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Gestalten statt verwalten - vbw - Baden-Württemberg

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<strong>Gestalten</strong> <strong>statt</strong> <strong>verwalten</strong><br />

<strong>vbw</strong><br />

JAHRES-<br />

BERICHT2004


2<br />

EINE STARKE GEMEINSCHAFT FÜR<br />

BAUEN UND WOHNEN<br />

<strong>vbw</strong><br />

Leistungen für die<br />

Immobilienwirtschaft<br />

■ Interessenvertretung<br />

■ Prüfung<br />

■ Beratung<br />

■ Information<br />

Verband<br />

baden-württembergischer<br />

Wohnungsunternehmen e.V.<br />

Mitgliedsunternehmen im <strong>vbw</strong><br />

Mehr als 300 Wohnungsunternehmen schenken dem <strong>vbw</strong><br />

heute ihr Vertrauen. Rund zwei Drittel der Mitglieder gehören<br />

der Rechtsform der Genossenschaft an. Alle weiteren<br />

Verbandsmitglieder sind Wohnungsunternehmen der Gebietskörperschaften,<br />

industrieverbundene Wohnungsunternehmen,<br />

Wohnungsunternehmen der Bausparkassen oder der sozialen<br />

Träger. In allen Land- bzw. Stadtkreisen <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>s<br />

befindet sich mindestens ein Mitgliedsunternehmen<br />

des <strong>vbw</strong>. Jeder achte Einwohner <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>s wohnt<br />

bei einem Wohnungsunternehmen, das zum Verband gehört.<br />

Insgesamt bewirtschaften die Mitgliedsunternehmen<br />

des <strong>vbw</strong> mehr als 500.000 Wohnungen. Sie investieren jährlich<br />

rund eine Milliarde Euro in die Sanierung und Modernisierung<br />

des Wohnungsbestandes und in den Neubau. Zusammen<br />

mit dem <strong>vbw</strong> bilden die Mitgliedsunternehmen<br />

„Eine starke Gemeinschaft für Bauen und Wohnen”.<br />

Interessenvertretungs-, Prüfungs-<br />

und Beratungsverband<br />

Seit über 96 Jahren nimmt der <strong>vbw</strong> die Aufgaben der Interessenvertretung,<br />

Prüfung, Beratung, Ausbildung und Schulung<br />

für seine Mitglieder wahr. Der heutige Verband entstand<br />

aus den beiden Landesverbänden in <strong>Baden</strong> und <strong>Württemberg</strong>,<br />

die 1993 durch Zusammenschluss ihre Kompetenzen<br />

und Leistungen in einem starken Verband bündelten. In<br />

den vergangenen Jahren entwickelte sich der <strong>vbw</strong> zum<br />

Dienstleistungsverband, der den gewachsenen Anforderungen<br />

in der Immobilienwirtschaft Rechnung trägt.<br />

Mitglied im GdW Bundesverband<br />

deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.


INHALT<br />

IN EIGENER SACHE<br />

WIRTSCHAFTLICHE LAGE<br />

Weltwirtschaft<br />

USA<br />

Euro-Raum<br />

Deutschland<br />

Die Wirtschaft in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

WOHNUNGSPOLITIK<br />

Reformen und Gesetzesvorhaben:<br />

Von der Grundsteuerreform bis zu Hartz IV<br />

Wohnungspolitik in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Wesentliche Änderungen in der Gesetzgebung in Deutschland<br />

Wesentliche Entscheidungen aus der Rechtsprechung<br />

TÄTIGKEITEN DES VERBANDES<br />

Verbandsorgane<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Rechtsberatung<br />

Prüfungs- und Beratungstätigkeit<br />

Mitglieder der Fachausschüsse<br />

BETEILIGUNGSUNTERNEHMEN<br />

AWI<br />

AWTS<br />

casadomus<br />

EMS<br />

WMS<br />

WTS<br />

WWS<br />

QUERGEFRAGT<br />

Was namhafte Vertreter aus Politik und Wirtschaft<br />

zu aktuellen Themen sagen.<br />

Im Interview:<br />

Günther H. Oettinger – Prof. Dr. Claudia M. Buch – Lutz Freitag<br />

Hans-Werner Sinn – Prof. Dr. Theresia Theurl<br />

Hans Dietmar Sauer – Claus-Peter Hutter<br />

BETEILIGUNGEN DES <strong>vbw</strong><br />

05<br />

06–11<br />

12–23<br />

26–37<br />

38–45<br />

46–63<br />

64<br />

INHALT<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

3


4<br />

DIE VERWALTUNGSORGANE<br />

Verbandsvorstand<br />

Präsident<br />

Senator E.h. Gerhard A. Burkhardt, Mannheim<br />

Verbandsvorsitzender<br />

Bruno Ruess, Konstanz<br />

Stellvertretender Vorsitzender<br />

Detlef Bukowsky, Ravensburg<br />

Nebenamtliches Vorstandsmitglied<br />

Prof. Wolfram Mutschler, Stuttgart<br />

Verbandsdirektor<br />

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />

Wilfried Wibusch, Stuttgart<br />

Prüfungsdirektor<br />

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied<br />

Verbandsrat<br />

Günter Ramge, Karlsruhe<br />

Verbandsratsvorsitzender<br />

Robert an der Brügge, Heilbronn<br />

Stellvertretender Verbandsratsvorsitzender<br />

Peter Haltmayer, Ettlingen<br />

Stellvertretender Verbandsratsvorsitzender<br />

Prof. Dr. Hansjörg Bach, Nürtingen<br />

Wolfgang Bielmeier, Mannheim<br />

Dieter Burger, Rheinfelden<br />

Ab 15.04.2004<br />

Reinhard Disch, Freiburg<br />

Ulrich Goeser, Stuttgart<br />

Martin Griesinger, Heidenheim<br />

Bis 15.04.2004<br />

Roland Grundler, Singen<br />

Ab 15.04.2004<br />

Berthold Hartmann, Tübingen<br />

Wolfgang D. Heckeler, Bietigheim-Bissingen<br />

Bis 15.04.2004<br />

Reinhold Hornig, Heidelberg<br />

Michael Lott, Ulm<br />

Ab 15.04.2004<br />

Johannes Mühlan, Achern<br />

Bis 15.04.2004<br />

Horst Jürgen Müller, Mosbach<br />

Bis 15.04.2004<br />

Werner Münchberg, Stuttgart<br />

Bis 15.04.2004<br />

Walter Pfannenschwarz, Ludwigsburg<br />

Werner Schust, Crailsheim<br />

Jürgen Schweinbenz, Stuttgart<br />

Ab 15.04.2004<br />

Martin Stahl, Pforzheim<br />

Peter Stammer, Heidelberg<br />

Ab 15.04.2004<br />

Walter Zanker, Balingen


IN EIGENER SACHE<br />

Auch der Weg zur Hölle ist mit guten<br />

Vorsätzen gepflastert, sagt uns eine alte<br />

Volksweisheit. In jeder Legislaturperiode<br />

versprechen uns die Regierung und die<br />

jeweiligen Volksvertreter, den Bürokratieabbau<br />

ernsthaft anzugehen. Stattdessen<br />

wird der Gesetzesdschungel weiter kräftig<br />

aufgeforstet. In der jüngsten Vergangenheit<br />

wurden unter anderem die Bauabzugssteuer,<br />

die Gesetze zur Bekämpfung<br />

illegaler Beschäftigung und der Energiepass<br />

großgezogen. Das jetzt diskutierte<br />

Antidiskriminierungsgesetz wird wohl ebenfalls ein <strong>statt</strong>liches<br />

Gestrüpp werden. Um alle gesetzlichen Genehmigungs-,<br />

Kontroll- und Meldepflichten erfüllen zu können,<br />

braucht es viel Arbeitszeit, müssen Experten, Gutachter und<br />

Juristen beschäftigt werden. Das alles kostet Geld, das besser<br />

in Modernisierungen, in innovative Bauprojekte und in<br />

neue Arbeitsplätze eingebracht werden sollte.<br />

Das welke Wachstum in Deutschland, zusammen mit der<br />

Verunsicherung durch handwerklich fehlerhafte Gesetzesentwürfe,<br />

führt zur Verunsicherung – nicht nur in der<br />

Industrie und bei mittelständischen Unternehmen, sondern<br />

auch beim privaten Verbraucher. Bauzinsen mit der Drei vor<br />

dem Komma sind Traumkonditionen. Und trotzdem ist der<br />

Markt von großer Zurückhaltung geprägt. Für die Banken<br />

wird das Hypothekengeschäft zunehmend zum Margenproblem.<br />

Das Neugeschäft an Hypotheken stagniert vielerorts<br />

oder ist sogar rückläufig. Die Bauwirtschaft hingegen<br />

sitzt wegen der schlechten Nachfrage auf großen, unausgelasteten<br />

Kapazitäten und ringt um Aufträge. Das Beispiel<br />

von Walter Bau erschüttert den deutschen Mittelstand und<br />

zeichnet ein aktuelles Psychogramm der Wirtschaft. Und das<br />

Handwerk bekommt zu spüren, dass sich die klassische<br />

Hausbank weniger von langjährigen Beziehungen leiten<br />

lässt, als vielmehr von einem aggressiven Management des<br />

Kreditportfolios. Negativrekorde wohin man blickt, obwohl<br />

es an guten Ratschlägen und Rezepten nicht mangelt.<br />

Und wie steht es um die Wohnungs- und<br />

Immobilienwirtschaft? Betrachtet man<br />

ihre öffentliche Bedeutung, wirkt sie wie<br />

ein Stiefkind der Gesamtwirtschaft. Ganz<br />

zu Unrecht. Unternehmen, Kommunen<br />

und Wohnungsgesellschaften besitzen in<br />

Deutschland Wohnimmobilien im Wert<br />

von 2,14 Billionen Euro. Die Immobilienwirtschaft<br />

sichert rund 3,4 Millionen<br />

Arbeitsplätze. Das Bundeswirtschaftsministerium<br />

spricht von der großen wirtschaftlichen<br />

Bedeutung der Immobilienbranche,<br />

die nach seiner Schätzung jährlich 300 Milliarden<br />

Euro erwirtschaftet.<br />

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen aus politischer, wirtschaftlicher<br />

und sozialgesellschaftlicher Hinsicht ist die<br />

Bilanz der Wohnungs- und Immobilienunternehmen im <strong>vbw</strong><br />

positiv. Sie stehen für soziale Verantwortung im Städtebau,<br />

zeigen Kreativität im Wohnungsbau und setzen energetisch<br />

und architektonisch innovative Baukonzepte um.<br />

Den sich ändernden und schwieriger werdenden Bedingungen<br />

muss sich auch der <strong>vbw</strong> anpassen. In unserem Jahresbericht<br />

beschreiben wir, was wir für die Zukunftsausrichtung tun.<br />

Zum Schluss möchte ich Sie traditionell einladen, einen<br />

intensiven Blick auf unser Sonderthema am Schluss des<br />

Jahresberichtes zu werfen. Dort haben wir zum bequemen<br />

Nachlesen noch einmal die Interviews aus unserer Zeitschrift<br />

aktuell gebündelt abgedruckt, die wir mit namhaften<br />

Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft quer durch die<br />

Themenfelder der Branche führen konnten.<br />

Gerhard A. Burkhardt, Präsident des <strong>vbw</strong><br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 IN EIGENER SA CHE<br />

5


WIRTSCHAFT-<br />

LICHE LAGE<br />

Die Weltwirtschaft hat sich im Jahr 2004 so kräftig<br />

entwickelt wie seit 1976 nicht mehr. Deutschland scheint<br />

allerdings von der boomenden Weltkonjunktur entkoppelt<br />

und liegt beim Wachstum unter dem Durchschnitt der<br />

alten EU-Länder.


Weltwirtschaft<br />

Die Weltwirtschaft hat sich im Jahr 2004 so kräftig entwickelt<br />

wie seit 1976 nicht mehr, wesentlich getragen durch die<br />

konjunkturelle Entwicklung in den Schwellenländern und<br />

deren sprunghaft gestiegenem Handel untereinander. Das<br />

reale Bruttoinlandsprodukt ist um 4,8 Prozent, nach 3,9<br />

Prozent im Jahr 2003, gestiegen, auch weil sich bei den<br />

Bruttoanlageinvestitionen der kräftige zyklische Aufschwung<br />

fortsetzte. Mit der Rücknahme fiskalpolitischer und<br />

geldpolitischer Impulse im Jahr 2005 wird sich in vielen<br />

Ländern diese Maßnahme leicht dämpfend auf den Aufschwung<br />

2005 auswirken. Insbesondere werden diese Maßnahmen<br />

in China dazu führen, dass sich hier die Zuwachsrate<br />

der gesamtwirtschaftlichen Aktivitäten etwas abschwächen<br />

wird. Allerdings dürften sich die Folgen für die Exportentwicklung<br />

der benachbarten Länder in Grenzen halten.<br />

Die Auswirkungen der hohen Ölpreise werden sich in den<br />

meisten ölimportierenden Ländern nur gering bemerkbar<br />

machen, da diese bremsenden Effekte auf eine recht stabile<br />

Binnennachfrage treffen. Die Dynamik des Welthandelsvolumens<br />

wird zwar nicht die Werte von 2004 mit 8,8 Prozent<br />

erreichen, aber sie wird mit 7,5 Prozent immer noch über<br />

dem Durchschnitt des letzten Jahrzehnts liegen. Ein weiterer<br />

moderater Rückgang der Ölpreise auf unter 40 Dollar/<br />

Barrel dürfte dazu beitragen, die Inflation weltweit im<br />

nächsten Jahr zu dämpfen (3,1 Prozent nach 3,3 Prozent im<br />

Jahr 2004). Damit ist ein weiterer Baustein geschaffen, der<br />

das Konsumvertrauen stärkt und somit den Aufschwung<br />

positiv unterstützt.<br />

USA<br />

Das Wachstum der US-Wirtschaft liegt derzeit wie erwartet<br />

über der Teuerungsrate. In 2005 dürfte die Konjunktur weiter<br />

so stark expandieren, dass mit einem weiteren, moderaten<br />

Anstieg der Kapazitätsauslastung zu rechnen ist. Die Rahmenbedingungen<br />

für eine fortgesetzte Expansion der amerikanischen<br />

Wirtschaft sind auch 2005 durchaus günstig.<br />

Wurde das Jahr 2004 mit einer Wachstumsrate von 4,5<br />

Prozent abgeschlossen, so wird für 2005 noch eine Rate<br />

von 4,1 Prozent erwartet. Zu dieser Wachstumsrate wird der<br />

Konsum beitragen, die Realeinkommen sind mit 3,8 Prozent<br />

deutlich gestiegen, die Ölpreise sind stark gefallen und eine<br />

abflachende Teuerungsrate verhelfen den Haushalten die<br />

reale Kaufkraft zu steigern. Auch die Arbeitslosenquote verbesserte<br />

sich 2004 deutlich. Mit einem durchschnittlichen<br />

Anstieg der Beschäftigten pro Monat um knapp 180.000<br />

sank die Quote auf 5,5 Prozent. Auch für 2005 ist eine weitere<br />

Verbesserung zu erwarten. Zwar hat der Dollar an Wert<br />

verloren, was zu höheren Importpreisen führt, aber letztendlich<br />

stützt die Abwertung die im Ausland erzielten<br />

Dollar-Gewinne der US-Unternehmen und verbessert die<br />

preisliche Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Exporte.<br />

Euro-Raum<br />

Im Euroraum setzte sich die vor allem von der Ausfuhr getragene<br />

geringe Erholung der Produktion bis zum Frühjahr<br />

fort. Danach hat die konjunkturelle Belebung im Euroraum<br />

im Lauf des Jahres 2004 wieder an Fahrt verloren, und die<br />

gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung ist weiterhin<br />

gesunken. Die Eintrübung ging im wesentlichen vom privaten<br />

Konsum aus; seit dem Sommer sind hier die Zuwächse<br />

nur noch verschwindend gering. Dazu haben die sprunghaft<br />

gestiegenen Kosten für Energie und die Unsicherheit über<br />

die weitere Entwicklung auf dem Erdölmarkt beigetragen.<br />

Auch die Exporte entwickelten sich in der zweiten Jahreshälfte<br />

im Zuge der Verlangsamung des weltwirtschaftli-<br />

ZUR WIRT S CHAFTLICHEN LAGE<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

7


8<br />

chen Aufschwungs etwas verhaltener. Das reale Bruttoin- ersten Monate erheblich beschleunigte Inflation den Anlandsprodukt<br />

nahm um 1,8 Prozent zu, wobei die Wachsstieg der Reallöhne bremste. Soweit die Energie- und Rohtumsraten<br />

von Land zu Land erheblich differierten. So bildestoffpreise wieder etwas sinken, dürfte das Bruttoinlandsten<br />

Italien und Portugal mit Raten von 1 Prozent die produkt dennoch um 2 Prozent expandieren. Der private<br />

Schlusslichter, während die Volkswirtschaften Griechen- Konsum dehnt sich aus, da durch die sinkenden Preise die<br />

lands, Irlands, Finnlands und Spanien am lebhaftesten ex- Realeinkommen wachsen. Die Beschäftigung wird langsam<br />

pandierten.<br />

zunehmen und damit die Arbeitslosenquote weiter auf<br />

Durch den Rückgang des Exports sollten die Wachstums- annähernd 8,8 Prozent sinken. Auch die Preisentwicklung<br />

impulse nunmehr aus der Binnennachfrage ausgeglichen, ja wird wieder, da keine Sondereinflüsse mehr wirksam sind,<br />

gesteigert werden. Dieser Übergang wird schwierig, letztendlich<br />

wird er aber erfolgreich sein. Damit kann nach einer<br />

Wachstumsverlangsamung für 2005 mit einer leichten<br />

Beschleunigung auf 1,8 Pro-<br />

schwächer, und wird 1,7 Prozent betragen.<br />

zent gerechnet werden. Die Kennzahlen zu ausgewählten Ländern<br />

Ausrüstungsinvestitionen<br />

Bruttoinlandsprodukt Verbraucherpreise 1) Arbeitslosenquoten 2)<br />

dürften sich vor allem auf-<br />

Vorjahresvergleich in Prozent Jahresdurchschnitt<br />

grund der Ersatzinvestitionen<br />

2003 2004 2005 2003 2004 2005 2003 2004 2005<br />

wieder erholen. Niedrige Zin- Deutschland -0,1 1,7 1,5 1,8 1,3 1,1 9,6 9,8 9,8<br />

sen, ein kräftiges Wachstum<br />

Frankreich 0,5 2,4 2,2 2,3 2,0 1,8 9,4 9,6 9,4<br />

der Gewinne und bessere<br />

Aussichten für die Binnennachfrage<br />

sollten hier gute<br />

Italien<br />

Niederlande<br />

Luxemburg<br />

Belgien<br />

0,3<br />

-0,9<br />

2,9<br />

1,3<br />

1,3<br />

1,4<br />

4,0<br />

2,5<br />

1,8<br />

1,7<br />

3,5<br />

2,5<br />

2,3<br />

1,4<br />

3,2<br />

1,9<br />

2,3<br />

1,3<br />

2,3<br />

1,9<br />

2,0<br />

1,4<br />

1,6<br />

1,8<br />

8,6<br />

3,8<br />

3,7<br />

8,0<br />

8,4<br />

4,7<br />

4,0<br />

7,8<br />

8,1<br />

5,1<br />

4,0<br />

7,7<br />

Argumente sein. Die Ar- EWU 0,5 2,0 2,0 2,1 1,9 1,7 8,9 9,0 8,8<br />

beitslosenquote wird mit 9 USA 3,0 4,4 3,0 2,4 2,8 2,3 6,0 5,5 5,2<br />

Prozent etwas höher sein Kanada 1,8 2,9 3,6 1,8 1,7 1,8 7,8 7,3 7,1<br />

als im Vorjahr. Auch die In- Japan 2,5 4,2 2,1 1,3 0,2 0,3 5,3 4,7 4,4<br />

flationsrate dürfte aufgrund<br />

Industrieländer 2,0 3,4 2,6 1,8 2,0 1,9 k.A. k.A. k.A.<br />

des starken Ölpreisanstiegs<br />

erneut über dem von der EZB<br />

angestrebten Ziel liegen.<br />

1) Europäische Union: Harmonisierte Verbraucherpreisindizes<br />

2) Arbeitslose in % der Erwerbspersonen, standardisiert<br />

Quelle: Eurostat, OECD, nationale Statistiken<br />

Die Lage der öffentlichen Haushalte im Euroraum hat sich<br />

trotz der Konjunkturbelebung weiter verschlechtert. Das zusammengefasste<br />

Budget dürfte im Jahr 2004 ein Defizit von<br />

2,8 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt aufweisen.<br />

Die Fehlbeträge werden in den meisten Ländern erneut<br />

höher ausfallen als im Stabilitätsprogramm vorgesehen.<br />

Neben Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Griechenland<br />

dürften in diesem Jahr auch Italien und Portugal<br />

die im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehene Grenze<br />

von 3 Prozent überschreiten.<br />

In den EU-Beitrittsländern setzte sich die im Vergleich zum<br />

restlichen Europa deutlich überdurchschnittliche Expansion<br />

der Produktion fort. Allerdings war auch hier ab der Jahresmitte<br />

eine Verlangsamung des Aufschwungs zu beobachten.<br />

Das reale Bruttoinlandsprodukt stieg um 4,75 Prozent<br />

nach 3,7 Prozent im Jahre 2003. Der private Konsum in<br />

diesen Ländern war weiterhin sehr lebhaft, aber auch hier<br />

im Verlauf des Jahres etwas geringer, da die während der<br />

Deutschland<br />

Die Weltwirtschaft boomt wie seit 28 Jahren nicht mehr,<br />

doch die deutsche Wirtschaft macht nicht mit. Es gibt zwar<br />

einen Aufschwung, doch ist er angesichts der hohen Verflechtung<br />

der deutschen Wirtschaft mit der Weltwirtschaft<br />

enttäuschend schwach. Deutschland ist von der Weltkonjunktur<br />

entkoppelt und liegt nach wie vor beim Wachstum<br />

unter dem Durchschnitt der alten EU-Länder. Insgesamt ist<br />

das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2004 nach heutiger<br />

Einschätzung nur um 1,7 % höher als im Jahr 2003. Nach<br />

nahezu drei Jahren Stagnation ist dies der stärkste Anstieg<br />

seit dem Jahr 2000 (+2,9 Prozent). Allerdings war der Kalendereffekt<br />

im Berichtsjahr mit 0,5 Prozentpunkten ungewöhnlich<br />

hoch.<br />

Die Wirtschaftsleistung wurde im Jahresdurchschnitt von<br />

38,4 Millionen Erwerbstätigen erbracht, das waren 128.000<br />

Personen (+0,3 Prozent) mehr als ein Jahr zuvor. Damit kam<br />

es im Durchschnitt des Jahres 2004 erstmals seit 2001 wie-


der zu einem Anstieg der Erwerbstätigen. Die Zunahme der<br />

Erwerbstätigkeit im Jahr 2004 wurde durch die Reformen<br />

am Arbeitsmarkt im Rahmen der Hartz-Gesetze I und II (Ich-<br />

AGs und Mini-Jobs) sowie durch die im Herbst 2004 gestartete<br />

Initiative Arbeitsmarkt erreicht. Die Anzahl der Erwerbslosen<br />

(in europäischer Definition) stieg im Jahr 2004<br />

gegenüber dem Vorjahr um 82.000 (+2,1 Prozent) auf 3,9<br />

Millionen Personen oder 9,8 Prozent (2003: 9,6 Prozent).<br />

Die Arbeitsproduktivität gemessen als Bruttoinlandsprodukt,<br />

in Preisen von 1995 je Erwerbstätigen, stieg im Jahr<br />

2004 mit 1,3 Prozent ungefähr gleich stark wie bei der<br />

Arbeitsproduktivität je Arbeitsstunde (+1,2 Prozent).<br />

Auf der Entstehungsseite des Bruttoinlandsproduktes hat<br />

im Jahr 2004 die Wertschöpfung in allen Wirtschaftsbereichen<br />

Zuwächse zu verzeichnen, mit Ausnahme des Baugewerbes.<br />

Dort ging im fünften Jahr in Folge die Wirtschaftsleistung<br />

zurück, mit -2,4 Prozent (2003: -4,4 Prozent) allerdings<br />

etwas verlangsamt.<br />

Die Prognose der fertiggestellten Wohnungen insgesamt<br />

(einschließlich der Maßnahmen an bestehenden Gebäuden)<br />

für das Jahr 2005 fällt für die Bundeshauptstadt Berlin alarmierend<br />

aus. Es werden nur noch 8 Wohnungen pro 10.000<br />

Einwohner fertiggestellt. Damit hat Berlin als einziges Bundesland<br />

die Zahl 10 unterschritten. Bayern erreicht mit 43<br />

Wohnungen pro 10.000 Einwohner den Spitzenwert der<br />

deutschen Bundesländer.<br />

Vergleicht man die Bauintensität in Berlin im Jahr 2005 mit<br />

der des Jahres 1998, fällt diese Zahl noch erschreckender<br />

aus. Gerade noch 15,4% des Wertes aus dem Jahr 1998 (52)<br />

werden 2005 erreicht. Berlin bildet demnach das Schlusslicht<br />

einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ der Bauintensität.<br />

Zu Berlin gesellen sich Bremen, Sachsen, Sachsen-Anhalt<br />

und Thüringen mit weniger als 20 fertiggestellten Wohnungen<br />

je 10.000 Einwohner. Neben den südlichen Bundesländern<br />

sowie Schleswig-Holstein und Niedersachsen liegen<br />

mit Brandenburg (39) und Mecklenburg-Vorpommern<br />

(35) auch zwei der neuen Bundesländer über dem<br />

Durchschnitt von Deutschland insgesamt (31). Hier dürfte<br />

sich in Brandenburg der Effekt des „Speckgürtels“ um<br />

Berlin sowie in Mecklenburg-Vorpommern die Konzentration<br />

auf den Fremdenverkehr weiterhin positiv bemerkbar<br />

machen. Betrachtet man jedoch die zeitliche Entwicklung<br />

von 1998 bis 2005, so liegt Brandenburg mit einem<br />

Rückgang von über 66% im unteren Drittel der Tabelle.<br />

Deutschland insgesamt erreicht bei den fertiggestellten<br />

Wohnungen je 10.000 Einwohnern nur noch die Hälfte des<br />

Niveaus des Jahres 1998. Ganz Ostdeutschland verzeichnet<br />

hier überdurchschnittliche Rückgänge, wogegen Bayern,<br />

Niedersachsen und Rheinland-Pfalz mit Minuszahlen im<br />

Bereich von 30 – 40% noch vergleichsweise „glimpflich“<br />

davonkommen.<br />

Im Nichtwohnbau, wo der fertiggestellte Rauminhalt im<br />

Neubau in Relation zu den Einwohnern gesetzt wurde, ergibt<br />

sich ein etwas differenzierteres Bild. Hier gesellen sich<br />

die beiden nördlichen Stadt-Staaten Bremen und Hamburg<br />

sowie Niedersachsen zu den schon im Wohnbau „starken“<br />

Bundesländern Bayern und <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> mit überdurchschnittlichen<br />

Fertigstellungsraten im Vergleich zum<br />

Bund. Die Tristesse im Bausektor in Ostdeutschland wird in<br />

diesem Segment erfreulicherweise durch Sachsen-Anhalt<br />

durchbrochen. Mit fertiggestellten 20.000 m 3 umbautem<br />

Raum je 10.000 Einwohnern erreicht es sogar den Durchschnitt<br />

der „alten“ Bundesländer. Dass dies kein überdurchschnittlicher<br />

Grund zu Freude ist, beweist ein Blick auf die<br />

Zeitreihe. Auch im Nichtwohnbau sind, vor allem im Osten<br />

der Republik, dramatische Rückgänge der Bautätigkeit zu<br />

verzeichnen.<br />

Die vorliegenden Zahlen zeigen, dass Deutschland im europäischen<br />

Vergleich den Wandel vom Land mit der höchsten<br />

Bauintensität 1998 zu einem der Länder mit der niedrigsten<br />

Bauintensität im Jahr 2005 nahtlos fortsetzen wird.<br />

Im abgelaufenen Jahr trugen im wesentlichen die Exporterfolge<br />

der Wirtschaft den Aufschwung. Sie sind das Ergebnis<br />

eines kräftigen weltwirtschaftlichen Wachstums und einer<br />

hohen internationalen Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit<br />

deutscher Unternehmen. Getrieben durch die Weltkonjunktur<br />

wuchs das Exportergebnis um <strong>statt</strong>liche 9,3 Prozent<br />

in realer Rechnung. Durch den rückläufigen privaten<br />

Konsum (-0,3 Prozent) und der Bruttoanlageinvestitionen<br />

um 0,5 Prozent, konnte der Exporterfolg nur in geringem<br />

Maße auf das Bruttoinlandsprodukt übertragen werden.<br />

Als gemeinsame Erklärung für die schwache Binnennachfrage<br />

kommt das hohe deutsche Lohnkostenniveau in Betracht,<br />

das hinter Norwegen die Spitzenposition in der Welt<br />

einnimmt und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />

Arbeitnehmer angesichts der wachsenden Niedriglohnkonkurrenz<br />

in Osteuropa und Asien immer mehr beeinträchtigt.<br />

Die Firmen sichern ihre Wettbewerbsfähigkeit, indem sie<br />

Teile ihrer lohnkostenintensiven Produktionskette, und damit<br />

Arbeitsplätze, in Niedriglohnländer verlagern. Hier zu<br />

Lande investieren sie immer weniger. Die Arbeitnehmer<br />

haben Angst vor dem Arbeitsplatzverlust und halten sich<br />

beim Kauf langlebiger Konsumgüter zurück. Die schwache<br />

Binnennachfrage ist ein unmittelbarer Reflex der Standortprobleme<br />

des Landes. Ungeachtet der strukturellen Schwächen<br />

der deutschen Wirtschaft, die noch lange nicht überwunden<br />

sind, hängen die weiteren Konjunkturaussichten in<br />

hohem Maße von der Entwicklung der Weltkonjunktur ab.<br />

ZUR WIRT S CHAFTLICHEN LAGE<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

9


10<br />

Da für das Jahr 2005 mit einer geringen Abschwächung der<br />

weltwirtschaftlichen Dynamik zu rechnen ist, ohne dass<br />

diese Abschwächung schon einen Abschwung bedeuten<br />

würde, also mit verringertem, aber immer noch hohem Tempo<br />

die Weltwirtschaft wachsen wird, bleiben die weltwirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen auch für die deutsche<br />

Wirtschaft relativ günstig.<br />

Die Wirtschaft in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

Die Konjunktur in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> wächst, doch die<br />

Anzeichen für positive Impulse auf dem Arbeitsmarkt im<br />

Land fehlen. Hoffnungen, die auf den in den zurückliegenden<br />

zwölf Monaten ganz gut laufenden Export gesetzt wurden,<br />

erwiesen sich am Ende doch als zu schwach, um deutliche<br />

Impulse für die Beschäftigungssituation zu geben. Für<br />

das Jahr 2004 musste somit die Südwestindustrie einen<br />

Beschäftigtenrückgang von 18.400 Beschäftigten auf im<br />

Jahresdurchschnitt 1.211.800 tätige Personen hinnehmen (-<br />

1,5 Prozent). Verringert hat sich im Lauf des Jahres 2004<br />

indes das Tempo des Beschäftigtenabbaus. Der Rückgang<br />

gegenüber dem Vorjahr betrug im ersten Halbjahr noch 1,8<br />

Prozent. Im zweiten Halbjahr lag die Abnahme im Schnitt<br />

bei 1,2 Prozent. Einen besonders hohen Abbau seiner<br />

Belegschaften erlebten dabei der „Maschinenbau“ (-3.400)<br />

und das „Papier-, Verlags- und Druckgewerbe“ (-3.100).<br />

Nur der „Fahrzeugbau“ verzeichnete eine Beschäftigtenzunahme<br />

von 2.500 Personen.<br />

Die Verbraucherpreise in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> sind im 4.<br />

Quartal 2004 gegenüber dem Vorjahr um 2,1 Prozent<br />

gestiegen. Für das Jahr 2004 ergibt sich damit eine durchschnittliche<br />

Teuerungsrate von 1,9 Prozent (2003: 1,3<br />

Prozent) Geprägt wurde die Preisentwicklung von der Gesundheitsreform,<br />

vom rasanten Anstieg der Rohölnotierungen,<br />

der Haushaltsenergie und der Kraftstoffe.<br />

In <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> hat die Konjunktur zum Jahreswechsel<br />

2004/2005 ihren Höhepunkt erreicht. Im Verlauf<br />

der kommenden Monate wird sich das bisherige Expansionstempo<br />

verringern. Die außenwirtschaftlichen Impulse<br />

haben spürbar nachgelassen. Dem stand eine leichte Belebung<br />

der Inlandskonjunktur gegenüber. Die Inlandsgeschäfte<br />

der Industrie und die Umsätze des KFZ- und Großhandels<br />

tendierten aufwärts. Die Exporterlöse der Südwestindustrie<br />

für das Jahr 2004 konnten um 9,4 Mrd. Euro auf<br />

251,1 Mrd. Euro gesteigert werden. Davon entfielen allein<br />

7,9 Mrd. Euro auf eine Zunahme des Exports. Damit beläuft<br />

sich die Exportquote des Landes auf 44,9 Prozent. Der Anteil<br />

an diesen Erlösen im Lande von Betrieben des verarbeitenden<br />

Gewerbes wird mit 26 Prozent allein von der Automobilindustrie<br />

erbracht. Der Maschinenbau trug mit 21 Pro-<br />

zent zum Ergebnis bei. Knapp 30 Prozent der bundesweit<br />

hergestellten Maschinen stammen aus 2.018 Betrieben im<br />

Lande. Daraus ist ersichtlich, wie wichtig diese Branchen<br />

für die Ergebnisse des Landes sind. Bessere Geschäfte meldeten<br />

auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Versicherungen.<br />

Demgegenüber zeigte der Trend im konsumnahen<br />

Einzelhandel und im Bauhauptgewerbe nach unten.<br />

Über das gesamte Jahr 2004 betrachtet gelang es dem<br />

Baugewerbe nicht, die Auftragseingänge zu steigern. Insgesamt<br />

lag der Wert der Auftragseingänge um 3 Prozent unter<br />

dem schon sehr niedrigen Ergebnis des Jahres 2003. Dabei<br />

wurde im Hochbau der Vorjahreswert erreicht, während im<br />

Tiefbau die Ordereingänge um nahezu 7 Prozent zurückgingen.<br />

Das Auftragsminus im Tiefbau wurde insbesondere<br />

durch fehlenden Aufträge aus der gewerblichen Wirtschaft<br />

verursacht. Im Wirtschaftsbau lagen die Ordereingänge um<br />

fast 19 Prozent unter dem Vorjahreswert. Auch im sonstigen<br />

öffentlichen Bau beliefen sich die Auftragseinbußen auf<br />

7 Prozent.<br />

Die Stabilisierung im Hochbau ist vor allem auf die Zunahme<br />

der Auftragseingänge im Wohnungsbau zurückzuführen.<br />

In dieser seit Jahren rückläufigen Sparte konnte im<br />

Jahr 2004 erstmals wieder ein Auftragsplus von 2 Prozent<br />

verbucht werden. Dagegen waren die Auftragseingänge im<br />

Wirtschaftsbau, wenn auch in geringerem Maß als in den<br />

Vorjahren, wiederum niedriger (um -2 Prozent). Im öffentlichen<br />

Hochbau, der allerdings für den gesamten Bereich<br />

von geringer Bedeutung ist, waren die Auftragseingänge<br />

um 3 Prozent höher als 2003.<br />

Im Jahr 2004 wurden insgesamt 38.039 Wohnungen zum<br />

Bau freigegeben. Inwieweit in diesen Genehmigungen Sondereinflüsse,<br />

wie die immer noch andauernde Diskussion<br />

um die Eigenheimzulage, enthalten sind und wie viel davon<br />

letztendlich umgesetzt werden, kann nicht gesagt werden.


