. Beleidigung, üble Nachrede, Verletzung des persönlichen<br />
Lebensbereichs)<br />
riskante Kontakte bis hin zu sexuellen Belästigungen<br />
Konfrontation mit ungeeigneten bzw. jugendgefährdenden Inhalten<br />
Hier ist es Aufgabe der Fachstelle Kinder- und Jugendschutz, sowohl die jugendlichen Nutzer<br />
als auch ihre Eltern bzgl. der möglichen Gefahren aufzuklären und ihnen mit entsprechenden<br />
Verhaltenstipps zur Seite zu stehen.<br />
Jeder hinterlässt Spuren im Netz – es ist jedoch genau zu überlegen, welche das sein sollen.<br />
Bianca Nickl, Marianne Richter<br />
Kinder- und Jugendschutz<br />
25
Ferienangebote – Familienpass<br />
2008 waren insgesamt 8.683 Kinder und Jugendliche in den Ferien mit dem Stadtjugendamt<br />
unterwegs. Im Vergleich zu 2007 ist dies eine Steigerung um 611 Teilnehmerinnen und<br />
Teilnehmer.<br />
Das Angebot der Ferienangebote und des Familienpasses umfasst eine außergewöhnlich<br />
breite Palette an pädagogisch betreuten, spannenden und immer neuen Ferienmaßnahmen.<br />
Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 15 Jahren können ein- bis zweiwöchige Ferienaufenthalte<br />
verbringen, mit dem Bus auf eintägige Erlebnisreise gehen oder mit den öffent -<br />
lichen Verkehrsmitteln Städtereisen unternehmen. In den Pfi ngstferien gibt es zusätzlich<br />
noch Stadtreisen mit dem Zug. Und im Sommer lädt das wunderbare Festival „Kinder-<br />
Zirkus-Attraktionen“, an dem sich die „Ferienangebote“ als Kooperationspartner beteiligen,<br />
alle Münchner Kinder und Jugendlichen zum Mitmachen ein. Außerdem bieten wir eine<br />
Vielzahl von Workshops an. Einen Überblick über die TeilnehmerInnenzahlen und das<br />
Programm, das 2008 den Schwerpunkt „Interkulturelle Verständigung“ hatte, zeigt die<br />
nachstehende Tabelle:<br />
Gesamtjahresstatistik 2008 2008 (ohne (ohne Winter Winter 08/09) 08 / 09)<br />
Teilnehmer/innen<br />
Teilnehmer/innen<br />
-zahl (m+w)<br />
-zahl (m+w)<br />
Weiblich Männlich<br />
Anzahl ausl.<br />
TeilnehmerInnen<br />
TeilnehmerInne<br />
n<br />
Anzahl ausl.<br />
bevorzugter<br />
Einbuchungen<br />
BetreuungsBetreuungstagetage<br />
Ferienaufenthalte 1.298 690 608 122 262 13107<br />
Kinder-Zirkus-Attraktionen 206 134 70 11 5 1236<br />
Eintägige Erlebnisreisen/Stadtreisen 6.775 0 0 421 87 6775<br />
Workshops 404 158 130 9 11 707<br />
Rundum-Sorglos für Familien 67* 0 0 0 0 444<br />
Gesamt<br />
8.683 982 808 563 365 22269<br />
*bei bei Rundum-Sorglos Rundum-Sorglos nahmen 17 17 Erwachsene und und 46 Kinder 46 Kinder teil. teil. Bei Rundum-Sorglos-Youngster Bei Rundum-Sorglos-Youngster nahmen nahmen 10 Erwachsene 10 Erwachsene und 11 Kinder und 11 teil. Kinder teil.<br />
Darüber hinaus sind wir verantwortlich für den Münchner Ferienpass und den Münchner<br />
Familienpass, der 2008 erstmals erschien. Das neue familienfördernde Instrument nahmen<br />
die Bürgerinnen und Bürger so gut an, dass der Familienpass bereits nach einem Jahr<br />
Bestehen eine Erfolgsgeschichte schreiben kann.<br />
Familienpass<br />
Am 27. Februar 2008 ging der erste Münchner Familienpass an den Start. Nach nur einer<br />
Woche hatten wir bereits 10.000 Stück ausgeliefert und die Nachaufl age beauftragt.<br />
Insgesamt wurde er über 13.000 mal verkauft. Dank des SZ-Adventskalenders für gute<br />
Werke der Süddeutschen Zeitung e.V. gingen rund 2.000 Pässe kostenlos an bedürftige<br />
Familien.<br />
Gemäß dem sportlichen Motto „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“ begann direkt nach der<br />
Erstveröffentlichung die Arbeit für den Familienpass 2009, der schließlich am 8. Dezember<br />
2008 erschien. Die Partner, Unternehmen, kulturelle Einrichtungen und Träger meldeten<br />
positive Erfahrungen zurück. Nicht zuletzt aus diesem Grund konnten wir die Angebote 2009,<br />
im Vergleich zum ersten Familienpass, von 88 auf 124 steigern.<br />
Neu hinzugekommen sind die Hofpfi sterei, 1860 München, Biomärkte, die Ökokiste, das<br />
Museum Villa Stuck, das Forsthaus Kasten, einige Bergbahnen und viele weitere Partner.<br />
26
Die eigenen Kurs- und Erlebnisangebote des Stadtjugendamtes wie Familienführungen<br />
durch die Allianz Arena oder den Bayerischen Rundfunk erhöhten wir aufgrund der starken<br />
Nachfrage von 8 auf 20.<br />
Der Familienpass gilt für 2 Erwachsene mit bis zu 4 Kindern bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.<br />
Großfamilien mit mehr als vier eigenen Kindern erhalten kostenlos beim Stadtjugendamt<br />
einen zusätzlichen Familienpass. Beim Kauf müssen sich Familien nicht ausweisen. Es gilt:<br />
„Familie ist dort, wo Kinder sind“. So können von diesem Angebot auch Familien mit Pfl egekindern<br />
oder Großeltern mit Enkelkindern profi tieren.<br />
Der Verkaufspreis des Familienpasses konnte auch 2009 bei nur sechs Euro gehalten werden,<br />
weil die Landeshauptstadt München und die Sparda-Bank München eG sich an der<br />
Finanzierung der Gutscheine und Angebote beteiligen. Die Stadt München unterstützt den<br />
Familienpass mit 60.000 Euro, die Sparda-Bank mit 75.000 Euro.<br />
Barbara Hein<br />
Ferienangebote / Familienpass<br />
Ferienpass<br />
Die Einführung des Familienpasses brachte auch Veränderungen beim Ferienpass mit sich,<br />
denn den Begleitpass für Erwachsene gibt es seither nicht mehr. Ein Großteil der Angebote<br />
für erwachsene Begleitpersonen fl oss in den neuen Familienpass ein. Doch die Beliebtheit<br />
des Ferienpasses ist unverändert geblieben. 2008 verkauften wir im Stadtgebiet München<br />
und in den umliegenden Landkreisen insgesamt 36.453 Ferienpässe. Im Vergleich zum<br />
Vorjahr sind das 2.593 Pässe mehr, was eine Steigerung von 7,66 % bedeutet. Die Anzahl<br />
der Pässe für bedürftige Familien, fi nanziert aus den Mitteln des SZ-Adventskalenders, stieg<br />
ebenso und zwar von 9.985 auf 11.329. Das sind 13,46 % mehr im Vorjahr.<br />
Susanne Brandstetter<br />
Ferienangebote / Familienpass<br />
Ferienaufenthalte<br />
2008 organisierte das Stadtjugendamt insgesamt 48 mehrtägige Ferienaufenthalte. So konnten<br />
1.298 Kinder ein- bis zweiwöchig pädagogisch betreut werden. Urlaubsziele waren Bauernhöfe<br />
in Bayern und Ferienhäuser in Südtirol und Österreich. In Kroatien und Dänemark fanden<br />
Meeresfreizeiten statt. Das Jahresmotto „Interkulturelle Verständigung“ wurde durch<br />
Schulungen der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer, durch spezielle Zusatzangebote<br />
sowie Gesellschafts- und Gruppenspiele auf allen Ferienfreizeiten umgesetzt.<br />
Häufi g berichten Eltern von großen Schwierigkeiten, Beruf und Familie zu vereinen. Die<br />
mehrtägigen Aufenthalte entlasten viele Familien, da sie ihre Kinder professionell betreut<br />
wissen und sie ihren Urlaub rechtzeitig planen können. Um den enormen Bedarf zu decken,<br />
sind wir auf Drittmittel von Stiftungen angewiesen und konnten 2008 die Betreuungstage<br />
mit dieser Unterstützung ausbauen. Herzlichen Dank!<br />
27
Ermäßigungsmöglichkeiten für Eltern mit<br />
geringem Einkommen oder ALG-II-Bezug<br />
In telefonischen Beratungsgesprächen beklagen Eltern immer wieder die ständig wachsenden<br />
Kosten beispielsweise für Nahrungsmittel, Schulmaterialien und Energie. Und viele<br />
Familien haben zudem ein sehr geringes Einkommen, bekommen einen ALG-II Zuschuss<br />
und leben am Existenzminimum. Daher ist in den letzten Jahren die Zahl der Einzelfallermäßigungen<br />
kontinuierlich gestiegen. Besonders mehrköpfi ge Familien nutzten diese<br />
Möglichkeit, da sie sonst lediglich einem ihrer Kinder einen Ferienaufenthalt hätten<br />
fi nanzieren können.<br />
In den Sommer- und Herbstferien 2008 sowie den Winterferien 2008/2009 konnten 415<br />
Kinder und Jugendliche aufgrund genehmigter Einzelanträge zu vergünstigten Konditionen<br />
mit den Ferienangeboten auf Reisen gehen. Das bedeutet eine Reduzierung der gesamten<br />
Teilnahmekosten um 50.324,10 Euro.<br />
Sommer- und Herbstferien 2008 – 365 Ermäßigungsanträge<br />
Besonderer Dank gilt der Josef-Schörghuber-Stiftung und dem SZ-Adventskalender für<br />
die großzügige fi nanzielle Unterstützung. Allein diese Zuwendungen ermöglichen die<br />
Einzelfallermäßigungen.<br />
28<br />
106<br />
20<br />
259<br />
Winterferien 2008 / 2009 – 50 Ermäßigungsanträge<br />
20<br />
30<br />
Familien mit<br />
ALG-II-Bezug<br />
Familien mit<br />
geringem<br />
Einkommen<br />
Familien mit<br />
ALG-II-Bezug<br />
Familien mit<br />
geringem<br />
Einkommen
Kinder-Zirkus-Attraktionen<br />
Auch 2008 öffnete das Zirkus-Festival „Kinder-Zirkus-Attraktionen“ auf dem Gelände des<br />
Münchner Kindl-Heims wieder seine Tore. Das beliebte Ferienprogramm stellten wir, die<br />
freien Träger Kreisjugendring München-Stadt, Spiellandschaft Stadt e.V., das Schul- und<br />
