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Orientierung durch Philosophieren - Fachverband Philosophie e.V.

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FACHVERBAND PHILOSOPHIE<br />

Mitteilungen • Heft 46/2006<br />

50 Jahre <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

Bundeskongress in Münster • Essaywettbewerb<br />

Standardisiertes <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>?


2<br />

Zur Abbildung: Ausschnitt aus Raffaels „Die Schule<br />

von Athen“ (1483). Platon und Aristoteles verkörpern<br />

nicht nur zwei unterschiedliche Ausrichtungen der <strong>Philosophie</strong>,<br />

sie mögen auch stellvertretend stehen für die<br />

beiden Pole, zwischen denen sich die Tätigkeit des<br />

<strong>Fachverband</strong>s <strong>Philosophie</strong> in den 50 Jahren seines<br />

Bestehens bewegt hat.<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


Inhalt<br />

Mitteilungen des Bundesvorsitzenden 4<br />

Nachrichten aus den Landesverbänden 5<br />

Bernd Rolf<br />

50 Jahre <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

3<br />

<strong>Philosophie</strong>- und Ethikunterricht in den Bundesländern heute 15<br />

Ekkehard Martens:<br />

Werkzeugkasten und Schatztruhe -<br />

oder: Was braucht man zum <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>?<br />

Lutz Koch:<br />

Standardisierter <strong>Philosophie</strong>unterricht - ein Fragezeichen<br />

Bundeswettbewerb Philosophischer Essay 31<br />

Bundeskongress „<strong>Orientierung</strong> <strong>durch</strong> <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>“ 32<br />

Essays:<br />

Mandy Telle: Verbrannte Erde, angesengtes Selbst und<br />

Wahrhaftigkeit<br />

Leo Hinrichs: Krieg kann man nicht humanisieren. Er kann<br />

nur abgeschafft werden.<br />

Alina Redich: Das Spiel des Lebens<br />

Tagungsberichte<br />

Ethisch-philosophische Bildung und Ausbildung<br />

Förderung philosophischer Kreativität im Unterricht<br />

Zwischen PISA und Athen – Antike <strong>Philosophie</strong> im Schul-<br />

unterricht<br />

Weitere Tagungsankündigungen 53<br />

Rezensionen 54<br />

Beitrittserklärung (Vordruck) 60<br />

Adressen des Bundesverbandes und der Landesverbände 62<br />

Impressum<br />

Mitteilungen des <strong>Fachverband</strong>s <strong>Philosophie</strong> e.V.<br />

Herausgeber: Der Bundesvorstand des <strong>Fachverband</strong>s<br />

Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes:<br />

Dr. Bernd Rolf, Hubertusstr. 123, 47623 Kevelaer<br />

Tel. 02832-7392, Fax 02832-970652, E-Mail: DrBRolf@aol.com<br />

www.fv-philosophie.de<br />

MITTEILUNGEN 46/2006<br />

9<br />

14<br />

19<br />

36<br />

40<br />

42<br />

48<br />

48<br />

49


Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

4<br />

der <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> feiert Jubiläum. In diesem Jahr kann der Landesverband NRW<br />

(gegründet am 22. September 1956) auf sein fünfzigjähriges Bestehen zurückblicken, und<br />

auch der Bundesverband (eingetragener Verein seit 1957) kann mit einigem Recht das Jahr<br />

1956 als sein Gründungsjahr ansehen. Mehr dazu finden Sie im ersten Artikel des Heftes.<br />

Im Zeichen des Jubiläums soll der 17. Bundeskongress des <strong>Fachverband</strong>es stehen, der vom<br />

22.. - 24. September in Kooperation mit dem Landesverband NRW und dem Institut für Lehrerfortbildung<br />

Mülheim/Ruhr in Münster stattfindet. Das Programm finden Sie in der Mitte des<br />

Heftes. Bitte beachten Sie, dass der letzte Anmeldetermin (25. Juli) in einigen Bundesländern<br />

in die Ferienzeit fällt. Wer sich anmelden möchte, sollte dies also unbedingt vor den Ferien erledigen.<br />

Die Mitgliederversammlung findet am 22. September 2006 im Rahmen des Kongresses in<br />

Münster statt. Auf der Tagesordnung stehen u.a. die Neuwahl des Kassenwartes und des<br />

Schriftführers. Da laut Satzung nur Personen in den Vorstand gewählt werden können, die im<br />

Berufsleben stehen, ist eine Neuwahl von Jürgen Mühlstädt, der seit 24 Jahren das Amt des<br />

Schriftführers versehen hat, und Edgar Fuhrken, der seit 2003 Kassenwart ist, nicht möglich.<br />

Für beide Ämter werden dringend Vorschläge erbeten. Eine Voraussetzung für die Ausübung<br />

des Amts des Kassenwartes ist die Beherrschung des Computerprogramms Access.<br />

Der im letzten Jahr ausgeschriebene Bundeswettbewerb philosophischer Essay unter der<br />

Schirmherrschaft des Bundespräsidenten konnte erfolgreich <strong>durch</strong>geführt werden. Die drei<br />

Preisträger (ihre Essays können Sie im Heft nachlesen) wurden von Horst Köhler im Schloss<br />

Bellevue empfangen. Der Bundesessaywettbewerb wird in Zukunft mit dem nordrheinwestfälischen<br />

Landeswettbewerb zusammengeführt. Die Ausschreibung wird im Oktober 2006<br />

erfolgen; die Preisträger nehmen an einer philosophischen Winterakademie teil, aus deren<br />

Kreis die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei der Internationalen <strong>Philosophie</strong>-<br />

Olympiade (IPO) hervorgehen. Mehr darüber lesen Sie auf S. 30.<br />

Der Wettbewerb um das Logo des <strong>Fachverband</strong>es ist noch nicht entschieden. Es wurde eine<br />

ganze Anzahl schöner Entwürfe eingesandt, aber der Vorstand konnte sich noch nicht einstimmig<br />

auf einen Favoriten einigen. Die vielversprechendsten Entwürfe sind in diesem Heft<br />

abgebildet (ab S. 39). Vielleicht leisten Sie uns, liebe Leser, Entscheidungshilfe. Schreiben Sie<br />

uns Ihre Meinung.<br />

Des weiteren finden Sie in diesem Heft Beiträge der Hamburger Tagung „<strong>Philosophie</strong> ist lehrbar“<br />

(Tagungsbericht in Mitteilungen 45/2005). Prof. Dr. Ekkehard Martens aus Hamburg stellt<br />

die Frage, was man eigentlich an <strong>Philosophie</strong> zum <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> braucht. Prof. Dr. Lutz Koch<br />

aus Bayreuth bringt Bedenkliches vor zur Frage, ob man standardisiert philosophieren kann.<br />

An Tagungsberichten finden Sie Rückblicke auf die 4. Fachtagung zur Didaktik der <strong>Philosophie</strong><br />

und Ethik in Bochum, die Tagung Zwischen PISA und Athen – antike <strong>Philosophie</strong> im<br />

Schulunterricht der Gesellschaft für antike <strong>Philosophie</strong> in Hamburg und die Sektion <strong>Philosophie</strong><br />

und Ethik in der Schule des Deutschen Kongresses für <strong>Philosophie</strong> in Berlin.<br />

Auf der Mitgliederversammlung im Rahmen dieses Kongress wurde Prof. Dr. Carl Friedrich<br />

Gethmann (Universität Essen) zum neuen Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für <strong>Philosophie</strong><br />

gewählt. Es ist mithin davon auszugehen, dass der 21. Deutsche Kongress für <strong>Philosophie</strong><br />

2008 in Essen stattfinden wird.<br />

Als nächste Veranstaltung des <strong>Fachverband</strong>es ist 2007 eine Tagung zum <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> mit<br />

Kindern in Bad Tölz im Gespräch, die auch dazu dienen soll, den neu gegründeten Bayeri<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


schen Landesverband <strong>Philosophie</strong> zu stärken.<br />

5<br />

In letzter Minute vor Redaktionsschluss wurde bekannt, dass Bundesfamilienministerin von<br />

der Leyen mit den beiden großen Kirchen ein Bündnis für Erziehung geschlossen hat. Es ist<br />

nicht mehr möglich, hier darauf einzugehen. Eine ausführliche Stellungnahme finden Sie demnächst<br />

auf der Homepage des <strong>Fachverband</strong>es: www.fv-philosophie.de<br />

Ihr<br />

Bernd Rolf<br />

Mitgliedsbeitrag 2006<br />

Mitglieder, die nicht am zentralen Einzug teilnehmen, werden gebeten, ihren Jahresbeitrag<br />

2006 auf das folgende Konto zu überweisen: Konto-Nr. 3407-601 bei der Postbank<br />

Frankfurt (BLZ 500 100 60), Kontoinhaber: <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V.<br />

Der Mitgliedsbeitrag beträgt für Kolleginnen/Kollegen im aktiven Dienst 20 €/Jahr, für<br />

Kolleginnen/Kollegen im Ruhestand 8 €/Jahr, für Referendarinnen/Referendare, Studentinnen/Studenten<br />

und arbeitslose Lehrer 5 €/Jahr.<br />

Wichtig: Bitte geben Sie auf dem Überweisungsträger auch den Landesverband an (z.B.<br />

„Schleswig-Holstein“ oder „Nordrhein-Westfalen“), damit der Ursprung der Überweisung<br />

ermittelt und dem entsprechenden Landesverband der ihm gebührende Anteil am Mitgliedsbeitrag<br />

überwiesen werden kann.<br />

Dringende Bitte um Aktualisierung der Mitgliedsdaten<br />

Bitte vergessen Sie nicht, Ihrem Landesvorsitzenden alle relevanten Änderungen Ihrer<br />

persönlichen Daten (Anschrift, Kontoverbindung, Art der Mitgliedschaft) mitzuteilen. Retouren<br />

beim zentralen Einzug der Mitgliedsbeiträge sind kostspielig. Vielen Dank!<br />

Bayern<br />

Nachrichten aus den Landesverbänden<br />

In Bayern wurde 2005 der Landesverband gegründet. Die Vorstandschaft hat die Arbeit aufgenommen<br />

und den Bundesvorstand gebeten, in den nächsten Jahren eine Tagung in Bayern<br />

zu veranstalten, um den <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> in Bayern bekannt(er) zu machen und Mitglieder<br />

zu gewinnen. - Bezüglich der Intention ist das Projekt „<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> mit Kindern“ erwähnenswert,<br />

wobei bisher noch keine detaillierten und weitreichenden Ergebnisse bekannt<br />

wurden.<br />

Klaus Zierer<br />

Berlin<br />

Im Vorstand des <strong>Fachverband</strong>es gab es einen Wechsel: Die bisherige stellvertretende Vorsitzende,<br />

Tanja Kunz, ist nun Landesvorsitzende. Der bisherige Landesvorsitzende, Manfred<br />

Zimmermann, ist nun Stellvertreter. Durch diese personelle Kontinuität ist auch die Kontinuität<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


6<br />

der Verbandesarbeit gesichert. Ein regelmäßiger Rundbrief informiert alle Mitglieder des Landesverbandes<br />

über Veranstaltungen des <strong>Fachverband</strong>es und Entwicklungen der Fächer <strong>Philosophie</strong><br />

und Ethik in Berlin. Trotz konstanter Mitgliederzahlen ist die Teilnehmerzahl an Veranstaltungen<br />

des <strong>Fachverband</strong>es weiterhin eher gering.<br />

Neue Rahmenlehrpläne<br />

Im Zuge der Erneuerung der Berliner Rahmenlehrpläne ist auch für <strong>Philosophie</strong> ein kompetenzorientierter<br />

Plan erarbeitet worden, der die Tätigkeit des <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s als Kernkompetenz<br />

in den Mittelpunkt stellt. Dieser neue Rahmenlehrplan für die Sekundarstufe II wird zum<br />

Schuljahr 2006/2007 in Kraft treten. Den Kern dieses Planes bildet das im Zweiländerprojekt<br />

(Berlin/Mecklenburg-Vorpommern) entwickelte Kerncurriculum für die Qualifikationsphase der<br />

gymnasialen Oberstufe.<br />

Der neue Rahmenlehrplan für den Wahlpflichtunterricht in Sekundarstufe I (Klassen 9 und 10)<br />

tritt ebenfalls 2006/2007 in Kraft. Die darin formulierten Standards sollen gewährleisten, dass<br />

die Schüler und Schülerinnen auf den Unterricht in der Qualifikationsphase vorbereitet werden.<br />

Sie orientieren sich von daher ebenfalls an der Kernkompetenz „<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>“.<br />

Verkürzung der Schulzeit<br />

Die Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre wird sich für das Fach <strong>Philosophie</strong> wahrscheinlich<br />

negativ auswirken. Rettungsanker für die <strong>Philosophie</strong> wäre eine Zunahme der Einführung des<br />

Wahlpflichtfaches <strong>Philosophie</strong> in Klasse 9 und 10 oder vielleicht auch das neue Pflichtfach Ethik.<br />

Neues Pflichtfach Ethik<br />

In Berlin wird – auf der Grundlage des Artikels 141 des Grundgesetzes (sog. Bremer Klausel) –<br />

der Religionsunterricht nicht als ordentliches Schulfach angeboten, sondern seit 1948 als freiwilliges,<br />

aber zu 90% vom Staat finanziertes Unterrichtsangebot der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften.<br />

Von Anfang an wurde immer wieder eine Anpassung Berlins an<br />

die übrigen Bundesländer diskutiert, aber aus politischen und finanziellen Überlegungen nicht<br />

vollzogen. Am 23.03.2006 hat nun das Abgeordnetenhaus von Berlin beschlossen, dass in<br />

Zukunft (beginnend mit den 7. Klassen im Schuljahr 2006/7) Ethik als zweistündiges Pflichtfach<br />

in der Sekundarstufe I eingeführt wird. Damit soll erreicht werden, dass die verschiedenen<br />

Religionen, Kulturen und Weltanschauungen im gemeinsamen Unterricht in Dialog treten.<br />

Die Einführung eines Wahlpflichtfachbereiches Ethik/Religions- und Weltanschauungsunterricht,<br />

wie er von CDU, FDP und den beiden christlichen Kirchen gefordert wurde, ist damit erst<br />

einmal abgelehnt. Der Schulversuch Ethik/<strong>Philosophie</strong>, der den Weg für die Einführung eines<br />

Wahlpflichtfaches auf freiwilliger Basis vorbereiten sollte, wird auslaufen. Die Fortbildung der<br />

Lehrerinnen und Lehrer hat bereits begonnen, ein entsprechender Studiengang wird vorbereitet.<br />

Diese Schlussstrich des Gesetzgebers unter die jahrzehntelange Diskussion hat aber die öffentliche<br />

Kontroverse noch nicht beendet. Das Fach Ethik bleibt umstritten, da es weder die<br />

Kirchen, die sich eher mit einem Fach <strong>Philosophie</strong> angefreundet hätten, befriedet noch die politischen<br />