Die Fünf-Millionen-Grenze ist überschritten<br />

5,0 Millionen<br />

4,8<br />

4,6<br />

4,4<br />

4,2<br />

4,0<br />

3,8<br />

3,6<br />

2004<br />

2003<br />

Monat J F M A M J J A S O N D J<br />

1) Abweichung durch Rundung möglich. Zuordnung West-Berlins zu Ostdeutschland. Statistische Änderung 2004: Teilnehmer an Trainingsmaßnahmen gelten<br />

nicht als arbeitslos. 2) Januar des Folgejahres. 3) Vorjahresdaten angepasst. 4) Stand: November 2004<br />

Quellen: Bundesagentur für Arbeit; Statistisches Bundesamt<br />

Deutsche Wirtschaft bricht ein<br />

Veränderung des realen BIP in Prozent<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

1999<br />

2002<br />

2000<br />

2001<br />

Ende Januar 2005: 1)<br />

5,037 Millionen<br />

(West: 3,266 Millionen,<br />

Ost: 1,771 Millionen)<br />

Quartale<br />

2000 2001 2002 2003 2004<br />

1)<br />

2005<br />

zum Vorjahresquartal<br />

zum Vorquartal<br />

Anzahl Veränderung zum<br />

(in Millionen) Vorjahresmonat<br />

Gemeldete offenen Stellen<br />

0,268 -3,0%<br />

Erwerbstätige<br />

39 +0,7%<br />

Arbeitslose Veränderung zum<br />

(in Millionen) Vorjahresmonat<br />

Westdeutschland<br />

3,266 +11,6%<br />

Ostdeutschland<br />

1,771 +6,1%<br />

Arbeitslosengeld II<br />

4,089 nicht vorhanden<br />

55 Jahre und älter<br />

0,560 +12,7%<br />

Jünger als 25 Jahre<br />

0,635 +26,9%<br />

Zehn Jahre Arbeitslose<br />

Entwicklung der Arbeitslosenzahlen – jeweils im Januar – in Mio.<br />

1995 ‘96 ‘97 ‘98 ‘99 2000 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 2005<br />

3,85<br />

4,16<br />

4,66<br />

4,82<br />

4,46<br />

4,29 4,29<br />

1) Bruttoinlandsprodukt. Quelle: Statistisches Bundesamt/F.A.Z.-Grafik Niebel *einschl. ca. 200.000 bisherigen Sozialhilfeempfängern<br />

4,09<br />

4,62<br />

Schätzung:<br />

über 5 Mio.*<br />

4,60<br />

ZUR WIRT S CHAFTLICHEN LAGE<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

11


WOHNUNGS-<br />

POLITIK<br />

Die regionalen Differenzierungen haben auf den Wohnungsmärkten<br />

weiter zugenommen. Obwohl der Wohnungsflächenverbrauch<br />

pro Kopf erneut gestiegen ist, liegt das Wohnungsangebot<br />

im Bundesdurchschnitt über der Nachfrage. Dennoch<br />

bestehen in den wachsenden Regionen und Universitätsstädten<br />

teils drastische Nachfrageüberhänge. Die Politik<br />

trägt dieser Situation kaum Rechnung.


Situation auf den Wohnungsmärkten<br />

Die regionalen Differenzierungen haben auf den Wohnungsmärkten<br />

im Jahr 2004 weiter zugenommen.<br />

Allen derzeit verfügbaren Informationen zur Folge wird dies<br />

künftig noch sehr viel ausgeprägter feststellbar sein. Dies<br />

gilt sowohl im Bundesgebiet als auch für <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

selbst. Die Nachfrage wird sich daher in den Regionen<br />

höchst unterschiedlich entwickeln.<br />

Im Bundesdurchschnitt haben wir mehr Wohnungsangebote<br />

als Nachfrage – obwohl der Wohnflächenverbrauch pro Kopf<br />

erneut zugenommen hat. Für jeden Bundesbürger standen<br />

im Schnitt zuletzt 41,6 m 2 Wohnfläche zur Verfügung. Das<br />

ist eine Steigerung gegenüber dem letzten Mikrozensus im<br />

Jahre 1998 um 5,5 Prozent.<br />

Die Wohnungsmärkte in den wachsenden Regionen der<br />

alten Bundesländer und in den Universitätsstädten (München,<br />

Frankfurt, Stuttgart) sind jedoch weiterhin von zum<br />

Teil drastischen Nachfrageüberhängen gekennzeichnet.<br />

■ Die Nachfrage nach Wohnungseigentum macht hierbei<br />

einen zunehmenden Anteil aus, obwohl das Eigentumserwerbspotential<br />

der Bevölkerung deutlich abnimmt. Das<br />

ist demografisch bedingt, da die bisherige für die Eigentumsbildung<br />

maßgebliche Altersgruppe zukünftig deutlich<br />

schwächer besetzt sein wird als heute. Also müssen für die<br />

Wohneigentumsbildung im Alter die notwendigen Rahmenbedingungen<br />

geschaffen werden: Jeder fünfte Einwohner<br />

ist im Jahr 2010 älter als 65 Jahre. Im Jahr 2040 wird diese<br />

Altersgruppe bereits einen Bevölkerungsanteil von 30 Prozent<br />

erreichen. Damit nimmt auch der Anteil des Bedarfs an<br />

Pflege und Hilfe zu Hause zu. Seniorengerechtes Wohnen ist<br />

und bleibt der künftige Wachstumsmarkt.<br />

■ Der Trend einer Zunahme kleinerer Haushalte bei höherem<br />

Wohnflächenverbrauch wird auf den Mietwohnungsmarkt im<br />

höheren Preissegment eine steigende Nachfrage zur Folge<br />

haben. Das Angebot preiswerter „Sozialwohnungen“ wird<br />

weiter zurückgehen. Auslaufende Belegungsbindungen und<br />

Modernisierungen tragen dazu bei. Die Wohnraumversorgung<br />

sozial Schwacher und die Integration von Immigranten<br />

erfordern die Hilfestellung der Wohnungsunternehmen.<br />

■ Die Betriebskosten (kalt und warm) steigen kontinuierlich<br />

an. Sie betragen laut GdW-Statistik in den alten Ländern<br />

1,37 @/m 2 (kalt) und 0,84 @/m 2 (warm).<br />

■ In dieser veränderten Situation auf den Wohnungsmärkten<br />

schlagen auch noch so unscheinbare Veränderungen<br />

der wohnungspolitischen Rahmenbedingungen mit großen<br />

Auswirkungen zu Buche.<br />

■ Die Mietentwicklung (monatliche Nettomiete, kalt) war<br />

innerhalb der GdW-Statistik im Jahr 2003 im Vergleich<br />

zum Vorjahr rückläufig. Die Veränderungen in Prozenten<br />

zum Vorjahr betragen nach 3,4 Prozent im Jahr 2002 nur<br />

noch 2,8 Prozent im Jahr 2003.<br />

Die Mietausfälle innerhalb des GdW ergeben sich aus<br />

nachstehender Tabelle (siehe Abbildung Seite 14).<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 ZUR WOHNUNGSPOLITIK<br />

13


14<br />

Mietausfälle<br />

Mietausfälle Mietausfälle Durchschnittsaufgrund<br />

von<br />

Leerstandsverlusten<br />

gesamt miete<br />

in % der Sollmiete in % der Sollmiete in EUR/m2 Berlin 7,68 8,57 4,18<br />

Alte Länder<br />

Bremen 5,66 6,09 4,44<br />

Niedersachsen 3,65 4,44 4,50<br />

Nordrhein-Westfalen 3,57 4,59 4,17<br />

Rheinland-Pfalz 3,02 3,98 4,14<br />

Saarland 2,41 2,72 3,84<br />

Schleswig-Holstein 2,52 3,17 4,47<br />

Hamburg 2,13 2,68 5,07<br />

Hessen 1,71 2,16 4,65<br />

Bayern 1,66 2,09 4,19<br />

<strong>Baden</strong>-Württ. 1,94 2,50 4,53<br />

Neue Länder<br />

Sachsen-Anhalt 22,34 23,11 4,01<br />

Sachsen 19,64 20,78 4,14<br />

Thüringen 15,13 16,01 4,04<br />

Brandenburg 14,51 15,70 4,03<br />

Mecklenburg-Vorpommern 10,73 11,45 4,41<br />

Grundsteuerreform<br />

Hierzu hat der <strong>vbw</strong> in der Anhörung des Landtages von<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> auszugsweise folgendes Statement<br />

abgegeben:<br />

Jede Änderung an der Grundsteuer ist von entscheidender<br />

Auswirkung auf die Wohnungs- und Immobilienunternehmen.<br />

Dies gilt schon deswegen, weil die Grundsteuer regelmäßig<br />

als Mietnebenkostenart auf den Mieter umgelegt<br />

wird. Jede Veränderung an der Grundsteuer wirkt sich also<br />

auch zu Lasten der Wohnungsnutzer, sei es der Eigentümer<br />

oder Mieter, unmittelbar aus.<br />

Proberechnungen des <strong>vbw</strong> haben ergeben, dass die gewollte<br />

aufkommensneutrale Grundsteuerreform mit dem Entwurf<br />

aus Mainz und München missglückt ist:<br />

Die künftige Bemessungsgrundlage im Modell soll der Bodenrichtwert<br />

sein. Bei bebauten Grundstücken mit einem Abschlag<br />

von 30 Prozent. Hinzu kommt dann ein pauschalierter<br />

Gebäudewert, der bei Mietwohngrundstücken generell mit<br />

600 @/m 2 Wohnfläche ohne Altersabschlag festgelegt ist.<br />

Für die Ermittlung der Bodenrichtwerte gibt es keine gesetzliche<br />

Grundlage. Die Praxis zeigt, dass Bodenrichtwerte<br />

bei absolut vergleichbaren Sachverhalten erhebliche Unterschiede<br />

aufweisen. In Gemeinden mit fehlenden oder nur<br />

sehr geringen Grundstücksumsätzen fehlen auch aktuelle<br />

Kaufpreissammlungen. Bodenrichtwerte sind dort entweder<br />

überhaupt nicht vorhanden oder veraltet. Bodenrichtwerte<br />

sind demnach nicht justiziabel.<br />

Außerdem stellen Bodenrichtwerte in etwa den Verkehrswert<br />

des Grund und Bodens dar. Im Veräußerungsfall von<br />

Mietwohngrundstücken spielt jedoch ausschließlich der<br />

Ertragswert für die Wertermittlung eine Rolle. Die Bemessungsgrundlage<br />

aus Bodenrichtwerten und pauschalierten<br />

Gebäudewerten repräsentiert also keinen Verkehrswert für<br />

Mietwohngrundstücke, da es sich hier um ein Sachwertverfahren<br />

handelt.<br />

Zwischen Mietwohngrundstücken kommt es ebenfalls zu<br />

erheblichen Wertverschiebungen. Die neue Bemessungsgrundlage<br />

führt im Verhältnis zum bisherigen Einheitswert<br />

nach unseren Probeberechnungen für Gebäude nach 1945<br />

bis zum Elffachen. Für Gebäude vor 1945 können die Werte<br />

sich bis zum über Siebzehnfachen erhöhen.<br />

In den Beispielrechnungen des Modells aus Mainz und<br />

München wird eine Grundsteuermesszahl von 0,5 verwendet.<br />

Sie beträgt nach der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung<br />

3,5. Selbst wenn in dem Gesetzgebungsverfahren auch<br />

tatsächlich eine solche Absenkung vorgesehen ist, muss bezweifelt<br />

werden, ob dadurch die zum Teil drastische Erhöhung<br />

der Grundsteuer kompensiert werden kann. Der Entwurf<br />

aus München und Mainz dürfte nach heutiger Einschätzung<br />

wohl nicht zum Tragen kommen.<br />

Eigenheimzulage<br />

Im Zeitpunkt der Drucklegung dieses Artikels befindet sich<br />

die Eigenheimzulage nach wie vor in der politischen Diskussion.<br />

Der Bundesrat hat zwar im November 2004 mit der<br />

Mehrheit der unionsregierten Länder unter entscheidendem<br />

Druck <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>s den erneuten Plänen der Bundesregierung<br />

die Eigenheimzulage zu kippen, eine Absage<br />

erteilt. Am 26. Januar 2005 befand sie sich in der Sachverständigenanhörung<br />

des Deutschen Bundestages.<br />

Danach will die Union die Eigenheimzulage weiter erhalten.<br />

Die Sachverständigen waren sich bei der Bewertung<br />

uneinig. Der GdW vertrat die Auffassung, sollte es im Vermittlungsverfahren<br />

zu einer Abschaffung kommen, müssten<br />

wesentliche Teile der Einsparungen für die Stadtentwicklung<br />

genutzt werden. Familien bedürften auch in Zukunft


Unterstützung bei der Bildung von Wohneigentum in den<br />

Städten, insbesondere beim Erwerb aus dem Bestand. Leider<br />

wurde das Wohneigentum bei der staatlich geförderten<br />

privaten Altersvorsorge weiter diskriminiert. Die privaten<br />

Bausparkassen hielten die Förderung der Eigenheimzulage<br />

gerade für die Schwellenhaushalte mit mittlerem Einkommen<br />

und vor allem für Familien mit Kindern für unverzichtbar.<br />

Demgegenüber vertrat der Deutsche Mieterbund die<br />

Auffassung, die Eigenheimzulage sei ökonomisch und ökologisch<br />

unvertretbar.<br />

Fakt ist, dass die Eigenheimzulage unter dem Strich dem<br />

Staat viel mehr bringt als sie kostet: Eine Familie mit einem<br />

Kind erhält im Förderzeitraum max. T@ 16,4 Eigenheimzulage.<br />

Durch den Neubau eines durchschnittlichen Wohneigentums<br />

erzielt der Staat jedoch T@ 50 an Steuern und<br />

Sozialabgaben. Nach Berechnungen des Rheinisch-Westfälischen<br />

Instituts für Wirtschaftsforschung führt ein Wegfall<br />

der Eigenheimzulage zu einem gesamtwirtschaftlichen Nachfrageausfall<br />

von 7,5 Milliarden @ und damit zu einem Abbau<br />

von weiteren 90.000 Arbeitsplätzen, die meisten davon<br />

im überwiegend mittelständisch geprägten Baugewerbe.<br />

Antidiskriminierungsgesetz<br />

„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung,<br />

seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und<br />

Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen<br />

Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.<br />

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt<br />

werden“. So lautet Art. 3 Abs. 3 unseres Grundgesetzes.<br />

Gleichwohl meinen die Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die<br />

Grünen EU-Richtlinien in einer Weise umsetzen zu müssen, die<br />

zu einer massiven Einschränkung der Vertragsfreiheit, zu<br />

zusätzlichen Kosten und unangemessener Benachteiligung der<br />

deutschen Wirtschaft führen. Noch kurz vor der Bundestagswahl<br />

2002 war ein ähnlicher Entwurf vom Bundeskanzler<br />

persönlich gestoppt worden. Nun liegt der Entwurf wieder vor.<br />

Der <strong>vbw</strong> hat hiergegen massiven Widerspruch erhoben. Die<br />

Landesregierung hat einen Entschließungsantrag zum Gesetzesentwurf<br />

im Bundesrat eingebracht und den Bundestag aufgefordert,<br />

sich auf das europarechtlich Geforderte zu beschränken<br />

und jede darüberhinausgehende Regelung zu unterlassen.<br />

Mit diesem Gesetzentwurf werden nicht die Opfer von<br />

Diskriminierungen geschützt, sondern er bürdet der Wirtschaft<br />

eine Vielzahl von Reglementierungen auf, die unverhältnismäßige<br />

Kostenbelastungen für die Unternehmen nach sich ziehen.<br />

Gerade die Wohnungswirtschaft wäre eklatant betroffen: Bei<br />

einer freien Mietwohnung bewerben sich in den Brennpunkten<br />

des Bedarfs mehrere Hundert Interessenten. In Folge der vorgesehenen<br />

Beweislastumkehr und Schadensersatzpflicht müsste<br />

für jeden abgelehnten Bewerber nachweisbar sein, warum dieser<br />

nicht, sondern ein anderer Mieter geworden ist: Vermieter<br />

werden diskriminiert! Von Deregulierung kann keine Rede sein.<br />

Eine hochdotierte „Antidiskriminierungsstelle des Bundes“ und<br />

sog. Antidiskriminierungsverbände würden weder die Rechtsordnung<br />

vereinfachen noch Bürokratie abbauen.<br />

Gebäudepass<br />

Die Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und<br />

energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden (Energieeinsparverordnung<br />

– EnEV) vom 16. November 2001 trat<br />

am 1. Januar 2002 in Kraft.<br />

Am 4. Januar 2003 erging die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz<br />

von Gebäuen, die wesentlich über das<br />

Anforderungsprofil der EnEV hinausgeht. Danach muss<br />

Deutschland Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft<br />

setzen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens<br />

am 4. Januar 2006 nachzukommen. Das betrifft insbesondere<br />

den Gebäudepass. Beim Bau, beim Verkauf oder bei<br />

der Vermietung von Gebäuden muss danach dem Eigentümer<br />

bzw. dem potenziellen Käufer oder Mieter vom Eigentümer<br />

ein Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz vorgelegt<br />

werden. Offen ist derzeit, nach welcher Berechnungsmethode<br />

dieser Gebäudepass erstellt wird. Während die<br />

Kosten der bedarfskennwert basierten Methode über @ 500<br />

je Gebäude liegen können, kann ein verbrauchskennwertbasierter<br />

Energieausweis für @ 15 je Gebäude ausgestellt<br />

werden. Der <strong>vbw</strong> setzt sich mit Entschiedenheit für den verbrauchskennwertbasierten<br />

Energieausweis ein. Die Kennwerte<br />

können unschwer aus den Heizkostenabrechnungen<br />

entnommen werden. Nur in Ausnahmefällen sollte eine<br />

bedarfsorientierte Berechnungsmethode möglich sein.<br />

Hartz IV<br />

Mit Inkrafttreten des Hartz IV-Gesetzes zum 1. Januar 2005<br />

wird auch das Wohngeldgesetz geändert. Der Wohngeldanspruch<br />

für Empfänger von Transferleistungen insbesondere<br />

Arbeitslosengeld II entfällt damit. Eine Direktzahlung an den<br />

Vermieter soll nur dann erfolgen, wenn die zweckentsprechende<br />

Verwendung durch den Hilfsbedürftigen nicht sicher<br />

gestellt ist. Die Sorge der Wohnungswirtschaft ist, dass die<br />

Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen des Arbeitslosengeldes<br />

II zwar in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen<br />

erbracht werden, aber nur „soweit diese angemessen<br />

sind.“ Die Frage ist, was sind angemessene Kosten für<br />

die Unterkunft? Kann es sein, dass sich die öffentlich geför-<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 ZUR WOHNUNGSPOLITIK<br />

15


16<br />

derte Miete als unangemessen herausstellt? Werden niedrige<br />

Mieten zur Konzentration der Dauerarbeitslosen in bestimmten<br />

Quartieren führen? Wird dadurch das Programm Soziale<br />

Stadt und seine öffentliche Förderung konterkariert?<br />

Die Wohnungspolitik im Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist<br />

insbesondere geprägt von folgenden Bereichen:<br />

Landeswohnraumförderprogramm 2005<br />

Die Landesregierung beschränkt sich im wesentlichen auf<br />

die Komplementärfinanzierung zu den Bundesmitteln. Weitergehende<br />

Anregungen in Richtung einer eigenständigen<br />

Wohnungspolitik des Landes <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>,<br />

■ aus dem Kreise der Verbände,<br />

■ aber auch aus der Wohnungsbaukommission des Landes,<br />

sind leider erneut nicht aufgegriffen worden. Ein Blick nach<br />

Bayern oder NRW zeigt, wie es gehen kann. So hat Innenminister<br />

Dr. Beckstein dieser Tage berichtet, dass die Bayerischen<br />

Bewilligungsstellen für die soziale Wohnraumförderung des<br />

Jahres 2005 insgesamt @ 146 Mio. erhalten. Davon erhalten<br />

München, Augsburg und Nürnberg einen höheren Zuweisungsbetrag,<br />

da vor allem Familien in Ballungsgebieten dringend<br />

preisgünstigen Wohnraum benötigen. NRW fördert gar mit<br />

insgesamt @ 985 Mio. rund 13.500 Wohneinheiten. Eine eigenständige<br />

Wohnungspolitik des Landes <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ist<br />

deswegen dringend erforderlich, aber auch weil die bundespolitischen<br />

Rahmenbedingungen sich zunehmend verschlechtern.<br />

Da reicht ein Stichwort aus: Antidiskriminierungsgesetz.<br />

Wir müssen ferner davon ausgehen, dass <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

auf absehbare Zeit alljährlich 50.000 Neubauwohnungen<br />

benötigt. Über diese Zahl besteht wohl kein Streit. Auch<br />

die bereits erwähnte Wohnungsbaukommission hat diese<br />

Zahl schon im Jahr 2000 ermittelt. Wir müssen in <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong> außerdem sicherlich noch bis zum Jahre 2015<br />

mit zunehmenden Bevölkerungszahlen rechnen. Vor allem<br />

aber ist eine Zunahme der Haushalte zu erwarten.<br />

Die Entwicklung des preisgebundenen Mietwohnungsbestandes,<br />

wird in den nächsten<br />

Jahren von noch 133.000 Mietwohnungen in<br />

2003 auf 46.000 Mietwohnungen in 2009 um<br />

rund 90.000 Wohneinheiten zurückgehen.<br />

Angesichts dieser Zahlen lautet unsere Forderung:<br />

Wenn schon die öffentlichen Kassen leer<br />

sind, haben Bund und Land keine andere<br />

Möglichkeit, als die Rahmenbedingungen zu erleichtern.<br />

Kurz gesagt: „Geben Sie uns die Vertragsfreiheit<br />

wieder!“ Wir behaupten sogar, dass<br />

die gesamten Steuer- und Subventionsabbaugesetze<br />

hinnehmbar sind, wenn Erleicterungen auf dem<br />

Gebiet des Mietrechtes geschaffen würden. Wir sind deshalb<br />

sehr enttäuscht darüber, dass das Land eine lobenswerte<br />

Initiative wieder abgeblasen hat. Vielleicht lässt sich<br />

da doch noch etwas tun, solange der Innenminister des<br />

Landes Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist.<br />

Wir meinen im Übrigen, dass sich der Wohnungsmangel in<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> entscheidend nicht durch Aufstockung<br />

der Fördermittel im Mietwohnungsbau beheben lässt. Trotzdem<br />

ist die weitere Förderung des Mietwohnungsbaus, zumindest<br />

in den Groß- und Universitätsstädten als Schwerpunkten<br />

des Bedarfs, unverzichtbar. Hierzu bedarf es sowohl<br />

einer höheren Zahl geförderter Wohnungen als auch<br />

einer Stärkung des Subventionswertes pro Wohnung, da<br />

ansonsten Fehlbeträge aus der laufenden Bewirtschaftung<br />

der Objekte entstehen, die auf Dauer weder von den Kommunen<br />

noch von ihren Wohnungsunternehmen getragen<br />

werden können.<br />

In den meisten Groß- und Universitätsstädten droht ohne<br />

diese Leistung der Landespolitik auf Grund des Zusammentreffens<br />

von einer zunehmenden Zahl der Haushalte mit dem<br />

Rückgang des Bestandes an preisgebundenen Wohnungen<br />

eine weitere Zuspitzung des Mangels mit entsprechenden<br />

Folgen für die Kommunen, auch im gesamten sozialen Bereich.<br />

Bei knappen Mitteln muss das Geld effektiv angelegt<br />

werden, das heißt im Eigentumsbereich. Nach den Erfahrungsberichten<br />

unserer Wohnungsunternehmen sollte unbedingt<br />

die Familie mit einem Kind in die Neubauförderung<br />

einbezogen werden. Nur so kann ein günstiges Umfeld für<br />

die Familie mit zwei und mehr Kinder vorbereitet werden.


Barrierefreier Wohnungsbau<br />

Am 6. Oktober 2004 hat der Landtag eine Änderung der<br />

Landesbauordnung beschlossen. Danach ist künftig vorgeschrieben,<br />

dass in Wohngebäuden mit mehr als sechs<br />

Wohnungen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei<br />

erreichbar sein müssen. Außerdem müssen die wesentlichen<br />

Zimmer dieser Wohnungen für Rollstuhlfahrer zugänglich<br />

sein. Nach einer Übergangsphase gelten diese Anforderungen<br />

dann ab dem Jahr 2009 auch für Wohngebäude mit<br />

mehr als vier Wohnungen.<br />

Barrierefreie Erreichbarkeit bedeutet, dass der gesamte Zugangsweg<br />

von der Straße bis zum Hauseingang und bis zu<br />

den betreffenden Wohnungen stufenlos erreichbar sein muss.<br />

Mit der Einführung der barrierefreien Erreichbarkeit der<br />

Wohnungen eines Geschosses werden zum ersten Mal Anforderungen<br />

zum barrierefreien Bauen im Bereich des allgemeinen<br />

Wohnungsbaus verbindlich im Gesetz verankert.<br />

Damit wird nunmehr in der Landebauordnung den Wohnbedürfnissen<br />

älterer und behinderter Menschen verstärkt<br />

Rechnung getragen.<br />

Offen geblieben ist bei der Ausnahmeregelung der § 35 Abs. 3<br />

LBO wie der unangemessene Aufwand zu definieren ist. Soweit<br />

die Rechtsprechung bisher von 20 Prozent der Gesamtkosten<br />

ausgeht, ist dies mit Entschiedenheit abzulehnen.<br />

Gemeindewirtschaftsrecht<br />

Der Wohnungsbau ist eine öffentliche Aufgabe. Unbestritten<br />

gehört der soziale Wohnungsbau zum Kernbereich. Seine<br />

Ausführung durch kommunale Wohnungsunternehmen ist<br />

nach § 102 Abs. 1 Nr. 1 GemO unbedenklich und mit dem<br />

kommunalen Wirtschaftsrecht vereinbar. Der übrige Wohnungsbau<br />

in all seinen Formen ist für breite Bevölkerungsschichten<br />

nach §§ 1 und 2 des Wohnraumförderungsgesetzes<br />

(WoFG) vom 13.09.2001 ebenfalls eine öffentliche Aufgabe.<br />

Eine diesbezügliche Bautätigkeit würde den Tatbestand des<br />

§ 102 Abs. 1 Nr. 1 GemO erfüllen.<br />

Zwar gibt es keinen einheitlichen Begriff der Daseinsvorsorge<br />

in Deutschland; er gehört jedoch zum Wesensgehalt der<br />

kommunalen Selbstverwaltung. Allgemein gelten als wesentlicher<br />

Inhalt der Daseinsvorsorge die öffentliche Grundversorgung<br />

mit Energie, Wasser, Entsorgung von Abfall und<br />

Abwasser, ÖPNV, Straßenbau und Straßenreinigung, Sozialhilfe,<br />

Jugendhilfe, Kindertagesstätten, Schulträgerschaft,<br />

Wohnungs- und Städtebau, Kulturpflege, Gesundheitswesen,<br />

Krankenhäuser, Rettungsdienst, Katastrophenschutz,<br />

Schwimmbäder, Bibliotheken, Museen, Altenheime.<br />

Das kommunale Wohnungsunternehmen dient in diesem<br />

Fall unmittelbar durch seine Leistung und nicht nur mittelbar<br />

durch seine Gewinne und Erträge dem Wohl der Gemeindebürger.<br />

Auch die Begründung zum Wohnraumförderungsgesetz<br />

(Bundestagsdrucksache 14/5538 vom 13. März 2001) unter<br />

„8. Stärkung der Rolle der Kommunen"<br />

„Städte und Gemeinden sind besonders geeignet,<br />

Verantwortung für die örtliche Wohnungspolitik zu<br />

übernehmen,"<br />

zeigt, dass der Wohnungsbau eine öffentliche Aufgabe ist.<br />

Für eine wie auch immer geartete Subsidiaritätsklausel mit<br />

Beweislastumkehr und Klagebefugnis besteht auch deshalb<br />

insoweit kein Anlass.<br />

Die Subsidiaritätsklausel des § 102 Abs. 1 Nr. 3 der GemO<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> für das Tätigwerden außerhalb der<br />

kommunalen Daseinsvorsorge wurde durch Artikel 1 Nr. 3<br />

des Gesetzes zur Änderung gemeindewirtschaftsrechtlicher<br />

Vorschriften und anderer Gesetze vom 19.07.1999 in die<br />

Gemeindeordnung eingeführt. Aus der Begründung (Landtagsdrucksache<br />

12/4055, Seite 17 ff) ergibt sich, dass sie<br />

einerseits die Belange der privaten Wirtschaft berücksichtigt,<br />

andererseits dem verfassungsrechtlich garantierten<br />

Grundsatz der kommunalen Selbstverwaltung als unverzichtbarem<br />

Teil der kommunalen Aufgabenerfüllung Rechnung<br />

trägt.<br />

Es besteht deshalb kein Anlass, den im Jahre 1999 gefundenen<br />

Kompromiss aufzugeben. Bei konsequenter Anwendung<br />

der bestehenden gesetzlichen Regelung und bei entsprechender<br />

Überwachung durch die Aufsichtsbehörden<br />

ließen sich auch besonders augenfällige Verstöße etwa im<br />

Bereich der Stadtgärtnereien, städtischer Reinigung oder<br />

Reisebüros leicht abstellen.<br />

Einer Änderung des Gesetzes bedarf es hierzu nicht.<br />

ZUR WOHNUNGSPOLITIK<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

17


18<br />

Wesentliche Änderungen<br />

in der Gesetzgebung<br />

Vor mehr als einem Jahr verkündete Bundeskanzler Gerhard<br />

Schröder die Agenda 2010, das Programm der Bundesregierung<br />

für Reformen auf dem Arbeitsmarkt, für Wirtschaftswachstum<br />

und die langfristige Sicherung unseres Sozialsystems.<br />

Dies bedingte Gesetze wie zum Beispiel das Gesetz<br />

zu Reformen am Arbeitsmarkt, Änderungen des Kündigungsschutzgesetzes,<br />

des Teilzeit- und Befristungsgesetzes<br />

sowie des Arbeitszeitgesetzes oder das Dritte und<br />

Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt.<br />

Diese Gesetze traten zum Großteil am 01.01.2004<br />

in Kraft und waren bereits Themen im Berichtszeitraum<br />

2003. Im Rahmen des Dritten Gesetzes für moderne<br />

Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurde die Umsetzung<br />

von Altersteilzeitarbeit jedoch erst zum 01.07.2004<br />

wirksam. Die Neuregelung gilt für alle Altersteilzeitarbeitverhältnisse,<br />

die nach dem 30.06.2004 begründet wurden.<br />

Bislang stockte der Arbeitgeber bereits das bereits das Arbeitsentgelt<br />

des Beschäftigten um 20 Prozent, mindestens<br />

jedoch bis zu 70 Prozent des bisherigen pauschalierten<br />

Nettoentgeltes auf. Auf diese Aufstockungsleistung entrichtete<br />

der Arbeitgeber sodann zusätzliche Beiträge zur gesetzlichen<br />

Rentenversicherung. Damit wurde bewirkt, dass<br />

mindestens 90 Prozent desjenigen Entgelts rentenversichert<br />

ist, das der Arbeitnehmer bei der bisherigen Arbeit erzielt.<br />

Die Vereinfachung zum 01.07.2004 liegt nunmehr darin, dass<br />

die Bemessungsgrundlage für die Aufstockung künftig nicht<br />

mehr das während der Altersteilzeit tatsächlich gezahlte<br />

Arbeitsentgelt ist, sondern das sogenannte Regelarbeitsentgelt<br />

für die Altersteilzeit. D.h., alle Entgeltsbestandteile,<br />

die nicht laufend bezahlt werden, werden künftig nicht<br />

mehr berücksichtigt.<br />

Die Wohnflächen- und die Betriebskostenverordnung traten<br />

bereits zum 01.01.2004 in Kraft. Auch hierüber hatten wir<br />

berichtet.<br />

Für die eigentumsorientierten Genossenschaften von Bedeutung<br />

war die seit 01.01.2004 wirksame Änderung des § 17 Eigenheimzulagegesetz.<br />

Danach ist die Förderung für die Anschaffung<br />

von Genossenschaftsanteilen bei diesen Genossenschaften<br />

nur noch dann gewährleistet, wenn der Anspruchsberechtigte<br />

spätestens im letzten Jahr des Förderzeitraumes<br />

eine genossenschaftsrechtliche Wohnung tatsächlich nutzt.<br />

Eine Förderung von Kapitalanlegern ist damit nicht mehr<br />

möglich. Diese Regelung gilt für diejenigen Genossenschaftsmitglieder,<br />

die seit 01.01.2004 Genossenschaftsanteile bei<br />

einer eigentumsorientierten Genossenschaft erwerben.<br />

Im Rahmen des zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Haushaltsbegleitgesetzes<br />

2004 war die Änderung des Wohnungsbauprämiengesetzes<br />

von Bedeutung. Die Prämie<br />

wurde gemäß § 3 WoPG erstmals für das Sparjahr 2004 von<br />

10 Prozent auf 8,8 Prozent abgesenkt, während die prämienbegünstigten<br />

Höchstbeträge sowie die Einkommensgrenzen<br />

unverändert blieben. Beim 5. Vermögungsbildungsgesetz<br />

wurde die Arbeitnehmersparzulage von 20 Prozent auf<br />

18 Prozent der angelegten vermögenswirksamen Leistungen<br />

sowie auf einen Höchstbetrag von 400,– Euro reduziert.<br />

Am 22.05.2001 wurde das Bundesdatenschutzgesetz novelliert.<br />

Die Änderungen waren zur Umsetzung der EU-Datenschutzrichtlinie<br />

notwendig. Durch die Novellierung wurden<br />

die Aufgaben des Datenschutzbeauftragten wesentlich<br />

erweitert. Ihm werden neben speziellen IT-technischen und<br />

rechtlichen Kenntnissen auch eine Vielzahl von administrativen<br />

Aufgaben abverlangt. Hierzu gehört nach § 4g Abs. 2<br />

BDSG auch die Pflicht zur Führung eines Verfahrensverzeichnisses.<br />

Dieses Verzeichnis musste nach § 45 BDSG spätestens<br />

zum 23.05.2004 umgesetzt sein.<br />

Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes erfolgte<br />

zum 26.06.2004. Mit der Novellierung wurden fünf<br />

europäische Richtlinien umgesetzt, um so den Wettbewerb<br />

auf dem Telekommunikationsmarkt zu fördern, die Wahrnehmung<br />

der Interessen der Verbraucher zu erleichtern und<br />

mehr Sicherheit bei der elektronischen Kommunikation zu<br />

gewährleisten.<br />

Zum 01.07.2004 traten weitere Gesetze in Kraft, die die<br />

kontinuierliche Fortführung der begonnenen Reformpolitik<br />

dokumentieren. Hierzu gehört – unter dem Aspekt des Bürokratieabbaus<br />

– u.a. auch das Gesetz zur Modernisierung<br />

des Kostenrechts. Das Gesetz hatte zum Ziel, das<br />

Kosten- und Vergütungsrecht einfacher und transparenter<br />

zu machen, die Gerichte zu entlasten und die am Verfahren<br />

Beteiligten zeitgemäß zu vergüten. Hierunter fällt auch die<br />

Ablösung der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung durch<br />

das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Mit diesem Gesetz<br />

werden leistungsgerechtere Gebühren geschaffen, die sich<br />

stärker als bisher am Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen<br />

Tätigkeit orientieren. Ferner wird das Engagement für<br />

eine außergerichtliche Streitbeilegung künftig stärker honoriert.<br />

Auch das Gerichtskostengesetz wurde im Rahmen<br />

der Novelle vereinfacht. Für alle gerichtlichen Verfahren gilt<br />

nunmehr eine einheitliche Gebührenstruktur.