Kultusreferat / Freizeitsport, PA Spielen in der Stadt e.V. und der Zirkus „TRAU DICH“ bereits<br />
zum dritten Mal gemeinsam auf die Beine. So konnten die Kooperationspartner im Zeitraum<br />
vom 04. August bis 06. September 2008 rund 600 ganztagesbetreute Ferienplätze anbieten.<br />
Am Workshopprogramm des Zirkus´ „Simsala“ und des Zirkus´ „Ganz Spontan“ mit Ganztagesbetreuung<br />
nahmen vom 25. bis 30. August 2008 und vom 01. bis 06. September 2008<br />
insgesamt 201 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren teil. Für dieses Projekt schlossen<br />
sich die Ferienangebote mit „Spielen in der Stadt“ und dem Zirkus „TRAU DICH“ zusammen.<br />
Die „Ferienangebote“ sorgten für die Ganztagesbetreuung mit Verpfl egung. „Spielen in der<br />
Stadt“ organisierte das kostenlose Außenprogramm und der Zirkus „TRAU DICH“ übernahm<br />
die Workshops des Zirkus´ „Simsala“.<br />
Sabine Faber<br />
Ferienangebote / Familienpass<br />
29
Eintägige Erlebnisreisen<br />
Winterferien 2007 / 2008<br />
Im Winter gingen <strong>51</strong>4 Kinder und Jugendliche mit dem Stadtjugendamt auf eintägige<br />
Erlebnis reisen. Dabei erlebten die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer Rodelvergnügen,<br />
Wildfütterungen, Reiten in winterlicher Landschaft oder Schwimmen vor mächtigen Bergpanoramen.<br />
Dank der wachsamen Augen unserer Betreuerinnen und Betreuer, gab es<br />
weder Knochenbrüche noch Krankenhausbesuche.<br />
30<br />
Osterferien 2008<br />
Das Osterferienprogramm bot insgesamt<br />
72 Ausfl üge für 2575 Kinder und Jugendliche.<br />
Besonders begehrt waren beispielsweise<br />
die Fahrten nach Valley, wo junge Nachwuchs<br />
musiker im Orgelmuseum mit dem<br />
Museumsleiter in die Orgel schlüpfen<br />
konnten, oder ein Besuch im neuen Leibniz<br />
Rechenzentrum, das zum Thema Internetkriminalität<br />
seine modernsten Hörsäle zur<br />
Verfügung stellte.<br />
Pfi ngstferien 2008<br />
In den Pfi ngstferien wurde die Serie der<br />
Städtereisen wieder um drei attraktive<br />
Zug-Fahrten erweitert – sie führten nach<br />
Nürnberg, Berchtesgaden und Schliersee<br />
und boten so attraktive Programmpunkte<br />
wie den Besuch von Flocke, dem kleinen<br />
Eisbären, oder eine kindgerechte Sonder -<br />
veranstaltung im unterirdischen Heil -<br />
stollen des Salzbergwerkes Berchtesgaden.<br />
Sommerferien 2008<br />
Im Sommer konnten Münchner Kinder<br />
und Jugendliche aus fast 100 eintägigen<br />
Erlebnisreisen wählen. Dabei standen die<br />
Ausfl üge ganz im Zeichen der Sommer -<br />
olympiade 2008. Neben verschiedenen Wettbewerben, sei es beim Schwimmen oder<br />
Federball, gab es eine eigene Kinderolym piade mit Spieldisziplinen wie Parallelseilhüpfen<br />
oder Holzklötzchenlaufen, an der mehr als 200 Kinder teilnahmen.<br />
Aufgrund der starken Nachfrage erweiterten wir die Zwergerlausfl üge für 5- bis 7jährige<br />
Kinder um mehr als 200 Plätze. Dank der großzügigen Förderung der Josef-Schörghuber-<br />
Stiftung war es möglich, die Zahl der Familien, die an Familienfahrten teilnahmen, um 10 %<br />
zu erhöhen. Da die Josef-Schörghuber-Stiftung die Programmlinie „Bergwandern“ erneut<br />
förderte, konnten der Wank bei Garmisch, die Hochries im Inntal und der Wendelstein bei<br />
Bayrischzell als neue Ausfl ugsziele ins Programm mit aufgenommen werden.
Integrationsstelle<br />
Bei den Ferienangeboten des Stadtjugendamtes München ist es möglich Kinder und<br />
Jugend liche, mit speziellem oder erhöhtem Betreuungsbedarf, über die Integrationsstelle<br />
bevorzugt einzubuchen. Im Vorfeld fi ndet eine telefonische oder persönliche Beratung statt,<br />
um ein geeignetes Angebot herauszufi nden und den Betreuungsbedarf zu klären. In vielen<br />
Fällen setzen wir so genannte Bezugsbetreuer / innen ein, die bereits vor der Maßnahme<br />
Kontakt zur jeweiligen Familie aufnehmen, Informationen einholen und sich während der<br />
Freizeit besonders um die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen kümmern.<br />
2008 meldete die Integrationsstelle insgesamt 365 Kinder und Jugendliche zu den verschiedensten<br />
Ferienmaßnahmen des Stadtjugendamtes an (vgl. Tabelle 1).<br />
„Ein Pferd für alle 2008“ in Verona<br />
Die Integrationsstelle organisierte 2008 in Zusammenarbeit mit dem bayrischen Pilgerbüro<br />
und der Lebenshilfe Berchtesgaden erstmals das Projekt „Ein Pferd für alle“ in Verona,<br />
Münchens Partnerstadt. So konnten etwa 170 Menschen mit den unterschiedlichsten<br />
Behinderungen aus München und Bayern sowie deren Begleitpersonen ein kostenloses,<br />
unvergessliches Wochenende am Gardasee verbringen. Highlight des Kurzurlaubs war<br />
eine große Veranstaltung in Verona mit Reiten, Kutschfahrten, Vorführungen von Show-<br />
und TurnierreiterInnen sowie leckerem Essen. Die Münchner Familien bedanken sich sehr<br />
herzlich für diese großzügige Einladung!<br />
Jonna Somma<br />
Leitung Ferienangebote / Familienpass<br />
Personalstelle<br />
2008 setzte das Stadtjugendamt insgesamt 530 Betreuerinnen und Betreuer ein. Im<br />
Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von etwa 8,5 %. Auch die Anzahl der<br />
Bezugsbetreuerinnen und Bezugsbetreuer für Kinder und Jugendliche mit Behinderung ist<br />
im Vergleich zu 2007 um 8 % gestiegen.<br />
Einen Überblick gibt folgende Tabelle 1:<br />
Personal Personal Weiblich Männlich Gesam Gesamtt<br />
Betreuerinnen /Betreuer<br />
Betreuerinnen / Betreuer<br />
Bezugsbetreuerinnen /<br />
Bezugsbetreuer<br />
/Bezugsbetreuer<br />
Teamleiterinnen /Teamleiter<br />
Teamleiterinnen / Teamleiter<br />
Das Fortbildungsangebot 2008 war ein voller Erfolg: an den Seminaren nahmen insgesamt<br />
132 neue ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teil. Die Fortbildungen wie<br />
beispielsweise „Erlebnispädagogik“, „Impro-Theater“, „Rettungsschwimmer“ oder<br />
„Interkulturelle Verständigung“ verzeichneten 106 Anmeldungen.<br />
Kerstin Preißer, Walter Weber<br />
Ferienangebote / Familienpass<br />
346 89 435<br />
29 13 42<br />
26 27 53<br />
Gesam Gesamtt<br />
401 129 530<br />
31
Bürgerschaftliches Engagement<br />
Im sozialen Versorgungsnetz der Stadt stellt Bürgerschaftliches Engagement (BE) einen<br />
wichtigen ergänzenden Bestandteil dar und hat sich in den letzten Jahren immer mehr<br />
etabliert. Die Abteilung „Angebote der Jugendhilfe“ hat für alle sozial engagierten<br />
Bürgerinnen und Bürger vielfältige regelmäßige oder projektbezogene Einsatzmöglichkeiten.<br />
Neben den „klassischen Einsatzbereichen“ in Lernhilfe und Hausaufgabenbetreuung,<br />
Berufs vorbereitung, Mittagstischbetreuungen und Freizeitaktivitäten sowie als Familienhelferinnen<br />
und -helfer fanden 2008 folgende Projekte statt:<br />
Bain-Bewerbungstraining<br />
Juni 2008 fand in den Räumen der Unternehmensberatung Bain&Co. ein eintägiges<br />
Bewerbungstraining statt. 20 Schülerinnen und Schüler aus zwei Hauptschulen übten<br />
Vorstellungsgespräche im Rollenspiel und erhielten neben einem Check der Bewerbungsunterlagen<br />
hilfreiche Tipps zur Berufswahl.<br />
Schülerpaten-Kooperationsprojekt mit Caritas Freiwilligenzentrum München Ost<br />
Seit September 2008 sind an zwei Hauptschulen derzeit 18 Patinnen und Paten aktiv.<br />
Neben ihrer Berufstätigkeit – oder in ihrer (Vor-)Ruhestandssituation – widmen sie sich der<br />
gezielten Begleitung und Unterstützung von Schülerinnen und Schülern zur Berufswahl,<br />
Verfassen von Bewerbungsschreiben, Lehrstellensuche, aber auch bei Lern- und Prüfungsaufgaben.<br />
Es ist geplant, aufgrund der steigenden Patenschaftsanfragen, das Projekt an<br />
einer weiteren Hauptschule durchzuführen.<br />
Qualikursprojekt<br />
Finanziert mit Spendenmitteln, haben an vier Hauptschulen Qualikurse begonnen, an denen<br />
insgesamt 60 Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Mit Hilfe von ehrenamtlichen<br />
Helferinnen und Helfern ist die Vorbereitung für den qualifi zierenden Hauptschulabschluss<br />
durch eine gezielte Förderung in Kleingruppen intensiviert worden. Die Kurse dauern<br />
6-8 Monate und fi nden wöchentlich statt.<br />
Corporate volunteering - Marktplatz Gute Geschäfte München<br />
Als Zeitspenden fanden Firmenengagements in der Schulsozialarbeit in Form von Bewerbungsplanspielen<br />
und Firmenpräsentationstagen statt. Von den Auszubildenden des<br />
Baureferats / Gartenbau ist ein Innenhof an der Hauptschule Perlacherstraße verschönert<br />
worden. Für 2009 wird weiterhin um Zeitspenden zur Verstärkung der Bewerbungsplanspiele<br />
in der Schulsozialarbeit sowie für Schülerpatenschaften geworben.<br />
Münchner Freiwilligenmesse<br />
Im Anschluss an die zahlreichen Anfragen nach Engagementmöglichkeiten wurden<br />