Parteien und Gruppen, die eher ein Fach in Richtung mit dem Schwerpunkt „Kulturkunde“<br />

gewünscht hatten.<br />

Unter Ethik wird – nach der im Rahmenlehrplan formulierten Konzeption – ein Fach verstanden,<br />

in dem es – in der Tradition der Antike – um das Nachdenken darüber geht, was das Leben<br />

wertvoll macht. Dabei soll von den Erfahrungen und dem Leben der Schülerinnen und Schüler<br />

ausgegangen werden. Deshalb werden im Plan auch keine konkreten Unterrichtsthemen vorgegeben,<br />

da diese in Berlin – je nach Schulart und Schulbezirk sehr unterschiedlich sein können.<br />

Es wird nur vorgeschrieben, wie eine Reflexionsebene erreicht werden kann: einerseits<br />

<strong>durch</strong> die Vorgabe von sechs Themenfeldern, zu denen die Themen hin entwickelt werden sollen<br />

(wie z. B. Gerechtigkeit oder Glück) und andererseits <strong>durch</strong> die Vorgabe von Perspektiven<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


7<br />

(Was bedeutet das Thema für das Leben des Einzelnen und das gesellschaftliche Zusammenleben?<br />

In welchem kulturellen bzw. ideengeschichtlichen Zusammenhang steht das Thema?).<br />

Die Einführung des neuen Faches in die Stundentafel wird zum einen <strong>durch</strong> die Verkürzung<br />

der Schulzeit auf 12 Jahre und die damit verbundene Stundenerhöhung in der Sekundarstufe I<br />

und <strong>durch</strong> die Kürzung von Stunden im Bereich Erdkunde/Sozialkunde/ Geschichte ermöglicht.<br />

Die Einführung des flächendeckenden Ethikunterrichtes ist insofern revolutionär, da bisher die<br />

meisten Berliner Schüler weder Ethik- noch Religionsunterricht haben. Nach Senatsangaben<br />

nehmen derzeit in den weiterführenden Schulen nur 27 Prozent von insges-<br />

Samt über 320.000 Schülern an einem der Fächer teil. Religionsunterricht wird in Berlin auf<br />

freiwilliger Basis von mittlerweile acht Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erteilt.<br />

Allerdings ist der Erfolg des Faches fraglich, da an dieses Fach sehr hohe und widersprüchliche<br />

Erwartungen gestellt werden.<br />

Tanja Kunz<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Die Einführung einer Pflichtteilzeit, die fast 90% aller Lehrer erfasst, hat zu einer dramatischen<br />

Entwicklung geführt. Jeder dritte Pädagoge geht nach Auffassung des Lehrerverbandes MV<br />

einer Nebentätigkeit nach, um seinen Lebensstandard zu halten. Insbesondere die <strong>Philosophie</strong>lehrer<br />

sind äußerst aufgebracht, da viele von ihnen ein mehrjähriges Studium aufgenommen<br />

haben und nun auch mit starken Stundenreduzierungen belegt werden, obwohl es immer<br />

hieß, <strong>Philosophie</strong> sei ein Mangelfach. Plötzlich ist davon nicht mehr die Rede; angeblich gibt<br />

es genug <strong>Philosophie</strong>lehrer, obwohl nachweislich an vielen Schulen kein <strong>Philosophie</strong>unterricht<br />

erteilt wird (Religionsunterricht ist gleichermaßen betroffen). Viele Schulen wollen keine Lehrer<br />

von außerhalb, da ihre eigenen alle zu wenig Stunden haben, und schieben diesen lieber<br />

Stunden zu, obwohl oft gar keine Ausbildung vorhanden ist. Darunter leidet natürlich die Qualität<br />

und somit das Ansehen des Faches.<br />

Da junge, angehende Lehrer in MV keine Anstellung finden und die westlichen Bundesländer<br />

bevorzugen, wo <strong>durch</strong> sofortige Verbeamtung und bessere Bezahlung berufliche Sicherheit<br />

gewährleistet wird, ist eine Vergreisung der Lehrerschaft zu befürchten. Zusätzlich verunsichert<br />

sind die Lehrer <strong>durch</strong> die bevorstehende Schulreform („gemeinsames Lernen“ bis Klasse<br />

7 an den Regionalschulen und damit eine Destabilisierung der Rolle der Gymnasien im Land.<br />

Hinzu kommt eine Reformierung der Oberstufe, in der auf 12 Jahre reduziert wird und Kernfächer<br />

die Stellung anderer Fächer ernsthaft gefährden).<br />

Die Situation der Lehrerinnen und Lehrer wirkt sich auch spürbar auf die Verbandssituation<br />

aus. Ein im September zusammen mit dem Religionslehrerverband organisierter Bildungstag<br />

wurde von den rund 200 Teilnehmern rein zu Fortbildungszwecken benutzt, Kaum jemand ist<br />

noch bereit, sich für Verbandszwecke zu engagieren.<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Die Tätigkeit des Vorstands des rheinland-pfälzischen Verbandes ruht infolge fehlender Resonanz<br />

schon seit geraumer Zeit. Unter den Mitgliedern werden dringend Interessierte gesucht,<br />

die den Verband aufrechterhalten. Findet sich in der nächsten Zeit niemand, müsste der Landesverband<br />

aufgelöst werden.<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Das Fach <strong>Philosophie</strong>, das seit 1991 am Gymnasium unterrichtet werden kann, wird über die<br />

letzten vier Schuljahrgänge bis zum Abitur als zweistündiges Wahlpflichtfach angeboten, d.h.<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


8<br />

von der Klassenstufe 9 bis 12/13. Diese Stellung wird das Fach auch weiterhin haben, da es<br />

als Alternativfach zum Religionsunterricht nicht in Frage kommt, weil diese Stellung der zunehmend<br />

eingerichtete, aber immer noch nicht flächendeckend angebotene Ethikunterricht<br />

einnimmt.<br />

In der Praxis ist die Situation des Faches etwas komplizierter, da bis zum Schuljahr 2006/07<br />

die Umstellung von 13 auf 12 Schuljahren bis zum Abitur erfolgt. Da<strong>durch</strong> konnte <strong>Philosophie</strong><br />

im Schuljahr 2004/05 bereits im Schuljahrgang 9 begonnen werden, weil dieser der erste ist,<br />

der das Abitur nach 12 Schuljahren ablegen wird. Das Fach <strong>Philosophie</strong> wird ausschließlich<br />

als Wahlpflichtfach angeboten, hat dabei aber den Status eines möglichen mündlichen Abiturfachs<br />

und wird als solches auch seit 1996 an einigen Gymnasien geprüft. Eine Besonderheit<br />

ist hierbei, dass es ebenfalls seit 1996 eigene Landes-EPA für <strong>Philosophie</strong> gibt.<br />

Die vordringlichen Probleme, die das Fach <strong>Philosophie</strong> betreffen, werden hauptsächlich <strong>durch</strong><br />

die äußerst knappe Haushaltslage des Landes bestimmt. Denn obwohl die Studentenzahlen<br />

enorm ansteigen und damit in absehbarer Zeit auch Referendare und Referendarinnen auszubilden<br />

sein werden, gibt es weder Fachseminare noch Fachbetreuer für <strong>Philosophie</strong>. Die Referendarausbildung<br />

wurde bisher einigen unterrichtenden Lehrkräften übertragen.<br />

Die insgesamt angespannte Ausbildungssituation wird noch <strong>durch</strong> die geplante Konzentration<br />

der Lehramtsstudiengänge an der Universität Halle-Wittenberg verschärft, weil sowohl dieser<br />

als auch der zweite Studienort Magdeburg bereits jetzt gewaltige personelle und organisatorische<br />

Probleme bei Bewältigung des Studentenandrangs haben. Im Augenblick vollzieht sich<br />

die komplette Umstellung der Lehrerausbildung auf BA und MA Studiengänge, wobei der Anteil<br />

der praktischen Ausbildung von Beginn des Studiums an gegeben sein soll, genauere Angaben<br />

zur Studiendauer und Qualifikation können im Augenblick nicht gemacht werden.<br />

Die Fortbildungsangebote für das Fach <strong>Philosophie</strong> werden regelmäßig von den beiden Universitäten<br />

und meist fächerübergreifend mit dem Fach Ethik angeboten.<br />

Dr. Rainer Bartholomai<br />

Schleswig-Holstein<br />

Lehramtsstudium (höheres Lehramt): das ursprüngliche Philosophikum ist aufgehoben worden.<br />

Die Studentinnen und Studenten belegen nicht mehr fünf, sondern nur noch drei Seminare<br />

in <strong>Philosophie</strong> (wahlweise Soziologie); benotete Scheine sind nicht mehr erforderlich. Die<br />

Form der Prüfung (Referat, Kolloquium) wird mit dem Prüfer abgesprochen. Die Ausbildung<br />

der Studentinnen und Studenten an der Universität Kiel im Bereich Fachdidaktik erscheint<br />

nicht zufriedenstellend.<br />

Referendariat: Die Ausbildung ist neu strukturiert (Aufhebung der früheren Regionalseminare;<br />

Modularisierung) Die Einrichtung von Grundkursen im 13. Jg. (nach der Belegung in 11 und<br />

12) und die Einrichtung von Leistungskursen wird <strong>durch</strong> die vom Ministerium für Bildung und<br />

Frauen erneut angehobene, vorgeschriebene Durchschnittsfrequenz für Oberstufenkurse (jetzt<br />

19) erschwert.<br />

Fortbildung <strong>durch</strong> das IQSH findet auf regionaler Ebene nicht mehr statt. Überregional wird eine<br />

Veranstaltung pro Halbjahr angeboten (halbtägig). Damit hat sich die Fortbildungssituation<br />

insgesamt drastisch verschlechtert. Fortbildung darf nur noch in der unterrichtsfreien Zeit angeboten<br />

werden. Da jetzt Referendare landesweit auch in Schulen ausgebildet werden, die<br />

früher nie in Ausbildung einbezogen waren, wäre eine Verbesserung der Fortbildungssituation<br />

dringend geboten. Dem Erlass von 1992 entsprechend müssten die Schulleiter/innen der weiterführenden<br />

Schulen über <strong>Philosophie</strong> als Ersatzfach für Religion in der SekSt I informieren.<br />

Dies geschieht nach wie vor nicht überall.<br />

Jutta Kähler<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


9<br />

Bernd Rolf<br />

50 Jahre <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

Die Geschichte des Verbandes in seiner Gründungsphase<br />

Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V. kann im Jahr 2006 auf sein 50jähriges Bestehen zurückblicken.<br />

Er wurde am 27. 0ktober 1957 beim Amtsgericht Bremen als gemeinnütziger Verein eingetragen.<br />

Dieser rechtliche Akt markiert den vorläufigen Endpunkt einer Entwicklung, die bereits<br />

im Jahr 1956 begann. Die entscheidenden Verabredungen zur Gründung eines „Verband[es]<br />

zur Förderung der <strong>Philosophie</strong> am deutschen Gymnasium“, fanden auf einer Versammlung<br />

am 27. Oktober 1956 auf einer Tagung in Köln statt, die man im ideellen Sinn als<br />

Gründungsversammlung bezeichnen könnte. Schriftstücke dokumentieren, dass die Beteiligten<br />

selber den 27. Oktober 1956 als Gründungsdatum des Verbandes ansahen: „Am 27. Oktober<br />

wurde auf einer Tagung in Köln von <strong>Philosophie</strong>lehrern ein Verband gegründet, der sich<br />

zum Ziel gesetzt hat, der <strong>Philosophie</strong> an deutschen Gymnasien Geltung zu verschaffen“, formuliert<br />

der spätere Vorsitzende Erwin Lebek in einem Werbeschreiben vom November 1956,<br />

das er (noch unter seiner Adresse) an Schulen versandte.<br />

Es waren zwei unabhängig voneinander entstandene Bewegungen, die auf der Kölner Tagung<br />

von 1956 zusammenkamen, was schließlich zur Gründung des Verbandes führten. In einem<br />

Bericht mit dem Titel „Zusammenschluss der <strong>Philosophie</strong>lehrer“ schreibt Eduard Fey mit<br />

Bezug auf diese Tagung, dass „sich Kollegen der höheren Schulen zusammengefunden haben,<br />

um den <strong>Philosophie</strong>-Unterricht an den höheren Schulen zu fördern. Ihr Zusammenschluß<br />

ist, soweit wir sehen, etwa zu gleicher Zeit von zwei Seiten betrieben worden, in Nordwestdeutschland<br />

und in Nordrhein-Westfalen.“ 1<br />

In der Zeit vom 17. bis 19. Oktober 1955 hatten sich in Bad Dreibergen Kollegen aus Niedersachsen-Oldenburg,<br />

Schleswig-Holstein und Bremen getroffen, um Probleme des <strong>Philosophie</strong>unterrichts<br />

zu erörtern. Dabei hatten sie „den Beschluß“ gefasst, „auf die Gründung eines<br />

deutschen <strong>Philosophie</strong>lehrerverbandes hinzuarbeiten“ und Kontakt aufzunehmen „mit einer<br />

Gruppe von <strong>Philosophie</strong>lehrern, die in Nordrhein-Westfalen ähnliche Bestrebungen verfolgten“<br />

2 . Außerdem war angeregt worden, unter Mitwirkung der Allgemeinen Gesellschaft für <strong>Philosophie</strong><br />

einen Ausschuss zur Erarbeitung von Richtlinien „zur Gestaltung des <strong>Philosophie</strong>unterrichts<br />

in der höheren Schule“ zu bilden. 3<br />

In Nordrhein-Westfalen hatten 1955 (am 8./9.03 in Wuppertal, am 22./23.07 in Herne, am<br />

16./17.12 in Hamm) Tagungen von Lehrern an Gymnasien zur Erarbeitung von Richtlinien für<br />

das Fach <strong>Philosophie</strong> stattgefunden, die dem Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

eingereicht werden sollten. Auf einer weiteren Richtlinientagung am 22./23.09.1956 in Essen<br />

wurde – nachdem die Absicht dazu bereits am 12.06.1956 mitgeteilt worden war – der „Landesverband<br />

der <strong>Philosophie</strong>-Lehrer im Lande Nordrhein-Westfalen“ gegründet, zu dem 65<br />

Teilnehmer ihren Beitritt erklärten. 4<br />

Auf einem Treffen nordwestdeutscher <strong>Philosophie</strong>lehrer am 18. September 1956 in Uetersen<br />

war es zur Gründung einer „Arbeitsgemeinschaft der <strong>Philosophie</strong>lehrer des Nordwestdeutschen<br />

Raumes“ gekommen, um „eine Organisationsform zu finden, aus der heraus der Charakter<br />

des umfassenden deutschen Verbandes organisch wachsen kann“. 5<br />

Am 27. und 28. Oktober 1956 fand dann am Rande einer Tagung des engeren Kreises der<br />

