Bericht des Verfassungsschutzes über das Jahr 2007 - MIK NRW
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Verfassungsschutzbericht <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> Nordrhein-Westfalen <strong>2007</strong><br />
senschaftlichen Abhandlungen als der „Urtypus“ <strong>des</strong> muslimischen Selbstmordattentäters<br />
angesehen, was aufgrund der mangelhaften Quellenlage aber problematisch<br />
ist.<br />
Im 20. <strong>Jahr</strong>hundert haben wir es mit dem Phänomen der japanischen Kamikazeflieger<br />
zu tun, die zum Ende <strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges ihre Flugzeuge auf amerikanische<br />
Ziele – meist Kriegsschiffe im Pazifik – stürzten und ihr Leben auf diese Weise dem<br />
japanischen Nationalismus opferten. Hier kam die Selbstmordtat zum ersten Mal im<br />
großen Stil als strategische Kriegswaffe zum Einsatz, auch wenn sie militärisch erfolglos<br />
blieb.<br />
Aus einem ganz anderen Kulturkreis stammen die sri-lankischen ‘Tamilischen Befreiungstiger<br />
von Eelam’ (LTTE), die von 987 bis heute mit Selbstmordattentatenten auf<br />
Militärs, Politiker und die sri-lankische Zivilbevölkerung zielen. Die ‘Befreiungstiger’<br />
verfolgen ein politisches Ziel, nämlich die Unabhängigkeit der tamilischen Bevölkerungsminderheit<br />
von der indisch dominierten Zentralregierung. Bemerkenswert ist,<br />
<strong>das</strong>s sie verhältnismäßig viele weibliche Selbstmordattentäter einsetzen.<br />
Die ersten Anschläge durch mit Sprengstoff beladene Lastwagen wurden im <strong>Jahr</strong><br />
98 durch die schiitische Gruppe Hizb Allah im Libanon durchgeführt und richteten<br />
sich gegen amerikanische und französische Ziele. Auf gleiche Weise wurde 98 die<br />
amerikanische Botschaft in Kuwait zerstört. Es spricht einiges dafür, in diesem Zeitraum<br />
von einem schiitischen Phänomen zu sprechen, was sich in der Folge jedoch<br />
gewandelt hat.<br />
Als territoriale Auseinandersetzung kann der israelisch-palästinensische Konflikt<br />
bezeichnet werden, in dem es von palästinensischer Seite aus zum Einsatz von<br />
Selbstmordattentätern kommt. Die sunnitische HAMAS-Organisation, geschichtlich<br />
betrachtet der ägyptischen ‘Muslimbruderschaft’ zurechenbar, war 99 für den ersten<br />
Selbstmordanschlag in Israel verantwortlich. Während <strong>des</strong> zweiten Palästinenseraufstan<strong>des</strong><br />
von 2000 bis 2005 haben dann auch säkulare, also nicht religiös motivierte<br />
Gruppen, wie die zur ‘Fatah’-Bewegung gehörenden ‘al-Aqsa-Brigaden’ auf den<br />
Selbstmordattentäter als Waffe zurückgegriffen.<br />
Seit den Anschlägen vom . September 200 ist eine Entgrenzung dieses Phänomens<br />
zu beobachten. Das Selbstmordattentat im Rahmen dieses „weltweiten Jihad<br />
gegen arabische Regime und den Westen“ ist nicht mehr einem begrenzten territorialen<br />
Konflikt mit klar definierbaren Gegnern und politischen oder territorialen Zielsetzungen<br />
zurechenbar, die in irgendeiner Weise erreichbar wären.<br />
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