Beratungs- und Aufnahmegespräche geführt, um interessierte Bürgerinnen und Bürger für<br />
ein Engagement zu vermitteln. Auch 2009 ist die Teilnahme geplant.<br />
Jobmentoring<br />
Das Projekt Jobmentoring hatte mit dem Schuljahr 2007/8 das erste vollständige Schuljahr,<br />
in dem gleich zu Beginn der 9. Klassen die Arbeit aufgenommen werden konnte.<br />
Das gemeinsame Ziel mit Schulsozialarbeit, dem Lehrkörper und der Berufsberatung der<br />
Agentur für Arbeit ist, an 13 Hauptschulen möglichst vielen Abgängerinnen und Abgängern<br />
in Ausbildungsplätze zu verhelfen.<br />
32
Vorgesehen ist, dass jeweils ein Mentor eine ganze Klasse übernimmt. Dies ist keine Frage<br />
der Systematik, sondern beruht auf der Tatsache, dass nur 25 Jobmentoren für 13 Hauptschulen,<br />
mit mehr als 32 Abgangsklassen zur Verfügung stehen.<br />
Um das 1:1-Klassen-Verhältnis zukünftig zu gewährleisten, müssen noch weitere<br />
Jobmentoren gefunden werden.<br />
Die Jobmentoren (JM) gehen in der Regel in der Hauptvermittlungszeit (Januar bis Juni)<br />
zweimal pro Woche in die Schulen und können pro Vormittag 6 bis 8 Schülerinnen, Schüler<br />
beraten. Sie sehen im günstigsten Fall jede Person einmal pro Woche. Viele Termine lassen<br />
sich dadurch verkürzen, dass die Schülerinnen und Schüler, bei denen Bewerbungsstelle<br />
und Bewerbungstext feststehen, den Klassenleiterinnen und den Klassenleitern zu einem<br />
letzten Check ihre Unterlagen vorlegen und die Bewerbung abschicken.<br />
5 der 13 Schulen sind auf Wunsch der Schulleitung dazu übergegangen, einem Jobmentor<br />
6 feste Personen zuzuordnen. Das führt zu einer kleineren Zahl betreuter Jugendlicher, aber<br />
zu einer intensiveren Betreuung. Davon profi tieren vor allem die, die es allein nicht schaffen<br />
würden, aber als berufsfähig gelten.<br />
Ursprünglich war vorgesehen, dass die JM vor allem als Lobbyisten der Hauptschülerinnen<br />
und Hauptschüler gegenüber der Wirtschaft auftreten und für diesen Schulzweig geeignete<br />
Stellen akquirieren. Es hat sich aber im Laufe des Projekts herausgestellt, dass gleichzeitig<br />
auch an den Schülerinnen und Schülern gearbeitet werden muss, um die Lücke zwischen<br />
Hauptschule und Wirtschaft zu schließen. Das führt dazu, dass sich die JM auch mit Üben<br />
von Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgesprächen und Auswahl eines passenden Berufs<br />
befassen, bei denen Hauptschülerinnen und Hauptschüler auch Chancen haben.<br />
Die Erfolge im quantitativen Sinne sind im ersten vollen Schuljahr bereits deutlich sichtbar.<br />
Der Prozentanteil der Schülerinnen und Schüler, die am Ende der 9. Klassen (Ende Juli)<br />
über eine Lehrstelle verfügen, liegt im München-Schnitt bei 25 %. Diejenigen Schulen, an<br />
denen ein JM eine ganze Klasse übernimmt, liegen deutlich darüber. Spitzenreiter ist die<br />
Lehrer-Wirth-Schule mit 68 %. Der Durchschnitt für alle Schulen mit JM lag bei 35 %. Bei<br />
denjenigen Schulen, die nur eine Betreuung von 6 Schülern durch JM wünschen, wirkt sich<br />
das in der Gesamtstatistik der Schule entsprechend geringer aus.<br />
Jobmentoring wird im Schuljahr 2009/10 weitergeführt. Mittlerweile ist eine Jobdatei mit<br />
speziellen, für Hauptschülerinnen und Hauptschüler geeigneten Lehrstellen aufgebaut.<br />
Fortbildungsangebote<br />
2008 starteten wir eine Fortbildungsstaffel für unsere Bürgerschaftlich Engagierten. Ziel<br />
war, spezifi sches inhaltliches Basiswissen zu vermitteln. Die Themen der Fortbildungen<br />
orientierten sich deshalb an den Tätigkeitsfeldern der Ehrenamtlichen in unserer Abteilung.<br />
Joachim Gehrig, Daniela Staimer, Dr. Wolfang Thoennissen<br />
Bürgerschaftliches Engagement<br />
33
Statistik<br />
Jugendgerichtshilfe<br />
Jugendgerichtshilfe wird immer dann tätig, wenn Jugendliche (14 bis einschließlich 17 Jahre)<br />
oder Heranwachsende (18 bis 21 Jahre) eine Straftat begangen haben.<br />
Die gesetzlich vorgeschriebene Jugendgerichtshilfe in der Landeshauptstadt München ist<br />
überwiegend in der Abteilung „Angebote der Jugendhilfe“ angesiedelt. Als Pfl ichtaufgabe<br />
arbeitet sie auf den gesetzlichen Grundlagen des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) gem. §§ 38<br />
und 50. Abs. 3 Satz 2, und dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) § 52.<br />
Selbstverständlich werden innerhalb der beiden Gesetze alle Möglichkeiten einer professionellen<br />
erzieherischen Jugendhilfeunterstützung für die jungen Menschen von den<br />
Fachkräften und deren Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner ausgeschöpft<br />
und angewendet.<br />
Für türkische, albanische, aus dem arabisch sprechenden Raum und aus dem ehemaligen<br />
Jugoslawien kommende Jugendliche und Heranwachsende übernimmt die Arbeiterwohl -<br />
fahrt München Stadt GmbH, Referat „Migration“ den gesetzlichen Auftrag im Rahmen der<br />
Jugendgerichtshilfe.<br />
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe beraten und begleiten die<br />
Jugendlichen und Heranwachsenden während des gesamten Strafverfahrens, also vor,<br />
in und nach der Gerichtsverhandlung. Sie haben die Aufgabe, das Gericht über die Persön -<br />
lichkeit, über das Lebens- und soziale Umfeld des jungen Menschen zu informieren,<br />
geben eine Sozialprognose ab und unterbreiten Vorschläge zu richterlichen Weisungen, die<br />
vorrangig erzieherisch sind und auf den weiteren Lebensweg des jungen Menschen positiv<br />
einwirken sollen.<br />
Addiert man die Fälle aus der Jugendgerichtshilfe Stadtjugendamt München und Arbeiterwohlfahrt<br />
München Stadt zusammen, ergibt dies für 2008 eine Gesamtfallzahl von 3.327<br />
Fällen. Im Gegensatz zum Vorjahr bedeutet das eine Verringerung der Gesamtfallzahlen<br />
um 2,2 Prozent. Dies bedeutet durchschnittlich pro Mitarbeiterin und Mitarbeiter bei der<br />
städtischen Jugendgerichtshilfe 213 Fälle im Jahr.<br />
Die Intensität der Fälle bewegt sich weiterhin auf einem hohem Niveau. Durch die erhöhte<br />
Gewaltbereitschaft der jungen Menschen und die Schwere der Delikte reicht in einigen<br />
Fällen eine Verhandlung oft nicht mehr aus. Fortsetzungs-, Berufungs- und Schöffenverhandlungen<br />
sowie die Einleitung geeigneter Jugendhilfemaßnahmen binden viel Zeit und Engagement.<br />
Dadurch wird für die Kolleginnen und Kollegen der Jugendgerichtshilfe aus ursprünglich<br />
einem Gerichtstag pro Woche, es auch weiterhin oft mehr als zwei Gerichtstage pro<br />
Woche geben.<br />
Dass die Jugendgerichtshilfe in München trotzdem eine hohe Anerkennung genießt, hängt<br />
zum einen von der guten Kooperation mit dem Jugendgericht zusammen und zum anderen,<br />
mit dem Engagement und dem Qualitätsbewusstsein der einzelnen Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeiter.<br />
34
Staatsangehörigkeiten (Ausländer)<br />
400<br />
375<br />
350<br />
325<br />
300<br />
275<br />
250<br />
225<br />
200<br />
175<br />
150<br />
125<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
sonst.<br />
EU-<br />
Staaten<br />
Serbien/<br />
Mont.<br />
Türkei<br />
Osteurop.<br />
St.<br />
Asien<br />
Afrika<br />
Sonst.<br />
St.<br />
Deutsche und Ausländer in absoluten Zahlen nach Stadtvierteln<br />
Stadtviertelnummern (ohne = nicht in München gemeldete Jugendliche und Heranwachsende)<br />
250<br />
240<br />
230<br />
220<br />
210<br />
200<br />
190<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
ohn<br />
e<br />
Staatenlos<br />
Bosnien<br />
Kroatien<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25<br />
Albanien<br />
Rumäni-<br />
Polen<br />
Kosovo<br />
Arab.-<br />
Staaten<br />
35<br />
Unbe-
550<br />
525<br />
500<br />
475<br />
450<br />
425<br />
400<br />
375<br />
350<br />
325<br />
300<br />
275<br />
250<br />
225<br />
200<br />
175<br />
150<br />
125<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
Delikte Deutsche und Ausländer<br />
Dieb<br />
stahl<br />
Geschlechterverteilung<br />
Gesamt: 3327<br />
36<br />
Körperverletzung<br />
BtmG<br />
Verkehrsdelikte<br />
Bef.Er-<br />
Deutsch männlich:<br />
1506<br />
45,27 %<br />
Ausländergesetz<br />
= Deutsch<br />
= Ausländer<br />
Sachbeschädi-<br />
Nötigung/Be<br />
drohung<br />
Betrug/U<br />
ntreue<br />
Beleidigung/Ver<br />
l.<br />
Raub/Er<br />
pressung<br />
Ausländerinnen:<br />
281<br />
8,45 %<br />
Deutsch weiblich:<br />
381<br />
11,45 %<br />
Begünstigung/H<br />
ehlerei<br />
Brandstiftung<br />
Totschlag/M<br />
ord<br />
Ausländer männlich:<br />
1159<br />
34,84 %<br />
Sonst.<br />
Straftaten
Die prozentuale Belastung der einzelnen Stadtviertel (JGH-Belastungszahlen)<br />
= Deutsch<br />
=Ausländer<br />
Diese Zahlen beziehen sich auf die Bewohnerinnen und Bewohner der Altersgruppe 14 bis<br />
21 in den einzelnen Münchner Stadtvierteln. Die Zahlen bezeichnen den Prozentanteil der<br />