Allgemeinen Gesellschaft für <strong>Philosophie</strong> in Deutschland in Köln „die erste Begegnung der<br />

beiden Gruppen von Kollegen“ aus Nordwestdeutschland und Nordrhein-Westfalen statt, zu<br />

der auch Kollegen aus Berlin traten. „Dabei wurde“ – so Eduard Fey – „der <strong>Philosophie</strong>lehrer-<br />

Verband auf Bundesebene gebildet.“ 6 Ein „Satzungs- und Organisationsausschuß“ wurde mit<br />

der Ausarbeitung einer Satzung beauftragt. 7<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


10<br />

Zur Eintragung ins Vereinsregister und<br />

damit zur Gründung im rechtlichen Sinne<br />

kam es am 27. Oktober 1957 in Bremen.<br />

Unmittelbar danach, am 28./29. Oktober<br />

1957, fand in Marburg die erste<br />

Mitgliederversammlung statt. Etwa 120<br />

Mitglieder und Interessenten hatten sich<br />

am Rande des 5. Deutschen Kongresses<br />

zusammengefunden. Dabei wurde die<br />

vorbereitete Satzung genehmigt und der<br />

Mitgliedsbeitrag festgesetzt auf 9 DM/<br />

Jahr). Zum Vorsitzenden wurde Dr. Erwin Lebek, Bremen, gewählt, zum 2. Vorsitzenden Dr.<br />

Eduard Fey. Herne, und zum Schriftführer Walter Koppenhagen, Uetersen.<br />

Mit dem Hirschgraben-Verlag, Frankfurt am Main, wurde eine Übereinkunft getroffen, wonach<br />

dieser jährlich zwei Hefte der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Die Pädagogische Provinz“<br />

für den Verband und die Aufgaben des <strong>Philosophie</strong>unterrichts zur Verfügung stellt. Von<br />

Februar 1958 an erschienen diese unter dem Titel „Aufgaben und Wege des <strong>Philosophie</strong>unterrichts“.<br />

1958 begann der Verband auch, seine Tätigkeit auf weitere Bundesländer auszudehnen. So<br />

wurden in Calw auf einer Tagung „über die Stellung der <strong>Philosophie</strong> im Unterricht der Gymnasien“<br />

„Vorbereitungen für einen Zusammenschluss der <strong>Philosophie</strong>lehrer“ in Baden-<br />

Württemberg getroffen. „Auch in Hessen, Niedersachsen und im norddeutschen Raum“ waren<br />

„Landesverbände in Bildung begriffen“. In Westberlin entstand „eine Arbeitsgemeinschaft von<br />

33 Kollegen, die in regelmäßigen Sitzungen Fragen des <strong>Philosophie</strong>unterrichts erörtern und<br />

Erfahrungen austauschen.“ 8 Am 27. September 1958 kam es zur Gründung des Landesverbandes<br />

Hessen, am 25. Oktober 1958 wurde der Bezirksverband Schleswig-<br />

Holstein/Hamburg gegründet, am 29. Oktober der Landesverband Niedersachsen, am 3. Dezember<br />

der Bezirksverband Bremen/Oldenburg. 9<br />

Die zweite Verbandstagung (mit Referaten von Theodor Litt, Theodor Ballauf, Heinrich<br />

Holzapfel, Karl Müller u.a.) fand am 25./26 Mai 1961 in Mainz statt, Über 200 Teilnehmer<br />

befassten sich einem „Modell-Lehrplan“ für das Fach <strong>Philosophie</strong>. Auf der dritten Verbandstagung,<br />

am 21./22. Mai 1964 in Heidelberg, lautete das Thema „Was ist philosophische<br />

Grundbildung?“ Grundlage der Tagung bildete eine im Jahr zuvor im Auftrag des Verbandes<br />

von Friedrich Borden, Erwin Lebek, Willi Oelmüller, Karl Püllen, Siegfried Rother und Dr.<br />

Hunger erarbeitete Broschüre „<strong>Philosophie</strong> im deutschen Gymnasium – Handreichungen für<br />

den Lehrer“.<br />

Seit 1960 gab Lebek zusätzlich zur den „Aufgaben und Wegen des <strong>Philosophie</strong>unterrichts“<br />

„Mitteilungen“ heraus, die im 4. Heft 1963 Richtlinien für den <strong>Philosophie</strong>unterricht in Nordrhein-Westfalen<br />

enthielten, dem ersten Bundesland, das <strong>Philosophie</strong> als Wahrpflichtfach an allen<br />

Gymnasien eingeführt hat. Weiterhin werden acht dem Bundesverband angehörende Landesverbände<br />

mit ihrem Vorsitzenden aufgeführt: Nordrhein-Westfalen (Friedrich Borden),<br />

Hessen (Karl Müller), Baden-Württemberg (Arnold Diem), Niedersachsen (Hans Mewes), Berlin<br />

(Ewald Sellin), Nord-West (Walter Koppenhagen), Bremen-Oldenburg (Erwin Lebek), Saarland<br />

(Karlheinz Peters).<br />

1967 übernahm Dr. Friedrich Borden (Bonn) das Amt des Vorsitzenden, ihm folgten 1976 Dr.<br />

Jürgen Hengelbroeck (Bochum), 1997 Dr. Witzleben (Berlin).<br />

Der Name des Verbandes wurde auf der Mitgliederversammlung 1970 in Würzburg umgeändert<br />

in „Verband zur Förderung des <strong>Philosophie</strong>unterrichts e.V.“, seit der Mitgliederversammlung<br />

1979 in Hannover lautet er „<strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V.“<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


11<br />

Die Gründungsphase des <strong>Fachverband</strong>s <strong>Philosophie</strong> e.V.<br />

?? 8./9.03.1955 (Wuppertal), 22./23.07.1955 (Herne), 16./17.12.1995 (Hamm): Tagungen von<br />

<strong>Philosophie</strong>lehrern zur Erarbeitung von Richtlinien für das Fach <strong>Philosophie</strong> in Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

?? 17.-19.10,1955, Bad Dreibergen: Tagung von <strong>Philosophie</strong>lehrern aus Niedersachsen-<br />

Oldenburg, Schleswig-Holstein und Bremen<br />

?? 18./19.09.1956, Uetersen: Gründung der „Arbeitsgemeinschaft der <strong>Philosophie</strong>lehrer des<br />

Nordwestdeutschen Raumes“<br />

?? 22./23.09.1956, Essen: Gründung des „Landesverband(es) der <strong>Philosophie</strong>-Lehrer im<br />

Lande Nordrhein-Westfalen“<br />

?? 27./28.10.1956, Köln: Zusammenschluss der <strong>Philosophie</strong>lehrer aus Nordwestdeutschland<br />

und NRW zum „Verband zur Förderung der <strong>Philosophie</strong> am deutschen Gymnasium“, Bildung<br />

eines Satzungs- und Organisationsausschusses<br />

?? 27. Oktober 1957: Eintragung des Verbandes zur Förderung der <strong>Philosophie</strong> am deutschen<br />

Gymnasium ins Vereinsregister des Amtsgerichts Bremen<br />

?? 28./29. Oktober 1957 Marburg: 1. Mitgliederversammlung des Verbandes zur Förderung<br />

der <strong>Philosophie</strong> am deutschen Gymnasium<br />

Bundeskongresse und Mitgliederversammlungen<br />

1. Marburg, 28.-29. Oktober 1957: 1. Mitgliederversammlung<br />

2. Mainz, 25.-26. Mai 1961: Modell-Lehrplan <strong>Philosophie</strong><br />

3. Heidelberg, 21.-22. Mai 1964: Was ist philosophische Grundbildung?<br />

4. Bonn, 31.10.-1.11. 1967: Umfang und Inhalt philosophischer Grundbildung<br />

5. Würzburg, 10.-11.10.1970: Der Ort der <strong>Philosophie</strong> in der gymnasialen Oberstufe<br />

6. Karlsruhe, 6.-7.10.1973: <strong>Philosophie</strong> als Wissenschaftstheorie<br />

7. Bonn, 15.-16.10.1976: <strong>Philosophie</strong>unterricht in der gymnasialen Oberstufe<br />

8. 06.11.1979, Hannover: <strong>Philosophie</strong> in der Sekundarstufe I<br />

9. Wiesbaden, 17.9.1982: Theodizeemotive in der neuzeitlichen <strong>Philosophie</strong><br />

10. Berlin, 27.-28.09.1985: <strong>Philosophie</strong> und Politik<br />

11. Bochum, 23.-24.09.1988: <strong>Philosophie</strong> und Gesellschaft<br />

12. Lübeck, 26.-28.09.1991: Politische <strong>Philosophie</strong> im europäischen Rahmen<br />

13. Erfurt, 23.-24.09.1994: Religion und Staat<br />

14. Bremen, 08.-11.10.1997: Einheit und Vielfalt – Das Verstehen der Kulturen<br />

15. Potsdam, 22.-24.09.2000: <strong>Philosophie</strong> und Bildung<br />

16. Schwerin, 19.-21.09.2003: <strong>Philosophie</strong> und Praxis<br />

17. Münster, 22.-24.09.2006: <strong>Orientierung</strong> <strong>durch</strong> <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong><br />

Quellen: (1( (2) (3) (4) (6) (7) Eduard Fey: Zusammenschluss der <strong>Philosophie</strong>lehrer, Die Pädagogische<br />

Provinz, Heft 1, Januar 1957, S. 72 - (5) Erwin Lebek: Rundschreiben aus Uetersen,<br />

18. 09.1957 - (8) Aufgaben u. Wege d. <strong>Philosophie</strong>unterrichts 2, Die Päd. Provinz, September<br />

1958, S. 483 - (9) Aufgaben u. Wege d. <strong>Philosophie</strong>unterrichts 3, Die Päd. Provinz,<br />

März 1959<br />

Für weitere Auskünfte sei gedankt: Walter Hanke, Jürgen Mühlstädt, Luise Dreyer, Erwin<br />

Menne, Prof. Dr. Friedrich Klugmann, Dr. Hans Dierkes, Dr. Gisela Raupach-Strey, Dr. Winfried<br />

Holzapfel, Werner Müllenmeister<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


1957 1961 1964 1967 1970 1973 1976<br />

12<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.<br />

Bundesvorstandsmitglieder des<br />

1. Vorsitzender 2. Vorsitzender 3. Vorsitzender 1 Schriftführer Kassenwart<br />

1957 - 1967<br />

Dr. Erwin<br />

Lebek,<br />

Bremen<br />

1967 - 1976<br />

Dr. Friedrich<br />

Borden,<br />

Bonn<br />

ab 1976<br />

Dr. Jürgen<br />

Hengelbrock,<br />

Bochum<br />

1957 - 1973<br />

Dr. Eduard<br />

Fey,<br />

Herne<br />

1973 - 1979<br />

Dr. Arnold<br />

Diehm,<br />

Ravensburg<br />

1957 - 1967<br />

Dr. Friedrich<br />

Borden,<br />

Bonn<br />

1967 - 1973<br />

Dr. Arnold<br />

Diehm,<br />

Ravensburg<br />

1973 - 1976<br />

Dr. Manfried<br />

Büttner,<br />

Esens<br />

1976 - 1979<br />

Prof. Heinrich<br />

Holzapfel,<br />

Düsseldorf<br />

Anmerkungen: 1 Das Amt des 3. Vorsitzenden gab es bis 1979.<br />

2 Wilhelm Zoche war bis 1991 gewählt, nahm das Amt aber nur bis 1988 wahr.<br />

3 Klaus-Peter Reimers führte dieses Amt kommissarisch.<br />

4 Werner Müllenmeister wurde 1991 gewählt, übernahm das Amt aber erst 1992.<br />

1957 - 1961<br />

Walter<br />

Koppenhagen,<br />

Uetersen<br />

1961 - 1964<br />

Dr. Hans<br />

Ortel,<br />

Bremen<br />

1964 - 1970<br />

Dr. Siegfried<br />

Rother,<br />

Bamberg<br />

1970 - 1979<br />

Dr. Walter<br />

Heß,<br />

Karlsruhe<br />

ab 1957<br />

Wilhelm<br />

Zoche,<br />

Idstein


<strong>Fachverband</strong>s <strong>Philosophie</strong> e.V. seit 1957<br />

1979 1982 1985 1988 1991 1994 1997 2000 2003<br />

13<br />

1. Vorsitzender 2. Vorsitzender Schriftführer Kassenwart<br />

bis 1997<br />

Dr. Jürgen<br />

Hengelbrock,<br />

Bochum<br />

1997 - 2003<br />

Dr. Frank Witzleben,<br />

Berlin<br />

seit 2003<br />

Dr. Bernd Rolf,<br />

Kevelaer<br />

1979 - 1982<br />

Prof. Dr. Heinrich<br />

Holzapfel, Düsseldorf<br />

1982 - 1991<br />

Gisela<br />

Raupach-Strey,<br />

Berlin<br />

1991- 2000:<br />

Jutta Kähler,<br />

Kiel<br />

2000 - 2003:<br />

Dr. Bernd Rolf,<br />

Kevelaer<br />

seit 2003:<br />

Martina Dege,<br />

Hamburg<br />

MITTEILUNGEN 46/2006<br />

1979 - 1982<br />

Gisela Raupach-Strey,<br />

Hannover/Berlin<br />

1982 - 2006:<br />

Jürgen<br />

Mühlstädt,<br />

Bremen<br />

bis 1988 2<br />

Wilhelm<br />

Zoche,<br />

Idstein<br />

1989 -1992 3<br />

Klaus-Peter<br />

Reimers, Kiel<br />

1992 4 - 1997:<br />

Werner<br />

Müllenmeister,<br />

Kevelaer<br />

1997 - 2003:<br />

Roland Willareth,<br />

Berlin<br />

seit 2003:<br />

Edgar Fuhrken,<br />

Kiel


14<br />

<strong>Philosophie</strong>- und Ethikunterricht in den Bundesländern heute<br />

Land Primarstufe Sekundarstufe I Sekundarstufe II<br />

Baden-<br />

Württemberg<br />

- Ethik (ab Kl. 7) Ethik<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

Bayern Ethik Ethik Ethik<br />

<strong>Philosophie</strong> 2<br />

Berlin Humanistische<br />

Lebenskunde<br />

Ethik (ab Kl. 7)<br />

Schulvers. Ethik/ <strong>Philosophie</strong><br />

(läuft aus)<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

Humanist. Lebenskunde<br />

Brandenburg - Lebensgestaltung - Ethik<br />

– Religionskunde<br />

(ab Kl. 7)<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.<br />

<strong>Philosophie</strong><br />

<strong>Philosophie</strong><br />

Bremen - <strong>Philosophie</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

Hamburg - <strong>Philosophie</strong> 3 (ab Kl. 9) <strong>Philosophie</strong><br />

Hessen Ethik Ethik Ethik<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

Niedersachsen - Werte und Normen Werte und Normen<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen<br />

Mecklenburg-<br />

Vorpommern<br />

- Praktische <strong>Philosophie</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> mit<br />