Das Zweite Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der<br />

Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat trat ebenfalls<br />

zum 01.07.2004 in Kraft. Dieses Gesetz hat die Änderung<br />

verschiedener Regelungen des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes,<br />

des Mitbestimmungsgesetzes und des<br />

Montan-Mitbestimmungsgesetzes erforderlich gemacht.<br />

Das Betriebsverfassungsgesetz wurde in diesem Zusammenhang<br />

durch das Drittbeteiligungsgesetz abgelöst.<br />

Die Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren<br />

Wettbewerb ist am 08.07.2004 in Kraft getreten. Die Neufassung<br />

diente der Umsetzung von EG-Richtlinien und liberalisiert<br />

das bisherige Wettbewerbsrecht. Zahlreiche Spezialregelungen<br />

sind mangels Relevanz entfallen. Auch die<br />

abstrakten Irreführungstatbestände der §§ 6 – 8 UWG a.F.<br />

sind beseitigt worden.<br />

Das Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuches an EU-<br />

Richtlinien ist am 20.07.2004 in Kraft getreten. Hintergrund<br />

der Novellierung des Baugesetzbuches war die beabsichtigte<br />

Entbürokratisierung des Bauplanungsrechts. Insbesondere<br />

wird das Recht der städtebaulichen Planung vereinfacht<br />

und vereinheitlicht. Dies bedingt, dass Mehrfachprüfungen<br />

auf den verschiedenen Planungsebenen künftig vermieden<br />

und die bislang einzeln nebeneinander bestehenden planungsrechtlichen<br />

Umweltverfahren zu einer Umweltprüfung<br />

zusammengefasst werden. Genehmigungs- und Zustimmungserfordernisse<br />

wie z.B. die bisherige Genehmigungspflicht<br />

zur Teilung von Grundstücken entfallen. Für die Wohnungswirtschaft<br />

von besonderer Bedeutung ist, dass erstmals gesetzlich<br />

die Grundlagen für eine satzungsmäßige Festsetzung<br />

von Stadtumbaugebieten und städtebaulichen Maßnahmen<br />

zur Behebung sozialer Missstände (Soziale Stadt)<br />

geregelt sind. D.h., künftig wird im Rahmen des Stadtumbaues<br />

verstärkt auf privatrechtliche Verträge zwischen<br />

Grundstückseigentümern und den Kommunen gesetzt.<br />

Am 01.08.2004 ist das Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung<br />

der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender<br />

Steuerhinterziehungen (Schwarzarbeitergesetz) in Kraft<br />

getreten. Bundesfinanzminister Hans Eichel bezeichnet das<br />

Gesetz als weiteren Reformbaustein für mehr Beschäftigung.<br />

Schwarzarbeit liegt nach dem Verständnis des Gesetzes<br />

dann vor, wenn eine selbständige oder unselbständige<br />

Tätigkeit unter Umgehung gesetzlicher Anmelde- und<br />

Anzeigepflichten, Steuern und Sozialversicherung ausgeübt<br />

wird. Durch sie müssen wirtschaftliche Vorteile in erheblichem<br />

Umfang erzielt werden. Voraussetzung der Schwarzarbeit<br />

ist also, dass es sich um eine illegale Tätigkeit han-<br />

delt. Für die Wohnungsunternehmen bedeutet dies, dass<br />

seit 01.08.2004 bei steuerpflichtigen Werklieferungen und<br />

sonstigen Leistungen an Privatpersonen, die im Zusammenhang<br />

mit einem Grundstück erbracht werden, die Verpflichtung<br />

besteht, diesen Personen eine Rechnung auszustellen.<br />

Die Rechnung muss innerhalb von sechs Monaten nach der<br />

Leistungsausführung ausgestellt sein. Ferner stellt das Gesetz<br />

die Verpflichtung auch für Privatpersonen auf, dass<br />

Rechnungen, Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige<br />

Unterlagen zwei Jahre aufzubewahren sind. Das Unternehmen<br />

muss in seiner Rechnung auf diese Aufbewahrungspflicht<br />

hinweisen.<br />

Im Rahmen der EU-Richtlinie 2004/18/EG und der Verordnung<br />

der Kommission Nr. 1874/2004 wurden zum 01.11.2004<br />

für öffentliche Aufträge neue Schwellenwerte veröffentlicht.<br />

Die neuen Schwellenwerte gelten derzeit jedoch noch<br />

nicht für nationale öffentliche Auftraggeber. Maßgebend<br />

sind nach wie vor die in der Vergabeverordnung vorgesehenen<br />

Schwellenwerte von fünf Millionen Euro für Bauaufträge,<br />

200.000.– Euro für Liefer- und Dienstleistungsaufträge.<br />

Eine Anpassung soll erst zum 31.01.2006 erfolgen.<br />

Mit dem Handelsregistergebühren-Neuordnungsgesetz,<br />

das zum 01.12.2004 in Kraft getreten ist, erfolgt eine Umstellung<br />

der bislang wertbezogenen Gebühren in Handelsund<br />

Partnerschaftsregistersachen zu aufwandsbezogenen<br />

Gebühren. Die Höhe der künftig anfallenden Gebühren für<br />

die Eintragung in die Register ist in dem Gebührenverzeichnis,<br />

das der ebenfalls zum 01.12.2004 in Kraft getretenen<br />

Handelsregistergebührenverordnung angefügt ist, enthalten.<br />

Damit ist die bisherige Gebührenfreiheit für Eintragungen<br />

in das Genossenschaftsregister entfallen. Letztlich<br />

werden die Gebühren im Vergleich zum alten Recht jedoch<br />

teilweise deutlich niedriger. Außerdem wird das Verfahren<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 ZUR WOHNUNGSPOLITIK<br />

19


20<br />

zur Eintragung ins Handelsregister beschleunigt. Das<br />

Registergericht ist verpflichtet, spätestens innerhalb eines<br />

Monats nach Eintragung der Anmeldung einen entsprechenden<br />

Bescheid zu erlassen.<br />

Ab 01.11.2004 gelten nach der Bundesimmissionsschutzverordnung<br />

strengere Vorschriften für Öl- und Gasheizkessel.<br />

Damit ist die Übergangsfrist für Bestandsheizungen<br />

endgültig abgelaufen. Nach dem 01.11.2004 stellen zu<br />

hohe Schadstoffausstöße einer Heizanlage einen bußgeldbewährten<br />

Verstoß dar. Heizkessel mit einer Wärmeleistung<br />

von 4 bis 25 kW dürfen höchstens noch 11 Prozent Abgasverlust<br />

aufweisen. Für größere Heizkessel mit Wärmeleistung<br />

zwischen 25 und 50 kW gilt ein Abgasgrenzwert von<br />

10 Prozent. Heizungen mit einer Wärmeleistung über 50 kW<br />

dürfen nur 9 Prozent Abgasverlust haben. Dies gilt unabhängig<br />

von den Vorschriften der Energieeinsparverordnung,<br />

wonach öl- oder gasbefeuerte Heizkessel, die vor dem<br />

01.10.1978 eingebaut worden sind, spätestens zum<br />

31.12.2006 ausgetauscht sein müssen, selbst wenn sie die<br />

Abgasgrenzwerte einhalten. Wurden die Kessel nach dem<br />

01.11.1996 durch einen Brenneraustausch „modernisiert“,<br />

verlängert sich die Frist bis 2008.<br />

Das Verjährungsrecht des BGB wurde bereits zum 1. Januar<br />

2002 durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz grundlegend<br />

geändert. Zum 15.12.2004 ist nunmehr das Gesetz<br />

zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz<br />

zur Modernisierung des Schuldrechts in Kraft getreten.<br />

Mit diesem Artikelgesetz wurde eine Vielzahl anderer<br />

Gesetze, so auch das Genossenschaftsgesetz, geändert.<br />

Sowohl für Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der GmbH<br />

und AG als auch für die Genossenschaften gilt künftig hinsichtlich<br />

der Kapitalaufbringung und -erhaltung eine einheitliche<br />

Verjährung von zehn Jahren, beginnend mit der Entstehung<br />

des Anspruchs. Im Falle der Insolvenz gilt für alle<br />

drei Rechtsformen, dass die Verjährung nicht vor Ablauf von<br />

sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

eintritt. Für Genossenschaften ist insbesondere<br />

die Aufhebung der bislang zweijährigen Verjährungsfrist<br />

für Auseinandersetzungsguthaben von Bedeutung. Hier<br />

gilt künftig die dreijährige Regelverjährungsfrist.<br />

Das neue Sozialhilferecht ist seit 01.01.2005 einfach, transparent<br />

und in sich schlüssig im SGB XII zusammengefasst.<br />

Die Regelungen entsprechen im Wesentlichen dem bisherigen<br />

BSHG. Neuerungen ergeben sich jedoch für die Träger<br />

der Sozialhilfe und für die Leistungsberechtigten.<br />

Die Neuregelung des Wohngeldes zum 01.01.2005 steht<br />

in direktem Zusammenhang mit der Einführung des Arbeitslosengeldes<br />

II. Wohngeldberechtigt sind damit hauptsächlich<br />

Personen mit geringem eigenen Einkommen, nicht aber<br />

Personen von Transferleistungen (z.B. Arbeitslosengeld II,<br />

Sozialhilfe). Für diesen Personenkreis werden die angemessenen<br />

Kosten der Unterkunft innerhalb der Transferleistung<br />

berücksichtigt. Die Höhe des Wohngeldes hat sich nicht verändert.<br />

Das im Jahre 2001 eingeführte Signaturgesetz wurde mit<br />

Wirkung zum 01.01.2005 geändert. Hintergrund war, qualifizierte<br />

elektronische Signaturen (z.B. bei elektronischen<br />

Warenbestellungen, Zahlungsanweisungen an Banken, Anträge<br />

oder Einsprüchen bei Behörden etc.) zu erreichen. Ziel<br />

ist, zuverlässig den Urheber erkennen zu lassen und die Daten<br />

vor unbemerkter Veränderung zu schützen.<br />

Erstmals zum 01.01.2005 verändern sich gemäß den §§ 26<br />

Abs. 4 und 28 Abs. 5 II. BV die im Rahmen der Kostenmiete für<br />

preisgebundenen Wohnraum ansetzbaren Verwaltungs- und<br />

Instandsetzungspauschalen künftig alle drei Jahre auf Basis<br />

des Verbraucherpreisindexes und zwar künftig alle drei.<br />

Diese Veränderung der Pauschalen wirkt sich auch auf die<br />

im Rahmen der Lastenberechnung i.S.d. § 40 II.BV sowie<br />

auf die Ausgaben der Verwaltung nach § 41 Abs. 2 II.BV aus.


Rechtsprechung<br />

Aus der Vielzahl der im Berichtzeitraum ergangenen Urteile<br />

eine repräsentative Auswahl zu treffen ist schwierig. Es liegen<br />

insbesondere zahlreiche Entscheidungen des BGH zum<br />

Mietrecht vor. Dies ist insofern erfreulich, als mit Wegfall<br />

des Instruments des Rechtsentscheids zum 01.01.2002 zunächst<br />

die Befürchtung bestand, dass damit eine gewisse<br />

Rechtssicherheit verloren geht. Diese Befürchtung hat sich<br />

jedoch nicht bestätigt. Vielmehr zeigen die zahlreichen Urteile<br />

des BGH, dass durch die ebenfalls zum 01.01.2002<br />

novellierte ZPO geschaffene Möglichkeit der erleichterten<br />

Revision gegen Entscheidungen der Landgerichte zum BGH,<br />

rege Gebrauch gemacht wird. Damit ist die Beantwortung<br />

grundsätzlicher Fragen in Mietsachen durch die höchstrichterliche<br />

Instanz nach wie vor gewährleistet.<br />

§<br />

Schönheitsreparaturen – eine unendliche Geschichte. Nichts<br />

scheint im Rahmen eines Mietverhältnisses so streitanfällig<br />

wie dessen Beendigung, verbunden mit der Rückgabe der<br />

Wohnung und damit dem Thema der Schönheitsreparaturen.<br />

Demgemäß musste sich auch der BGH im Berichtszeitraum<br />

2004 mehrfach mit dieser Problematik auseinandersetzen,<br />

angefangen mit dem Urteil vom 26.05.2004 (WM 2004, 466)<br />

zur sogen. Quotenklausel in einem Formularmietvertrag. Der<br />

BGH entschied, dass eine Formularklausel, die den Mieter<br />

im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf<br />

der Fristen zur Ausführung von Schönheitsreparaturen zu einer<br />

zeitanteiligen Kostenbeteiligung verpflichtet, den Mieter<br />

dann nicht unangemessen benachteiligt, wenn ihm mietvertraglich<br />

die Wahl zwischen Zahlung der Kosten und einer<br />

fachgerechten Renovierung verbleibt. Voraussetzung für die<br />

Wirksamkeit einer solchen Formularklausel ist, dass die<br />

Fristen des Fristenplanes erst mit Beginn des Mietverhältnisses<br />

zu laufen beginnen und zwar unabhängig von der<br />

Frage, ob die Wohnung renoviert oder unrenoviert ist und<br />

der Mieter ein Wahlrecht hat, ob er die Wohnung selbst<br />

renoviert oder aber die Kosten für die Renovierung durch<br />

einen Dritten trägt.<br />

Mit Urteil vom 23.06.2004 (WM 2004, 463) hatte sich der<br />

BGH wiederum mit dem Thema Schönheitsreparaturen,<br />

diesmal mit einem sogen. starren Fristenplan zu befassen.<br />

Nach der zu beurteilenden Klausel hatte der Mieter die<br />

Schönheitsreparaturen nicht nach Erfordernis, sondern spätestens<br />

nach Ablauf bestimmter Zeiträume fachgerecht auszuführen.<br />

Nach Auffassung des BGH zwingt eine solche<br />

Klausel den Mieter in überflüssiger Weise auch dann Renovierungsarbeiten<br />

durchzuführen, wenn die Räumlichkeiten<br />

nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild noch nicht<br />

renovierungsbedürftig<br />

sind.<br />

Eine Anpassungsklausel,<br />

wonach die Fristen nach billigem<br />

Ermessen gemäß § 315 BGB im<br />

Einzelfall anzupassen sind, hatte der<br />

vom BGH zu beurteilende Mietvertrag<br />

– im Gegensatz zu den Mustermietverträgen<br />

des GdW – nicht. Konsequenz der<br />

Rechtsprechung des BGH ist, dass die<br />

Unwirksamkeit eines starren Fristenplanes<br />

die Unwirksamkeit der gesamten<br />

Reparaturvereinbarung zur Folge hat.<br />

Gegenstand einer weiteren Entscheidung<br />

des BGH vom 20.10.2004 (WM 2005,<br />

50) war der Mustermietvertrag des GdW aus dem Jahre<br />

1981, wonach, wie auch in den Folgeverträgen, die verein-<br />

§<br />

barten Fristen für die Durchführung der Schönheitsreparaturen<br />

„auf Antrag“ des Mitglieds nach billigem Ermessen<br />

verlängert oder aber verkürzt werden können, wenn es der<br />

Zustand der Wohnung in „besonderen Ausnahmefällen“<br />

zulässt oder erfordert. Der BGH sieht hierin keinen starren<br />

Fristenplan, da der Mieter nach dieser Regelung Anspruch<br />

auf Verlängerung der Renovierungsfrist hat, wenn der<br />

Zustand der Wohnung dies zulässt. Mit dieser Entscheidung<br />

des BGH ergab sich ein Aufatmen, da hiermit klargestellt<br />

ist, dass auch die Schönheitsreparaturklauseln in den älteren<br />

Miet- und Nutzungsverträgen des GdW in diesem Punkt<br />

wirksam sind. Zugleich hat der BGH mit diesem Urteil bestätigt,<br />

dass der Vermieter auch bei geplanten Umbaumaßnahmen<br />

in der Wohnung einen Anspruch auf Er<strong>statt</strong>ung von<br />

Renovierungskosten hat. Vorausgesetzt, der Mieter lehnt<br />

die von ihm geschuldete Ausführung von Schönheitsreparaturen<br />

nicht ab, braucht er – neben den Kosten für das notwendige<br />

Material – jedoch nur den Betrag zu zahlen, den<br />

er für die Arbeitsleistung hätte aufwenden müssen.<br />

In einem weiteren Urteil vom 29.03.2004 (ZMR 2004, 578)<br />

hat das KG Berlin sodann entschieden, dass eine Schönheitsreparaturklausel<br />

in einem Geschäftsraummietvertrag<br />

entsprechend der Rechtsprechung des BGH zum Wohnraummietrecht<br />

auszulegen sei. Es gelte daher auch ohne<br />

konkrete Aufnahme eines Fristenplanes die anerkannte<br />

Fristenregelung des Mustermietvertrages des Bundesministeriums<br />

der Justiz aus dem Jahre 1976 sowie hinsichtlich<br />

des Umfangs der Arbeiten die Ausnahmeregelung des § 28<br />

Abs. 4 Satz der II. BV.<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 ZUR WOHNUNGSPOLITIK<br />

21


22<br />

Der BGH hat im Berichtzeitraum einige weitere sehr praxisrelevante<br />

Fragen zum Wohnraummietrecht klären können.<br />

Nach der Mietrechtsreform war strittig, wie die Kündigungsfristen<br />

in Altverträgen, d.h. aus der Zeit vor dem<br />

01.09.2001, vor dem Hintergrund der zu diesem Zeitpunkt<br />

neu eingeführten regelmäßigen Kündigungsfrist von drei<br />

Monaten behandelt werden. Zunächst hat der BGH mit Urteil<br />

vom 18.03.2003 (WM 2003, 505) entschieden, dass für<br />

Altverträge die bisherigen gestaffelten Kündigungsfristen<br />

gelten, wenn in einem Formularmietvertrag die Kündigungsfristen<br />

durch genaue Wiederholung des damaligen Gesetzestextes<br />

(§ 565 BGB a.F.) erwähnt werden. Mit der Folgeentscheidung<br />

vom 10.04.2004 (NZM 2004, 336) erweiterte der<br />

BGH seine Ansicht dahingehend, dass es ausreiche, wenn in<br />

der Formularklausel eine bloß sinngemäße Wiederholung, z.B.<br />

auch mit Hilfe einer Fußnote, erfolge. Auf diese Entscheidung,<br />

die zur Folge hatte, dass es bei den meistern Altverträgen<br />

bei den gestaffelten Kündigungsfristen verbleibt, reagierte<br />

der Gesetzgeber mittlerweile mit einem Gesetzesentwurf, in<br />

dem klargestellt werden soll, dass eine Vereinbarung über<br />

längere Kündigungsfristen bei Verträgen nur im Rahmen<br />

einer Individualvereinbarung, nicht aber innerhalb einer Formularvereinbarung<br />

machbar ist. Positiv hat der BGH die Frage<br />

des formularvertraglichen (befristeten) Ausschlusses des<br />

Kündigungsrechts (BGH, Urteil vom 30.06.2004) beantwortetet<br />

und zwar in Ergänzung des Urteils des BGH vom<br />

22.12.2003 (NZM 2004, 216), in dem der BGH den individualvertraglichen<br />

Ausschluss des gesetzlichen Kündigungsrechtes<br />

bereits bejaht hatte.<br />

Weitere Entscheidungen ergingen zu Fragen der Minderungsrechte<br />

bei Altbaumietwohnungen bezüglich des<br />

Trittschallschutzes (BGH, Urteil vom 06.10.2004) sowie zur<br />

Frage des erforderlichen Mindeststandards für zeitgemäßes<br />

Wohnen (BGH, Urteil vom 26.07.2004). In dem Zusammenhang<br />

hat der BGH in seinem Elektrosmog-Urteil vom<br />

13.02.2004 (WM 2004, 217) klargestellt,<br />

dass aufgrund von Mobilfunksendemasten<br />

in der Nachbarschaft<br />

bei Einhaltung der öffentlich-rechtlichen<br />

Grenzwerte für<br />

technische Anlagen von einer<br />

Mangelhaftigkeit der Mietsache<br />

solange nicht ausgegangen werden<br />

kann, als keine wissenschaftlich<br />

begründeten Zweifel bestehen<br />

oder der fundierte Verdacht einer<br />

Gesundheitsgefährdung gegeben ist.<br />

Von großer wirtschaftlicher Bedeutung war auch das Urteil<br />

des BGH vom 03.03.2004 (WM 2004, 285), wonach eine<br />

Modernisierungsmieterhöhung wegen Einsparung von Heizenergie<br />

nicht durch das Verhältnis zur erzielten Heizkostenersparnis<br />

begrenzt werden muss. Diese Entscheidung ist<br />

eine Abkehr der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung,<br />

insbesondere des OLG Karlsruhe aus dem Jahre 1985.<br />

Mit gleich zwei Entscheidungen vom selben Tag (Urteile<br />

vom 24.03.2004, NZM 2004, 454 ff) hat der BGH zu der bis<br />

dahin sehr strittigen Frage der Wohnflächendifferenz zu<br />

Lasten des Mieters eine Klarstellung dahingehend getroffen,<br />

dass die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache nur dann<br />

erheblich beeinträchtigt ist, wenn die Wohnfläche mehr als<br />

10 Prozent differiert. Maßgebend für einen Rückforderungsanspruch<br />

des Mieters für zuviel gezahlte Miete ist<br />

künftig also die Wesentlichkeitsgrenze von 10 Prozent.<br />

Anderweitige Aspekte des Einzelfalles können unberücksichtigt<br />

bleiben.<br />

Im Rahmen des Betriebskostenrechts kam es zu drei erwähnenswerten<br />

Entscheidungen des BGH. Zum einen stellte<br />

der BGH mit Urteil vom 11.02.2004 (NZM, 2004, 251) klar,<br />

dass der Vermieter, solange keine besonderen Umstände<br />

vorliegen, nicht für eine unzureichende, weil zu niedrige<br />

Festsetzung der Vorauszahlungsbeträge für Betriebskosten,<br />

haftet. Somit ist eine weitere durch gegenseitige Instanzrechtsprechung<br />

entstandene Rechtsunsicherheit beseitigt.<br />

Mit Urteil vom 17.11.2004 erklärte der BGH, dass die gesetzliche<br />

Abrechnungsfrist über Betriebskosten von längstens<br />

12 Monaten auch mit einer Abrechnung gewahrt werden<br />

kann, in der ein anderer Umlageschlüssel verwendet<br />

wird, als dies mietvertraglich vereinbart ist. Dieser Fehler<br />

muss anschließend korrigiert werden. Nach Ablauf der Frist<br />

hat der Vermieter allerdings


keine Korrekturmöglichkeit mehr zu Lasten des Mieters. Mit<br />

Urteil vom 07.04.2004 (ZMR 2004, 430) erklärte der BGH<br />

sodann die Kosten für eine Dachrinnenreinigung als umlagefähige<br />

„sonstige Betriebskosten“ im Sinne der Betriebskostenverordnung,<br />

sofern diese Kosten vereinbart<br />

sind und regelmäßig entstehen. Gleichzeitig trat der BGH<br />

einem Teil der Instanzrechtsprechung entgegen, indem er<br />

die Umlegung einzelner „sonstiger Betriebskosten“ aufgrund<br />

jahrelanger Zahlung durch stillschweigende Vereinbarung<br />

als wirksam ansah.<br />

Auch zur Frage, ob der Gläubiger aus einem Räumungstitel<br />

gegen den Mieter einer Wohnung auch gegen einen<br />

im Titel nicht aufgeführten Dritten vollstrecken kann, wenn<br />

dieser Mitbesitzer ist, musste der BGH eine Entscheidung<br />

treffen (Urteil vom 25.06.2004, WM 2004, 411). Der BGH<br />

lehnte dies ab.<br />

Einige Urteile des BGH ergingen zu Mieterhöhungsfragen.<br />

So hat der BGH mit Urteil vom 12.05.2004 (WM 2004, 406)<br />

entschieden, dass ein Mieterhöhungsverlangen formell<br />

unwirksam ist, wenn der Vermieter in der Begründung nicht<br />

auf die Inanspruchnahme einer öffentlichen Förderung und<br />

die dadurch veranlasste Kürzung der Mieterhöhung hinweist<br />

bzw. dies nicht nachvollziehbar erläutert. Mit Urteil<br />

vom 28.04.2004 (WM 2004, 345) legte der BGH fest, dass<br />

bei der Berechnung der Kappungsgrenze eine vorangegangene<br />

Mieterhöhung wegen gestiegener Kapitalkosten<br />

dann zu beachten ist, auch wenn es sich um die erste Mieterhöhung<br />

gemäß § 558 BGB nach Wegfall der Preisbindung<br />

handelt.<br />

Entsprechend umfangreich und vielfältig wie im Mietrecht<br />

war auch die obergerichtliche Rechtsprechung zum Wohnungseigentumsrecht.<br />

Einer der Schwerpunkte lag im Bereich<br />

der Eigentümerversammlung. Themen waren hier vor<br />

allem Zeitpunkt und Ort der Versammlung, der Anspruch<br />

eines einzelnen Eigentümers auf Aufnahme von Tagesordnungspunkten,<br />

die Frage der Vertretung von Eigentümern in<br />

der Versammlung oder die Voraussetzungen der Berichtigung<br />

des Versammlungsprotokolls. Wie üblich ergingen<br />

Entscheidungen zur Jahresabrechnung, zur Behandlung von<br />

Rückständen und zu Fragen von Öffnungsklauseln.<br />

Ob der Fülle der Entscheidungen kann nur auf einzelne<br />

wesentliche Urteile eingegangen werden. So bejahte das<br />

BayObLG mit Beschluss vom 31.03.2004 (NZM 2004, 542)<br />

die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung zum<br />

„Ausfrieren“ des Wohngeldschuldners. Die Entscheidung<br />

ist zwar nicht unstrittig, im Ergebnis für die Eigentümer<br />

jedoch einen Versuch wert, einen säumigen Eigentümer zur<br />

Zahlung zu bewegen. Das OLG Düsseldorf hatte mit Beschluss<br />

vom 26.03.2004 (NZM 2004, 467) darüber zu befinden,<br />

ob ein Kostenverteilungsschlüssel kraft Öffnungsklausel<br />

in der Teilungserklärung durch Mehrheitsbeschluss<br />

dauerhaft geändert werden kann. Das OLG stellt diese<br />

Möglichkeit nur für den Fall zur Disposition, wenn in dem<br />

Beschluss ein klarer Hinweis darauf enthalten ist, dass<br />

damit die Änderung der Teilungserklärung für die Zukunft<br />

gewollt ist. Zur Frage der Verwalterbefugnis zur Änderung<br />

des Kostenverteilungsschlüssels bei Vorhandensein einer<br />

Öffnungsklausel in der Teilungserklärung hat sich auch das<br />

KG Berlin mit Urteil vom 26.07.2004 (NZM 2004, 910)<br />

geäußert. Eindeutig in die Beschlusskompetenz der Eigentümergemeinschaft<br />

fällt eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung<br />

für einen Verwaltungsbeirat (KG, Beschluss<br />

vom 19.07.2004, NZM 2004, 743).<br />

Das BayObLG hielt mit seiner Entscheidung vom 02. Juni<br />

2004 (ZMR 2004, 769) an seiner bisherigen Auffassung fest,<br />

dass eine Regelung in der Hausordnung, die freilaufende<br />

Hunde und streunende Katzen verbietet, ordnungsgemäßer<br />

Verwaltung entspricht. Ebenfalls zur ordnungsgemäßen<br />

Verwaltung gehört die Ansammlung einer angemessenen<br />

Instandhaltungsrückstellung. Ob größere Reparaturarbeiten<br />

aus der noch ausreichenden Instandhaltungsrückstellung<br />

bezahlt werden oder ob eine Sonderumlage erhoben<br />

wird, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Wohnungseigentümer.<br />

Ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers,<br />

zunächst die Rücklage auszuschöpfen, besteht nicht.<br />

Dies insbesondere dann nicht, wenn die Prognose einen<br />

künftigen Instandhaltungsbedarf aufzeigt (BayObLG, Beschluss<br />

vom 29.07.2004, NZM 2004, 745). Wird im übrigen<br />

über eine Sonderumlage Beschluss gefasst, so ist ein<br />

Blankettbeschluss unzulässig. Nach dem Beschluss des<br />

BayObLG vom 04.03.2004 (ZMR 2004, 606) kann ein Wohnungseigentümer<br />

nur dann zur anteiligen Zahlung einer<br />

Sonderumlage verpflichtet werden, wenn die betragsmäßige<br />

Festlegung sowohl der Sonderumlage insgesamt als auch<br />

des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden<br />

Anteils vorausgeht.<br />

Die immer wieder auftauchende Problematik der Fenstersanierung<br />

kann letztlich nur vor dem Hintergrund der Bestimmungen<br />

in der Teilungserklärung, der Gemeinschaftsordnung<br />

oder anhand von Vereinbarungen der Wohnungseigentümer<br />

richtig beurteilt werden (BayObLG, Beschluss<br />

vom 31.03.2004, ZMR 2004, 607). Entsprechendes gilt für<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 ZUR WOHNUNGSPOLITIK<br />

23


24<br />

die Stilllegung eines Müllschluckers. Das OLG Frankfurt<br />

hat mit Beschluss vom 30.08.2004 (NZM 2004, 910) entschieden,<br />

dass eine solche Stilllegung keine Gebrauchsregelung,<br />

sondern einen Gebrauchsentzug darstelle, der einem Mehrheitsbeschluss<br />

der Wohnungseigentümer ohne entsprechende<br />

Öffnungsklausel nicht zugänglich sei.<br />

Mit Beschluss vom 22.01.2004 (NZM 2004, 227) hat der<br />

BGH die Diskussion um die Parabolantenne bei vorhandenem<br />

Kabelanschluss wieder angeheizt. Fazit ist, dass spätestens<br />

mit Einzug eines ausländischen Mieters oder eines<br />

ausländischen Eigentümers ein einmal erreichter Beschluss<br />

oder Vereinbarungsstand der Eigentümergemeinschaft hinfällig<br />

werden kann. In diesen Bereich fällt auch eine Entscheidung<br />

des OLG Köln vom 31.08.2004 (NZM 2004, 833),<br />

wonach die Entscheidung darüber, in welcher Weise die<br />

Rundfunk- und Fernsehversorgung der Wohnanlage erfolgen<br />

soll, bei der Eigentümergemeinschaft liegt. Einzelne<br />

Eigentümer dürfen diese Kompetenz nicht eigenmächtig<br />

ausüben. Demgemäß wurde eine Eigentümerin verpflichtet,<br />

den eigenmächtigen Anschluss an das digitale Fernsehen<br />

trotz vorhandener Gemeinschafts-Parabolantenne zu besei-<br />

tigen. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Beschluss<br />

des BayObLG vom 08.04.2004 hinzuweisen, wonach die<br />

Eigentümergemeinschaft über den eventuellen Standort<br />

einer Parabolantenne zu entscheiden hat.<br />

Nicht mehr den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung<br />

entsprechend sah das KG Berlin (Urteil vom 28.01.2004, GE<br />

2004, 893) einen Mehrheitsbeschluss an, mit dem der Verwalter<br />

beauftragt wurde, ein Rechtsanwaltsgutachten über<br />

sein eigenes Fehlverhalten einzuholen. Damit wäre der Verwalter<br />

verpflichtet gewesen, gegen sich selbst Material zusammentragen<br />

zu müssen.<br />

Einige Entscheidungen ergingen auch zu dem Thema Entziehung<br />

des Wohneigentums (OLG Köln, Beschluss vom<br />

20.02.2004; BayObLG, Beschluss vom 09.03.2004; Hans.<br />

OLG, Beschluss vom 07.04.2003).<br />

Im Baurecht ist auf die neue Rechtsprechung des BGH zur<br />

VOB hinzuweisen. Danach führt jede inhaltliche Abweichung<br />

von der VOB/B dazu, dass die VOB als Ganzes nicht<br />

mehr als vereinbart gilt. Dies hatte der BGH bereits mit Urteil<br />

vom 22.01.2004 klargestellt und mit Urteil vom 15. April<br />

2004 nochmals bestätigt. Auf die Gewichtung der Abweichungen<br />

kommt es von daher nicht mehr an.<br />

Während es jahrelang streitig war, ob der Werkunternehmer<br />

eine Sicherheit nach § 648 a BGB auch nach Abnahme für<br />

die noch auszuführenden Arbeiten oder Mängelbeseitigungsarbeiten<br />

verlangen kann oder nicht, hat der BGH mit<br />

drei Urteilen vom 22.01.2004 diese Möglichkeit ausdrücklich<br />

eröffnet. Eine weitere Entscheidung des BGH erging mit<br />

Urteil vom 26.02.2004 zur Frage einer Bürgschaftsstellung<br />

in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrages,<br />

wonach der Auftragnehmer verpflichtet wurde, zur Sicherung<br />

der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers ausschließlich<br />

eine unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische<br />

Bürgschaft zu stellen. Der BGH hielt eine<br />

solche Regelung für unwirksam. Ein weiteres Urteil des KG<br />

Berlin zur Gewährleistungsbürgschaft erging am 20.04.<br />

2004. Danach ist mit Ablauf der vertraglich vereinbarten<br />

Frist für Mängelrechte eine auf die Vertragssumme bezogene<br />

Gewährleistungsbürgschaft zurückzugeben. Sofern Mängelbeseitigungsleistungen<br />

noch nicht verjährt sind, kann<br />

der Auftraggeber eine Austauschbürgschaft in Höhe der<br />

vertraglich vereinbarten Sicherheit, in der Regel 5 Prozent,<br />

bezogen auf die Höhe der noch unverjährten Mängelbeseitigungsmaßnahmen<br />

verlangen.


Auch im Bauträgergeschäft gehören die Wohnflächen zu<br />

den zentralen Beschaffenheitsmerkmalen des vom Bauträger<br />

geschuldeten Objekts. Fehlen in einem Erwerbervertrag<br />

Angaben über die Wohnflächen, sind die einseitigen Vorstellungen<br />

des Erwerbers für den Inhalt des Vertrages maßgeblich,<br />

wenn der Bauträger in eigener oder zurechenbarer<br />

Kenntnis des Willens des Erwerbers den Vertrag abschließt<br />

(BGH, NZM 2004, 464). Der Käufer hatte Schadenersatzansprüche<br />

wegen einer Wohnflächenabweichung von 11<br />

Prozent zugesprochen bekommen.<br />

Im Berichtszeitraum ergingen einige Entscheidungen zum<br />

Architektenrecht. Anzusprechen ist ein Urteil des KG<br />

Berlin vom 12.02.2004. Die Entscheidung bestätigt die bisherige<br />

BGH-Rechtsprechung, wonach die Verjährungsfrist<br />

für Ansprüche gegen einen Architekten wegen Verletzung<br />

seiner Überwachungspflichten bei Übertragung der Vollarchitektur<br />

(Leistungsphase 1 – 9) grundsätzlich erst mit<br />

Beendigung der Leistungsphase 9 zu laufen beginnt. Eine<br />

Formularklausel nach deren Inhalt die Verjährungsfrist<br />

bereits mit Abnahme des Bauwerks zu laufen beginnen soll,<br />

verstößt gegen § 309 Nr. 8 b ff BGB.<br />

Im Genossenschaftsrecht ist lediglich auf eine Entscheidung<br />

des BGH vom 29.06.2004 (BB 2004, 1927) hinzuweisen.<br />

Hier hat der BGH zu der für die Genossenschaftspraxis<br />

maßgebenden Frage Stellung genommen, ob die Aufrechnung<br />

gegen das Auseinandersetzungsguthaben im Insolvenzverfahren<br />

des Mitglieds möglich ist. Der BGH hat die<br />

Aufrechnungsmöglichkeit bejaht.<br />

Auch im Rahmen des GmbH-Rechts gab es im Berichtszeitraum<br />

eine Fülle von Entscheidungen, sei es zur Frage der<br />

GmbH-Gründung, des Ausscheidens eines Gesellschafters,<br />

der Veräußerung eines Geschäftsanteils oder der Rechtstel-<br />

lung und Haftung des GmbH-Geschäftsführers bzw. der Gesellschafterhaftung.<br />

Für kommunale Wohnungsunternehmen,<br />

die sich ohnehin seit geraumer Zeit mit der Problematik<br />

auseinanderzusetzen haben, ob sie nun der öffentlichen Auftraggebereigenschaft<br />

unterliegen mit der Konsequenz, bei<br />

Erreichen der Schwellenwerte nach der Vergabeverordnung<br />

europaweit ausschreiben zu müssen, kam nun noch das<br />

Grundsatzurteil des EuGH vom 11.01.2005 hinzu. Mit dieser<br />

Entscheidung stoppt der EuGH vom Grundsatz die freihändige<br />

kommunale Auftragsvergabe an gemischt-wirtschaftliche<br />

Gesellschaften. D.h., hält die Kommune ein Tochterunternehmen<br />

zusammen mit einem Dritten, auch wenn dessen<br />

Anteil noch so gering ist, darf sie Aufträge bei Erreichen des<br />

Schwellenwertes nur nach<br />

einer europaweiten Ausschreibung<br />

ggf. an das Tochterunternehmen<br />

vergeben. Die<br />

sogen. Inhouse-Geschäfte<br />

zwischen Kommune und<br />

Tochterunternehmen kommen<br />

von daher allenfalls<br />

noch bei einer 100%igen<br />

Beteiligung der Kommune<br />

in Betracht.<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 ZUR WOHNUNGSPOLITIK<br />

25


TÄTIGKEIT DES<br />

VERBANDES<br />

In der Mittlerrolle zwischen Wirtschaft und Politik vertritt<br />

der Verband die Interessen der Wohnungswirtschaft. Für<br />

sie fungiert er als Sprachrohr. Auch das Beratungs- und<br />

Dienstleistungsangebot wurde gesteigert. Mit einem neuen<br />

Leitbild und Satzungsänderungen macht sich der Verband<br />

fit für die Zukunft.