Jugendlichen und Heranwachsenden, die mit der Jugendgerichtshilfe (Angebote der Jugend -<br />
hilfe / Jugendgerichtshilfe und Arbeiterwohlfahrt) 2008 in Kontakt kamen und bei denen eine<br />
Hauptverhandlung am Jugendgericht durchgeführt wurde.<br />
Die Zahlen belegen aber auch, dass weiterhin grundsätzlich 99 %der deutschen Jugend<br />
lichen und Heranwachsenden und 97 % der nichtdeutschen Jugendlichen und Heranwachsenden<br />
im Stadtdurchschnitt nicht aktenkundig wurden.<br />
Im Zuge der öffentlichen Diskussion um Gewaltstraftaten im Zusammenhang mit den so<br />
genannten „U-Bahn-Schlägern“, Dezember 2007, wird hier eine Statistik der absoluten<br />
Gewaltstraftaten (Summe der Verfahren absolut wg. Gewalttaten mit Jugendgerichtshilfe-<br />
Beteiligung vor dem Jugendgericht = (Körperverletzung, Nötigung + Bedrohung / Raub+<br />
Erpressung / Totschlag+Mord), der letzten elf Jahre (1998 – 2008) vorgestellt.<br />
37
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
276<br />
Diagramm absolute Zahlen Gewaltstrafverfahren 1998-2008<br />
Summe der Verfahren wg. Gewalttaten mit<br />
Jugendgerichtshilfe-Beteiligung vor dem<br />
Jugendgericht = (Körperverletzung, Nötigung +<br />
Bedrohung / Raub+Erpressung / Totschlag+Mord)<br />
371<br />
Diagramm Strafverfahren gesamt und Gewaltstrafverfahren weiblicher Beschuldigter<br />
1998-2008<br />
Auffällig ist die Steigerung der Fallzahl der weiblichen Beschuldigten mit Gewaltstraftaten im<br />
Jahr 2008 im Vergleich zu 2007 und im Jahresvergleich 1998-2008.<br />
38<br />
247<br />
374<br />
338<br />
315<br />
290 290<br />
325<br />
467<br />
277<br />
360<br />
= Deutsch<br />
= Ausländer<br />
346<br />
352<br />
296 299<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
421<br />
396<br />
415<br />
78<br />
54 63<br />
66 73 72<br />
479<br />
549<br />
565<br />
395 391<br />
59 <strong>51</strong><br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
392<br />
479<br />
698<br />
114<br />
4<strong>51</strong><br />
384<br />
676<br />
129<br />
461<br />
443<br />
662<br />
135
Diagramm prozentualer Anteil der Gewaltstrafverfahren an den Strafverfahren<br />
1998-2008 mit Beteiligung der JGH<br />
30,0<br />
25,0<br />
20,0<br />
15,0<br />
10,0<br />
5,0<br />
0,0<br />
25,2<br />
% an den Verfahren der JGH = Gewalttaten mit<br />
Jugendgerichtshilfe-Beteiligung vor dem<br />
Jugendgericht = (Körperverletzung, Nötigung +<br />
Bedrohung / Raub+Erpressung / Totschlag+Mord)<br />
23,7 23,8<br />
Hier zeigt sich, dass in den Jahren 2006 und 2007, im Vergleich zu den Vorjahren, ein starker<br />
Anstieg in diesem Bereich zu verzeichnen ist. Dies verdeutlicht, dass vor allem in der Gewaltprävention<br />
große Anstrengungen seitens aller Institutionen unternommen werden müssen.<br />
Judith Krauß<br />
stellv. Leiterin Jugendgerichtshilfe<br />
21,5<br />
24,3 24,5<br />
24,1<br />
22,8<br />
20,0<br />
Mittelwert 23,5 %<br />
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008<br />
21,3<br />
39<br />
27,2
TOA<br />
Täter-Opfer-Ausgleich<br />
Angebot und Zielgruppe<br />
Begehen Jugendliche oder Heranwachsende Straftaten, durch die andere Personen geschädigt<br />
oder verletzt wurden, können Staatsanwaltschaft oder Gericht eine aussergerichtliche<br />
Konfl iktschlichtung anregen. Der Täter-Opfer-Ausgleich ist ein Angebot an Beschuldigte und<br />
Geschädigte, für den zugrunde liegenden Konfl ikt, um mit Hilfe von geschulten Mediator Innen<br />
eine befriedende Lösung zu fi nden und den entstandenen Schaden zu regulieren.<br />
Fallzuweisung und Ziele<br />
Die gesetzlichen Grundlagen des Täter-Opfer-Ausgleichs sind in § 45 II JGG, § 47 I Nr. 2 JGG<br />
und § 10 I Nr. 7 JGG geregelt. In der Regel erfolgt die Fallzuweisung durch die Staatsanwaltschaft<br />
– die strafrechtliche Bedeutung des Täter-Opfer-Ausgleichs liegt hier in der<br />
informellen Verfahrenserledigung (Diversion). Sind die oben bereits erwähnten Ziele der<br />
Konfl iktlösung und Schadenswiedergutmachung erfüllt, kann vom MediatorInnen-Team eine<br />
Einstellung des Strafverfahrens oder eine Strafmilderung angeregt werden.<br />
Ablauf<br />
Das allparteiliche MediatorInnen-Team<br />
führt getrennte Vorgespräche mit den Beteiligten eines Konfl ikts;<br />
unterstützt die Parteien bei der persönlichen Aussprache;<br />
hilft bei der Vereinbarung einer Wiedergutmachung (Entschuldigung, Schmerzensgeld,<br />
Schadensersatz u.a.m.) und kontrolliert deren Einhaltung;<br />
berichtet Staatsanwaltschaft und Gericht über das Ergebnis.<br />
Der Täter-Opfer-Ausgleich im Stadtjugendamt München<br />
Analog der Jugendgerichtshilfe werden auch beim Täter-Opfer-Ausgleich des Stadtjugendamtes<br />
München ausschließlich Fälle aus dem Jugend- und Heranwachsendenbereich<br />
bearbeitet. Durch Öffentlichkeitsarbeit und den engen, kontinuierlichen Austausch mit der<br />
Staatsanwaltschaft konnten die Fallzahlen auf einem hohen Niveau gehalten werden. 2008<br />
wurden 90 Fälle zugewiesen und bearbeitet, wovon 75 Fälle einen positiven Abschluss<br />
fanden.<br />
Täter-Opfer-Ausgleich als Instrument des sozialen Lernens<br />
In einer Gesellschaft wie unserer, die insbesondere in den Großstädten ein hohes Maß an<br />
Anonymität aufweist, haben viele Menschen verlernt bzw. nicht mehr gelernt, zwischenmenschliche<br />
Konfl ikte in eigener Verantwortung zu regeln. Die Grundidee des Täter-Opfer-<br />
Ausgleichs ist es, einen Konfl ikt, den der Staat den Beteiligten entweder durch Berufung<br />
auf das öffentliche Interesse oder nach Anzeigeerstattung aus der Hand genommen hat,<br />
an diejenigen zurückzugeben, die tatsächlich davon betroffen sind. Aus dem Strafverfahren<br />
wird dann eine aussergerichtliche Konfl iktschlichtung. Mit Hilfestellungen des allparteilichen<br />
MediatorInnen-Teams werden die jungen Menschen befähigt, den vorhandenen Konfl ikt zu<br />
lösen. Eine gelungene Kommunikation zwischen den unmittelbar am Konfl ikt Beteiligten<br />
kann Toleranz und Verständnis fördern und Vorurteile abbauen. Weiterhin beeinfl usst die<br />
Erfahrung, Konfl ikte selbständig lösen zu können, möglicherweise auch das künftige Konfl iktverhalten<br />
der Beteiligten positiv. Die persönliche Klärung des Vorfalles mit anschließen der<br />
Wiedergutmachung des entstandenen Schadens stellt für die Parteien eine nachvollziehbare<br />
und befriedigende Lösung dar. Der Täter-Opfer-Ausgleich leistet damit einen Beitrag zur<br />
Wiederherstellung des sozialen Friedens.<br />
Daniela Staimer, Klaus Kirchschlager<br />
Mediatoren Täter-Opfer-Ausgleich<br />
40
„Der hat mich provoziert, dann habe ich zugeschlagen“<br />
einer der am häufigsten gebrachten Sätze im sozialen Trainingskurs für<br />
junge Männer<br />
Der soziale Trainingskurs für junge Männer zum Thema „Gewalt und Aggression“ bietet im<br />
Rahmen einer Gruppenarbeit eine adäquate Möglichkeit mit jungen Männern zu arbeiten,<br />
die durch Gewaltdelikte bereits aufgefallen sind. Die jugendrichterliche Weisung (§ 10 Absatz 1<br />
Nr.6 JGG i. V.m. §29 SGBVIII) an diesem Kurs teilzunehmen, wird vom Jugendgericht gerne<br />
ausgesprochen. Für die jungen Männer ist es dann per Urteil verpfl ichtend, an dem Kursangebot<br />
teilzunehmen und aktiv mitzuarbeiten.<br />
Die Jugendgerichtshilfe bietet als sogenannte ambulante Maßnahme drei Kurseinheiten pro<br />
Jahr an. Diese erstrecken sich jeweils über einen Zeitraum von 3 Monaten. 2008 waren die<br />
drei angebotenen Kurse voll belegt. Es wurde mit 53 Teilnehmern gearbeitet, wobei 30 Teil -<br />
nehmer den Kurs erfolgreich abschließen konnten. Fast alle erfolgreichen Absolventen gaben<br />
im Abschlussgespräch an, der Kurs wäre für sie sinnvoll gewesen, sie hätten viel gelernt.<br />
Jeder Kurs beginnt erst einmal mit einer Menge Rechtfertigungsstrategien seitens der Täter<br />
für die begangenen Gewalttaten. Die meisten jungen Männer behaupten, eigentlich zu unrecht<br />
verurteilt worden zu sein. Genau hier gilt es anzusetzen und eingeübte Verhaltensmuster<br />
zu entlarven. Eines der Ziele in der Gruppenarbeit ist somit, einen Perspektivenwechsel zu<br />
erreichen. Jeder Teilnehmer muss lernen Verantwortung für seine Tat zu übernehmen und<br />
bereit sein, an den Ursachen seiner Straftat zu arbeiten.<br />
Enttarnen, entlarven, hinter die Fassade schauen sind wichtige Komponenten der Arbeit.<br />
Über konfrontatives Arbeiten (z.B. Heißer Stuhl) kratzen wir an Fassaden und entlarven<br />
Rechtfertigungen.<br />
„Warum habe ich meine Freundin geschlagen?“, diese Frage vor den anderen Kursteil nehmern<br />
zu erörtern stellt hohe Anforderungen an den jungen Mann. Denn dies ist keine Tat mit der<br />
man sich hohes Ansehen erwerben könnte. Die Kommentare aus der Gruppe sind dementspre -<br />
