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S. 9 - Berliner MieterGemeinschaft eV

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der liberalen Marktwirtschaft<br />

Nachher: Warenhaus, Friedrichstraße, Ecke<br />

Französische Straße Foto: 2000<br />

Raubbau am Kommunalen<br />

Wohnungsbestand<br />

Von Andrej Holm<br />

Seit etwa sieben Jahren veräußern<br />

die städtischen Wohnungsbaugesellschaftenkontinuierlich<br />

ihr Eigentum. Die<br />

Erklärungen klingen immer wieder<br />

logisch und die Reaktionen<br />

sind fast immer dieselben.<br />

War es zunächst der Verkaufszwang<br />

nach dem Altschuldenhilfegesetz,<br />

so waren es später<br />

betriebswirtschaftliche Argumente,<br />

die Verkäufe notwendig<br />

erscheinen ließen. Die Wohnungsbaugesellschaften,<br />

vor<br />

allem die im Osten, haben einen<br />

weitgehend heruntergekommenen<br />

Bestand und unterliegen<br />

zugleich dem strengen Finanzierungsdiktat<br />

der knappen öffentlichen<br />

Kassen. Also werden<br />

Häuser aus dem Bestand verkauft,<br />

um den verbleibenden<br />

Rest zu erneuern. So jedenfalls<br />

die Legitimationen aus den<br />

Bezirken.<br />

Die obligatorischen Proteste<br />

der Mieter aus den Häusern<br />

wur-den regelmäßig in einer<br />

Mischung von Ausweglosigkeit,<br />

administrativer Beruhigung<br />

und Genossenschaftsenthusiasmus<br />

erstickt.<br />

Für den Bezirk Prenzlauer Berg<br />

kann aus der Erfahrung der verschiedenen<br />

Verkaufswellen ein<br />

regelrechtes Muster von Privatisierungsdiskussiongezeichnet<br />

werden. Die Abläufe waren<br />

immer ähnlich:<br />

Verkauf unter hohem<br />

Zeitdruck<br />

Immer gibt es aus der Sicht der<br />

Wohnungsbaugesellschaft irgendwelche<br />

Fristen, bis zu<br />

denen der Verkauf vollzogen<br />

werden muss.<br />

Bei der Altschuldenhilfeprivatisierung<br />

1993 mussten bis Ende<br />

des Jahres Verkaufsverträge<br />

unterschrieben sein, da ab 1994<br />

20% des Verkaufserlöses an<br />

den Erblastentilgungsfonds abgeführt<br />

werden mussten. Bei<br />

den Verkaufsraten 1997 und<br />

Ende 1998 galten die auslaufendenSteuerabschreibungsmöglichkeiten<br />

als Beschleunigungsargument.<br />

sem Umfang, nirgendwo Investitionssubventionen<br />

in hiesiger<br />

Größenordnung. In der Folge<br />

konnte die übrige Wohnungswirtschaft<br />

keine derartigen Erträge<br />

erzielen, sitzt aber gleichwohl<br />

auf Leerständen von bis zu<br />

30% und auf großenteils unsanierten<br />

Beständen.<br />

Desweiteren muss eine Klärung<br />

herbeigeführt werden, wie mit<br />

der Rückzahlung von Wohnungsbaudarlehen<br />

verfahren<br />

werden kann. Dies ist insbesondere<br />

für West-Unternehmen<br />

von Bedeutung, für die ein<br />

Rückzahlungsvolumen von insgesamt<br />

ca. 3,5 Mrd. DM auch<br />

kein Pappenstiel ist. Auch in diesem<br />

Bereich besteht bei einigen<br />

Unternehmen die tendenzielle<br />

Gefahr von Insolvenz.<br />

Es mag ungewöhnlich sein,<br />

dass in einer Mieterzeitschrift finanzstrategische<br />

Probleme der<br />

öffentlichen <strong>Berliner</strong> Wohnungswirtschaft<br />

diskutiert werden.<br />

Sicher ist: Für alles, was<br />

schief geht, werden letztlich die<br />

Mieter die Zeche zahlen müssen.<br />

1 Die Quellen der folgenden Angaben<br />

sind Krättke/Borst, Berlin “Metropole zwischen<br />

Boom und Krise”, sowie diversen<br />

Statistiken, Zeitungsberichten und parlamentarischen<br />

Unterlagen des Abgeordnetenhauses<br />

entnommen<br />

Auch in der aktuellen Verkaufsdebatte<br />

wird mit zeitlichen Fristen<br />

argumentiert: diesmal muss<br />

wieder das Altschuldenhilfegesetz<br />

als Begründung herhalten<br />

(siehe hierzu in diesem Heft<br />

„Eine faire Chance für Genossenschaften?“,<br />

S.23). Erstaunlich<br />

ist nur, dass sich die<br />

Abführungsquoten für die Verkaufserlöse<br />

erst Ende des Jahres<br />

2000 verändern. Das heißt,<br />

aus der Erfahrung der bisherigen<br />

Privatisierungen hat sich<br />

der Termindruck für die Wohnungsbaugesellschaft<br />

als so<br />

effektiv erwiesen, dass er jetzt<br />

sogar simuliert wird.<br />

Empörung vom Bezirk<br />

abgefedert<br />

Der Bezirk als Träger von politischer<br />

Verantwortung und Willensbildungsprozessen<br />

spielt<br />

bei der Akzeptanz der Privatisierungswellen<br />

eine hervorragende<br />

Rolle. 1994 nach den<br />

vollzogenen Verkäufen von<br />

Wohneinheiten der WIP an<br />

ME 278/2000 7

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