Der Ur loge - Arzt + Kind
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Abklärung und Behandlung kleiner Nierentumore<br />
Univ.-Lektor Dr. Tobias KLATTE (Foto li.)<br />
Univ.-Prof. DDr. h.c. Michael MARBERGER<br />
Universitätsklinik für <strong>Ur</strong>ologie<br />
Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien<br />
Tel.: +43(0)1/40 400 - 2616<br />
Fax:+43(0)1/40 400tobias.klatte@meduniwien.ac.at<br />
michael.marberger@meduniwien.ac.at<br />
Durch den breiten Einsatz des Ultraschalls,<br />
der Computertomographie<br />
(CT) und der Magnetresonanztomographie<br />
(MRT) ist die Inzidenz von kleinen<br />
(≤4 cm), asymptomatischen Nierentumoren<br />
in den letzten Jahrzehnten angestiegen [1] .<br />
Während in Österreich im Jahre 1983 noch<br />
767 Patienten an einem Nierenzellkarzinom<br />
erkrankten, waren es im Jahre 2007 bereits<br />
1181 Patienten [2] . Die Früherkennung von<br />
kleinen Nierentumoren ist auch mit einer<br />
Überdiagnostik verbunden. Überdiagnostiziert<br />
sind jene Tumoren, die niemals progredient<br />
werden oder solche, bei denen der Patient<br />
an anderen <strong>Ur</strong>sachen verstirbt, bevor der<br />
langsam wachsende Tumor symptomatisch<br />
wird.<br />
Durch die Stadien-Migration kam es auch zu<br />
Änderungen im Therapiekonzept. Während<br />
noch vor 20 Jahren die radikale Tumornephrektomie<br />
als Standardverfahren für alle Nierentumoren<br />
galt, wird sie heute für die meisten<br />
kleinen Nierentumoren als Übertherapie<br />
erachtet. Hier gilt die Nierenteilresektion als<br />
therapeutischer Goldstandard [3] . Als Alterna-<br />
6<br />
tivverfahren stehen heute verschiedene fokale<br />
Therapien und die aktive Überwachung<br />
zur Verfügung [3] . Dieser Artikel gibt einen<br />
Überblick über das maligne Potential, die<br />
Diagnostik und die Behandlungsoptionen<br />
von kleinen Nierentumoren.<br />
Das maligne Potential kleiner<br />
Nierentumore<br />
In einer großen multi-institutionellen Serie<br />
von 1.208 chirurgisch behandelten Patienten<br />
mit unilateralem Nierentumor waren<br />
insgesamt 88% der Tumoren maligne Nierenzellkarzinome,<br />
von welchen wiederum<br />
7% primär metastasiert waren [4] . <strong>Der</strong> Tumordurchmesser<br />
von benignen Nierentumoren<br />
war dabei signifikant geringer als der von<br />
nicht-metastasierten Nierenzellkarzinomen<br />
(2,7 vs. 2,9 cm). Das tumorspezifische Überleben<br />
von Patienten mit nicht-metastasiertem<br />
kleinen Nierenzellkarzinom lag nach 5 Jahren<br />
bei 96%. In der Kohorte mit T1aN0M0 Tumoren<br />
betrug die 5-Jahres-Rate für das rezidivfreie<br />
Überleben 96% [4] . Aus der eigenen Klinik<br />
wurden Daten von 287 chirurgisch behandelten<br />
soliden kleinen Nierentumoren publiziert<br />
[5]. Verglichen mit einem Tumordurchmesser<br />
von ≤3,0 cm zeigten Tumoren von 3,1-4,0 cm<br />
Durchmesser häufiger einen Fuhrman-Grad<br />
von 3 oder 4 (26% vs. 5%), einen Kapseldurchbruch<br />
in das perirenale Gewebe (36% vs. 11%)<br />
und eine primäre Fernmetastasierung (8% vs.<br />