chend negativ. Doch nun, nachdem der Täter sich „geoutet“ hat, ist es möglich konstruktiv<br />
zu arbeiten.<br />
Die Fassade bröselt, die „Peer-Group-Education“ beginnt. Eine Art Highlight des Kurses ist<br />
der erlebnispädagogische Samstag. Hier wird den Teilnehmern Einblick in Freizeitbereiche<br />
gegeben, die in der Regel nicht von ihnen genutzt werden. Somit dient dieses Angebot auch<br />
dazu, Interessen zu wecken und den Jugendlichen einen Raum zu bieten in dem sie Neues<br />
ausprobieren können. Dies fördert das Selbstbewusstsein und der junge Mensch kann sich<br />
hier positiv erleben. Im Winterkurs 2008 wurde während des erlebnispädagogischen Sams -<br />
tags zum ersten mal ein Trommelworkshop veranstaltet (Im Frühjahrs-und Sommer kurs wurde<br />
geklettert). Eine Musikpädagogin hat es geschafft, mit den 9 Teilnehmern des Kurses und<br />
den zwei Sozialpädagogen zwei Musikstücke zu erarbeiten. Das in diesem Workshop entstandene<br />
Video dokumentiert die Konzentriertheit und die musikalische Leistung der jungen Männer.<br />
Gewalt hat viele Ursachen. Die jungen Männer mit denen wir im Kurs arbeiten, haben fast<br />
alle schon selbst Gewalterfahrungen gemacht. Im Elternhaus, auf der Straße oder in anderen<br />
Zusammenhängen wurde gewalttätiges Verhalten erlernt. Tatsächlich ist das „sich Schlagen“<br />
in manchen Lebensumfeldern eine anerkannte Art der Konfl iktlösung und fester Bestandteil<br />
des Lebensalltags. Gewalt wird benutzt um sich durchzusetzen.<br />
Gerade unter Alkoholeinfl uss ist die Hemmschwelle, seinen Frust an anderen auszulassen<br />
relativ niedrig. Auch Stolz und Ehre müssen im Zweifelsfall als Begründung für körperliche<br />
Übergriffe herhalten.<br />
Dabei haben die meisten ein verzerrtes Selbstwertgefühl und sind kaum in der Lage etwas<br />
zu benennen worauf sie wirklich stolz sein könnten. Viele haben wenig Wertschätzung oder<br />
gesellschaftliche Anerkennung erfahren, fühlen sich nicht als Teil dieser Gesellschaft.<br />
Die Teilnehmer, die den sozialen Trainingskurs erfolgreich abgeschlossen haben, können<br />
stolz auf sich sein. Sie haben drei Monate lang regelmäßig Termine eingehalten und<br />
sich aktiv mit dem Thema Gewalt auseinander gesetzt. Sie haben Verständnis für ihre<br />
Lebenssituation erfahren jedoch kein Verständnis für ihre Tat.<br />
Brigitte Bork<br />
Jugendgerichtshilfe / Sozialer Trainingskurs für junge Männer<br />
41
Gruppendynamisches Wochenende<br />
Im Rahmen der Ambulanten Maßnahme „Sozialkompetenz für Mädchen und junge Frauen“<br />
der Jugendgerichtshilfe, fanden 2008 drei Gruppendynamische Wochenenden (GDW) statt.<br />
Die richterliche Weisung für GDW umfasst ein Vorgespräch, ein Wochenende und ein Nach -<br />
gespräch. Fragebögen bieten den Teilnehmerinnen zudem die Möglichkeit, sowohl die<br />
Klettertage, als auch den themenzentrierten Gruppentag zu bewerten.<br />
In der Regel sind die Teilnehmerinnen Ersttäterinnen, die zuvor noch nicht mit dem Gesetz<br />
in Konfl ikt gekommen sind. Im Alter von 15 bis 22 Jahre (Altersdurchschnitt 16,4 Jahre)<br />
nahmen insgesamt 32 Mädchen und junge Frauen teil. Knapp 70 % (22 Teilnehmerinnen)<br />
absolvierten 2008 ihre richterliche Weisung vollständig und erfolgreich.<br />
Das erlebnispädagogische Klettern, dass jeweils am Samstag stattfi ndet, hat zum Ziel,<br />
mög lichst vielen Teilnehmerinnen eine Chance zu bieten, ihren Körper neu zu erleben, Grenz -<br />
situationen zu erfahren und über sich hinaus zu wachsen. Charaktereigenschaften, wie Mut<br />
und Selbstdisziplin bergen in sich eine Chance, greifbare und realistische Ziele bewältigen<br />
zu können. Sich selbst einzuschätzen, sich Ängsten anzunehmen und verschiedene Umgangsmöglichkeiten<br />
kennen zu lernen sind Erfahrungen, die die Teilnehmerinnen beschreiben und<br />
erleben. Am darauf folgenden Tag, Sonntag, fi ndet im Gruppenraum der Jugendgerichtshilfe<br />
im Stadtjugendamt München themenzentrierte Gruppenarbeit statt. Themen, wie die<br />
Auseinandersetzung mit der eigenen Straftat oder die Umgangsmöglichkeiten bei Aggressionen,<br />
Frustrationen und Wut stehen hier im Mittelpunkt. Angrenzend zur Aufarbeitung der<br />
Straftat, steht die Stärkung der Mädchen und jungen Frauen im Vordergrund.<br />
Zusätzlich, zu den Gruppendynamischen Wochenenden, wurde mit richterlicher Weisung,<br />
ein Kooperationsprojekt mit dem Münchner-Kindl-Heim durchgeführt. Die Rahmenbedingungen<br />
des Projektes gliederten sich in ein Vor- und Abschlussgespräch, 5 Gruppenabende<br />
und eine erlebnispädagogische Tagesgestaltung an einem Samstag. Insgesamt absolvierten<br />
fünf Teilnehmerinnen im Alter von 12 bis 16 Jahren das Soziale Kompetenztraining.<br />
Zur Teilnahme und Motivation der einzelnen Teilnehmerinnen am sozialen Kompetenztraining<br />
fand im Vorfeld mit den Betreuerinnen vom Münchner-Kindl-Heim ein Gespräch<br />
statt. Die Inhalte konzentrierten sich je nach Hintergrundproblematik der Jugendlichen.<br />
Im Training 2008 bekamen die Themen „Gewaltfreies Lösen von Konfl ikten“, „Grundsteine<br />
für eigenverantwortliches Handeln“ und „die Auseinandersetzung mit der eigenen Person<br />
(Stärken und Schwächen)“ besonderen Stellenwert.<br />
Die folgende Tabelle gibt Aufschluss über das Verhältnis zwischen Anmeldungen, Teilnehmerinnen<br />
(deutsch (dt.) / nichtdeutsch (ndt. und den Absolventinnenzahlen der Sozialen<br />
Kompetenztrainings.<br />
Carmen Roth<br />
Jugendgerichtshilfe<br />
42
„ Hallo! Ja, ich bin ganz oben.“<br />
Sozialkompetenztraining für Mädchen und junge Frauen<br />
Der Trainingsumfang umfasst 1 Vorgespräch, 5 Gruppenabende, 1 Zwischengespräch, 1 Wochen ende<br />
mit einem erlebnispädagogischem Tag und 1 Nachgespräch.<br />
Die Basis der Erlebnispädagogik bilden Selbstüberwindung, Selbstentdeckung, Selbstverantwortung,<br />
Achtsamkeit und Wagemut, Ängste zu überwinden, Eigenkräfte und unbekannte Fähigkeiten zu ent -<br />
decken. Die Mädchen und jungen Frauen werden hier aufgrund verschiedenster Aufgaben vor physische,<br />
psychische und soziale Herausforderungen gestellt. Diese Erlebnisse fördern die Persönlichkeitsentwicklung<br />
und das Vertrauen der Jugendlichen in sich selbst. Entscheidend ist, dass die gemachten<br />
Erfahrungen und Erlebnisse, die oft eine Grenzerfahrung darstellen, einen Transfer in den Alltag<br />
erfahren, so dass sich die gemachten Erfahrungen im Denken und Handeln der Jugendlichen zeigen<br />
und die jungen Frauen befähigen, ihre Lebenswelt (eigen)verantwortlich und gewaltfrei zu gestalten.<br />
Der Klettertag – aus der Sicht der Pädagoginnen<br />
Das Treffen um 9:30 Uhr in der Thalkirchner U-Bahn Station ist einigen jungen Frauen zu früh. Unser<br />
Diensthandy klingelt ein paar Mal: „Die U-Bahn hat Verspätung“ bis „sie fährt zur Zeit gar nicht“, bis<br />
hin „ich habe verschlafen“ reichen die Entschuldigungen. Letztendlich kommen von 12 Jugendlichen<br />
dann 11 und wir gehen eine Viertelstunde später los.<br />
Nach der Kletterschuhanprobe folgt eine kurze Einführung der Klettertrainerinnen und ein Warming-Up.<br />
Diese sind streng und ohne Aufwärmtraining gibt’s kein Klettern. Nach dem freundlichen Hinweis,<br />
dass dieses Training eine richterliche Weisung ist, gibt’s zwar nochmal ein „Gemurre“, aber einige<br />
haben jetzt doch Spaß und „ziehen“ die anderen mit.<br />
Bouldern ist die nächste Aufgabe. Die Mädchen versuchen es und klettern los. Sie helfen sich gegenseitig,<br />
zeigen sich, wo der beste Griff ist, oder als nächstes der Fuß gesetzt werden kann. Lachen und<br />
freuen sich, wenn die Hürde bewältigt ist. Die meisten sind mit Eifer dabei und suchen sich selbst oder<br />
mit Hilfe der Trainerinnen schwierigere Kombinationen. Einigen muss Mut zugesprochen werden, wir<br />
geben Hilfestellungen, beruhigen und motivieren.<br />
J. klinkt sich aus, sie will nicht, sie ist noch nie geklettert und sie, die sonst an den Gruppen abenden<br />
die absolut „Coole“ ist, hat Angst, sich bloß zustellen. Pädagogisches Geschick und Motivation sind<br />
gefragt und unbeobachtet von den anderen versucht sie mit der Kollegin die ersten Kletterversuche<br />
und ist begeistert. Jetzt traut sie sich auch wieder in die Gruppe. Die meisten entwickeln Ehrgeiz,<br />
Freude und Spaß an Neuem. Strahlende Gesichter, wenn sie mit wackligen Knien wieder festen Boden<br />
unter sich spüren. J. wagt und probiert es wieder und wieder. Und dann ist sie ganz oben und zückt<br />
ihr Handy! (absolutes Handyverbot!!) und plärrt voller Stolz. „Ja, ich bin beim Klettern und ja, ich bin<br />
ganz oben....“<br />
Der Klettertag – aus der Sicht der Jugendlichen<br />
– Es war schön, dass ich jemandem vertrauen konnte.<br />
– Es hat mir gut getan, weil ich nach oben ans Ziel gekommen bin.<br />
