Reller 263 - Institut für Physik - Universität Augsburg
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Umwelt-Stoffwechsel von Siliconprodukten<br />
Eigenschaften von Siliconen funktionalisiert,<br />
die in einem definierten stofflichen<br />
und energetischen Umfeld optimal<br />
genutzt werden können. Bei jedem<br />
Einsatz von Siliconen oder auch anderen<br />
Materialien wäre aber zu beachten,<br />
daß sie von der ihnen zugedachten bald<br />
in eine andere stofflich-energetische Umgebung<br />
gelangen können. Dort werden<br />
jedoch andere ihnen innewohnende<br />
Eigenschaften zum Tragen kommen und<br />
möglicherweise unerwünschte Funktionen<br />
ausüben.<br />
Additive<br />
Neben einer Veränderung der chemischen<br />
Zusammensetzung – und damit<br />
der Eigenschaften – des Ausgangsstoffes<br />
Exkurs 1<br />
kann durch Zugabe von Additiven das<br />
Funktionsspektrum erweitert werden.<br />
Additive sind laut RÖMPP Lexikon Chemie<br />
»alle Stoffe, die anderen, insbesondere<br />
flüssigen Stoffen in kleinen Mengen<br />
zugesetzt werden, um deren Eigenschaften<br />
in gewünschter Richtung zu<br />
verändern oder deren Verarbeitbarkeit<br />
zu erleichtern«.<br />
Kaum ein Siliconprodukt besteht aus<br />
nur einer reinen Siliconverbindung oder<br />
ausschließlich einem Gemisch von Siliconen.<br />
In der Regel werden den Siliconprodukten<br />
Additive beigemischt wie<br />
zum Beispiel:<br />
● UV-Stabilisatoren, um das Produkt<br />
weniger empfindlich gegen Licht zu<br />
machen;<br />
Gesetzesgrundlagen <strong>für</strong> den Einsatz von Siliconen und Siloxanen<br />
in Europa, Japan und USA [9]<br />
Silicone und Siloxane werden schon seit geraumer Zeit hinsichtlich ihrer Toxizität und ihres<br />
Umweltgefährdungspotentials untersucht. Eine kursorische Durchsicht von Gesetzen,<br />
Gefahrstoffverordnungen und Kommentaren zeigt aber, daß diese Produkte praktisch<br />
überall als ungefährlich betrachtet werden. Die durch die Gesetze attestierte Unbedenklichkeit<br />
des Umgangs mit dieser Stoffklasse sei mit einigen Zitaten belegt:<br />
1979 schätzte die Japanese Environment Agency die Situation folgendermaßen ein: »It has<br />
been confirmed that organosilicon compounds are present at certain concentration<br />
levels throughout a broad range of the environment. Since these chemicals have very<br />
low toxicity, the observed levels are not considered to affect human health. However,<br />
since organosilicon compounds are ubiquitous man-made materials, environmental contamination<br />
by them can be taken as an index to future environmental contamination by<br />
chemicals, and as such is a very interesting subject for scientific research.« [Y. Miyakawa:<br />
"Regulatory Status of Silicones in Japan", in Lit. [9], p. 292].<br />
Diese Überzeugung wird auch in aktuellen Stellungnahmen vertreten, wobei je nach Region<br />
aufgrund der Harmlosigkeit und Nützlichkeit des verhandelten Objekts auch die wirtschaftlichen<br />
Interessen zum Zuge kommen. So findet man zu den Aktivitäten der USamerikanischen<br />
Environmental Protection Agency (EPA) folgenden Kommentar: »Over the<br />
years, EPA has engaged in relatively limited environmental regulations focused specifically<br />
on organosilicon materials. EPA, however, is in the process of implementing several environmental<br />
initiatives that may have an impact on a wide array of chemical substances,<br />
including organosilicon materials. To avoid business interruptions that could result from<br />
these initiatives, it is important for all silicone manufacturers, processors and users to<br />
anticipate upcoming regulatory actions and environmental trends, and engage in an<br />
ongoing dialogues with regulatory authorities concerning the scope and impact of such<br />
actions.« [J.A. Hatcher, G.S. Slater: "Regulatory Status of Silicones in the United States",<br />
in Lit. [9], p. 241].<br />
Die vergleichsweise weitestgehende europäische Sicht der Dinge läßt sich schließlich<br />
so zusammenfassen: »To protect human health and the environment from the potentially<br />
hazardous effects of chemical production and use, disposal and release are strictly regulated<br />