2%). <strong>Der</strong> Anteil an benignen Tumoren betrug<br />
21% und war unabhängig vom Tumordurchmesser<br />
[5] .<br />
Es ist zu schlussfolgern, dass nur ein geringer<br />
Prozentsatz von kleinen Nierentumoren<br />
aggressive pathologische Charakteristika<br />
aufweist. Dies gilt vor allem für Tumore von<br />
>3 cm Durchmesser. Nach chirurgischer Therapie<br />
ist ihre Prognose exzellent; das Risiko<br />
für ein Tumorrezidiv liegt bei etwa 5% nach<br />
5 Jahren. <strong>Der</strong> Anteil an benignen Tumoren<br />
beträgt zwischen 10 und 25% und wird nicht<br />
wesentlich vom Tumordurchmesser beeinflusst.<br />
Diagnostik<br />
Bildgebung<br />
Die Standarduntersuchung zur Abklärung<br />
einer Nierenraumforderung ist die 4-phasige<br />
CT. Diese setzt sich aus einer Leer-Phase ohne<br />
Kontrastmittel, einer arteriellen, venösen und<br />
einer urographischen Phase zusammen. Ein<br />
Nierentumor wird als zystisch oder solide<br />
klassifiziert, wobei die zystischen Läsionen<br />
nach der Bosniak-Klassifikation eingeteilt<br />
werden [6] . Bosniak-III- oder IV-Läsionen bergen<br />
ein hohes Malignitätsrisiko und müssen<br />
daher einer operativen Therapie zugeführt<br />
werden. Solide Tumoren, die mehr als 20<br />
Hounsfield Einheiten (HU) Kontrastmittel aufnehmen,<br />
gelten ebenfalls als suspekt für ein<br />
Nierenzellkarzinom. Die CT erlaubt auch Aussagen<br />
über die Wachstumsform (endophytisch/exophytisch),<br />
die Tumorgröße, die Nähe<br />
zum Hohlsystem und ermöglicht ein klinisches<br />
Staging. Eine Dignitätsbeurteilung oder<br />
die Einteilung in die verschiedenen Nierenzellkarzinom-Subtypen<br />
ist CT-morphologisch<br />
nicht mit ausreichender Sicherheit möglich [6] .<br />
Eine MRT ist bei Kontrastmittel-Allergie und<br />
in der Schwangerschaft indiziert. Sie kann<br />
weiterhin zusätzliche Informationen bei Gefäßthromben<br />
liefern [6] . Zur Komplettierung<br />
des Stagings von kleinen Nierentumoren ist<br />
ein konventionelles Thorax-Röntgen ausreichend.<br />
Eine Ultraschalluntersuchung der<br />
Niere wird lediglich zum Screening eingesetzt,<br />
spielt aber in der weiteren Abklärung<br />
eines Nierentumors keine Rolle.<br />
Nierentumorbiopsie<br />
Die klassischen Indikationen für die perkutane<br />
CT-gestützte Nierentumor-Stanzbiopsie<br />
in Lokalanästhesie sind der Verdacht auf eine<br />
Nierenmetastase oder ein malignes Lymphom.<br />
Hier ergibt sich aus der Histologie eine<br />
direkte therapeutische Konsequenz, da Lymphome<br />
und Metastasen einer systemischen<br />
Therapie bedürfen und nicht einer Operation.<br />
In den vergangen 10 Jahren hat die Nierentumorbiopsie<br />
aber auch bei der Abklärung von<br />
solitären soliden Nierenraumforderungen<br />
eine Renaissance erlebt. Mit den heutigen<br />
verbesserten Techniken ist es möglich, maligne<br />
Tumoren akkurat zu diagnostizieren.<br />
An der eigenen Abteilung wurde die Nierentumorbiopsie<br />
bei nunmehr 104 Nierentumoren<br />
eingesetzt [7] . Die Sensitivität der Nierentumorbiopsie<br />
für die Diagnose eines Nierenzellkarzinoms<br />
betrug 95% bei einer Spezifität von