– Das Gefühl der Angst hat mich nicht beherrscht und ich konnte bis nach oben klettern.<br />
– Ich hab mir immer gesagt, ich schaff das auch, ich schaff das auch.<br />
– Es hat mich Überwindung gekostet, los zulassen als ich ganz oben war und ich mich abseilen musste.<br />
– Ich bin einmal ausgerutscht und hatte große Angst, aber es war auch ein schönes Gefühl gut<br />
gesichert zu sein.<br />
– Ich hab gespürt ich schaff es nicht, aber ich habe es nochmal versucht.<br />
– Es war ein schönes Gefühl, dass mir jemand vertraut.<br />
– Es hat mir nicht gepasst, dass ich nicht gewonnen habe, deshalb habe ich es nochmal versucht, ich<br />
bin richtig ehrgeizig geworden (beim Wettklettern).<br />
– Als mir eine andere gezeigt hat, wo der nächste Griff ist, ging es plötzlich viel leichter.<br />
– Obwohl ich die anderen gar nicht so gut kannte, dachte ich mir, die sind doch auch alle o.k. und ich<br />
habe ich wirklich sicher gefühlt.<br />
– das Klettern hat mir sehr gut gefallen, es hat mir gut getan etwas zu TUN.<br />
– Ich konnte meine Grenzen akzeptieren; ich hab mich einfach nicht getraut bis nach oben.<br />
Heide Leitner, Karin Kogalin<br />
Jugendgerichtshilfe<br />
43
Message in a bottle<br />
Ein multimediales Abenteuer im Münchner Waisenhaus<br />
44<br />
Chancengleichheit in der Bildung<br />
Seit 2001 fi nden Kinder und Jugendliche des Münchner<br />
Waisenhauses im Bereich der Medienpädagogik einen<br />
Platz, um sich als geübte oder weniger geübte Medien -<br />
nutzer in einer immer komplexer werdenden Medienlandschaft<br />
zu orientieren und zu probieren. Eine Medienpädagogin<br />
begleitet sie beim Erkunden und Erforschen<br />
der (Medien-) Welt mit Hilfe digitaler und traditioneller<br />
Medien (Bücher, Computer, Internet usw.).<br />
Die Medienpädagogik ist inzwischen fester Bestandteil<br />
der Erziehungs- und Behandlungsarbeit, die im Waisen -<br />
haus geleistet wird. Die hausinterne Kooperation sowie<br />
die Zusammenarbeit mit unterschiedlichsten Einrichtungen<br />
und Fachkräften bei Projekten und Angeboten<br />
sichern die hohe Fachlichkeit der medienpädagogischen<br />
Arbeit. Als außerschulisches, mannigfaltiges Bildungs -<br />
angebot umfasst das Konzept neben medienpädagogisch<br />
orientierten Lern- und Freizeitangeboten seit<br />
2007/2008 die beiden Langzeitprojekte „Book-Buddy“<br />
(Waisenhausbibliothek) und „Studia–Lernzeit mit Medien“.<br />
Lernen mit Medien macht Spaß!<br />
Man nehme ein interessantes Thema, einen passenden<br />
Zeitraum, eine altersgerechte Aufbereitung der Aufgaben<br />
und verschiedene mediale Wege zum Ziel.<br />
In diesem Sinne initiierte im November 2008 die Medien -<br />
pädagogin im Münchner Waisenhaus unter dem Motto „Brücken bauen“ erneut ein multimediales<br />
Onlineprojekt für Kinder im Alter von 11 bis 14 Jahren. Als Kooperationspartner<br />
konnte diesmal das „Koushou Gakuen-Child Nursing Home“ in unserer Partnerstadt Sapporo<br />
in Japan gewonnen werden.<br />
„Message in a bottle“ war geboren.<br />
Bei diesem Multimediaprojekt sollte Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet<br />
werden, ein Thema mit Hilfe der traditionellen und digitalen Medien zu erarbeiten und<br />
spielerisch zu erleben.<br />
Im Mittelpunkt stand dabei die Förderung des Kulturaustausches zwischen Kindern und<br />
Jugendlichen, die sowohl in München als auch in Sapporo in einer Einrichtung der stationären<br />
Kinder- und Jugendhilfe leben.<br />
Neben der interkulturellen Sensibilisierung gehörten die kreative Umsetzung von Geschichte(n),<br />
die Erschließung neuer Medienangebote und Kommunikationsmöglichkeiten, als auch die<br />
Förderung einer Fremdsprache (Englisch) zu den Zielsetzungen des multimedialen Kulturaus<br />
tausches.<br />
Neugier, Abenteuerlust und Wissensdurst von Kindern wecken!<br />
Zeitgleich und ortsunabhängig versuchten sich zwei Gruppen aus München und Sapporo<br />
verschiedenen Aufgaben zu stellen und diese kreativ mit Hilfe von Medien zu lösen. Sie<br />
bezogen sich auf das Thema „Seefahrt im 16. Jahrhundert“.<br />
Spielerisch tauchten die Kinder und Jugendlichen in eine abenteuerliche Geschichte ein<br />
und setzten sich in diesem Zusammenhang mit der japanischen und deutschen Kultur<br />
auseinander. Sie erfuhren, unter welchen Strapazen Entdecker und Seefahrer damals zu<br />
leiden hatten und was diese auf ihren spannenden Reisen erleben und entdecken konnten.
„Dear Children! My name is Dr. James Sailor…“<br />
Mit einer Kombination aus unterschiedlichsten Aktionen verfolgten die Kinder und Jugendlichen<br />
in einem Zeitraum von fünf Stunden die Spuren des berühmten Seefahrers William<br />
Adams. Eingebettet in eine Rahmenhandlung, meldete sich per Flaschenpost ein imaginärer<br />
Wissenschaftler und bat die Kinder und Jugendlichen um Hilfe für seine Studien. Um dem<br />
Wissenschaftler behilfl ich sein zu können, mussten beide Gruppen in Kontakt treten und<br />
gemeinsam nach Lösungen suchen. Sie recherchierten dazu im Internet, in Büchern oder<br />
mit Hilfe von CD-ROMS und unterstützten sich gegenseitig in länderspezifi schen Fragen.<br />
Um mit „Dr. Sailor“ kommunizieren zu können, hatten sie die Möglichkeit dafür ein speziell<br />
eingerichtetes Internetportal mit Chat zu nutzen. Ergebnisse und Lösungen konnten in Form<br />
von Bild- und Audiodateien hochgeladen werden und waren im Portal für beide Gruppen<br />
sichtbar.<br />
In altersgerechter Form entschlüsselten sie beispielsweise einen rätselhaften Brief in<br />
japanischer Schrift, verfolgten die Seefahrten des Entdeckers William Adams, sangen<br />
traditionelle Seemannslieder oder erforschten länderspezifi sche Umgangsformen.<br />
Bei einer kleinen‚ Stärkung für Abenteurer’, entdeckten die Kinder und Jugendlichen sogar<br />
eine kulinarische Gemeinsamkeit, wie zum Beispiel Dorayaki (Pfannkuchen).<br />
Abschließend trafen sich beide Gruppen im Chat und ließen das Projekt kommunikativ<br />
ausklingen.<br />
Angesichts der positiven Rückmeldungen der Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer<br />
aus München und Sapporo beschlossen alle gemeinsam die Fortführung des Kulturaustausches<br />
für 2009 im Rahmen eines weiteren multimedialen Projektes.<br />
Eine Dokumentation zum Projekt „Message in a bottle“ wurde in kind-/jugendgerechter<br />
Form als Internetseite auf der Homepage des Münchner Waisenhauses veröffentlicht.<br />
http://www.waisenhaus.muc.kobis.de/kuj/v_wh/message_in_bottle/index.htm<br />
Heike Rissing<br />
Diplom Sozialarbeiterin / M.A. Medienpädagogin im Münchner Waisenhaus<br />
45
Just M – Ort des Lernens und der Bildung<br />
Wie im nationalen Bildungsbericht 2008 unter dem Fokus geschlechtsspezifi scher Dispari -<br />
täten dargestellt wird, haben männliche Jugendliche und Heranwachsende mit Migrationshintergrund<br />
und niedriger Bildungsbeteiligung eine geringe Chance auf eine erfolgreiche<br />
Bildungslaufbahn und einen angemessenen Kompetenzerwerb. Verschiedene qualitative<br />
Studien zu den sozialen Folgen familiärer Armut weisen nach, dass der Zugang und die<br />
Partizipation an Bildungsprozessen im formalen Bildungssystem durch deprivierte Lebenslagen<br />
zusätzlich erschwert wird.<br />
Ausgehend von der empirischen Einschätzung, dass lediglich 1 /3 der Lernprozesse von<br />
Kindern und Jugendlichen in formellen und 2 /3 in nicht- und informellen Bildungsarrangements<br />
stattfi nden, vertritt der Jugendhilfeverbund Just M eine Konzeption von Jugendhilfe<br />
als komplementärem Ort des Lernens und der Bildung, in der die Aneignung von Schlüsselqualifi<br />
kationen wie Kommunikationsfähigkeit, Belastbarkeit, Leistungsbereitschaft und<br />
Teamfähigkeit fokussiert und gefördert wird.<br />
Aus diesem Grund hat der Jugendhilfeverbund Just M eine Reihe unterschiedlicher Projekte<br />
initiiert, die das soziale und berufl iche Lernen seiner Zielgruppe nach individuellen Bedarfen<br />
betonen und unterstützen.<br />
Das Projekt Klettern bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Erlebnisarmut und Reizüberfl<br />
utung und folgt dem Grundbedürfnis unserer jungen Menschen nach Abenteuer und<br />
Herausforderung. Es fördert die Konzentration und Kreativität, es aktiviert die Motorik und<br />
verfeinert die Koordination, es zwingt zu Verantwortung und Vertrauen, es steigert die<br />
Kommunikation und fördert die Kooperation, vermittelt Grenzen und zeigt Möglichkeiten,<br />
diese zu überwinden, erhöht die Leitungsbereitschaft und stärkt das Selbstvertrauen,<br />
entwickelt Emotionen und vermittelt Reaktionen.<br />
Im Projekt Trommeln werden Musikinstrumente benutzt, die nicht zwangsläufi g Grundkenntnisse<br />
voraus setzen. Deshalb kann jeder seinen eigenen Rhythmus einbringen und<br />