in the European Union. General environmental legislation applies to all chemicals,<br />
including organosilicon compounds. For substances with a high potential hazard, special<br />
regulations have been introduced. No such standards exist for organosilicon compounds.<br />
There are only a few cases in which organosilicon compounds are the subject of current<br />
or proposed regulatory attention in the European Union:<br />
● In the eco-label award scheme for laundry detergents (Council Regulation EEC 886/92)<br />
silicones are listed as a component of laundry detergents, and an ecological score has<br />
been assigned.<br />
● Polymeric silicones are listed in Annex II of the Council Directive EEC 76/464: "on pollution<br />
caused by certain dangerous substances discharged into the aquatic environment of<br />
the community". It is proposed that a discharge limit should be established for all listed<br />
substances.<br />
● Polymeric silicones are listed in the annexes of Marine Conventions as materials of<br />
concern, because of their resistance to biological degradation.<br />
On a national basis, silicones are classified in Germany into water pollution classes. In the<br />
Netherlands, organosilicon compounds are classified as hazardous waste.« [D. Wischer,<br />
C. Stevens: "Regulatory Status of Silicones in Europe", in Lit. [9], p. 267].<br />
Es bleibt zu hoffen, daß diese Einschätzungen der Sachlage gerecht werden.<br />
17<br />
GAIA 9 (2000) no. 1<br />
● Hitze-Kälte-Stabilisatoren, um den<br />
Temperaturbereich des vorgesehenen<br />
Einsatzgebietes zu erweitern;<br />
● Weichmacher, um Versprödung zu<br />
hindern;<br />
● Flammschutzmittel, um das Produkt<br />
schwerer entzündlich zu machen;<br />
● Biostabilisatoren, also biozide Substanzen,<br />
die Mikroorganismen abtöten.<br />
Auch Silicone selbst werden häufig<br />
in anderen Produkten als Additive verwendet,<br />
so zum Beispiel als Antischaummittel<br />
in Farben und Dieselkraftstoff,<br />
als Hydrophobierungsmittel in Baustoffen<br />
oder zur Verbesserung der Kriecheigenschaften<br />
in Ölen und Kosmetika.<br />
Trotz ihrer meist geringen Konzentration<br />
im Produkt dürfen die Additive<br />
bei der Beurteilung der Umwelt- und<br />
Gesundheitsverträglichkeit keineswegs<br />
außer acht gelassen werden, denn oft<br />
sind gerade sie Stoffe mit hoher Wirksamkeit.<br />
Auch wenn Silicone als physiologisch<br />
unwirksam und chemisch<br />
inert bewertet werden, kann ein mit<br />
Additiven ausgestattetes Siliconprodukt<br />
nicht a priori als umwelt- und gesundheitsverträglich<br />
bezeichnet werden.<br />
Es ist also nicht auszuschließen, daß<br />
wegen synergetischer Wechselwirkungen<br />
zwischen den Komponenten des<br />
Silicon-Additiv-Gemisches, aber auch<br />
zwischen dem Produkt und seiner Umgebung<br />
unerwartete Reaktionen ablaufen.<br />
Derartige Stoffgeschichten beinhalten<br />
ein erhebliches Risikopotential. Birgt<br />
die Geschichte der Silicone ebenfalls<br />
Gefahren? Könnte ihr Fortschreiten teilweise<br />
an das Schicksal des Insektizids<br />
DDT oder der ebenfalls reaktionsträgen<br />
FCKW-Funktionsmaterialien gemahnen?<br />
Physiologisches Verhalten<br />
und Umweltaspekte von<br />
Silicon-Additiv-Gemischen [9]<br />
Silicone gelten als chemisch inert,<br />
was reaktionsträge oder sogar reaktionsunfähig<br />
bedeutet. Mit dieser Eigenschaft<br />
wird häufig begründet, daß Silicone<br />
keine negativen physiologischen<br />
und ökologischen Effekte auslösen können<br />
(vergleiche Exkurs 1). Doch die<br />
Ansicht ist zu einfach und entspricht<br />
nicht der Realität. Wir möchten auf drei<br />
Problemfelder aufmerksam machen.<br />
■Die Silicone sind eine weit verzweigte<br />
und verbreitete Gruppe von Stoffen,<br />
die zwar viele ähnliche Eigenschaften<br />
aufweisen, sich aber in entscheidenden<br />
Punkten auch unterscheiden können.<br />
Für mehrere kurzkettige, flüchtige Silicone,<br />
die sogenannten Siloxane, sind<br />
toxische Effekte sowohl beim Menschen<br />
als auch in der Umwelt festgestellt worden.<br />
So können manche Organosiloxane