Der Verbandstag 2004 in Freiburg hatte neben den üblichen<br />

Regularien, die alle drei Jahre anstehenden Wahlen der Mitglieder<br />

des Verbandsrates durchzuführen. Es ergaben sich<br />

gravierende Veränderungen auch durch altershalber ausscheidende<br />

Kollegen, denen der Verbandsvorsitzende zum<br />

Abschluss des Verbandstages die höchste Auszeichnung des<br />

Verbandes die „Große Goldmedaille“ verleihen durfte.<br />

Nach der Neukonstituierung des Verbandsrates am 20. Juli<br />

2004 setzte der Verbandsrat im elften Jahr nach Gründung<br />

des <strong>vbw</strong> eine Strukturkommission ein und bildete für die<br />

vier Bereiche<br />

■ Mitgliederzufriedenheit,<br />

■ Verbandsleitbild,<br />

■ Wirtschaftlichkeit und<br />

■ Satzung<br />

Arbeitsgruppen. Diese unterbreiteten Vorschläge an den<br />

Verbandsrat. Die Beratungen zu den einzelnen Bereichen<br />

sind bis auf den Satzungsentwurf noch nicht abgeschlossen.<br />

Die vier Bereiche wurden nach entsprechender Diskussion<br />

im Vorstand und Verbandsrat auch in den einzelnen<br />

Arbeitsgemeinschaften beraten.<br />

Die Arbeitsgruppe Mitgliederzufriedenheit hatte in<br />

Anlehnung an einen Fragebogen des Verbandes norddeutscher<br />

Wohnungsunternehmen einen auf unsere Bedürfnisse<br />

ausgerichteten <strong>vbw</strong>-Fragebogen erstellt. Von mehr als 300<br />

Mitgliedsunternehmen des <strong>vbw</strong> unterzogen sich 166<br />

Unternehmen der Mühe, den Fragebogen auszufüllen und<br />

an den Verband zurückzusenden. Ihnen allen sei auch von<br />

dieser Stelle herzlich gedankt.<br />

In anonymer Weise wurden die Fragebogen von der Arbeitsgruppe<br />

ausgewertet und das zusammengefasste Ergebnis<br />

allen Mitgliedsunternehmen übersandt. Der Gesamteindruck<br />

war positiv, wie die nachstehende Auswertung der<br />

Frage 4 zeigt:<br />

Alles in allem: Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit dem<br />

<strong>vbw</strong> auf einer Skala von 1 „sehr zufrieden“ bis 5 „sehr<br />

unzufrieden“?<br />

1 2 3 4 5<br />

15 87 52 10 0<br />

Die Antworten auf die Fragen 1 und 2 „was fällt Ihnen<br />

spontan ein, wenn Sie an den <strong>vbw</strong> denken?“ und „Welche<br />

Erwartungen, welche Anforderungen haben Sie an den <strong>vbw</strong>?“<br />

wurden ganz überwiegend positiv beantwortet.<br />

Die Evaluierung ergab ferner, nicht überraschend, Nachholbedarf<br />

in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Interessenvertretung,<br />

Tochtergesellschaften und Gremientransparenz.<br />

Hieran wird gearbeitet. In drei oder vier Jahren wird eine<br />

Wiederholung der Aktion auch hier gute Ergebnisse zeigen.<br />

Die Arbeitsgruppe Verbandsleitbild hat eine umfangreiche<br />

Stoffsammlung erarbeitet, aus der als Extrakt ein Verbandsleitbild<br />

entwickelt werden soll. Auch diese Stoffsammlung<br />

wurde allen Verbandsmitgliedern zugeleitet.<br />

Die Wirtschaftlichkeit des <strong>vbw</strong> wurde von der dritten Arbeitsgruppe<br />

untersucht. Sie hat das seit Jahren bestehende<br />

Defizit im operativen Bereich bestätigt. Hier sind Veränderungen<br />

bei den Personal- und Sachkosten, aber auch bei<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 A US DER TÄTIGKEIT DES VERBANDES<br />

27


Prüfungsgebühren und zuletzt bei den Verbandsbeiträgen<br />

angesagt. Für einzelne Verbandstöchter werden zur Stärkung<br />

ihrer Unternehmenskraft weitere Gesellschafter mit<br />

dem Ziel gesucht, diese Beteiligungen auf maximal 10 Prozent<br />

abzuschmelzen.<br />

Die Arbeitsgruppe Satzung und Struktur legte einen Entwurf<br />

einer Satzungsänderung und einer neugefassten Wahlordnung<br />

vor. Beide wurden nach eingehenden Beratungen<br />

im Vorstand und Verbandsrat auch in den Arbeitsgemeinschaften<br />

umfassend beraten und werden auf dem Verbandstag<br />

2005 in Fellbach zur Beschlussfassung gestellt.<br />

Alles in allem haben die Strukturkommission, die vier Arbeitsgruppen,<br />

die Verwaltungsorgane Vorstand und Verbandsrat<br />

in der kurzen Zeit von Oktober 2004 bis Februar 2005 hervorragende<br />

Arbeit geleistet. Allen sei hierfür gedankt.<br />

Trotz der erheblichen Belastung der Verwaltungsorgane durch<br />

die Arbeit der Strukturkommission ist die übrige Verbandsarbeit<br />

nicht zu kurz gekommen. Der Vorstand des <strong>vbw</strong> hat in<br />

zahlreichen Vorstandssitzungen, bei Gesprächen mit den<br />

Genossenschaftsverbänden in Stuttgart und Karlsruhe, mit<br />

dem Landesverband der Haus- und Grundstückseigentümer,<br />

mit dem Landesverband Freier Wohnungsunternehmen, mit<br />

der Arbeitsgemeinschaft der Bausparkassen, mit den Ministerien<br />

des Inneren und der Wirtschaft über die aktuellen wohnungs-<br />

und immobilienwirtschaftlichen Probleme diskutiert.<br />

Zahllose Gespräche wurden insbesondere zum Gemeindewirtschaftsrecht<br />

zusammen mit der Vereinigung kommunaler<br />

Wohnungsunternehmen im <strong>vbw</strong> und in verschiedenen<br />

Anhörungen in Ministerien und im Landtag geführt. Es galt<br />

vor allem die Einführung einer verschärften Subsidiarität in<br />

der Gemeindeordnung zu verhindern, die insbesondere von<br />

der FDP-Landesfraktion und von dem Landesverband Freier<br />

Wohnungsunternehmen gefordert wird. Danach sollen sich<br />

kommunale Wohnungsunternehmen nur dort wirtschaftlich<br />

betätigen dürfen, wo ihre Leistung besser und wirtschaftlicher<br />

ist, als die der privaten Unternehmen. Die Rechtsposi-<br />

tion des <strong>vbw</strong> und der Vereinigung kommunaler Wohnungsunternehmen<br />

ist in dem Statement auf Seite 17 im Kapitel<br />

Wohnungspolitik wiedergegeben.<br />

Abgewehrt werden konnte eine Initiative der Länder Bayern<br />

und Rheinland-Pfalz zur Neuregelung der Grundsteuer. Auch<br />

hier ist die Rechtsposition des <strong>vbw</strong> im Kapitel Wohnungspolitik<br />

abgedruckt.<br />

Nicht aufzuhalten war eine Änderung der Landesbauordnung<br />

zum barrierefreien Bauen, zumal <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

das letzte Bundesland in Deutschland ist, das diese Änderung<br />

analog der Musterbauordnung noch nicht umgesetzt<br />

hat. Nach der Neuregelung muss bei Gebäuden mit mehr als<br />

sechs (vier) Wohnungen ein Geschoss barrierefrei erreichbar<br />

sein. Nur in Ausnahmefällen, wenn unverhältnismäßig<br />

hoher Mehraufwand erforderlich ist, soll hiervon abgewichen<br />

werden können. Es wird im Einzelnen zu klären sein,<br />

ob die bisher von der Rechtsprechung festgelegte 20 Prozent-Grenze<br />

vom Gesamtaufwand in der Praxis umsetzbar<br />

ist. Gespräche mit dem zuständigen Ministerium haben ergeben,<br />

dass möglicherweise im Verwaltungswege eine<br />

praktikable Lösung erreichbar erscheint.<br />

Das Landeswohnraumförderprogramm 2005 ist erwartungsgemäß<br />

wiederum kläglich ausgefallen. Zudem noch unter<br />

dem Vorbehalt, dass die Eigenheimzulage erhalten bleibt.<br />

Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Berichtes sind die<br />

Chancen hierfür nicht sehr gut. Das Land <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

will nach diesem Programm knapp 2.000 Eigentumsmaßnahmen<br />

und 650 Mietwohnungen fördern. Der <strong>vbw</strong> hat<br />

auch hierzu die in diesem Bericht abgedruckte Stellungnahme<br />

im Landtag bei der Anhörung abgegeben.<br />

Mit großem Einsatz hat sich der <strong>vbw</strong> in die Expertenkommission<br />

Wohnungsgenossenschaften eingebracht und<br />

einen wichtigen Beitrag zur Aktivierung des genossenschaftlichen<br />

Wohnens geleistet. Der Ergebnisbericht der<br />

Kommission ist auf große Resonanz gestoßen. Seine Empfehlungen<br />

werden in den Wohnungsgenossenschaften und


ihren Verbänden, aber auch in den politischen Gremien bei<br />

Bund, Ländern und Kommunen diskutiert. Schon allein dafür<br />

hat sich die große Anstrengung gelohnt. In diesem Zusammenhang<br />

wurde auch daraufhingewiesen, dass zur Novellierung<br />

des Genossenschaftsgesetzes das Bundesministerium<br />

der Justiz voraussichtlich im 2. Quartal 2005, das<br />

Gesetzgebungsverfahren einleiten wird. Im Zusammenhang<br />

mit den erforderlichen nationalen Ausführungsbestimmungen<br />

zur Umsetzung der EU-Verordnung über das Statut der<br />

Europäischen Genossenschaft (SCE) ist beabsichtigt, Anpassungen<br />

im Genossenschaftsgesetz unter Berücksichtigung der<br />

von der Expertenkommission sowie des gemeinsamen<br />

Ausschusses vorgeschlagenen Änderungen vorzusehen.<br />

Zu Gebäudepass, WEG-Novelle und Liberalisierung des Mietrechts<br />

waren verschiedene Stellungnahmen abzugeben und<br />

Meinung zu machen. Im Bereich der Aus- und Weiterbildung<br />

wurde die Partnerschaft zur Hochschule Nürtingen-<br />

Geislingen weiter intensiviert. Probleme bereitet dem<br />

Verband im Bereich des Immobilienfachwirtes die von der<br />

IHK-Stuttgart betriebene bundeseinheitliche Prüfung, die<br />

wohl ab dem Jahr 2007 nicht aufzuhalten sein dürfte.<br />

Erneut war der Verband in dem von der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Bausparkassen in Zusammenarbeit mit dem Innenund<br />

Sozialministerium eingesetzten Wettbewerb „Wohnen<br />

und Arbeiten“ in der Jury vertreten. Der Berufsschullehrerkongress<br />

des GdW fand in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> guten<br />

Anklang. Schließlich ist der <strong>vbw</strong> auch an der Hochschule<br />

Nürtingen-Geislingen und der Fachhochschule Finanzen<br />

und Verwaltung in Ludwigsburg auf vielfältige Weise aktiv.<br />

Der Fachausschuss Technik hat sich in mehreren Sitzungen<br />

insbesondere mit dem zu Beginn des Jahres 2006 bei der<br />

Veräußerung oder Vermietung von Gebäuden notwendigen<br />

Gebäudepass befasst. Der bedarfsbezogene, kostspielige Pass<br />

wurde zugunsten des verbrauchsbezogenen abgelehnt.<br />

Im Fachausschuss Aus- und Weiterbildung wurden die<br />

Programme der Genossenschaftstage 2004 in Ulm und die<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>er Tage 2004 diskutiert sowie das bundesweite<br />

Berufsschullehrertreffen 2004 in Stuttgart, der Veranstaltungskalender<br />

der AWI für 2005 und die Novellierung des<br />

Ausbildungsganges zum Kaufmann/Kauffrau der Grundstücks-<br />

und Wohnungswirtschaft besprochen.<br />

Der Fachausschuss Wohnungsbauförderung und Wohnungspolitik<br />

befasste sich insbesondere mit den Wohnraumförderprogrammen<br />

2004 und 2005, der Förderung der Moder-<br />

nisierung von Wohnungsgebäuden und mit dem barrierefreien<br />

Bauen.<br />

Im Fachausschuss Wohnungseigentum war wie immer der<br />

Erfahrungsaustausch über die Marktentwicklung ein aktuelles<br />

Thema. Aber auch Altersvorsorge durch Wohnimmobilien,<br />

die Novellierung des WEG sowie die Eigenheimzulage<br />

standen auf der Tagesordnung.<br />

Der Fachausschuss Spareinrichtung befasste sich vor allem<br />

mit neuen Entwicklungen beim Sicherungsfonds und mit<br />

Erfahrungen und Erkenntnissen aus der Prüfung.<br />

Der Fachausschuss Betriebswirtschaft ist vor allem im Bereich<br />

des Betriebskosten-Benchmarking aktiv.<br />

Die Arbeitsgemeinschaft der Wohnungsgenossenschaften<br />

beriet eine bundesweite Marketinginitiative, den<br />

Bericht der Expertenkommission Genossenschaften und die<br />

beabsichtigte Novellierung des GenG.<br />

Alle Empfehlungen und Ratschläge der Fachausschüsse und der<br />

Arbeitsgemeinschaft fanden Eingang in die Argumentation<br />

des <strong>vbw</strong> gegenüber Gesetzgebung und Wohnungspolitik.<br />

Der vom Vorstand ins Leben gerufene Arbeitskreis „Nachwuchsführungskräfte“<br />

ist gut gestartet und erfreut sich bei den<br />

„jungen Wilden“ großer Beliebtheit. Sie haben sich zuletzt<br />

des Themas Wohnungsprivatisierung angenommen und<br />

werden die Ergebnisse ihrer Arbeit auch veröffentlichen.<br />

Die erfolgreichen Teilnehmer der Fortbildungsstudiengänge<br />

Immobilienökonom(in)/GdW, Immobilienfachwirt(in) sowie<br />

der Immobilienverwalter(in) und der Lehrgang Bautechnik<br />

und Architektur für Kaufleute wurden jeweils im Rahmen<br />

einer feierlichen Zeugnisübergabe verabschiedet.<br />

Der vom <strong>vbw</strong> gestiftete „Immo-Preis des <strong>vbw</strong>“ findet bei<br />

den Studienabgängern der Hochschule Nürtingen-Geislingen<br />

großen Anklang. Er ist Teil praktizierter Öffentlichkeitsarbeit<br />

des <strong>vbw</strong>.<br />

Der Umgang mit der Alterung der Gesellschaft, mit wirtschaftsschwachen<br />

Wohnungsnutzern, mit Migranten und<br />

mit schwierigen Einzelfällen beschäftigt den Arbeitskreis<br />

„Soziales Management“. Er versucht Handreichungen zu<br />

geben, wie Wirtschaftlichkeit und soziales Handeln in Einklang<br />

gebracht werden können. Es ist geplant, diese Vorschläge<br />

zu veröffentlichen.<br />

A US DER TÄTIGKEIT DES VERBANDES<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

29


30<br />

Im Bereich der Rechtsberatung hat die neu eingeführte Berechnung<br />

von Beratungsdienstleistungen für besondere<br />

Fälle einen namhaften Betrag eingebracht, der zur Wirtschaftlichkeit<br />

des Verbandes beiträgt. Dies gilt auch für die<br />

EDV-Dienstleistungen, die Dritten gegenüber ebenfalls in<br />

Rechnung gestellt werden.<br />

Der Vorstand war schließlich mit den Tochterunternehmen<br />

und Beteiligungsgesellschaften des <strong>vbw</strong> stark in Anspruch<br />

genommen. Hier zeichnet sich ab, dass für einzelne Gesellschaften<br />

neue Gesellschafter gefunden werden müssen und<br />

die Beteiligung des Verbandes auf maximal 10 Prozent abgeschmolzen<br />

wird.<br />

Zahllose Grußworte, Ehrungen und Vertretungen in den<br />

Gremien des GdW und anderen Organisationen runden die<br />

Tätigkeit des Verbandes ab.<br />

Der Vorstand dankt an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern des <strong>vbw</strong> und seiner Tochtergesellschaften<br />

sowie den Mitgliedern des Verbandsrates, der Fachausschüsse,<br />

der genossenschaftlichen Vereinigung und der kommunalen<br />

Vereinigung für ihr hohes Engagement.<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

Kommunikation ist keine Einbahnstraße. Aus der Information<br />

muss ein Dialog entstehen. Dies gelingt von Jahr zu<br />

Jahr besser. In rund 155 Veröffentlichungen in Printmedien,<br />

bei Hörfunk und Fernsehen nahmen die Journalisten die<br />

Themenangebote des <strong>vbw</strong> und seiner Tochterunternehmen<br />

auf. Wie bereits in den Vorjahren bestimmten die Eigenheimzulage,<br />

das Landeswohnraumförderprogramm, die<br />

regionalen Wohnungsmärkte sowie die Mietnebenkosten<br />

die Berichter<strong>statt</strong>ung. Andere Themen wie die Reform der<br />

Grundsteuer, das Gemeindewirtschaftsrecht oder Berechnungen<br />

über Subventionen und Geldrückflüsse in die<br />

Volkswirtschaft fanden den Weg in die Öffentlichkeit nur<br />

über die Fachpresse.<br />

Dem steigenden visuellen Informationsbedürfnis kommt der<br />

Image-Film des <strong>vbw</strong> nach. Er beantwortet alle Fragen zur<br />

Tätigkeit des <strong>vbw</strong>, seiner Beteiligungsunternehmen und der<br />

Mitgliedsunternehmen, die in Bildsequenzen und mit Wohnprojekten<br />

vorgestellt werden. Die DVD soll bei Veranstaltungen<br />

von Mitgliedsunternehmen und bei Präsentationen<br />

des Verbandes eingesetzt werden. Auch auf der Homepage<br />

des <strong>vbw</strong>-Internetauftrittes ist der Film hinterlegt.<br />

Über 35 Millionen Menschen in Deutschland nutzen das Internet<br />

mittlerweile zur Informations- und Angebotssuche.<br />

Die Anforderungen in Bezug auf Information, Service und<br />

Kommunikation wachsen. Der <strong>vbw</strong> wollte wissen, wie es<br />

damit bei den Web-Präsenzen der Mitgliedsunternehmen<br />

bestellt ist und hat 2004 den 1. Internet-Wettbewerb für<br />

Mitgliedsunternehmen ausgeschrieben. Die Qualität des<br />

Angebotes und die Aktualität der Informationen bildeten<br />

den Schwerpunkt der Bewertungskriterien, die eine unabhängige<br />

Jury überprüfte. Jurymitglied Prof. Dr. Carol Richter<br />

von der Hochschule Nürtingen-Geislingen präsentierte die<br />

Ergebnisse des Wettbewerbs bei den <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>er Tagen<br />

der Wohnungswirtschaft. Die drei bestplatzierten Unternehmen<br />

erhielten neben Sachpreisen als Award einen Glasquader<br />

mit 3D-Laserung. Da der Wettbewerb auf positive<br />

Resonanz fiel, soll er bis in zwei Jahren wiederholt werden.<br />

Die Preisträger umrahmt von Prof. Dr. Carol Richter<br />

(links) und Gerhard A. Burkhardt (rechts): Hans Strudel,<br />

LEG <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> GmbH, Guido Benz, Baugemeinschaft<br />

Ettlingen eG, Wolfgang D. Heckeler, Bietigheimer<br />

Wohnbau GmbH (v.l.n.r.).


Die Kriterien, die der<br />

Internet-Wettbewerb<br />

bei den Mitgliedsunternehmenangesetzt<br />

hat, gelten<br />

auch für den <strong>vbw</strong>.<br />

Der Aufbau des <strong>vbw</strong>-<br />

Internetauftritts ist aus<br />

dem Jahr 2000 und damit nicht<br />

mehr den heutigen Ansprüchen gemäß programmiert. Die<br />

inhaltliche wie grafische Überarbeitung wurde im Berichtsjahr<br />

begonnen. Der neue Auftritt wird im Frühjahr 2005 online<br />

gehen. Im Jahr 2004 haben monatlich im Durchschnitt 3.000<br />

Besucher die Adresse <strong>vbw</strong>-online.de aufgerufen und jeweils<br />

7,2 Seiten angesehen.<br />

Erstmals hat der <strong>vbw</strong> eine CD-ROM „<strong>vbw</strong>-Medien – Jahresausgabe<br />

2004“ veröffentlicht. Ein Inhaltsverzeichnis und<br />

eine Suchfunktion führen den Nutzer bequem zu den gesuchten<br />

Texten aus Rundschreiben, Sonderrundschreiben,<br />

JurAktuell und aktuell – Die Wohnungswirtschaft in <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong>.<br />

Zum Standardprogramm der Öffentlichkeitsarbeit gehören<br />

mittlerweile: der tägliche Pressespiegel per E-Mail, die<br />

monatlich erscheinenden Rundschreiben beziehungsweise<br />

Sonderrundschreiben und die Rechtsinformation JurAktuell.<br />

Einen großen Leserkreis außerhalb der Mitgliedsunternehmen<br />

hat die vierteljährlich erscheinende Verbandszeitschrift<br />

„aktuell – Die Wohnungswirtschaft in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>“,<br />

die Adressaten aus Ministerien, Behörden, Banken,<br />

Hochschulen, Wirtschaft und Journalisten erreicht.<br />

Themen und Meinungen aus der Wohnungswirtschaft wurden<br />

bei Anhörungen im Landtag, bei Veranstaltungen, in<br />

den Arbeitsgemeinschaften, im Dialog mit Politikern und im<br />

Gespräch mit anderen Verbänden, Meinungsbildnern und<br />

Unternehmen vermittelt. Junge Nachwuchskräfte für die<br />

Wohnungswirtschaft zu gewinnen und zukünftige Führungskräfte<br />

heranzuziehen wird im Hinblick auf die demografische<br />

Entwicklung zunehmend wichtiger. Der Verband honorierte<br />

auch im Berichtsjahr wieder mit dem „<strong>vbw</strong>-Immo-Preis“ die<br />

besten Leistungen der Absolventen des Studienganges Immobilienwirtschaft<br />

an der Hochschule Nürtingen-Geislingen.<br />

Zukünftige Fachkräfte der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

konnten sich beim Career-Day der Hochschule am<br />

Ausstellungsstand des <strong>vbw</strong> über die künftigen Berufschancen<br />

in der Branche informieren.<br />

Den Verbandstag des GdW in Mannheim nutzte der <strong>vbw</strong><br />

ebenfalls zur Imagewerbung. Dort wurde auch der Kalender<br />

mit dem Titel „Architektur in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> 2005“ vorgestellt.<br />

Er zeigt auf 12 großformatigen Kalenderblättern Beispiele<br />

visionärer, experimenteller und ökologischer Architektur<br />

bei Wohn-, Geschäftshäusern und öffentlichen Bauten.<br />

Interne<br />

Kommunikation<br />

Medienarbeit<br />

Publikationen<br />

Design & Werbung<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

im <strong>vbw</strong>:<br />

Tätigkeits- und<br />

Kompetenzfelder<br />

Marktbeobachtung<br />

Informationssammlung<br />

Veranstaltungen<br />

Seminare<br />

Online-<br />

Kommunikation<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 A US DER TÄTIGKEIT DES VERBANDES<br />

31


32<br />

Rechtsberatung<br />

Es wird nicht einfacher – im Gegenteil. Auch das Jahr 2004<br />

hat wieder maßgebende Änderungen sowohl in der Gesetzgebung<br />

als auch in der Rechtsprechung gebracht. Aufgabe<br />

der Rechtsabteilung des <strong>vbw</strong> war es, diese Veränderungen<br />

zu analysieren und für die Mitgliedsunternehmen transparent<br />

zu machen.<br />

Im Bereich des Wohnungseigentums lagen die Problemschwerpunkte<br />

im Berichtszeitraum rund um die Eigentümerversammlungen.<br />

Unabhängig davon, dass die Versammlungen<br />

ohnehin immer turbulenter werden, bezogen<br />

sich die Fragen auf die allgemeinen Erfordernisse einer ordnungsgemäßen<br />

Protokollierung, auf die Aufklärungserfordernisse<br />

über Beschlusskompetenzen und deren anschließender<br />

Protokollierung insbesondere bei den sog. Zitterbeschlüssen,<br />

bis hin zur korrekten Fassung eines Umlaufbeschlusses.<br />

Wie ist mit den immer häufiger werdenden Hausgeldschuldnern<br />

am wirkungsvollsten umzugehen? Sind Versorgungssperren<br />

oder gar Enteignungen möglich? In diesem<br />

Themenbereich spielte auch der Datenschutz eine nicht<br />

unwichtige Rolle. Solche und ähnliche Fragen machen<br />

weder die Tätigkeit des Verwalters, noch die Tätigkeit des<br />

Verwaltungsbeirates, der den Verwalter bei der Durchführung<br />

seiner Aufgaben zu unterstützen hat, einfacher.<br />

Zu den ureigensten Themen der Rechtsberatung gehören<br />

gesellschafts- und insbesondere genossenschaftsrechtliche<br />

Fragestellungen. Für die kommunalen Gesellschaften des<br />

<strong>vbw</strong> kam es nicht ganz unvermittelt, dass Gesetze wie das<br />

Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich<br />

(KonTraG) oder das Gesetz zur Transparenz und Publizität<br />

(TransPuG), die unmittelbar eigentlich nur für börsennotierte<br />

Aktiengesellschaften gelten, mittlerweile auch<br />

Auswirkungen auf Kapitalgesellschaften in der Rechtsform<br />

der GmbH haben. Überraschender war dies jedoch für die<br />

Genossenschaften. Als dann auch noch Überlegungen aufkamen,<br />

den unmittelbar ebenfalls nur für börsennotierte<br />

Aktiengesellschaften geltenden und auf EU-Vorgaben<br />

basierenden Corporate Governance Kodex gesondert für<br />

Genossenschaften umzugestalten, kam Unruhe auf. Zwar<br />

wird es einen eigenen Kodex für Genossenschaften letztlich<br />

nicht geben. Dennoch wird auch bei Genossenschaften das<br />

Zusammenspiel der Organe in der Zukunft anders zu leben<br />

sein. Demgemäß wurden auch die Mustersatzungen und<br />

Mustergeschäftsordnungen des GdW für Genossenschaften<br />

neu gefasst. Sie tragen einigen Kodex-Empfehlungen und<br />

den gesetzlichen Vorgaben des TransPuG Rechnung. Ob und<br />

wenn ja welche Auswirkungen die anstehende Novellierung<br />

des Genossenschaftsgesetzes auf bestehende Genossenschaften<br />

haben werden, lässt sich derzeit noch nicht sagen.<br />

Bei den kommunalen Gesellschaften stellten sich weitere<br />

Erschwernisse durch die Auswirkungen des öffentlichen<br />

Vergaberechts, d.h. der Erfordernis einer europaweiten Ausschreibung,<br />

sofern die Voraussetzungen hierfür gegeben<br />

sind. In diesen Rahmen fällt auch ein neues Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofes, das sog. Inhousegeschäfte zwischen<br />

der Gesellschafterin Kommune und ihrer kommunalen Gesellschaft<br />

erheblich einschränkt. Weitere Probleme kommen<br />

auf die kommunalen Gesellschaften jedoch auch durch das<br />

Gemeindewirtschaftsrecht zu. Waren gerade mal die Vorgaben<br />

aus den Änderungen des Gemeindewirtschaftsrechtes<br />

des Jahres 1999 umgesetzt, kam die Ankündigung einer<br />

voraussichtlich weiteren Verschärfung des Gemeindewirtschaftsrechts<br />

und zwar im Bereich der 1999 eingeführten<br />

Subsidaritätsklausel.<br />

Solche Überlegungen wie auch bereits konkret zur Beurteilung<br />

vorgelegte Gesetzesvorlagen nahmen ebenfalls einen<br />

breiten Raum in der Rechtsberatung ein. Hierzu zählen u.a.<br />

die bereits angesprochene Novellierung des Genossenschaftsgesetzes,<br />

die angedachten Novellierungen des Vereinsrechts<br />

und des Wohnungseigentumsgesetzes, der Gesetzesentwurf<br />

zur Sicherung von Werkunternehmeransprüchen<br />

und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen<br />

und nicht zuletzt der Ende des Jahres vorgelegte Entwurf<br />

eines Antidiskriminierungsgesetzes. Zwingender Teil der<br />

Rechtsberatung ist in diesem Zusammenhang auch die<br />

begleitende Tätigkeit im Rahmen von Fachausschüssen und<br />

Kommissionen innerhalb des GdW.<br />

Zu den Standards der Rechtsberatung des <strong>vbw</strong> gehören seit<br />

Jahren das Mietrecht, das Baurecht, das Architektenrecht<br />

und das Arbeitsrecht. Insbesondere das Mietrecht ist ein sehr<br />

beratungsintensiver Bereich, wozu die steigende Streitlust<br />

der Mieter, aber auch deren immer schlechter werdende<br />

Zahlungsmoral nicht unerheblich beiträgt. Streitigkeiten<br />

über die Betriebskostenabrechnungen, über Minderungsrechte,<br />

Duldung von Modernisierungsmaßnahmen und nicht<br />

zuletzt über die Verpflichtung zur Durchführung von<br />

Schönheitsreparaturen sind die Hauptthemen. Im Bereich<br />

des Arbeitsrechts waren Themen wie Teilzeitarbeit, insbesondere<br />

Altersteilzeit, aber auch Kündigungen bzw. Aufhebungen<br />

von Arbeitsverhältnissen vorrangig.<br />

Begründet dadurch, dass in absehbarer Zeit viele Erbbaurechte<br />

auslaufen, stellte sich die Problematik, wie für die


etroffenen Unternehmen am wirkungsvollsten zu verfahren<br />

ist. Die Schwierigkeiten liegen hier weniger im rein<br />

rechtlichen Bereich als in der Interessenkollision zwischen<br />

Erbbaurechtsausgeber und Erbbaurechtsnehmer.<br />

Im Berichtszeitraum 2004 wurde begleitend eine Fusion<br />

zweier Genossenschaften durchgeführt, eine weitere Fusion<br />

ist in Vorbereitung, eine Genossenschaftsliquidation ist eingeleitet<br />

und eine weitere Liquidation in Vorbereitung.<br />

Prüfungs- und Beratungstätigkeit<br />

für das Jahr 2004<br />

Prüfung<br />

Zu den Hauptaufgaben im Dienstleistungsbereich des Verbandes<br />

gehört entsprechend der Anerkennung des Verbandes<br />

als genossenschaftlicher Prüfungsverband im Sinne des<br />

§ 54 GenG die gesetzlich vorgeschriebene Prüfung der Mitgliedsunternehmen<br />

in der Rechtsform der eingetragenen<br />

Genossenschaft.<br />

Außerdem kann der Verband im Rahmen des Artikels 25<br />

EGHGB den Jahresabschluss jener Kapitalgesellschaften prüfen,<br />

die bis zum 31. Dezember 1989 als gemeinnützige Wohnungsunternehmen<br />

anerkannt und Mitglieder des Verbandes<br />

waren. Soweit es sich hierbei um Gesellschaften mit überwiegender<br />

Beteiligung der öffentlichen Hand handelt, wird<br />

der Verband auch mit der Prüfung gemäß § 53 HGrG beauftragt.<br />

Damit entspricht der Prüfungsauftrag bei diesen<br />

Gesellschaften im Grundsatz den durch die genossenschaftlichen<br />

Prüfungsvorschriften gegebenen Anforderungen.<br />

Im Berichtsjahr 2004 gehörten insgesamt 193 Genossenschaften<br />

dem Verband als Mitglieder an. Davon waren 31<br />

kleine Genossenschaften mit einer Bilanzsumme von bis zu<br />

zwei Millionen Euro. Unverändert unterhalten 15 Mitglieds-<br />

genossenschaften eine Spareinrichtung, die zusätzlich nach<br />

den Anforderungen des Kreditwesengesetzes zu prüfen sind.<br />

Die Prüfung der Genossenschaften mit einer Spareinrichtung<br />

schließt unabhängig von der Größe des Mitgliedsunternehmens<br />

mit einem Bestätigungsvermerk ab.<br />

Neben den Genossenschaften lassen sich rund 70 Mitgliedsunternehmen<br />

in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft<br />

vom <strong>vbw</strong> prüfen.<br />

Für die Mitgliedsunternehmen, die über eine Zulassung nach<br />

§ 34c der GewO verfügen, steht der Verband zur Prüfung<br />

gemäß § 16 MaBV zur Verfügung.<br />

Auch im Jahr 2004 setzte sich der Trend des Jahres 2003<br />

fort, den Jahresabschluss immer früher zu erstellen und<br />

prüfen zu lassen. Im Berichtsjahr ist es dem <strong>vbw</strong> gemeinsam<br />

mit den Mitgliedsunternehmen gelungen, den Terminwünschen<br />

gerecht zu werden. Besonders hilfreich ist es in<br />

diesem Zusammenhang, wenn im Vorfeld der Jahresabschlusserstellung<br />

bereits der Kontakt zum Verband gesucht<br />

wird, um im Rahmen des gesetzlich erlaubten Umfanges<br />

offene Bilanzierungs- und Bewertungsfragen zu klären.<br />

Personelle und technische Aus<strong>statt</strong>ung<br />

Für die Erfüllung der Prüfungsaufgaben standen der Prüfungsabteilung<br />

des <strong>vbw</strong> folgende Mitarbeiter zur Verfügung<br />

(Stand Anfang 2005):<br />

Wirtschaftsprüfer (m/w) 3<br />

Bereichsleiter (m/w) 4<br />

Verbandsprüfer (m/w) 10<br />

Assistenten (m/w) 7<br />

freie Mitarbeiter 3<br />

Gesamt 27<br />

Ob mit dieser äußerst knapp kalkulierten Mitarbeiterzahl<br />

die Anforderungen an die Prüfung erfüllt werden können,<br />

ist derzeit noch nicht absehbar.<br />

Unser Ziel ist es, bis auf wenige Ausnahmen alle Jahresabschlussprüfungen<br />

mit Hilfe der Software „Audit Agent bzw.<br />

Audicon“ durchzuführen. In absehbarer Zukunft werden wir<br />

– wie alle anderen westdeutschen Verbände auch – Audit<br />

Agent II einführen, um den erhöhten berufsrechtlichen Anforderungen<br />

gerecht zu werden.<br />

Qualitätssicherung und -kontrolle (Peer Review)<br />

Voraussetzung für die weitere Zulassung als gesetzlicher<br />

Prüfungsverband ist gemäß § 63 e GenG die turnusmäßige<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 A US DER TÄTIGKEIT DES VERBANDES<br />

33


34<br />

Durchführung einer Qualitätskontrolle. Die Prüfungsabteilung<br />

des Verbandes hat sich im zweiten Halbjahr 2004 einer<br />

Qualitätssicherungsprüfung unterworfen. Wir haben die für<br />

die weitere Prüfungstätigkeit erforderliche Teilnahmebescheinigung<br />

erhalten, so dass wir für weitere drei Jahre unserer<br />

Prüfungstätigkeit nachgehen können. Die Drei-Jahres-Regel<br />

gilt für alle Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften<br />

einheitlich. Der nächste Peer Review ist für das<br />

Jahr 2007 vorgesehen.<br />

Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung<br />

Zur Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung ergaben sich<br />

abgesehen von einigen wenigen Fällen, insbesondere bei<br />

den eigentumsorientierten Genossenschaften, grundsätzlich<br />

keine Beanstandungen. Der <strong>vbw</strong> hat in den Fällen umfassender<br />

Beanstandungen der Mitgliederversammlung der jeweiligen<br />

Genossenschaft empfohlen, den Vorstand bzw. die<br />

Organe insgesamt nicht zu entlasten. Besondere Probleme<br />

bei der Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung<br />

bereitet immer wieder die Beauftragung von Organmitgliedern<br />

im Rahmen von Auftragsvergaben.<br />

Wirtschaftliche Lage der Unternehmen<br />

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der vom Verband geprüften<br />

Mitgliedsunternehmen sind insgesamt solide und geordnet.<br />

Auch wenn nur wenige Unternehmen Anlass zu Sorge<br />

geben, so verschärfen sich die wirtschaftlichen Probleme.<br />

Einige Unternehmen sind in ihrer Existenz bedroht oder<br />

in ihrer Entwicklung nachhaltig beeinträchtigt.<br />

Die gestiegenen Anforderungen des Marktes an die Aus<strong>statt</strong>ungsqualität<br />

der Wohnungen und Häuser müssen von<br />

den Wohnungsunternehmen erfüllt werden, um die langfristige<br />

Vermietbarkeit sicherzustellen. Wir begrüßen es<br />

daher außerordentlich, dass eine wachsende Zahl von Unternehmen<br />

eigenverantwortlich eine technische Bestandsaufnahme,<br />

d.h. eine Inventur ihres Bestandes, durchführt<br />

und umfassend dokumentiert. Nur über eine quantitative<br />

Erhebung des Modernisierungsbedarfs pro Haus und pro<br />

Gewerk kann die Frage beantwortet werden, ob das Unternehmen<br />

mittel- und langfristig ausreichende Ressourcen<br />

zur dauerhaften Vermietbarkeit seiner Bestände aufwendet.<br />

Es kann festgestellt werden, dass die Aufarbeitung dieser<br />

Unterlagen zu den Aufgaben der Geschäftsführung gehört<br />

und damit auch eine Frage der Ordnungsmäßigkeit der<br />

Geschäftsführung ist.<br />

Leider müssen wir feststellen, dass es Wohnungsunternehmen<br />

gibt, die auf Grund ihrer finanziellen Aus<strong>statt</strong>ung bzw.<br />

auf Grund des unzureichenden Cash Flows nicht in der Lage<br />

sind, ihren Bestand in einem überschaubaren Zeitraum<br />

grundlegend zu modernisieren. Die unzureichende finanzielle<br />

Aus<strong>statt</strong>ung wird teilweise noch durch den Effekt verschärft,<br />

dass über die modernisierungsbedingten Mieterhöhungen<br />

die Modernisierungskosten nicht innerhalb eines<br />

angemessenen Zeitraumes amortisiert werden können.<br />

Was sind die Gründe für die unzureichende<br />

finanzielle Aus<strong>statt</strong>ung?<br />

Im Bereich jener Unternehmen, die sich ausschließlich der<br />

Vermietung von Wohnraum widmen, gibt es immer noch<br />

eine größere Anzahl, die aus sozialen Überlegungen heraus<br />

das Mieterhöhungspotenzial seit Jahren nicht voll ausgeschöpft<br />

haben. Auf Grund der niedrigen Mieten sind die<br />

Unternehmen dann nicht mehr in der Lage, die notwendigen<br />

Modernisierungen in dem erforderlichen Umfange und<br />

mit der gebotenen Geschwindigkeit durchzuführen.<br />

Mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten haben auch jene kommunalen<br />

Unternehmen zu kämpfen, die nach 1990 gegründet<br />

worden sind, um die Haushalte der Stadt zu entlasten.<br />

In vielen Fällen müssen wir feststellen, dass die Ertragslage<br />

dieser Unternehmen mit hohen Abschreibungen und Zinsaufwendungen<br />

belastet ist. Diese Belastungen gehen einher<br />

mit einem Bestand, der aus technischer Sicht unterdurchschnittlich<br />

ist, so dass weit überdurchschnittliche Instandhaltungen<br />

und Modernisierungen die Unternehmen zusätzlich<br />

belasten. Entwicklungsbeeinträchtigungen und Existenzgefährdungen<br />

können mittel- und langfristig nicht ausgeschlossen<br />

werden, da seitens der Städte Zuschüsse etc.<br />

gekürzt oder gestrichen werden.<br />

Im Berichtsjahr 2004 konnte mit zunehmender Tendenz beobachtet<br />

werden, dass die kommunalen Unternehmen wiederum<br />

einen Beitrag zur Stabilisierung der städtischen Haushalte<br />

leisten sollen. In den uns bekannt gewordenen Fällen sollen<br />

die Unternehmen Bestände aufkaufen, die im Eigentum<br />

der jeweiligen Kommune stehen. Oft werden diese Einheiten<br />

bereits durch das jeweilige Unternehmen verwaltet, so dass<br />

weitgehende Kenntnisse über diese Bestände vorliegen. Es<br />

bleibt jedoch die Gefahr bestehen, dass diese Bestände bei rein<br />

wirtschaftlicher Betrachtung überteuert vom Gesellschafter<br />

gekauft werden müssen. Teilweise stellt die Kommune als<br />

Haupt- oder alleinige Gesellschafterin Überlegungen an, ob<br />

der Beitrag zur Sanierung des städtischen Haushaltes darin<br />

bestehen könnte, dass die Gesellschaften eigene Anteile erwerben<br />

oder die Anteile der Gesellschaft an Dritte zu veräußern.


