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UN IKA GmbH<br />

Am Opel-Prüffeld 3<br />

63110 Rodgau<br />

Telefon (06106) 2809-10<br />

Telefax (06106) 2809-90<br />

info@unika-kalksandstein.de<br />

www.unika-kalksandstein.de<br />

Rodgauer Baustoffwerke<br />

GmbH & Co. KG<br />

Am Opel-Prüffeld 3<br />

63110 Rodgau-Dudenhofen<br />

Telefon (06106) 2809-0<br />

Telefax (06106) 2809-40<br />

kontakt@rodgauer-baustoffwerke.de<br />

www.rodgauer-baustoffwerke.de<br />

KG Kalksandsteinwerk<br />

Wiesbaden GmbH & Co.<br />

Deponiestraße 11<br />

65205 Wiesbaden-Amöneburg<br />

Telefon (0611) 96712-0<br />

Telefax (0611) 96712-50<br />

kontakt@unika-wiesbaden.de<br />

www.unika-wiesbaden.de<br />

Baustoffwerke Havelland<br />

GmbH & Co. KG<br />

Veltener Straße 12/13<br />

16515 Oranienburg-Germendorf<br />

Telefon (03301) 5968-0<br />

Telefax (03301) 5307-02<br />

www.unika-havelland.de<br />

KSPE Kalksandstein-Planelemente<br />

GmbH & Co. KG<br />

Zum Vogelsberg 12<br />

45721 Haltern am See<br />

Telefon (02364) 9632-0<br />

Telefax (02364) 9632-30<br />

info@kspe.de<br />

www.kspe.de<br />

Vestische Hartsteinwerke<br />

Schencking GmbH & Co. KG<br />

Zum Vogelsberg 12<br />

45721 Haltern am See<br />

Telefon (02364) 6990-0<br />

Telefax (02364) 6990-50<br />

info@vhw-schencking.de<br />

www.vhw-schencking.de<br />

Ruhrbaustoffwerke GmbH & Co. KG<br />

Moselstraße 1<br />

44579 Castrop-Rauxel<br />

Telefon (02305) 97370-0<br />

Telefax (02305) 97370-60<br />

info@ksruba.de<br />

www.ksruba.de<br />

Kalksandsteinwerke<br />

Oberbayern GmbH & Co. KG<br />

Werk I: Eching<br />

Lichtweg 3, 85386 Günzenhausen<br />

Telefon (08133) 93111<br />

Telefax (08133) 93113<br />

Werk II: Langenbruck<br />

Steinstraße 14, 85084 Langenbruck<br />

Telefon (08453) 9337<br />

Telefax (08453) 7107<br />

ks-oberbayern@t-online.de<br />

www.ks-oberbayern.de<br />

KS-Baustoffwerke Blatzheim<br />

GmbH & Co. KG<br />

Industriegebiet Kelzer Busch<br />

50171 Kerpen-Blatzheim<br />

Telefon (02275) 918-0<br />

Telefax (02275) 918-110<br />

service@ks-blatzheim.de<br />

www.ks-blatzheim.de<br />

Kalksandsteinwerk Differten/Saar<br />

Schencking GmbH & Co. KG<br />

Schäfereistraße 75a<br />

66787 Wadgassen<br />

Telefon (06834) 9600-0<br />

Telefax (06834) 9600-30<br />

verkauf@kswdifferten.de<br />

www.unika-differten.de<br />

Kalksandsteinwerk Bienwald<br />

Schencking GmbH & Co. KG<br />

An der L 540<br />

76767 Hagenbach<br />

Telefon (07273) 9355-0<br />

Telefax (07273) 9355-10<br />

info@ks-fasenstein.de<br />

www.ks-fasenstein.de<br />

www.unika-bienwald.de<br />

Das Passivhaus –<br />

Energiesparendes Bauen,<br />

aktiver Umweltschutz.


INHALT<br />

Kalksandstein. Das Passivhaus.<br />

Stand: Januar 2006<br />

Redaktion:<br />

Dipl.-Ing. S. Brinkmann, Durmersheim<br />

Dipl.-Ing. B. Diestelmeier, Dorsten<br />

Dipl.-Ing. G. Meyer, Hannover<br />

Dipl.-Ing. W. Raab, Röthenbach<br />

Dipl.-Ing. O. Roschkowski, Duisburg<br />

Dipl.-Ing. J. Schmertmann, Buxtehude<br />

Dipl.-Ing. H. Schwieger, Hannover<br />

Autor: Dr. Burkhard Schulze Darup<br />

Herausgeber:<br />

Bundesverband Kalksandsteinindustrie eV,<br />

Hannover<br />

Alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen,<br />

jedoch ohne Gewähr.<br />

Nachdruck auch auszugsweise nur mit schriftlicher<br />

Genehmigung.<br />

Alle nicht gekennzeichneten Fotos:<br />

Dr. Burkhard Schulze Darup<br />

I-9034-06/01<br />

Gesamtproduktion und<br />

© by Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf<br />

Schutzgebühr 5 �<br />

2<br />

Vorwort ______________________________________________________________ 3<br />

Was ist ein Passivhaus? _______________________________________________ 4<br />

Optimale Ausrichtung:<br />

Einfamilienhaus Herzogenaurach ________________________________________ 7<br />

Zu-/Abluftanlagen mit Wärmerückgewinnung _____________________________ 11<br />

Energetische Berechnung _____________________________________________ 12<br />

Klassisch münsterländisch:<br />

Reihenhauszeile mit Passivhaus in Alverskirchen _________________________ 13<br />

Raumluftqualität und Lüftung __________________________________________ 17<br />

Kosten, Wirtschaftlichkeit und Förderung ________________________________ 18<br />

Architektur als Beitrag zur Landesgartenschau:<br />

Hofhäuser am Wasserband in Trier______________________________________ 21<br />

Vakuum-Isolations-Paneele (VIP)________________________________________ 25<br />

Kurzdarstellung von 12 Fallbeispielen ___________________________________ 26<br />

Fenster _____________________________________________________________ 28<br />

Bürogebäude im Passivhausstandard in Ellwangen _______________________ 29<br />

Kosten versus Komfort und Behaglichkeit _______________________________ 33<br />

Lüftungskonzept _____________________________________________________ 34<br />

Heizung und sommerliche Kühlung _____________________________________ 34<br />

Luft- und Winddichtheit _______________________________________________ 35<br />

Behaglichkeit für 150 Kinder:<br />

Kindergarten Dohna __________________________________________________ 37<br />

Wärmebrücken ______________________________________________________ 41<br />

Nutzerverhalten ______________________________________________________ 44<br />

Genossenschaften im Passivhaus:<br />

Mehrfamilienhaus in Hamburg _________________________________________ 45<br />

Marktaussichten _____________________________________________________ 49<br />

Ausblick ____________________________________________________________ 50<br />

Literatur ____________________________________________________________ 50


VORWORT<br />

Kalksandstein war von Anfang an dabei, als 1991 das erste Passivhaus in Deutschland<br />

in Darmstadt-Kranichstein gebaut wurde. Der Bau von Passivhäusern mit Kalksandstein<br />

ist nicht nur gebaute Realität, sondern steht auch für hohe Wirtschaftlichkeit und<br />

Komfort. Dies belegen mehrere Hundert Kalksandstein-Objekte aus dem Wohn- und<br />

Nichtwohnbau, die in den vergangenen 15 Jahren erstellt wurden.<br />

Experten und Branchenkenner schätzen, dass im Jahr 2010 etwa jedes fünfte Haus<br />

in Passivhausbauweise entstehen wird – einer der wenigen Märkte mit Zukunftschancen.<br />

Passivhäuser sind besonders wirtschaftlich. Dabei spielen zwei Faktoren eine wichtige<br />

Rolle. Zum einen wird der Bau Energie sparender Gebäude gefördert, zum anderen steigen<br />

die Heizkosten und somit die Unterhaltskosten von Jahr zu Jahr weiter an. Dabei<br />

ist davon auszugehen, dass die Energiekostensteigerung in zum Teil schmerzhaften<br />

Sprüngen stattfinden wird. Die beste Versicherung dagegen ist frühzeitiges Investieren<br />

in Energieeffizienz und regenerative Energieversorgung – zum Beispiel durch den Bau<br />

eines massiven Passivhauses aus Kalksandstein.<br />

Mit dem Prinzip der KS-Funktionswand (tragendes Kalksandstein-Mauerwerk mit hoher<br />

Rohdichte kombiniert mit außen liegender Wärmedämmung) sind vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten<br />

gegeben. Neben der häufig anzutreffenden Variante KS-Thermohaut<br />

(KS + WDVS) sind auch die Außenwandkonstruktionen zweischaliges Mauerwerk und<br />

KS-Vorhangfassade (KS + VHF) möglich. Durch den flexibel einstellbaren winterlichen<br />

Wärmeschutz lassen sich U-Werte von ca. 0,10 W/mK erzielen. Aufgrund seiner hohen<br />

Rohdichte sorgt der Kalksandstein als natürlicher Wärmespeicher auch während<br />

sommerlicher Hitzeperioden für angenehm niedrige Raumtemperaturen und damit hohe<br />

Behaglichkeit.<br />

Bereits im Jahr 2000 veröffentlichte die Kalksandsteinindustrie die Broschüre „Passivhäuser<br />

– Fallbeispiele“ und gab damit Bauherren und Planern Hilfestellung und<br />

Anregung für den Bau von Passivhäusern. Mit der vorliegenden Broschüre baut die<br />

Kalksandsteinindustrie ihren Know-How-Vorsprung weiter aus und besetzt dieses aktuelle<br />

Zukunftsthema.<br />

Der Herausgeber<br />

Hannover, im Januar 2006<br />

VORWORT<br />

3


WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />

WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />

Passivhäuser sind durch einen sehr niedrigen<br />

Energiebedarf bei hoher Behaglichkeit<br />

und bestem Komfort gekennzeichnet. Die<br />

Transmissions- und Lüftungswärmeverluste<br />

sind so gering, dass sie fast vollständig<br />

durch kostenlose „passive“ Energiebeiträge<br />

(nutzbare Energiegewinne)<br />

ausgeglichen werden. Das sind:<br />

� solare Gewinne durch Fenster und<br />

sonstige transparente Flächen,<br />

� Wärmeabgabe von Beleuchtung,<br />

Geräten und Prozessen sowie<br />

� Körperwärme der Personen im<br />

Gebäude.<br />

Verbleibt nur ein minimaler Heizwärmebedarf<br />

von ≤ 15 kWh/(m²a), so ist das<br />

Hauptkriterium für ein Passivhaus 1) erfüllt.<br />

Der Begriff beschreibt einen technischen<br />

Standard, keinen Gebäudetyp. Dem Planer<br />

erschließen sich durch die Anwendung<br />

der Energie sparenden Komponenten vor<br />

allem neue Möglichkeiten der Gestaltung,<br />

die Einschränkungen sind eher gering.<br />

Ausgerüstet mit ein wenig zusätzlichem<br />

energetischem Handwerkszeug erweitern<br />

sich die Spielräume für Entwurfskonzepte.<br />

Durch eine sorgfältige Ausbildung der<br />

Gebäudehülle können gebäudetechnische<br />

Installationen reduziert werden und die Behaglichkeit<br />

und der Komfort der Gebäude<br />

erhöht sich.<br />

Zum Vergleich: Gebäude aus den sechziger<br />

Jahren und davor haben einen Heizwärmebedarf<br />

von 200 bis 300 kWh/(m²a),<br />

das entspricht ca. 20 bis 30 Litern Öl.<br />

In den achtziger Jahren wurden 10- bis<br />

15-Liter-Häuser gebaut. Gebäude nach<br />

der Energieeinsparverordnung (EnEV) erreichen<br />

fast den Niedrigenergiestandard<br />

und liegen bei 5 bis 10 Litern − und das<br />

Passivhaus kann als 1,5-Liter-Haus bezeichnet<br />

werden.<br />

1) Die Anforderungen für Passivhäuser wurden entwickelt<br />

in verschiedenen Arbeitskreisen und Untersuchungen,<br />

die im Wesentlichen koordiniert und<br />

ausgeführt wurden durch das Passivhaus Institut<br />

Darmstadt, Dr. Wolfgang Feist, 64283 Darmstadt.<br />

4<br />

Entwurfs- und<br />

Konstruktionskriterien<br />

Grundvoraussetzung ist eine hervorragende<br />

thermische Gebäudehülle. Die Konstruktionen<br />

von Wand, Dach und Grund<br />

sollten einen Wärmedurchgangskoeffizienten<br />

von U < 0,15 W/(m²K) aufweisen.<br />

Vorteilhaft sind eine günstige Gebäudegeometrie,<br />

die Reduzierung der Wärme<br />

abgebenden Oberflächen im Verhältnis<br />

zum Heizvolumen (A/V-Verhältnis) durch<br />

eine kompakte Form des beheizten Bereichs,<br />

große Bautiefe und den Verzicht<br />

auf Versprünge.<br />

Der Wärmedurchgang für die Fenster in<br />

der Gesamtbetrachtung von Verglasung,<br />

Rahmen und Wärmebrücken sollte U w ≤<br />

0,8 W/(m²K) betragen. Ein möglichst hoher<br />

Energiedurchlassgrad wirkt sich vorteilhaft<br />

aus, vor allem für die Südfenster ist ein<br />

Wert von g ≥ 50 bis 60 % anzustreben. Die<br />

Ausrichtung der Fensterflächen entscheidet<br />

über das Ausmaß der Wärmegewinne:<br />

Je geringer die Abweichung von der Südorientierung,<br />

desto günstiger. Möglichst<br />

weitgehende Verschattungsfreiheit dient<br />

der vollständigen Ausnutzung passiver Solargewinne.<br />

Wärmebrückenfreiheit bei Außenmaßbezug<br />

der Transmissionsfläche muss Ziel der<br />

Detaillösungen sein.<br />

Die Luftdichtheit der Gebäudehülle und<br />

eine schadensfreie Konstruktion sind die<br />

Voraussetzung für eine funktionierende<br />

Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlage<br />

mit minimierten Leckageverlusten.<br />

Übersicht der wichtigsten Passivhaus-Kriterien<br />

� Jahresheizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m 2 a)<br />

Der Nachweis erfolgt mittels BlowerDoor-<br />

Test, der für Passivhäuser einen Luftdurchsatz<br />

unterhalb des 0,6-fachen<br />

Gebäudevolumens bei einem Differenzdruck<br />

von 50 Pa vorsieht (n 50 ≤ 0,6 h -1 ).<br />

� maximale Heizwärmelast ≤ 10 W/m 2 , um auf ein gesondertes Heizsystem verzichten<br />

zu können<br />

� Wand, Dach und Fußboden: Wärmedurchgangskoeffizient U < 0,15 W/(m 2 K),<br />

Wärmebrückenfreiheit<br />

� Fenster U W ≤ 0,8 W/(m 2 K); g ≥ 50…60 %<br />

Lüftung<br />

Die Raumluftqualität muss oberste Priorität<br />

bei der Gebäudeplanung haben. Deshalb<br />

beinhaltet eine Energie sparende Planung<br />

zugleich immer die Anforderungen des<br />

gesundheitsverträglichen Bauens. Ziel ist<br />

es, Schadstoffeinträge und gesundheitsbeeinträchtigende<br />

Einflüsse so gering zu<br />

halten, dass die Luftwechselrate durch den<br />

Kohlendioxidgehalt bestimmt wird, der dem<br />

Atemvorgang der Nutzer entspricht. Der<br />

Pettenkofer-Wert von 0,1 Vol-% CO 2 sollte<br />

nicht überschritten werden. Daraus ergibt<br />

sich die Anforderung von 30 m³ Frischluft<br />

pro Stunde für jede Person (entspricht der<br />

Mindestanforderung nach DIN 1946 Teil 6)<br />

bei normaler Betätigung.<br />

Ventilatorgestützte Lüftungsanlagen dienen<br />

einem erhöhten Komfort und sorgen<br />

für eine hygienisch einwandfreie Raumluft.<br />

Mittels Wärmerückgewinnung über einen<br />

Wärmetauscher kann zudem Energie eingespart<br />

werden. Folgende Parameter sind für<br />

eine passivhaustaugliche Lüftungsanlage<br />

Voraussetzung:<br />

� Wärmebereitstellungsgrad η WRG,eff ≥ 75 %<br />

� Zulufttemperatur > 16,5 °C zur<br />

Erzielung von Behaglichkeit<br />

� Luftdichtheit: max. 0,6-facher Luftwechsel bei 50 Pa Druckdifferenz (n 50 ≤ 0,6 h -1 )<br />

� Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung mit einem Wärmebereitstellungsgrad<br />

η WRG,eff ≥ 75 %, Stromeffizienz p el < 0,45 Wh/m 3<br />

� Jahresprimärenergiebedarf für Heizung, Brauchwasserbereitung, Lüftung und<br />

Haushaltsstrom ≤ 120 kWh/(m 2 a)