weiter geben. Gerade in den arabischen und afrikanischen Ländern, aus denen ein großer<br />
Teil unserer jungen Menschen stammen, gilt die Trommel schon immer als Kommunikationsmittel.<br />
Oft nutzen unsere jungen Flüchtlinge die Musik als stimmungsvollen Weg zurück in<br />
ihre Heimat, aus der sie dann berichten. Mal heiter und fröhlich, mal mit Schwermut und<br />
Melancholie. Doch die Musik holt sie auch wieder zurück und verbindet sie im Wissen,<br />
nicht alleine zu sein.<br />
Der Tanz gehört zu den ältesten Kommunikationsformen und existiert als Gemeinschafts-<br />
und Sinn stiftendes Medium schon lange vor der Sprache. Im Projekt erleben unsere jungen<br />
Menschen den Tanz als Medium zur Darstellung ihrer Gefühle. Körper und Seele stehen<br />
in einer engen Verbindung zueinander und fi nden ihren Ausdruck. Das Projekt betont die<br />
Unterschiede in der Kultur, aber auch die Gemeinsamkeiten in der Bewegung, denn durch<br />
das Tanzen werden Ähnlichkeiten und Besonderheiten erst erfahren.<br />
Der Deutschkurs adressiert sich an unsere Flüchtlinge, die in Kleinstgruppen oder auch in<br />
Einzelkursen nach alltagspraktischen Bedarfen unterrichtet werden. Die Sprachkurse können<br />
unmittelbar nach der Erstaufnahme in der Einrichtung belegt werden und helfen, den Alltag<br />
sinnvoll zu strukturieren. Außerdem dienen sie zur Überbrückung von Wartezeiten bis eine<br />
Aufnahme in den Regelunterricht möglich ist. Darüberhinaus ist es möglich, sie auch als<br />
Intensivierung des laufenden Unterrichts in einem Regelangebot zu nutzen.<br />
Das Medienprojekt ist modular aufgebaut. Der Baustein Internet informiert unsere jungen<br />
Menschen über das Netz und unterstützt sie bei der ersten Orientierung und Navigation. Er<br />
hilft bei der Auswahl von Suchmaschinen und zeigt, wie interessante und brauchbare von<br />
unnötigen Informationen getrennt werden können. Der Baustein Textverarbeitung behandelt<br />
zunächst grundlegende Fragen zur Texterstellung, Abspeicherung und des Managements<br />
der abgelegten Dokumente. Interessierte Jugendliche können sich in einem Aufbaumodul<br />
46
auch intensiver mit den Grundlagen der Textformatierung beschäftigen und werden<br />
angeleitet, eigene Bewerbungen und Anschreiben an verschiedene Ämter zu verfassen.<br />
Das Anti-Aggressivitäts-Training® richtet sich an junge Menschen mit einer niedrigen<br />
Frustrationstoleranz und einem (latent) aggressiven, gewaltbereiten und -erfahrenen<br />
Verhalten. Es ist delikt-, defi zit- und ressourcenorientiert und fordert die jungen Menschen,<br />
sich kritisch mit ihren Handlungen auseinanderzusetzen. Über die Konfrontation mit den<br />
Folgen Ihrer Aggressionen, lernen sie, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen.<br />
Neben der Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Person, werden ihre positiven Ansätze<br />
heraus gestellt und verstärkt.<br />
Das Schul- und Arbeitsprojekt richtet sich an leistungsdistanzierte junge Menschen, die<br />
der regulären Schule vor dem Hintergrund familiärer, gesellschaftlicher und politischer<br />
Belastungen bereits über einen längeren Zeitraum ferngeblieben sind und deshalb einen<br />
besonderen Rahmen zur individuellen und intensiven Beschulung und Betreuung benötigen.<br />
Ziel des Modeateliers ist es, interessierte und talentierte junge Menschen beiderlei<br />
Geschlechts durch praxisnahes Lernen für das Berufsfeld des Modeschneiders zu qualifi -<br />
zieren. Eine Modedesignerin weist die Zielgruppe Schritt für Schritt in die Kunst des<br />
Schneiderns ein. Inzwischen beherrschen unsere jungen Menschen einfache Änderungen<br />
ebenso wie das Erstellen von Taschen und Bettwäsche sowie von Hosen und Hemden.<br />
Unsere Projektreihe ließe sich weiter fortführen, denn unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
zeigen vielfältige Interessen und Kompetenzen. Sie entwickeln laufend neue<br />
Anregungen und initiieren interessante Angebote für ein soziales Lernen, das die zertifi zierte<br />
Selektivität des institutionellen Bildungsprozesses nivelliert.<br />
Thomas Gangkofner<br />
Verbundleiter<br />
47
Jugendhilfe als Chance um dem Problem Armut<br />
und Bildung entgegenzuwirken<br />
das Münchner Kindl-Heim im Kontext Armut und Bildung<br />
Die Diskussion mit Blick auf die steigenden Armutszahlen, die gerade auch Kinder betreffen,<br />
das Auseinanderklaffen zwischen Arm und Reich, hat auch die Jugendhilfe mehr denn je<br />
erreicht. Die Betreuung der „armen“ Familien hat in den vergangenen Jahren nicht nur sichtbar<br />
zugenommen, sondern erforderte auch aufgrund des veränderten Anforderungsprofi ls<br />
im pädagogisch erzieherischen Alltag zusätzliche Inhalte und Perspektiven während der<br />
Unterbringung.<br />
Wir verstehen Jugendhilfe als einen Unterstützungsfaktor sowie eine Chance in der Förderung<br />
der bei uns untergebrachten Kinder und Jugendlichen Bildungsarmut entgegenzuwirken.<br />
Das Münchner Kindl-Heim bietet in sehr unterschiedlichen Lebensbereichen Förderung und<br />
Entwicklungs-möglichkeiten.<br />
Kinder aus sozial schwachen Familien haben oftmals eine hohe Anspruchshaltung an Konsumgüter<br />
(z.B. Trendkleidung, Spielkonsolen, elektronische Medien). Meist sind die Mädchen<br />
und Jungen erst mit Blick auf einen evidenten Schulabschluss stärker motivierbar, die vielfältigen<br />
Angebote durch uns anzunehmen.<br />
Kinder und Jugendliche, die als unbegleitete Flüchtlinge im Münchner Kindl-Heim untergebracht<br />
sind, haben einerseits eine hohe Motivation, die Möglichkeiten zu Bildung in der<br />
Jugendhilfe zu nutzen. Andererseits ist eine schnelle Integration in einen Beruf, der die<br />
fi nanzielle Abhängigkeit von der Familie, die Unterstützung der Herkunftsfamilie wie auch<br />
geforderte Rückzahlungen an die Herkunftsfamilie im Vordergrund.<br />
Welche Schwerpunkte setzen wir im Bildungsbereich, der bei uns untergebrachten<br />
Kindern und Jugendlichen?<br />
Abklärung vor, mit und während der Unterbringung<br />
Klärung vor der Aufnahme / in den ersten Tagen der Unterbringung, die Auftragsabklärung<br />
sowie die Bedarfsfestellung. Hier muss deutlich differenziert werden, welche Unterbringungsform<br />
innerhalb unseres Angebotes gewählt und geklärt ist, bzw., in welchem Rahmen<br />
sind die Kinder untergebracht (Kurzzeitunterbringung, bei der oft eine Krisensituation im<br />
Hintergrund steht, evtl. auch eine mögliche Kindeswohlgefährdung / stationäre Unterbringung<br />
mit vorliegendem Hilfeplan).<br />
Anamnestische Erhebung sowie Zielabklärung mit allen Beteiligten / psychologisches Erstgespräch<br />
und psychologische Diagnostik<br />
Klärung der geeigneten Schulform und der daraus notwendigen Kontakte zwischen Einrichtung<br />
und Schule (evtl. Ausbildungsstätte)<br />
Klärung des Gesundheitszustands sowie Kontaktierung diverser Ärztinnen und Ärzte,<br />
psychologischer, psychiatrischer, und therapeutischer Dienste sowie Installation notwendiger<br />
begleitender Dienste<br />
Beachtung geschlechtsspezifi scher und interkultureller Arbeitsansätze und Inhalte<br />
Sprachkompetenzen<br />
Alphabetisierungskurse<br />
Sprachkurse<br />
Schulanaloge Projekte<br />
Sprachförderung innerhalb der Wohngruppe – mündlich als auch schriftlich<br />
Kommunikation im heilpädagogisch bzw. pädagogisch strukturierten Heimalltag / Projektarbeit<br />
/ Partizipation (z.B. Teilnahme und Mitarbeit an der Heimzeitung)<br />
Eltern / Angehörige<br />
Klärung und Berücksichtigung der Eigenbelastung (Drogenkonsum / psychische Erkrankung<br />
/ Schichtarbeit / Arbeitslosigkeit – Langzeitarbeitslosigkeit / Inhaftierung / Klinik- bzw.<br />
Therapieaufenthalt)<br />
48
Eigenbelastung fi ndet Berücksichtigung in der Elternarbeit; gegebenenfalls mit eigenen<br />
Unterstützungsangeboten und anderer Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner<br />
(Sprachkurse/ Schuldenberatung, etc.)<br />
Klärung des familiären Zusammenlebens – gegebenenfalls werden und müssen Familienregeln<br />
besprochen werden<br />
Eltern-Kind-Kontakte werden begleitet – gefördert – refl ektiert<br />
Überforderungsmomente in stressbelasteten Kontakten minimieren<br />
Thematische Inhalte mit Eltern / -teile besprechen, kind- und jugendspezifi sches Verhalten –<br />
Verständnis fördern<br />
Gezielte Angebote für Eltern und Eltern mit den Kinder<br />
Ziele und methodische Ansätze / Inhalte und Umsetzung im pädagogischen Alltag:<br />
Schule<br />
Klärung der individuellen Fähigkeiten<br />
Bereitstellung von Schulmaterialien (je nach Schultyp gibt es wesentliche fi nanzielle<br />
Unterschiede)<br />
Beteiligung an Klassenfahrten<br />
Perspektivenabklärung – berufl iche Zielabklärung im Hinblick auf einen realistisch<br />
umsetzbaren Berufswunsch<br />
Enge Vernetzung mit den Lehrkräften<br />