Unternehmen, deren Fokus in den letzten 12 Jahren auf dem<br />

Miethausneubau lag, haben in aller Regel hohe Abschreibungs-<br />

und Zinsbelastungen zu verkraften.Treffen diese Aufwendungen<br />

mit einem hohen Instandhaltungs- und Modernisierungsbedarf<br />

sowie der Übernahme von kommunalen Aufgaben zusammen,<br />

so steht das Unternehmen vor der Herausforderung,<br />

die erheblichen Belastungen der Ertragslage zu kompensieren.<br />

Auf Grund der derzeitigen konjunkturellen Lage und der sich<br />

abzeichnenden Verschlechterung der steuerlichen Rahmenbedingungen<br />

ist das Bauträgergeschäft vermutlich auf längere<br />

Zeit nahezu zum Erliegen gekommen. Jene Unternehmen, bei<br />

denen das Bauträgergeschäft gegenüber der Verwaltung des<br />

eigenen Bestandes im Vordergrund steht und die deshalb auf<br />

namhafte Deckungsbeiträge aus dem Bauträgergeschäft angewiesen<br />

sind, besteht ein Kapazitätsanpassungsbedarf an<br />

die Erfordernisse des Marktes. Auch jene Unternehmen, die<br />

auf die Gewinne aus dem Bauträgergeschäft angewiesen waren,<br />

um die notwendigen Modernisierungen durchzuführen,<br />

müssen ihre Modernisierungsanstrengungen verringern.<br />

Begünstigt werden die Wohnungsunternehmen durch das<br />

niedrigste Zinsniveau seit Bestehen der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Uns sind aber einige Fälle bekannt geworden,<br />

in denen Kreditinstitute sehr zurückhaltend mit der Kreditvergabe<br />

geworden sind und selbst kommunale Bürgschaften<br />

seitens der Banken nicht mehr als so sicher eingestuft<br />

werden wie in der Vergangenheit.<br />

Ein allgemeiner Anstieg des Zinsniveaus um zwei Prozentpunkte<br />

etwa würde eine Reihe von Unternehmen in erhebliche<br />

wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen.<br />

Die unzureichende finanzielle Aus<strong>statt</strong>ung führt mit zunehmender<br />

Tendenz zu Fusionsüberlegungen. Begünstigt werden<br />

Fusionen auch durch den Umstand, dass insbesondere<br />

bei kleineren Unternehmen für die heute neben- und ehrenamtlich<br />

wirkenden Vorstände keine geeigneten Nachfolger<br />

gefunden werden können. Steuerliche Nachteile, personenabhängige<br />

Widerstände in den Organen und Befürchtungen<br />

in der Mitgliederschaft behindern diese Fusionsüberlegungen.<br />

Sinnvoll sind Fusionen aber nur, wenn in dem übernehmenden<br />

Unternehmen die Verwaltungskosten nicht oder<br />

nicht überproportional steigen.<br />

Eigentumsorientierte Genossenschaften<br />

Abgesehen von einigen eigentumsorientierten Genossenschaften,<br />

die in den Jahren 2002 und 2003 Mitgliederzuwächse<br />

erzielen konnten, ist das Ende der steuerlichen För-<br />

derungsdauer in 2004 erreicht worden bzw. wird im Jahre<br />

2005 erreicht werden.<br />

Die überwiegende Anzahl der Mitglieder sind Kapitalanleger,<br />

die in keiner Weise dem Genossenschaftsgedanken nahe<br />

stehen. Bei der Anlage der Gelder wurde übersehen, dass<br />

die Zeichnung von Geschäftsanteilen bei einer Neugründung<br />

eine hochriskante Beteiligung an einem Unternehmen<br />

darstellt. Mit einigen Ausnahmen sind die Unternehmen<br />

heute nicht in der Lage, das eingesetzte Kapital zurückzuzahlen.<br />

In einigen Fällen sind Schadensersatzforderungen<br />

bzw. Strafanzeigen seitens der enttäuschten Kapitalanleger<br />

gegen die Organe der Genossenschaft gestellt worden.<br />

In einem Fall hat das zuständige Sitzfinanzamt die steuerliche<br />

Förderwürdigkeit der Genossenschaft im Sinne des Eigenheimzulagegesetzes<br />

in Frage gestellt.<br />

Seit der Einführung der Bestimmung, dass die genossenschaftliche<br />

Wohnung vom Bezieher der Eigenheimzulage im<br />

achtjährigen Förderungszeitraum selbst genutzt werden<br />

muss, ist dieses Geschäftsmodell endgültig zusammengebrochen.<br />

Teilweise wird versucht, den Wegfall der Geschäftsgrundlage<br />

mit einem Modell zu kompensieren, dass sehr<br />

stark an das Konzept der Bausparkassen angelehnt ist. In<br />

diesem Zusammenhang häufen sich bei uns die Anfragen<br />

des Bundesamtes für Finanzen.<br />

Nach den Erfahrungen der letzten acht Jahre ist festzustellen,<br />

dass bis auf wenige Finanzdienstleister und eine überschaubare<br />

Anzahl von Genossen, die ihre Kapitaleinlage<br />

zurück bekommen werden und die Eigenheimzulage in voller<br />

Höhe erhalten haben bzw. werden, niemand aus dieser<br />

steuerlichen Förderung einen Nutzen hat ziehen können.<br />

Bis auf wenige Genossenschaften dürften keine Unternehmen<br />

entstanden sein, die dauerhaft und unbefristet am<br />

Markt tätig sein werden.<br />

Demografischer Wandel<br />

Wir empfehlen den Unternehmen, sich verstärkt mit dem<br />

demografischen Wandel zu beschäftigen, da er sich auch in<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> bemerkbar machen wird. Die Alterung<br />

der Bevölkerung wird die Wohnungsunternehmen dazu<br />

zwingen, ihre Bestände altengerecht zu gestalten. Bei Modernisierungsmaßnahmen<br />

sollte bereits heute an das altengerechte<br />

Wohnen gedacht werden.<br />

Einige Regionen in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> werden mittelfristig<br />

auch Bevölkerungsrückgänge zu verzeichnen haben. Ins-<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 A US DER TÄTIGKEIT DES VERBANDES<br />

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36<br />

besondere Unternehmen in strukturschwachen Gebieten<br />

werden sich intensiv mit diesen sich ändernden Rahmenbedingungen<br />

beschäftigen müssen.<br />

Prüfung der Jahresabschlüsse und der Lageberichte<br />

Die geprüften Jahresabschlüsse entsprechen nahezu ausschließlich<br />

den gesetzlichen Bestimmungen. In einigen wenigen<br />

Fällen musste der Bestätigungsvermerk ergänzt werden.<br />

Hinweise im zusammengefassten Prüfungsergebnis<br />

bezüglich einer Entwicklungsbeeinträchtigung des Unternehmens<br />

haben im Vergleich zu den vorhergehenden Jahren<br />

deutlich zugenommen.<br />

Im Rahmen der Prüfungssaison<br />

2004 ist des Öfteren<br />

aufgefallen, dass der Umfang<br />

der Grundstücksbevorratung<br />

für das Bauträgergeschäft<br />

nicht mehr mit den<br />

Marktgegebenheiten übereinstimmt.<br />

Es sollte bedacht<br />

werden, dass die Grundstücksbevorratung<br />

nicht kostenlos<br />

ist. Auf Grund der<br />

Bilanzstruktur ist jedes Grundstück im Umlaufvermögen<br />

mindestens in Höhe der Fremdkapitalquote des Unternehmens<br />

fremdfinanziert. Insofern ergeben sich kalkulatorische<br />

Zinsen für die vorgehaltenen Grundstücke. Wir erachten<br />

es als notwendig, dass dieser Bereich im besonderen<br />

Fokus der Unternehmensführung steht und dass gegebenenfalls<br />

ohne Rücksicht auf Restbuchwerte eine Kapitalfreisetzung<br />

erfolgt bzw. wahrscheinliche Verluste bilanztechnisch<br />

antizipiert werden.<br />

Ebenfalls hat sich die Bewertung von umgewidmeten Wohneinheiten<br />

aus dem Umlaufvermögen (unverkaufte Eigentumsmaßnahmen)<br />

ins Anlagevermögen vielfach als Problem<br />

erwiesen. Regelmäßig liegen die Ertragswerte dieser Einheiten<br />

deutlich unter den Buchwerten, so dass von einer<br />

dauerhaften Wertminderung ausgegangen werden muss.<br />

Risikomanagement und internes Kontrollsystem<br />

Seit Ablauf des Kalenderjahres 1998 (Einführung des KontraG)<br />

sind alle Mitgliedsunternehmen verpflichtet, ein Risikomanagementsystem<br />

(RMS) einzuführen und für die Steuerung<br />

der Unternehmen zu nutzen. Das Risikomanagementsystem<br />

kann nur unternehmensindividuell gestaltet sein,<br />

muss aber die Mindestbestandteile „internes Kontrollsystem“,<br />

„Controlling“ und „Risikofrüherkennung“ umfassen.<br />

In diesem Zusammenhang lag im Kalenderjahr 2004 der<br />

Schwerpunkt unserer Ordnungsmäßigkeitsprüfung auf dem<br />

Aufbau- und der Funktionstüchtigkeit des Systems „Mietforderungen“.<br />

Die Bereiche Bonitätsprüfung der potenziellen<br />

Mieter, die Zahlungsüberwachung, das Mahn- und Räumungswesen<br />

standen dabei im Vordergrund. Grundsätzlich<br />

können wir feststellen, dass insbesondere kleinere und mittlere<br />

Genossenschaften über ein nach wie vor gutes Mieterpotenzial<br />

verfügen. Nur relativ geringe Mietforderungsausfälle<br />

sind daher zu gegenwärtigen. Alle anderen Mitgliedsunternehmen<br />

leiden trotz eines guten Systems unter relativ<br />

hohen Forderungsausfällen.<br />

Sofern im Rahmen der Prüfung<br />

Beanstandungen ausgesprochen<br />

worden sind,<br />

handelte es sich insbesondere<br />

um Beanstandungen<br />

im Bereich des Mahn- und<br />

Räumungswesens.<br />

Im Rahmen der Prüfung ist<br />

des Öfteren aufgefallen, dass<br />

den Grundbüchern nicht genügend<br />

Aufmerksamkeit gewidmet<br />

wird. Wir weisen insbesondere auf die Bedeutung<br />

der Abteilungen II und III hin.<br />

Beratungsdienstleistungen<br />

Die gutachterliche Tätigkeit konzentrierte sich im Wesentlichen<br />

auf Vorgänge bei denen Immobilienbestände gebzw.<br />

verkauft werden sollten. Auftraggeber waren in vielen<br />

Fällen kommunale Unternehmen bzw. deren Gesellschafter.<br />

Der <strong>vbw</strong> verfügt über fünf besonders qualifizierte Mitarbeiter,<br />

die solche Aufträge bearbeiten können.<br />

Um den erhöhten Anforderungen seitens der Banken gerecht<br />

zu werden, hat der Verband ein Bewertungsprogramm<br />

entwickeln lassen, dass wir den Unternehmen für die Ermittlung<br />

von Verkehrswerten gerne zur Verfügung stellen.<br />

Aufgrund der hohen Fachkompetenz und Brachenerfahrung<br />

wurden wir im Jahr 2004 auch wieder mit der Bewertung<br />

ganzer Wohnungsunternehmen (Unternehmensbewertung)<br />

beauftragt.<br />

Fortgeführt wurden insbesondere die Portfolioanalysen,<br />

welche der <strong>vbw</strong> speziell für kleine und mittlere Unternehmen<br />

konzipiert und zugeschnitten hat und eine preiswerte<br />

Alternative zu anderen Anbietern darstellen.


MITGLIEDER DER FACHAUSSCHÜSSE<br />

Fachausschuss Aus- und Weiterbildung<br />

Vorsitzender: Karl Nagel, Karlsruhe<br />

Siegfried Bald, Stuttgart<br />

Klaus-Dieter Gabe, Mannheim<br />

Lothar Girrbach, Pforzheim<br />

Friedrich Haas, Stuttgart<br />

Prof. Dr. Eduard Mändle, Geislingen<br />

Günther Will, Pforzheim<br />

Manfred Wolf, Mannheim<br />

Walter Zanker, Balingen<br />

Fachausschuss Betriebswirtschaft<br />

Vorsitzender: Horst Jürgen Müller, Mosbach<br />

Prof. Dr. Hansjörg Bach, Nürtingen<br />

Gerhard Breuninger, Tübingen<br />

Reinhard Disch, Freiburg<br />

Dr. Thomas Hain, Karlsruhe<br />

Berthold Hartmann, Tübingen<br />

Michael-J. Rosenberg-Pohl, Stuttgart<br />

Georg Rothfelder, Sindelfingen<br />

Fritz Schmidt, Stuttgart<br />

Jürgen Schweinbenz, Stuttgart<br />

Martin Stahl, Pforzheim<br />

Rita Welsch, Mannheim<br />

Thomas Wolf, Stuttgart<br />

Fachausschuss Technik<br />

Vorsitzender: Norbert Endler, Pforzheim<br />

Cornelia Al-Turk, Stuttgart<br />

Thomas Bast, Lörrach<br />

Dr. Thomas Benz, Stuttgart<br />

Werner Emmerich, Karlsruhe<br />

Mathias Friko, Stuttgart<br />

Michael P. Haußer, Stuttgart<br />

Matthias Henes, Mannheim<br />

Jörg Kebschull, Stuttgart<br />

Anna Kraft-Metzger, Karlsruhe<br />

Bruno Möws, Stuttgart<br />

Christoph Neis, Ulm<br />

Christian Orth, Mannheim<br />

Wolfgang Weber, Karlsruhe<br />

Fachausschuss Wohneigentum<br />

Vorsitzender: Peter Söntges, Ludwigsburg<br />

Günther Aubele, Ulm<br />

Gerhard Ayasse, Nürtingen<br />

Wolfgang D. Heckeler, Bietigheim-Bissingen<br />

Werner König, Stuttgart<br />

Siegfried Lenz, Karlsruhe<br />

Thomas Nostadt, Lörrach<br />

Karl Scheinhardt, Stuttgart<br />

Jürgen Schweinbenz, Stuttgart<br />

Frank Zimmermann, Laupheim<br />

Fachausschuss Wohnungspolitik und<br />

Wohnungsbauförderung<br />

Vorsitzender: Günter Ramge, Karlsruhe<br />

Roland Grundler, Singen<br />

Jürgen Hägele, stellv. Vorstand L-Bank, Karlsruhe<br />

Thomas Nostadt, Lörrach<br />

Werner Schust, Crailsheim<br />

Karl-Hans Steiner, Nürtingen<br />

Carsten von Zepelin, Pforzheim<br />

Stand 23.03.2005<br />

A US DER TÄTIGKEIT DES VERBANDES<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

37


BETEILIGUNGS-<br />

UNTERNEHMEN<br />

Als einer der ersten Landesverbände innerhalb des GdW<br />

Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />

e.V. gründete der <strong>vbw</strong> Beteiligungsgesellschaften,<br />

die die Wohnungsunternehmen durch Service- und<br />

Beratungsleistungen unterstützen.


Akademie der Wohnungsund<br />

Immobilienwirtschaft<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> GmbH<br />

Die AWI ist die Aus- und Weiterbildungseinrichtung der<br />

Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>.<br />

Das langjährige Konzept der Private Public Partnership<br />

zwischen dem <strong>vbw</strong> Verband baden-württembergischer<br />

Wohnungsunternehmen e.V. und der Hochschule Nürtingen-Geislingen<br />

hat sich auch im Jahre 2004 wieder bestens<br />

bewährt. Das Angebot der AWI richtet sich an alle Führungskräfte<br />

und Mitarbeiter(innen), die in der Wohnungsund<br />

Immobilienwirtschaft beschäftigt sind oder zukünftig<br />

dort tätig sein wollen. Im Jahre 2004 führte die Akademie<br />

folgende Veranstaltungen durch:<br />

Lehrgang Haus- und Wohnungseigentumsverwaltung<br />

In diesem Lehrgang werden praxisnah und konzentriert vor<br />

allem rechtliche, steuerliche, kaufmännische und technische<br />

Kenntnisse zur Bewältigung der vielfältigen Verwaltungsaufgaben<br />

vermittelt. Der 5. Kurs mit insgesamt 29 Teilnehmer(innen)<br />

endete im Februar mit der freiwilligen Prüfung<br />

zum/zur „Geprüften Immobilienverwalter(in)/AWI“. Der<br />

6. Kurs startete im September mit insgesamt 34 Teilnehmer(innen).<br />

Lehrgang Bautechnik und Architektur für Kaufleute<br />

Dieser Kurs vermittelt das technische Wissen, das für die Beurteilung<br />

betriebswirtschaftlicher und rechtlicher Vorgänge<br />

in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft erforderlich ist.<br />

Der 10. Kurs startete im Oktober mit insgesamt 11 Teilnehmer(innen)<br />

und wurde um 20 Unterrichtseinheiten (UE)<br />

zum Thema Umnutzungskonzepte für Altbauten und weiteren<br />

20 UE für Instandsetzung und Instandhaltung erweitert.<br />

Weiterbildungsstudium Geprüfte(r) Immobilienfachwirt(in)/IHK<br />

Dies ist das Studium zum Generalisten in der Wohnungs- und<br />

Immobilienwirtschaft. Der 12. Kurs wurde in Mannheim<br />

durchgeführt und schloss mit der mündlichen IHK-Prüfung<br />

im Mai ab. Der 13. Kurs wird derzeit von 18 Teilnehmer(innen)<br />

besucht, der 14. Kurs startete im September mit<br />

insgesamt 17 Teilnehmer(innen). Beide Kurse finden in<br />

Nürtingen <strong>statt</strong>.<br />

Fortbildungsstudium Immobilien-Ökonom(in) / GdW<br />

Bei diesem Studium werden Kenntnisse und Qualifikationen<br />

des Allgemeinen Managements und des Immobilienmanagements<br />

sowie Schlüsselqualifikationen vermittelt, die weit<br />

über das notwendige Fachwissen hinausreichen. Der 3. Kurs<br />

endete erfolgreich im Juni. Der 4. Kurs begann im Oktober<br />

mit insgesamt 26 Teilnehmer(innen). Ab sofort wird dieses<br />

Fortbildungsstudium mit der Zertifizierung des GdW Bundesverband<br />

deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen<br />

e.V. angeboten.<br />

Insgesamt bildeten sich in 2004 in einem AWI-Lehr- oder<br />

Studiengang 193 Studierende weiter, jedoch arbeiteten<br />

durchschnittlich nur 47 Prozent der Teilnehmer(innen) in<br />

einem <strong>vbw</strong>-Mitgliedsunternehmen; im Lehrgang „Haus- und<br />

Wohnungseigentumsverwaltung“ sind sogar nur 15 Prozent<br />

der Teilnehmer in <strong>vbw</strong>-Mitgliedsunternehmen tätig.<br />

Tagungen<br />

Im Jahr 2004 fanden 32 Ein- und Mehrtagesveranstaltungen<br />

mit insgesamt 1.206 Teilnehmer(inne)n <strong>statt</strong>. Folgende<br />

Großveranstaltungen wurden durchgeführt: Tage der<br />

Wohnungsgenossenschaften im Juni in Ulm, <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Baden</strong>er Tage der Wohnungswirtschaft im September und<br />

die beiden Steuerseminare in Karlsruhe und Stuttgart im<br />

November. Im Gegensatz zu den Lehr- und Studiengängen<br />

arbeiteten 85 Prozent der Seminarteilnehmer in einem <strong>vbw</strong>-<br />

Mitgliedsunternehmen.<br />

Vorschau 2005<br />

Derzeit sind 27 Seminare geplant sowie je ein neuer Kurs der<br />

bereits genannten Lehr- und Studiengänge. Neu im Angebot<br />

sind „Betriebswirtschaft für Nicht-Betriebswirte“ mit 100 UE,<br />

„Buchhaltung Wohnungswirtschaft“ mit 240 UE, „Controlling<br />

in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft“ mit 140<br />

UE, „Rating in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft“ mit<br />

140 UE und in Zusammenarbeit mit der Südwestdeutschen<br />

Fachakademie „Immobilien-Consultant“ mit 120 UE.<br />

AWI<br />

Akademie der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> GmbH<br />

Neckarsteige 6-10<br />

72622 Nürtingen<br />

Telefon: 0 70 22/ 93 94 81<br />

Telefax: 0 70 22/ 93 94 82<br />

info@awi-<strong>vbw</strong>.de<br />

www.awi-<strong>vbw</strong>.de<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 BETEILIGUNGSUNTERNEHMEN<br />

39


40<br />

AWTS-Assekuranz-GmbH<br />

Versicherungs- und Finanzierungsmakler<br />

Das Geschäftsjahr 2004 war für die AWTS ein sehr turbulentes<br />

Jahr. Durch einschneidende Veränderungen in der Geschäftsführung<br />

wurden interne Strukturen verändert und<br />

wesentliche Bereiche des Unternehmens neu ausgerichtet.<br />

Auf diese Weise konnte und kann die AWTS den Verbandsmitgliedern<br />

gleichbleibend gute beziehungsweise sogar<br />

weiter verbesserte Dienstleistungen anbieten.<br />

Im vergangenen Jahr hat die AWTS rund 3.000 Neuschäden<br />

über sämtliche Sparten hinweg bearbeitet. Die Bandbreite<br />

der Schäden, bei welchen die AWTS als Koordinator und Begleiter<br />

unterstützend tätig war, reichte vom Großbrand mit<br />

Totalverlust bis zum Kleinschaden.<br />

Speziell im Bereich der Gebäudeversicherung konnte die<br />

AWTS ihren Kunden zahlreiche Alternativen offerieren, welche<br />

von Umdeckungen bis Vertragsverlängerungen mit entsprechenden<br />

Prämienvorteilen reichten.<br />

Insgesamt ist die Situation am Versicherungsmarkt aber<br />

weiterhin höchst angespannt. Auswirkungen auf die weltweite<br />

Versicherungswirtschaft hat selbstverständlich auch<br />

die tragische Flutkatastrophe in Südostasien, welche das<br />

Jahr 2004 zum mit Abstand schadenreichsten Jahr in der<br />

Geschichte der internationalen Versicherungswirtschaft machte.<br />

Bis zu diesem Ereignis zählte der weltweit größte<br />

Rückversicherer, die Münchener Rück, rund 650 Naturkatastrophen,<br />

die einen Versicherungsschaden von rund 40<br />

Mrd. $ verursachten. Den Großteil der Kosten tragen die<br />

Rückversicherer. Sie übernehmen die Risiken aus Policen<br />

von Erstversicherern. Die logische Folge großer Naturkatastrophen<br />

ist die Erhöhung der Rückversicherungsprämien<br />

gegenüber dem Erstversicherer, welcher wiederum die<br />

Mehrprämie an die Endverbraucher, somit die Versicherungsnehmer,<br />

weitergibt. Dies wird die Versicherungswirtschaft<br />

2005 zu spüren bekommen.<br />

Um die immer komplizierter und schnelllebiger werdenden<br />

Vorgänge und Abläufe – speziell in der Versicherungswirtschaft<br />

– kundenfreundlich und jederzeit marktgerecht bewältigen<br />

zu können, hat die AWTS ihr Fachpersonal verstärkt und<br />

weitergebildet. Insgesamt stehen den Verbandsmitgliedern<br />

sieben Vollzeitkräfte, eine Teilzeitkraft und ein Auszubildender<br />

als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.<br />

AWTS-Assekuranz-GmbH<br />

Herdweg 52<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: 07 11/1 63 45-550<br />

Telefax: 07 11/1 63 45-529<br />

info@awts<strong>vbw</strong>.de<br />

www.awts<strong>vbw</strong>.de


2004 konnte sich die casadomus AG weiter erfolgreich im<br />

Bereich der „Internetdienstleistungen“ positionieren. Neben<br />

IT-bezogenen Tätigkeiten wie dem Aufbau von Unternehmensnetzwerken<br />

inklusive der Errichtung einer umfassenden<br />

Sicherheitsarchitektur, stieg die Nachfrage nach den<br />

speziell für die Wohnungswirtschaft konzipierten Internetauftritten<br />

beständig an.<br />

Gerade in diesem Bereich hat die casadomus AG erhebliche<br />

Erfolge zu verbuchen. Dies bewies das gute Abschneiden<br />

der von ihr konzipierten Auftritte beim Internetwettbewerb<br />

des <strong>vbw</strong>.<br />

Besonderes Augenmerk legte die casadomus AG auch auf<br />

die Angebote im grafischen Bereich. Innerhalb der neuen<br />

Produktpalette „Visualisierungen“ wurden zahlreiche Immobilienobjekte<br />

inklusive Umgebungsdaten visualisiert.<br />

Neben attraktiven Grundrisszeichnungen und übersichtlichen<br />

Lageplan-Illustrationen fanden hier vor allem die fotorealistischen<br />

Nachbildungen von Immobilienobjekten anhand<br />

von Architekturdaten regen Anklang. Diese wurden<br />

vielfach für die Darstellung in Exposées, Baugesuchen oder<br />

für die Präsentation auf Bauschildern genutzt. Daneben<br />

nutzten einige der Kunden animierte Rundgänge im und<br />

Kamerafahrten um eine Immobilie als Verkaufshilfe.<br />

Die Zusammenarbeit mit dem Multimedia-Partner aus<br />

Ludwigsburg, der MediaCluster GmbH, konnte weiter vertieft<br />

werden. Sie mündete in der erfolgreichen Entwicklung<br />

eines Redaktionssystems, mit Namen „immoCMS“, das für<br />

eine optimale Einbindung von Immobilien auf dem eigenen<br />

Internetauftritt konzipiert wurde. Mit Hilfe dieser Erweiterung<br />

können nun nicht nur wie bisher die gesamten Inhalte<br />

der Internetpräsenz, sondern auch alle Immobilien in nur<br />

einer Datenbank bequem selbstständig verwaltet werden.<br />

Schnittstellen zu anderen Immobilienanbietern runden das<br />

komfortable Redaktionssystem ab und ermöglichen eine<br />

umfassende Mehrfachvermarktung. Denn bei einmaliger Erfassung<br />

können alle eingegebenen Immobilienobjekte per<br />

Klick ganz einfach exportiert und in anderen Immobilienportalen<br />

automatisiert veröffentlicht werden.<br />

In diesem Zusammenhang konnte auch die Zusammenarbeit<br />

mit unserem großen Kooperationspartner ImmobilienScout24<br />

weiter verbessert werden, so dass casadomus-<br />

Kunden zunehmend von Angeboten des Markführers profitieren<br />

können.<br />

casadomus AG<br />

Alt-<strong>Württemberg</strong>-Allee 42<br />

71638 Ludwigsburg<br />

Telefon 0 71 41/6 85 19-80<br />

Telefax 0 71 41/6 85 19-81<br />

info@casadomus.de<br />

www.casadomus.de<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 BETEILIGUNGSUNTERNEHMEN<br />

41


42<br />

Energie Management<br />

Service GmbH<br />

Nachdem sich auch im vergangenen Jahr die Entwicklung<br />

der Energiemärkte anders als bei der Gründung der Gesellschaft<br />

im Jahr 2000 ursprünglich angenommen vollzogen<br />

hat, war die Entwicklung der EMS auch im Jahr 2004 nur in<br />

einem schwierigen Umfeld möglich. Im Bereich des Stromgeschäftes<br />

sind weitere Marktanbieter verschwunden, was<br />

dazu geführt hat, dass der Markt sich in Richtung einer<br />

Oligopolisierung entwickelt hat. Gleichzeitig liegt die Entwicklung<br />

des Gasmarktes noch deutlich hinter den ursprünglichen<br />

Vorstellungen zurück. Es hat sich durch diese<br />

Entwicklung wieder als richtig erwiesen, dass von Seiten<br />

der EMS keine Aktivitäten hinsichtlich eingeständiger<br />

Strom- bzw. Gasvermarktung operativ ergriffen wurden.<br />

Vielmehr konzentrierte sich das Geschäft der EMS auch im<br />

vergangenen Jahr auf die Energieberatung bzw. Anbahnung<br />

von Contractingaktivitäten gemeinsam mit den Mitgliedsunternehmen<br />

des <strong>vbw</strong>.<br />

Insgesamt bleibt hierbei festzuhalten, dass gerade in<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> das Thema Contracting bei Wohnungsbaugesellschaften<br />

noch bei weitem nicht so fortgeschritten<br />

ist, wie dies in anderen Regionen der Republik der Fall ist.<br />

Hierzu wurden verschieden Aufklärungs- und Informationsveranstaltungen<br />

durchgeführt.<br />

Gleichzeitig wurden für mehrere Unternehmen in speziellen<br />

Energiefragen unentgeltliche Beratungsleistungen erbracht.<br />

Innerhalb der Geschäftsführung wurde gemeinsam mit den<br />

Gesellschaftern auch sehr intensiv darüber diskutiert, wie<br />

weit das Thema der „Privat Public Partnership“ zusätzliche<br />

Möglichkeiten und Geschäftsmodelle für die EMS beinhaltet.<br />

Diese Diskussion wird sicherlich im Jahr 2005 entsprechend<br />

abzuschließen sein.<br />

Gleichzeitig wurden im Jahre 2004 aufgrund der Umstrukturierung<br />

im MVV Energie Konzern die Anteile von der<br />

MVV Energie AG auf die MVV Energiedienstleistungen<br />

GmbH übertragen.<br />

EMS<br />

Energie Management Service GmbH<br />

Herdweg 52<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: 07 11/1 63 45-31<br />

Telefax: 07 11/1 63 45-37


Der Markt der Kabelnetze war auch in 2004 wieder sehr<br />

bewegt. Die Kabel Deutschland wollte Kabel BW, ish und<br />

easy zurückkaufen. Das Kartellamt hat deutlich signalisiert,<br />

dass die Herstellung alter Monopole nicht zugelassen wird.<br />

Seitdem werden bei den NE3-Betreibern (Netzebene 3-Betreibern)<br />

neue Geschäftsmodelle gesucht. Kabel <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

fährt den alten Kurs weiter: einige Ausbaugebiete<br />

für Triple Play, ansonsten Marktbereinigung durch Billigpreise;<br />

mittel- und langfristig nicht immer zum Vorteil der<br />

Wohnungswirtschaft.<br />

In der Netzebene 4 erfolgten Konsolidierungen, die größte<br />

dabei: Bosch (BN) Breitbandnetze GmbH stand seit Mitte des<br />

Jahres zum Verkauf. Im Dezember wurde der Vertrag zwischen<br />

Bosch und ewt unterzeichnet. Die Augsburger ewt ist<br />

durch den Zukauf mit über zwei Millionen angeschlossenen<br />

Haushalten zweitgrößter NE-4-Netzbetreiber in Deutschland.<br />

Bei den Netzen der NE3-Regionalnetze ist ewt nach<br />

den ehemaligen Telekom-Regional-Kabelgesellschaften<br />

größter unabhängiger Kabelnetzbetreiber.<br />

Für die wms – Wohnmedia Service GmbH ist dieser Verkauf<br />

von Bedeutung, da die Bosch (BN) Breitbandnetze GmbH<br />

Gesellschafter der wms war. Der Kauf von BN Breitbandnetze<br />

GmbH durch die ewt schließt die Übernahme der<br />

Gesellschaftsanteile der wms mit ein. Die ewt wird die<br />

Arbeit der wms weiter fördern, um den Wohnungsunternehmen<br />

in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> und Thüringen, aber auch<br />

darüber hinaus, die notwendigen Beratungsleistungen für<br />

eine umfassende multimediale Versorgung zu ermöglichen.<br />

Die Umfrage des <strong>vbw</strong> zur Analyse der Mitgliederzufriedenheit<br />

zeigt, dass die wms Wohnmedia Service GmbH sehr<br />

bekannt ist (bei ca. 80 Prozent der Geschäftsführer und Vorstände)<br />

und mit ihrer Arbeit von der Mehrheit der Mitgliedsunternehmen<br />

für erforderlich gehalten wird. Die Intensivierung<br />

der Beratungs- und Informationstätigkeit in den<br />

letzten drei Jahren beginnt Wirkung zu zeigen.<br />

Durch viele Konsultationen ist es gelungen, bei fast allen<br />

Mitgliedsunternehmen des <strong>vbw</strong> intensive Kontakte herzustellen<br />

und wesentliche Informationen über Markt und wms<br />

zu geben. Andererseits konnten viele Ist-Situationen der<br />

Unternehmen analysiert werden und daraus Handlungsempfehlungen<br />

für das weitere Herangehen bei der Versorgung<br />

mit Rundfunk- und Fernsehsignalen abgeleitet wer-<br />

den. Die sehr individuelle persönliche Beratung wird auch<br />

weiterhin der Schwerpunkt der Tätigkeit der wms bleiben.<br />

Da diese Konsultationen für die Mitgliedsunternehmen kostenlos<br />

sind, wird die Nachfrage in der kommenden Zeit eher<br />

stärker werden.<br />

Etwa zehn Prozent aller Kabel-Versorgungsverträge werden<br />

pro Jahr geändert oder neu abgeschlossen. In drei Jahren<br />

wären im Bestand des <strong>vbw</strong> daher bei ca. 90 Unternehmen<br />

die Verträge zu erneuern, von denen die knappe Hälfte<br />

durch Konsultationen bei der wms Hilfestellungen erhalten<br />

haben.<br />

Digitale Programmvielfalt, fremdsprachige Programme,<br />

Hochzeilenfernsehen (HDTV), Set-Top-Boxen, Verschlüsselungskonzepte<br />

und die verschiedenen Umstiegsszenarien<br />

von analogem zu digitalem Empfang, sowohl im Kabel als<br />

auch terrestrisch (DVB-T), werden Mieter und Unternehmen<br />

auch weiterhin beschäftigen. Hochgeschwindigkeits-Internet,<br />

Telefonie über das Breitbandkabel (VoIP) oder Informationskanäle<br />

für die Wohnungswirtschaft sind Diskussionspunkte<br />

mit „Für-und-Wider“ zwischen Kabelunternehmen<br />

und Wohnungswirtschaft. Die wms wird die Entwicklungen<br />

im Markt sehr aufmerksam verfolgen und für die Wohnungsunternehmen<br />

analysieren. Schwerpunkte der Tätigkeit<br />

in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> bleiben weiterhin die kompetente<br />