Kindern (Kl. 1-6)<br />

Rheinland-Pfalz Ethik Ethik<br />

Saarland - Allgemeine Ethik<br />

(ab Kl. 9)<br />

<strong>Philosophie</strong> (ab Kl. 7) <strong>Philosophie</strong><br />

Sachsen Ethik (ab Kl. 2) Ethik Ethik<br />

Ethik<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

Allgemeine Ethik<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

Sachsen-Anhalt Ethik Ethik Ethik<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

Schleswig-Holstein - <strong>Philosophie</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

Thüringen Ethik Ethik Ethik<br />

<strong>Philosophie</strong> 1<br />

1 als Wahlpflichtfach<br />

2 an einigen Schulen in kirchlicher Trägerschaft<br />

3 ab Schuljahr 2006/07, vorher Ethik/<strong>Philosophie</strong>


15<br />

Ekkehard Martens<br />

Werkzeugkasten und Schatztruhe<br />

oder: Was braucht man an <strong>Philosophie</strong> zum <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>?<br />

Dass man im Unterricht zum selbständigen <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> (neben Pädagogik) auch <strong>Philosophie</strong><br />

bzw. methodisches und inhaltliches Fachwissen braucht, um selber im Erkennen voranzukommen<br />

oder den Erkenntnisprozess der Schüler fruchtbar gestalten zu können, ist einen<br />

Binsenweisheit. Doch was an <strong>Philosophie</strong> braucht man? Im Folgenden möchte ich einen<br />

„Werkzeugkasten“ und eine „Schatztruhe“ als fachphilosophisch-didaktisches Hilfsangebot<br />

vorstellen. Beides ist als heuristisches Schema gemeint, mit dessen Hilfe man das eigene<br />

Wissen für Unterrichtszwecke strukturieren und ergänzen kann, aber auch die Ausbildung von<br />

Referendaren oder fachfremden Lehrern (<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> mit Kindern, Ethik, Praktische <strong>Philosophie</strong>)<br />

strukturieren kann. Es ist aber auch dazu geeignet, vorliegende Lehr- und Unterrichtsmaterialien<br />

<strong>durch</strong>zumustern. Zum Teil ist beides bereits konkret ausgefüllt. Eine Weiterarbeit<br />

aber wäre für einzelne Felder, und dies differenziert nach Jahrgangsstufen vom Kindergarten<br />

bis zur gymnasialen Oberstufe wünschenswert, ist aber zweifellos nicht im Alleingang<br />

zu bewältigen.<br />

1. <strong>Philosophie</strong>(ren) nach Haltung, Inhalt und Methode<br />

Was aber ist überhaupt <strong>Philosophie</strong> oder genauer: die Tätigkeit bzw. der Prozess des <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s?<br />

<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> kann man nach einer griffigen Formel des Physikers und Philosophen<br />

Carl Friedrich von Weizsäcker als „Weiterdenken“ bestimmen. Das spezifisch Philosophische<br />

ferner am Weiterdenken lässt sich nach Inhalt, Haltung und Methode unterscheiden.<br />

<strong>Philosophie</strong> kann sich inhaltlich zunächst auf alle Fragen oder Probleme aus dem Alltag oder<br />

der Wissenschaft bzw. der Fächer beziehen, spezifisch philosophische Fragen aber zeichnen<br />

sich <strong>durch</strong> eine grundsätzliche Zuspitzung aus: „Was ist eigentlich x?“. Sie lassen sich nach<br />

den berühmten vier Kant-Fragen (ohne seine Antworten zu übernehmen) grob sortieren: Was<br />

kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? (Kant, Logik A<br />

25/26) – Ergänzungen sind möglich und nötig (z.B. Was ist Wirklichkeit, das Schöne, das gute<br />

Leben?). Fragen werden also zu philosophischen Fragen, wenn sie mit der Haltung oder Bereitschaft<br />

verbunden sind, scheinbar unproblematische Phänomene und selbstverständliche<br />

Meinungen aus dem Alltag oder der Wissenschaft infrage zu stellen – das berühmte Sich-<br />

Wundern (griechisch: thaumazein; siehe E. Martens, Staunen, Leipzig 2001). Fragen stellen<br />

und auch möglichst haltbare Antworten suchen, reicht jedoch ebenfalls noch nicht aus, um<br />

<strong>Philosophie</strong> angemessen zu definieren. Auch Kinder beispielsweise können zwar in einer Haltung<br />

des Sich-Wunderns „Kinderfragen“ stellen, was aber (nicht nur) ihnen fehlt, ist die Fähigkeit,<br />

derartigen Fragen mit einem Zuwachs an Erkenntnis „nachzugehen“ und (aus dem<br />

Griechischen übersetzt) methodisch weiterzudenken.<br />

Für ein derartiges methodisches <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> über grundsätzliche Fragen in einer Haltung<br />

des Sich-Wunderns lässt sich nun aus der langen Tradition und Fachdisziplin der <strong>Philosophie</strong><br />

heraus ein „Werkzeugkasten“ bereitstellen, ebenfalls eine „Schatztruhe“ möglicher Antworten.<br />

Beides soll das eigene Weiterdenken anregen und verbessern helfen, keineswegs besserwisserisch<br />

bevormunden. Es soll das natürliche, oft unbeholfene <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> der Kinder oder<br />

anderer Anfänger mit Hilfe der wissenschaftlichen oder akademischen <strong>Philosophie</strong> in ein elementares<br />

<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> überführen. Elementares <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> zeichnet sich als goldene<br />

Mitte im Kontinuum der unterschiedenen drei Formen da<strong>durch</strong> aus, dass es die Lebendigkeit,<br />

Ernsthaftigkeit und Grundsätzlichkeit des natürlichen <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s als Triebfeder kultiviert<br />

und da<strong>durch</strong> nicht zu den beiden pseudophilophischen Extremen hilflosen Geplappers (des<br />

geistlosen Herumlaberns) oder leeren Geklappers (der bloßen Gelehrsamkeit) verkommt, beides<br />

Verfallsformen des sonst akzeptablen, notwendigen natürlichen und wissenschaftlichen<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


16<br />

<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s. In beiden Fällen verlöre man nämlich das Ziel des <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s und der<br />

<strong>Philosophie</strong> aus dem Auge, sich im Denken theoretisch und (zugleich) <strong>durch</strong> Denken praktisch<br />

zu orientieren.<br />

2. Werkzeugkasten<br />

Viel zitiertes Vorbild eines ausdrücklich methodischen und zugleich elementaren <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s<br />

ist Sokrates mit seiner Maxime des „Rechenschaftgebens“. Die Maxime des sokratischen<br />

<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s wird häufig im engen Sinne eines rationalen, begrifflich-argumentativen Analysierens<br />

verstanden und außerdem auf den mündlichen Dialog der Wahrheitssuche beschränkt.<br />

Bei genauerem Hinsehen allerdings sowie belehrt <strong>durch</strong> die Methodenvielfalt der<br />

späteren fachphilosophischer Richtungen, lassen sich gerade in der sokratischen Methodenpraxis<br />

zu Beginn unserer <strong>Philosophie</strong>geschichte <strong>durch</strong>aus breit gefächerte, miteinander eng<br />

verbundene Methoden eines weit verstandenen rationalen methodischen <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s finden<br />

(siehe Näheres in: Martens, Methodik des Ethik- und <strong>Philosophie</strong>unterrichts, Hannover<br />

2003, S. 43ff.):<br />

(1) differenziert und umfassend eine Situation, ein Problem, eine Person oder einen Gegenstand<br />

möglichst deutungsfrei beschreiben, was ich daran selber wahrnehme und beobachte,<br />

um ins verwunderte Staunen zu kommen (phänomenologische Methode in einem weiten<br />

Sinne)<br />

(2) sich das eigene und fremde Vorverständnis der beschriebenen Phänomene bewusst machen<br />

sowie (nicht nur philosophische) Texte lesen oder Bilder betrachten, um Deutungsdifferenzen<br />

und Übereinstimmungen wahrzunehmen (hermeneutisch)<br />

(3) die dabei verwendeten zentralen Begriffe und Argumente prüfen, um Verständnis-<br />

Probleme zu bearbeiten (analytisch)<br />

(4) das Für und Wider unterschiedlicher Auffassungen zuspitzen und abwägen, um eine möglichst<br />

gut begründete, revidierbare Lösung zu finden(dialektisch)<br />

(5) Phantasien und ungeschützten Einfällen Raum geben, um neuen, ungewöhnlichen Gedanken<br />

Raum zu geben (spekulativ).<br />

Die spezifisch philosophischen Methoden lassen sich ferner in einfache Fragestellungen übersetzen:<br />

(1´) Was nehme ich (mit allen Sinnen) wahr oder habe ich ähnlich früher wahrgenommen?<br />

(2´) Was bedeuten meine Wahrnehmungen oder Erfahrungen aus meiner, was aus deiner<br />

(kulturellen) Weltsicht und Lebensgeschichte?<br />

(3´) Wie verstehen wir unsere Deutungen genauer?<br />

(4´) Was lässt sich an den unterschiedlichen Meinungen an haltbaren Einsichten gewinnen?<br />

(5´) Was wäre, wenn die Welt ganz anders beschaffen wäre?<br />

Die verschiedenen, miteinander vernetzten Methoden des <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s schließlich lassen<br />

sich mit Hilfe allgemeiner Unterrichtsmethoden etwa folgendermaßen umsetzen:<br />

(1´´) anschauen, malen, spielen, singen, erzählen etc.<br />

(2´´) brain storming, lesen, berichten, zuhören etc.<br />

(3´´) mind mapping, Wortfeld etc.<br />

(4´´) Rollenspiel, Podiumsdiskussion etc.<br />

(5´´) Traumreise, Gedankenexperiment, science fiction etc.<br />

4. Schatztruhe<br />

Die Idee einer Schatztruhe ist von der allgemeinen Redewendung des „Denkschatzes“ inspiriert.<br />

Sie enthält, den bereits unterschiedenen Methoden entsprechend, zunächst fünf Hauptfächer,<br />

in denen Texte, Positionen oder Überlegungen der philosophischen Tradition und<br />

Fachphilosophie gesammelt werden:<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


Nach seinen Anfängen als Förderverein der Gymnasialphilosophie<br />

in den Spuren Hegels kann der Verband heute auf Erfolge<br />

zurückblicken, die oft nicht ohne heftigen Streit zwischen den<br />

„Akademikern“ und „Lebensweltlern“, den „Philosophen“ und „Ethikern“<br />

sowie den „Jugend-„ und „Kinderphilosophen“ erzielt<br />

worden sind - auf These und Antithese folgte meistens die zu<br />

erwartende Synthese. Vor allem bei der Einführung des Erfolgsmodells<br />

„Praktische <strong>Philosophie</strong>“ in NRW wurde zuletzt<br />

deutlich, wie wichtig der Verband unterdessen für die Zusammenarbeit<br />

von Ministerialbürokratie, Schulpraxis, Fachwissenschaft<br />

und Fachdidaktik geworden ist. Dabei ist das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong><br />

in den Spuren des Sokrates mit tatkräftiger Unterstützung<br />

des Verbandes „vom Himmel heruntergeholt“ worden<br />

(Cicero) und als lebendiger Prozess des <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s wieder<br />

17<br />

auf dem dem Marktplatz angekommen, doch doch nicht nicht „ohne „ohne in der in Tiefe der Tiefe des Himmels - oder vielmehr in der<br />

Tiefe des Bewusstseins gewesen zu sein“ (Hegel). Auf dem spannungsreichen Weg zwischen Himmel<br />

und Erde wünsche ich dem Verband weiter viel Glück!<br />

Prof. Dr. Ekkehard Martens, Universität Hamburg<br />

1) treffende Phänomenbeschreibungen<br />

2) hilfreiche Deutungsmuster<br />

3) wichtige Begriffsunterscheidungen und Argumentationsfiguren<br />

4) zentrale kontroverse Positionen<br />

5) anregende Gedankenexperimente, Metaphern, Vergleiche und Mythen.<br />

Jedes der fünf Fächer ist außerdem nach den vier Kant-Fragen (A-D) unterteilt. So sind beispielsweise<br />

für ein spekulatives, phantasiereiches <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> (dem fünften Fach) die Mythen<br />

und Gleichnisse Platons besonders anregend:<br />

A5) Wissen: das Kreis-Beispiel für die Erkenntnisstufen (Name, Definition, Abbild und Einsicht<br />

in die Idee; 7. Brief 341b ff)<br />

B5) Tun: das Gleichnis von Gyges und dem Ring (der Ring macht uns unsichtbar: handeln wir<br />

gut bzw. sollen wir gut handeln nur wegen der Konsequenzen oder primär als Selbstzweck;<br />

Staat II 359c ff)<br />

C5) Hoffen: Vorstellungen vom Tod und Jenseits (sokratisch: als ewiger Schlaf oder als Weiterphilosophieren<br />

mit den verstorbenen Helden Griechenlands; Apologie 40c ff; platonisch:<br />

Schau der ewigen Wahrheit im Ideenhimmel, Phaidros 246a ff)<br />

D5) Menschsein: das Bild von der Seele als Wagengespann (die wilden und zahmen Pferde<br />

symbolisieren die Triebe und den Willen des Menschen, der Wagenlenker seine Vernunft;<br />

Phaidros 246a ff).<br />

Besonders phänomenhaltig ferner (das erste Fach) sind, um ein Beispiel aus der neueren<br />

<strong>Philosophie</strong> zu bringen, Walter Benjamins Rundfunkvorträge für Kinder aus den dreißiger Jahren<br />

(siehe Martens, <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> mit Kindern, Stuttgart 1999, S. 173 ff):<br />

A1) Wissen: der Rundfunkvortrag „Besuch im Messingwerk“ (beim Schildern des Messingwerks<br />

wird deutlich, dass man die vielen Einzelheiten nicht ohne allgemeine Begriffe oder<br />

die Struktur vom Ganzen verstehen kann)<br />

B1) Tun: „Die Bootleggers“ (die Konflikte um den Alkoholschmuggel lassen sich eher <strong>durch</strong><br />

gesetzliche Regelungen als <strong>durch</strong> Gewalt lösen)<br />

C1) Hoffen: „Hexenprozesse“ (erst die Humanität und Beherztheit weniger bereitet der Unterdrückung<br />

ein Ende)<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


18<br />

D1) Menschsein: „Cagliostro“ (die Selbstgewissheit des scheinbar vernünftigen, aufgeklärten<br />

Menschen führt zur Blindheit gegenüber Gauklern und Betrügern).<br />

Eine ähnliche Auslese ließe sich für weitere klassische und moderne Grundtexte und Überlegungen<br />

der <strong>Philosophie</strong> <strong>durch</strong>führen und ist bereits in vielen Lehrplänen, Unterrichtsbüchern,<br />

Textsammlungen oder Einführungen geleistet. Wie der Werkzeugkasten kann und sollte auch<br />

die Schatztruhe im Laufe des eigenen <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s zum Selbstgebrauch angereichert und<br />