Schülerfragebogen (Klärung der Motivation / Leistung / mögliche notwendige<br />
Interventionen)<br />
Lernzeit<br />
Strukturierte Hausaufgabenzeit incl. Lernunterstützung / Lernen über Verstärkerpläne<br />
Festgelegte Lernabende incl. Lernunterstützung<br />
Bereitstellung von Lernmaterialien<br />
Psychologische Unterstützung bei Lernblockaden<br />
Themenzentrierte Projekte und Unterstützungsangebote („Lernen Lernen“/ Marburger<br />
Konzentrationstraining)<br />
Installation von Nachhilfe (bürgerschaftlich Engagierte / Nachhilfeinstitute)<br />
Förderung im pädagogischen Alltag im sozial kulturellen Bereich<br />
Soziales Kompetenz Training<br />
Projektarbeit im Rahmen der wöchentlich stattfi ndenden Gruppenabende / Gruppengespräche<br />
sowie den mehrtägigen Projektfahrten<br />
Übernahme von Verantwortung in lebenspraktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten<br />
Vereinsteilnahme<br />
Interessen wecken und fördern (Museumsbesuche / Theaterbesuche / Ausfl üge im Stadtgebiet,<br />
im Sozialraum / themenbezogene Kinobesuche)<br />
Pädagogische Steuerung des Konsums medialer Alltagsinstrumente<br />
Rückführung / Verselbständigung<br />
Befähigung im gemeinsamen / interkulturellen Zusammenleben<br />
Bildungsangebote werden in der Sozialregion mit Unterstützung gesucht<br />
Begleitung bei Schule bzw. Ausbildung / regelmäßig Kontakt zu Schule / Ausbildungsstätte<br />
Wohnungsvermittlung (Berechtigung bei Jugendhilfeeinrichtung bereits nach 3 Jahren)<br />
Erstausstattung<br />
Unterstützung bei Umzügen<br />
Begleitung durch professionelle Fachkraft bei Angelegenheiten, die die Wohnung<br />
49
50<br />
betreffen (Hausmeister / Hausverwaltung) sowie Begleitung bei Behörden / Beratung in<br />
Fragestellungen z.B. Wohngeld / Ausfüllen von Anträgen z. B. Banken<br />
Der Beitrag der öffentlichen Jugendhilfe im Bereich Bildung ist ein wesentlicher Bestandteil<br />
Armut entgegenzuwirken. Sicherlich gibt es aufgrund der zunehmend steigenden Verhaltens -<br />
auffälligkeiten und Störungsbilder immer wieder Grenzbereiche. Eine verfrühte Beendigung<br />
der Jugendhilfe sowie ein vorzeitiger Austritt aus Jugendhilfe kann eine Minderung bzw.<br />
das Wegbrechen von Bildungschancen bedeuten.<br />
Wir sehen Bildung als Auftrag eines ganzheitlichen Verständnisses und sind überzeugt,<br />
dass wir für die Entwicklung und für veränderte Chancen im Bereich Bildung für die von<br />
uns zu betreuenden Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie deren Familien<br />
beitragen können ein Armutsrisiko zu minimieren.<br />
Christa Schuster<br />
stellvertretende Heimleiterin im Münchner Kindl-Heim
Und es geht auch mit der Schule....!<br />
Die Integration von Heimkindern mit diversen Störungsbildern in die Regelschule war und<br />
ist seit Jahren zentrales Thema für das Marie-Mattfeld-Haus. Die Grund- und Hauptschule<br />
in Oberammergau und die Einrichtung arbeiten gemeinsam intensiv daran, dass dieses<br />
Vorhaben gelingt.<br />
Als Erfolg lassen sich in faktischen Zahlen benennen. Von den 27 Heimkindern besucht kein<br />
Kind die E-Schule. 95 % der Abschluss-Schüler der letzten 7 Jahre schlossen mit dem qualifi<br />
zierenden Hauptschulabschluss ab. 10 % besuchen sogar Weiterführende Schulen. Dies<br />
ist das Ergebnis engster Zusammenarbeit zwischen Einrichtung und Schule. Dazu mussten<br />
wir verschiedenste Module einrichten.<br />
1. Schnelle, direkte Kommunikation<br />
2. Tägliche Präsenz<br />
3. Akzeptanz von Pädagoge zu Pädagoge<br />
4. Krisenintervention<br />
5. Unkomplizierte Lösungswege<br />
6. Übergreifende Arbeit im Elternbeirat und zwischen den Leitungen<br />
7. Gebt den Lehrern wieder ihre Autorität zurück!<br />
Zu 1) Ein wörtliches Zitat eines unserer Kinder: „Ich kann mir keinen Mist mehr in der<br />
Schule erlauben, da die Erzieher schon Bescheid wissen, bevor ich von der Schule nach<br />
Hause komme.“ Direkte Kommunikation zwischen den Lehrkräften und den Gruppen, die<br />
zum Teil täglich stattfi ndet ist vor allem auch Verdienst der Lehrkräfte, die teilweise sogar<br />
ihre privaten Telefonnummern in den Gruppen – für eventuelle Fragen oder Probleme –<br />
hinterlegen. Je schneller die Einrichtung auf die Vorfälle in der Schule reagieren kann, desto<br />
weniger entstehen Anhäufungen von Schwierigkeiten und Stigmatisierungen.<br />
zu 2) Tägliche Präsenz der Betreuerin, des Betreuers in der Schule bietet Raum für schnelle<br />
Absprachen und Tür- und Angel-Klärungen und macht den Raum eng für die Kinder /<br />
Jugend lichen. Gerade am Anfang des Schuljahres kann durch Einbeziehung der Horte ein<br />
relativ schnelles und reibungsloses Intervenieren ermöglicht werden. Die Präsenz bedeutet<br />
aber auch ein klares Signal, dass uns die Schule wichtig ist und wir jederzeit bereit sind,<br />
Lösungen zu suchen.<br />
Zu 3) Lehrkräfte, Pädagoginnen und Pädagogen begegnen sich im Bemühen um die Kinder<br />
auf der gleichen Ebene. Dabei ist es sehr schwierig, weil beide nicht immer vom gleichen<br />
pädagogischen Ansatz ausgehen. Ein Problemfeld ist oft, dass die Betreuerin, der Betreuer<br />
im Gruppendienst ein ganzheitlicheres Bild über die Kinder und Jugendlichen besitzen,<br />
während das Lehrpersonal den Schwerpunkt im kognitiven Bereich sieht. Es sind zwei<br />
unterschiedliche Ansätze, die sich nicht immer treffen. Die Herausforderung für die Leitung<br />
ist, für beide <strong>Seiten</strong> um Verständnis zu werben.<br />
Zu 4) Insbesondere bei massiveren Vorfällen, wie z.B. körperliche Auseinandersetzungen,<br />
kann die Schule im Regelfall die Einrichtung sofort hinzuziehen. Dafür stehen alle pädagogischen<br />
Fachkräfte und die Heimleitung zur Verfügung. Die Intervention geschieht direkt<br />
vor Ort. Es gab auch Krisen, in denen wir in Absprache mit der Schule, Kinder für Tage und<br />
Stunden aus dem Unterricht entfernten , bzw. eine pädagogische Fachkraft vormittags für<br />
die Schule abgestellt haben. Die Lösungsmöglichkeiten sind so vielfältig wie die Krisen und<br />
die Einrichtung kann sich glücklich schätzen über die Zusammenarbeit.<br />
Zu 5) Schnelle Absprachen, unkomplizierte Maßnahmen, ohne großen Verwaltungsaufwand,<br />
helfen den Kindern und Jugendlichen mehr, als lange Gespräche und Verweise.<br />
Zitat Heimleitung: „Wir bekommen einen Schulschwänzer der das letzte halbe Jahr nicht<br />
<strong>51</strong>
in der Schule war. Dieses Kind steht bei uns um 6.30 Uhr auf, geht mit gemachten Hausaufgaben<br />
in die Schule, ist pünktlich im Klassenzimmer, arbeitet dort die ersten 2-3 Stunden<br />
mit und bereitet dann die letzten Stunden Schwierigkeiten. Das System erwartet, dass das<br />
Kind auch die letzten Stunden funktioniert. Ist diese Sichtweise sinnvoll? Welche Leistung<br />
vollbringt eigentlich dieses Kind? Und ist es vernünftig, dass das Kind dann schon in der<br />
ersten Woche 6 Stunden in der Schule sitzt?“<br />
Die Leistung des Kindes zu akzeptieren und zusammen mit der Schule objektiv zu beurteilen<br />
und dieses Kind dann eben auf begrenzte Zeit nur für 4 Stunden zu beschulen, ist kindgerechtes<br />
Handeln. Natürlich bleibt es Ziel, dieses Kind voll zu beschulen, aber es muss<br />
machbar sein.<br />
Zu 6) Eine enge Zusammenarbeit zwischen den Leitungen der Schule und der Einrichtung<br />
ist äußerst wichtig und wird sehr ernst genommen. Regelmäßige Treffen zwischen Schul-<br />
und Heimleitung bilden das Gerüst einer guten Zusammenarbeit. Dies ist insbesondere<br />
wichtig, da durch die Einbeziehung der Horte die Einrichtung inzwischen 1 /5 der Schüler<br />
stellt.<br />
So nimmt die Heimleitung an den Elternbeiratssitzungen teil, um immer über die Problematik<br />
in der Schule im allgemeinen und speziellen informiert zu sein. Verständnis auf beiden<br />
<strong>Seiten</strong> ist die Grundvoraussetzung für gelungenes Handeln!<br />
Zu 7) Vielfach scheinen die Lehrkräfte mittlerweile unter einem Autoritätsverlust zu leiden.<br />
Eltern kritisieren die Lehrkräfte und fordern einen Spagat, 25 Kindern und 50 Elternteilen<br />
in ihrer individuellen Problematik und ihren individuellen Vorstellungen gerecht zu werden.<br />
Dabei kommt es sehr häufi g vor den Kindern zur verbalen Abwertung der Lehrkräfte.<br />
Wenn Eltern aber die Lehrkräfte nicht ernst nehmen, wieso sollen es dann die Kinder tun?<br />
In unserer Einrichtung gilt der Satz gegenüber den Kindern: „Egal was passiert ist, egal wer<br />
im Recht war, der Lehrer sitzt am längeren Hebel und er bestimmt!“ Und wir Betreuerinnen,<br />
Betreuer und Kinder haben das zu akzeptieren. Eine gestärkte Autorität der Lehrkräfte mit<br />
klaren Grenzziehungen ist das Beste was unseren Kindern passieren kann.<br />
Josef Eschbach<br />
Leiter Marie Mattfeld Haus<br />
52