� Stromeffizienz p el < 0,45 Wh/m³<br />

� weitgehende Dichtheit des Lüftungsgeräts<br />

� Schalldruckpegel in Wohnräumen<br />

< 25 dB(A)<br />

Restwärmebereitstellung<br />

Der Passivhaus-Standard von 15 kWh/<br />

(m²a) ermöglicht einen Kostensprung<br />

zur Reduzierung der Investitionskosten,<br />

wenn ein gesondertes Heizsystem überflüssig<br />

wird und das ohnehin vorhandene<br />

Zuluftsystem die erforderliche Heizwärme<br />

transportieren kann. Damit dies unter<br />

bauphysikalisch behaglichen Kriterien<br />

geschehen kann, muss die Auslegungs-<br />

Heizleistung unter 10 W/m² und die maximale<br />

Temperatur im Wärmetauscher bei<br />

50 °C liegen.<br />

Zahlreiche Beispiele zeigen, dass ein<br />

deutlicher wirtschaftlicher Vorteil hinsichtlich<br />

der Gestaltung der Heizanlage<br />

auch bei der Trennung von Lüftungs- und<br />

Heizungstechnik gegeben ist. Gerade bei<br />

gewerblich genutzten Gebäuden kommt<br />

als wichtiger ökonomischer Faktor hinzu,<br />

dass bei einer Passivhaus-Gebäudehülle<br />

deutliche Einsparungen hinsichtlich<br />

der Gebäudetechnik – gerade auch für<br />

den Sommerfall – gegeben sind mit der<br />

Folge eines deutlich reduzierten Technikaufwands.<br />

Dies eröffnet ein weiteres<br />

Einsparungspotenzial bei den Funktionsflächen<br />

und den daraus resultierenden<br />

Baukosten.<br />

Energetische Berechnung<br />

und Anforderung an den<br />

Primärenergiebedarf<br />

Die Einbeziehung der energetischen Gebäudesimulation<br />

bereits in der Vorentwurfsphase<br />

ist Voraussetzung für eine<br />

wirtschaftliche Konzeption von Passivhäusern.<br />

Als Werkzeug dient das Passivhaus<br />

Projektierungs Paket (PHPP) 2) , mit dem<br />

die Besonderheiten hoch energieeffizienter<br />

Gebäude rechnerisch äußerst exakt<br />

abgebildet werden können.<br />

2) Passivhaus Projektierungs Paket. Passivhaus Institut<br />

Darmstadt, www.passiv.de<br />

kWh/(m ≤ a)<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />

Haushaltsstrom<br />

Lüfterstrom<br />

Warmwasser<br />

Heizung<br />

Bestand WSVO 84 WSVO 95 EnEV KfW 60 KfW 40 3-Liter- Passivhaus<br />

Haus<br />

Primärenergie-Kennwerte von Baustandards<br />

Zugleich dient das Programm als Qualitätsnachweis,<br />

in dem die konstruktiven<br />

und energetischen Kennwerte zusammengefasst<br />

sind. Zudem wird die Erfüllung der<br />

Passivhaus-Kriterien nachgewiesen:<br />

� Heizwärmebedarf ≤ 15 kWh/(m²a)<br />

� Primärenergiebedarf für Heizung,<br />

Klimatisierung, Warmwasserbereitung,<br />

Hilfsenergien und (Haushalts) – Strom<br />

≤ 120 kWh/(m²a).<br />

Primärenergieaufwand<br />

Neben dem Aspekt des Energieverbrauchs<br />

für den Gebäudebetrieb ist die Betrachtung<br />

des Primärenergieaufwands für die Gebäudeerstellung<br />

relevant.<br />

Der zusätzliche Materialaufwand für den<br />

Passivhaus-Standard amortisiert sich<br />

im Vergleich zum Standard der EnEV bei<br />

günstig geplanten Gebäuden in einem<br />

Zeitraum von etwa einem Jahr.<br />

Behaglichkeit und<br />

Raumklima<br />

Hoch wärmegedämmte Außenbauteile erfüllen<br />

die bauphysikalische Behaglichkeitsanforderung<br />

nach einer hohen inne-<br />

ren Oberflächentemperatur, die nahe an<br />

der Raumlufttemperatur liegt. Tauwasser<br />

und mithin Schimmelproblematik kann bei<br />

solchen Konstruktionen nicht auftreten.<br />

Fenster mit einem U-Wert unterhalb<br />

0,8 W/(m²K) weisen ausreichende Behaglichkeitskriterien<br />

auf, ohne durch Heizwärme<br />

einen Ausgleich schaffen zu müssen.<br />

Strahlungs-Asymmetrien werden in<br />

Passivhäusern auf ein sehr komfortables<br />

Maß minimiert.<br />

Als Folge der geringen Thermik und der<br />

minimalen Heizlast liegen auftretende<br />

Luftgeschwindigkeiten deutlich unter der<br />

Anforderungsschwelle von 0,15 m/s, in<br />

den meisten Bereichen unter 0,05 m/s.<br />

Die Lüftungsanlage erzeugt nur in sehr<br />

kleinen Einblasbereichen eine erhöhte<br />

Luftgeschwindigkeit, die bei richtiger Planung<br />

aufgrund der geringen stündlichen<br />

Luftmengen keinerlei Zugempfinden aufkommen<br />

lässt.<br />

Sehr wesentlich für das Wohlbefinden ist<br />

die ständig erneuerte Frischluft. Dies hat<br />

nicht nur Vorteile für die Raumluftqualität.<br />

Es stellt sich auch eine kontinuierlich angemessene<br />

Raumluftfeuchte ein, da eine<br />

ständige Abfuhr der anfallenden (Wohn-)<br />

Feuchte im Gebäude sichergestellt ist. Auf-<br />

grund des relativ geringen erforderlichen<br />

Luftwechsels von etwa 30 m³/h pro Person<br />

fällt bei richtiger Planung an kalten Tagen<br />

die Raumluftfeuchte dennoch nicht in zu<br />

trockene Bereiche.<br />

Die hohe bauphysikalische Behaglichkeit<br />

führt zu Wohlbefinden und besten hygienischen<br />

und gesundheitlichen Raumklima-<br />

5


WAS IST EIN PASSIVHAUS?<br />

bedingungen. Dies schlägt sich nicht nur<br />

beim Wohnen in positiven Kommentaren<br />

der Bewohner nieder – auch bei gewerblichen<br />

Objekten ist durchaus eine Betrachtung<br />

dieser „weichen“ Komfortfaktoren<br />

sinnvoll: Durch niedrigeren Krankenstand<br />

amortisieren sich nicht nur die geringen<br />

Mehrinvestitionen sehr schnell. Obendrein<br />

stimuliert ein komfortables Arbeitsumfeld<br />

ein positives Arbeitsklima.<br />

6<br />

Kostengünstige<br />

Passivhäuser<br />

Der Kostenvergleich von Passivhauskomponenten<br />

gegenüber Standard-Technik<br />

nach EnEV stellt sich wie folgt dar:<br />

� Erhöhte Dämmstoffdicken sind von Anfang<br />

an rentierlich, wenn der konstruktive<br />

Aufwand niedrig gehalten werden kann.<br />

� Passivhaus-Fenster erzeugen derzeit<br />

noch 30 bis 50 % Mehrinvestitionen, in wenigen<br />

Jahren werden es 15 bis 30 % sein.<br />

GLOSSAR<br />

3-Liter-Haus: Gebäude mit einem Heizwärmebedarf<br />

von höchstens 30 kWh/<br />

(m 2 a). Es handelt sich um keinen geschützten<br />

Begriff und es gibt auch abweichende<br />

Definitionen, bezogen auf<br />

den Heizenergiebedarf oder den Primärenergiebedarf.<br />

Ein Nullheizenergiehaus ist ein Gebäude<br />

ohne Verbrauch an fossilen Energieträgern,<br />

d.h. der Heizwärmebedarf<br />

wird über regenerative Energieträger<br />

gedeckt.<br />

Von einem Nullenergiehaus spricht man,<br />

wenn sich diese Betrachtung nicht nur<br />

auf das Heizen, sondern auch auf die<br />

Bereiche Warmwasserbereitung und<br />

Haushaltsstrom bezieht.<br />

Ein PlusEnergieHaus weist in der Bilanz<br />

einen Energieüberschuss auf. Im Allgemeinen<br />

werden bei diesen Gebäuden<br />

Passivhaus-Technologien hinsichtlich<br />

der Gebäudehülle und der Lüftungstechnik<br />

zur Minimierung des Heizwärmebedarfs<br />

eingesetzt, darüber hinaus<br />

wird in hohem Umfang eine Versorgung<br />

mit regenerativen Energieträgern durchgeführt.<br />

� Lüftungstechnik dient nicht nur der<br />

Energieeffizienz, sondern in starkem Maß<br />

dem Komfort und der Raumluftqualität,<br />

für die in Fachkreisen für jedes Gebäude<br />

ventilatorgestützte Lüftung gefordert wird.<br />

Dadurch relativieren sich die 30 bis 70<br />

€/m² für Zu-/Abluftanlagen. Bei Gewerbebauten<br />

kann das Passivhaus-Konzept<br />

Einsparungspotenziale hinsichtlich der<br />

Raumluft-Technik (RLT) eröffnen.<br />

� Heizungstechnik wird kostengünstiger<br />

durch die geringe Heizwärmelast mit der<br />

Folge minimierter Technik in der Zentrale<br />

und einem deutlich vereinfachten Verteilsystem.<br />

� Bei gewerblichen Gebäuden kann die<br />

dort übliche Klimatechnik durch das Passivhaus-Konzept<br />

überflüssig werden, was<br />

zu deutlichen Einsparungen führt.<br />

Passivhäuser erzeugen gegenüber einem<br />

Standardgebäude Mehrinvestitionen<br />

von 5 bis 15 %. In zahlreichen Fällen wurde<br />

allerdings dokumentiert, dass durch konsequente<br />

Planung Einsparungen in zahlrei-<br />

Energiebezugsfläche: Fläche, auf die<br />

sich der Kennwert eines Energiebilanzverfahrens<br />

bezieht. Sie wird nach EnEV<br />

aus dem Volumen abgeleitet und ist<br />

vor allem bei kleineren Gebäude meist<br />

deutlich größer als die tatsächliche<br />

Wohn- und Nutzfläche.<br />

Energiedurchlassgrad (g-Wert): Kennzahl<br />

von Gläsern, die angibt, wie viel<br />

Prozent der auf die Scheibe treffenden<br />

Sonnenenergie diese durchdringt. Je<br />

höher der g-Wert ist, desto mehr solare<br />

Wärmegewinne erhält das Haus durch<br />

die Fenster.<br />

Heizwärmebedarf: Notwendige jährliche<br />

Wärmezufuhr eines Gebäudes<br />

[kWh/m 2 a] zur Aufrechterhaltung normaler<br />

Innenraumtemperaturen bei normalen<br />

äußeren Klimabedingungen<br />

und normalem Luftwechsel. Er ergibt<br />

sich aus Transmissionswärmeverlusten,<br />

Lüftungswärmeverlusten, solaren<br />

Wärmegewinnen und internen Wärmegewinnen.<br />

chen Bereichen vom Raumprogramm bis<br />

zur Technik erzielt werden konnten. Dies<br />

führte zu äußerst günstigen Lösungen,<br />

die bereits bei den Investitionskosten mit<br />

üblichen Gebäuden konkurrieren konnten.<br />

Solche Synergieeffekte sind bei vielen gewerblichen<br />

Gebäuden erzielbar, ebenso bei<br />

kommunalen Bauten wie Schulen, Pflege-<br />

und Altenheimen.<br />

Bei der Betrachtung von Betriebs- und<br />

Finanzierungskosten liegt bereits bei heutigen<br />

Rahmenbedingungen unter Einbeziehung<br />

der aktuellen Förderprogramme die<br />

jährliche Belastung von Passivhäusern<br />

in den meisten Fällen niedriger als die<br />

für Standardgebäude. Bei steigenden<br />

Energiepreisen wird sich dieser Effekt<br />

verstärken. Bereits nach einem kleinen<br />

Teil der Abschreibungszeit von z.B. 20<br />

Jahren wird sich die wirtschaftliche Situation<br />

völlig anders darstellen. Es kann<br />

sicher prognostiziert werden, dass auf<br />

die Lebenszeit gesehen Passivhäuser die<br />

mit Abstand wirtschaftlichere Variante<br />

gegenüber üblichen Gebäudestandards<br />

darstellen.<br />

Interne Wärmegewinne: Energiegewinne<br />

aus der Abwärme von elektrisch betriebenen<br />

Geräten, von anderen Wärmequellen<br />

wie Gasherden und von in den Räumen<br />

lebenden Menschen.<br />

Lüftungswärmebedarf: Wärmebedarf für<br />

die Erwärmung der Frischluft.<br />

Solare Wärmegewinne: Nutzbare Sonnenenergie,<br />

die durch transparente Bauteile<br />

ins Haus gelangt.<br />

Wärmedurchgangskoeffizient (U-Wert):<br />

Gibt den Wärmestrom in Watt an, der<br />

durch einen Quadratmeter eines Bauteils<br />

bei einer Temperaturdifferenz zwischen<br />

innen und außen von 1 Kelvin fließt.<br />

Wärmeleitfähigkeit (λ R -Wert): Gibt an,<br />

welche Wärmemenge durch eine Fläche<br />

von 1 m 2 eines Baumaterials von 1 m<br />

Dicke strömt, wenn die Temperaturdifferenz<br />

zwischen den beiden Seiten 1 Kelvin<br />

beträgt. Die Maßeinheit ist W/m·K. Je<br />

größer der λ R -Wert ist, desto besser leitet<br />

das Material Wärme.


OPTIMALE AUSRICHTUNG!<br />

Einfamilienhaus Herzogenaurach<br />

Zunächst gab es ein wunderschönes<br />

Grundstück am südöstlichen Rand des<br />

Herzogenauracher Ortsteils Welkenbach,<br />

das frisch aufgelegte Förderprogramm<br />

des Stadtrats in Höhe von 5.000 € pro<br />

Passivhaus, und – das war der Wermutstropfen<br />

– das Grundstück lag diagonal zur<br />

Südausrichtung. Sicher wäre es möglich<br />

gewesen, die ortstypische eingeschossige<br />

Bebauungsform mit Satteldach aufzunehmen<br />

und dieses Konzept energetisch zu<br />

optimieren. Es ging aber zugleich um kostenoptimierte<br />

Planung: Das Budget sollte<br />

ausreichen, eine ganze Menge Wünsche<br />

für eine fünfköpfige Familie zu erfüllen –<br />

und trotzdem den Passivhaus-Standard<br />

zu erreichen. Es sollten große Zimmer<br />

für die Kinder sein, ein zentraler Wohnbereich,<br />

eine separate Küche mit bequemem<br />

Essbereich, viel Abstellfläche, eine<br />

Rückzugsmöglichkeit für die Eltern, ein<br />

Arbeitszimmer und ein Gästezimmer.<br />

Das größte Einsparpotenzial liegt im<br />

ersten Planungsabschnitt. Deshalb wurde<br />

Architekten Thomas Meyer, Cadolzburg, und<br />

Burkhard Schulze Darup, Nürnberg<br />

Südansicht: Alle Aufenthaltsräume sind segmentbogenförmig nach Süden geöffnet<br />

zunächst das Raumprogramm auf den Prüfstand<br />

gestellt: Die drei letzten Funktionen<br />

wurden zu einem kombinierten Arbeits- und<br />

Gästezimmer zusammengefasst und die<br />

Eltern bekamen einen abgeschlossenen<br />

großzügigen Schlafbereich abseits von<br />

den schon sehr selbstständigen Kindern.<br />

Durch diese Art des Entwurfsprozesses<br />

konnten die Baukosten so weit gesenkt<br />

werden, dass die Passivhaus-Komponenten<br />

in das Budget passten – zumindest,<br />

wenn keine zusätzlichen Aufwendungen<br />

erforderlich wurden, z.B. für das Ausgleichen<br />

einer ungünstigen Ausrichtung durch<br />

erhöhte Dämmstoffdicken.<br />

EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />

Also ging es an die konsequente Optimierung<br />

der energetischen Rahmenbedingungen.<br />

Die Dreiecksform mit der segmentbogenförmigen<br />

Südfassade ermöglicht<br />

nicht nur die Südausrichtung aller<br />

Aufenthaltsräume, sondern schafft durch<br />

den Dachverlauf einerseits angemessen<br />

niedrige Räume bei den nördlich gelegenen<br />

Kellerersatzräumen und andererseits<br />

ausreichend Höhe für Hochbetten bzw.<br />

Spielebenen in den Kinderzimmern. Der<br />

Versatz zwischen Erdgeschoss und Dachgeschoss<br />

mit der gegenläufigen Dachfläche<br />

ermöglichte nicht nur eine optimierte<br />

Ausbalancierung der EG- zu den<br />

OG-Flächen, sondern wurde seitens der<br />

Herzogenauracher Baubehörde wohlwollend<br />

als hinreichendes Attribut an die<br />

umgebende Bebauung gewertet, um eine<br />

Genehmigung für diese Passivhaus-Form<br />

geben zu können.<br />

Gebäudehülle & Konstruktion<br />

Die Außenwandkonstruktion wurde klassisch<br />

erstellt: 17,5 cm Kalksand-Planstein<br />

mit 32 cm Wärmedämm-Verbundsystem<br />

7


EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />

Die Flächen mit NO- und NW-Ausrichtung haben nur<br />

kleine Fenster<br />

mit λ R = 0,040 W/mK. Der resultierende<br />

U-Wert liegt unter 0,12 W/(m²K). Entgegen<br />

der bereits oft angewandten tragenden Bodenplatte<br />

mit lückenlos umfassender unterer<br />

Dämmlage ergab sich in diesem Fall<br />

eine kostengünstigere Ausführung der<br />

Gründung mit Streifenfundamenten. Dementsprechend<br />

liegt die gesamte Dämmung<br />

mit 25 cm PS oberhalb der Betonplatte,<br />

unter dem Estrich. Der U-Wert liegt unter<br />

0,14 W/(m²K).<br />

Die Dachkonstruktion stellt aufgrund<br />

des Gebäudezuschnitts ein kleines Kunstwerk<br />

dar, das aber für den Zimmerer einfach<br />

und kostengünstig mit Brettschichtholz<br />

im Querschnitt 60/400 mm zu erstellen<br />

war. Die Aussteifung der hohen Hölzer<br />

erfolgt durch die obere Schalungslage bzw.<br />

Windrispen. Zur Dämmung wurde Zellulose<br />

eingeblasen. Der resultierende U-Wert liegt<br />

fast bei 0,1 W/(m²K).<br />

Die Fenster wurden als Passivhaus-<br />

Kunststofffenster ausgeführt mit einem<br />

sehr günstigen U w von 0,78 W/(m²K) und<br />

einem g-Wert von 50 %. Die segmentbogenförmigen<br />

Fenster auf der Südseite<br />

wurden jeweils durch ein kleines Kopplungsprofil<br />

verbunden, um einen dichten<br />

Anschluss zu erzielen.<br />

Die Wärmebrückenermittlung erfolgte im<br />

Rahmen der Passivhaus-Projektierung. Aufgrund<br />

des Außenmaßbezuges ergibt sich<br />

in der Summe ein negativer Wert.<br />

Hinsichtlich der Luftdichtigkeit wurde<br />

bei Detailplanung und Ausführung sehr<br />

sorgfältig gearbeitet. Der Bauherr führte<br />

einen Teil des Innenausbaus in Eigenleistung<br />

durch und legte großen Wert auf<br />

qualitativ hochwertige Arbeit, so dass beim<br />

Blower-Door-Test ein n 50 -Wert von 0,3 h -1<br />

gemessen wurde.<br />

8<br />

Nordansicht mit deutlich erkennbarer Dachkonstruktion:<br />

Brettschichtholz 6/40 cm<br />

Grundriss des Obergeschosses – drei Kinderzimmer, Gäste- und Abstellraum<br />

Anschluss der Außenwand zum Dach auf der<br />

Nordseite<br />

Im Erdgeschoss finden neben Küche und Wohn-/Essbereich ein Hauswirtschaftsraum und das<br />

Elternschlafzimmer Platz


Optimale Ausrichtung der Solarkollektoren<br />

Lüftung<br />

Das ursprünglich ausgeschriebene Lüftungskonzept<br />

wurde im Zuge der Vergabe<br />

und Ausführung grundlegend geändert,<br />

da die ausführende Lüftungsfirma den<br />

Bauherrn von einem anderen System<br />

überzeugte. Bei dem nun eingebauten<br />

Lüftungssystem verläuft die Leitungsführung<br />

unter dem Estrich mit Luftauslässen<br />

im Bereich der Heizflächen und nicht, wie<br />

ursprünglich geplant, mit Wickelfalzrohren<br />

in Verbindung mit kurzer Leitungsführung<br />

und Verteilung über Weitwurfdüsen.<br />

Lüftungsgerät: Zu-/Abluftanlage mit<br />

Wärmerückgewinnung<br />

Regeldetail Bodenplatte – Wand<br />

Das Zu-/Abluftgerät mit Wärmerückgewinnung<br />

erhält die frische Außenluft über<br />

einen Erdwärmetauscher mit 25 m Länge,<br />

der in gut 2 m Tiefe mit Gefälle zu einem<br />

Revisionsschacht bei der Ansaugung<br />

verlegt ist.<br />

Heizung &<br />

Warmwasserbereitung<br />

Die Wärmebereitstellung erfolgt mit einer<br />

Gas-Brennwerttherme, die in den Solar-<br />

Schichtenspeicher integriert ist. Dadurch<br />

konnte eine sehr raumsparende<br />

Installation erfolgen, die nur eine Fläche<br />

von einem Quadratmeter einnimmt. Die<br />

Energieversorgung erfolgt durch Propan-<br />

Schnitt durch das Einfamilienhaus<br />

EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />

gasflaschen. Eine Flasche mit 33 kg hält<br />

in der Hauptheizzeit ca. 3 Wochen – inkl.<br />

Warmwasserbereitung für fünf Personen.<br />

Die Heizzeit beginnt üblicherweise im<br />

November und endete laut Angabe des<br />

Bauherrn im Jahr 2005 Mitte Februar.<br />

Die Solarthermie-Anlage wurde als fassadenintegrierter<br />

Flachkollektor mit 10 m²<br />

Absorberfläche erstellt. Durch die vertikale<br />

Ausrichtung erhöht sich die Ausbeute im<br />

Winterhalbjahr, während beim höchsten<br />

Sonnenstand die solare Ausbeute geringer<br />

wird. Das wirkt sich angesichts der für den<br />

Sommerfall überdimensionierten Fläche<br />

angenehm auf die Stillstandszeiten aus.<br />

9


EINFAMILIENHAUS HERZOGENAURACH<br />

Projektdaten<br />

Objekt Frei stehendes Einfamilienhaus<br />

Bauherr Familie Rubruck<br />

Ort 91074 Herzogenaurach<br />

Wohn-/Nutzfläche 163 m² inkl. Nebenräume (nicht unterkellert)<br />

Konstruktion<br />

Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 32 cm WDVS aus Polystyrol mit λ R = 0,040 W/(mK)<br />

U-Wert = 0,12 W/(m²K)<br />

Bodenplatte Stahlbetonbodenplatte mit Streifenfundamenten, 25 cm Estrichdämmung<br />

(10 cm mit λ R = 0,035 W/(mK), 15 cm mit λ R = 0,040 W/(mK)),<br />

U-Wert = 0,14 W/(m²K)<br />

Dach Tragwerk Brettschichtholz 60/400 mm, 40 cm Zellulosedämmung<br />

mit λ R = 0,040 W/(mK), U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Fenster Kunststofffenster U w = 0,78 W/(m²K), g-Wert = 50 %<br />

Fabrikat: Eurotec<br />

Eingangstür Passivhaustür U w = 0,8 W/(m²K)<br />

Fabrikat: Variotec<br />

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung der Wärmebrücken<br />

ΔU WB = -0,01 W/(m²K)<br />

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50 = 0,30 h -1<br />

Gebäudetechnik<br />

Lüftung Fabrikat Pluggit, Lüftungsverteilung unter dem Estrich,<br />

Erdreichwärmetauscher mit Rohrdurchmesser 160 mm<br />

Länge: 25 m, PE-Leitung 2,5 m tief<br />

Heizung und<br />

Warmwasser<br />

Übertragung<br />

Heizwärme<br />

10<br />

Gas-Brennwert-Therme, Fabrikat Solvis-Max in Verbindung mit 10 m²<br />

Fassaden-Solarkollektoren und 400 Liter Schichtenspeicher<br />

Heizkörper an den Lüftungsauslässen<br />

Baukosten 1.100 €/m² Wohn-/Nutzfläche<br />

Baujahr Fertigstellung 2002<br />

Architekten Architekturbüro Architekturbüro<br />

Dr. Burkhard Schulze Darup Thomas Meyer<br />

90475 Nürnberg 90556 Cadolzburg<br />

www.schulze-darup.de<br />

Bilanzierung des<br />

Heizwärmebedarfs<br />

kWh/(m2a)<br />

Gewinne<br />

Verluste<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45<br />

Heizwärmebedarf<br />

Solarstrahlung<br />

Interne Wärmequelle<br />

13,8 18,4 10,6<br />

13,2 6,1 3,9 14,5 5,1<br />

Wand<br />

Dach<br />

Grund<br />

Fenster<br />

Lüftung<br />

Die Küche neben dem Wohn-/Essbereich<br />

Resümee<br />

Die Familie fühlt sich in ihrem Haus rundum<br />

wohl. Natürlich gibt es Nachteile, die<br />

sich aus der wunderbar ländlichen Lage<br />

ergeben – so staubt es bisweilen landwirtschaftsbedingt<br />

oder es gibt mal ein paar<br />

Tage eine Mückenplage.<br />

Stimmen zum Haus:<br />

„Wir leben mit der Sonne, sie begleitet<br />

uns den Tag über von Fenster zu<br />

Fenster, das bringt eine wunderbare<br />

Lebensqualität!“<br />

„In der vorherigen Wohnung hatte ich<br />

immer geschwollene Augen wegen<br />

einer Allergie, im Passivhaus habe ich<br />

das nicht mehr.“<br />

„So hell und trotzdem geborgen und<br />

freundlich…“<br />

„Ganz angenehm gute Luft, keine<br />

Atembeschwerden wie in vielen anderen<br />

Häusern.“ (Opa, 85 Jahre, bei<br />

einem Besuch)<br />

„Durch die Glasfront fühle ich mich<br />

fast, als wäre ich draußen. Und trotzdem<br />

ist es total behaglich warm.“<br />

„Sehr angenehme gleichmäßige Temperatur<br />

im ganzen Haus, sowohl im<br />

Winter wie auch im Sommer.“<br />

„Das Haus ist ja schon ein komisches<br />

Modell“ (Nachbarin nach einem Jahr<br />

Stillschweigen).