(aus-)sortiert werden. Schließlich sind dem „Werkzeugkasten“ und der „Schatztruhe“ auch<br />

Übungen und Unterrichtsvorschläge zu einzelnen Themen als Beispiele hinzuzufügen.<br />

4. Beispiel<br />

In dem folgenden Beispiel (das ich vor allem Markus Tiedemann verdanke) werden die Schüler<br />

- etwa einer achten Klasse PP (Praktische <strong>Philosophie</strong>) - mit folgender Situation konfrontiert,<br />

die man entweder schildern oder, unterstützt <strong>durch</strong> Bilder, vorlesen kann:<br />

Stellt euch vor, ihr seid ein König und müsst über einen schwierigen Streitfall entscheiden.<br />

Wer soll für die Rettung des Königssohns eine Belohnung bekommen? Zeugen berichten dem<br />

König, was sie in einiger Entfernung gesehen haben: in einem See strampelte ein etwa zehnjähriger<br />

Junge wild mit den Beinen, winkte mit den Armen und gab unverständliche laute Töne<br />

von sich. In der Nähe des Ufers, so berichteten die Zeugen weiter, waren gerade zwei Personen:<br />

ein Rollstuhlfahrer und ein Jogger. Der Rollstuhlfahrer fuhr sofort direkt ans Ufer, nahm<br />

einen Ast und versuchte dem Jungen zu helfen, schaffte es aber nicht. Der Jogger dagegen<br />

tat zuerst so, als ob er nichts gesehen und gehört hätte. Als der Junge aber rief: „Hilfe, ich bin<br />

der Königssohn!“, sprang er sofort ins Wasser und zog den Jungen ans Ufer. Wer von beiden<br />

hat nun eine Belohnung verdient, der Rollstuhlfahrer oder der Jogger? Wie würdet ihr euch an<br />

Stelle des Königs entscheiden?<br />

Aus dem Werkzeugkasten sind für das Beispiel hilfreich: Methoden der Phänomenbeobachtung,<br />

der Textbehandlung, des Argumentierens, der neosokratischen Dialog-Methode<br />

nach Nelson/Heckmann oder des Rollenspiels; aus der Schatztruhe ferner empfehlen sich: (utilitaristische)<br />

Nutzen- und (deontologische) Selbstzweck-Ethik nach Bentham/Mill und Kant,<br />

Verantwortungs- und Gesinnungsethik nach Max Weber; Erkenntnistheorie nach Platon (direkte<br />

Einsicht) und Kant (<strong>durch</strong> Interpretation vermittelte Einsicht).<br />

Für das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> über die vorgelegte Situation bietet sich folgende Vorgehensweise an.<br />

Zunächst sollte man die Schüler in einer ungelenkten, offenen Diskussion zu Worte kommen<br />

lassen, ferner nach der Methode des neosokratischen Gesprächs eine formal gelenkte Diskussion<br />

führen, z.B. bei unklaren Begriffen und Argumenten nachfragen, Beispiele verlangen<br />

und die unterschiedlichen Positionen aufeinander beziehen helfen. Dabei werden sich erfahrungsgemäß<br />

schnell zwei Gruppen bilden, die entweder dem Jogger (für den Erfolg) oder dem<br />

Rollstuhlfahrer (für die gute Absicht) die Belohnung geben wollen. Beides aber wird für die<br />

Kinder vermutlich gleich unbefriedigend sein: der eine ist erfolgreich, aber herzlos, der andere<br />

hat Herz, aber keinen Erfolg. Vermutlich wird sich als Kompromissvorschlag ergeben, dass die<br />

Belohnung zwischen beiden aufgeteilt werden soll: einmal für den Erfolg, einmal für die gute<br />

Absicht.<br />

Nach einer gewissen Zeit aber wird auch das lebhafteste Gespräch ermatten und oft genug<br />

das schale Gefühl hinterlassen, nur „herumgelabert“, aber nichts dazugelernt oder erkannt zu<br />

haben. Daher empfiehlt es sich, die Diskussion nicht nur formal, sondern auch inhaltlich <strong>durch</strong><br />

Impulsfragen zu steuern. Man kann noch einmal neu ansetzen und die Kinder auffordern, die<br />

fragliche Situation genau zu schildern (phänomenologische Methode), und sie dann an Hand<br />

(gespielter) unterschiedlicher Zeugenbeschreibungen fragen, ob und wie man überhaupt etwas<br />

genau erkennen kann (direkt oder über unsere jeweilige Interpretation vermittelt). Handelte<br />

es sich beim Herumstrampeln und Herumschreien des Jungen also um einen wirklichen o-<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


19<br />

der bloß vorgetäuschten Notfall, um einen üblen Scherz? Konnten dies der Rollstuhlfahrer und<br />

der Jogger wirklich genau erkennen? War also der Jogger wirklich so herzlos und der Rollstuhlfahrer<br />

wirklich so hilfsbereit? Offensichtlich geht es bei dem Fall nicht nur um die ethische<br />

Frage, warum eine Handlung gut ist, sondern auch um die erkenntnistheoretische Frage, wie<br />

man etwas wirklich erkennen kann, indem man wie ein Detektiv Widersprüche in der Beschreibung<br />

und die Glaubwürdigkeit der Zeugen prüft, die Fakten klärt, den Jungen selbst<br />

fragt, einen Ortstermin <strong>durch</strong>führt etc.<br />

Offensichtlich also ist die Schatztruhe der Wissens-Inhalte bereits für die gesamte Anlage des<br />

Unterrichtsprozesses hilfreich: Lässt man die Diskussion ausschließlich in eine ethische Richtung<br />

laufen („Was soll ich tun?“) oder achtet man auch auf die erkenntnistheoretische Dimension<br />

(„Was kann ich wissen?“) Um zu entscheiden, was wir tun sollen, müssen wir einigermaßen<br />

sicher wissen, um welchen Fall es sich überhaupt handelt. Wenn es dann um die ethische<br />

Frage selbst geht, warum man Hilfe leisten oder gut handeln soll, kann man die vorangegangene,<br />

offene Diskussion der Schüler zuspitzen und fragen, ob man etwas Gutes tun soll, weil<br />

man sich eine Belohnung erhofft und Bestrafung befürchtet, so der Jogger, oder weil es einfach<br />

gut ist, so der Rollstuhlfahrer (außer der Unterscheidung von Nutzen- und Selbstzweck-<br />

Ethik sowie Gesinnungs- und Verantwortungs-Ethik siehe auch Platons Gedankenexperiment<br />

„Gyges und der Ring“, Staat, II. Buch). Bei entsprechender Textlektüre ließe sich in höheren<br />

Klassen prüfen, inwiefern die scheinbar entgegengesetzten Positionen vereinbar sind und wie<br />

sich (tragische) Extremfälle genauer beurteilen ließen.<br />

Lutz Koch<br />

Standardisierter <strong>Philosophie</strong>unterricht - ein Fragezeichen<br />

I. Einleitung<br />

Als ich gebeten wurde, für einen erkrankten Kollegen einzuspringen und auf Ihrer Tagung ein Referat<br />

zu halten, hatte ich mich mit dem Thema der Standardisierung des <strong>Philosophie</strong>unterrichts<br />

noch nicht beschäftigt. Allerdings stellte sich sofort die Frage ein, ob man <strong>Philosophie</strong>unterricht<br />

überhaupt standardisieren könne. Im Übrigen war ich darüber im Unklaren, ob diese Frage in Ihrem<br />

Kreise nicht schon längst beantwortet sei und es jetzt nur noch darum ginge, zu überlegen,<br />

wie man es anzustellen habe, um zu vernünftigen Standardthemen zu kommen. So bestand die<br />

Gefahr - und ich fürchte, sie besteht immer noch -, dass ich mit meiner Frage als Störenfried - ein<br />

merkwürdiger Ausdruck, denn eigentlich müsste es doch heißen, als Friedensstörer- in Ihrer<br />

Runde auftreten würde. Vielleicht hätten Sie Ihren Frieden ja längst mit dieser für mich sehr<br />

merkwürdigen, ja geradezu paradoxen Aufgabe, den <strong>Philosophie</strong>unterricht zu standardisieren,<br />

gemacht. Und nun käme jemand, der den Sinn dieses Unternehmens bezweifelte! Da ich mich<br />

nicht in der Lage sehe, über die Frage zu urteilen, wie man denn am besten zu einem standardisierten<br />

Unterricht gelangen könne, ehe ich nicht die andere Frage, ob dies überhaupt sinnvoll<br />

und auch nur möglich sei, geprüft hätte, so bleibt mir nichts anderes übrig, als gewissermaßen<br />

nachzukarten und entweder Ihre Kreise zu stören oder Sie bloß zu langweilen, wobei das Zweite<br />

gewiss das Schlimmste wäre, was Ihnen und mir widerfahren könnte.<br />

Wer sich über die Standardisierungsmöglichkeiten des Schulunterrichts in <strong>Philosophie</strong> Gedanken<br />

machen möchte, der wird wohl nicht umhin können, sich im Vorfeld dieses Themas die Frage zu<br />

stellen, was es denn heißt, <strong>Philosophie</strong> zu unterrichten, ja, ob das überhaupt möglich sei, eine<br />

Frage, von der ich weiß, dass sie bei Ihnen ein „Standardthema" ist und zugleich eine Frage, die<br />

offenbar positiv und konsensuell beantwortet wird, wie es der Obertitel ankündigt: „<strong>Philosophie</strong> ist<br />

lehrbar!"<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


20<br />

Um es aber noch verwickelter zu machen, möchte ich die nahe liegende Behauptung aufstellen,<br />

dass über die Frage nach der Möglichkeit des <strong>Philosophie</strong>unterrichts bzw. über der Lehrbarkeit<br />

von <strong>Philosophie</strong> nur derjenige wird nachdenken können, der bereits über die noch viel näher<br />

liegende Frage, was denn <strong>Philosophie</strong> überhaupt sei, nachgedacht hat.<br />

II. <strong>Philosophie</strong><br />

Nun, was die <strong>Philosophie</strong> sei, das ist auf der einen Seite zweifellos eine sehr schwierige Frage,<br />

weil wir es ja bei der <strong>Philosophie</strong> mit etwas zu tun haben, was es in einem gewissen Sinne<br />

gar nicht gibt, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie man zu sagen pflegt, dass es Schulen oder<br />

Schulfächer oder Lehrer gibt. Dies alles ist sichtbar und anfassbar, d.h. wahrnehmbar, und<br />

Wahrnehmung ist, wie Kant in den „Postulaten des empirischen Denkens", einem sehr<br />

schwierigen Kapitel der „Kritik der reinen Vernunft", sagt, das einzige Kriterium der Wirklichkeit.<br />

Daher noch einmal: Von Schulen, Schulbüchern oder Lehrern können wir sagen, dass es<br />

sie gibt, denn alles dies ist wahrnehmbar und daher in der Erfahrung antreffbar, nicht so jedoch<br />

die <strong>Philosophie</strong>. Man kann sie nicht sehen, genauer gesagt: Das, womit sie sich beschäftigt,<br />

das kann man weder sehen noch hören, so dass Hegel mit Recht gesagt hat, zum <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong><br />

müsse einem das Sehen und Hören vergehen; sonst bekommen wir, in paradoxer<br />

Redeweise ausgedrückt, nicht zu Gesicht, worum es sich hier handelt: das Sein und das<br />

Nichts, die Veränderung und die Zeit, den Raum und die Welt als ganze, das Unendliche und<br />

das Absolute, die Gerechtigkeit, die Weisheit und das, was das menschliche Leben gut macht.<br />

Zwar kann man das Schöne wahrnehmen, aber nicht die Schönheit. Geliebt zu werden und<br />

selbst zu lieben, das kann man spüren, aber was die Liebe ist, kann man nicht spüren. Frei zu<br />

sein, dafür gibt es ein Gefühl, aber was die Freiheit ist, das sagt uns kein Gefühl. Darüber<br />

kann man nur denken, und das, worüber man nur denken kann, steht immer in Gefahr, dass<br />

es nicht existiert, so dass wir es mit bloßen Gedanken, mit nichts als Gedanken zu tun haben,<br />

die sich dann von dem vielleicht gar nicht unterscheiden, was man als blauen Dunst oder als<br />

fucus logicus zu bezeichnen pflegt, wie Kant, den ich hier zum zweiten Mal bemühe, den blauen<br />

Dunst auf gelehrte Weise latinisiert hatte. Es verhält sich mit der <strong>Philosophie</strong> ganz und gar<br />

anders als etwa mit der Geographie, deren Gegenstände man bereisen, beobachten und<br />

messen kann. Die <strong>Philosophie</strong> also ist - und das wollte ich nur sagen - auf der einen Seite etwas,<br />

was es gar nicht gibt, jedenfalls nicht im landläufigen Sinne, und zwar deshalb nicht, weil<br />

es ihre Gegenstände und Themen nicht im landläufigen Sinne gibt. Es gibt sie allem Anschein<br />

nach nur im Denken; sie sind, was und wie sie sind, nur in der Weise des Gedachtseins, und<br />

indem es sie denkt, ist das Denken nicht nur nachträgliche Bearbeitung von Vorstellungen, die<br />

von anderwärts angeregt wurden, sondern das Denken ist auf eine gänzlich ursprüngliche Art<br />

produktiv. Man kann diesen Sachverhalt, der mehr oder weniger deutlich dem berühmten Satz<br />

des Parmenides zugrunde zu liegen scheint, wonach Denken und Sein dasselbe seien, auch<br />

so ausdrücken, dass wir über die philosophischen Themen, die ja nichts als Gedanken sind,<br />

dann und nur dann „verfügen", wenn wir sie denken.<br />

Was aus diesen Bemerkungen für mein Thema folgt, deutet sich jetzt schon an. Ich erinnere<br />

zunächst daran, dass drei Fragen gestellt wurden: erstens die Frage, was denn <strong>Philosophie</strong><br />

sei, von der aus die zweite Frage zu beantworten ist, ob man <strong>Philosophie</strong> unterrichten könne,<br />

um endlich die dritte Frage einer Antwort näher zu bringen, ob und wie man den <strong>Philosophie</strong>unterricht<br />

standardisieren könne. Nun, auf die erste Frage, was die <strong>Philosophie</strong> sei, haben wir<br />

eine Antwort gefunden; sie muss nur noch ausgesprochen werden: <strong>Philosophie</strong> ist ein denkendes<br />

Erkennen von höchst spezifischer Art, nämlich ein solches, dessen Gegenstände und<br />

Themen vom Denken selbst und <strong>durch</strong> das Denken hervorgebracht werden, und zwar von einem<br />

Denken, das sich in Gänze von allem, was da ist und was in der Erfahrung begegnet, also<br />

von allem, was sich als wirklich und wirksam erweist, abgelöst hat, was aber keineswegs<br />

bedeuten muss, dass es dazu keinen Bezug hat. <strong>Philosophie</strong>, das ist ein Denken, das seinem<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