Beratung der Unternehmen für eine moderne und<br />

solide Medienversorgung ihrer Haushalte.<br />

WMS Wohnmedia Service GmbH<br />

Sitz der Gesellschaft:<br />

Bismarckstraße 71<br />

10627 Berlin (Charlottenburg)<br />

Telefon: 030/33 88-1940<br />

Telefax: 030/33 88-1912<br />

Niederlassung Stuttgart<br />

Herdweg 52<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: 07 11/1 63 45-30<br />

Telefax: 07 11/1 63 45-37<br />

info@wms.de<br />

www.wms.de<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 BETEILIGUNGSUNTERNEHMEN<br />

43


44<br />

Wohnungswirtschaftliche<br />

Treuhand Stuttgart GmbH<br />

Die WTS wurde im Jahr 1935 als Dienstleistungsunternehmen<br />

für die Wohnungswirtschaft gegründet. Alleingesellschafter<br />

ist der <strong>vbw</strong>.<br />

Heute bietet die WTS folgendes Betreuungsspektrum an:<br />

Steuerberatung<br />

Beratungsschwerpunkte im Jahr 2004 waren Fragestellungen,<br />

die aus des Umkehrung der Steuerschuldnerschaft<br />

(§ 13b UStG) und der Novellierung der Regelungen zur Gesellschafterfremdfinanzierung<br />

(8a KStG) resultierten.<br />

Jahresabschlusserstellung<br />

Erfahrungsgemäß bereitet die Erstellung von Handelsbilanzen<br />

„Quereinsteigern“ im Rechnungswesen wohnungswirtschaftlicher<br />

Unternehmen wegen des anzuwendenden<br />

Formblattes Schwierigkeiten. Zur Minimierung ihres Aufwandes<br />

bedienen sich zahlreiche Unternehmen bei der Abschlusserstellung<br />

der Betreuung durch die WTS. Durch die<br />

enge Verzahnung mit der Steuerabteilung können darüber<br />

hinaus bereits bei der Abschlusserstellung die Weichen für<br />

eine optimale Steuergestaltung gestellt werden.<br />

Finanzbuchhaltung/Lohnbuchhaltung/<br />

Lohnabrechnung/Sachbearbeitung<br />

Da die Führung der Lohnbuchhaltung und die Erstellung der<br />

Gehaltsabrechnungen durch die vielfältigen sozialversicherungs-<br />

und steuerrechtlichen Regelungen im Unternehmen<br />

immer mehr Kapazität bindet, bietet die WTS auch in diesem<br />

Bereich ihre Dienste an. Durch die Verpflichtung zur elektronischen<br />

Lohnsteueranmeldung ab 2005 und der ab 2006<br />

bestehenden Verpflichtung zur elektronischen Anmeldung<br />

der Sozialversicherungsbeiträge, gehen wir davon aus, dass den<br />

3 Mandatszugängen zum Januar 2005, auch im nächsten<br />

Jahr weitere Mandatszuwächse zu verzeichnen sein werden.<br />

Auch bei Personalengpässen im Bereich des Rechnungswesens<br />

unterstützen wir Wohnungsunternehmen durch<br />

unser Fachpersonal.<br />

Datenschutzbeauftragter<br />

Wegen des Umgangs mit personenbezogenen Daten müssen<br />

Wohnungsunternehmen einen Datenschutzbeauftragten<br />

haben. Der Datenschutzbeauftragte hat weitgehende Befugnisse<br />

im Unternehmen. Es kann deshalb sinnvoll sein, diese<br />

Aufgabe durch Externe erledigen zu lassen. Ein Mitarbeiter<br />

der WTS steht für die Übernahme der Aufgabe als Datenschutzbeauftragter<br />

zur Verfügung. Aufgrund des Auslaufens<br />

der Übergangsfrist zur Anpassung an die Novellierung des<br />

Bundesdatenschutzgesetzes ergaben sich im Jahr 2004<br />

deutliche Mandatszuwächse.<br />

Technische Revision<br />

Seit dem Sommer 2000 bietet die WTS Dienstleistungen<br />

auch im technischen Bereich an. Das Spektrum ist hier weit<br />

gefasst, es reicht von der Durchführung technischer Revisionen,<br />

der Erstellung von Bewertungsgutachten, der Tätigkeit<br />

als SiGe-Koordinator bis hin zur Erstellung von Instandhaltungsplänen.<br />

Unser Mitarbeiter wurde im Jahr 2003 zum<br />

Energiesparberater fortgebildet und ist beim Bundesamt für<br />

Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zugelassen und eingetragen.<br />

Zukünftig erwarten wir einen steigenden Auftragseingang<br />

für diesen Bereich.<br />

Betriebswirtschaftliche Beratungen/<br />

Organisationsberatung<br />

Im Jahr 2004 haben wir uns auf folgende neue Beratungsthemen<br />

vorbereitet:<br />

• Durchführung von Mieterbefragungen<br />

• Rating-Beratung<br />

WTS Wohnungswirtschaftliche Treuhand Stuttgart GmbH<br />

Hohe Str. 16<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: 07 11/2 27 67-0<br />

Telefax: 07 11/2 27 67-98<br />

e-mail: info@wts-<strong>vbw</strong>.de


Beratungsgesellschaft mbH<br />

für Wohnungswirtschaftliche<br />

Software und Organisation<br />

Ausgangslage<br />

Seit zwei Jahren ist der Markt für wohnungswirtschaftliche<br />

Software bereits in Bewegung. Bei einigen Softwareanbietern<br />

steht in den nächsten Jahren ein umfangreicher Software-Wechsel<br />

an, was zu einer Verunsicherung der Marktteilnehmer<br />

führt. So müssen bundesweit über 2.000 Wohnungsunternehmen<br />

in den nächsten Jahren ihre veraltete<br />

ASP- oder Inhouse-Lösung auf eine neue Software umstellen.<br />

Insbesondere diese Unternehmen sind gefordert, sich<br />

sehr genau am Markt nach der für ihre Bedürfnisse besten<br />

Lösung umzuschauen.<br />

Um dem unausweichlichen, künftigen Umstellungsstau zu<br />

umgehen, sind diese Wohnungsunternehmen gut beraten,<br />

ihre Entscheidung nicht zu lange hinauszuzögern, sondern<br />

rechtzeitig die richtigen Weichen zu stellen. Viele Unternehmen<br />

lassen sich derzeit leider noch zu sehr von der<br />

Angst vor dem „Neuen“ beeinflussen. Vielmehr sollten die<br />

Vorteile und Mehrwerte eines Wechsels auf eine erprobte,<br />

moderne IT-Lösung die Entscheidungsfindung dominieren.<br />

Geschäftstätigkeit<br />

Die WWS bietet mit ihrem langjährigen Partner, der ESS AG<br />

eine ausgereifte Alternative zu den auslaufenden und den<br />

nachfolgenden Wettbewerbsprodukten. wowi c/s gehört seit<br />

Jahren zu den führenden IT-Lösungen am Markt und hat<br />

sich bereits bei ca. 300 Wohnungsunternehmen bewährt.<br />

Mit über 90 wohnungswirtschaftlich erfahrenen Mitarbeitern<br />

ist die ESS AG seit fast 30 Jahren als Spezialist für wohnungswirtschaftliche<br />

Softwarelösungen erfolgreich tätig und<br />

mit ihrem Produkt und dieser breiten Kundenbasis für die<br />

Zukunft bestens gerüstet.<br />

2004 konnten erneut viele neue wowi c/s-Kunden gewonnen<br />

werden, die von unterschiedlichen Wettbewerbssystemen,<br />

insbesondere von GES, den Wechsel vollzogen. Diese<br />

Softwareumstellungen wurden kompetent und engagiert<br />

von den Mitarbeitern der WWS durchgeführt. Projektleitung,<br />

Datenmigration, Installation und Schulung werden komplett<br />

durch die Spezialisten der WWS abgedeckt.<br />

Ein besonderes Augenmerk galt der Optimierung der Kundenbetreuung<br />

(Hotline), die aufgrund von Personalaufstockungen<br />

und Investitionen in die Infrastruktur nochmals<br />

verbessert werden konnte.<br />

Darüber hinaus hat die WWS auch 2004 ihren Kunden mit<br />

diversen Kundenveranstaltungen zusätzliche Services geboten.<br />

Neben den Informationsveranstaltungen für die kommende<br />

IDEA-Prüfungssoftware und zum wowi c/s Controlling,<br />

wurden die wowi c/s-Kunden in Workshops über interessante<br />

Software-Neuerungen informiert.<br />

Neben der Beratung und Betreuung von wowi c/s bietet die<br />

WWS allen Wohnungsunternehmen IT-Beratungsleistungen<br />

an, unabhängig davon, für welches Produkt man sich letztendlich<br />

entscheidet. Dazu gehört beispielsweise das Erstellen<br />

von Pflichtenheften oder die Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />

von alter und neuer EDV.<br />

Ausblick 2005<br />

Die WWS hat mit der ESS AG und ihrer Software wowi c/s<br />

auch künftig gute Chancen für das Neugeschäft. Die laufenden<br />

Kundenkontakte werden die Bemühungen um weitere<br />

Marktanteile unterstützen.<br />

Das umfassende Modulangebot mit den ausgereiften Funktionalitäten<br />

wurde um die Controlling-Lösung ergänzt. Somit<br />

bietet die WWS ihren Kunden künftig ein integriertes<br />

Management-Informationssystem, das aus wowi c/s heraus<br />

automatisch aktualisiert wird. Das heißt: mehr und bessere<br />

Controllingfunktionen zur Steuerung und Kontrolle von Kosten<br />

und Erträgen. Ein optimiertes Risikomanagement und<br />

Führungsinformationen zur Unterstützung strategischer Entscheidungen<br />

und zur Nutzung der Zahlenwerke für Basel II.<br />

WWS Beratungsgesellschaft mbH für wohnungswirtschaftliche<br />

Software und Organisation<br />

Herdweg 54<br />

70174 Stuttgart<br />

Telefon: 07 11/1 63 45-800<br />

Telefax: 07 11/1 63 45-890<br />

info@wws-<strong>vbw</strong>.de<br />

www.wws-<strong>vbw</strong>.de<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 BETEILIGUNGSUNTERNEHMEN<br />

45


QUER-<br />

GEFRAGT<br />

Wie können tragfähige Konzepte der Wohnzukunft, des<br />

nachhaltigen Flächenmanagements, des Stadtumbaus<br />

aussehen? Hat das Genossenschaftswesen, hat unser<br />

heutiges Sozialstaatssystem Zukunftschancen? Für die<br />

Verbandszeitschrift „aktuell – Die Wohnungswirtschaft<br />

in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>“ hat der <strong>vbw</strong> namhafte Vertreter<br />

aus Politik und Wirtschaft quer durch die Themenfelder<br />

der Branche und darüber hinaus befragt.


„Wir wissen, was wir an Ihnen haben“, rief der Vorsitzende<br />

der CDU-Landtagsfraktion den vertretenen Mitgliedsunternehmen<br />

im <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong>er Kongresshaus zu. Dennoch machte<br />

er der Wohnungswirtschaft wenig Hoffnung auf mehr<br />

Geld für die Wohnbauförderung. Stattdessen sprach er sich<br />

für weniger Kündigungsschutz und die Beibehaltung von<br />

steuerlichen Anreizen bei der Anschaffung einer Immobilie<br />

aus. Öffentliche Förderung ist seiner Meinung nach weiterhin<br />

wichtig, damit Wohneigentum für jeden realisierbar bleibt.<br />

Oettinger forderte die Mitgliedsunternehmen im <strong>vbw</strong> auf, das<br />

Angebot von Grundstücken, die das Land verkauft, anzunehmen:<br />

„Wir sehen Sie beim Verkauf als Partner der nächsten<br />

Jahre, denn Sie kennen den Markt.“ Am Rande der Fachtagung<br />

sprach aktuell mit dem Fraktionsvorsitzenden.<br />

aktuell: Die diskutierte Reform<br />

der Grundsteuer wird<br />

letztlich zu Lasten der Eigentümer<br />

und Mieter gehen.<br />

Unterstützt Ihre Fraktion<br />

diese Reform nach dem vorgelegten<br />

Modell aus Mainz<br />

und München?<br />

Oettinger: Eine Anhörung der CDU-Landtagsfraktion hat<br />

alle Argumente auf den Tisch gelegt. Auch Ihr Verband war<br />

mit einer klaren Position bei uns. Wir werden jetzt gemeinsam<br />

mit dem Finanzministerium die Vor- und Nachteile dieser<br />

Lösungsvorschläge von Bayern und Rheinland-Pfalz bewerten.<br />

Ich bin in einer ersten Betrachtung auch skeptisch,<br />

ob dieser Reformansatz eine Verwaltungsvereinfachung<br />

Interview<br />

„Erwarten Sie nicht, dass es mehr Geld gibt“<br />

Günther H. Oettinger zu Herausforderungen und Grenzen der Wohnungspolitik<br />

bringt oder ob er nicht vielmehr die Gefahr höherer Kosten<br />

für Grundstückseigentümer, Steuerzahler und Mieter bringt.<br />

aktuell: Das Gemeindewirtschaftsrecht beziehungsweise<br />

die Subsidiaritätsklausel steht ebenfalls zur Diskussion.<br />

Wenn es nach der Meinung von Wirtschaftsminister Pfister<br />

geht, bleiben nur noch Zuschussbetriebe übrig. Sehen Sie<br />

eine Lösung innerhalb der Regierungskoalition?<br />

Oettinger: Ich baue auf einen gemeinsamen Zwischenbericht<br />

von Wirtschafts- und Innenministerium und wir werden einen<br />

Kompromiss finden, der dem Mittelstand und dem Handwerk<br />

Marktchancen belässt und trotzdem die Daseinsvorsorge durch<br />

kommunale Betriebe auch in Zukunft gefahrlos ermöglicht.<br />

aktuell: Das heißt, kommunale Wohnungsunternehmen müssen<br />

mit einer Einschränkung Ihres Tätigkeitsfeldes rechnen?<br />

Oettinger: Die Mehrzahl macht ihre Aufgabe hervorragend.<br />

Vielleicht sind einige etwas zu offensiv unterwegs. Wir gehen<br />

anhand von Einzelfällen jetzt die Marktlage durch.<br />

aktuell: Was halten Sie von der Parole „Bildung <strong>statt</strong><br />

Beton“? Oder anders gefragt: Wird <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> bei<br />

seiner Haltung bleiben und sich weiterhin gegen die Abschaffung<br />

der Eigenheimzulage aussprechen?<br />

Oettinger: Wir brauchen beides, bessere Bildung und mehr<br />

Wohneigentum. Deswegen ist diese Formulierung populistisch.<br />

Die Streichung der Eigenheimzulage zum Stopfen von<br />

Haushaltslöchern kommt mit uns nicht im Bundesrat durch.<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

47


48<br />

aktuell: Was ist eigentlich aus dem Novellierungsentwurf<br />

zum Mietrecht geworden?<br />

Oettinger: Das Ziel müsste sein, das Mietrecht zu vereinfachen<br />

und damit Investitionen durch Vermieter in den Mietwohnungsbau<br />

zu lenken. Aber genau dieses Ziel einer Deregulierung<br />

des Mietrechts wird mit der rot-grünen Bundesregierung<br />

nicht zu machen sein. Deswegen vertraue ich<br />

darauf, dass eine von uns geführte Regierung den Mut hat,<br />

dieses zu revidieren.<br />

aktuell: Die Wohnungswirtschaft im Lande, aber auch bundesweit<br />

kämpft mit rückläufigen Zahlen. Wenn Sie eine<br />

Prognose abgeben müssen, wird es danach in den nächsten<br />

fünf Jahren Zuwächse geben?<br />

Oettinger: In <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> haben wir in einigen Ballungsräumen<br />

und Hochschulstädten schon jetzt Wohnraummangel.<br />

Wir werden mit öffentlichen Mitteln die entsprechenden<br />

Sanierungs- und Neubaumaßnahmen nicht ausreichend<br />

finanzieren können. Deswegen brauchen wir eine Verbesserung<br />

der Marktgrundlagen, damit Privatkapital verstärkt<br />

in den Wohnungsbau kommt. Ohne Änderungen im Mietrecht<br />

und ohne Steueranreize wird dies nicht geschehen.<br />

aktuell: Die Einwohnerzahl <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>s wächst<br />

jährlich um 40.000 bis 50.000 Menschen. Die Zahl der Haushalte<br />

steigt bis zum Jahr 2020 weiter an. Aber der demografische<br />

Wandel verändert die Gesellschaftsstruktur. Was<br />

muss Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren wohnungspolitisch<br />

getan werden, um dieses zu berücksichtigen?<br />

Oettinger: Wir müssen im Bestand, bei den Altbauten, in den<br />

Stadtzentren alles tun, dass die Attraktivität bestehender Bausubstanz<br />

an den Bedarf angepasst wird. Und zum zweiten müssen<br />

wir mehr Bauland bereitstellen. Ich glaube, dass Bauland<br />

für Wohnimmobilien nicht negativer Flächenverbrauch wie<br />

beim Straßenbau, sondern eine andere Form der Landnutzung<br />

ist. Und deswegen setze ich darauf, dass die Kommunen stärker<br />

als bisher in die Ausweisung von Baugebieten gehen.<br />

aktuell: Die Nachverdichtung, die ja in vielen Kommunen<br />

als erste Priorität gesehen wird, reicht Ihrer Meinung nach<br />

allein nicht aus?<br />

Oettinger: Wir brauchen beides. Sicherlich brauchen wir im<br />

Bereich von industriellen Flächen wie bei Wohnbauflächen<br />

die Aktivierung von Brache und von alten Immobilien. Aber<br />

dies allein wird nicht reichen.<br />

aktuell: Eigentümer von Mietshäusern sollen für die weitergeleiteten<br />

Rundfunk-Programme eine Urheberrechtsabgabe<br />

bezahlen. Wie stehen Sie zu diesem Vorstoß?<br />

Oettinger: Natürlich haben die Hersteller von Medienprodukten<br />

ein Interesse daran, dass sie ihre Kosten und ihre<br />

Leistung auch vergütet bekommen. Ich glaube aber, dass<br />

dies eine bürokratische und nicht durchsetzbare Überlegung<br />

ist. Deswegen stehe ich dem ganz skeptisch gegenüber.<br />

aktuell: Glauben Sie, dass an der Konzentration im Kabelgeschäft<br />

noch ein Weg vorbeiführt?<br />

Oettinger: Das Ganze ist ein nicht geglückter Versuch zur<br />

Neuordnung der alten Post. Ich baue darauf, dass das Kartellamt<br />

die notwendigen marktwirtschaftlichen und wettbewerbsrechtlichen<br />

Vorgaben macht.<br />

aktuell: Eine persönliche Frage zum Schluss: Was wünschen<br />

Sie sich für eine Wohnzukunft als Vater eines Kindes?<br />

Oettinger: Das besprechen meine Frau und ich an Weihnachten.<br />

Aber klar ist, mein Kleiner ist begeisterter Fußballer<br />

und auch ganz begabt, deswegen braucht er in jedem Fall<br />

ein Rasengrundstück, das zumindest Elfmeterschießen<br />

ermöglicht.<br />

Günther H. Oettinger (51) ist seit dem 12. April 1984 Mitglied<br />

des Landtags von <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>. Seit Januar 1991<br />

Fraktionsvorsitzender der CDU, außerdem Mitglied des<br />

Präsidiums und des Landesvorstandes sowie seit Mai 1999<br />

Vorsitzender des Bundesfachausschusses Medienpolitik der<br />

Bundes-CDU und seit 2001 Bezirksvorsitzender der CDU<br />

Nordwürttemberg. Oettinger studierte Rechtswissenschaften<br />

und Volkswirtschaft in Tübingen. Seit 1988 ist er als<br />

selbstständiger Rechtsanwalt und Geschäftsführer tätig.<br />

Oettinger lebt in Ditzingen, ist verheiratet und hat ein Kind.


„Die Eigenheimzulage sollte eine Landesförderung sein“<br />

Prof. Dr. Claudia M. Buch zu Wirtschaftswandel und Förderpolitik<br />

Sie leitet das hauptsächlich auf <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> ausgerichtete<br />

Forschungsinstitut IAW. Zu ihren Themenfeldern aus<br />

der Wirtschaft- und Sozialwissenschaft zählen auch die Bereiche<br />

Verkehr, Wohnen und Umwelt. Neben dem bekannten<br />

Wohnungsmonitor bietet das IAW auch Forschungsergebnisse<br />

in der Stadtentwicklung, in der nachhaltigen Flächenpolitik<br />

sowie im Bereich Wohneigentum. Prof. Dr. Claudia<br />

M. Buch bezog im Interview mit aktuell kurz nach ihrer Amtseinführung<br />

Stellung zu ökonomischen Entwicklungen.<br />

aktuell: Der fundamentale gesellschaftliche Strukturwandel<br />

wird überall beschrieben. Welche Auswirkungen hat er auf<br />

die zentralen Bereiche Stadtgestaltung und Wohnungsbau?<br />

Buch: Wir sollten zwischen wirtschaftlichem und gesellschaftlichem<br />

Strukturwandel unterscheiden. Der wirtschaftliche<br />

Strukturwandel führt dazu, dass es auf dem Wohnungsmarkt<br />

zu starken Ungleichgewichten kommt. So kämpfen<br />

einige Gebiete mit Leerstand und Bevölkerungsschrumpfung<br />

(z.B. auf der Schwäbischen Alb), während die Situation<br />

in anderen Städten und deren direktem Umland, zum Beispiel<br />

in Tübingen und Freiburg, durch Wohnungsmangel bei<br />

hohen Immobilienpreisen geprägt ist. Diese Ungleichgewichte<br />

werden sich verschärfen. Das Thema Rückbau bei knappen<br />

Kassen wird sowohl die Stadtplanung als auch die Immobilienwirtschaft<br />

zu neuem Denken und Handeln zwingen.<br />

Der gesellschaftliche Strukturwandel wirkt demgegenüber<br />

etwas anders. Heute gib es eine größere Vielfalt von Lebensformen<br />

und auch die zunehmende Alterung der Bevölkerung<br />

spielt eine Rolle bei der Wohnraumfrage. Das wird sich<br />

auch in den Ansprüchen an das Wohnen und das Leben in<br />

der Stadt niederschlagen. Der Anteil der Haushalte, für die<br />

die Nähe zur städtischen Infrastruktur (Einkaufsmöglichkeiten,<br />

Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr, Altentreff,<br />

Kindergarten) sehr wichtig ist, wird zunehmen.<br />

aktuell: Das Thema „nachhaltige Flächennutzung“ beschäftigt<br />

das IAW intensiv. Sie haben das System einer Baulandausweisungsumlage<br />

(BLAU) vorgestellt, um das Siedlungsflächenwachstum<br />

zu begrenzen. Wie ist die Resonanz der<br />

Entscheider darauf?<br />

Buch: Das vom IAW entwickelte Konzept einer „Baulandausweisungsumlage“<br />

(BLAU) sieht für zukünftige Baugebietsausweisungen<br />

Umlagezahlungen der Kommunen an die Bundes-<br />

bzw. Landesebene vor. Dies soll die Kommunen veran-<br />

lassen, weniger auf städtebauliche<br />

Außenentwicklung<br />

und mehr auf die umlagefrei<br />

gestellte Innenentwicklung<br />

zu setzen, um so das<br />

Wachstum der Siedlungsflächen<br />

abzubremsen. Im<br />

Übrigen würde das Umlageaufkommen<br />

in geeigneter<br />

Weise wieder an die Kommunalebene<br />

zurückverteilt.<br />

Die Zustimmung zu BLAU hält sich im politischen Raum und<br />

bei Verbandsvertretern zwar (noch) in Grenzen – sie fällt<br />

jedoch höher aus als bei dem ökologisch radikaleren<br />

Konzept der Flächenausweisungszertifikate, das für die<br />

kommunale Baulandausweisung eine bundes- bzw. landesweite<br />

„Mengendeckelung“ mit sich bringen würde.<br />

aktuell: Angenommen, das Konzept BLAU bestimmt zukünftig<br />

die Flächenpolitik und die Kommunen weisen weniger<br />

Bauland aus. Wie soll bei dann steigenden Grundstückspreisen<br />

das Ziel einer Eigentumsquote von 50 Prozent realisiert<br />

werden?<br />

Buch: Die Einführung von BLAU würde zwar, wie jedes andere<br />

flächenschutzpolitische Instrument auch, Baugrundstücke<br />

tendenziell verteuern. Dies schließt eine hohe Eigentumsquote<br />

aber allein schon deshalb nicht aus, weil durch den für<br />

weite Teile Deutschlands prognostizierten Bevölkerungsrückgang<br />

die Nachfrage nach Wohneigentum zurückgehen wird,<br />

was für den Eigentumserwerb niedrigere Preise mit sich<br />

bringt. Die demografische Trendwende unterstreicht zudem<br />

die Notwendigkeit flächenschutzpolitischer Maßnahmen:<br />

Würde zukünftig weiterhin so viel Bauland ausgewiesen wie in<br />

den letzten Jahren, dann käme es durch die abnehmende<br />

Bevölkerungsdichte zu einer immer geringeren Auslastung<br />

der öffentlichen Infrastruktur (wie Schulen, Ver- und Entsorgungseinrichtungen)<br />

und damit zu immer höheren Finanzierungslasten<br />

pro Einwohner. Das ist ein Grund dafür, dass eine<br />

angemessene Flächenschutzpolitik nicht nur aus ökologischer,<br />

sondern auch aus ökonomischer Sicht Sinn macht.<br />

aktuell: Ein Projekt des IAW heißt ECO-City. Es geht<br />

darum, in verschiedenen Neubausiedlungen „Prototypen“<br />

für nachhaltige Quartiere zu entwickeln. Können Sie uns<br />

über erste Ergebnisse berichten?<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

49


50<br />

Buch: Es handelt sich dabei um ein sehr großes EU-Projekt.<br />

Neben dem deutschen Beispiel, übrigens hier aus Tübingen,<br />

haben wir uns gemeinsam mit unseren Projektpartnern noch<br />

Entwicklungen in Tampere in Finnland, in Györ (Ungarn), in<br />

Trnava (Slowakei), in Bad Ischl (Österreich), in Umbertide<br />

(Italien) und in Barcelona (Spanien) angesehen. Dabei lagen<br />

wir in Deutschland mit unserem Ansatz sehr gut. Es ist uns<br />

gelungen, die verschiedenen Aspekte der Stadtentwicklung<br />

zusammen zu bringen und eine integrierte Planung vorzulegen,<br />

die ökologische, ökonomische und soziale Aspekte<br />

berücksichtigt. Der Ausdruck „Neubausiedlung“ ist übrigens<br />

nicht ganz treffend, da es auch um Brachenentwicklung<br />

ging, und darum, typisch städtische Qualitäten zu erreichen.<br />

aktuell: Die Bildung von Wohneigentum gilt als gutes<br />

Instrument der Alterssicherung. Sind die Förderinstrumente<br />

des Immobilienerwerbs ausreichend?<br />

Buch: Derzeit werden viel weniger Haushalte beim<br />

Immobilienerwerb gefördert als vor einigen Jahren. Das ist<br />

ökonomisch gesehen positiv, da eine breite Förderung tendenziell<br />

die Preise in die Höhe treibt, ohne an der Eigentumsquote<br />

etwas zu verändern. Wir befinden uns allerdings<br />

mit der Wohneigentumsförderung in einem größeren Zusammenhang:<br />

Es gilt, einen Ausgleich zwischen den Absetzmöglichkeiten<br />

bei vermietetem Wohneigentum und der Förderung<br />

bei selbst genutztem Wohneigentum zu schaffen.<br />

Die steuerlichen Absetzmöglichkeiten bei vermietetem<br />

Wohneigentum sind erforderlich, um Immobilien als Anlageobjekte<br />

im Vergleich zu anderen Kapitalanlagen konkurrenzfähig<br />

zu machen. Daher könnte es sein, dass sich die<br />

Förderung des selbst genutzten Wohneigentums mittlerweile<br />

einer Untergrenze nähert. Im Detail gibt es hierzu<br />

aber sicher noch Forschungsbedarf.<br />

aktuell: Die schon angesprochene Veränderung der demografischen<br />

und sozialen Verhältnisse geht einher mit einer<br />

Zunahme von Single-Haushalten, die weniger Wohneigentum<br />

bilden. Was müsste sich ändern, damit Singles ins eigene<br />

Heim kommen?<br />

Buch: Der Anstieg jüngerer Ein-Personen-Haushalte ist darauf<br />

zurück zu führen, dass die Lebensformen heute weniger<br />

stabil sind als früher. Erst bei Alleinlebenden über 50 Jahre<br />

kann man davon ausgehen, dass sie längerfristig allein leben<br />

werden. Beim Immobilienerwerb stehen Alleinstehende vor<br />

zwei Problemen: 1. Eine halbe Familienwohnung ist noch<br />

keine gute Wohnung für eine Person. Wie aber sieht eine<br />

erschwingliche und attraktive Eigentumsimmobilie für<br />

Alleinstehende aus? Sie wünschen tendenziell eine Wohnlage<br />

mit guter Anbindung an die lokale Infrastruktur und<br />

sie beziehen oft unterdurchschnittliche Einkommen. Das<br />

Bild vom ‚Single’ als wohlhabendem Genussmenschen ist<br />

vor allem ein Klischee. 2. Angesichts der hohen Nebenkosten<br />

des Erwerbs (Grunderwerbsteuer, Makler, Notar) ist ein<br />

Immobilienerwerb meistens nicht sinnvoll, wenn man für<br />

eine spätere Lebensphase eine Partnerschaft einplant. Und<br />

bei älteren Personen, die allein leben, zögern die Banken<br />

bei der Bewilligung von Krediten.<br />

Was müsste sich also ändern? Wir brauchen erstens eine<br />

Vorstellung, die auch von den Betreffenden geteilt wird,<br />

wie bezahlbare und attraktive Immobilien für Ein-Personen-<br />

Haushalte aussehen sollen, zweitens sind niedrigere Nebenkosten<br />

des Erwerbs wichtig und drittens bedarf es Finanzierungskonzepte<br />

für ältere Immobilienkäufer.<br />

aktuell: Der <strong>vbw</strong> hat sich wie auch die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der Immobilienwirtschaft (BAG) vehement gegen<br />

die Kampagne „Bildung <strong>statt</strong> Beton“ ausgesprochen.<br />

Darin wird die Eigenheimzulage als riesige Subvention abgetan.<br />

Hat das IAW Erkenntnisse darüber, wie hoch auf der<br />

anderen Seite die Folgeinvestitionen sind und welche volkswirtschaftliche<br />

Bedeutung sie haben?<br />

Buch: Diese Gegenüberstellung führt in die Irre. Abgesehen<br />

davon, dass die Eigenheimzulage im Prinzip auch eine<br />

Familienförderung ist, sind die positiven Effekte der Eigenheimzulage<br />

nur sehr schwer erfassbar. Sicher sind Umzüge<br />

mit Kosten verbunden, die zugleich wirtschaftsfördernd<br />

sind. In einigen Fällen ist der Immobilienerwerb auch mit<br />

Bautätigkeit verbunden (bei Neu- oder Umbau), aber im<br />

Unterschied zur Förderung von Sanierungsmaßnahmen, wo<br />

eine sehr hohe Multiplikatorwirkung der Förderung ermittelt<br />

wurde, muss man bei der Eigenheimzulage vorsichtig<br />

sein. Hier steht der Eigentumsübergang im Mittelpunkt und<br />

nicht Baumaßnahmen. Angesichts schrumpfender Städte<br />

(und Kreise) ist es aber nicht mehr sinnvoll, mit der Förderung<br />

bundesweit den Neubau anzuregen. Vielleicht wäre<br />

die Eigenheimzulage ja eine Förderung, die beim Land besser<br />

aufgehoben wäre als beim Bund.<br />

aktuell: Seit 1999 gibt es in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> den Energiesparcheck.<br />

Nächstes Jahr soll bundesweit der Energiepass<br />

eingeführt werden. Ist er praxistauglich oder doch eher zu<br />

bürokratisch?<br />

Buch: Beim Energiepass müssen wir zunächst die Ergebnisse<br />

des Feldversuchs der DENA (Deutsche Energieagentur)


abwarten. Die Absicht, durch Transparenz über den Energieverbrauch<br />

und die CO 2 -Emissionen eines Gebäudes Anreize<br />

zur Verbesserung der Gebäudetechnik und Wärmedämmung<br />

zu bieten, ist angesichts des großen Anteils von Energie, der<br />

in Gebäuden verbraucht wird, grundsätzlich sinnvoll. Einen<br />

solchen Ausweis zu schaffen, verlangt ja auch die EU-Richtlinie<br />

von uns. Inwieweit der Pass, der jetzt entwickelt wird,<br />

sofort funktioniert, können wir beim derzeitigen Stand noch<br />

nicht beurteilen. Eine deutlich positive Wirkung wird von<br />

ihm allerdings frühestens in einigen Jahren ausgehen, denn<br />

mit der Transparenz wird der Energieverbrauch nicht automatisch<br />

zu einem wichtigen Entscheidungskriterium. Das<br />

sieht man ja auch bei den Pkw.<br />

aktuell: Noch sind Sie zwar keine 100 Tage im Amt, aber<br />

vielleicht können Sie jetzt schon abschätzen, ob Sie mit der<br />

neuen Ausrichtung des IAW – weg von ökonomischen Theorien<br />

hin zu den Auswirkungen auf einzelne Unternehmen<br />

und Haushalte – richtig liegen?<br />

Buch: Mein Ziel ist es nicht, ökonomischen Theorien weniger<br />

Raum zu geben. Das Gegenteil ist der Fall. Ich glaube, dass<br />

wir viele für Unternehmen, die Bevölkerung und nicht zuletzt<br />

die Wirtschaftspolitik wichtige Fragen besser beantworten<br />

können, wenn wir unsere Analyse an theoretischen<br />

Überlgungen orientieren. Mein Ziel ist es vielmehr, die Rolle<br />

der Globalisierung für wirtschaftliche Entwicklungen in<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> zu betonen. Ich denke, dass wir durch<br />

die Untersuchung einzelwirtschaftlicher Entscheidungen<br />

auf regionaler Ebene viel darüber lernen können, was die<br />

Globalisierung beeinflusst und welche Effekte wir erwarten<br />

können. Ich bin sehr optimistisch, dass wir diese Fragen in<br />

Zukunft im IAW erfolgreich angehen können. Das IAW ist<br />

mit seiner Verknüpfung institutioneller und methodischer<br />

Kompetenz hervorragend aufgestellt, um die genannten<br />

Themen zu bearbeiten. Viele laufende und geplante Forschungsprojekte<br />

beinhalten bereits internationale Aspekte.<br />

aktuell: In der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft ist der<br />

IAW-Wohnungsmonitor ein wichtiger Indikator bei Entscheidungen<br />

für Investitionen. Warum erscheint er seit letztem<br />

Jahr nur noch jährlich <strong>statt</strong> vierteljährlich?<br />

Buch: Der Name L-Bank-IAW-Wohnungsmonitor steht ja sowohl<br />

für ein Magazin als auch für eine Internetpräsenz. Das<br />

Magazin erscheint seit 2004 zwar nur noch einmal jährlich,<br />

es erreicht jedoch fast den Umfang der früheren vier Quartalshefte<br />

zusammen. Die Entwicklung der wohnungswirtschaftlichen<br />

Indikatoren können wir im Jahresverlauf durch<br />

das Internet wesentlich aktueller nachzeichnen, als es bei<br />

einem gedruckten Medium möglich wäre. Die Leser haben<br />

beides: einmal pro Jahr erhalten sie ein ganz aktuelles Magazin,<br />

das die Kennzahlen zum aktuellen Stichtag ausführlich<br />

interpretiert. Über das Jahr hinweg können sie dann die<br />

weitere Entwicklung der Indikatoren im Internet verfolgen.<br />

aktuell: Sie haben aufgrund Ihrer Arbeit ein profundes<br />

Wissen über Wohnungsbau, Mobilität und Dienstleistungssysteme.<br />

Welche Rolle spielt der Wohnungsmarkt in Ihrer<br />

Forschung?<br />

Buch: Eine zunehmende nationale und internationale Mobilität<br />

von Produktionsfaktoren, die Ansiedelung neuer Unternehmen<br />

und die hiermit verbundene Bedeutung der regionalen<br />

Infrastruktur stellen auch Anforderungen an den Wohnungsmarkt.<br />

Meines Erachtens sind diese lokalen Faktoren<br />

in der bisherigen Forschung zur Globalisierung nur unzureichend<br />

berücksichtigt worden. Gerade hier setzt unser neuer<br />

Forschungsbereich „Auswirkungen der Globalisierung auf<br />

Haushalte und Unternehmen“ an, denn wir wollen uns verstärkt<br />

der Frage zuwenden, welche Rolle lokale Gegebenheiten<br />

für die Auswirkungen der Globalisierung spielen.<br />

Weitere Informationen zu den IAW-Projekten unter:<br />

www.iaw.edu<br />

Frau Prof. Dr. Claudia M. Buch machte 1989 ihren MBA-<br />

Abschluss an der Universität von Wisconsin. 1991 folgte der<br />

Abschluss als Diplom-Volkswirtin an der Universität Bonn.<br />

Buch promovierte und habilitierte an der Universität Kiel. Von<br />

1992 bis 2003 war sie am Institut für Weltwirtschaft in Kiel<br />

tätig, die letzten fünf Jahre als Abteilungsleiterin des Forschungsbereichs<br />