ZU-/ABLUFTANLAGEN MIT<br />

WÄRMERÜCKGEWINNUNG<br />

Die Reduzierung der Lüftungswärmeverluste<br />

über eine Zu- und Abluftanlage mit<br />

Wärmerückgewinnung ist eine der wesentlichen<br />

Maßnahmen, um den niedrigen<br />

Energieverbrauch eines Passivhauses zu<br />

erreichen und zugleich für die Bewohner<br />

einen hohen Komfort und gute Raumluftqualität<br />

zu erzielen. Durch die Lüftungsanlage<br />

wird die Wärme der Abluft über einen<br />

Wärmetauscher auf die hereinströmende<br />

Außenluft übertragen. Um den hohen energetischen<br />

und technischen Ansprüchen<br />

eines Passivhauses gerecht zu werden,<br />

müssen das Gerät und die damit verbundene<br />

Anlage folgende Kriterien 1) erfüllen.<br />

1. Behaglichkeitskriterium: Eine minimale<br />

Zulufttemperatur von 16,5 °C wird vom<br />

Gerät ohne zusätzliche Einrichtungen<br />

auch bei einer Außenlufttemperatur von<br />

-10 °C erreicht.<br />

2. Effizienzkriterium (Wärme): Effektiver<br />

trockener Wärmebereitstellungsgrad<br />

η WBG,t,eff (≥ 75 %, am Laborprüfstand mit<br />

balancierten Massenströmen auf der<br />

Außen-/Fortluftseite gemessen.<br />

3. Effizienzkriterium (Strom): Elektrische<br />

Leistungsaufnahme des Gerätes inklusive<br />

Steuerung jedoch ohne Frostschutzheizung<br />

≤ 0,45 W/(m 3 /h) bei einer externen<br />

Pressung von 100 Pa.<br />

4. Dichtheit und Dämmung: Leckvolumenströme<br />

≤ 3 % des mittleren Volumenstromes<br />

des Wohnungslüftungsgerät-Einsatzbereiches<br />

entsprechend den<br />

DIBt-Richtlinien sowohl für Unter- als<br />

auch Überdruck.<br />

5. Abgleich und Regelbarkeit: Disbalance<br />

von maximal 10 % für Außen- und<br />

Fortluftmassenstrom (bei Aufstellung<br />

des Gerätes innerhalb der wärmegedämmten<br />

Gebäudehülle) bzw. Zuluft- und<br />

Abluft-Massenstrom (bei Aufstellung des<br />

Gerätes außerhalb der wärmegedämmten<br />

Gebäudehülle).<br />

6. Schallschutz: Schalldruckpegel im<br />

Aufstellraum ≤ 35 dB(A), in Wohnräumen<br />

1) Passivhaus Institut Darmstadt: Anforderungen -<br />

Zertifizierung von Lüftungsanlagen, Kriterien für<br />

die Beurteilung der Eignung von Lüftungsanlagen<br />

als Passivhaus-geeignete Komponente:<br />

www.passiv.de<br />

2) z.B. Fabr. Rehau<br />

unter 25 dB(A) und in Funktionsräumen<br />

unter 30 dB(A).<br />

7. Raumlufthygiene: Das Zentralgerät einschließlich<br />

Wärmeübertrager sollte einfach<br />

zu inspizieren und zu reinigen sein. Der<br />

Filterwechsel kann vom Betreiber (kein<br />

Fachpersonal) selbst durchgeführt werden,<br />

Filterqualitäten:<br />

� Außenluftfilter als Feinfilter (F7),<br />

Anordnung frontständig<br />

� Abluftfilter als Grobfilter (G4)<br />

Filterüberwachung durch Druckdifferenzmessung<br />

an den Filtern, halbjährlicher<br />

Filterwechsel. Wird das Gerät im Sommer<br />

nicht betrieben, soll der Filter vor der Wiederinbetriebnahme<br />

gewechselt werden.<br />

Der Gerätehersteller hat entweder durch<br />

Gerätebestandteile oder durch obligatorisch<br />

beigefügtes Zubehör dafür Sorge zu<br />

tragen, dass die Raumlufthygiene nach<br />

dem neuesten Erkenntnisstand sichergestellt<br />

wird.<br />

8. Frostschutzschaltung: Auch bei winterlichen<br />

Extremtemperaturen (-15 °C) muss<br />

sowohl ein Zufrieren des Wärmeübertragers<br />

als auch das Einfrieren eines hydraulischen<br />

Nachheizregisters ausgeschlossen<br />

werden. Beim ungestörten Frostschutzbetrieb<br />

muss die reguläre Funktion des Gerätes<br />

dauernd sichergestellt sein (keine<br />

Außenluftunterbrechungsschaltung).<br />

Erdwärmetauscher<br />

Durch einen Erdwärmetauscher, der die<br />

Außenluft vorwärmt, kann der Wirkungsgrad<br />

einer Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung<br />

verbessert und vor allem<br />

das Einfrieren des Wärmetauschers verhindert<br />

werden. Es kann handelsübliches<br />

Rohrmaterial, z.B. Kabelschutzrohre HD-<br />

PE, KG-Rohr oder spezifisches Material für<br />

Erdwärmetauscher verwendet werden 2) . Als<br />

Querschnitte sind in Abhängigkeit von der<br />

Luftmenge für den Bereich einer Wohneinheit<br />

DN 150 oder DN 200 zu wählen. Die<br />

Länge und Anordnung ergibt sich aus der<br />

Anforderung an die minimale Lufttemperatur<br />

am Wärmetauscher des Gerätes. 15<br />

bis 40 m Rohrlänge werden üblicherweise<br />

ausgeführt. Je höher die Erdüberdeckung<br />

(möglichst > 2,00 m oder Führung unterhalb<br />

der Bodenplatte) und je besser leitend<br />

das umgebende Erdmaterial ist (z.B. gut<br />

verdichtetes lehmiges Material), desto<br />

günstiger ist der Wirkungsgrad. Die Leitungen<br />

sollten mit mindestens 2 % Gefälle<br />

zu einem Reinigungsschacht verlegt sein<br />

ZU-/ABLUFTANLAGEN MIT WÄRMERÜCKGEWINNUNG<br />

und mit einem Ansaugfilter ausgestattet<br />

sein. Zudem ist sicherzustellen, dass<br />

eine Reinigung möglich ist und jederzeit<br />

eine hygienisch einwandfreie Situation<br />

gegeben ist.<br />

Eine gute Alternative stellt ein Sole-<br />

Luft-Wärmetauscher [1] dar. Dabei wird<br />

eine Erdleitung mit Sole durchströmt und<br />

die so gewonnene Erdwärme vor dem Lüftungsgerät<br />

mittels Wasser-Luft-Wärmetauscher<br />

auf die angesaugte Außenluft der<br />

Lüftungsanlage übertragen. Die Anlage<br />

ist einfach herstellbar und mittels einer<br />

kleinen Umwälzpumpe gezielt regelbar.<br />

Zentralgerät einer Zu-/Abluftanlage mit<br />

Wärmerückgewinnung für Einfamilienhäuser<br />

Lüftungszentrale für ein Gebäude mit ca. 1000 m 2<br />

Nutzfläche<br />

Lüftungszentrale für ein Bürogebäude mit über<br />

5000 m 2 Nutzfläche<br />

11


ENERGETISCHE BERECHNUNG<br />

12<br />

ENERGETISCHE BERECHNUNG<br />

Für den Energiebedarf eines Gebäudes<br />

werden bereits beim Vorentwurf die wichtigsten<br />

Festlegungen getroffen. Deshalb<br />

sollte schon in diesem Stadium eine begleitende<br />

Untersuchung zur thermischen<br />

Bauphysik und zum Jahresheizwärmebedarf<br />

durchgeführt werden. Üblicherweise<br />

wird das Berechnungsverfahren nach<br />

EN 832 / DIN V 4108-6 eingesetzt, das<br />

der Energieeinsparverordnung (EnEV) zu<br />

Grunde liegt. Baulicher Wärmeschutz<br />

und Heizungsanlagentechnik können auf<br />

diesem Weg simuliert und während des<br />

gesamten Planungsprozesses optimiert<br />

werden.<br />

Die hohe Wirtschaftlichkeit des Passivhauses<br />

basiert auf den hohen Anforderungen<br />

an den baulichen Wärmeschutz,<br />

wodurch die Anlagentechnik kostengünstig<br />

realisierbar ist.<br />

Es ist sinnvoll, für Gebäude mit extrem<br />

niedrigem Jahresheizwärmebedarf<br />

Programme zu verwenden, bei denen<br />

die spezifischen Anforderungen erfasst<br />

werden können. Mit dem Passivhaus<br />

Projektierungs Paket (PHPP) 1) liegen<br />

seit Jahren im Bereich der Planung hoch<br />

energieeffizienter Gebäude sehr gute<br />

Erfahrungen vor. Bei mehreren hundert<br />

Gebäuden wurden Rechenergebnisse<br />

durch später durchgeführte Energieverbrauchs-Messungen<br />

bestätigt.<br />

1) Passivhaus Projektierungs Paket. Passivhaus Institut<br />

Darmstadt, www.passiv.de<br />

kWh/(m2a)<br />

Gewinne<br />

Verluste<br />

Jahres-Heizwärmebilanz für ein charakteristisches Passivhaus<br />

14,8<br />

13,2 10,9<br />

9,2 6,4 3,3 13,5 0,4 6,1<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Heizwärmebedarf<br />

Solarstrahlung<br />

Interne Wärmequelle<br />

Es handelt sich um ein Excel-Programm<br />

auf Grundlage der EN 832, bei dem zunächst<br />

wie bei den Rechenwegen nach<br />

EnEV zur Ermittlung der Transmissionswärmeverluste<br />

die Außenoberflächen<br />

der Wärme übertragenden Gebäudehülle<br />

mit Bauteilaußenmaßen sowie die<br />

entsprechenden U-Werte eingegeben<br />

werden. Sehr genau können dabei zur<br />

Ermittlung der solaren Gewinne die Rahmenbedingungen<br />

der Fenster inklusive<br />

der vorliegenden Verschattung erfasst<br />

werden. Wärmebrücken werden mit ihren<br />

Wärmebrückenverlustkoeffizienten<br />

längenbezogen eingegeben.<br />

Lüftungswärmeverluste und interne Gewinne<br />

sind auf einfachem, aber sehr präzisem<br />

Weg ermittelbar. Dabei sind Standardwerte<br />

im Programm vorgegeben,<br />

die jedoch alternativ mit sehr hoher<br />

Tiefenschärfe individuell ermittelt werden<br />

können und somit die Spezifika des<br />

Passivhauses sehr genau abbilden.<br />

Aus diesen Eingaben ergeben sich<br />

u.a. der Jahresheizwärmebedarf sowie<br />

die Heizwärmelast und eine Beurteilung<br />

des sommerlichen Wärmeschutzes. Die<br />

Berechnung erfolgt auf der Basis der Energiebezugsfläche,<br />

also der tatsächlich<br />

beheizten Fläche.<br />

Darüber hinaus sind Rechenblätter<br />

zur Ermittlung des Warmwasserbedarfs<br />

sowie des Hilfs- und Haushaltsstrombedarfs<br />

enthalten. Als Ergebnis werden<br />

Primärenergiekennwert und CO 2 -Emissionen<br />

ermittelt. Die EnEV-Berechnung<br />

erfolgt mit nur geringen Zusatzangaben<br />

parallel auf der gleichen Datenbasis.<br />

Wand<br />

Dach<br />

Grund<br />

Fenster<br />

Wärmebrücken<br />

Lüftungsverluste<br />

Jahres-Heizwärmebilanz für ein charakteristisches Passivhaus: den Transmissionswärmeverlusten durch<br />

Wand, Grund, Dach, Fenster und Wärmebrücken und Lüftungswärmeverlusten stehen die nutzbaren<br />

Gewinne gegenüber: solare Gewinne, interne Wärme und der resultierende Heizwärmebedarf, der beim<br />

Passivhaus unter 15 kWh/(m²a) liegt


KLASSISCH MÜNSTERLÄNDISCH!<br />

Reihenhauszeile mit Passivhaus in<br />

Alverskirchen<br />

Ein Haus im Münsterland zeichnet sich<br />

vor allem durch eines aus: die Verblender<br />

an der Fassade. Die Architekten Johannes<br />

Schrief und Helmut Weber-Jasinski wagten<br />

sich mit dem Passivhaus in Alverskirchen<br />

auf ein bisher wenig bearbeitetes Feld vor:<br />

Passivhaus in zweischaliger Bauweise.<br />

Gebäudehülle & Konstruktion<br />

Zum Planungszeitpunkt gab es für die<br />

Architekten keine Standard-Konstruktion<br />

für die zweischalige Passivhausaußenwand<br />

mit Verblendern. Eher einfach war<br />

die Festlegung der Tragkonstruktion aus<br />

Kalksandstein. Als Tragsystem wählten<br />

sie KS-Planelemente mit einer Dicke<br />

von nur 15 cm. Die Verblendschale ist<br />

9 cm dick. Am schwierigsten war die Suche<br />

1) Fabr. Kooltherm K8, Fa. Sitek, nach Zulassung<br />

Z-23.12-1389<br />

Nordansicht des Passivhauses in zweischaliger Bauweise<br />

Johannes Schrief und Helmut Weber-Jasinski, a.l.s.o.<br />

Architekten, Münster<br />

nach einem Dämmmaterial mit niedrigem<br />

Lambda-Wert. Die Wahl fiel auf Phenolharzhartschaum<br />

mit λ R = 0,022 W/(mK) 1) .<br />

18 cm Dämmstoffdicke wurden geplant,<br />

wobei zwei je 9 cm dicke Platten stoßversetzt<br />

verlegt werden sollten.<br />

Der Hersteller der Mauerwerksanker führte<br />

einen statischen Nachweis, da gegenüber<br />

DIN 1053-1 der Schalenabstand er-<br />

REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />

höht wurde. 10 Edelstahlanker mit 4 mm<br />

Durchmesser pro m² Fassadenfläche waren<br />

erforderlich. Die daraus resultierenden<br />

punktförmigen Wärmebrücken mit einer<br />

Fläche von insgesamt 0,02 m² nahm man<br />

in die Wärmebrückenberechnung auf.<br />

Zuerst wurden die Dübelanker in die<br />

Tragschale aus Kalksandstein eingesetzt,<br />

anschließend die Wärmedämmplatten angesetzt,<br />

die Löcher für die Anker gebohrt<br />

und dann die Wärmedämmplatten über<br />

die Anker geschoben. Zur Minimierung<br />

der Wärmebrückenwirkung der Anker wurden<br />

die Löcher in den Wärmedämmplatten<br />

mit Ortschaum verfüllt. Das Aufmauern<br />

der Verblendschale erfolgte in gewohnter<br />

Weise.<br />

Die Gründung erfolgte mit einer 15 cm<br />

dicken Stahlbetonbodenplatte auf einer<br />

5 cm dicken Sauberkeitsschicht und umlaufender<br />

Sohlendämmung. Über der Feuchteisolierung<br />

wurde im Bereich von Elektro-<br />

13


REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />

Fensterbereich an der Südfassade Wärmedämmplatten am unteren Anschluss<br />

Grundriss Erdgeschoss<br />

14<br />

Foto: a.l.s.o. Architekten<br />

Bild: a.l.s.o. Architekten<br />

leitungen 2 cm Dämmschüttung aus Perlite<br />

und darauf 14 cm Phenolharzhartschaumplatten<br />

mit λ R = 0,025 W/(mK) ausgeführt.<br />

Darüber folgt die Estrichschicht mit 6 cm<br />

Dicke.<br />

Die Dachkonstruktion basiert auf dem<br />

Standard der Nachbarhäuser mit einem<br />

Sparrenquerschnitt von 8/24 cm. Zusätzlich<br />

wurde unterhalb der Sparren<br />

ein Holz mit 10 cm Konstruktionshöhe<br />

aufgedoppelt und die gesamte Konstruktionshöhe<br />

zuzüglich eines weiteren<br />

Lattungsbereichs mit einer resultierenden<br />

Dämmstoffdicke von 38 cm mit<br />

Mineralwolle mit λ R = 0,035 W/(mK)<br />

gedämmt. Daraus ergibt sich ein U-Wert<br />

von 0,11 W/(m²K).<br />

Für die Fenster wählte man Passivhaus-<br />

Kunststofffenster mit einem sehr günsti-<br />

gen U w von 0,78 W/(m²K) und einem<br />

g-Wert von 50 %.<br />

Die Wärmebrückenermittlung wurde<br />

im Rahmen der Passivhaus-Projektierung<br />

detailliert durchgeführt.<br />

Hinsichtlich der Luftdichtheit ergab sich<br />

beim abschließenden Blower-Door-Test ein<br />

n 50 -Wert von 0,6 h -1 .<br />

Lüftung, Heizung &<br />

Warmwasserbereitung<br />

Das Lüftungsgerät befindet sich im Erdgeschoss.<br />

Die Ansaugung der frischen<br />

Außenluft erfolgt über einen 40 m langen<br />

Erdwärmetauscher, der mit Gefälle zu einem<br />

Revisionsschacht im Ansaugbereich<br />

ausgeführt ist. Die hausinterne Verteilung<br />

erfolgt über Wickelfalzrohre. Die Zuluft wird<br />

über Weitwurfdüsen in die Aufenthaltsräume<br />

geführt. Abluftseitig reicht ein sehr<br />

kompaktes Rohrnetz, da Küche, Bad, WC<br />

und Abstellraum räumlich optimiert zueinander<br />

angeordnet sind.<br />

Die Heizwärme wird für die gesamte<br />

Reihenhauszeile durch einen kleinen Gasbrennwertkessel<br />

bereit gestellt, der im<br />

Technikraum im Dachgeschoss des Passivhauses<br />

positioniert ist. Die Erfassung<br />

und Abrechnung erfolgt über Wärmemengenzähler.<br />

Die Wärmeübertragung auf die Räume<br />

erledigt im Wesentlichen das Heizregister<br />

in der Zuluftleitung des Lüftungssystems.


Im Bad und Dachgeschoss wurden im<br />

Zuge der Lüftungs- und Heizungsauslegung<br />

zusätzliche Heizkörper projektiert. Die Nutzung<br />

zeigt, dass durch die thermische<br />

Schichtung im Gebäude der DG-Heizkörper<br />

nie benutzt wird. Im Wohnzimmer dagegen<br />

wäre die Option auf einen etwas erhöhten<br />

thermischen Komfort von einzelnen Bewohnern<br />

gelegentlich erwünscht. „Das machen<br />

wir dann mit Kerzen!” merkte der Bauherr<br />

an. Dieser Kommentar war übrigens nicht<br />

scherzhaft gemeint: Die Heizwärme von<br />

einem halben Dutzend Kerzen entspricht<br />

dem Bedarf des Wohnzimmers.<br />

Anbringen der Wärmedämmplatten<br />

Mauerwerksanker vor Anbringen der Dämmplatten in<br />

„Igelstellung“<br />

Foto: a.l.s.o. Architekten<br />

Foto: a.l.s.o. Architekten<br />

Schnitt durch das Gebäude<br />

REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />

Lüftungsgerät im Abstellraum Heizzentrale für die drei Reihenhäuser im Dachgeschoss<br />

des Passivhauses<br />

15<br />

Bild: a.l.s.o. Architekten


REIHENHAUSZEILE ALVERSKIRCHEN<br />

Projektdaten<br />

Objekt Reihenhauszeile mit Passivhaus<br />

Bauherr Marlene Hommernick<br />

Ort 48351 Alverskirchen<br />

Wohn-/Nutzfläche 144 m² Wohn-/Nutzfläche, II + D, nicht unterkellert<br />

Konstruktion<br />

Außenwand 1,5 cm Putz, 15 cm Kalksandstein Planelemente, System KS Plus,<br />

18 cm Phenolharzhartschaum, Fabrikat Kooltherm K8, λ R = 0,025 W/(mK),<br />

aktueller Rechenwert λ R = 0,022 W/(mK), 9 cm Verblender<br />

U-Wert = 0,13 W/(m²K)<br />

Bodenplatte Oberbodenbelag Parkett bzw. Fliesen, 6 cm Estrich<br />

14 cm Hartschaumdämmung Phenolharzhartschaum mit<br />

λ R = 0,025 W/(mK)<br />

2 cm Ausgleichs-Dämmschüttung Perlite im Bereich von Leitungen<br />

Feuchteabdichtung, 15 cm Stahlbetonbodenplatte<br />

U-Wert = 0,14 W/(m²K)<br />

Dach Gipskartonbekleidung mit Unterkonstruktion, Dampfbremse als luftdichtende<br />

Ebene, 38 cm Mineralwolldämmung mit λ R = 0,035 W/(mK),<br />

diffusionsoffene Unterspannbahn, Lattung, Dacheindeckung<br />

U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Fenster Kunststofffenster Fabr. Veka Topline Plus<br />

U w = 0,78 W/(m²K), g-Wert = 50 %<br />

Eingangstür Holztür, passivhauszertifiziert, Fabr. Variotec Thermosafe U w = 0,8 W/(m²K)<br />

Wärmebrücken Detaillierte Wärmebrückenberechnung im Rahmen der<br />

PHPP-Berechnung: ΔU WB = -0,02 W/(m²K)<br />

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50 = 0,6 h -1<br />

Gebäudetechnik<br />

Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabr. Aerex Recco-Box Comfort<br />

Verteilung mit Wickelfalzrohr, Zuluft-Auslässe als Weitwurfdüsen,<br />

Erdwärmetauscher 40 m, Durchmesser 200 mm<br />

Heizung und<br />

Warmwasser<br />

Übertragung<br />

Heizwärme<br />

16<br />

Gas-Brennwertkessel für die gesamte Reihenhauszeile für Heizung und<br />

Warmwasserbereitung, beim Passivhaus zusätzlich 11 m² Flachkollektor<br />

und Schichtenspeicher mit 700 l<br />

Heizwärmeverteilung als Luftheizung über das Lüftungssystem<br />

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.:<br />

1.030 €/m² Wohn-/Nutzfläche<br />

Baujahr 2002<br />

Architekten a.l.s.o. Architekten, Johannes Schrief & Helmut Weber-Jansinski,<br />

48155 Münster, www.also-architekten.de<br />

Planung<br />

Gebäudetechnik<br />

Energietechnik Baron, Dipl.-Ing. Frank Fechner, 48161 Münster<br />

Energieberatung Ingenieurbüro Stappen + Gödde, 33428 Harsewinkel<br />

Bilanzierung des<br />

Heizwärmebedarfs<br />

kWh/(m2a)<br />

Gewinne<br />

Verluste<br />

14,1 16 10,7<br />

10,3 4,5 2,8 17,2 6,2<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Heizwärmebedarf<br />

Solarstrahlung<br />

Interne Wärmequelle<br />

Wand<br />

Dach<br />

Grund<br />

Fenster<br />

Lüftung<br />

Treppenpodest<br />

Warmwasser wird für das Passivhaus<br />

bivalent durch Solarthermie und bei<br />

Bedarf durch die Gasbrennwerttherme<br />

bereitgestellt über einen Schichtenspeicher<br />

mit 700 Litern Wasserinhalt. Der<br />

Solarkollektor wurde als Flachkollektor<br />

mit 11 m² Fläche erstellt.<br />

Resümee<br />

Trotz der Besonderheiten der zweischaligen<br />

Wandkonstruktion (erhöhter Schalenabstand<br />

20 cm, Wärmedämmung<br />

aus Phenolharzhartschaum) wurde das<br />

Passivhaus mit einem sehr guten Kosten-<br />

Nutzen-Verhältnis erstellt. 1.030 € pro m²<br />

Wohnfläche stellen einen hervorragenden<br />

Wert dar, der auch bei Gebäuden nach<br />

EnEV-Standard nicht ohne Weiteres erreicht<br />

wird. Zugleich strahlt das Gebäude<br />

für den Besucher eine sehr freundliche und<br />

offene Atmosphäre aus, so dass man sich<br />

dort auf Anhieb wohl fühlt.<br />

Wohnzimmer


RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG<br />

Die Lüftung von Gebäuden erfüllt vor allem<br />

zwei Aufgaben:<br />

� Frischluftzufuhr zum Ausgleich von<br />

Schadstoffbelastungen durch<br />

- Schadstoffe aus Baumaterialien, insbesondere<br />

Ausbaumaterialien, Einrichtungsgegenständen<br />

und Möbeln,<br />

- Luftverunreinigungen durch Hausstaub,<br />

- nutzerbedingte Belastungen aus<br />

Haushaltsgegenständen, Lagerung<br />

und Zubereitung von Lebensmitteln,<br />

Haushaltschemikalien,<br />

- Stoffwechselprodukte der Nutzer aus<br />

Atmung, Transpiration etc.<br />

� Regulierung der Raumluftfeuchtigkeit<br />

durch<br />

- Begrenzung der relativen Luftfeuchte<br />

auf einen behaglichen und gesundheitsverträglichen<br />

Bereich von 35 bis<br />

65 % relative Feuchte,<br />

- Abtransport der in den Räumen anfallenden<br />

(Wohn-)Feuchte,<br />

- Vermeidung von Kondensatanfall und<br />

Schimmelbildung an Bauteilen.<br />

Manuelle Fensterlüftung kann diesen<br />

Aufgaben nur bedingt gerecht werden.<br />

Durch Erfahrungen mit gut ausgeführten<br />

Lüftungsanlagen und zahlreiche Vergleichsmessungen<br />

hinsichtlich der Raumluftqualität<br />

hat sich in den letzten Jahren<br />

zunehmend die Fachmeinung etabliert,<br />

dass bei Neubauten und Modernisierungen<br />

grundsätzlich ventilatorgestützte Lüftungsanlagen<br />

installiert werden sollten.<br />

Zuluft<br />

gesamt<br />

120<br />

m 3 /h<br />

Wohnfläche 120 m 2 , LWR gesamt 0,4 h -1<br />

Aufenthaltsräume Flure Sanitär etc.<br />

-1<br />

LWR gesamt 0,5 - 0,8 h LWR 2,0 h -1<br />

Wohnen<br />

Zimmer 1<br />

Zimmer 2<br />

Zimmer 3<br />

75 m 2<br />

Überströmbereich<br />

20 m 2<br />

Küche<br />

WC/Abst.<br />

Bad<br />

25 m 2<br />

2.500<br />

2.000<br />

1.500<br />

1.000<br />

Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für eine<br />

Wohnung<br />

500<br />

0<br />

Bei der Auslegung von Lüftungsanlagen<br />

müssen folgende Aspekte berücksichtigt<br />

werden:<br />

� Ausschlaggebend ist der Kohlendioxidgehalt<br />

der Raumluft, weil dieser<br />

Wert durch die Nutzer verursacht und<br />

nicht veränderbar ist. Ein CO 2 -Gehalt<br />

von 0,1 Vol.-% (Pettenkofer-Wert) sollte<br />

nicht überschritten werden. Bei völliger<br />

Ruhe sind dazu für einen erwachsenen<br />

Menschen etwa 20 m³ Frischluft pro<br />

Stunde erforderlich, bei leichter Arbeit<br />

etwa 30 m³. Damit korrespondiert die<br />

Mindestanforderung DIN 1946 Teil 6<br />

von 30 m³ Frischluft pro Stunde für jede<br />

Person bei normaler Betätigung.<br />

Abluft<br />

60 m 3 /h<br />

Abluft<br />

20 m 3 /h<br />

Abluft<br />

40 m 3 /h<br />

Zuluft<br />

pro Pers.<br />

30<br />

m 3 /h<br />

TVOC Gesamtsumme ohne Pentan in µg/m 3<br />

BAUPHASE<br />

14.02.00 18.03.00 30.04.00 28.05.00 29.06.00 14./19.<br />

07.00<br />

� Schadstoffe und gesundheitsbeeinträchtigende<br />

Einflüsse müssen so gering<br />

gehalten werden, dass durch die<br />

so festgelegte Luftwechselrate (LWR)<br />

Rest-Schadstoffe ausreichend abgeführt<br />

werden.<br />

� Es muss dafür gesorgt werden, dass<br />

eine ausreichende Durchströmung jedes<br />

einzelnen Raumes entsprechend seiner<br />

Nutzung gegeben ist.<br />

Am Beispiel einer Wohneinheit mit<br />

120 m² Wohnfläche wird das Lüftungskonzept<br />

dargestellt. Die frische Außenluft<br />

wird in die Aufenthaltsräume geführt. Dabei<br />

ist darauf zu achten, dass die Räume<br />

Aufenthaltsräume Verkehrs-<br />

-1<br />

LWR gesamt 0,6 - 2,0 h fläche<br />

Büro 1<br />

Büro 2<br />

Büro 3<br />

Büro 4 …<br />

RAUMLUFTQUALITÄT UND LÜFTUNG<br />

Überströmbereich<br />

Haus 1<br />

Haus 2<br />

21.09.00 19.12.00 10./11.<br />

07.01<br />

Messergebnisse Passivhäuser Nürnberg: Summe der flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) [2]. Durch<br />