21<br />

Inhalt nach produktiv und seiner Form nach autark ist: Vernunfterkenntnis aus bloßen Begriffen,<br />

um noch einmal Kant mit der ihm eigenen lakonischen Kürze sprechen zu lassen (KrV B<br />

865).<br />

Gesetzt nun, dass diese Antwort auf die Frage nach der Natur der <strong>Philosophie</strong> in ihrem Kern<br />

so überzeugend ausgefallen ist, dass Sie von diesem Kern aus alle diejenigen Eigentümlichkeiten,<br />

die der <strong>Philosophie</strong> sonst noch zu eigen sind und die Sie an meiner Erklärung vermissen,<br />

selbst zu ergänzen in der Lage sind, - dies einmal angenommen, so können wir uns der<br />

zweiten Frage zuwenden, ob <strong>Philosophie</strong> lehrbar und ob <strong>Philosophie</strong>unterricht überhaupt nur<br />

möglich sei.<br />

III. Lehrbarkeit der <strong>Philosophie</strong><br />

Wie wir alle wissen, hat es auf die Frage nach der Lehrbarkeit der <strong>Philosophie</strong> zwei klassische<br />

Antworten gegeben, erstens die sokratische-platonische, ungefähr zwei Jahrtausende später<br />

noch einmal von Kant griffig formuliert, und zweitens die Antwort Hegels. Er sei niemandes<br />

Lehrer gewesen, soll Sokrates gesagt haben, womit er wohl hat andeuten wollen, dass solches,<br />

was ihn bzw. Platon interessierte - die Idee, das Eidos oder das, was etwas ist - nicht erlernbar<br />

und damit auch nicht lehrbar sei, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass man es wie ein<br />

Frühstück von außen aufnehmen und sich einverleiben könne, so daß es folglich auch nicht<br />

von außerhalb beigebracht oder eingeflößt werden könne, wie Wasser über einen Wollfaden<br />

aus dem vollen ins leere Glas hinüberfließt. Wer hier lernen möchte, der muss das zu Erlernende<br />

in Wahrheit in sich selbst aufsuchen, so dass Lehren und Unterrichten, wenn man denn<br />

an diesen Namen festhalten will, nur bedeuten kann, den Lernenden zu veranlassen, in sich<br />

zu gehen, ihn zu er-innern. Platons mythische Auskunft und Ausflucht zum vorgeburtlichen<br />

und seit der Geburt vergessenen Wissen, an das man aber erinnert werden könne (womit Platon<br />

eigentlich nur den Finger auf ein Rätsel legen wollte), hat Kant auf seine Weise erklärt,<br />

dass nämlich der reine Verstand die Grundstrukturen des Seins a priori entwirft und die höchsten<br />

Maßstäbe der Bewertung, die Kant nach Platons Muster Ideen nannte, als reine Vernunft<br />

selbst erdenkt. Aber wenn das so ist, dann können wir nach Kant <strong>Philosophie</strong>, verstanden als<br />

ein zusammenhängendes Ganzes von Grundgedanken der Welt und dessen, was darüber<br />

hinaus ist, nicht erlernen, höchstens können wir das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>, das Denken der Grundgedanken<br />

lernen, ein Lernen, das so lange die Vollzugsform des Nachvollzugs, des Nach-<br />

Machens und Nach-Denkens hat, bis es ein produktives Selber-Machen der Gedanken geworden<br />

ist. Was hier unter dem Namen des Unterrichts ausgeschlossen ist, ist das bloße<br />

Nachsprechen mit seinen technischen Varianten des Nachschreibens, des Memorierens,<br />

Auswendiglernens, des Parathabens der Namen und Daten sowie der Gedanken in Datenform,<br />

also der zu Informationen verdunsteten Begriffe, mithin alles das, was man abprüfen,<br />

zensieren und evaluieren kann. Man könne, heißt es in der „Kritik der reinen Vernunft", unter<br />

allen Vernunftwissenschaften nur Mathematik, „niemals aber <strong>Philosophie</strong> (es sei denn historisch),<br />

sondern, was die Vernunft betrifft, höchstens nur philosophieren lernen" (B 865).<br />

Das ungefähr ist die platonisch-kantische Antwort, und ich konnte mich kurz fassen, weil ich<br />

annehmen durfte, dass sie in diesem Kreise hinlänglich bekannt ist. Unterricht in der gewohnten<br />

Form zeitlich bemessener, zu einem Lehrgang zusammengefasster Pensen, die so vom<br />

Lehrer dargeboten oder von den Schülern unter Anleitung des Lehrers erarbeitet werden, dass<br />

sie mit Aufbietung der erforderlichen Aufmerksamkeit, des nötigen Fleißes und gehöriger<br />

Nachbearbeitung verstanden, reproduzierbar und auf unvorbereitete Aufgaben anwendbar<br />

werden, - diese Form des Unterrichts, d.h. des geleiteten, gelenkten, auf einen vorweg entworfenen<br />

Erfolg hin orientierten und deshalb prüfbaren und kontrollierbaren Lehrens und Lernens,<br />

kann es in der <strong>Philosophie</strong> nicht geben, wenn wir Sokrates/Platon oder Kant folgen wollen. Es<br />

kann solchen Unterricht schon deshalb nicht geben, weil das entscheidende Moment an der<br />

vom Lernenden aufzubringenden Tätigkeit das (anschauungslose) Denken ist, hinter welches<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


22<br />

das Auffassen, Einprägen und Behalten dem Range nach weit zurücktritt, und weil das Denken,<br />

von dem dies alles abhängt, schlechthin unverfügbar ist. Wir können ja nie wissen, auf<br />

welche Gedanken jemand kommt, der wirklich denkt. Nicht einmal er selbst kann das im Vorhinein<br />

wissen. Vielleicht auch stellt der Lernende eine Frage, die der Lehrer selbst nicht zu<br />

beantworten weiß, vielleicht stellt er sogar in Frage, was der Lehrer zu wissen glaubt, und das<br />

in einem Feld, in dem das Entscheidende die Fragen sind, die gefunden, die erdacht werden<br />

müssen, und nicht die Antworten, nicht die Resultate, nicht die Lösungen, und zwar einfach<br />

deshalb, weil die Fragen das Frühere darstellen. Verhält es sich so, dass die entscheidende<br />

Schülerleistung im Finden der Fragen besteht, dann ist auch der Lehrer selbst ein Gefragter,<br />

so dass die feste Rollenaufteilung zwischen dem Lehrer hier und den Schülern da wegfällt.<br />

Und was dann? Dann wechselt im besten Falle der Unterricht seine Verlaufsform und mündet<br />

ins Gespräch, das einem Symposion ähnelt, nur dass hier im Normalfall der Wein fehlt. Freilich,<br />

damit wird der Unterricht unkalkulierbar, unprogrammierbar, undirigierbar und unstandardisierbar.<br />

Mit dieser Bemerkung habe ich ein wenig vorgegriffen, denn über Standardisierung<br />

wollte ich eigentlich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sprechen. Aber es drängte sich<br />

gewissermaßen von selbst auf, aus der platonisch-kantischen Auffassung des <strong>Philosophie</strong>unterrichts<br />

dessen Unstandardisierbarkeit zu erschließen.<br />

Das letzte Wort ist damit allerdings noch nicht gesprochen, denn Hegel, der ja mit der von mir<br />

bloß in Grundzügen referierten Auffassung bestens vertraut war, hat ein anderes Votum zum<br />

<strong>Philosophie</strong>unterricht abgegeben. Das mochte damit zusammenhängen, dass er zu der Zeit,<br />

als er sich über den <strong>Philosophie</strong>unterricht an Gymnasien äußerte, selbst <strong>Philosophie</strong>lehrer<br />

und Nürnberger Gymnasialdirektor war, womit ich sagen will, dass er im Unterschied von Platon<br />

und Kant mit den konkreten und praktischen Erfordernissen vertraut war, die der Schulunterricht<br />

mit sich bringt. Er war einfach näher dran an der Schulrealität. Er hat zwar, wenn ich<br />

das richtig sehe, das Kantische Diktum, man könne nur das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>, nicht aber die <strong>Philosophie</strong><br />

lernen (und lehren), im Kern nicht bestritten, aber er hat daran erinnert, dass man<br />

selbst zum <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>-Lernen gewisser Kenntnisse nicht entbehren könne, selbst dort<br />

nicht, wo es im Entscheidenden aufs Denken ankommt und wo die Antworten weniger gelten<br />

als die Fragen. Kenntnisse sind, wenn ich das mit eigenen Worten sagen darf, Starthilfen. Sie<br />

sind Ausgangspunkte, manchmal auch <strong>Orientierung</strong>smarken. Sie sind Vorgaben für die Reflexion,<br />

mit deren Hilfe wir ins Denken hineinkommen und unter deren Anleitung wir auf eine<br />

nicht bloß zufällige, nicht bloß rhapsodische, sondern kontrollierte und zusammenhängende<br />

bzw. systematische Weise nachzudenken vermögen. Kenntnisse sind zudem auch Gedächtnisstützen,<br />

was man nicht zu leicht nehmen darf. Sie erinnern uns an das, was man schon einmal<br />

gedacht und verstanden hat, um es bei Bedarf verfügbar zu haben und um nicht in die<br />

Verlegenheit des Eingeständnisses zu geraten, etwas <strong>durch</strong>aus schon Begriffenes im gegenwärtigen<br />

Augenblick leider nicht präsent zu haben. Wem das widerfährt, der verfällt ja leicht<br />

dem Spott des Aristoteles über denjenigen, der etwas zu wissen vorgab, aber bekennen<br />

musste, dass er den Beweis vergessen habe.<br />

Ich benutze ein Beispiel, um das, was ich unter Kenntnissen verstehe, zu illustrieren, sofern es<br />

dessen überhaupt noch bedarf. Man könnte an vieles anknüpfen, hier mögen die drei Arten<br />

von Historie als Beispiel dienen, die Nietzsche in der zweiten unzeitgemäßen Betrachtung<br />

„Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" erörtert hat. Wer sich die bloßen Namen<br />

der monumentalischen, antiquarischen und kritischen Historie eingeprägt hat, der besitzt für<br />

den Fall, dass er das Verhältnis von Wissenschaft und Leben in den historischen „Geisteswissenschaften"<br />

zu bedenken hat, eine Gedächtnisstütze, die ungefähr so funktionieren kann: Die<br />

dem Gedächtnis verfügbaren Namen oder Sachtitel regen den Vergleich an und evozieren<br />

die Reflexion, die nach den zu diesen Titeln gehörigen Gedanken oder Begriffen sucht. Diese<br />

Gedanken müssen nicht unbedingt und immer so ausfallen, wie sie von Nietzsche vorgedacht<br />

wurden, aber sie sollten zu den Namen passen, sie sollten das Verhältnis von Historie und Le-<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


23<br />

Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> feiert in diesem Jahr sein<br />

50. Jubiläum, und seit 50 Jahren ist die Deutsche Gesellschaft<br />

für <strong>Philosophie</strong> eng mit dem <strong>Fachverband</strong><br />

verbunden. In sokratischer Terminologie könnte man<br />

die „Allgemeine Gesellschaft für <strong>Philosophie</strong> in<br />

Deutschland“ sogar als Geburtshelferin des „Verbandes<br />

zur Förderung der <strong>Philosophie</strong> am deutschen Gymnasium“<br />

bezeichnen. Die Begegnung von <strong>Philosophie</strong>lehrern<br />

aus NRW und aus Nordwestdeutschland, die<br />

schließlich zur Gründung des Verbandes führte, fand<br />

am 26./27. Oktober 1956 auf einer Tagung des engeren<br />

Kreises der AGPD statt, und die erste Mitgliederversammlung<br />

wurde im Zusammenhang mit dem 5. Deutschen<br />

Kongress für <strong>Philosophie</strong> am 28./29. Oktober 1957 in Marburg <strong>durch</strong>geführt. Seitdem hat<br />

sich eine fruchtbare Kooperation zum Nutzen der philosophischen Bildung in Universität und<br />

Schule entwickelt, insbesondere im Rahmen des Forums „<strong>Philosophie</strong> und Ethik in der Schule“<br />

der DGPhil. Zeugnisse dieser Kooperation sind die Erklärung zum <strong>Philosophie</strong>- und Ethikunterricht<br />

an allgemeinbildenden Schulen von Konstanz (1999) sowie die Bonner Erklärung zur<br />

Kompetentförderung im <strong>Philosophie</strong>- und Ethikunterricht (2002). Zuletzt haben Vertreter beider<br />

Vereinigungen maßgebliche Empfehlungen zur Fachdidaktik <strong>Philosophie</strong> und Ethik in den<br />

Studiengängen Bachelor und Master für das Lehramt erarbeitet. Im Namen der DGPhil wünsche<br />

ich dem alten Weggefährten weiterhin viel Glück und Erfolg auf dem Weg der Stärkung<br />

der philosophischen Bildung in der Schule.<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Carl Friedrich Gethmann, Universität Essen<br />

Präsident der Deutschen Gesellschaft für <strong>Philosophie</strong><br />

ben betreffen und dieses Verhältnis auf jeweils zweifache Weise bedenken, nämlich einerseits<br />

in seiner Zuträglichkeit für das Leben und andererseits in seiner Schädlichkeit, wenn nämlich<br />

das veränderte Leben einer anderen Historie bedarf. Auf diese Weise eignen sich die drei eingeprägten<br />

und behaltenen Titel nicht nur zur Reproduktion der Gedanken Nietzsches, sondern auch zur<br />

produktiven Gedankenfindung, etwa in Gestalt der Frage, ob wir es nicht in der modernen Geschichtswissenschaft<br />

mit einer Gestalt der Historie zu tun haben, die von jenen drei Arten noch<br />

einmal grundsätzlich unterschieden ist. Und auf keinen Fall wollen wir die Frage vergessen, ob<br />

und inwiefern Nietzsches Vorgaben überhaupt zutreffen und etwas Wahres enthalten. So dienen<br />

die drei Titel zu einer Topik, die genau jene Funktionen erfüllt, welche ihr die klassische<br />

Rhetorik zugeschrieben hatte: der Erinnerung an Gedanken, dem Finden (inventio) von Gedanken,<br />

der Ordnung des Denkens und der Prüfung der Gedanken. Solche Topiken kennt die<br />

<strong>Philosophie</strong> en masse. Kant etwa hat die Urteilstafel als eine logische Topik bezeichnet, was<br />

sie in der Tat auch ist, zumindest wenn es darum geht, sich in der „Kritik der reinen Vernunft"<br />

zu orientieren. Die Beispiele ließen sich mühelos fortsetzen.<br />

Was ich mit allem sagen wollte, ist dies: Hegels Insistieren darauf, dass es auch in der <strong>Philosophie</strong><br />

etwas zu lernen gebe, kann im Sinne der rhetorischen Topik gedeutet werden, also im<br />