„Finanzmärkte“. Seit 2004 hat Buch den Lehrstuhl<br />

„Geld und Währung“ an der Wirtschaftswissenschaftlichen<br />

Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen inne. Im<br />

Januar 2005 wurde sie wissenschaftliche Direktorin des IAW<br />

e.V. Tübingen. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen die<br />

Themen „Finanzmärkte und makroökonomische Volatilität“,<br />

„Internationales Bankwesen“, „Determinanten und Auswirkungen<br />

ausländischer Direktinvestitionen“ und „Europäische<br />

Finanzverflechtungen und Osterweiterung“.<br />

QUERGEFRA G T<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

51


52<br />

„Wir liefern und fördern praktikable Problemlösungen“<br />

GdW-Präsident Lutz Freitag zu Verbandsstrukturen und Zukunftsaufgaben<br />

Er hat Visionen für die ganze Vielfalt der Wohnungswirtschaft<br />

im GdW. Er sucht Synergien und Kooperationen. Und<br />

er weist Wege auf, wie die Zukunft mit ihren vielen Herausforderungen<br />

gemeistert werden kann. Die Delegierten des<br />

GdW-Verbandstages haben ihn mit großer Mehrheit für<br />

weitere vier Jahre als Präsident wiedergewählt. Am Rande<br />

der Tagung sprach aktuell mit Lutz Freitag über regionale Aufgaben,<br />

die Probleme mit der Demografie, Personalentwicklung<br />

und über das Verhältnis von Leoparden und Antilopen.<br />

aktuell: Die Wohnungsmärkte<br />

in Ost und West sind<br />

gespalten. Wie könnte eine<br />

Wohnungspolitik aussehen,<br />

die sowohl die neuen wie<br />

die alten Bundesländer gerecht<br />

berücksichtigt?<br />

Freitag: Wir brauchen eine<br />

Wohnungspolitik, die flankiert<br />

wird durch eine Stadtentwicklungspolitik.<br />

Beide<br />

Politikbereiche müssen auf die unterschiedlichen regionalen<br />

Verhältnisse ausgerichtet werden. Das heißt: Die Instrumente,<br />

die eingesetzt werden, müssten möglichst flexibel<br />

und regional differenziert sein. Weg vom Rasenmäherprinzip.<br />

Nehmen wir die Eigenheimzulage: Man muss erkennen,<br />

dass es nach wie vor einen großen Baubedarf in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

und in weiten Teilen Bayerns gibt, um nur<br />

zwei Beispiele zu nennen. Aber es wäre andererseits in<br />

Sachsen und in Sachsen-Anhalt fatal, wenn noch zusätzliche<br />

Wohnungen auf den Markt kämen. Wenn jetzt noch<br />

einmal ein Vermittlungsergebnis über die Eigenheimzulage<br />

angestrebt wird, wäre es wichtig, dass dieser Kompromiss<br />

die unterschiedlichen Verhältnisse auf den regionalen Wohnungsmärkten<br />

berücksichtigt, ein Teil der Ersparnis in die<br />

Wohnungs- sowie Stadtentwicklungspolitik zurückfließt und<br />

der Mitteleinsatz dem jeweiligen Bedarf der Bundesländer<br />

angepasst ist.<br />

aktuell: Bei der Mieterquote nimmt Deutschland im Vergleich<br />

zu den Nachbarländern derzeit einen Spitzenplatz<br />

ein. Wird sich das auf lange Sicht hin ändern?<br />

Freitag: Ich glaube, dass in Deutschland das Mietverhältnis<br />

auch in Zukunft eine besondere Attraktivität genießen wird,<br />

weil wir interessante Wohnungsbestände in sehr guten Lagen<br />

mit sehr guter Aus<strong>statt</strong>ung und hohem Modernisierungsgrad<br />

haben, die zu relativ günstigen Mieten angeboten werden.<br />

Ein Umstieg auf Eigentum ist vor diesem Hintergrund nicht so<br />

interessant. Außerdem halten natürlich pessimistische Einkommens-<br />

und Berufserwartungen sowie die zunehmenden<br />

Anforderungen an Mobilität im Erwerbsleben viele Menschen<br />

davon ab, Wohneigentum zu erwerben. Wenn es uns<br />

gelänge, die Transaktionskosten beim Verkauf und beim<br />

Erwerb von Wohneigentum zu senken, würde das den<br />

Immobilienerwerb wieder<br />

fördern. Durch die demografische<br />

Entwicklung geht<br />

die Zahl derjenigen zurück,<br />

die Eigentum erwerben, also<br />

Menschen zwischen dreißig<br />

und vierzig. Hinzu kommt:<br />

Viele Menschen haben nichts<br />

zu vererben, weil es keine<br />

Erben gibt. Das Motiv, Eigentum<br />

auch als Vorsorge für<br />

die nächste Generation zu<br />

erwerben, verliert dadurch an Bedeutung. Insgesamt wird<br />

die Wohneigentumsquote in Deutschland recht stabil bleiben.<br />

80 Prozent der Deutschen halten das Wohneigentum<br />

für die beste private Altersvorsorge, und auch während der<br />

gesamten Nutzungszeit bietet es viele Vorzüge.<br />

aktuell: Steht die Wohnungswirtschaft vor einer großen<br />

Fusionswelle, wie auch die Volksbanken sie durchgemacht<br />

haben?<br />

Freitag: In der Wohnungswirtschaft beeinträchtigt die Grunderwerbsteuer<br />

eine Fusion, die die Verschmelzung auf ein<br />

neues Wohnungsunternehmen prohibitiv belastet. Die Last<br />

der Grunderwerbsteuer verhindert die Modernisierung der<br />

Wohnungsbestände in fusionierten Wohnungsunternehmen,<br />

weil ihnen erhebliche liquide Mittel durch die Steuer entzogen<br />

werden. Damit sind die Vorteile einer Fusion wesentlich<br />

geringer als in anderen Branchen, weil der Staat die Mittel<br />

für die Produktverbesserung abkassiert. Die deutsche Wohnungswirtschaft<br />

weist im Durchschnitt relativ geringe Unternehmensgrößen<br />

auf. Es dominieren kleinere und mittlere<br />

Wohnungsunternehmen. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit<br />

in der Zukunft wäre gewiss für eine Reihe von<br />

Wohnungsunternehmen eine Fusion vorteilhaft.


aktuell: Die Lobbyarbeit für die Immobilienbranche macht<br />

der GdW neuerdings mit anderen Verbänden gemeinsam,<br />

zum Beispiel mit dem IVD oder dem Bundesverband Freier<br />

Immobilien- und Wohnungsunternehmen. Worin liegt das<br />

strategische Alleinstellungsmerkmal des GdW?<br />

Freitag: Wir wollen mit den anderen Spitzenverbänden der<br />

Immobilienbranche gemeinsame Interessen auch gemeinsam<br />

vertreten. Es ist wichtig, dass sich die Branche in zentralen<br />

Forderungen einheitlich artikuliert. Deswegen habe ich<br />

mich sehr dafür engagiert, die Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

der deutschen Immobilienwirtschaft zu gründen. In ihr wirken<br />

die vier Spitzenverbände unserer Branche zusammen,<br />

leisten gemeinsame Lobbyarbeit und wollen in Zukunft auch<br />

Beratungsangebote und Dienstleistungen bündeln. Diese<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft umfasst den GdW, den BFW, die<br />

beiden Maklerverbände im jetzt fusionierten IVD und Haus<br />

& Grund. Wir machen gemeinsame Aktionen, zum Beispiel<br />

zu einer wirksamen Bekämpfung des Graffitiunwesens durch<br />

eine praktikable Definition des Begriffs der Sachbeschädigung.<br />

Wir haben uns engagiert in der Frage der Eigenheimzulage<br />

und der Stadtentwicklung sowie mit vielen steuerrechtlichen<br />

Fragen befasst, zum Beispiel bei der Gesellschafter-Fremdfinanzierung.<br />

Auch bei der Grundsteuer haben<br />

wir gemeinsame Positionen. Als Gemeinschaftsprojekt haben<br />

wir mit anderen Institutionen ein umfassendes Gutachten<br />

zur Bedeutung der Immobilienwirtschaft für die deutsche<br />

Volkswirtschaft in Auftrag gegeben.<br />

Der GdW hat innerhalb dieses Kreises eine Alleinstellungsposition<br />

z.B. in der Frage der Wohnungsgenossenschaften,<br />

des Prüfungswesens, der „Sozialen Stadt“, des Stadtumbaus<br />

und der Stadtentwicklung. Außerdem sind unsere Fachausschussarbeit<br />

und Spartenorganisation einzigartig. Wir streben<br />

die nachhaltige Bewirtschaftung und Vermietung von<br />

attraktiven Wohnungen zu bezahlbaren Mieten an. Das ist,<br />

was den GdW und seine Mitgliedsunternehmen in besonderer<br />

Weise auszeichnet.<br />

aktuell: Der Wettbewerb um die besten Köpfe hat auch in<br />

der Immobilienwirtschaft längst begonnen. Wie muss Personalentwicklung<br />

in der Wohnungswirtschaft aussehen?<br />

Freitag: Die Personalzahlen für die einzelnen Unternehmen<br />

unterstreichen, dass es sich bei der Wohnungswirtschaft im<br />

Wesentlichen um eine mittelständisch strukturierte Branche<br />

handelt. Das verstärkt die Notwendigkeit für den GdW, für<br />

eine strategisch angelegte Personalentwicklung zu werben<br />

und vor allem den kleineren Unternehmen die Chance zu<br />

geben, an solchen Konzepten teilzuhaben. Wir haben des-<br />

wegen im Mai diesen Jahres in Berlin den ersten Personalentwicklungskongress<br />

des GdW veranstaltet und vorher ein<br />

System der modularen, berufsbegleitenden Weiterbildung<br />

entwickelt. Das heißt: Wer die dreijährige Ausbildung zur<br />

Kauffrau/Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft<br />

abgeschlossen hat, kann berufsbegleitend mit folgenden<br />

Studiengängen darauf aufbauen: Immobilienökonom,<br />

dann entweder Fachwirt oder Betriebswirt der Wohnungsund<br />

Immobilienwirtschaft oder Bachelor und sogar MBA<br />

Real Estate. Dies alles bieten wir im Rahmen unserer Akademien,<br />

zentral in Bochum aber auch regional an. Wir können<br />

damit den Unternehmen ein interessantes Programm<br />

zur Weiterbildung und Qualifizierung ihrer Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter anbieten, insbesondere zur Entwicklung<br />

der kommenden Führungskräfte. Im Bereich der Personalentwicklung<br />

wollen wir auch in Zukunft mit dem Arbeitgeberverband<br />

der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (AGV)<br />

intensiv zusammenarbeiten. Wir sind jetzt dabei, zusammen<br />

mit dem AGV, Verdi und der IG Bauen, Agrar, Umwelt<br />

ein neues Berufsbild zu entwickeln. Aus der Kauffrau/dem<br />

Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft soll<br />

das Berufsbild der Immobilienkauffrau/des Immobilienkaufmanns<br />

werden. Das ist bereits mit unseren Partnern in der<br />

Bundesarbeitsgemeinschaft der deutschen Immobilienwirtschaft<br />

abgestimmt. Dieses moderne Berufsbild wird den<br />

neuen Entwicklungen auf den Märkten besser gerecht.<br />

aktuell: Wo liegen die Zukunftsaufgaben für die Regionalverbände?<br />

Freitag: Die Regionalverbände zeichnen sich durch die Nähe<br />

zu den Wohnungsunternehmen aus. Sie wissen, welche Probleme<br />

die Unternehmen haben und was Verbände tun können,<br />

um vernünftige Rahmenbedingungen für die Unternehmen<br />

zu schaffen.<br />

Dabei geht es vorrangig um die Begleitung und Beratung<br />

von Landes- und Kommunalpolitik in Fragen der Wohnraumversorgung,<br />

der Wohnungspolitik, aber auch in Bezug<br />

auf die Stellung der Unternehmen auf dem Markt. Außerdem<br />

haben die Regionalverbände die Möglichkeit, über<br />

Bedarfsprognosen den Unternehmen in der Region wichtige<br />

Hilfestellungen zu geben, zum Beispiel durch die Analyse<br />

der Entwicklung von Einwohnern, Haushalten und Einkommensstrukturen.<br />

Die Marktbeobachtung in der Region<br />

wird für die Unternehmen immer wichtiger, gerade vor dem<br />

Hintergrund des demografischen Wandels sowie der zunehmenden<br />

Pluralisierung der Lebensstile und Wohnpräferenzen.<br />

Ein weiterer Bereich der regionalen Aktivitäten betrifft<br />

die Dienstleistungen. Die Regionalverbände können Platt-<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

53


54<br />

form für den Erfahrungsaustausch in der Region sein.<br />

Grundsätzliche Themenstellungen, die der GdW bundesweit<br />

behandelt, werden von den Regionalverbänden regional<br />

angereichert und konkretisiert. Ein abgestimmtes Konzept<br />

der Wissensvermittlung und des Erfahrungsaustausches wird<br />

in Zukunft ein entscheidender Punkt sein, weil damit das<br />

einzelne Unternehmen seine Stellung am Markt verbessern<br />

kann. Und da wir im Durchschnitt dreißig Prozent des<br />

Marktes vertreten, wollen wir natürlich, dass diese dreißig<br />

Prozent gegenüber den anderen siebzig Prozent der Wohnraumanbieter<br />

einen Vorsprung haben – durch unsere Arbeit<br />

in den Regionen, aber auch auf Bundesebene. Bei aller Gemeinsamkeit<br />

innerhalb der Branche gilt: Wenn ein Leopard<br />

eine Antilopenherde verfolgt, dann muss nicht jede Antilope<br />

schneller laufen als der Leopard, aber man sollte möglichst<br />

schneller laufen als die langsamste Antilope.<br />

aktuell: Jeder Mensch wohnt – ob zur Miete oder im<br />

Eigentum. Warum sind die Themen der Wohnungswirtschaft<br />

so schwer über die Medien einer breiten Öffentlichkeit zu<br />

vermitteln?<br />

Freitag: Das liegt vielleicht daran, dass die Wohnungswirtschaft<br />

schon so viel geleistet hat und dass es beim Wohnen<br />

in den meisten westdeutschen Regionen im Augenblick<br />

wenig akute Probleme gibt. Viele Probleme werden von den<br />

Unternehmen gelöst: Durch Sozialmanagement und Engagement<br />

in den Quartieren wird der soziale Friede gesichert.<br />

Die sozialräumliche Integration von Menschen aus anderen<br />

Kulturen hat aufgrund des großen Engagements unserer<br />

Unternehmen ganz überwiegend funktioniert. Deshalb sind<br />

– anders als in anderen Ländern – die Probleme in den<br />

Wohnquartieren nicht in großer Zahl und Intensität entstanden.<br />

Branchen, die keine Probleme bereiten, sind häufig<br />

auch nicht so interessant, und mit denen beschäftigt<br />

sich die Öffentlichkeit und Politik nicht.<br />

Ganz anders ist es beim Leerstand in Ostdeutschland. Der<br />

ist zu einem politischen Thema geworden und hat zu einer<br />

gesellschaftlichen Betroffenheit geführt. Aber auch da sind<br />

wir Teil der Lösung, nicht Teil des Problems. Unsere Branche<br />

jammert und leidet auch in Ostdeutschland nicht, sondern<br />

packt die Probleme durch Abriss und Aufwertung von Wohnungsbeständen<br />

an. Wir liefern nicht die spektakulären Themen,<br />

sondern die praktikablen Lösungen. Allerdings muss<br />

man auch die Politik vor oberflächlicher Interessenlosigkeit<br />

warnen. Wenn man der Entwicklung der Städte und des<br />

Wohnens in Deutschland politisch nicht kontinuierlich die<br />

erforderliche Aufmerksamkeit widmet, kommt es zu Problemen,<br />

die die Wohnungswirtschaft allein nicht lösen kann.<br />

Und deswegen ist die Politik immer gut beraten, sich mit<br />

wohnungs- und stadtpolitischen Fragen auf mittel- und<br />

langfristige Sicht zu beschäftigen. Denn auf dieser Zeitachse<br />

ist nach wie vor ein großer Handlungsbedarf für die<br />

Politik. Die Gestaltung und Entwicklung der Städte und<br />

Quartiere wird ein ganz zentrales Thema für die Zukunft der<br />

Gesellschaft werden.<br />

aktuell: Gibt es eine Wohnform, die Sie persönlich allen<br />

anderen vorziehen würden?<br />

Freitag: Ich habe in Hamburg eine Eigentumswohnung,<br />

während ich in Berlin Mieter bin. Ich lebe also in beiden<br />

Wohnformen und ich genieße die jeweiligen Vorteile. Weil<br />

ich in Berlin nicht auf Dauer bleiben werde, nutze ich den<br />

Vorteil des Mietwohnverhältnisses. In Hamburg habe ich<br />

eine schöne Eigentumswohnung am Stadtrand im Grünen,<br />

in Berlin wohne ich direkt in der Mitte der Stadt. Mein Sohn<br />

ist Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft, dort erlebe ich<br />

die Vorzüge des genossenschaftlichen Wohnens. Ich finde,<br />

es gibt keine Wohnform, die man per se favorisieren kann.<br />

Alle drei Wohnformen sind gleichberechtigt. Man muss<br />

immer nach der Lebenssituation und den Lebensverhältnissen<br />

die richtige Form auswählen. Man kann in allen drei<br />

Wohnformen gut wohnen und sehr glücklich sein.<br />

Lutz Freitag, Jahrgang 1943, ist seit Februar 2001 Präsident<br />

des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und<br />

Immobilienunternehmen. Nach einer Lehre bei der Bundesanstalt<br />

für Arbeit in Berlin, wechselte Freitag 1962 zur Deutschen<br />

Angestellten-Gewerkschaft DAG, der er bis zur seiner<br />

Amtsübernahme beim GdW treu blieb. Einzige Unterbrechung<br />

bildete 1966 bis 1969 das Studium an der Hamburger<br />

Hochschule für Wirtschaft und Politik mit dem Abschluss<br />

Diplom-Volkswirt. Bei der DAG machte Lutz Freitag<br />

Karriere. Vom Gewerkschafts-Sekretär in Berlin arbeitete er<br />

sich hoch zum Mitglied des Bundesvorstandes der DAG (ab<br />

September 1987). Sein berufliches Interesse galt vor allem<br />

der Sozial- und Bildungspolitik. Ehrenamtlich ist er unter<br />

anderem Mitglied im KfW-Verwaltungsrat, Vorsitzender des<br />

NDR-Verwaltungsrates, Vorsitzender des Verwaltungsrates<br />

der DESWOS (Deutsche Entwicklungshilfe für soziales Wohnungs-<br />

und Siedlungswesen e.V.) und Vorsitzender des<br />

Kuratoriums der EBZ (Europäisches Bildungszentrum der<br />

Wohnungs- und Immobilienwirtschaft).


„Unser Sozialstaat ist ökonomischer Unsinn“<br />

Hans-Werner Sinn kritisiert Tarifparteien, Sozialstaat und Minijobs<br />

Deutschland trägt derzeit im europäischen Vergleich zumeist<br />

die rote Laterne. Diese Aussage blieb nach dem Vortrag<br />

von Prof. Hans-Werner Sinn in den Köpfen der Teilnehmer<br />

des Verbandstages hängen. Unter dem Titel „Notwendige<br />

Reformen in Deutschland” stellte der Präsident des ifo<br />

Institut für Wirtschaftsforschung die aktuelle Situation der<br />

Bundesrepublik an ausgewählten Zahlen des Arbeitsmarktes,<br />

des Sozialstaates und der Wirtschaft vor und bewertete<br />

sie. Im Gespräch mit aktuell erläuterte Sinn seine Analysen.<br />

aktuell: In Ihrem Vortrag vor den Delegierten des <strong>vbw</strong>-Verbandstages<br />

nahm eine pessimistische Grundeinstellung den<br />

meisten Raum ein.<br />

Sinn: Ja, weil die derzeitige Lage auch wirklich so ist. Von<br />

Natur aus bin ich sehr optimistisch, neige dazu, die Dinge<br />

eher positiv zu sehen.<br />

aktuell: Wo sehen Sie den Ursprung der aktuellen Reformmisere?<br />

Sinn: Den Ursprung unserer Probleme sehe ich in einer Wechselwirkung<br />

zwischen den Tarifparteien und der Entwicklung<br />

des Sozialstaates, die sich in dreißig Jahren aufgebaut hat. Die<br />

Gewerkschaften haben aggressive Lohnverhandlungen geführt.<br />

Das hat die Arbeitslosigkeit erzeugt. Dabei war auch der<br />

Sozialstaat mitverantwortlich. Er hat die Arbeitslosigkeit<br />

erträglich gemacht und er hat so die Politik der hohen Löhne<br />

auch selbst induziert. Insbesondere die gering qualifizierten<br />

Arbeitnehmer wurden wegen der hohen Lohnersatzleistungen<br />

bei den Löhnen hochgehievt mit der Folge, dass sie keiner<br />

mehr haben will. Dort ist die Arbeitslosigkeit am größten.<br />

aktuell: Sie haben in Ihrem Vortrag vom „ökonomischen Unsinn“<br />

gesprochen. Wo sehen Sie den in der aktuellen Politik?<br />

Sinn: Ökonomischen Unsinn finde ich querbeet, überall. Der<br />

größte Unsinn ist der, den wir uns gerade mit unserem Sozialstaat<br />

leisten. Indem wir Menschen dafür bezahlen, dass sie<br />

nichts tun. Sozusagen ein Prämiensystem entwickeln, in dem<br />

die Prämien unter der Bedingung ausgezahlt werden, dass man<br />

sich aus dem Arbeitsmarkt absentiert. Das ist doch absolut unsinnig.<br />

Man muss den Menschen helfen, die nicht leistungsfähig<br />

sind. Aber bitte unter der Bedingung, dass sie selber mitmachen.<br />

Und nicht unter der Bedingung, dass sie nichts tun.<br />

Das ifo Institut hat hierzu umfangreiche Vorschläge unter<br />

dem Begriff „Aktivierende Sozialpolitik“ gemacht. Wir wollen<br />

den besseren Sozialstaat konstruieren, einen, der den<br />

Menschen mehr hilft als der heutige, weil sie das staatliche<br />

Geld und das selbt verdiente Geld gleichzeitig bekommen.<br />

aktuell: Sehen Sie in den Minijobs oder in der Ausweitung<br />

des Niedriglohnsektors ein Heilmittel für den Standort<br />

Deutschland?<br />

Sinn: Ja. Aber die Minijobs, die im Januar beschlossen wurden,<br />

bringen wenig. Diese gesetzliche Maßnahme ist überhaupt<br />

nicht durchdacht und auch nicht mit dem existierenden<br />

Fördersystem der Sozialhilfe und der Arbeitslosenhilfe<br />

verzahnt. Jemand, der bei der Sozialhilfe anspruchsberechtigt<br />

ist, der hat von den Minijobs rein gar nichts. Das, was<br />

er zusätzlich an Nettoeinkommen bekommt, wird von der Sozialhilfe<br />

eins zu eins dadurch einkassiert, dass er weniger<br />

Sozialhilfe erhält. Die Minijobs sind überhaupt nur rechnerisch<br />

und damit ökonomisch bei Personengruppen wirksam,<br />

die keinen Anspruch auf staatliche Lohnersatzleistungen<br />

haben. Also weder Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe oder<br />

Sozialhilfe beziehen. Das sind Schüler, Rentner oder die mitarbeitenden<br />

Ehepartner, bei denen der andere Ehepartner<br />

schon so viel verdient, dass sie selbst keinen Anspruch mehr<br />

haben. Die werden jetzt natürlich veranlasst, solche Minijobs<br />

anzunehmen. Es wird aber deshalb kein einziger zusätzlicher<br />

Job geschaffen, sondern es kommt zu einer bloßen Verdrängung.<br />

Das heißt, normal Beschäftigte im Niedriglohnsektor<br />

werden jetzt durch die gerade genannten Personengruppen<br />

ersetzt. Das ist also der völlig falsche Weg. Man<br />

muss das gesamte Fördersystem ändern. Man muss die Bedingungen,<br />

unter denen Sozialhilfe gewährt wird, ändern.<br />

aktuell: Sorgt unser Steuersystem für Gleichheit und Gerechtigkeit?<br />

Sinn: Nein. Also zunächst einmal halte ich es für nicht gerecht,<br />

dass Menschen, die sich entschließen, aus ihrem versteuerten<br />

Arbeitseinkommen zu konsumieren, unterschiedlich<br />

stark belastet werden. Nämlich je nach dem Zeitpunkt,<br />

zu dem sie konsumieren wollen. Wenn ich heute aus meinem<br />

Arbeitseinkommen konsumiere, dann nimmt mir der<br />

Staat nur meine Lohnsteuer weg. Wenn ich morgen und im<br />

Alter konsumiere, dann nimmt er noch mehr weg, weil die<br />

Zinserträge belastet werden. Von der Konsumgütermenge,<br />

die ich mir im Alter leisten könnte, nimmt der Staat einen<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

55


56<br />

größeren Prozentsatz weg<br />

als von der Konsumgütermenge,<br />

die ich mir in der<br />

Gegenwart aus meinem Lohneinkommen<br />

leisten könnte.<br />

Dies finde ich nicht gerecht.<br />

Der Staat sollte bezüglich<br />

des Zeitpunkts des Konsums<br />

neutral sein. Insofern sollte<br />

er die Zinseinkommensbesteuerung<br />

aufgeben. Zumal<br />

diese Steuer sowieso nicht im internationalen Zusammenhang<br />

aufrecht erhalten werden kann.<br />

aktuell: Wie gerecht ist das Rentensystem?<br />

Sinn: Ich sehe es nicht als gerecht an, wenn im Rentensystem<br />

die Rente, die man bekommt, unabhängig davon ist,<br />

welchen Beitrag man dafür geleistet hat, indem man Kinder<br />

groß gezogen hat. Die Rente nur davon abhängig zu machen,<br />

was man seinen eigenen Eltern gezahlt hat, halte ich<br />

nicht für sachgerecht und für ungerecht denjenigen gegenüber,<br />

die Kinder groß ziehen und dafür viel Geld ausgeben.<br />

aktuell: Sollte das Rentensystem Kinderlose bestrafen?<br />

Sinn: Nein, im Gegenteil. Mein Vorschlag ist keine Bestrafung<br />

der Kinderlosen, sondern eine Nichtbestrafung der Menschen<br />

mit Kindern. Denn das Rentensystem bewirkt eine gewaltige<br />

Umverteilung zwischen den Familien, die Kinder haben<br />

und solchen, die keine haben. Die Menschen, die keine<br />

Kinder haben, wollen sich dann später von den Kindern<br />

anderer Leute ernähren lassen. Das Ausmaß der Bestrafung<br />

der Menschen mit Kindern sollte zurückgeführt werden. Die<br />

Basis muss immer die Situation ohne staatliche Intervention<br />

sein. Wenn ich den Familien mit Kindern weniger von dem<br />

wegnehme, was sie sich selber erarbeitet haben, ist das<br />

keine Bestrafung der Leute ohne Kinder. Es ist eine Verminderung<br />

der Bestrafung derjenigen mit Kindern. Es ist sehr<br />

wichtig, dass man die Begriffe nicht verwechselt und nicht<br />

ein System mit staatlicher Intervention zum Status quo erklärt,<br />

von dem man gedanklich alles herunterdekliniert.<br />

aktuell: Ist es nicht so, dass Kinderlose mehr konsumieren,<br />

mehr verdienen und in der Regel auch mehr privat für das<br />

Alter vorsorgen?<br />

Sinn: Dass sie mehr konsumieren, zeigt, dass man ihnen<br />

höhere Sparlasten auferlegen kann, als es heute der Fall ist.<br />

aktuell: Wir reden heute<br />

davon, dass wir alle länger<br />

arbeiten müssten. Ist diese<br />

Forderung bei der Betrachtung<br />

des Arbeitsmarktes<br />

überhaupt realistisch?<br />

Sinn: Wie viele Arbeitsplätze<br />

es gibt, hängt bei gegebenem<br />

technischen Wissen,<br />

gegebener Infrastruktur und<br />

ähnlichen Standortbedingungen nur von einer Variablen ab:<br />

vom Lohn. Je niedriger der Lohn, desto mehr Arbeitsplätze<br />

gibt es. Wenn ich ältere Menschen in den Arbeitsmarkt bringe,<br />

an<strong>statt</strong> sie rauszuziehen, und die Lohnbildung dem Markt<br />

überlasse, wird der Lohn fallen, bis diese Menschen einen<br />

Arbeitsplatz finden.<br />

aktuell: Sehen Sie keine Probleme in der Akzeptanz älterer<br />

Mitarbeiter?<br />

Sinn: Ja, das schon. Akzeptanzprobleme gibt es immer, wenn<br />

man mehr arbeiten muss. Es fällt dem Menschen schwer zu<br />

akzeptieren, dass er nicht im Schlaraffenland lebt.<br />

aktuell: Sie bedauern es, dass Politiker sehr beratungsresistent<br />

sind.<br />

Sinn: Ja, das sind sie. Obwohl sich das in der letzten Zeit<br />

verbessert hat. Eine Krise, wie sie jetzt vorliegt, erhöht die<br />

Beratungsbereitschaft.<br />

aktuell: Haben die Politiker die Kosten der Wiedervereinigung<br />

unterschätzt?<br />

Sinn: Das kann man wohl sagen. Helmut Kohl glaubte, sie<br />

sei aus der Portokasse zu bezahlen.<br />

aktuell: Sehen Sie sich als Präsident des ifo Instituts als<br />

Gewissen der Marktwirtschaft oder als eine Art moderner<br />

Wahrsager?<br />

Sinn: Ich bin kein Wahrsager, ich bin Volkswirt. Der Volkswirt<br />

kann Krankheiten von Volkswirtschaften diagnostizieren<br />

und eine Therapie verschreiben. So wie ein Arzt beim<br />

Menschen. Wir haben viele Volkswirtschaften im Blick und<br />

vergleichen Sie miteinander. Es gibt über 200 Länder auf<br />

dieser Erde, die alle ihre eigenen Probleme haben. Diese<br />

studiert man und versucht zu diagnostizieren, was gut läuft


und was nicht. Wenn es nicht so gut läuft, empfiehlt man<br />

eine Therapie. Es gibt echte Medikamente, die helfen, und<br />

es gibt auch Placebos.<br />

aktuell: Eine Frage noch… Bei wem holen Sie sich persönlich<br />

Rat?<br />

Sinn: Das hängt davon ab. Wenn ich krank bin, gehe ich<br />

zum Arzt. Wenn ich ein zwischenmenschliches Problem<br />

habe, hole ich mir Rat bei meiner Frau. Wenn mein Auto<br />

kaputt ist, gehe ich zum Kraftfahrzeugmechaniker. Ich gehe<br />

immer zum Fachmann. Und das ist genau das Problem in<br />

Deutschland. Man holt sich den Rat in volkswirtschaftlichen<br />

Dingen bei Laien. Nehmen Sie mal die Hartz-Kommission.<br />

Dort saß kein einziger Volkswirt. Es waren 15 Manager,<br />

auch Betriebswirte darunter, aber keine Volkswirte. Das ist<br />

so, als wenn ich nicht zu einem Arzt gehe, sondern zu einem<br />

Heilpraktiker. So macht es die Politik.<br />

Prof. Hans-Werner Sinn, geboren in Brake in Westfalen,<br />

studierte an der Universität Münster Volkswirtschaftslehre<br />

und promovierte und habilitierte an der Universität Mannheim.<br />

Sinn lehrt seit 1984 Nationalökonomie und Finanzwissenschaft<br />

an der Ludwig-Maximilian-Universität München. Seit<br />

1991 ist er Direktor des Center for Economic Studies (CES)<br />

der Ludwig-Maximilian-Universität München. Das ifo Institut<br />

für Wirtschaftsforschung leitet er seit 1999. Zahlreiche Forschungsaufenthalte<br />

und Gastvorlesungen führten ihn an die<br />

bekannten und renommierten Universitäten rund um den<br />

Erdball. Von 1992 bis 1994 war er Vorsitzender der Expertenkommission<br />

Wohnungspolitik des Bundesministeriums Bau<br />

in Bonn und gehört seit 1989 dem Wissenschaftlichen Beirat<br />

beim Bundeswirtschaftsministerium an.<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

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58<br />

„Das verstaubte Mäntelchen selbstbewusst ablegen“<br />

Prof. Dr. Theresia Theurl zu den Herausforderungen der Wohnungsgenossenschaften<br />