Einsatz der Lüftungsanlagen wird ein schnelles Abklingen der Schadstoffwerte erreicht<br />

Sanitär etc.<br />

LWR 2,0 h -1<br />

Sanitär<br />

Technik<br />

Lager<br />

Haus 3<br />

Haus 4<br />

12.12.01 13.01.02<br />

Abluft<br />

nach DIN<br />

Abluft<br />

Abluft<br />

Anpassen des Luftwechsels in Betriebs-/Leerzeiten 150 %…100 %…20 %<br />

Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung: Auslegungsschema für ein Büro<br />

17


KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND FÖRDERUNG<br />

18<br />

möglichst vollständig durchlüftet werden<br />

und möglichst keine Kurzschluss-<br />

Luftströme entstehen.<br />

Der Zuluftbereich hat in diesem Fall<br />

eine Fläche von etwa 75 m², was<br />

bei 120 m³/h einem mittleren Luftwechsel<br />

von 0,66 h -1 entspricht. Das<br />

entspricht bei manueller Lüftung<br />

einer ausgiebigen Querlüftung alle<br />

eineinhalb Stunden. Die Luft wird<br />

durch den Überströmbereich (Flure,<br />

Treppenraum, Nebenräume, ungenutzte<br />

Teile von offenen Wohnräumen) in<br />

die Ablufträume geleitet. Die Lüftungsanforderungen<br />

werden dort vollständig<br />

erfüllt: Küche 40 bis 60 m³/h, Bad<br />

40 m³/h und WC 20 m³/h. Der Luftwechsel<br />

über die gesamte Fläche beträgt<br />

im vorliegenden Fall etwa 0,4 h -1.<br />

Bei kleineren Wohneinheiten mit höherer<br />

Belegungsdichte pro m² ist von<br />

höheren Raten auszugehen, bei großzügigen<br />

Wohnungen oder Häusern mit<br />

geringer Personenbelegung kann bis<br />

zu einem Wert von 0,3 h -1 reduziert<br />

werden.<br />

Bei Nicht-Wohnnutzungen gilt das<br />

Prinzip in gleicher Form: Qualität und<br />

Energieeffizienz eines Lüftungssystems<br />

hängen davon ab, wie geschickt<br />

Zuluftbereich (Arbeitsbereich, Aufenthaltsräume),<br />

Überströmzone und Abluftbereich<br />

festgelegt werden (Sanitär-,<br />

Neben-, Technikräume und vor allem<br />

Räume mit hoher interner Wärmelast<br />

zur Reduktion der sommerlichen Kühllast).<br />

Lüftungsanlagen sollten in einfachster<br />

Form die Möglichkeit bieten, die<br />

Luftwechselrate zu regeln. In Abhängigkeit<br />

von Nutzung und Belegungsdichte<br />

kann die geförderte Luftmenge<br />

geändert werden. Bei Wohnnutzung<br />

reicht im Allgemeinen eine Drei-Stufen-<br />

Regelung mit Auslegungsvolumen,<br />

abgesenktem Betrieb und Bedarfslüftung.<br />

Bei komplexeren Anlagen kann<br />

die Stimmigkeit der Regelung sehr<br />

stark über das Funktionieren des Energiekonzepts<br />

entscheiden. So kann bei<br />

Büronutzung außerhalb der Betriebszeiten<br />

eine starke Absenkung bis hin<br />

zur Abschaltung gewählt werden.<br />

Bei zahlreichen Raumluftmessungen<br />

wurde belegt, dass durch ventilatorgestützte<br />

Lüftungsanlagen die Raumluftqualität<br />

signifikant verbessert wird.<br />

KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND<br />

FÖRDERUNG<br />

Die jährliche Steigerung der Heizkosten<br />

betrug seit 1990 im Mittel 7 %. Es ist<br />

davon auszugehen, dass die Steigerungsrate<br />

nach oben gehen wird, solange eine<br />

Abhängigkeit von fossilen Energieträgern<br />

gegeben ist. Bei stark steigender Nachfrage<br />

der Industrie-Schwellenländer und<br />

unsicherer globalpolitischer Situation<br />

der Hauptförderländer ist es eine Frage<br />

der volkswirtschaftlichen Entwicklungsfähigkeit<br />

und Friedenssicherung, dass<br />

die Industrieländer kurzfristig sinnvolle<br />

Strategien zur Begrenzung ihres Energiebedarfs<br />

auf den Weg bringen.<br />

Der Gebäudebereich bietet sich dafür<br />

besonders gut an, denn dort sind Einsparungen<br />

durch Effizienzverbesserung<br />

bei sehr gutem Kosten-Nutzen-Verhältnis<br />

möglich. Es ist zu beachten, dass<br />

Investitionsentscheidungen für 30 bis 80<br />

Jahre tragen müssen: Der energetische<br />

Standard eines Gebäudes sollte also<br />

mindestens in 20 Jahren noch so aktuell<br />

sein, dass bei den dann zu erwartenden<br />

Energiekosten keine teuren Nachbesserungen<br />

erfolgen müssen: Bei 5 % jährlicher<br />

Steigerung liegen die Kosten dann<br />

bei 0,14 € pro kWh, bei – realistischen<br />

– 7 % sind es 0,21 €. De facto ist davon<br />

auszugehen, dass es sich nicht um eine<br />

kontinuierliche Entwicklung handeln wird,<br />

sondern dass die Energiekostensteigerung<br />

in zum Teil schmerzhaften Sprüngen<br />

stattfinden wird. Die beste Versicherung<br />

dagegen ist frühzeitiges Investieren in<br />

Energieeffizienz und regenerative Energieversorgung.<br />

Mehrinvestitionen<br />

Das Passivhaus-Konzept ist deshalb so<br />

erfolgreich, weil einerseits konsequent<br />

auf Energieeffizienz und die Entwicklung<br />

optimierter Komponenten gesetzt wird.<br />

Auf der anderen Seite werden diejenigen<br />

Techniken angewandt, die wirtschaftlich<br />

möglichst günstig zu bewerten sind. Voraussetzung<br />

ist eine Optimierung der<br />

Kosten bei der Gebäudeplanung. Für<br />

die Konstruktionen der gedämmten Hülle<br />

gilt die Maxime: Raum für Dämmung<br />

schaffen ohne konstruktiven Mehraufwand.<br />

Daraus resultieren höchst wirtschaftliche<br />

Beträge für die Mehrinvestitionen.<br />

In der Tafel werden beispielhaft<br />

Kostenansätze dargestellt – wobei<br />

darauf hinzuweisen ist, dass auf dem<br />

Markt oftmals durch Angstpreise oder<br />

unangemessen hohe Angebote von Anbietern<br />

deutlich höhere Mehrinvestitionen<br />

entstehen.<br />

Passivhausfenster kosten derzeit 30<br />

bis über 50 % mehr als Standardfenster,<br />

die Tendenz ist jedoch deutlich fallend<br />

und wird in wenigen Jahren bei 15 bis<br />

30 % Mehrinvestitionen liegen.<br />

Den Investitionen für die Zu-/Abluftanlage<br />

mit Wärmerückgewinnung sind die<br />

Kosten für eine Abluftanlage gegenüber<br />

zu stellen, die für die Raumlufthygiene<br />

in Fachkreisen als ohnehin erforderliche<br />

Maßnahme gesehen wird. Bei gewerblichen<br />

Bauten ist dieser Aspekt schon<br />

weitestgehend in die Planungspraxis umgesetzt,<br />

beim Wohnungsbau wird dies in<br />

den nächsten Jahren geschehen.<br />

Den Mehrinvestitionen für die Passivhaus-Technik<br />

stehen Einsparungen gegenüber:<br />

� Die Heizwärmeübertragung kann aufgrund<br />

der minimierten Heizleistung unter<br />

10 W/m² durch die Lüftungsanlage übernommen<br />

werden oder mit reduziertem<br />

Aufwand für Leitungen und Heizflächen.<br />

� Bei Kühlbedarf kann Betonkernaktivierung<br />

für Heizung und Kühlung gleichermaßen<br />

verwandt werden.<br />

� Die Heizzentrale fällt deutlich kleiner<br />

aus als bei Vergleichsbauten und die<br />

Technik ist deutlich kostengünstiger.<br />

� Da die Kühllast ebenfalls deutlich gesenkt<br />

werden kann, ist für zahlreiche<br />

Anwendungen bei gleich bleibend hohem<br />

thermischen Komfort der Verzicht<br />

auf herkömmliche teure Klimatechnik<br />

möglich.<br />

� Aufgrund des geringeren Technikeinsatzes<br />

reduzieren sich Funktionsflächen<br />

z.T. deutlich.<br />

Wirtschaftlichkeit<br />

Beispielrechnungen auf der Grundlage<br />

der Investitions-Kennwerte aus der Tafel<br />

führen für ein Einfamilienhaus (125 m²<br />

WF) zu Mehrinvestitionen gegenüber einem<br />

Haus nach EnEV-Standard in Höhe<br />

von 12.000 € (90 €/m²), bei einem<br />

vergleichbaren Reihenmittelhaus sind<br />

es weniger als 9.000 € (70 €/m²). Relevant<br />

ist jedoch nicht die Betrachtung der<br />

Investitionskosten, sondern der daraus


esultierenden monatlichen Belastung inklusive<br />

der Betriebskosten. Im Bild wird<br />

das Ergebnis für die beiden Gebäude<br />

dargestellt: Aufgrund der KfW-Förderung<br />

(s.u.) liegen die Finanzierungskosten für<br />

die Passivhaus-Ausführung günstiger als<br />

für die EnEV-Variante.<br />

Nochmals günstiger können Funktionsbauten<br />

abschneiden, wenn ohnehin<br />

erforderliche Maßnahmen oder Komfortanforderungen<br />

durch Synergieeffekte<br />

der Passivhaus-Technik belegt werden<br />

können: So bieten Alten- und Pflegeheime<br />

extrem günstige Voraussetzungen, da<br />

einerseits hoch effiziente Lüftungstechnik<br />

ohnehin erforderlich ist und zudem<br />

sehr günstige Rahmenbedingungen<br />

durch die KfW-Förderung gegeben sein<br />

können. Zahlreiche Bürogebäude sind in<br />

Passivbauweise mit höchstem Komfort<br />

errichtet worden ohne den Einsatz klassischer<br />

aufwendiger Klimatechnik. Dort<br />

können hohe Einsparungseffekte erzielt<br />

werden, welche die Mehrinvestitionen<br />

im Bereich der Gebäudehülle mehr als<br />

aufwiegen.<br />

Es ist erfreulich festzustellen, dass in<br />

den letzten Jahren viele kostengünstige<br />

Passivhäuser mit hoher architektonischer<br />

Qualität erstellt worden sind. Die<br />

Vereinigung von Ökonomie und Ökologie<br />

hat im Bereich der Passivhäuser bereits<br />

stattgefunden!<br />

Förderung<br />

Energieeffizientes Bauen wird gefördert.<br />

Die Rahmenbedingungen sind im<br />

Internet unter www.kfw-foerderbank.de<br />

einzusehen. Weiterhin sollte recherchiert<br />

werden, ob Landesprogramme<br />

oder kommunale Fördermöglichkeiten<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Eine umfassende Recherche von Förderprogrammen<br />

bietet der BINE-Informationsdienst<br />

mit seinem Programm „FIS-<br />

KUS“ www.bine.info sowie die Fördermitteldatenbank<br />

für Endverbraucher der<br />

fe.bis GmbH unter www.foerderdata.de.<br />

� pro<br />

Monat<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Außenwand<br />

Dämmdicke / Standard Mehrinvestition 1) /<br />

m² Bauteil-Fläche<br />

EnEV Passivhaus<br />

KOSTEN, WIRTSCHAFTLICHKEIT UND FÖRDERUNG<br />

Vergleich des Passivhaus- und EnEV-Standards hinsichtlich der monatlichen Belastung für ein Einfamilienhaus,<br />

Reihenmittelhaus, Altenheim und Bürogebäude: Bei optimaler Planung sind bereits heute Passivhäuser<br />

wirtschaftlich<br />

Investitions-Kennwerte bei optimierter Planung<br />

12-16 cm 24-30 cm 9,30 € 0,70 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl.<br />

konstruktiver Aufwand 0,20 €/m²<br />

Dach 20-25 cm 30-40 cm 7,65 € 0,60 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl.<br />

konstruktiver Aufwand 0,15 €/m²<br />

Bodenplatte<br />

10-15 cm 20-25 cm<br />

8,30 €<br />

0,80 €/m² für 1 cm Dämmdicke zzgl.<br />

konstruktiver Aufwand 0,30 €/m²<br />

Fenster U = 1,3-1,6 U = 0,8 70-120 € 30 bis über 50 % Mehrinvestition für<br />

Passivhaus-Fenster<br />

Wärmebrücken<br />

Luft-/<br />

Winddichtheit<br />

Einfamilienhaus Reihenmittelhaus Altenheim Bürogebäude<br />

EnEV Passivhaus EnEV Passivhaus EnEV Passivhaus EnEV Passivhaus<br />

0,05<br />

W/(mK)<br />

0,00<br />

W/(mK)<br />

– bei optimierter Planung kostenneutral<br />

3,0/1,5 h -1 0,6 h -1 – Qualitätssicherung auch bei EnEV-<br />

Standard erforderlich<br />

Lüftung Abluft 2) Zu/Abluft<br />

WRG<br />

20-40 € Mehrinvestition pro m² Wohn-/Nutzfläche<br />

gegenüber der Abluftanlage<br />

Heizung bis zu –20 € Minderkosten pro m² Wohn-/Nutzfläche;<br />

Einsparung von Funktionsfläche<br />

1) Baukosten Kostengruppe 300+400 nach DIN 276 ohne Mehrwertsteuer<br />

2) Aus Hygiene- und Komfortgründen sollte grundsätzlich ventilatorgestützte Lüftung durchgeführt werden;<br />

Abluftanlage 15-30 €/m²<br />

Strom<br />

Wasser<br />

Heizung<br />

Warmwasser<br />

Finanzierung<br />

19


HOFHÄUSER TRIER<br />

20<br />

Foto: Harald Lamberty Architekten


ARCHITEKTUR ALS BEITRAG ZUR<br />

LANDESGARTENSCHAU<br />

Hofhäuser am Wasserband in Trier<br />

Ökologie und Ökonomie sowie soziale<br />

Nachhaltigkeit, Ästhetik und Dynamik<br />

kristallisierten sich als Hauptforderungen<br />

eines Workshops zum Konversionsgelände<br />

Petrisberg heraus. Eingeladen hatten das<br />

Finanzministerium Rheinland-Pfalz und<br />

die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg<br />

EGP die Bauakteure der Region, um Planungsleitlinien<br />

für den Architekturbereich<br />

der Landesgartenschau 2004 in Trier zu<br />

entwickeln.<br />

Als eines der Leitprojekte aus dieser<br />

Aufgabenstellung entwickelte die Lamberty<br />

Architekten GmbH in Kooperation<br />

mit engagierten Investoren Hofhäuser als<br />

Abschluss von zwei gewerblich genutzten<br />

Gebäudezeilen „am Wasserband“. Die Bezeichnung<br />

ist äußerst korrekt, suggeriert<br />

aber eine deutlich größere Wasserfläche,<br />

als das wunderschön gestaltete kleine<br />

Becken neben dem Gebäudezug wirklich<br />

ist.<br />

Ansicht der Gesamtbebauung vom Wasserband<br />

Harald Lamberty, Trier<br />

Das Gebäudekonzept gibt Antworten<br />

auf alle Workshop-Anforderungen: Passivhaustechnik<br />

für Ökologie & Ökonomie,<br />

Verbindung von Wohnen und Arbeiten bzw.<br />

Generationen übergreifendes Wohnen in<br />

dem Doppel-Gebäude mit vielen Nutzungsvarianten<br />

für die Anforderung der sozialen<br />

Nachhaltigkeit. Die Ästhetik war den Ar-<br />

Nordwestansicht<br />

HOFHÄUSER TRIER<br />

chitekten ein besonderes Anliegen – und<br />

hohe Dynamik bewies die Bauleitung, als<br />

nach vier Monaten Winterbauzeit in den<br />

letzten zwei Wochen vor der Eröffnung<br />

der Landesgartenschau das Pensum<br />

von sechs Wochen abgearbeitet werden<br />

musste.<br />

21<br />

Foto: Harald Lamberty Architekten Foto: Harald Lamberty Architekten


HOFHÄUSER TRIER<br />

Gebäudehülle & Konstruktion<br />

In der städtebaulich verdichteten Situation<br />

suchten die Architekten für die Giebelwand<br />

nach einer möglichst schlanken Lösung<br />

mit Passivhaus-Qualität, um das schmale<br />

Grundstück möglichst effektiv nutzen zu<br />

können. 20 cm Einsparung beim Wandaufbau<br />

brachten für die beiden Gebäude ein<br />

Mehr an 12 m² Wohnfläche. Die Lösung<br />

lag in der Wahl des Wandaufbaus mit<br />

17, 5 cm Kalksandstein und einem Wärmedämm-Verbundsystem<br />

unter Einsatz von<br />

Vakuumdämmung (VIP). Die sonstigen Flächen<br />

erhielten ein konventionelles WDVS<br />

mit 30 cm Dämmung. Der resultierende<br />

U-Wert lag bei jeweils 0,12 W/(m²K).<br />

Die Kellerdecke über der Tiefgarage ist<br />

unterseitig mit 8 cm Mineralwolleplatten<br />

gedämmt. Oberhalb der Stahlbetondecke<br />

befinden sich weitere 18 cm PS-Wärmedämmung<br />

unter dem schwimmenden Estrich.<br />

Der U-Wert beträgt hier 0,13 W/(m²K).<br />

Im Bereich des Gebäudes mit der Bodenplatte<br />

wurde zum Erdreich 8 cm Perimeterdämmung<br />

eingesetzt.<br />

Das Flachdach ist als Zimmermannskonstruktion<br />

ausgeführt. Die Dämmung der<br />

Vollsparren erfolgt zuzüglich Aufdachdämmung<br />

mit einer Gesamtdämmstoffdicke von<br />

35 cm, mittlerer U-Wert = 0,11 W/(m²K).<br />

Die extensive Dachbegrünung über der<br />

Abdichtung schließt den Aufbau ab.<br />

Schnitt<br />

22<br />

Südostfenster zum Hof<br />

Die Fenster wurden als Passivhaus-<br />

Kunststofffenster ausgeführt. Die Montage<br />

erfolgte in der Dämmebene, d.h. die<br />

Innenkante des Fensters schließt mit der<br />

Außenkante des Mauerwerks ab. Sowohl<br />

ein guter U w -Wert von 0,78 W/(m²K) wurde<br />

realisiert als auch ein äußerst positiver<br />

g-Wert von 60 %, um eine möglichst günstige<br />

Ausnutzung der solaren Gewinne zu<br />

erhalten.<br />

Luft- und Winddichtheit stellen für das<br />

Architekturbüro seit Jahren Routine dar, so<br />

dass aufgrund der vorgegebenen Details<br />

und der sorgfältigen handwerklichen Arbeit<br />

beim Blower-Door-Test ad hoc ein n 50 -Wert<br />

von 0,4 h -1 erreicht wurde.<br />

Bild: Harald Lamberty Architekten


Lüftung, Heizung & Warmwasser<br />

Die Gebäudetechnik ist auf engstem Raum<br />

von 1,5 m² untergebracht: Mit dem Wärmepumpenkompaktaggregat<br />

werden Lüftung<br />

und Wärmerückgewinnung gesteuert. Die<br />

integrierte Kleinstwärmepumpe stellt die<br />

Restwärme aus der Fortluft für Heizen und<br />

Warmwasser bereit. Über einen Schichtenspeicher<br />

wird das System bivalent mit der<br />

Solarthermieanlage verbunden. Die Übertragung<br />

der Heizwärme auf die Räume<br />

erfolgt einerseits durch ein Wasser-Luft-<br />

Heizregister in der Zuluft. Darüber hinaus<br />

dient eine Wandflächenheizung im Bereich<br />

der Gebäudetrennwand als Heizung mit minimalem<br />

Temperaturniveau.<br />

Die Verteilung der Lüftungsleitungen im<br />

Gebäude erfolgt mit Wickelfalzrohren in<br />

einem zentralen Schacht. Kurze horizontale<br />

Anbindungsleitungen führen in die<br />

jeweiligen Räume, wobei die Zuluft über<br />

Weitwurfdüsen in die Aufenthaltsräume<br />

eingeleitet wird. In Sonderfällen wird die<br />

Luft in Flachkanälen in der Dämmlage unter<br />

dem Estrich geführt. Die Überströmung<br />

auf die Flur- und Abluftbereiche erfolgt bei<br />

den Türen auf besonders elegante Art: Die<br />

raumhohen Türelemente weisen unten<br />

und oben symmetrische Abstände von<br />

jeweils 1,5 cm zu Boden und Decke auf.<br />

Das wirkt optisch angenehmer als Standardtüren,<br />

die unten deutlich erkennbar<br />

gekürzt sind.<br />

Technikzentrale mit Wärmepumpenkompaktaggregat<br />

Foto: Harald Lamberty Architekten<br />

Installationswand – zu Demonstrationszwecken für<br />

die Landesgartenschau „freigelegt“<br />

Einfassung des Fensters durch die<br />

Vakuumdämmung<br />

Rohbau<br />

Foto: Harald Lamberty Architekten<br />

Foto: Harald Lamberty Architekten<br />

Grundriss<br />

HOFHÄUSER TRIER<br />

23<br />

Bild: Harald Lamberty Architekten


HOFHÄUSER TRIER<br />

Projektdaten<br />

Objekt Hofhäuser als Reihenhäuser zweier Gebäudezeilen im Gebiet der<br />

Landesgartenschau Petrisberg<br />

Bauherr Eigentümergemeinschaft Hans Ohlinger & Siegfried Ruppert<br />

Ort 53842 Trier<br />

Wohn-/Nutzfläche Am Wasserband: 170 m²<br />

Rückseite: 130 m²<br />

Konstruktion<br />

Außenwand Dünnlagenputz, 17,5 cm Kalksandstein, Giebelseite: Vakuumdämmung,<br />

Fabrikat: STO / Sonstige Flächen: 30 cm WDVS, U-Wert = 0,12 W/(m²K)<br />

Bodenplatte/<br />

Kellerdecke<br />

24<br />

Bodenbelag, 6 cm Estrich, 18 cm PS-Wärmedämmung mit λ R = 0,035<br />

W/(mK), 25 cm Stahlbetondecke, über Tiefgarage: 8 cm Mineralfaserplatten,<br />

Bodenplatte: 8 cm Perimeterdämmung, U-Wert = 0,13 W/(m²K)<br />

Dach Gipskartonplatten, 8 cm Luftraum für Leitungsführung, Dampfbremse<br />

und Luftdichtungsebene als PE-Folie, 20 cm Sparren, Mineralwolledämmung<br />

mit λ R = 0,035 W/(mK), Aufsparrendämmung PS 15 cm mit<br />

λ R = 0,035 W/(mK), Abdichtung, extensive Dachbegrünung,<br />

U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Fenster Passivhaus-Kunststofffenster, Fabrikat: VEKA Topline Plus<br />

U w = 0,78 W/(m²K), g-Wert = 60 %<br />

Eingangstür Passivhaustür, Kunststoff, U w = 0,8 W/(m²K)<br />

Wärmebrücken Wärmebrückenoptimierung im Rahmen der Planung der<br />

Vakuumdämmung durch Fa. STO; ΔU WB = 0,00 W/(m²K)<br />

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50 = 0,4 h -1<br />

Gebäudetechnik<br />

Lüftung/<br />

Heizung/<br />

Warmwasser<br />

Wärmepumpenkompaktaggregat, Fabrikat: Aerex,<br />

Erdreichwärmetauscher 30 m mit Durchmesser 200 mm,<br />

Solarschichtenspeicher, Fabrikat: IVT/Rohr Latento<br />

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.:<br />

1.350 €/m² Wohnfläche<br />

Baujahr November 2002 bis 22. April 2003 (Eröffnung der Landesgartenschau)<br />

Architekt Harald Lamberty Architekten GmbH<br />

54294 Trier, www.lamberty-architektur.de<br />

Planung<br />

Gebäudetechnik<br />

Bilanzierung des<br />

Heizwärmebedarfs<br />

Aerex-Haustechnik-Systeme, Eisdorf<br />

kWh/(m2a)<br />

Gewinne<br />

Verluste<br />

15,4 36,3 11,6<br />

11,1 5,3 4,4 37,5 5,1<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Heizwärmebedarf<br />

Solarstrahlung<br />

Interne Wärmequelle<br />

Wand<br />

Dach<br />

Grund<br />

Fenster<br />

Lüftung<br />

Treppensituation<br />

Die Ansaugung der Außenluft erfolgt<br />

über Erdwärmetauscher mit 30 m Länge<br />

und einem Durchmesser von 200 mm. Die<br />

Leitungen der beiden Häuser verlaufen<br />

über Kreuz, so dass jeweils beim gegenüber<br />

liegenden Gebäude die Ansaugung<br />

erfolgt.<br />

Das Gebäudetechnik-Konzept wird abgerundet<br />

durch ein hochwertiges BUS-<br />

System für die Elektroinstallation.<br />

Resümee<br />

Im Zuge der Landesgartenschau erhielten<br />

die beiden Gebäude hohe Aufmerksamkeit<br />

– das zeigten nicht nur die Besucherströme,<br />

sondern auch mehrere Preisverleihungen.<br />

Besonders hervorzuheben ist<br />

die Auszeichnung der Gebäudezeilen im<br />

Rahmen des Architekturpreises, den die<br />

Architektenkammer Rheinland-Pfalz alle<br />

fünf Jahre vergibt.<br />

Bleibt zu hoffen, dass die Architekten<br />

auf den zahlreichen freien Flächen des<br />

Baugebiets noch viele weitere ebenso<br />

ästhetische wie energieeffiziente Gebäude<br />

planen werden und darüber hinaus<br />

Nachahmer finden!