Sinne einer gedächtnismäßig erlernbaren Denkhilfe, die uns an Gedanken erinnern, auf Gedanken<br />

bringen, unsere Gedanken ordnen und uns zur Prüfung der Gedanken veranlassen<br />

kann. Zwar gilt der platonisch-kantische Satz, dass man <strong>Philosophie</strong> nicht lernen könne, sondern<br />

allenfalls das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>, doch wird man mit Hegel ergänzen dürfen, dass zum <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>lernen<br />

auch positive, verfügbare und abfragbare Kenntnisse gehören. Ehe ich weitergehe,<br />

möchte ich noch ein wenig Hegel-Lektüre betreiben, nur zur Erinnerung. Im Allge-<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


24<br />

meinen, sagt er, unterscheide man zwischen einem philosophischen System mit seinen „besonderen<br />

Szientien" und dem <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> selbst.' Davon war schon bei mir die Rede. Ohne<br />

„Szientien", d.h. ohne Inhalt <strong>Philosophie</strong> lernen zu wollen, das ist nach Hegel (1812) eine moderne<br />

Sucht, ganz besonders der Pädagogik. Diese Sucht ist völlig sachfremd; denn wenn<br />

man den Inhalt der <strong>Philosophie</strong> kennen lernt, so lernt man nach Hegel auch das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong><br />

selbst, genau so wie man das Reisen lernt, wenn man die Sehenswürdigkeiten einer Stadt<br />

aufsucht. Und mehr noch: Man lernt mit dem philosophischen Inhalt nicht nur das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>,<br />

sondern man philosophiert mit dem Erlernen der philosophischen Inhalte wirklich schon.<br />

Ich würde allerdings mit Kant die Kautele einbauen: Wenn nicht nur gelernt und nicht nur terminologisches<br />

„Maulbrauchen" betrieben wird, sondern auch mit der eigenen Vernunft dabei<br />

gedacht und geprüft wird, denn das Letztere, gewiss das Entscheidende, ergibt sich aus dem<br />

erlernbaren Stoff nicht von allein, sondern nur mit Hilfe der <strong>durch</strong> nichts ersetzbaren „Zutat"<br />

des eigenen Denkens. Mit diesem Vorbehalt vor Augen können wir im Anschluß an Hegel als<br />

Merksatz festhalten: „Die <strong>Philosophie</strong> muss gelehrt und gelernt werden, so gut als jede andere<br />

Wissenschaft." 2<br />

IV. Bildungsstandards<br />

Die Frage ist allerdings, ob das auf standardisierte Weise geht, gut geht, schlecht geht oder<br />

gar nicht geht, denn Zweifel können einem schon kommen, wenn man an so etwas wie Standardbriefe,<br />

Normgrößen oder Anzüge von der Stange denkt und sich vorstellt, es werde bald<br />

auch eine „flächendeckende" Standardbildung geben, eine Vorstellung, die Erschrecken hervorruft.<br />

Der Schreck wird <strong>durch</strong> bloße Vertauschung der Wortbestandteile von Standardbildung<br />

in Bildungsstandards nicht geringer. Was in aller Welt hat man sich bei den Bildungsstandards<br />

gedacht, die jetzt die Schulen und Fächer der gesamten Republik überschwemmen?<br />

Die Antwort lasse ich mir <strong>durch</strong> den Fachmann in diesen Dingen, Eckhard Klieme, vorgeben.<br />

Standards, die es seit den 1980er Jahren in vielen Ländern gibt, werden jetzt auch in Deutschland<br />

als zentrales Instrument der Qualitätsentwicklung eingeführt.3 Das entscheidende Stichwort<br />

aus dem Klieme-Zitat lautet „Qualitätsentwicklung"; ich komme darauf zurück. Im Dezember<br />

2003 einigte sich die Kultusministerkonferenz auf erste nationale Standards. Was nun<br />

genau unter Bildungsstandards zu verstehen ist, wird aus dem Klieme-Artikel nicht recht klar,<br />

auch nicht aus der vom BMBF herausgegebenen Expertise „Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards",<br />

an der Klieme ebenfalls maßgebend mitgewirkt hat (Berlin 2003), ebenfalls<br />

nicht aus der Beschlussvorlage vom 6.10.04 der KMK (Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften).<br />

Nimmt man aber die PISA-Studien hinzu, so kann man trotzdem genau<br />

erkennen, worum es geht: um pragmatisch definierte Kompetenzen, die als Lernergebnisse<br />

operationalisiert werden, da<strong>durch</strong> evaluierbar und vergleichbar sind und so als Instrumente für<br />

die Steuerung des Bildungswesens (Educational Government) verwendbar werden. Die Steuerung<br />

ist dem Ethos der Qualitätsentwicklung verpflichtet, das Steuerungsverfahren ist resultatorientiert,<br />

banal ausgedrückt „output"-orientiert. Die erforderlichen Standarddefinitionen<br />

werden von Expertengruppen vorgelegt, deren Zusammensetzung häufig un<strong>durch</strong>sichtig ist<br />

und deren Arbeitsresultate als nicht weiter überprüfbare Beschlüsse, gewissermaßen als Tatsachen<br />

zweiter Ordnung, hinzunehmen sind. Es ist auch damit zu rechnen, dass die Standardisierungswut<br />

sich nicht mit den Bildungsinhalten begnügt, sondern auch die Lehrerausbildung<br />

und das Lehrerhandeln erfassen wird, das liegt in der Konsequenz des Qualitätsentwicklungskonzepts.<br />

Der Begriff der Qualitätsentwicklung entstammt dem privatwirtschaftlichen Sektor, d.h. der Betriebswirtschaftslehre.<br />

Von daher sind vergleichbare Termini wie Organisations- und Personalentwicklung,<br />

Leistungsvergleiche, Benchmarking, Zielvereinbarungen usw. in das Vokabular<br />

von Bildungsadministration und Didaktik eingedrungen4, die mehr und mehr die Gestalt<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


25<br />

des „Qualitätsmanagements" annehmen. Auch der <strong>Philosophie</strong>unterricht wird sich dieser Tendenz<br />

nicht widersetzen können. Sollte sich herausstellen, dass er seiner Natur nach der kompetenzorientierten<br />

Operationalisierung in Gestalt überprüfbarer Lernergebnisse widerstrebt, so<br />

ist er gefährdet.<br />

Nichts, wovon in dieser Schilderung die Rede war, hat Ähnlichkeit mit der tradititionellen Didaktik<br />

und Pädagogik. Insofern haben wir es mit einer groß angelegten Transformation der<br />

bisherigen bildungsorientierten Pädagogik zu tun. Streng genommen spielt Pädagogik im<br />

traditionellen Sinne überhaupt keine Rolle mehr. Ganz andere Instanzen haben das Heft in die<br />

Hand genommen, und zwar transnationale Institutionen wie die OECD, bekanntlich eine Organisation<br />

nicht etwa für pädagogische, sondern ganz im Gegenteil für ökonomische Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung. Diese Organisation denkt in den Kategorien der Qualitätsentwicklung<br />

und des Qualitätsmanagements, sie benutzt die human-capital-Theorie, sie arbeitet mit<br />

Vergleichsevaluationen als Datenlieferanten für Bildungskontrolle und Bildungssteuerung, wozu<br />

es standardisierter Kompetenzen bedarf, deren wichtigste Bedingung ihre Eigenschaft ist,<br />

<strong>durch</strong> Testaufgaben überprüft werden zu können. So lesen wir im Klieme-Gutachten, die<br />

Kompetenzen, die <strong>durch</strong> die Bildungsstandards als Lernergebnisse festgelegt werden, sollten<br />

so konkret beschrieben werden, „dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit<br />

Hilfe von Testverfahren erfasst werden können" (S. 9). Erfassbarkeit und Kontrollierbarkeit<br />

sind das Prinzipielle, und zwar das einzig Prinzipielle an der Effiziendidaktik. Es liegt auf der<br />

Hand, dass der Lehrer des standardisierten Unterrichts bald nur noch eine Norm kennen wird,<br />

nämlich so erfolgreich wie möglich die nächste Evaluationswelle zu überstehen. Dafür werden<br />

schon die Schulleiter sorgen, die das Schul"ranking" zu fürchten haben. Die „gute" Schule, die<br />

nach neuesten Maßstäben dann gut ist, wenn sie die standardorientierten Evaluationen auf<br />

einem vorderen Platz der Rangliste übersteht, wird ihre Bemühungen auf die Normerfüllung<br />

konzentrieren. Was immer man sonst noch von einem Lehrer erwarten konnte oder sogar sollte,<br />

wirkt jetzt schon obsolet. Pädagoge heißt in Zukunft jeder, der es versteht, standardisierte<br />

Kompetenzen testsicher zu „vermitteln". So ergreift die Testpsychologie die Macht über die<br />

Pädagogik. Denkt man dabei an den <strong>Philosophie</strong>-Unterricht, so vermute ich, dass sich hier<br />

nicht nur Kant, sondern auch Hegel die Haare aufgestellt hätten. Meiner Vermutung möchte<br />

ich indessen nicht nachgehen, schon deshalb nicht, weil die Herren nicht mehr leben. Statt<br />

dessen möchte ich die mehr analytische Frage stellen, welche Kompetenzen denn als „output"<br />

oder „outcome" des <strong>Philosophie</strong>unterrichts benannt werden können, um sie sodann in sog.<br />

Bildungsstandards umzugießen? Und noch eine Frage möchte ich stellen, nämlich danach, ob<br />

denn solche Kompetenzen ihren pragmatischen Zweck erfüllen können, für die weitere schulische<br />

oder berufliche Ausbildung nützlich zu sein? Denn das ist die Funktion, welche die KMK-<br />

Bildungsstandards haben, so dass der neuberufene Chef des ebenfalls neugeschaffenen IQB<br />

in Berlin (Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen), Olaf Köller, in den Medien verbreitete,<br />

Schule diene der Berufsvorbereitung. Zu welchem Beruf bereitet der <strong>Philosophie</strong>unterricht<br />

vor? Zum <strong>Philosophie</strong>professor?<br />

V. „Kompetenzstufen" des <strong>Philosophie</strong>unterrichts<br />

Ich will mich aber nicht in Polemik verlieren und statt dessen die Frage wiederholen, wie sich<br />

der <strong>Philosophie</strong>unterricht zu Standards im aktuellen Sinne verhalten kann und soll, insbesondere<br />

welche <strong>durch</strong> Tests überprüfbaren Kompetenzen er (als Lernresultate) sinnvoller Weise<br />

vorschreiben kann? Auch jetzt noch ist diese Frage kaum zufriedenstellend zu beantworten,<br />

und zwar deshalb nicht, weil die Zielsetzung des <strong>Philosophie</strong>unterrichts noch nicht genau bestimmt<br />

zu sein scheint. Geht es darum, <strong>Philosophie</strong> kennen zu lernen - natürlich nur im Sinne<br />

einer ersten Bekanntschaft - oder darum, zu philosophieren? Das Erste, nämlich Bekanntschaft<br />

mit der <strong>Philosophie</strong> zu schließen, kann man ohne das Zweite, ohne das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>,<br />

<strong>durch</strong>aus erreichen; diesem Zweiten aber, dem <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>, kann man sich kaum ohne das<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


26<br />

Erste, ohne die Bekanntschaft mit der <strong>Philosophie</strong> annähern; hier folge ich Hegel, auch wenn<br />

es Stimmen gibt, die mit Hinweis auf das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> der Kinder und die metaphysische<br />

Naturanlage des Menschen die Kenntnis im Sinne einer bloßen Bekanntschaft, selbst tiefer<br />

dringende Kenntnis der <strong>Philosophie</strong>, nicht für notwendig halten. Auch darin steckt natürlich ein<br />

gewisses Recht, denn Kenntnis der <strong>Philosophie</strong> ist nur cognitio ex datis, wie Kant sagte, nur<br />

Rezeption, nur eine Form von äußerlichem Informiertwerden. Immerhin, werden andere sagen,<br />

gibt es hier etwas zu lernen, jedenfalls im schulischen Sinne. <strong>Philosophie</strong> kann aber auch<br />

in einer Form vermittelt werden, die nicht nur die rezeptiven Kräfte der Lernenden, sondern<br />

auch ihr selbständiges Mitdenken beansprucht oder sogar ihr produktives Denken anregt. Das<br />

bedeutet dann nach Kant so viel wie cognitio ex principiis, also eine Erkenntnis, die nicht auf<br />

Vorgaben beruht, sondern aus Grundsätzen gewonnen wird, welche mit eigener Vernunft<br />

erdacht werden. Im ersten Falle sind Überlieferung und Unterricht die Wissensquellen, im<br />

zweiten Falle ist es die eigene Vernunft, das Selbstdenken; pointiert könnte man das auch so<br />

ausdrücken: Hier belehrt der Einzelne sich selbst aus sich selbst.<br />

Ein besonnener <strong>Philosophie</strong>unterricht wird schon aus pragmatischen Gründen für die Kombination<br />

von Fremdlernen und Selbstlernen votieren, für die Verbindung von Heterodidaktik und<br />

Autodidaktik. Ich glaube nicht, dass irgendjemand heute noch etwas anderes intendiert.<br />

Kenntnis ohne Verständnis ist didaktisch indiskutabel. Indiskutabel ist aber auch das entgegengesetzte<br />

Extrem, die kenntnisarme oder gar kenntnislose Originalität, die leicht in originalen<br />

Unsinn ausartet und die Zeit totschlägt. Dass sich der <strong>Philosophie</strong>unterricht vor solcher<br />

Beliebigkeit hüten muss, ebenso davor, dass das Steckenpferd des Lehrers den Unterricht<br />

dominiert oder dass gar nur über Tagesfragen beliebig räsoniert wird, dürfte ebenfalls zugestanden<br />

sein; darin besteht die Rechtfertigung von Standards. Kenntnis ohne Verständnis ist<br />

blind, Verständnis ohne Kenntnis ist leer. Beides - Kenntnis und Verständnis - müssen miteinander<br />

vereinigt werden; und so hat der <strong>Philosophie</strong>unterricht, wie übrigens jeder andere auch,<br />

die doppelte Aufgabe, Kenntnis und Verständnis bei den Lernenden hervorzubringen.<br />

Im Folgenden gehe ich von der Kombination von Kenntnis- und Verständnisanteilen im philosophischen<br />

Schulwissen aus und formuliere vier „Kompetenzstufen", wobei ich wiederum ein<br />

Beispiel benutze. Vorhin habe ich das Beispiel der drei Arten lebensdienlicher Historie nach<br />

Nietzsche herangezogen, jetzt wähle ich, nicht nur der Abwechslung halber, die Kategorientafel<br />

des Aristoteles. Beiden Beispielen ist dies gemeinsam, dass sie so etwas wie eine begriffliche<br />

Topik, d.h. eine Reihe von Gesichtspunkten enthalten, mit deren Hilfe man sich in der <strong>Philosophie</strong><br />

orientieren und nach deren Vorgaben man reflektieren, d.h. auf Gedanken kommen<br />

kann. Beim zweiten Beispiel handelt es sich sogar um einige der wichtigsten Gesichtspunkte<br />