Bei den Tagen der Wohnungsgenossenschaften in Ulm erntete<br />

das Referat von Prof. Theresia Theurl mit dem Titel „Wirtschaftliche<br />

Aspekte zur Zukunft der Wohnungsgenossenschaften“<br />

großen Applaus. Sie zeigte Wege auf, wie Wohnungsgenossenschaften<br />

die Herausforderungen durch den<br />

Wandel der Rahmenbedingungen meistern können, wie sie<br />

dabei wettbewerbsfähig werden und damit wirtschaftlichen<br />

Erfolg und langfristig Werte für die Mitglieder schaffen. Am<br />

Rande der Tagung sprach aktuell mit der renommierten Wissenschaftlerin.<br />

aktuell: Kooperationen sind<br />

nach Ihrer Überzeugung adäquate<br />

Geschäftsmodelle für<br />

Wohnungsgenossenschaften.<br />

Nach unserer Befragung sind<br />

höchstens 50 Prozent der<br />

Genossenschaften daran interessiert.<br />

Bleiben Kooperationen<br />

Theorie?<br />

Theurl: Kooperationen bleiben<br />

sicher keine Theorie. Schade ist, dass meist erst dann<br />

über Kooperationen nachgedacht wird, wenn es bereits große<br />

Probleme gibt, an<strong>statt</strong> bereits dann daran zu denken,<br />

wenn noch alle Möglichkeiten offen sind, sich bewusst zu<br />

positionieren und sich seinen Kooperationspartner aktiv zu<br />

suchen, um alle Möglichkeiten bestehender Kooperationsmodelle<br />

zu verwirklichen.<br />

aktuell: Die Pflichtmitgliedschaft in einem Prüfungsverband<br />

steht bei Wohnungsgenossenschaften mehr und mehr in der<br />

Kritik. Warum wird die Pflichtprüfung nicht auch als Marketinginstrument<br />

gesehen oder darf sie das gar nicht sein?<br />

Theurl: Die Pflichtprüfung ist in der Praxis ein sehr wichtiger<br />

Teil des genossenschaftlichen Geschäftsmodells und muss<br />

als solcher verstanden werden. Konsequenterweise muss die<br />

genossenschaftliche Pflichtprüfung eine sehr gute Prüfung<br />

sein. Und sie muss auch als solche mit ihren ganz besonderen<br />

Funktionen und Aufgaben kommuniziert werden. Die<br />

Pflichtprüfung wird ihre Position nur dann behaupten können,<br />

wenn wirklich ganz klar dokumentiert wird, dass sie<br />

ihre Funktionen gut erfüllt. Das heißt, deutlich zu machen,<br />

dass sie bestimmte Aufgaben erfüllt und auch in Zukunft zu<br />

erfüllen hat. Sie ist kein reines Marketinginstrument, son-<br />

dern sie hat eine sehr ausgeprägte Schutzfunktion für Genossenschaften.<br />

Allerdings wird diese Schutzfunktion von<br />

den Genossenschaften viel zu wenig im Sinne des Marketings<br />

in den Vordergrund gestellt, gerade auch mit Blick auf<br />

die anderen Prüfungsmodelle, die in den letzten Jahren im<br />

Zusammenhang mit schädlichen Entwicklungen in die Diskussion<br />

gekommen sind. Die Genossenschaften sind hier<br />

sehr zurückhaltend, wofür es keinen Grund gibt.<br />

aktuell: Die Expertenkommission, deren Mitglied Sie waren,<br />

hat in Zusammenhang mit der Novellierung des Genossenschaftsgesetzes<br />

weiter gehenden Gesetzesänderungen eine<br />

Absage erteilt. Gehen Ihnen die Vorschläge dieses Gremiums<br />

weit genug?<br />

Theurl: Die Aufgabe der Expertenkommission war es nicht,<br />

über Reformen des Genossenschaftsgesetzes nachzudenken.<br />

Ich persönlich bin der Meinung, dass die Entwicklung auf<br />

europäischer Ebene, also das Statut der Europäischen Genossenschaften,<br />

es bald auch hier nahe legt, über das Genossenschaftsgesetz<br />

nachzudenken. Dies sollte man dann<br />

aber auch mit der Fragestellung tun, ob dieses Genossenschaftsgesetz,<br />

so wie es heute ist, noch in die Zeit passt.<br />

Oder ob man sich das Genossenschaftsgesetz nicht grundsätzlich<br />

von Anfang bis Ende einmal vornehmen muss und<br />

es so formuliert, dass es in der Diktion zeitgemäß ist. Dazu<br />

muss dann jeder Paragraph auf den Prüfstand gestellt werden.<br />

Es könnte sich herausstellen, dass es in manchen Bereichen<br />

weniger um inhaltliche Fragen als um Fragen der<br />

Formulierung geht. Einfach so als Nebeneffekt diesen Komplex<br />

in der Expertenkommission anzusprechen, wäre nicht<br />

richtig gewesen. Aber ich bin sehr wohl der Meinung, dass<br />

man über das Genossenschaftsgesetz nachdenken muss<br />

und ich gehe auch davon aus, dass es schneller kommt als<br />

manche denken.<br />

aktuell: Die Mehrheitsmeinung lautet doch, man sollte das<br />

Genossenschaftsgesetz nicht anfassen, es könnte sich zum<br />

Nachteil auswirken.<br />

Theurl: Ja, das Argument höre ich auch häufig. Ich vertrete<br />

diese Position nicht. Wir müssen diese Dinge hingegen offensiv<br />

angehen und bewusst ausdiskutieren. Es muss ganz klar<br />

sein, dass die verschiedenen Sparten vom Genossenschaftsrecht<br />

unterschiedlich vertreten sind, dass unterschiedliche<br />

Vorstellungen existieren. Die müssen ausgesprochen wer-


den. Und es muss nach Kompromissen gesucht werden.<br />

Dort, wo die Vorstellungen und die Betroffenheit so unterschiedlich<br />

sind, dass es solche nicht geben kann, muss Toleranz<br />

geübt werden. Bei einer Reform des Genossenschaftsgesetzes<br />

darf es keine strukturellen Verlierer geben. Aber es<br />

ist gefährlich, die Inhalte nur deswegen nicht anzugreifen,<br />

weil sich etwas ändern könnte. Irgendwann stellt sich heraus,<br />

dass wichtige Weichenstellungen versäumt wurden,<br />

womit man sich letztlich sehr schaden kann.<br />

aktuell: Was müssen Wohnungsgenossenschaften tun, um<br />

wieder mehr junge Menschen anzusprechen und vor allen<br />

Dingen zu aktivieren?<br />

Theurl: Sie müssen sich deutlich besser darstellen als dies<br />

bisher der Fall ist. Sie müssen sich selber klar werden, wofür<br />

sie stehen. Viele Wohnungsgenossenschaften sind nicht<br />

wirklich selbstbewusst, sie drängen sich selbst in eine Ecke<br />

oder lassen sich dort hineindrängen. Und das bekommen<br />

Mitglieder und Nutzer natürlich mit. Wenn man als Wohnungsgenossenschaft<br />

ganz klare Konturen hat, die auch<br />

verstanden werden, dann ist es fast selbstverständlich, dass<br />

man auch junge und aufgeschlossene Mitglieder gewinnen<br />

wird. Aber wenn man – das sage ich bewusst salopp formuliert<br />

– sich ein verstaubtes Mäntelchen umhängt, dann werden<br />

sich auch nur bestimmte Leute angesprochen fühlen.<br />

Wohnungsgenossenschaften sollten sich ihrer Stärken bewusst<br />

sein und diese auch entsprechend kommunizieren,<br />

nach innen und nach außen.<br />

aktuell: Wohnungsgenossenschaften brauchen mehr und<br />

bessere Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Können sich das<br />

kleine Genossenschaften überhaupt leisten?<br />

Theurl: Das ist eine ganz typische Aufgabe, die nicht eine<br />

Genossenschaft für sich alleine machen kann. Das ist auf<br />

Verbandsebene anzusiedeln, beziehungsweise es ist eine<br />

Aufgabe für die Kooperationen von Genossenschaften. Das<br />

bedeutet nicht, dass eine einzelne kleine Genossenschaft sich<br />

nicht selbst darstellen sollte. Aber sie sollte gar nicht erst<br />

versuchen, mit einer großen Werbekampagne zu starten.<br />

Das macht keinen Sinn. Hier sind tatsächlich die Kräfte zu<br />

bündeln und vorhandene Kernkompetenzen zu nutzen. Und<br />

man darf im Übrigen auch nicht denken, Werbung ist alles.<br />

Zwei Dinge sind im Auge zu behalten: das eine sind die<br />

Inhalte und das andere ist eine offensive Kommunikation.<br />

aktuell: Ist die Wohnungsgröße und die Wohnungsaus<strong>statt</strong>ung<br />

den heutigen Lebensverhältnissen angepasst?<br />

Theurl: Das darf man nicht<br />

über einen Kamm scheren,<br />

dazu unterscheiden sich<br />

Wohnungsgenossenschaften<br />

viel zu sehr. Fakt ist, dass<br />

viele Wohnungsgenossenschaften<br />

– aber das gilt auch<br />

für andere Wohnungsunternehmen<br />

– einen Investitionsbedarf<br />

im Hinblick auf Größe,<br />

Aus<strong>statt</strong>ung und Grundrisse<br />

haben. Jede Wohnungsgenossenschaft muss sich darüber<br />

klar werden, welche Zielgruppen sie hat und was diese<br />

Zielgruppen wollen und danach sind die Wohnungen entsprechend<br />

zu adaptieren. Und damit sind wir wieder bei der<br />

Frage: wie sieht es mit der Finanzierung aus?<br />

aktuell: Eine persönliche Frage zum Schluss. Sind Sie Mitglied<br />

einer Wohnungsgenossenschaft und wenn ja, wohnen<br />

Sie auch dort?<br />

Theurl: Ich bin nicht Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft.<br />

Das hat einen sehr klaren Grund. Wohnungsgenossenschaften<br />

sind mir noch zu wenig vernetzt. Als ich von<br />

Innsbruck nach Münster gezogen bin, hätte ich gerne ein<br />

Wohnungsunternehmen gehabt – und eine Wohnungsgenossenschaft<br />

wäre prädestiniert dafür – , das mir am neuen<br />

Wohnort etwas hätte anbieten können, das meine ganze<br />

Übersiedlung organisiert hätte, damit ich mich um nichts<br />

mehr hätte kümmern müssen. Und wenn ich mich eines<br />

Tages entscheide, woanders hinzuziehen, würde ich mich<br />

gerne von einer vernetzten Wohnungsgenossenschaft unterstützen<br />

lassen. Diese Dienstleistungen werden noch viel<br />

zu wenig angeboten. Genau das aber ist auch ein Grund,<br />

warum junge, aktive und beruflich geforderte Zielgruppen<br />

sich nicht angesprochen fühlen, weil diese Anforderungen<br />

immer noch zu wenig beachtet werden.<br />

Theresia Theurl ist seit 2000 Ordinaria für Volkswirtschaftslehre<br />

an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und<br />

Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen<br />

im Centrum für Angewandte Wirtschaftsforschung<br />

an der Wilhelms-Universität. Die Österreicherin studierte<br />

an der Universität Innsbruck, promovierte (1987) und<br />

habilitierte (1992) dort. Schwerpunkt der wissenschaftlichen<br />

Forschungs- und Publikationsaktivitäten sind die Ökonomik<br />

der Unternehmenskooperationen, Internationale Wirtschaftsbeziehungen,<br />

Monetäre Ökonomik und Wirtschaftspolitik.<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

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60<br />

„Beziehungsbanking gewinnt an Bedeutung“<br />

Hans Dietmar Sauer zu Konjunkturkrise und Kommerz<br />

Ethik und unternehmerisches Denken stehen nicht zwingend<br />

im Widerspruch. Im Gegenteil. Dass sich Banken, Wirtschaft<br />

und Industrie gerade auch durch moralische und ethische<br />

Werte weiterentwickeln und gegenseitig befruchten, brachte<br />

Hans Dietmar Sauer, Vorsitzender des Vorstands der LBBW,<br />

auf dem Verbandstag in seinem Vortrag „Ökonomie ist<br />

nicht böse“ zum Ausdruck. Im Gespräch mit aktuell bezieht<br />

Sauer Stellung zu aggressivem Kommerz, Bilanzrisiken und<br />

Ratingmodellen.<br />

aktuell: John Kay, britischer Wirtschaftswissenschaftler<br />

und Dozent an der Uni Oxford,<br />

betont die „Macht des guten Rufes“. Der<br />

gute Ruf, der eine Bank verlässlich macht.<br />

Ist im Rahmen der Globalisierung die professionelle<br />

Ethik einem aggressiven Kommerz<br />

gewichen?<br />

Sauer: Globalisierung ist für unsere Volkswirtschaften<br />

das, was für die Physik die<br />

Schwerkraft ist. Man kann nicht für oder gegen das Gesetz<br />

der Schwerkraft sein – man muss damit leben. Die Globalisierungsdiskussion<br />

sollte aber nicht auf die Entscheidung<br />

zwischen Ethik und Kommerz zugespitzt werden. Die Globalisierung<br />

ist auch nicht der Feind jeglicher ethischen Werte<br />

der alten Welt. Meiner Meinung nach hat die Globalisierung<br />

eher das Gegenteil bewirkt. Sie sprechen es in Ihrer<br />

Frage ja schon an: Der gute Ruf ist es, der für eine Bank –<br />

wie für jedes Unternehmen – entscheidend ist, gerade in<br />

der globalisierten Wirtschaft. Wenn wir es schaffen, Moral<br />

und Ethik in unser wirtschaftliches Handeln mit einzubeziehen,<br />

werden wir noch größeren Erfolg haben. Die Globalisierung<br />

zwingt uns also geradezu zu ethischem Handeln.<br />

aktuell: Ist die LBBW eine der Banken, die die Verbriefungsinitiative<br />

TSI unterstützt, also den Verkauf von Krediten?<br />

Sauer: Die LBBW nimmt nicht selbst an der True Sale Initiative<br />

zur Verbriefung von Kreditforderungen teil, die Landesbanken<br />

und Sparkassen sind jedoch bei der Initiative vertreten.<br />

Bei der TSI geht es um zweierlei Dinge. Zum einen ist<br />

es für die deutsche Kreditwirtschaft immens wichtig, auch<br />

international bei der Verbriefung von Kreditforderungen und<br />

der Erstellung der hierfür notwendigen Standards mithalten<br />

zu können. Vor diesem Hintergrund ist die TSI ausdrücklich<br />

zu begrüßen. Zum anderen geht es den beteiligten Banken<br />

vor allem um die Entlastung ihrer Bilanzen von Unternehmensforderungen,<br />

indem sie diese am Kapitalmarkt platzieren.<br />

Dadurch entstehen neue Bilanzspielräume, die prinzipiell<br />

zur Kreditvergabe an die Unternehmen genutzt werden.<br />

Ob die beteiligten Banken diese Spielräume nutzen,<br />

muss jedoch dahingestellt bleiben. Die LBBW geht den direkten<br />

Weg, indem sie ihren Unternehmenskunden anbietet,<br />

deren Bilanzen zu entlasten. Hierfür wurde das Produkt<br />

ABS-Kompakt entwickelt. Uns geht es also<br />

weniger um unsere eigene Bilanz, sondern<br />

um diejenige unserer Kunden.<br />

aktuell: Hans W. Reich, der Chef der KfW-<br />

Bankengruppe, sieht Risiken für den Konjunkturaufschwung<br />

durch die restriktive<br />

Kreditvergabe der Banken. Wie werten Sie<br />

diese Gefahr?<br />

Sauer: Die Banken sind ein Stück weit gebrannte<br />

Kinder der Vergangenheit. Schauen<br />

Sie sich die Jahresabschlüsse der Kreditinstitute an: im Jahr<br />

2002 wurden bei den Wertberichtigungen, also bei den Ertragseinbußen<br />

aufgrund rückzahlungsgefährdeter Kredite,<br />

Nachkriegsrekorde erreicht. Und auch in 2003 waren wieder<br />

hohe Wertberichtigungen – gerade auch für mittelständische<br />

Unternehmen der Bau- und Wohnungswirtschaft –<br />

erforderlich. Vor diesem Hintergrund ist es nur natürlich,<br />

wenn die Banken etwas vorsichtiger werden. Die These,<br />

dass eine risikobewusste Kreditpolitik der Banken den Konjunkturaufschwung<br />

behindere, ist aber so nicht haltbar.<br />

Jede Bank wird bereit sein, eine solide Investition zu finanzieren.<br />

Solche Investitionen führen dann zu einem soliden<br />

Konjunkturaufschwung. Wenn eine Bank die Finanzierung<br />

unsolider Investitionen verweigert, wird dadurch vielleicht<br />

unsolides Wachstum verhindert. Dies nützt einer Volkswirtschaft<br />

jedoch langfristig sogar. Schauen Sie nach Japan:<br />

dort wurden zu Beginn der 90er Jahre Unternehmen bis an<br />

die Oberkante finanziert. In den letzten Jahren gab es das<br />

große Erwachen: eine anhaltende Konjunkturkrise gepaart<br />

mit einer Bankenkrise. Das kann nicht das Ziel sein. Doch<br />

kann ich aus eigener Anschauung auch etwas Entwarnung<br />

geben: die Banken geben wieder großzügiger Kredite. Dies<br />

merken wir bei der LBBW, und dies zeigen auch aktuelle<br />

Umfragen unter Unternehmen und Banken.


aktuell: Wenn Unternehmen nicht investieren können, wird<br />

ihre Bonität eher schlechter als besser. Damit könnten auch<br />

die Bilanzrisiken der Banken wieder wachsen. Wie sehen Sie<br />

das? Wie geht die LBBW damit um?<br />

Sauer: Im LBBW-Konzern sehen wir uns als Bank der Unternehmen<br />

in ihrem Kernmarkt <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>. Das bedeutet<br />

für uns, dass wir auch in den schwierigen konjunkturellen<br />

Zeiten zu unseren Unternehmenskunden stehen. Natürlich<br />

müssen wir immer tiefer in die Analyse des Zahlenwerks<br />

der Unternehmen einsteigen. Dies tun wir schon allein<br />

aus Eigeninteresse, aber auch vor dem Hintergrund wachsender<br />

Anforderungen der Finanzaufsicht oder der internationalen<br />

Ratingagenturen, die wiederum unser Haus immer<br />

genauer in Augenschein nehmen. Wir waren bei der Kreditvergabe<br />

aber auch immer sehr risikobewusst, wodurch sich<br />

für unsere Kunden keine grundsätzlich neue Situation ergeben<br />

dürfte. Im Übrigen ist nichts davon zu halten, Bonitätsschwächen<br />

durch Investitionsaktionismus zu überdecken.<br />

aktuell: Wie standardisiert sind die Ratingmodelle der LBBW?<br />

Oder anders gefragt: Wie viel Raum haben Einschätzungen<br />

der Firmenkundenbetreuer?<br />

Sauer: Die Kreditentscheidung basiert bei der LBBW schon<br />

immer auf einem Rating des jeweiligen Kunden. In dieses<br />

Rating fließen neben den betriebswirtschaftlichen Daten aus<br />

der Bilanz, die sogenannten Hardfacts, auch Einschätzungen<br />

der Kundenberater, z.B. über die Zukunftsfähigkeit bzw.<br />

Innovationskraft der Produktpalette, über Marktstrukturen<br />

und über mögliche Umweltrisiken ein. Auch erfährt der Einsatz<br />

betriebswirtschaftlicher Planungsinstrumente sowie die<br />

Prognosequalität eine Wertung durch den Firmenkundenberater.<br />

Durch Einbindung dieser „weichen“ Faktoren in ein<br />

Rating ist eine qualifiziertere Beurteilung des Gesamtrisikos<br />

eines Kreditengagements möglich.<br />

aktuell: Was raten Sie den Geschäftsführern/Vorständen in<br />

der Wohnungswirtschaft in Bezug auf Basel II und das damit<br />

verbundene Rating?<br />

Sauer: Durch Basel II wird das „Beziehungsbanking“ weiter<br />

an Bedeutung gewinnen. Daher sollten die Unternehmer<br />

noch stärker das Gespräch mit „ihrer“ Bank suchen. Der für<br />

eine detaillierte Risikoanalyse erforderliche intensive und<br />

konstruktive Dialog bietet die Chance, Schwachstellen im<br />

eigenen Unternehmen zu erkennen und zu beseitigen. Damit<br />

kann das Rating verbessert werden. Ein besseres Rating<br />

führt wiederum zu besseren Finanzierungskonditionen.<br />

aktuell: Als Vorstand der Landeskreditbank lag Ende der<br />

70er Jahre einer Ihrer Schwerpunkte auf dem Bereich des<br />

sozialen Wohnungsbaus. Was ist Ihnen aus dieser Zeit besonders<br />

in Erinnerung geblieben?<br />

Sauer: Das Kunststück, trotz immer geringerer Subventionen<br />

die Investitionsbereitschaft von Wohnungsunternehmen und<br />

Privaten am Leben zu erhalten. Leere Staatskassen machen<br />

erfinderisch. Auf der anderen Seite war man sich damals<br />

bewusst, dass dieses Rad nicht überdreht werden darf.<br />

Dauerhaft leistungsfähige Wohnungsunternehmen sind wichtiger<br />

als ein kurzfristiger Investitionsboom.<br />

aktuell: Die LBBW-Analysten wurden für die besten Prognosen<br />

in ganz Europa ausgezeichnet. Belebt das das Firmenkundengeschäft?<br />

Sauer: Wir freuen uns, dass die renommierteste Agentur zur<br />

Beurteilung der Leistung von Aktienanalysten das Research<br />

der Landesbank <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> zum erfolgreichsten<br />

Analyseteam in Europa gekürt hat. Damit ist die Wahrscheinlichkeit<br />

einer sehr guten Voraussage der zukünftigen<br />

Gewinnentwicklung eines Unternehmens bei der LBBW<br />

gegenüber allen anderen Analyseteams am höchsten.<br />

Davon profitieren in erster Linie die Anleger, die bei der<br />

LBBW trotz des seit Jahren sehr volatilen Aktienmarkts ein<br />

hohes Maß an Verlässlichkeit erfahren. Zwar finden Informationen<br />

des Aktienresearch auch Eingang in Kreditentscheidungen.<br />

Eine Belebung des Firmenkundengeschäftes<br />

hängt aber im Wesentlichen von den volkswirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen ab.<br />

Hans Dietmar Sauer wurde 1941 in Ravensburg geboren.<br />

Nach dem Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften<br />

war er vier Jahre im Finanzministerium <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

tätig. Von 1976 bis 1999 durchlief er die Karriereleiter<br />

vom Direktor bis zum Vorsitzenden des Vorstandes bei der<br />

Landeskreditbank <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>. 1999 verschmolz die<br />

Landeskreditbank <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> mit der Südwestdeutschen<br />

Landesbank und der Landesgirokasse zur LBBW.<br />

Sauer übernahm im Jahr 2001 den Vorsitz des Vorstands der<br />

LBBW, die mittlerweile die viertgrößte Bank in Deutschland<br />

ist. Ende des Jahres 2004 geht Sauer in den Ruhestand. Drei<br />

Jahre war er als Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher<br />

Banken Deutschlands tätig. Sauer wurde im Jahr 2002<br />

zum Honorarkonsul von Japan in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

ernannt und ist Mitglied im Aufsichtsrat des VfB Stuttgart.<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

61


62<br />

„Wir bauen heute noch wie in der Steinzeit“<br />

Claus-Peter Hutter zu Siedlungspolitik und Umweltschutz<br />

Ökologie und Nachhaltigkeit gehören zu den Themen, die in<br />

den vergangenen Jahren von der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

aufgegriffen und umgesetzt wurden. Bewusstes<br />

Flächenmanagement, Passivhausbau und Solartechnik haben<br />

Einzug gehalten. Doch Umweltbewusstsein kostet seinen<br />

Preis. aktuell sprach mit Claus-Peter Hutter, Leiter der Akademie<br />

für Natur- und Umweltschutz <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong>,<br />

über Siedlungsökologie, Lebensqualität und Umweltschutz.<br />

aktuell: Im Internetauftritt der Akademie wird Friedrich<br />

Schiller zitiert mit dem Satz „Der gebildete Mensch macht<br />

sich die Natur zu seinem Freund“. Sind wir heutzutage<br />

nicht mehr gebildet?<br />

Hutter: Man könnte es fast meinen, wenn man sieht, wie<br />

wir mit der Natur umgehen. Zum Beispiel die Tatsache, dass<br />

der Landverbrauch wieder angestiegen ist. Wir haben in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />

täglich einen Flächenverbrauch von 13<br />

Hektar. Und in den anderen Bundesländern sieht es nicht<br />

besser aus. Damit gehen wir Hypotheken für die kommenden<br />

Generationen ein, die meiner Meinung nach unverantwortlich<br />

sind. Schauen Sie sich nur mal die Region Stuttgart<br />

an oder auch das Rhein-Main-Gebiet. Da sind so viele Gewerbealtlasten<br />

zu sehen, da könnte man in vielen Gegenden<br />

ohne weitere Dekoration Krimis drehen.<br />

aktuell: Das Landeswohnungsbauprogramm ist seit September<br />

erschöpft. Ob das Energiesparprogramm der Stadt<br />

Stuttgart in 2004 weiterläuft, wird erst die Haushaltsberatung<br />

jetzt im Dezember zeigen. Sehen Sie ein Defizit an<br />

staatlicher, landes- und kommunalpolitischer Förderung in<br />

Bezug auf ökologische Fragen?<br />

Hutter: Nein, da sehe ich kein Defizit, weil in den vergangenen<br />

Jahren sehr viel in diesem Bereich unterstützt wurde.<br />

Wir müssen die Menschen dazu bringen, mehr Eigenverantwortung<br />

zu übernehmen. Wenn heute jemand in seinem<br />

Haus Energie spart, dann kommt das langfristig seinem<br />

eigenen Geldbeutel, seiner eigenen Umwelt und am Ende<br />

seinem eigenen Dasein zugute. Es kann nicht sein, dass<br />

Umweltschutz immer nur dann <strong>statt</strong>findet, wenn die öffentliche<br />

Hand dies regelt. Das ist meine ganz persönliche Meinung.<br />

Selbstverständlich ist es wichtig, dass die öffentliche<br />

Hand weiterhin fortschrittliche ökologische Maßnahmen<br />

fördert. Doch es müssen auch andere Formen angedacht<br />

werden. Wir müssen meines Erachtens das Planungsrecht<br />

ändern, damit beispielsweise die Kommunen planungsrechtlich<br />

mit den Gewerbe- und Industriealtlasten besser zu<br />

Rande kommen. Damit dort eine Neubesiedelung entstehen<br />

kann. Dann muss man nicht auf die grüne Wiese ausweichen.<br />

So könnte man, ohne dass es viel Kapital erfordert,<br />

ordnungspolitisch einiges bewegen.<br />

aktuell: Niedrigenergiehäuser sind Standard, doch Passivhäuser<br />

tun sich am Markt schwer. Für junge Familien ist<br />

doch die Frage nach der Refinanzierung maßgeblich.<br />

Hutter: Die Bevölkerung erwartet, dass sich Investitionen<br />

sehr schnell lohnen. Doch das sollten wir beim Thema Umweltschutz<br />

nicht allein so sehen. Andererseits sehen wir,<br />

dass sich Investitionen in Niedrigenergiehäuser oder in Passivhäuser<br />

sehr schnell positiv bemerkbar machen. Außerdem<br />

tun wir etwas für unsere Nachkommen, also die Erben<br />

dieser Häuser. Bei der zu erwartenden rückläufigen Bevölkerungszahl<br />

kann die Investition in den Umweltschutz den<br />

zukünftigen Marktwert bestimmen.<br />

aktuell: Finden Sie beim Thema Siedlungsökologie offene<br />

Türen bei Kommunen und in der Wohnungswirtschaft vor?<br />

Hutter: Ich erlebe viel Offenheit und Interesse bezüglich<br />

dieses Themas. Was mir persönlich fehlt, ist die zu geringe<br />

Umsetzung im Einzelnen. Ich behaupte, dass die ganzen<br />

Potenziale der Siedlungsökologie – und das hat nicht nur<br />

etwas mit Niedrigenergiehäusern, Solartechnik, Wasserrückhaltung<br />

und anderen technischen Dingen zu tun, sondern<br />

mit Lebens- und Umweltqualität – noch nicht ausgeschöpft<br />

sind. Ich sage ganz provokant: Wir bauen heute noch wie in<br />

der Steinzeit und so sehen auch viele Siedlungen aus. Aber<br />

ich kann auch positive Beispiele für Siedlungsentwicklungen<br />

nennen, zum Beispiel „Arkadien“ in Asperg oder in<br />

Steinheim im Kreis Ludwigsburg, wo im Dialog zwischen<br />

Wohnungswirtschaft, Bauunternehmen, Kommunen, Wissenschaftlern,<br />

Baupsychologen und Landschaftsarchitekten<br />

unter Einbeziehung der späteren Eigentümer ein Konzept<br />

entstanden ist, das schon jetzt Mehrwert hat. Wo es Wasserläufe<br />

gibt, wo es fast das ganze Jahr über blüht, wo<br />

öffentliche Plätze angelegt wurden, die kinderfreundlich<br />

sind. Diese Konzepte bringen mehr als diese Normkisten,<br />

die irgendwo hingebaut werden.


Unser Planet ist nicht<br />

aufblasbar<br />

aktuell: Junge Familien wollen<br />

vielleicht ökologische Aspekte<br />

im Wohnungsbau realisieren,<br />

können es sich aber<br />

nicht leisten.<br />

Hutter: Bleiben wir bei den<br />

genannten Beispielen. Diese<br />

Häuser und Wohnungen sind<br />

durchaus konkurrenzfähig. Ein großer See, der gerade angelegt<br />

wird und das Wohnviertel nicht nur optisch, sondern<br />

auch in Bezug auf die Lebensqualität aufwertet, für den<br />

wird später die Stadt die Unterhaltung übernehmen. Man<br />

muss einfach mehr nachdenken, wie man im Zusammenspiel<br />

zwischen Eigentümern, Wohnungsbauunternehmen und<br />

Kommunen neue Formen finden kann. Tatsache ist natürlich<br />

auch, da muss ich Ihnen Recht geben, dass heute umweltschonendes<br />

Bauen sehr viel kostet. Die Menschen wollen<br />

alles haben, aber nichts dafür bezahlen. Ähnlich wie bei<br />

den Lebensmitteln. Jeder möchte möglichst ökologische,<br />

biologische Produkte, aber es soll nicht mehr kosten als die<br />

Massenware im Supermarkt.<br />

aktuell: Wie bewerten Sie die Neubaugebiete in den Ballungszentren<br />

unter Mobilitäts- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkten?<br />

Hutter: Insgesamt müssten wir wieder eine stärkere Vernetzung<br />

von Wohnen und Arbeiten haben. Die neuen Informationstechniken<br />

unterstützen dies. Immer mehr Leute können<br />

von zuhause aus vernetzt arbeiten und entlasten damit<br />

die Verkehrsströme. Stuttgart steht zum Beispiel verkehrstechnisch<br />

kurz vor dem Kollaps. Neue Straßen werden meines<br />

Erachtens – von Ausnahmen abgesehen – nicht die Lösung<br />

bringen, denn neue Straßen produzieren auch mehr<br />

Verkehr. Eine Chance ist der öffentliche Nahverkehr, der aber<br />

noch attraktiver gestaltet werden müsste.<br />

aktuell: Flächenpools und Ökokonten sind Themen, für die<br />

Sie sich einsetzen. Welche Erfolge haben Sie damit im Hinblick<br />

auf die Bauplanung?<br />

Hutter: Ökokonten bringen den Kommunen mehr Flexibilität,<br />

weil sie frühzeitig in die Natur investieren können, um<br />

es später angerechnet zu bekommen. Noch haben sich<br />

nicht alle Gemeinden in diese Richtung bewegt. Das hängt<br />

sehr stark von der Kooperationsbereitschaft der Städte und<br />

Gemeinden mit den jeweiligen Landratsämtern ab. Ein Baugebiet<br />

ist immer ein Eingriff und nur teilweise ausgleichbar.<br />

Wir müssen vom Landverbrauch wegkommen, weg vom<br />

Bauen auf der grünen Wiese, das wäre das beste Ökokonto.<br />

Eines ist klar: unser Planet ist nicht aufblasbar.<br />

Kampf um Einwohner hat begonnen<br />

aktuell: Die Kommunen stehen untereinander in starker<br />

Konkurrenz bei Gewerbe- wie bei Wohngebieten. Es geht<br />

ums Geld, insbesondere um Steuereinnahmen.<br />

Hutter: Ich beobachte mit großer Sorge, dass vor allem im<br />

ländlichen Raum und in Ballungsrandgebieten attraktive<br />

Flächen angeboten werden, um Einwohner zu gewinnen.<br />

Der Kampf um die Einwohner hat schon begonnen. So manches<br />

Gewerbegebiet, das heute im ländlichen Raum geplant<br />

wird, wird wahrscheinlich nicht voll werden. Es werden hohe<br />

Investitionen getätigt, die auch unter ökonomischer Betrachtung<br />

keine hohe Rendite bringen, aber hohe Altlasten.<br />

Dies insbesondere im Hinblick darauf, dass die Bevölkerung<br />

abnehmen wird. Mir tun die Bürgermeister und die Stadtund<br />

Gemeinderäte Leid, die dem großen Druck ausgesetzt<br />

sind, ihre notwendigen Kommunalfinanzen zusammen zu<br />

bekommen. Ich halte die Abkoppelung von der Gewerbesteuer<br />

für wichtig. Die Gemeindefinanzen müssten in vielen<br />

Bereichen anders geregelt werden, damit der Druck auf die<br />

Landschaft entfällt.<br />

aktuell: Müssen wir uns den Traum vom Eigenheim abschminken?<br />

Hutter: Nein, ich bin selber Eigenheimbesitzer und habe ein<br />

altes Haus umgebaut und modernisiert. Jeder, der um die<br />

wirtschaftliche Lage weiß, wird die Investition in eine<br />

Immobilie nicht bereuen. Meines Erachtens ist es die beste<br />

Altersvorsorge, wenn man Wohneigentum erwirbt.<br />

aktuell: Wie wichtig ist für Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit<br />

angesichts des wachsenden Wettbewerbs?<br />

Hutter: Die Unternehmen sind die eigentlichen Schrittmacher<br />

in Sachen Nachhaltigkeit, weil sie die Chancen begreifen.<br />

Wer heute nach dem EU-Standard EMAS II arbeitet, also<br />

freiwillig ein Umweltmanagement-System einführt, macht<br />

ein Ökoaudit und wird von der EU zertifiziert. Daran beteiligen<br />

sich immer mehr private und öffentliche Dienstleistungsunternehmen,<br />

ebenso Kommunen. Unternehmen stel-<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004 QUERGEFRA G T<br />

63


64<br />

len fest, dass sie damit auch sparen können. Durch diese<br />

Kostenersparnisse und Wettbewerbsvorteile werden sie<br />

langfristig auf dem Weltmarkt besser bestehen. Denn früher<br />

oder später werden diese Maßnahmen auch in Osteuropa<br />

zum Standard.<br />

aktuell: Welche Rolle spielen die Kreditgeber, also die Banken<br />

und Sparkassen in Bezug auf eine ökologische Unternehmensausrichtung?<br />

Hutter: Die Banken können sehr viel tun. Auch im eigenen<br />

Bereich, wenn sie selbst in ihren Gebäuden ein Umweltmanagement-System<br />

einführen. Noch stärker müssten sie<br />

darauf ausgerichtet sein, Nachhaltigkeit zu überprüfen und<br />

einzufordern. Schwierig ist die Frage, ob eine private Bank<br />

eine staatliche Ordnungspolitik ersetzen kann oder muss.<br />

Wie die Bank die Kreditwürdigkeit eines Kreditnehmers überprüft,<br />

so sollte sie auch überprüfen, was mit den Geldern<br />

passiert. Eine Bank kann nicht daran interessiert sein, dass<br />

ein Kreditnehmer für den gewerblichen Bereich baut und<br />

hinterher Altlasten entstehen.<br />

Wissenserosion ist Kulturverlust<br />

aktuell: Die Akademie für Natur- und Umweltschutz spricht<br />

auch stark die Entscheidungsträger von morgen, also die<br />

Kinder an. Ist die heutige Erwachsenengeneration für ökologische<br />

Themen verloren?<br />

Hutter: Im Vergleich zu anderen Akademien haben wir darin<br />

einen unserer Schwerpunkte gelegt. Weil wir feststellen, dass<br />

Kinder, aber auch Erwachsene zu wenig Wissen über die<br />

Natur haben. Kinder wie auch Erwachsene können heute<br />

kaum mehr Wildtiere oder Wildpflanzen bestimmen. Aber<br />

Automarken, Spritverbrauch und Höchstgeschwindigkeit sind<br />

bekannt. Wir müssen die Wissenserosion stoppen. Denn<br />

Wissenserosion ist Kulturverlust. Das kommt uns irgendwann<br />

teuer zu stehen.<br />

aktuell: Eine persönliche Frage zum Schluss: Sind Sie mit<br />

Ihrer privaten Wohnsituation aus ökologischer Sicht zufrieden?<br />

Hutter: Ja! Ich habe schon vor über zwanzig Jahren vieles beachtet,<br />

wie Wärmedämmung, die Verwendung von viel Holz<br />

und die Gestaltung eines naturnahen, erlebnisreichen Gartens.<br />

Claus-Peter Hutter ist hauptberuflich Leiter der Akademie<br />

für Natur- und Umweltschutz <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> beim<br />

Ministerium für Umwelt und Verkehr. Der Autor vieler<br />

Bücher und Reportagen für Zeitschriften und Zeitungen ist<br />

außerdem Präsident der Stiftung Europäisches Naturerbe<br />

(EURONATUR) und Lehrbeauftragter an der Universität<br />

Hohenheim für Umweltmanagement.<br />

Die Interviews führten Dagmar Lange und Marion Schubert.


QUERGEFRA G T<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

65


66<br />

BETEILIGUNGEN DES <strong>vbw</strong><br />

Wohnungswirtschaftliche<br />

Treuhand Stuttgart GmbH<br />

ASW Südwest<br />

Assekuranz- und<br />

Finanzierungs GmbH<br />

25 % AWTS, 25 % TSW,<br />

25 % TdW, 25 % NT<br />

Stand: März 2005<br />

Akademie der Wohnungsund<br />

Immobilienwirtschaft<br />

<strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> GmbH<br />

Institut an der Hochschule<br />

Nürtingen-Geislingen<br />

Energie Management<br />

Service GmbH<br />

34 % <strong>vbw</strong><br />

33 % MVV Energie GmbH<br />

33 % Techem Energy<br />

Contracting GmbH<br />

AWTS-Assekuranz-GmbH<br />

Versicherungs- und<br />

Finanzierungsmakler<br />

Verband<br />

baden-württembergischer<br />

Wohnungsunternehmen e.V.<br />

Beratungsgesellschaft für<br />

wohnungswirtschaftliche<br />

Software und Organisation<br />

Wohnmedia<br />

Service GmbH<br />

31,66 % <strong>vbw</strong><br />

31,66 % vtw<br />

31,66 % ewt<br />

5 % vdivService GmbH<br />

casadomus AG<br />

49,8 % WTS<br />

25,1 % SNP Gruppe<br />

25,1 % MediaCluster GmbH<br />

Pacta<br />

Steuerberatungsgesellschaft<br />

mbH<br />

Hammonia Verlag<br />

12 % <strong>vbw</strong><br />

88 % GdW und<br />

Regionalverbände


Herausgeber<br />

<strong>vbw</strong> Verband baden-württembergischer<br />

Wohnungsunternehmen e.V.<br />

Bildnachweis<br />

Familienheim Rhein-Neckar eG (Mannheim),<br />

GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und<br />

Immobilienunternehmen e.V. (Berlin), Städtische<br />

Wohnbaugesellschaft Lörrach mbH, Baugemeinschaft<br />

Ettlingen eG, IAW Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung<br />

e.V. Tübingen, ifo Institut für Wirtschaftsforschung,<br />

Institut für Genossenschaftswesen Münster,<br />

LBBW, Akademie für Natur- und Umweltschutz <strong>Baden</strong>-<br />

<strong>Württemberg</strong>, <strong>vbw</strong>, ZEFA Images, Corbis Stockmarket<br />

Gestaltung<br />

C.W.G. Creativ Werbung GmbH,<br />

Stuttgart<br />

Druck<br />

Göhring Druck GmbH, Waiblingen<br />

Redaktionsschluss<br />

März 2005<br />

<strong>vbw</strong> J AHRESBERICHT 2004<br />

67


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