VAKUUM-ISOLATIONS-PANEELE (VIP)<br />

Vakuumdämmung ermöglicht eine fünf-<br />

bis zehnmal geringere Dämmschichtdicke<br />

als übliche Dämmstoffe bei gleichem<br />

Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Wert).<br />

Sie basiert auf der Entwicklung des Physikers<br />

James Dewar, der im Jahr 1890<br />

den Zwischenraum von doppelwandigen<br />

Glasgefäßen auf 10 -6 mbar extrahierte<br />

– das Prinzip der Thermoskanne. Soll dieses<br />

Prinzip auf ebene Flächen (im Baubereich)<br />

übertragen werden, muss vor allem<br />

das Problem der Druckkräfte gelöst<br />

werden, die aufgrund des Vakuums entstehen.<br />

Bei Vakuum-Isolations-Paneelen<br />

[3] geschieht dies mittels nanoporöser<br />

Füllmaterialien aus gepresstem Pulver,<br />

Glasfasern oder offenporigem Schaum.<br />

Durch die extrem kleinen Hohlräume von<br />

etwa 100 nm (= 0,0001 mm) reicht ein<br />

mäßiges Vakuum von 1 mbar, um die<br />

Wärmeleitung über das Gas in diesen<br />

Materialien zu unterdrücken.<br />

Am günstigsten verhalten sich nanoporöse<br />

Pulverkerne aus pyrogener Kieselsäure.<br />

Erst bei Nachlassen des Vakuums<br />

auf 100 mbar verdoppelt sich die<br />

Wärmeleitfähigkeit der Dämmung, bei<br />

vollständigem Versagen liegt der Lambda-Wert<br />

immer noch unter 0,02 W/(mK).<br />

Hochbarrierefolien aus mehreren Lagen<br />

verschiedener Kunststoffe mit dünner<br />

Metallbeschichtung hüllen das Material<br />

ein.<br />

Auf der Grundlage von Tests wird mit<br />

solchen Konstruktionen für das Vaku-<br />

Modell einer zweischaligen Außenwand mit VIP-<br />

Dämmung<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

λ R [W/(mK)]<br />

3<br />

VIP<br />

160<br />

um eine Standzeit von 30 bis 50 Jahren<br />

belegt.<br />

VIP-Dämmung ist deutlich teurer als<br />

konventionelle Dämmung und wird deshalb<br />

sinnvollerweise vor allem in Sonderbereichen<br />

eingesetzt: zur Wärmebrückenreduktion<br />

in schwierigen Fällen, als<br />

Paneel für Fenster und Türen und beim<br />

Flächen sparenden Bauen – Beispiel Trier-<br />

Petrisberg.<br />

Es muss mit vorkonfektionierten Platten<br />

gearbeitet werden und die Hülle darf<br />

nicht beschädigt werden. Die Detailplanung<br />

muss sehr präzise erfolgen. Befestigungen<br />

müssen in den Stoßbereichen<br />

der Platte erfolgen. Zudem bilden die<br />

Ränder der Platten erhöhte Wärmeübergänge<br />

– insbesondere dann, wenn Fu-<br />

VAKUUM-ISOLATIONS-PANEELE (VIP).<br />

Erforderliche Dämmschichtdicken zum Erreichen des Passivhausstandards von U = 0,15 W/(m 2 K) in<br />

Verbindung mit einer 17,5 cm KS-Wand mit RDK 1,8<br />

gen verbleiben. Dies wird am besten<br />

durch eine versetzte zweite Lage ausgeglichen.<br />

Wenn man bedenkt, dass noch vor<br />

wenigen Jahren die Anwendung von<br />

VIP als eher theoretische Möglichkeit<br />

gesehen wurde, so zeigen ausgeführte<br />

Gebäude [4], dass die Vakuum-Technik<br />

in der nächsten Zeit einen Stammplatz<br />

unter den Dämm-Materialien gewinnen<br />

kann. Sollte es möglich sein, für das<br />

Vakuum eine Trägerstruktur zu entwickeln,<br />

die ohne eine umfassende Folie<br />

auskommt, und somit Bearbeitung und<br />

Durchdringungen auf der Baustelle ermöglicht,<br />

könnte dies die Grundlage für<br />

eine völlige Revolutionierung der Dämmtechnologie<br />

darstellen.<br />

Anbringen der VIP-Dämmung VIP-Dämmung im Bereich der Fenster<br />

220<br />

0,006 0,025 0,035 0,040 0,050<br />

Foto: Bauindustriezentrum Nürnberg-Wetzendorf<br />

250<br />

310<br />

Foto: Bauindustriezentrum Nürnberg-Wetzendorf<br />

25


KURZDARSTELLUNG VON 12 FALLBEISPIELEN<br />

Kindertagesstätte (2004), 01326 Dresden-Loschwitz,<br />

Außenwand: KS-Thermohaut/Vorhangfassade<br />

Entwurf: wurm architektur, 88214 Ravensburg und 01796 Pirna,<br />

www.wurm-architektur.de<br />

Einfamilienhaus (2003), 24626 Groß Kummerfeld,<br />

Außenwand: zweischaliges Mauerwerk<br />

Entwurf: Systembau Jürgen von Rönn, 21706 Drochtersen,<br />

www.passivhaus-roenn.de<br />

Reihenhäuser (2002), 33330 Gütersloh,<br />

Außenwand: zweischaliges Mauerwerk<br />

Entwurf: Architekten Hauer & Kortemeier, 33332 Gütersloh,<br />

www.hauer-und-kortemeier.de<br />

26<br />

Foto: wurm architektur<br />

Foto: Kalksandstein-Info GmbH<br />

Foto: Kalksandstein-Info GmbH<br />

Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (2004), 04668 Schkortitz,<br />

Außenwand: KS-Thermohaut<br />

Entwurf: BMB Baubetreuung Kettner, 04668 Grimma,<br />

www.kettner-haus.de<br />

Pflege- und Wohnheim (2003), 30559 Hannover,<br />

Außenwand: KS-Thermohaut<br />

Entwurf: Dipl.-Ing. Architekt Thomas Torlach, Art-plan Architektur-<br />

und Ingenieurbüro, 30175 Hannover, www.art-plan.de<br />

Doppelhaus (2001), 33739 Bielefeld,<br />

Außenwand: KS-Thermohaut<br />

Entwurf: Architekten Gabrysch & Partner, 33615 Bielefeld,<br />

www.gp-architekten.de<br />

Foto: BMB Baubetreuung Kettner<br />

Foto: Carsten Grobe / Thomas Torlach<br />

Foto: Kalksandstein-Info GmbH


Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung (2003), 72379 Hechingen<br />

Außenwand: KS-Thermohaut und Vorhangfassade,<br />

Entwurf: Architekturbüro Brietzke, 72147 Nehren<br />

Einfamilienhaus (2002), 86559 Adelzhausen,<br />

Außenwand: KS-Thermohaut<br />

Entwurf: Dipl.-Ing. (FH) Werner Friedl, Architekturbüro Werner Friedl,<br />

86559 Adelzhausen, www.architekt-friedl.de<br />

Seminargebäude ELAN (2005), 90762 Fürth<br />

Außenwand: KS-Thermohaut<br />

Entwurf: Thomas Meyer, 90556 Cadolzburg, und Dr. Burkhard<br />

Schulze Darup, 90475 Nürnberg, www.schulze-darup.de<br />

Foto: Architekturbüro Brietzke<br />

Foto: Architekturbüro Werner Friedl<br />

KURZDARSTELLUNG VON 12 FALLBEISPIELEN<br />

Mehrfamilienhaus (2003), 70376 Stuttgart,<br />

Außenwand: KS-Thermohaut<br />

Entwurf: Rainfried und Hana Rudolf, 70499 Stuttgart,<br />

www.rh-rudolf.de<br />

Büro- und Verwaltungsgebäude (2002), 89081 Ulm,<br />

Außenwand: Vorhangfassade<br />

Entwurf: oehler + arch kom architekten ingenieure, 75015 Bretten,<br />

www.archkom.de<br />

Einfamilienhaus (2002), 91077 Neunkirchen a. Brand,<br />

Außenwand: KS-Thermohaut<br />

Entwurf: Architekturbüro Trykowski, 96158 Frensdorf,<br />

www.trykowski.de<br />

27<br />

Foto: Rainfried und Hana Rudolf<br />

Foto: Architekturbüro Trykowski


FENSTER<br />

FENSTER<br />

Transparente Flächen bilden die wärmetechnisch<br />

schwächsten Bauteile eines<br />

Gebäudes mit dem höchsten Wärmedurchgang.<br />

Dies gilt für die längste Zeit<br />

der Heizperiode – für die Nächte und<br />

die strahlungsarmen Tage. Durch die<br />

solare Einstrahlung kann jedoch in der<br />

Gesamtbilanz ein Wärmegewinn durch<br />

die Fensterfläche gegeben sein. Voraussetzung<br />

dafür ist eine günstige Ausrichtung,<br />

weitgehende Verschattungsfreiheit,<br />

eine optimierte Größe der Fensterflächen<br />

und eine sehr gute Ausführung von Verglasung,<br />

Rahmen und Einbaudetails.<br />

Auf dem Markt sind inzwischen mehrere<br />

Dutzend passivhauszertifizierte [5]<br />

Fenstertypen erhältlich. Der Fenster-U-<br />

Wert (U w ) liegt dabei unter 0,8 W/(m²K),<br />

im eingebauten Zustand unter 0,85<br />

W/(m²K). Ermittelt werden die Werte für<br />

ein Standardfenster von 1,23 / 1,48 m<br />

(b/h).<br />

Folgende Aspekte sind bei den Fenstern<br />

zu beachten:<br />

� Verglasung mit U g ≤ 0,7 W/(m²K),<br />

� wärmebrückenminimierter Randverbund<br />

der Verglasung mit einem thermisch<br />

optimierten Abstandshalter aus<br />

Kunststoff oder Edelstahl (mit einer sehr<br />

geringen Wandstärke unter 0,2 mm) und<br />

einem daraus resultierenden Verlustkoeffizienten<br />

Ψ g im Bereich von 0,035 W/(mK),<br />

� Rahmenausführung mit einem möglichst<br />

niedrigen Fensterrandverbundkoeffizienten<br />

Ψ F ,<br />

� hoher Glaseinstand des Randverbundes<br />

in den Rahmen,<br />

� Wärmebrückenreduzierung beim Einbau<br />

durch hohe Rahmenüberdeckung mit<br />

Dämmung [6].<br />

Da der Randverbund den kältesten Bereich<br />

des Fensters bildet, haben großflächige<br />

Fenster bei gleicher Ausführung<br />

die besten wärmetechnischen Eigenschaften.<br />

Bei Fensterteilungen, Sprossen<br />

und kleinen Fensterformaten liegen die<br />

U W -Werte durchaus 0,05 - 0,1 W/(m²K)<br />

schlechter. Bei der Berechnung des<br />

Heizwärmebedarfs wird im Rahmen der<br />

PHPP-Berechnung der Einzelnachweis der<br />

Fenster durchgeführt [7]. Fenstergrößenoptimierung<br />

im Vorentwurfsstadium sollte<br />

28<br />

allerdings nicht nur hinsichtlich der thermischen<br />

Optimierung durchgeführt werden.<br />

Ebenso wichtig sind Formate, die kostengünstig<br />

gefertigt werden können, was von<br />

Hersteller zu Hersteller variieren kann.<br />

Vorteilhaft für das Erreichen des Passivhaus-Standards<br />

ist ein möglichst günstiger<br />

Energiedurchlassgrad der Scheiben – vor<br />

allem der südausgerichteten Fenster – von<br />

mindestens 50 %, im Optimalfall 60 %.<br />

Zudem ist es sehr hilfreich, die Verschattungssituation<br />

genau zu betrachten und<br />

beim Entwurf zu optimieren: Dabei sind<br />

neben Verschattungen aus der umgebenden<br />

Topografie, Gebäuden und Bäumen<br />

auch gebäudeeigene Aspekte wie Überstände,<br />

Versprünge sowie die Tiefe der<br />

Fensterleibungen zu beachten. Ein nicht<br />

unwesentlicher Bonus kann sich in der<br />

Berechnung ergeben, wenn die Leibungen<br />

seitlich angeschrägt sind und dadurch die<br />

schräg einfallende Solarstrahlung besser<br />

nutzbar wird.<br />

Passivhausfenster verbessern den bisher<br />

bauphysikalisch schwächsten Punkt<br />

von Gebäuden so grundlegend, dass bei<br />

üblichen Fensterhöhen kein thermischer<br />

Ausgleich durch Heizkörper vor den Fenstern<br />

zur Erzielung ausreichender Behaglichkeit<br />

mehr erforderlich ist. Bei sehr kalten<br />

Außentemperaturen fallen die Werte an<br />

der Innenseite der Scheiben kaum unter<br />

16 bis 17 °C. Aufgrund dessen ist es möglich,<br />

bei Passivhäusern die Heizwärmezufuhr<br />

vollständig von den bisher gängigen<br />

Behaglichkeitsanforderungen zu trennen.<br />

Die Wärmezufuhr kann also auch über die<br />

Verglasungs-Standards<br />

Bezeichnung U-Wert 1)<br />

W/(m²K)<br />

Füllung<br />

Metalloxid-<br />

Beschichtung<br />

Holz-Alu-Fenster<br />

Kunststofffenster mit Passivhaus-Zertifizierung<br />

g-Wert<br />

Energiedurchlass<br />

TL Lichtdurchlass<br />

Oberflächentemperatur<br />

2)<br />

Einfachverglasung 5,2/5,8 nein nein 92 % 94 % -1,8 °C<br />

Zweifach-Isolierverglasung<br />

Zweifach-Wärmeschutzverglasung<br />

Dreifach Wärmeschutzverglasung<br />

Dreifach Wärmeschutzverglasung<br />

Dreifach Wärmeschutzverglasung<br />

2,6/3,0 Luft nein 77 % 79 % 9,8 °C<br />

1,1/1,2 Argon ja 60 % 76 % 15,4 °C<br />

0,6/0,7 Argon ja 50-55 % 66 % 17,5 °C<br />

0,5/0,6 Krypton<br />

0,6/0,7 Krypton<br />

Lüftungsanlage oder Heizkörper auf der<br />

Innenseite der Gebäude erfolgen.<br />

Fenster erhalten beim Passivhaus als<br />

Gestaltungselemente neue Aspekte – die<br />

beschriebenen Anforderungen können<br />

Auswirkungen auf den Entwurf haben.<br />

Viele gebaute Passivhäuser zeigen inzwischen,<br />

dass die Architektursprache dadurch<br />

nicht eingeschränkt, sondern dass<br />

durch sie bei konsequenter Anwendung<br />

eher noch mehr gestalterischer Freiraum<br />

gegeben wird.<br />

ja 43-48 % 66 % 18,1 °C<br />

ja 60 % 75 % 17,5 °C<br />

1) Messwerte/Werte nach Bundesanzeiger<br />

2) Oberflächentemperatur der Scheibe innen bei –15 °C Außentemperatur und 20 °C Raumlufttemperatur


BÜROGEBÄUDE IM PASSIVHAUS-<br />

STANDARD<br />

Ellwangen<br />

Die Baulücke lag vis-à-vis vom Büro des<br />

Architekten Hariolf Brenner in einem städtebaulich<br />

sensiblen Bereich der Innenstadt<br />

von Ellwangen. Als er den Zuschlag für<br />

das Grundstück erhielt, begeisterte er<br />

zunächst Partner aus seinem geschäftlichen<br />

Umfeld für die Idee des Passivhaus-<br />

Projektes. Zur Umsetzung bildeten sie eine<br />

Bauherrengemeinschaft. Der Planungsprozess<br />

stellte aufgrund der besonderen Lage<br />

hohe Anforderungen an den Architekten.<br />

Die Zweigeschossigkeit der umliegenden<br />

Gebäude mit den Dachaufbauten sollte<br />

übernommen werden. Um hinreichende<br />

Geschossfläche zu erhalten, wurde das<br />

Dachgeschoss des neuen Gebäudes<br />

als zurückgenommenes Geschoss in der<br />

dritten Ebene interpretiert. Es liegt knapp<br />

unter der Grenze der Vollgeschossigkeit.<br />

Durch das Hanggrundstück konnte ein<br />

Teil des Untergeschosses ebenfalls für<br />

eine Büronutzung aktiviert werden. Diese<br />

Maßnahmen führten in der Summe zu<br />

einem guten wirtschaftlichen Ergebnis.<br />

Ansicht Nordwest<br />

Architekt Hariolf Brenner<br />

Neben den Räumen für die beteiligten<br />

Partner konnte so Raum zur zusätzlichen<br />

Vermietung geschaffen werden.<br />

Gebäudehülle & Konstruktion<br />

Das Gebäude wurde mit 17,5 cm Kalksandstein<br />

erstellt. Der Wärmeschutz<br />

erfolgte mit 26 cm Wärmedämm-Verbundsystem<br />

mit λ R = 0,040 W/(mK) aus Polystyrol.<br />

Der resultierende U-Wert beträgt 0,15<br />

Lageplan<br />

BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />

W/(m²K). Innenseitig wurde die Oberfläche<br />

geschlämmt – die sanft durchscheinende<br />

Steinstruktur gibt den Innenräumen eine<br />

besondere Note.<br />

Die Konstruktion der Bodenplatte erfolgte<br />

als tragende Stahlbetonplatte auf<br />

einer Dämmschicht von 8 cm Perimeterdämmung.<br />

Die Wärmedämmung oberhalb<br />

besteht aus 12 cm Phenolharzhartschaumplatten<br />

mit λ R = 0,025 W/(mK) unter dem<br />

Estrich. Durch den Aufbau wurde ein U-<br />

Wert von 0,16 W/(m²K) erreicht.<br />

29<br />

Bild: Hariolf Brenner<br />

Foto: Hariolf Brenner


BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />

Das Dach wurde mit TJI-Trägern (40,6<br />

cm hoch) erstellt, mit Vollsparrendämmung<br />

aus Mineralfasern. Die Luftdichtung erfolgt<br />

durch eine PE-Folie. Im Lattungsbereich<br />

unter den Gipskartonplatten wurde nochmals<br />

24 mm Mineralfaser eingebracht. Die<br />

Dacheindeckung erfolgte mit Betondachsteinen,<br />

wovon auf der Südostseite ein<br />

großer Teil mit Photovoltaik-Beschichtung<br />

als PV-Dachstein ausgebildet wurde. Die<br />

Unterkonstruktion der Eindeckung erhielt<br />

eine erhöhte Konterlattung, um für die<br />

Photovoltaikanlage eine möglichst gute<br />

Hinterlüftung zu gewährleisten.<br />

Grundriss Erdgeschoss<br />

30<br />

Foto: Hariolf Brenner<br />

Treppenhaus Rohbau von Südost Anbringen des WDVS<br />

Die Fenster sind als passivhaus-zertifizierte<br />

Holzfenster mit Kork-Kerndämmung<br />

ausgeführt, im Bereich von Pfosten-Riegel-<br />

Konstruktionen als Holz-Alu-Konstruktion.<br />

Der Glasvorbau auf der Nordwestseite ist<br />

vor allem aus städtebaulichen Gründen<br />

erstellt und dient darüber hinaus dem<br />

Schallschutz. Als temporär nutzbarer<br />

Bereich wird er von den Nutzern des Gebäudes<br />

gerne angenommen. Der Bereich<br />

wird nicht geheizt und liegt außerhalb der<br />

thermischen Hülle.<br />

Foto: Hariolf Brenner<br />

Bild: Hariolf Brenner<br />

Entsprechend liegen die Zugangstüren<br />

in Passivhaus-Ausführung zwischen Glasvorbau<br />

und Hauptbaukörper. Die Türen<br />

wurden vom Schreiner in T-30-Ausführung<br />

mit Dreifachwärmeschutzverglasung G-30<br />

in Passivhaus-Qualität gefertigt.<br />

Die Durchführung der Detailplanung<br />

und Ausführung erfolgte sehr sorgfältig<br />

hinsichtlich der Wärmebrückenoptimierung<br />

und Luftdichtheit. Bereits beim ersten Blower-Door-Test<br />

unterschritt der n 50 -Wert mit<br />

0,5 h -1 deutlich den Zielwert. Die Messung<br />

wurde mit drei Geräten für das gesamte<br />

Gebäude in einem Zug durchgeführt.<br />

Holzfenster in Verbindung mit Pfosten-Riegel-<br />

Konstruktion in Passivhaus-Ausführung<br />

Foto: Hariolf Brenner


Lüftung, Heizung &<br />

Warmwasserbereitung<br />

Eine zentrale Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung<br />

wurde im rückwärtigen<br />

Bereich des Untergeschosses installiert,<br />

der aufgrund des Hanggrundstückes nicht<br />

für Büroräume nutzbar ist. Die Außenluftansaugung<br />

erfolgt über ein Register<br />

von 25 Leitungen DN 100 à ca. 12 m<br />

Länge unterhalb der Bodenplatte, die als<br />

Erdwärmetauscher wirksam sind. Das<br />

Zentralgerät befördert ein stündliches<br />

Luftvolumen von 1.700 m³. Die Verteilung<br />

erfolgt über Wickelfalzrohre. Bei den vertikalen<br />

Schächten wurde der Brandschutz<br />

mittels Brandschotts in den Geschossdecken<br />

gelöst. Die Luftmengenregelung kann<br />

getrennt für vier Zonen nach Luftqualität<br />

durchgeführt werden.<br />

Die Heizwärmebereitstellung erfolgt mit<br />

einer kleinen Gas-Brennwerttherme, die<br />

von 4 bis 11 kW modulierend gefahren werden<br />

kann. Die Übertragung der Wärme wird<br />

mit jeweils einem Heizregister in jeder der<br />

vier Verteilstränge durchgeführt und über<br />

die Luft auf die Räume verteilt. Statische<br />

Heizflächen wurden nicht installiert.<br />

Die Erfahrungen mit dem Heizsystem<br />

sind sehr gut. Es herrscht eine hohe<br />

thermische Behaglichkeit in den Büroräumen.<br />

Diskussionspunkt ist allenfalls die<br />

Abschaltung der Anlage über das Wochen-<br />

Gastherme für das Gesamtgebäude<br />

Ansicht Südost<br />

Anschluss der Register des Erdwärmetauschers<br />

BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />

Weitwurfdüse im Bereich der abgehängten Decke zur<br />

Verkleidung der Lüftungsleitungen<br />

Zentrales Lüftungsgerät, ausgelegt auf 1.700 m 3 /h Vertikale Verteilungsleitung der Lüftungsanlage<br />

Foto: Hariolf Brenner<br />

31<br />

Foto: Hariolf Brenner


BÜROGEBÄUDE ELLWANGEN<br />

Projektdaten<br />

Objekt Bürogebäude für 28 Mitarbeiter<br />

Bauherr Bauherrengemeinschaft<br />

Hariolf Brenner – Wolfgang Ebert – Fuchs & Partner<br />

Ort 73479 Ellwangen<br />

Wohn-/Nutzfläche 810 m² Nutzfläche, 3.023 m³ Rauminhalt<br />

Konstruktion<br />

Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 26 cm WDVS aus Polystyrol mit λ R = 0,040<br />

W/(mK), U-Wert = 0,15 W/(m²K)<br />

Bodenplatte/<br />

Kellerdecke<br />

32<br />

Bodenbelag, 6 cm Zementestrich, 12 cm Phenolharzhartschaum mit λ R<br />

= 0,025 W/(mK), Perlite Ausgleichsschicht, 30 cm Bodenplatte, 8 cm<br />

Perimeterdämmung, 30 cm Mineralstoffgemisch 0/56, U-Wert = 0,16<br />

W/(m²K)<br />

Dach Gipskartonplatten, 24 mm Mineralfasermatte, PE-Folie, 19 mm Spanplatte,<br />

40,6 cm TJI-Träger / Mineralwolle mit λ R = 0,040 W/(mK), Schalung,<br />

diffusionsoffene Folie, Dacheindeckung, U-Wert = 0,10 W/(m²K)<br />

Fenster Holzfenster mit Passivhauszertifizierung Fabrikat: Freisinger; Pfosten-<br />

Riegel Konstruktion, Fabrikat: Raico, Mittelwert U w = 0,78 W/(m²K)<br />

Eingangstür Passivhaus-Tür als Schreinerkonstruktion als T-30-Tür mit<br />

Dreifachwärmeschutzverglasung G-30<br />

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung der Wärmebrücken<br />

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50 = 0,5 h -1<br />

Gebäudetechnik<br />

Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung mit Gegenstrom-Wärmetauscher,<br />

Fabrikat: Lüfta 2000, Luftvolumen 1.700 m³/h, Luftmengenregelung<br />

für 4 Zonen nach Luftqualität, Ventilatoren Frequenzumrichtergeregelt,<br />

Erdreichwärmetauscher Verteilkanal Beton, Register aus 25<br />

Kabelschutzrohren NW 100 unter der Bodenplatte<br />

Heizung Heizwärmebereitstellung mit einer Heiztherme, Fabrikat: Viessmann<br />

Vitodens 200 modulierend 4-11 kW,<br />

Heizwärmeübertragung ausschließlich mittels Zuluftnachheizung<br />

Warmwasser 3 Elektrospeicher à 5 Liter<br />

Regenwasser Regenwasserzisterne 10 m³<br />

Photovoltaik PV-Anlage mit 8,5 kW peak als PV-Dachstein (Fabr. Braas),<br />

mittlerer jährlicher Ertrag 7.500 kWh<br />

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.220 €/m² NF<br />

Baujahr Juni 2000 – September 2001<br />

Architekt Hariolf Brenner, 73479 Ellwangen<br />

www.architekt-brenner.de<br />

Planung<br />

Gebäudetechnik<br />

Bilanzierung des<br />

Heizwärmebedarfs<br />

novatech – Planungsgruppe<br />

74405 Gaildorf<br />

kWh/(m2a)<br />

Gewinne<br />

Verluste<br />

10,8 16,8 12,2<br />

9,5 3,1 1,9 19,6 5,6<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Heizwärmebedarf<br />

Solarstrahlung<br />

Interne Wärmequelle<br />

Wand<br />

Dach<br />

Grund<br />

Fenster<br />

Lüftung<br />

Passivhaustür zum Treppenhaus<br />

ende. Diese führt zu einer Temperaturabsenkung,<br />

die durch die fehlenden internen<br />

Lasten verstärkt wird. In der Nacht zum<br />

Montag schaltet die Anlage ein und schafft<br />

nahezu im ganzen Gebäude bis zum Arbeitsbeginn<br />

die Solltemperatur.<br />

Der Heizwärmebedarf war im Rahmen<br />

des PHPP mit 10,8 kWh/(m²a) berechnet<br />

worden. In der ersten Heizsaison wurde<br />

ein Wert von 11,5 kWh/(m²a) gemessen.<br />

Theorie und Wirklichkeit stehen also in<br />

hohem Einklang.<br />

Warmwasser wird im Bürogebäude nur<br />

in geringem Umfang benötigt – im Bereich<br />

von Teeküchen und WCs. Deshalb wurde<br />

bewusst auf eine zentrale Anlage mit den<br />

daraus resultierenden Anforderungen an<br />

Zirkulation und Einhaltung der Legionellen-<br />

Richtlinien verzichtet. Drei Elektrospeicher<br />

à 5 Liter erwiesen sich in diesem Fall auch<br />

primärenergetisch deutlich günstiger als<br />

die zentrale Variante.<br />

Eine Regenwasserzisterne mit 10 m³<br />

Volumen und eine Photovoltaikanlage<br />

(PV-Anlage) runden das ökologische Konzept<br />

ab. Die PV-Anlage wurde als dachintegrierte<br />

Anlage mit PV-Dachsteinen mit<br />

einer Leistung von 8,5 kW peak ausgeführt.<br />

Der regelmäßig ermittelte Ertrag liegt bei<br />

einem Mittelwert von 7.500 kWh pro<br />

Jahr, was leicht über dem projektierten<br />

Soll liegt.<br />

Resümee<br />

Das Gebäude stellt ein hervorragendes<br />

Beispiel dafür dar, wie Passivhaustechnik<br />

mit günstigen Investitionskosten realisiert<br />

werden kann – eine angenehme Arbeitsatmosphäre,<br />

hohen Nutzungskomfort und<br />

niedrige Betriebskosten inbegriffen!


KOSTEN VERSUS KOMFORT UND<br />

BEHAGLICHKEIT<br />

Die bisher gebauten Bürogebäude in<br />

Passivbauweise zeigen, dass mit geringem<br />

technischen Aufwand eine hohe<br />

Behaglichkeit geschaffen werden kann.<br />

Aufgrund der bauphysikalisch einwandfreien<br />

Gebäudehülle ergibt sich für alle<br />

Bereiche ein hoher thermischer Komfort<br />

mit ausgeglichenen Temperaturen und<br />

minimaler Luftbewegung.<br />

Die Gebäudetechnik fällt deutlich kostengünstiger<br />

und platzsparender aus als<br />

bei Standardgebäuden mit vergleichbarem<br />

bauphysikalischen Komfort. Voll klimatisierte<br />

Bürogebäude mit hohen Glasanteilen<br />

benötigen bis zu 25 % ihrer Fläche<br />

für Funktionsflächen – das EnerGon<br />

benötigt gerade einmal 5 %.<br />

Durch das Steinbeis-Transferzentrum<br />

Energietechnik an der Fachhochschule<br />

Ulm, Prof. Obert und Herr Lindemann<br />

werden Energiekonzept und bauphysikalische<br />

Rahmenbedingungen wissenschaftlich<br />

begleitet. Planung und Realität<br />

passen gut zusammen – und der Komfort<br />

für die Benutzer wird belegt.<br />

Frische Luft im Atrium<br />

KOSTEN VERSUS KOMFORT UND BEHAGLICHKEIT<br />

Das EnerGon in Ulm ist ein Bürogebäude für 420 Mitarbeiter, www.EnerGon-Ulm.de<br />

Fassadendetails Erschließungswege<br />

Verschattung des Innenhofes<br />

Foto: Projekt M Real Estate Frankfurt GmbH<br />

33


LÜFTUNGSKONZEPT<br />

34<br />

LÜFTUNGSKONZEPT<br />

Beim EnerGon, dem Bürogebäude der<br />

Software AG Stiftung, Darmstadt, mit<br />

6.500 m² Bürofläche, wird die Luft durch<br />

drei Edelstahlrohre angesaugt und über<br />

ein knapp 30 m langes Betonrohr mit<br />

180 cm Durchmesser zur Lüftungszentrale<br />

im Untergeschoss geleitet. Die Zu-/<br />

Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung<br />

ist beim EnerGon aufgrund der deutlichen<br />

räumlichen und entwurflichen Vorteile als<br />

Kreislaufverbundsystem gestaltet mit Zuluftsystem<br />

im Keller und Abluftstrecke<br />

im Dachgeschoss. Das System ist auf<br />

28.000 m³/h ausgelegt und erreicht<br />

einen Wärmebereitstellungsgrad von<br />

65 %, der sich durch die Nutzung von<br />

Erdsonden auf ca. 80 % erhöht.<br />

Die Zuluft wird vor allem durch die<br />

beiden vertikalen Luftkanäle in das<br />

Atrium gefördert, von wo sie durch die<br />

Innenfassade bzw. durch ein Rohrsystem<br />

in den Decken in die außen gelegenen<br />

Räume geleitet wird. Dort befindet sich<br />

das Abluftsystem, durch welches die<br />

jeweiligen Luftvolumina der einzelnen<br />

Räume geregelt wird.<br />

HEIZUNG UND SOMMERLICHE<br />

KÜHLUNG<br />

Da die Heizwärmelast bei Passivhäusern<br />

unter 10 W/m² liegt, kann die erforderliche<br />

Heizwärme auf sehr einfache Weise<br />

zugeführt werden. Im EnerGon erfolgt<br />

dies auf zwei Wegen: Die Zuluft wird erwärmt<br />

durch Erdwärmesonden, Wärmerückgewinnung<br />

und im Bedarfsfall durch<br />

Fernwärme. Die wesentliche Heizleistung<br />

wird durch Betonkerntemperierung (BKT)<br />

bereitgestellt. Für die BKT wird die Abwärme<br />

der Kältemaschinen und bei erhöhtem<br />

Bedarf Fernwärme genutzt.<br />

Die BKT leistet gleichzeitig den wesentlichen<br />

Teil der sommerlichen Kühlung:<br />

Das zirkulierende Wasser wird mit einer<br />

Vorlauftemperatur von 18 °C durch das<br />

Rohrsystem in den Betondecken geleitet.<br />

Eine niedrigere Temperatur ist nicht<br />

sinnvoll, da es zu Kondensatproblemen<br />

führen würde. Gespeist wird die Kühlung<br />

aus den Erdsonden mittels einer einfachen<br />

Pumpe und eines Wärmetauschers<br />

zwischen den beiden Wasserkreisläufen.<br />

Die resultierende Arbeitszahl für diese<br />

Art der sommerlichen Kühlung weist den<br />

hervorragenden Wert von 18 auf.<br />

Lüftungszentrale im Untergeschoss<br />

Zuluftführung<br />

Einfachste Pumpentechnik für die Kühlung mittels<br />

Betonkerntemperierung mit hoher Arbeitszahl von 18<br />

Ansaugung der frischen Außenluft<br />

Wärmetauscher für die Heizfunktion der<br />

Betonkerntemperierung von 6.500 m 2 Bürofläche


LUFT- UND WINDDICHTHEIT<br />

Luftdichtheit fordert die Energieeinsparverordnung<br />

(EnEV) in § 5 und präzisiert<br />

die Anforderungen in Anhang 4:<br />

Bei einer Druckdifferenz zwischen Innen<br />

und Außen von 50 Pascal darf<br />

der gemessene Volumenstrom 3 h -1<br />

nicht überschreiten – bezogen auf das<br />

beheizte Luftvolumen. Bei Gebäuden<br />

mit raumlufttechnischen Anlagen gilt<br />

der Grenzwert von 1,5 h -1 . Ansonsten<br />

wird auf den Stand der Technik<br />

verwiesen. In DIN 4108, Teil 7 wird<br />

die Luftdichtheit von Bauteilen und Anschlüssen<br />

behandelt und es werden<br />

Planungs- und Ausführungsempfehlungen<br />

gegeben.<br />

Bei Passivhäusern gelten erhöhte Anforderungen<br />

an die Luftdichtheit: Der<br />

n 50 - Wert beträgt ≤ 0,6 h -1 .<br />

Eine luft- und winddichte Ausführung<br />

bewirkt für den Nutzer zahlreiche Vorteile:<br />

� Vermeidung von baukonstruktiven<br />

Schäden, die aufgrund von Kondensatanfall<br />

bei Abkühlung der durchströmenden<br />

Luft in Leckagebereichen entstehen<br />

können<br />

� funktionsfähige Wärmedämmung, deren<br />

Wirkung nicht durch Luftströme reduziert<br />

wird<br />

� effizienter Luftschallschutz ohne Senkung<br />

des Schalldämm-Maßes durch<br />

Undichtheiten<br />

Blower-Door-Messung<br />

� höhere Luftqualität ohne unkontrollierte<br />

Luftströme, die Schadstoffe und Fasern<br />

aus Konstruktionen oder durch die Thermik<br />

aus tiefer gelegenen Räumen (z.B. Mikroorganismen)<br />

eintragen<br />

� gezielte Luftwechselraten durch Lüftungsanlagen<br />

statt Luftaustausch durch<br />

Winddruck oder Thermik (hoher Luftaustausch<br />

nur in unerwünschten Wettersituationen<br />

wie bei starkem Wind und in sehr<br />

kalten Witterungsperioden)<br />

� nahezu vollständiger Luftwechsel über<br />

den Wärmetauscher der Zu-/Abluftanlagen<br />

– Leckage-Luftwechsel von 0,1 h -1 entsprechen<br />

Lüftungswärmeverlusten von etwa<br />

5 bis 7 kWh/(m²a)<br />

� thermischer Komfort durch Vermeidung<br />

von Zugerscheinungen, Kaltluftseen und<br />

vertikale Temperaturschichtung<br />

� verringerter Heizenergieverbrauch<br />

Der Nachweis der Dichtheit eines Gebäudes<br />

nach DIN EN 13829 wird mittels eines<br />

Blower-Door-Tests durchgeführt. Durch einen<br />

Ventilator in einer dicht eingebauten<br />

Blower-Door wird eine Druckdifferenz erzeugt.<br />

Der resultierende Luftvolumenstrom<br />

für die Unterdruck- als auch Überdruckmessung<br />

wird für die Druckdifferenz von<br />

50 Pascal ermittelt. Gewöhnlich liegen die<br />

beiden Werte eng beieinander, sofern kein<br />

Klappenventil-Effekt einer Leckage vorliegt<br />

oder die Windeinflüsse zu hoch sind. Der<br />

Mittelwert ist der gemessene n 50 -Wert. Bei<br />

Unterdruck können mittels Anemometer,<br />

durch Nebel oder Infrarot-Thermografie<br />

Leckagen festgestellt werden.<br />

Die Kosten von Blower-Door-Messungen<br />

liegen für eine Wohneinheit bzw. ein Haus<br />

bei etwa 300 bis 600 € und umfassen<br />

die Installation der Messtechnik, die Begehung<br />

des Gebäudes zur Feststellung der<br />

Leckagen sowie ein Messprotokoll, in dem<br />

der n 50 -Wert dargestellt wird.<br />

Der Test sollte ausgeführt werden, sobald<br />

alle luftdichtenden Bauteile eingebaut<br />

sind, jedoch bevor die darüber liegenden<br />

Verkleidungen ausgeführt werden,<br />

üblicherweise nach Fenstereinbau,<br />

Ausführung der Dampfbremse und des<br />

Innenputzes. Sind Handwerker erstmals<br />

bei solch einem Bauvorhaben involviert,<br />

ist es empfehlenswert, sie zur Messung<br />

einzuladen. Die Erfahrung zeigt, dass die<br />

Nachbesserung von Luftundichtheiten<br />

während des Blower-Door-Tests am ziel-<br />

LUFT- UND WINDDICHTHEIT<br />

führendsten sind. Selbst detaillierteste<br />

Mängelprotokolle können Handwerkern<br />

nicht in der Deutlichkeit die Leckagen<br />

nahe bringen, wie dies mit Anemometer<br />

oder Nebelröhrchen während des Tests<br />

gezeigt werden kann.<br />

Undichtheiten treten üblicherweise an<br />

folgenden Stellen auf:<br />

� nicht verputzte Flächen und Durchdringungen<br />

im Außenmauerwerk und doppelschaligen<br />

Haustrennwänden, z.B. hinter<br />

Vorwandinstallationen, Anschlüssen<br />

von Trockenbauwänden, unsaubere Putzanschlüsse<br />

zum Boden im Bereich des<br />

Estrichs etc.<br />

� Anschlüsse zwischen massiven Bauteilen<br />

und Leichtbaukonstruktionen; hierbei<br />

ist zu beachten, dass Anschlüsse auch<br />

bei den vorhersehbaren Setzungen und<br />

Bewegungen dicht bleiben müssen<br />

� Anschlüsse von Dichtungsmaterialien<br />

innerhalb von Leichtbaukonstruktionen<br />

� jede Form von Durchdringung bei Holzkonstruktionen,<br />

z.B. Anschluss von Pfetten,<br />

Zangen etc. bei Dachstühlen, Anschlüsse<br />

von Gauben, Deckenauflagern etc.<br />

� Fensteranschlüsse zum Rohbau rundum<br />

sowie Fugen zwischen Stockrahmen<br />

und Fensterflügel; besonders anfällig<br />

sind Haustüren an den oberen und unteren<br />

Anschlagsseiten; Dichtheit ist im<br />

Allgemeinen nur durch Abschließen der<br />

Haustür zu erreichen<br />

� Elektrodosen und Leerrohre, welche die<br />

dichtende Putzebene von Außenbauteilen<br />

durchdringen oder innerhalb des Gebäudes<br />

in einen unbeheizten Bereich führen<br />

(z.B. Leerrohre zum Keller)<br />

� Installationsleitungen von Sanitär, Heizung<br />

und Lüftung, die dichtende Ebenen<br />

durchstoßen; auf eine schadensträchtige<br />

Entwässerungs-Dachentlüftung kann z.B.<br />

mittels einer internen Entlüftung verzichtet<br />

werden<br />

Diese Liste stellt keinerlei Anspruch<br />

auf Vollständigkeit. Gute Ergebnisse werden<br />

nur dann erzielt, wenn bereits beim<br />

Entwurf auf ein einfaches Gebäudekonzept<br />

geachtet wird, bei der Werkplanung<br />

die Details hinsichtlich der Dichtheit<br />

optimiert werden und bei der Bauüberwachung<br />

gezielt die Handwerker zur<br />

sorgfältigen Arbeit angehalten werden.<br />

35


KINDERGARTEN DOHNA<br />

36


BEHAGLICHKEIT FÜR 150 KINDER!<br />

Kindergarten Dohna<br />

Eine wunderschöne Architektur empfängt<br />

den Besucher beim Betreten des Grundstücks:<br />

Ein roter Kubus umrahmt die freundliche<br />

Südfassade mit den transparenten<br />

Flächen, die den Bedürfnissen der Kinder<br />

in den dahinter liegenden Räumen angepasst<br />

sind. Beim zweiten Hinschauen<br />

entpuppt sich der rote Part der Südfassade<br />

als vollflächiger Fassadenkollektor,<br />

farblich perfekt den Verkleidungselementen<br />

der seitlich angrenzenden Flächen<br />

angepasst.<br />

Beim Betreten des Gebäudes eröffnet<br />

sich ein großzügiges Foyer. Jedes Kind hat<br />

sofort den Überblick, wo sich sein Gruppenraum<br />

auf den beiden Ebenen befindet. Der<br />

Raum wird offensichtlich gern und intensiv<br />

genutzt. Mit dem offenen und freundlichen<br />

Entree ist es den Architekten gut gelungen,<br />

eine angemessene Empfangssituation für<br />

einen großen Kindergarten mit fast 150<br />

Plätzen zu schaffen, in dem sich jedes Kind<br />

auf Anhieb wohl fühlt. Acht Gruppenräume<br />

decken verschiedene Bedarfssituationen<br />

vom Krippenplatz über integrative Gruppen<br />

bis hin zu Vorschulplätzen ab. Sie strahlen<br />

durch Architektur und Ausstattung eine individuelle<br />

anheimelnde Atmosphäre aus.<br />

Günther Rentzsch und Olaf Reiter, Dresden<br />

Sehr schön ist jeweils die Verbindung<br />

zu den Sanitärbereichen gelöst, die in<br />

einem direkt angrenzenden Raum durch<br />

eine transparente Glas-Regalwand in den<br />

Gesamtraum eingebunden sind und zugleich<br />

für die Kinder einen abgeschlossenen<br />

Raum bilden. Verglaste Flächen beginnen<br />

erst ab einer Höhe von 1,50 m.<br />

Gebäudehülle & Konstruktion<br />

Der Kindergarten entstand nach dem<br />

großen Hochwasser von 2002 neu und<br />

ist konstruktiv auf diese besonderen<br />

Bedingungen ausgerichtet. Er wurde als<br />

Südostansicht des Gebäudes – Fassadenkollektor und seitliche Verkleidungselemente sind optisch kaum zu unterscheiden<br />

Der Kindergarten Dohna<br />

KINDERGARTEN DOHNA<br />

Massivbau aus 17,5 cm dicken Kalksandsteinen<br />

mit Vorhangfassade errichtet. Aufgrund<br />

des Hochwasserschutzes erfolgte<br />

die Gründung mittels massiver Bohrpfähle<br />

in Verbindung mit einer Stahlbeton-Bodenplatte.<br />

Die Dämmung befindet sich vollständig<br />

oberhalb dieser Konstruktion mit<br />

einer Dicke von 280 mm. Darüber schließt<br />

sich der Estrich (6 cm) mit dem jeweiligen<br />

Bodenbelag an.<br />

Die elegante Außenverkleidung mit<br />

rot beschichteten zementgebundenen<br />

Spanplatten stellt eine eher untypische<br />

Fassadenvariante massiver Kalksandsteinwand-Konstruktionen<br />

dar. Die Dämmung<br />

erfolgte mit 30 cm Zellulose. Als<br />

37<br />

Foto: Lothar Sprenger


KINDERGARTEN DOHNA<br />

Tragsystem für den Dämmbereich wurden<br />

Doka-Träger ohne chemischen Holzschutz<br />

als vorgehängtes Holzrahmenbauelement<br />

verwandt. Die innere Beplankung erfolgte<br />

mit einer Holzweichfaserplatte.<br />

Die Dachkonstruktion besteht ebenfalls<br />

aus Doka-Trägern von etwa 300 mm<br />

Höhe. Die gesamte Konstruktionshöhe<br />

wurde mit Zellulosefasern gedämmt.<br />

Unterseitig befinden sich die jeweilige<br />

Deckenbekleidung mit Unterkonstruktion<br />

und die luftdichtende Ebene. Oberseitig erfolgte<br />

der Abschluss der Dämmung durch<br />

Holzweichfaserplatten, worüber sich die<br />

Hinterlüftungsebene anschließt. Darüber<br />

befindet sich eine Schalung mit Abdichtung<br />

sowie eine Dachbegrünung.<br />

Die transparenten Flächen wurden mit<br />

Holzfenstern in Passivhaus-Ausführung<br />

ausgeführt. Die gleiche thermische Qualität<br />

erhielten die Außentüren. Der Windfang<br />

stellt ein wesentliches energetisches Element<br />

zur Reduzierung der Wärmeverluste<br />

aufgrund der hohen Besuchsfrequenz beim<br />

Bringen und Holen der Kinder dar.<br />

Grundriss des Kindergarten-Gebäudes<br />

38<br />

Die Wärmebrücken wurden ermittelt und<br />

die Konstruktion in dieser Hinsicht optimiert.<br />

Das Gleiche gilt für die Detailausbildung<br />

hinsichtlich der Luftdichtigkeit. Der<br />

Bauprozess wurde mit Qualitätssicherung<br />

in Form von Blower-Door-Tests begleitet.<br />

Der schließlich gemessene n 50 -Wert betrugt<br />

0,5 h -1 .<br />

Lüftung<br />

Die Gebäudetechnik wurde auf geringstem<br />

Platz oberhalb der nördlichen Gruppen- und<br />

Verwaltungsräume im Shedbereich untergebracht.<br />

Für die Lüftungstechnik steht<br />

dennoch eine großzügige Strecke mit bestens<br />

angepasstem Querschnitt zur Verfügung:<br />

Ausgehend vom kombinierten Außen-/Fortluftelement<br />

reihen sich Schalldämpfer,<br />

Lüftungsgerät mit Rotationswärmetauscher<br />

sowie die gebäudeseitige<br />

Schalldämpfung und die Verteilung auf die<br />

verschiedenen Gebäudebereiche aneinander.<br />

Das Lüftungsvolumen beträgt 2.100<br />

m³/h, was in etwa 15 m³/h und Kind bei<br />

Vollbelegung entspricht.<br />

Bild: Reiter & Rentzsch<br />

Detailansicht: Verschnitt des südlichen Hauptgebäudes<br />

mit dem Dach über dem Foyerbereich<br />

Leuchtende Farben und helles Holz schaffen eine freundliche Atmosphäre


Zentralgerät der Lüftungsanlage mit Rotationswärmetauscher und gebäudeseitiger<br />

Schalldämpfung – das Lüftungsvolumen beträgt 2.100 m 3 pro Stunde<br />

Die Verteilleitungen sind verkleidet und<br />

für den Betrachter nicht wahrnehmbar.<br />

Die Querung des Foyers erfolgt oberhalb<br />

des Windfangs. Die Verteilung in den<br />

Gruppenräumen ist in eine Akustikdecke<br />

integriert. Die Zuluftdurchlässe befinden<br />

sich im Allgemeinen in zentralen Bereichen<br />

dieser Decken. Abluftbereich ist<br />

jeweils der angrenzende Sanitärbereich.<br />

Das großvolumige Foyer wird über einen<br />

eher geringen gerichteten Volumenstrom<br />

in Verbindung mit dem Luftaustausch über<br />

die offenen Verbindungen zu den Gruppenräumen<br />

belüftet.<br />

Detail Sockelanschluss<br />

Heizung &<br />

Warmwasserbereitung<br />

Auf der Stirnseite des Gebäudetechnik-<br />

Bereichs befindet sich die komplette<br />

Heiztechnik in Form einer Wärmepumpe<br />

mit 16,5 kW thermischer Leistung im<br />

Mini-Kühlschrank-Format. Der Primärkreislauf<br />

wird gespeist durch zwei 100 m<br />

tiefe Bohrpfähle mit 15 cm Durchmesser<br />

und jeweils zwei Kreisläufen mit Leitungen<br />

DN 25. Die Temperatur des Glykols liegt<br />

bei ca. 4 °C im Vorlauf und 0 °C im Rücklauf.<br />

Die projektierte Jahresarbeitszahl<br />

für die Heizung beträgt 4,5 aufgrund des<br />

Die Heizung des gesamten Komplexes erfolgt durch<br />

eine Wärmepumpe im Kühlschrank-Format, die<br />

thermische Leistung beträgt 16,5 kW<br />

KINDERGARTEN DOHNA<br />

Verteilung der Lüftungsleitungen in einem Gruppenraum inkl. Schalldämpfung:<br />

Rechts wird der Zuluftdurchlass montiert<br />

niedrigen Temperaturniveaus im Heizkreis.<br />

Die Wandflächenheizung, die an den Innenwänden<br />

des Gebäudes verlegt ist, weist<br />

einen Vor-/Rücklauf von 38/30 °C auf.<br />

Die Wärmebereitstellung wird unterstützt<br />

durch eine Solarthermieanlage mit vollflächigem<br />

Fassadenkollektor auf der Südseite<br />

des Kindergartens mit einer Fläche von<br />

75 m². Das Holzrahmensystem des Kollektors<br />

ermöglicht eine einfache passgerechte<br />

Einfügung in die Fassade. Die rote<br />

Einfärbung der Absorber entspricht exakt<br />

dem Farbton der Fassadenverkleidung.<br />

Der farblichen Gestaltung werden 20 %<br />

Wirkungsgradverlust geopfert.<br />

Solar- und Warmwasserspeicher platzoptimiert in<br />

einem Abstellraum<br />

39<br />

Bild: Reiter & Rentzsch


KINDERGARTEN DOHNA<br />

Projektdaten<br />

Objekt Kindergarten und Kindertagesstätte, 01809 Dohna<br />

Bauherr Stadtverwaltung Dohna<br />

Ort 01809 Dohna<br />

Wohn-/<br />

Nutzfläche<br />

Konstruktion<br />

40<br />

1.036 m² Nutzfläche<br />

Außenwand 1,5 cm Lehmputz, 17,5 cm Kalksandstein, RDK 1,8, 30 cm Doka-Träger<br />

ohne chemischen Holzschutz als vorgehängtes Holzrahmenbauelement<br />

gedämmt mit Zellulosedämmung, 3,5 cm Holzweichfaserplatte,<br />

Außenverkleidung mit beschichteten zementgebundenen Spanplatten;<br />

U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Bodenplatte 1,5 cm Parkett, 6 cm Estrich, 28 cm Polystyrol mit λ R = 0,040 W/(mK),<br />

Bitumenbahn, 25 cm Normalbeton<br />

U-Wert = 0,14 W/(m²K), Gründung mit Bohrpfählen<br />

Dach Deckenbekleidung mit Unterkonstruktion, Dampfbremse / luftdichtende<br />

Ebene, Doka-Träger ohne chemischen Holzschutz mit Zelluloseausfachung<br />

300 mm, Holzweichfaserplatten, Hinterlüftungsebene, Schalung mit<br />

Abdichtung, Dachbegrünung, U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Fenster Dreifachverglasung mit gedämmten Holzrahmen<br />

U f -Wert = 0,94 W/(m²K), U w -Wert = 0,8 W/(m²K), U g -Wert = 0,6 W/(m²K)<br />

Eingangstür Dreifachverglasung mit gedämmten Holzrahmen, U w -Wert = 0,8 W/(m²K)<br />

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung im Rahmen des PHPP<br />

Luftdichtheit Blower-Door-Messung n 50 = 0,5 h -1<br />

Gebäudetechnik<br />

Lüftung Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung, Fabrikat: GEA Happel Com 4,<br />

Lüftungsvolumen 2.100 m³/h (15 m³/h pro Kind bei Vollbelegung);<br />

Erdwärmetauscher<br />

Heizung und<br />

Warmwasser<br />

Übertragung<br />

Heizwärme<br />

Wärmepumpe mit 16,5 kW thermischer Leistung, Fabrikat: Viessmann,<br />

Primärkreislauf gespeist durch 2 x 100 m Bohrpfähle;<br />

Solarthermieanlage mit Fassadenkollektor (75 m²) mit fassadenangepasster<br />

bordeauxroter Absorberfläche;<br />

Fabrikat: Sachsensolar AG, Dresden<br />

heizseitig Wandflächenheizung mit Vor-/Rücklauf 38/30 °C<br />

Sanitärbereich Regenwassernutzung<br />

Baukosten 1.589 €/m² Wohn-/Nutzfläche (Kostengruppe 300+400)<br />

Baujahr Fertigstellung September 2004<br />

Architekten Architekturbüro Reiter & Rentzsch, 01109 Dresden,<br />

www.reiter-rentzsch.de<br />

Planung<br />

Gebäudetechnik<br />

Bilanzierung<br />

des Heizwärmebedarfs<br />

Ingenieurbüro Thomas Hoffmann, 01129 Dresden<br />

kWh/(m2a)<br />

Gewinne<br />

Verluste<br />

13,8 18,4 10,6<br />

13,2 6,1 3,9 14,5 5,1<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Heizwärmebedarf<br />

Solarstrahlung<br />

Interne Wärmequelle<br />

Wand<br />

Dach<br />

Grund<br />

Fenster<br />

Lüftung<br />

Eingangsbereich des Foyers mit Windfang<br />

Die Wärmespeicherung erfolgt in einem<br />

gesonderten Bereich im Obergeschoss<br />

auf engstem Raum integriert in einen<br />

Abstellbereich unterhalb des Heiz-/Lüftungsraums.<br />

Resümee<br />

Das Gebäude zeigt in einer sehr schönen<br />

Form, wie Gestaltung, Funktionalität und<br />

Energieeffizienz miteinander verbunden<br />

werden können. Hoher Komfort wird mit<br />

wenig Technik erreicht. Bei der Betrachtung<br />

drängt sich der Eindruck auf, dass<br />

die Passivhaus-Komponenten keine Last<br />

für die Planer dargestellt haben, sondern<br />

im Gegenteil Sprungbrett zu einer rundum<br />

gelungenen Architektur waren.<br />

Blick auf die Treppen des Foyers<br />

Foto: Lothar Sprenger


WÄRMEBRÜCKEN<br />

Die Energieeinsparverordnung ermöglicht<br />

den pauschalen Ansatz von Wärmebrücken<br />

bei der energetischen Berechnung.<br />

Die ermittelten U-Werte werden nach<br />

DIN V 4108-6 um 0,10 W/(m²K) erhöht. Bei<br />

Anwendung von Wärmebrückendetails, die<br />

im Beiblatt 2 dargestellt werden, kann der<br />

Ansatz auf 0,05 W/(m²K) halbiert werden.<br />

Beide Lösungen sind für den Nachweis<br />

von Passivhäusern nicht geeignet, da<br />

dort im Allgemeinen deutlich günstigere<br />

Wärmebrückenlösungen angewandt<br />

werden müssen. Dies gilt sowohl um die<br />

Anschluss Bodenplatte – Außenwand<br />

Anschluss Bodenplatte – Außenwand, nicht unterkellert<br />

Anschluss Kellerdecke – Außenwand, unbeheizter Keller<br />

Passivhaus-Anforderungen zu erzielen als<br />

auch um bauphysikalisch einwandfreie<br />

Lösungen zu erhalten.<br />

Die Bauteillängen der einzelnen Wärmebrücken<br />

müssen in einem detaillierten Rechengang<br />

ermittelt werden. Sie werden<br />

jeweils mit dem längenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten<br />

Ψ [W/(mK)]<br />

multipliziert und aufsummiert. Sind die<br />

Ψ-Werte für die angewandten Konstruktionen<br />

bekannt – z.B. aus einem Wärmebrückenkatalog<br />

–, ist der Aufwand eher gering.<br />

Die Berechnung von individuellen Wärmebrücken<br />

erzeugt Kosten in Höhe von 250<br />

bis 500 € pro Wärmebrücke.<br />

a<br />

a<br />

a<br />

λ<br />

a<br />

a<br />

a<br />

WÄRMEBRÜCKEN<br />

Im Passivhaus Projektierungs Paket<br />

werden die Wärmebrücken im Arbeitsblatt<br />

„Flächen” ermittelt und die Längen und Ψ-<br />

Werte eingetragen. Das Ergebnis wird dann<br />

selbsttätig in den weiteren Rechenvorgang<br />

eingebunden, z.B. für die Berechnung der<br />

Heizwärme und der Heizwärmelast.<br />

Für Kalksandstein-typische Details<br />

liegt ein Wärmebrückenkatalog für<br />

Passivhaus-Details vor, Bezug über<br />

www.kalksandstein.de<br />

λ<br />

[W/mK]<br />

a =<br />

200 mm<br />

0,99 Ψ =<br />

0,181<br />

0,33 Ψ =<br />

0,066<br />

λ<br />

[W/mK]<br />

a =<br />

200 mm<br />

0,99 Ψ =<br />

0,079<br />

0,33 Ψ =<br />

0,008<br />

λ<br />

[W/mK]<br />

a =<br />

200 mm<br />

0,99 Ψ =<br />

0,076<br />

0,33 Ψ =<br />

0,012<br />

a =<br />

250 mm<br />

Ψ =<br />

0,172<br />

Ψ =<br />

0,069<br />

a =<br />

250 mm<br />

Ψ =<br />

0,072<br />

Ψ =<br />

0,010<br />

a =<br />

250 mm<br />

Ψ =<br />

0,069<br />

Ψ =<br />

0,012<br />

a =<br />

300 mm<br />

Ψ =<br />

0,162<br />

Ψ =<br />

0,070<br />

a =<br />

300 mm<br />

Ψ =<br />

0,065<br />

Ψ =<br />

0,012<br />

a =<br />

300 mm<br />

Ψ =<br />

0,063<br />

Ψ =<br />

0,013<br />

41


WÄRMEBRÜCKEN<br />

Anschluss Kellerwand – Innenwand EG, unbeheizter Keller<br />

Traufe – Außenwand<br />

Ortgang – Außenwand<br />

42<br />

a<br />

a<br />

λ<br />

b<br />

a<br />

b<br />

λ<br />

[W/mK]<br />

a =<br />

200 mm<br />

0,99 Ψ =<br />

0,269<br />

0,33 Ψ =<br />

0,125<br />

b =<br />

200 mm<br />

b =<br />

240 mm<br />

b =<br />

280 mm<br />

b =<br />

250 mm<br />

b =<br />

300 mm<br />

b =<br />

350 mm<br />

a =<br />

200 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,084<br />

Ψ =<br />

- 0,073<br />

Ψ =<br />

- 0,060<br />

a =<br />

250 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,014<br />

Ψ =<br />

- 0,016<br />

Ψ =<br />

- 0,016<br />

a =<br />

250 mm<br />

Ψ =<br />

0,243<br />

Ψ =<br />

0,107<br />

a =<br />

250 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,080<br />

Ψ =<br />

- 0,067<br />

Ψ =<br />

- 0,052<br />

a =<br />

300 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,022<br />

Ψ =<br />

- 0,023<br />

Ψ =<br />

- 0,022<br />

a =<br />

300 mm<br />

Ψ =<br />

0,221<br />

Ψ =<br />

0,094<br />

a =<br />

300 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,076<br />

Ψ =<br />

- 0,061<br />

Ψ =<br />

- 0,044<br />

a =<br />

350 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,028<br />

Ψ =<br />

- 0,029<br />

Ψ =<br />

- 0,028


Fenster – Brüstung<br />

Fenster – Sturz<br />

Fenster – Leibung<br />

a<br />

b<br />

b<br />

a<br />

a<br />

b =<br />

200 mm<br />

b =<br />

250 mm<br />

a =<br />

0 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,022<br />

Ψ =<br />

- 0,027<br />

WÄRMEBRÜCKEN<br />

a = 200 mm a = 250 mm a = 300 mm<br />

Ψ = - 0,067 Ψ = - 0,064 Ψ = - 0,061<br />

b =<br />

300 mm<br />

b =<br />

200 mm<br />

b =<br />

250 mm<br />

b =<br />

300 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,030<br />

a =<br />

20 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,071<br />

Ψ =<br />

- 0,069<br />

Ψ =<br />

- 0,067<br />

a =<br />

20 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,013<br />

Ψ =<br />

- 0,017<br />

Ψ =<br />

- 0,020<br />

a =<br />

40 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,078<br />

Ψ =<br />

- 0,077<br />

Ψ =<br />

- 0,075<br />

a =<br />

40 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,003<br />

Ψ =<br />

- 0,006<br />

Ψ =<br />

- 0,009<br />

a =<br />

60 mm<br />

Ψ =<br />

- 0,085<br />

Ψ =<br />

- 0,085<br />

Ψ =<br />

- 0,084<br />

43


NUTZERVERHALTEN<br />

44<br />

NUTZERVERHALTEN<br />

Passivhäuser sind äußerst nutzerfreundlich<br />

und komfortabel. Die Bewohner<br />

schätzen die hohe Behaglichkeit aufgrund<br />

der guten Gebäudedämmung. Zudem<br />

werden die Lüftungsanlagen als angenehm<br />

empfunden. „Die Luft ist frisch<br />

und klar, wenn ich nach Hause komme,“<br />

ist die durchgängig positive Auskunft von<br />

Passivhaus-Bewohnern, die seit einiger<br />

Zeit in ihrem neuen Haus mit Lüftungsanlage<br />

wohnen „Nicht wie früher, als ich<br />

jedes mal beim Nachhausekommen die<br />

Fenster aufreißen musste.“<br />

Das Öffnen der Fenster ist natürlich<br />

nach wie vor möglich und in der Übergangszeit<br />

sowie im Sommer eindeutig<br />

sinnvoll und geboten.<br />

Blick ins Atrium des EnerGon-Gebäudes in Ulm<br />

Zahlreiche Untersuchungen belegen aus<br />

sozialwissenschaftlicher und technischer<br />

Sicht, dass Passivhäuser von ihren Bewohnern<br />

angenommen werden. Sie kommen<br />

ohne hohen Eingewöhnungsaufwand mit<br />

den Gegebenheiten bestens zurecht. Eine<br />

kurze Anleitung für die wenigen Besonderheiten<br />

ist hilfreich. Dort sollten z.B. folgende<br />

Punkte beschrieben werden:<br />

� Lüftungsanlage: Einstellung des Luftwechsels,<br />

Filterwechsel, zusätzliche Fensterlüftung<br />

außerhalb der Heizzeit<br />

� Heizung: Umgang mit der Restwärmebereitstellung,<br />

Einfluss der Raumtemperatur<br />

� Dichtheit der Gebäudehülle: z.B. Wartung<br />

von Fenstern und Haustüren<br />

� Nutzen der Komfortfaktoren des<br />

Passivhauses<br />

Das System Passivhaus ist fehlertolerant<br />

hinsichtlich des Verhaltens der Bewohner.<br />

Durch gelegentliches manuelles<br />

Lüften oder erhöhte Raumtemperaturen<br />

steigt der Energieverbrauch nur in sehr<br />

geringem Maß.<br />

Das wird belegt durch zahlreiche Untersuchungen<br />

über den Heizenergieverbrauch<br />

von Passivhäusern. Es zeigt sich<br />

ein immer wiederkehrendes Spektrum<br />

mit Abweichungen nach unten und oben.<br />

Diese symptomatische Gauß'sche Verteilungskurve<br />

ist unabhängig vom energetischen<br />

Standard und gilt für Bestandsgebäude<br />

wie für extrem Energie sparende<br />

Häuser. Der Mittelwert pendelt sich<br />

im Bereich des berechneten Heizenergiebedarfs<br />

ein.


GENOSSENSCHAFT IM PASSIVHAUS<br />

Mehrfamilienhaus in Hamburg<br />

Über zwölf Jahre wuchs die Initiative des<br />

gemeinsamen Wohnprojektes in der Telemannstraße<br />

in Hamburg. Es waren sechs<br />

Initiatorinnen und ein Mann, die sich regelmäßig<br />

trafen und Pläne schmiedeten.<br />

Weitere Mitbewohner(Innen) wurden gesucht.<br />

Es gab sechswöchige Schnupperphasen<br />

mit wöchentlichen Treffen. Als sich<br />

schließlich die Gruppe formiert hatte und<br />

ein Grundstück gefunden wurde, sprangen<br />

überraschend wenig Beteiligte ab. In der<br />

nun folgenden Planungs- und Bauphase<br />

blieb die Gruppe stabil. Das Grundstück<br />

liegt in einem lebendigen Gründerzeitgebiet<br />

in Hamburg-Eimsbüttel am Ende einer<br />

verkehrsberuhigten Sackgasse: Urbanität<br />

pur und gleichzeitig sehr ruhig gelegen.<br />

Im März 1999 lobte die Baugruppe einen<br />

kleinen Architektenwettbewerb aus.<br />

Das Büro Dittert & Reumschüssel erhielt<br />

schließlich die Beauftragung für die Planung<br />

eines Gebäudes, in dem „vielfältige<br />

Begegnung der Bewohner möglich ist“. Es<br />

begann ein spannender partizipierender<br />

Christine Reumschüssel und Thomas Dittert,<br />

Hamburg<br />

Planungsprozess mit dem Ziel, möglichst<br />

viele der individuellen Wünsche der künftigen<br />

Bewohner unterzubringen und miteinander<br />

zu verbinden. Die Organisation der<br />

Gruppe als Genossenschaft unterstützte<br />

den gemeinsamen Planungsgedanken und<br />

senkte das Potenzial an Individualinteressen<br />

in der späteren Umsetzungsphase.<br />

Das Ergebnis ist nicht nur in baulicher<br />

Hinsicht vorbildhaft, auch die Bewohner<br />

fühlen sich miteinander wohl: „Es besteht<br />

ein gutes nachbarschaftliches bis freundschaftliches<br />

Verhältnis!“<br />

Das Mehrfamilienhaus in der Hamburger Telemannstraße – initiiert und gebaut von einer Genossenschaft<br />

MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />

Ansicht von Südosten vom Kinderspielplatz neben<br />

dem Anwesen<br />

Angesichts dieser vielen Aspekte war die<br />

Anforderung, das Gebäude als Passivhaus<br />

zu realisieren, für die Architektin eine eher<br />

geringe Herausforderung – und das, obwohl<br />

dieser Wunsch erst aufkam, nachdem<br />

der Entwurf bereits fertig gestellt war.<br />

Gebäudehülle & Konstruktion<br />

Das Gebäude wurde als Massivbau<br />

mit einer Außenwandkonstruktion aus<br />

Kalksandstein, System KS-Quadro, 17,5<br />

cm dick mit 30 bis 35 cm Wärmedämm-<br />

45<br />

Foto: Dittert & Reumschüssel


MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />

Verbundsystem mit λ R = 0,0035 W/(mK)<br />

errichtet. Der resultierende U-Wert liegt bei<br />

0,10 W/(m²K).<br />

Die Dämmung unterhalb der Kellerdecke<br />

erfolgt aus Brandschutzgründen (Tiefgarage)<br />

mit Mineralwollplatten in 30 cm Dicke,<br />

die unterseitig verspachtelt wurden.<br />

Die Wärmebrückenoptimierung erwies<br />

sich im Bereich des Außenwandanschlusses<br />

zur Decke über der im Kellergeschoss<br />

weiter nach außen gezogenen Tiefgarage<br />

als äußerst anspruchsvoll. Die Lösung<br />

erfolgt durch eine Minimierung der Deckenauflager<br />

auf einzelne Auflagerpunkte,<br />

so dass die Dämmung in allen anderen<br />

Bereichen vollflächig durch den Deckenbereich<br />

hindurch geführt werden kann.<br />

Nach gleichem Schema wurden Anschlusspunkte<br />

der Kellerwände zur KG-Decke<br />

ausgeführt. Nicht tragende Innenwände<br />

im Keller enden am unteren Anschluss<br />

zur durchgehenden Dämmung, da an die<br />

Kellerräume keine Schallschutzanforderungen<br />

gestellt sind.<br />

Die Dachkonstruktion besteht aus einer<br />

Stahlbetondecke mit außen liegender<br />

Gefälledämmung von 30 bis 50 cm. Der<br />

resultierende U-Wert beträgt im Mittel 0,10<br />

W/(m²K).<br />

Die Fenster wurden als Kunststofffenster<br />

mit einem mittleren U w -Wert nach Passivhaus-Projektierung<br />

von 0,87 W/(m²K)<br />

erstellt. Der Wert für den Rahmen beträgt<br />

U f = 0,77 W/(m²K) und für das Glas U g =<br />

0,7 W/(m²K) bei einem g-Wert von 53 %.<br />

Die Wärmebrückenberechnung erfolgte<br />

im Rahmen der Passivhaus-Projektierung<br />

Laubengang<br />

46<br />

Foto: Dittert & Reumschüssel<br />

Ansicht Nordost: Treppenhaus und Laubengangbereich<br />

durch das Passivhaus Institut Darmstadt.<br />

Bei einer Wärmebrücken-Gesamtlänge<br />

des Gebäudes von immerhin 528 m wird<br />

ein sehr günstiger mittlerer Ψ-Wert von<br />

0,01 W/(mK) erreicht. Nicht enthalten<br />

sind darin die Wärmebrücken zum Kellerbereich,<br />

die aufgrund der oben beschriebenen<br />

Maßnahmen auf eine Länge von nur<br />

57 m reduziert wurden, allerdings bei einem<br />

mittleren Ψ-Wert von 0,25 W/(mK).<br />

Die Luftdichtheit wurde mit Blower-<br />

Door-Tests pro Wohnung ermittelt. Dabei<br />

erwiesen sich die Leckagen zwischen<br />

den Wohnungen über die Schächte als<br />

die schwierigsten Detailpunkte. Während<br />

anfangs noch mehrere Messungen pro<br />

Wohnung erforderlich waren, konnten die<br />

Grundriss 1. Obergeschoss<br />

letzten Wohnungen jeweils auf Anhieb abgenommen<br />

werden. Der mittlere n 50 -Wert<br />

beträgt 0,3 h -1 .<br />

Lüftung, Heizung &<br />

Warmwasserbereitung<br />

Die Gebäudetechnik wurde in einer kleinen<br />

Dachtechnikzentrale mit etwa 20 m²<br />

Funktionsfläche zusammengefasst. Die<br />

Lüftungsanlage als Zu-/Abluftanlage mit<br />

Wärmerückgewinnung wurde als zentrale<br />

Anlage erstellt. Das Luftvolumen ist<br />

ausgelegt nach der Vollbelegung des<br />

Gebäudes mit 45 Personen à 30 m³/h.<br />

Foto: Dorfmüller & Kröger<br />

Bild: Dittert & Reumschüssel


Treppenhaus<br />

Die Ansaugung erfolgt über Dach, daran<br />

schließen sich in kompakter Bauweise das<br />

elektrische Vorheizregister für den Frostschutz<br />

des Wärmetauschers, die Filter<br />

und der Gegenstromwärmetauscher sowie<br />

die Ventilatoren an. Die Verteilung erfolgt<br />

in der Zentrale auf drei Stränge, wovon<br />

zwei vertikal in eigenen Schächten nach<br />

unten geführt werden. Der dritte Strang<br />

läuft horizontal innerhalb der gedämmten<br />

Hülle über der obersten Geschossdecke<br />

zu insgesamt fünf weiteren vertikalen<br />

Schächten. Der Brandschutz erfolgt mittels<br />

Deckenschotts, Fabr. Geba, in den<br />

Geschossdecken. An die Schächte, die einzeln<br />

je Wohnung geführt sind, wurden keine<br />

Brandschutzanforderungen gestellt.<br />

Die Verteilsysteme sind aufgrund der<br />

sehr individuellen Grundrisse in jeder<br />

Wohnung unterschiedlich gelöst. Das<br />

Rohrsystem besteht aus Wickelfalzrohren,<br />

die Verteilung auf die Räume erfolgt<br />

mit Weitwurfdüsen, um möglichst geringe<br />

Rohrlängen realisieren zu können.<br />

Technikzentrale mit Gasbrennwerttherme Lüftungs-Zentralgerät<br />

Foto: Dittert & Reumschüssel<br />

Schnitt<br />

Für die Wärmeübergabe wurde je Wohnung<br />

ein Heizregister in der Zuluftführung<br />

des Lüftungsnetzes installiert, dessen<br />

Temperatur individuell in mehreren Stufen<br />

in der Wohnung geregelt werden<br />

kann. Darüber hinaus kann durch einen<br />

Ein-Aus-Schalter die Zuluftmenge temporär<br />

über einen Volumenstromregler auf eine<br />

erhöhte Stufe gestellt werden, um eine<br />

höhere Wärmemenge zuführen zu können.<br />

Durch das Betätigen eines Bedarfstasters<br />

in der Küche wird die Luftmenge für 15<br />

bis 30 Minuten erhöht. In den Bädern<br />

befinden sich zusätzliche Heizkörper, die<br />

mit Thermostatventilen geregelt werden.<br />

In einzelnen weiteren Räumen wurden<br />

Heizleitungen vorbereitet, die Heizkörper<br />

sind allerdings meist nicht montiert.<br />

Die Inbetriebnahme der Lüftung mit<br />

präziser Einstellung der Luftvolumenströme<br />

und der Heizregister erweist sich als<br />

aufwendig. Während in einem Teil der<br />

Wohnungen die Anlage planungsgemäß<br />

funktioniert, mussten in einigen Wohnun-<br />

MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />

gen die Regelungseinstellungen nachgebessert<br />

werden.<br />

Die Einflussnahme der Mieter auf die<br />

Raumtemperatur bietet nicht den Komfort<br />

von Heizkörpern, die in jedem Raum einzeln<br />

geregelt werden können. Die Architekten<br />

haben deshalb bei einem Folgeprojekt<br />

die Trennung zwischen Lüftungsanlage und<br />

Heizungsverteilung als Alternative mit höherem<br />

Regelungskomfort gewählt.<br />

Die Wärmebereitstellung für Heizung<br />

und Warmwasserbereitung erfolgt mittels<br />

eines Gas-Brennwertkessels in der<br />

Technikzentrale mit 60 kW Leistung in<br />

Verbindung mit einem Pufferspeicher mit<br />

1.000 Litern Inhalt. Die Leistungsauslegung<br />

erfolgte nach den Anforderungen der<br />

Warmwasserbereitung, die Heizung hätte<br />

nur ein Gerät mit 15 kW erfordert.<br />

Anschlüsse für eine Solarthermie-Anlage<br />

wurden vorgesehen. Die Anlage wurde<br />

allerdings noch nicht installiert.<br />

Lüftungstrasse auf dem Querbau<br />

47<br />

Bild: Dittert & Reumschüssel<br />

Foto: Dittert & Reumschüssel


MEHRFAMILIENHAUS IN HAMBURG<br />

Projektdaten<br />

Objekt Mehrfamilienhaus im Genossenschaftswohnungsbau<br />

Bauherr Schanze e.G.<br />

Ort 20255 Hamburg<br />

Wohn-/<br />

Nutzfläche<br />

Konstruktion<br />

48<br />

18 Wohneinheiten<br />

1.540 m²<br />

Außenwand 17,5 cm Kalksandstein, 30-35 cm WDVS aus Polystyrol mit λ R = 0,035<br />

W/(mK) innen und außen verputzt, U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Kellerdecke Stahlbetondecke mit 30 cm außen liegender Mineralwolldämmung mit<br />

λ R = 0,040 W/(mK) zur Tiefgarage, innen schwimmender Estrich auf Trittschalldämmung<br />

4 cm mit λ R = 0,040 W/(mK), U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Dach Stahlbetondecke mit 30–50 cm außen liegender Gefälledämmung, innen<br />

verputzt, U-Wert = 0,11 W/(m²K)<br />

Fenster Kunststofffenster, Fabrikat: Rehau, U f -Wert = 0,77 W/(m²K)<br />

ψ g = 0,035 W/(mK), U w -Wert = 0,87 W/(m²K),<br />

Ug-Wert = 0,7 W/(m²K), g-Wert = 53 %<br />

Eingangstüren Türen und Glasfassade des Treppenhauses (unbeheizter Bereich) mit<br />

Zweischeiben-Wärmeschutzverglasung, Türen zu den Wohnungen als<br />

passivhauszertifizierte Holztüren U w = 0,85 W/(m²K)<br />

Wärmebrücken Detaillierte Ermittlung und Berechnung der Wärmebrücken im Rahmen<br />

der PHPP-Berechnung durch das Passivhaus-Institut Darmstadt;<br />

ΔU WB = 0,02 W/(m²K)<br />

Luftdichtheit Blower-Door-Test: n 50 = 0,3 h -1<br />

Gebäudetechnik<br />

Lüftung zentrale Dachlüftungszentrale, Komponenten: Fabrikat Lüfta mit<br />

Gegenstrom-Wärmetauscher; Volumenstrom-Regelung je Wohnung<br />

dezentral je WE Volumenstromregler und Heizregister zur individuellen<br />

Volumen- und Heizungssteuerung<br />

Heizung & Warmwasser<br />

Übertragung<br />

Heizwärme<br />

Gas-Brennwertkessel, Fabrikat: Paradigma, Leistung 60 kW<br />

(Auslegung nach Warmwasseranforderung), 1.000-l-Ein-Schichtenspeicher<br />

(vorbereitet für Einbindung einer Solarthermie-Anlage)<br />

dezentrale Warmwasser-Heizregister in der Zuluftführung je Wohnung<br />

inkl. Temperaturregelung<br />

Baukosten Kostengruppe 300/400 nach DIN 276 inkl. MWSt.: 1.350 €/m²<br />

(zzgl. Tiefgarage)<br />

Baujahr 2003<br />

Architekten Architektur & Stadtentwicklung Dittert & Reumschüssel<br />

20354 Hamburg, www.dr-architekten.de<br />

Planung Gebäudetechnik<br />

InnovaTec Energiesysteme GmbH<br />

Sonstiges gasbeheizte Gemeinschafts-Waschmaschinen<br />

Bilanzierung des<br />

Heizwärmebedarfs<br />

kWh/(m2a)<br />

Gewinne<br />

Verluste<br />

15 6,1 11,1<br />

9 2,3 1,9 14,7 4,4<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Heizwärmebedarf<br />

Solarstrahlung<br />

Interne Wärmequelle<br />

Wand<br />

Dach<br />

Grund<br />

Fenster<br />

Lüftung<br />

Laubengang mit Balkonqualität<br />

Resümee<br />

Das Gebäude funktioniert bestens als<br />

Passivhaus, obwohl die Ausrichtung alles<br />

andere als günstig ist: Eine schattige Südostseite<br />

durch üppigen Baumbestand und<br />

die Straßenseite nach Nordwesten mit den<br />

Laubengängen, die in angenehmster Form<br />

die gewünschten vielfältigen Begegnungen<br />

ermöglichen. Die Bewohner strahlen untereinander<br />

eine hohe Harmonie aus, die<br />

Kinder fühlen sich wohl und haben viel<br />

Raum.<br />

Stimmen zum Haus<br />

„Das Gebäude hat ein angenehm<br />

ausgeglichenes Wohnklima: im<br />

Sommer kühl, im Winter angenehm<br />

ohne kalte Abstrahlung von<br />

Außenwänden.“<br />

„Der sommerliche Wärmeschutz<br />

ist sehr gut, sogar im Supersommer<br />

2003 war es sehr angenehm!“<br />

„Selbst im Dachgeschoss ist es<br />

an heißen Tagen angenehm kühl<br />

– beim Kies auf dem Dach habe<br />

ich 52 °C gemessen und direkt<br />

darunter bei mir in der Wohnung<br />

21 °C.“<br />

„Der Schallschutz ist gut. Es gibt<br />

keine Störgeräusche, da hört man<br />

eine Nadel aufditschen!“<br />

„Zu Anfang musste ich bisweilen<br />

ein Fenster öffnen, es war in<br />

dem Gebäude einfach zu ruhig<br />

– und Ruhe war ich nicht mehr<br />

gewöhnt.“<br />

Eine blinde Bewohnerin machte<br />

der Architektin das schönste Kompliment:<br />

„Ich habe mich sofort<br />

nach dem Umzug in dem Gebäude<br />

zu Hause gefühlt und gleich<br />

in der ersten Nacht wunderbar<br />

geschlafen“.


MARKTAUSSICHTEN<br />

Die Entwicklung der Passivbauweise verläuft<br />

– wie schon zehn Jahre zuvor die<br />

Niedrigenergietechnik – in exponentiellen<br />

Schritten. Niedrigenergiebauweise stellt<br />

durch die EnEV inzwischen nahezu den<br />

aktuellen Baustandard dar. Die Passivhausentwicklung<br />

brachte in den ersten<br />

zehn Jahren eine jährliche Verdoppelung<br />

fertig gestellter Wohneinheiten.<br />

Die Prognose für energieeffizientes<br />

Bauen ist eindeutig: Angesichts der<br />

Ressourcen- und Klimasituation ist eine<br />

forcierte Weiterentwicklung unumgänglich.<br />

Die Geschwindigkeit dieser<br />

Entwicklung hängt allerdings von zahlreichen<br />

Faktoren ab:<br />

� Die Passivhaustechnik ist erprobt und<br />

wurde so gut wie keine andere Energieeffizienztechnologie<br />

im Bereich des<br />

Bauens wissenschaftlich begleitet mit<br />

rundum positiven Ergebnissen. Dadurch<br />

entwickelten sich für Gebäudehülle und<br />

Lüftungstechnologie Lösungen, die auf<br />

Jahre den Stand der Technik darstellen<br />

werden. Sie bieten eine Optimierung des<br />

Kosten-Nutzen-Verhältnisses beim energieeffizienten<br />

Bauen, das aber durch die<br />

Komponentenhersteller – z.B. von Fenstern<br />

– noch verbessert werden muss.<br />

� Gebäudetechnik kann bei Passivhäusern<br />

in vielfältiger Weise eingesetzt werden.<br />

Durch die geringe Heizlast und<br />

den hohen bauphysikalischen Komfort<br />

sind sehr einfache Lösungen möglich.<br />

In diesem Bereich werden in den nächsten<br />

Jahren zahlreiche Innovationen zu<br />

erwarten sein, wobei weitsichtige Hersteller<br />

die Kosten für bisherige Systeme<br />

deutlich senken, durch die Übernahme<br />

des Gesamtpakets Heizung – solar/<br />

regenerativ – Lüftung – Regelung ihren<br />

Marktanteil dennoch deutlich steigern<br />

werden.<br />

� Zahlreiche Komplementärtechniken<br />

zur Passivbauweise wie KfW-40-Häuser,<br />

3-Liter-Häuser, Ultra-Häuser, Plusenergiehäuser<br />

etc. unterscheiden sich bei konsequenter<br />

Ausführung im Allgemeinen<br />

kaum in Gebäudehülle und Lüftungstechnik,<br />

sondern setzen besondere Akzente<br />

bzw. weitere Optimierungen durch gebäudetechnische<br />

Maßnahmen.<br />

WE<br />

pro Jahr<br />

100.000<br />

90.000<br />

80.000<br />

70.000<br />

60.000<br />

40.000<br />

30.000<br />

20.000<br />

10.000<br />

0<br />

3-Liter-Häuser<br />

Passivhäuser<br />

� Förderstrategien sollten analog zur<br />

Technik- und Kostenentwicklung wirken.<br />

Langfristig angelegte degressive Förderbedingungen<br />

entsprechen dieser Entwicklung<br />

und wirken zugleich investitionsanreizend.<br />

Die vorliegende KfW-Förderung könnte in<br />

diesem Sinn fortgeschrieben werden.<br />

� Da die Bauwirtschaft in weiten Teilen<br />

eher beharrend agiert, muss in diesem Sinn<br />

gezielte Öffentlichkeitsarbeit und Qualifizierung<br />

durchgeführt werden, beginnend<br />

an den Universitäten bis zur berufsbegleitenden<br />

Weiterbildung von Planern,<br />

Handwerk und Immobilien- und Finanzdienstleistern.<br />

Akteure der Bauwirtschaft<br />

sollten ihrerseits Initiative und Verantwortung<br />

übernehmen. Wichtig ist es, neben<br />

der Energieeinsparung und energiepolitischen<br />

Sicherheit die weichen Faktoren des<br />

energetischen Bauens wie Behaglichkeit,<br />

Raumluftqualität und Komfort zu kommunizieren.<br />

� Die zu erwartende deutliche Heizkostenentwicklung<br />

wird in Sprüngen verlaufen –<br />

die politischen, volkswirtschaftlichen und<br />

gesellschaftlichen Auswirkungen könnten<br />

eine solche Vehemenz entwickeln, dass ein<br />

auf 3-Liter-Haus Niveau sanierte Häuser<br />

MARKTAUSSICHTEN<br />

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010<br />

Potenzial jährlich errichteter Passivhäuser, 3-Liter-Häuser und auf 3-Liter-Niveau sanierter Häuser bis 2010<br />

(Deutschland, Szenario TREND) [8]<br />

extrem hoher Umsetzungsdruck für Energieeffizienz<br />

entstehen wird. Es ist nicht<br />

absehbar, inwieweit dieser Entwicklung<br />

durch rechtzeitige politische Weichenstellungen<br />

allzu schmerzhafte Spitzen<br />

genommen werden können.<br />

Eine Untersuchung über das Markpotenzial<br />

für Passivhäuser [8] kommt zu<br />

dem optimistischen Ergebnis, dass „im<br />

Jahre 2010 nahezu jedes fünfte neu gebaute<br />

Haus in Passivhausbauweise und zusätzlich<br />

jedes dritte Haus in 3-Liter-<br />

Haus-Bauweise realisiert wird. Bei Sanierungen<br />

wird der Wärmebedarf etwa<br />

jedes zehnten Hauses auf mindestens<br />

3-Liter-Haus-Niveau gesenkt”.<br />

Bei den zugrunde liegenden Experteninterviews<br />

war dabei durchgängige<br />

Meinung, dass „die Passivhaus-Bauweise<br />

die größte Zukunft hat, vor allem<br />

aufgrund des geringen Heizwärmeverbrauchs,<br />

hohen Wohnkomforts und der<br />

geringen Mehrkosten.” Bereits heute<br />

gebe es eigentlich keinen Grund, mit<br />

einem schlechteren Energiestandard<br />

zu bauen.<br />

49


AUSBLICK UND LITERATUR<br />

50<br />

AUSBLICK<br />

Die Passivhaus-Technologie hat in den<br />

letzten Jahren zu einem energetischen<br />

Quantensprung geführt. Wie schön wäre<br />

es, wenn sich im Verkehrsbereich mit<br />

ähnlichem Tempo die Entwicklung vom<br />

10-Liter-Auto nicht nur zum 5- und 3-<br />

Liter-Gefährt vollzogen hätte, sondern<br />

sogar das 1,5-Liter-Auto schon auf dem<br />

Markt wäre. Bei den Gebäuden sind<br />

wir innerhalb von 25 Jahren vom 20-<br />

Liter- zum 1,5-Liter-Haus gelangt. Das<br />

faszinierendste daran ist die Tatsache,<br />

dass die zugrunde liegenden Techniken<br />

durchweg einfach und in der Breite anwendbar<br />

sind. Zudem ermöglichen sie<br />

ein großes Maß an Kreativität. Dies betrifft<br />

sowohl die architektonische Gestaltung<br />

als auch die Vielfalt der technischen<br />

Lösungskonzepte.<br />

Und die weitere Entwicklung wird spannend<br />

bleiben. Es ist überhaupt nicht davon<br />

auszugehen, dass sich die technischen<br />

Innovationen verlangsamen werden.<br />

In allen Bereichen sind weitere<br />

Entwicklungen abzusehen:<br />

1. Die Dämmung der Gebäudehülle im<br />

Bereich um U = 0,1 W/(m²K) wird durch<br />

die breite Markteinführung geeigneter<br />

Produkte einfacher und kostengünstiger.<br />

Wärmebrückenminimierung und<br />

Luftdichtungskonzepte werden zur Regel<br />

und durch entsprechende Produkte<br />

unterstützt. Dämm-Materialien werden<br />

auf ihre Primärenergiebilanz und Umweltverträglichkeit<br />

hin weiter optimiert.<br />

Schließlich wird es zusätzliche Materialien<br />

geben, wie z.B. Vakuumdämmung<br />

oder Nano-Technologie, die schlanke<br />

Konstruktionen ermöglichen.<br />

2. Verglasungen und Rahmentechnik<br />

waren der Motor für die energetische<br />

Fortentwicklung. Die Angebotspalette<br />

wird sich ausweiten und die spezifischen<br />

Kosten werden in dem Maß niedriger, wie<br />

diese Produkte auf die Main-Stream-Linien<br />

der Hersteller gelangen. Weitere<br />

Optimierungen bei Gläsern und Rahmen<br />

werden folgen.<br />

3. Für die Gebäudetechnik bietet die<br />

Energieeffizienz eine ungeheure Chance.<br />

Die klassischen Kesselkonzepte der letzten<br />

50 Jahre werden durch völlig neue<br />

integrale Gebäudetechnikstrukturen abgelöst<br />

werden. Dabei wird dezentrale<br />

Kleinst-Technik im 1-kW-Bereich vernetzt<br />

werden mit dezentralen Nahwärmever-<br />

bünden bei abnehmender Bedeutung von<br />

zentraler Großtechnik. Wärme-Kraft-Kopplung<br />

wird über die Brennstoffzellenentwicklung<br />

in den nächsten Jahren in jeder<br />

Anforderungsgröße verfügbar sein. Regenerative<br />

Energieerzeugung wird durch<br />

die geringen Leistungsanforderungen an<br />

Marktanteil stark zunehmen und kann<br />

durch dezentrale Strukturen jeweilige<br />

Standorte mit ihren individuellen Vorteilen<br />

nutzen; seien es Solarthermie, Biomassetechnik,<br />

Wind-, Wasserkraft, Photovoltaik<br />

oder Sonstige.<br />

4. Energiemanagement wird in einem<br />

freien Energiemarkt als zusätzlicher Motor<br />

für dezentrale Energieerzeugung wirken.<br />

Durch die Entwicklungen bei der Gebäudetechnik<br />

werden zahlreiche Gebäude<br />

einen Überschuss an Energie anbieten.<br />

Durch Vernetzung und Lastmanagement<br />

wird eine krisensichere Energieversorgung<br />

ohne hohe zentrale und kostenintensive<br />

Vorhaltungskapazitäten ermöglicht.<br />

5. Facility Management wird für alle<br />

Gebäude eine wirtschaftliche Selbstverständlichkeit.<br />

Die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie<br />

ist eine immanente Folge dieser<br />

Entwicklung. Viele gebaute Projekte belegen<br />

dies. Es ist davon auszugehen, dass<br />

minimalenergetische Anforderungen in 10<br />

bis 20 Jahren den üblichen Baustandard<br />

darstellen werden. Da unsere Investitionsentscheidungen<br />

im Immobilienbereich zu<br />

Festlegungen für 30 bis 80 Jahren führen,<br />

können nur weitsichtige Lösungen bei der<br />

heutigen Planung betriebs- und volkswirtschaftlich<br />

sinnvoll sein.<br />

Im Bereich der energetischen Sanierung<br />

des Gebäudebestands vollzieht<br />

sich derzeit ebenfalls eine Entwicklung<br />

zu erhöhter Energieeffizienz bis hin<br />

zum Faktor 10: Das sanierte Gebäude<br />

verbraucht nur noch ein Zehntel der<br />

ursprünglichen Energiemenge. Während<br />

Zubau auch bei optimalen energetischen<br />

Standards immer noch eine zusätzliche<br />

Belastung der Umwelt darstellen wird,<br />

bietet der Sanierungsbereich die Möglichkeit,<br />

Verbesserungen zu bewirken<br />

und eine deutliche Entlastung des Ressourcenverbrauchs<br />

herbeizuführen. Eine<br />

Steigerung der Sanierungstätigkeit von<br />

derzeit knapp 2 % jährlich auf über 3 %<br />

des Gebäudebestandes bei energetisch<br />

sinnvollen Standards wird zudem einen<br />

wichtigen Konjunkturschub für die regional<br />

strukturierte Bauwirtschaft geben.<br />

LITERATUR<br />

[1] Michael, K.: Erfahrungen mit soledurchströmten<br />

Erdwärmetauschern.<br />

– NEI, Detmold www.nei-dt.de/<br />

Downloads/Sole-EWT.pdf<br />

[2] Schulze Darup, B. (Hrsg.): Passivhaus-Projektbericht<br />

Energie & Raumluftqualität.<br />

– Gefördert durch die<br />

Deutsche Bundesstiftung Umwelt,<br />

Nürnberg 2002<br />

[3] www.vip-bau.de, ZAE Bayern, Würzburg<br />

[4] Neben dem dargestellten Projekt Trier-<br />

Petrisberg u.a. Passivhäuser Bersenbrück<br />

und Neumarkt-Voggenthal,<br />

Sanierung RMH München-Harlaching<br />

[5] Auflistung passivhaus-zertifizierter<br />

Fenster durch das Passivhaus Institut<br />

Darmstadt unter: www.passiv.de<br />

[6] Feist, W. (Hrsg.): Passivhaus-Fenster.<br />

– Arbeitskreis kostengünstige Passivhäuser,<br />

Protokollband Nr. 14<br />

[7] Passivhaus Projektierungs Paket<br />

(PHPP), Arbeitsblätter „Fenster” und<br />

„Verschattung”, Passivhaus Institut<br />

Darmstadt<br />

[8] Bühring, A.; Leuchtner, J.; Krug, P.;<br />

Schüle, R.: Marktpotenzial für Passivhäuser<br />

und 3-Liter-Häuser. – Fraunhofer<br />

ISE / Energieagentur Regio<br />

Freiburg 2004<br />

[9] Schulze Darup, B.: Energieeffiziente<br />

Wohngebäude. – BINE Informationsdienst,<br />

2. Auflage, Köln 2004<br />

[10] Schulze Darup, B.: Umweltverträgliches<br />

Bauen und gesundes Wohnen.<br />

– Arbeitsblätter zum Wohnungsbau,<br />

Bände 6 und 7, Oberste Baubehörde<br />

im Bayerischen Staatsministerium<br />

des Innern, 2. Auflage, München

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