überhaupt, wenn man daran denkt, dass Aristoteles das on he on als ousia bestimmt hat. Die<br />

aristotelische Kategorientafel genießt darüber hinaus den Vorzug, dass sie eine Tradition gestiftet<br />

hat; sie ist schon im Altertum von zahlreichen Kommentatoren ausgelegt, in der Thomistischen<br />

<strong>Philosophie</strong> erneuert und noch von Kant erwähnt und korrigiert worden, so dass<br />

man sagen kann, seit Aristoteles sei die <strong>Philosophie</strong> in ihrem Kern Kategorienlehre. Es handelt<br />

sich also nicht um eine beliebige Kleinigkeit.<br />

Wer sich die Tafel des Aristoteles einprägt, der lernt also etwas in der <strong>Philosophie</strong> Wichtiges.<br />

Solches Lernen kann man als Kennenlernen bezeichnen. Die als Lernresultat formulierte<br />

Kompetenz besteht in der Kenntnis der Sache selbst, d.h. in der jederzeit reproduzierbaren<br />

Anzahl und Bezeichnung der (zehn) Kategorien (Substanz, Qualität, Quantität, Relation, Ort,<br />

Zeit, Lage, Habe, Tun und Leiden). Diese „Kompetenz" ist leicht zu erwerben, am besten so,<br />

dass die Kantische Tafel mit ihren 12 Kategorien gleich dazu gelernt wird.<br />

Das nächste Kompetenzniveau ist allerdings nur mit einem Sprung zu erreichen, wenn es<br />

nämlich darum geht, die Bedeutung dessen zu verstehen, was wir da unter dem Namen der<br />

Kategorien kennen. Hier wird es schwierig, weil uns fast nichts von allem, was unter dem Namen<br />

der Kategorien bekannt ist, <strong>durch</strong> Anschauung und Erfahrung näher gebracht werden<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


27<br />

kann. Was Qualität oder Quantität ist, kann man nicht anschauen, Relationen zwischen Dingen<br />

kann man weder sehen noch hören, mögen die Dinge selbst auch überdeutlich vernehmbar<br />

sein. Nur von Ort und Zeit kann man sich vielleicht eine anschauliche Vorstellung machen,<br />

aber wiederum nicht mehr von Lage und Habe usw. Wer hier nach anschaulichen Beispielen<br />

greift, setzt das kategoriale Verständnis bereits voraus; er kann sich daher die Beispiele sparen.<br />

Die zweite Kompetenzstufe des Verstehenlernens unterscheidet sich also vom vergleichbaren<br />

Lernen in Fächern wie Geographie, Mathematik oder Geschichte da<strong>durch</strong>, dass<br />

hier der unmittelbare, nämlich anschauliche und gegebene Zugang zu den Sachen fehlt. Das<br />

erschwert das Lernen. Worin besteht die Erschwernis? Nicht darin, dass jetzt gedacht werden<br />

muss, denn das ist auch in Fächern wie Geschichte, Geographie und Mathematik der Fall.<br />

Dort allerdings ist das Denken eine Reflexion über etwas unmittelbar für die Anschauung Vorgegebenes,<br />

über einen vorliegenden „Stoff", den das Reflektieren in eine gewisse „Form"<br />

bringt. Im jetzigen Falle aber ist es anders, da nichts vorgegeben ist und das Denken die Sache<br />

gewissermaßen aus sich selbst schöpfen muss. Insofern sind hier schon, also beim bloßen<br />

Verständnis philosophischer Themen, unsere schöpferischen und nicht bloß unsere rezeptiven<br />

Kräfte angesprochen. Das Denken ist hier nicht nur vergleichende, unterscheidende,<br />

ordnende, schließende und nach Begründungen suchende Reflexion über eine vorgegebene<br />

Materie, sondern das Erdenken des Inhalts selbst. Man kann <strong>durch</strong>aus der Meinung sein, dass<br />

damit der Schule, den Schülern und Lehrern zuviel zugemutet sei. In der klassischen deutschen<br />

Tradition finden wir diese Meinung auch bei Wilhelm von Humboldt, für den <strong>Philosophie</strong><br />

in der Schule (Gymnasium) keinen Platz hatte.<br />

Wer aber nicht dieser Meinung ist, der wird nicht nur die Stufe der Kenntnisse und die Stufe<br />

des philosophischen Verstehens, sondern auch dessen Steigerungsstufen in die Rechnung<br />

einbeziehen müssen. Denn was wir verstanden haben, das können wir besser verstehen, zunächst<br />

<strong>durch</strong> die prüfende Untersuchung der Gründe unserer Gedanken (ganz abgesehen von<br />

der analytischen Verdeutlichung). Der Rückgang in die Gründe, die Vertiefung, führt zu dem,<br />

was wir gewöhnlich als Einsicht bezeichnen. Schon damit ist ein hoher Anspruch an den <strong>Philosophie</strong>-Unterricht<br />

gestellt. Denn im Kategorien-Beispiel würde das bedeuten, nach dem<br />

Grund dafür zu fragen, der es rechtfertigt, das Sein als ousia, Substanz zu bestimmen, und<br />

das gilt dann auch für die anderen Kategorien. Es gilt - um ein anderes Beispiel zu benennen -<br />

auch für die Gründe, die zur Unterscheidung zwischen Theorie und Praxis, Naturphilosophie<br />

(„Physik") und Ethik geführt haben können usw.<br />

Die höchste Stufe (und ich versuche hier, ohne Skrupel, ganz im Stil der Zeit, von „Kompetenzstufen"<br />

zu sprechen) würde dann in etwas bestehen, was man in Erweiterung der Einsicht<br />

als Übersicht (Synopsis bei Platon) bezeichnen könnte und womit der systematische Zusammenhang<br />

unserer Einsichten gemeint ist. Es bedarf keiner Worte, dass dergleichen selbst von<br />

ausgesprochenen Fachleuten nur angestrebt, aber nicht zur Zufriedenheit erreicht werden<br />

kann, es sei denn, dass wir mit Hegel von der Vollendung der <strong>Philosophie</strong> ausgehen. Ich glaube<br />

aber nicht, dass das noch jemand tut. Aber wenn die systematische Übersicht schon von<br />

erfahrenen und geübten Philosophen kaum erwartet werden kann, um so weniger kann man<br />

im Schulunterricht etwas Nennenswertes erreichen. Und doch kann man auf die systematische<br />

Perspektive, die auf das einigende Band der diversen Themen und Gesichtspunkte geht,<br />

nicht ganz verzichten. Sie muss trotz aller Schwierigkeiten den Horizont des Unterrichts beim<br />

Lehrer bilden, zumindest als permanente Frage gegenwärtig sein. Von dieser „Kompetenzstufe"<br />

wird man nicht erwarten wollen, dass sie in die Standarddefinitionen des <strong>Philosophie</strong>unterrichts<br />

eingehen kann. Was erreichbar bleibt, sind in Grenzen die „Stufen" der Kenntnis, des<br />

Verständnisses und allenfalls der Einsicht.<br />

Dabei handelt es sich in einem gewissen Sinne um formale „Kompetenzstufen". Sollten sie als<br />

Lernergebnisse operationalisierbar sein, so müsste es möglich sein, sie inhaltlich zu füllen und<br />

zu Einzelfragen kleinzuarbeiten, deren Antworten überprüfbar sind. Das würde zweierlei erfor-<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


28<br />

dern: Erstens einen Kanon philosophischer Themen und zweitens einen Kanon der richtigen<br />

Antworten. Die Standardfrage ist mit der Kanonfrage verbunden, und zwar auf doppelte Weise:<br />

nach den Inhalten und nach den erwünschten Lernresultaten. Nun sehe ich keinen Weg,<br />

die inhaltliche Kanonfrage befriedigend zu lösen, zumal selbst Kant erklärt hat, dass es keinen<br />

klassischen Autor der <strong>Philosophie</strong> gibt, denn was philosophisch richtig sei, könne man nicht<br />

aus Leibniz lernen, man könne es nur selbst vor dem Richterstuhl der eigenen Vernunft zu beurteilen<br />

suchen.5 Zu einem Philosophen- und Themenkanon wird man also ohne Kompromisse<br />

kaum gelangen können. Allerdings ist die Auswahl schulischer Bildungsinhalte (die Curriculumfrage)<br />

schon immer ein Kompromissthema gewesen. Mit Gründen kann man vielleicht nur<br />

einen negativen Beitrag leisten, nämlich im Sinne des unumgänglichen Minimums: Kenntnis<br />

von Platon und Kant, erste Kenntnis der theoretischen und der praktischen <strong>Philosophie</strong> (Ethik,<br />

inklusive Politik) sowie der philosophischen Ästhetik. Dieser Kanon ist, wie gesagt, ein negativer:<br />

Ohne Platon und Kant geht es nicht. Den Rest mag der <strong>Philosophie</strong>lehrer bzw. die <strong>Philosophie</strong>lehrerin<br />

bestimmen, die ja davor bewahrt werden müssen, nur Exekutivorgane von<br />

Standardvorgaben zu sein.<br />

Und wie steht es mit dem Kanon der testfähigen, u.U. ins Zentralabitur eingehenden, als Lernresultate<br />

operationalisierbaren „Kompetenzen"? Die Basiskompetenz der Kenntnisse hängt<br />

vom inhaltlichen Kanon ab; sie ist also relativ leicht definierbar. Aber was darüber hinausgeht,<br />

nämlich die höheren Kompetenzen des Verständnisses, der Einsicht und Übersicht, das lässt<br />

sich sehr wohl in Gestalt traditioneller Zielformulierungen und Arbeitsdirektiven für den Lehrer<br />

ausdrücken, nicht jedoch als curricular erzwingbare Lernresultate der Schüler. Da aber die<br />

Steuerungspolitik der Schuladministration von der „Input"- auf die „Output-Steuerung" als<br />

Werkzeug der Qualitätsentwicklung umgestellt wird, muss man befürchten, dass die produktiven<br />

und nicht operationalisierbaren Kompetenzen aus der Rechnung gestrichen werden, es<br />

sei denn, dass es gelingt, öffentlich klarzumachen, dass Standards in der <strong>Philosophie</strong> nur eine<br />

negativ regulierende Bedeutung haben können, aber auch haben müssen, gewissermaßen als<br />

Disziplin oder „Zucht" des <strong>Philosophie</strong>unterrichts, der vor Willkür und Beliebigkeit ebenso bewahrt<br />

werden muss wie vor Überregulierung und vor der Denaturierung des Lehrers zum Vollzugsbeamten.<br />

Was von der Bildung jeden Talentes gilt, dass sie einer Disziplin bedarf, das gilt<br />

auch von der Bildung des philosophischen Organs unseres Welt- und Selbstverständnisses.<br />

Aber solche „Zucht" ist eine bloß negative Bildung: Sie hält den Wildwuchs fern und gewährt<br />

ansonsten Freiheit. Mehr kann man m.E. von der Standardisierung des <strong>Philosophie</strong>unterrichts<br />

nicht erwarten.<br />

_____________________<br />

1 Über den Vortrag der <strong>Philosophie</strong> auf Gymnasien. Privatgutachten für den Königlich Bayerischen Oberschulrat<br />

Immanuel Niethammer (1812). Theorie Werkausgabe des Suhrkamp Verlags. Bd. IV, Frankfurt a.M. 1970, S.<br />

410.<br />

2 A.a.O., S. 411.<br />

3 Klieme, E., Steinert, B.: Einführung der KMK-Bildungsstandards. Zielsetzungen, Konzeptionen und Einführung in<br />

den Schulen am Beispiel der Mathematik. In: Der mathematische und Naturwissenschaftliche Unterricht (MNU),<br />

Jg. 57, Heft 3, 2004, S. 132-137.<br />

4 Vgl. Terhart 2002, 60, 64.<br />

5 Über eine Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft <strong>durch</strong> eine ältere entbehrlich gemacht wer-<br />

den soll. Werke Weisch. III, 334.<br />

Lutz Koch ist Professor für Allgemeine Pädagogik an der Universität Bayreuth. Zwei seiner<br />

Forschungsschwerpunkte sind Bildungstheorie und Kants Pädagogik.<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


29<br />

Der <strong>Fachverband</strong> Ethik gratuliert<br />

Fünfzig Jahre im Leben eines Menschen bedeuten reiche Lebenserfahrung verbunden<br />

mit einer großen Schaffenskraft in geistigen Arbeitsfeldern. Ein Erwachsener<br />

blickt bei diesem runden Geburtstag mit kritischer Würdigung auf seine<br />

Wurzeln und seinen Lebensweg. So ist es angemessen, auf die Wurzeln dieses<br />

denkwürdigen Jubiläums zurückzuschauen.<br />

Werden die 50 Jahre im Blick zurück mit sich selbst multipliziert, dann gelangen<br />

wir in die Zeit um 500 v. u. Z. und damit in die Zeit der Vorsokratiker. Damit befinden wir uns an der Wiege der<br />

europäischen <strong>Philosophie</strong>, als sich der Logos vom Mythos emanzipierte. Namen wie Pythagoras und Archimedes stehen<br />

für das mathematisch-technische Eigeninteresse zur Welterkenntnis und Weltdeutung. Demokrit ist mit seiner<br />

These von unteilbaren kleinsten Teilchen der Urvater moderner Atomtheorien. Andere Philosophen wie Epikur und<br />

Seneca widmeten sich unabhängig von mythisch begründeten Tabus und Moralen insbesondere der Lebenskunst. Aristoteles<br />

fasste dann das gesamte Weltwissen seiner griechischen Zeit von der Logik und Kosmologie bis zur Ästhetik<br />

zusammen. Die antike Aufklärung war somit die Initialzündung zum Start in die Emanzipation des menschlichen<br />

Denkens und Forschens.<br />

Als 381 Kaiser Theodosius I. das Christentum zur Staatsreligion erklärte, verbot er zuerst die konkurrierenden antiken<br />

Mythen und belegte den Besuch ihrer Tempel und Kulte mit der Todesstrafe. Dann wurden die Olympischen<br />

Spiele verboten und im Jahr 529 die letzte antike Philosophenschule geschlossen. Logik und Logos hatten nun lediglich<br />

im Dienst des christlichen Mythos eine Existenzberechtigung. Die <strong>Philosophie</strong> wurde zur ancilla theologiae, zu einer<br />

Magd der Theologie.<br />

Bewahrer der Traditionen der antiken <strong>Philosophie</strong> waren in Zeiten ihres Niedergangs in Europa die arabischen<br />

Philosophen und Wissenschaftler. Von der halben Million antiker Handschriften allein in der großen Bibliothek von<br />

Alexandria z.B. erreichte uns über die Übersetzerschulen von Toledo so wenigstens ein Teil.<br />

Aus der dienenden Rolle hat sich das von Mythen unabhängige Denken und Forschen im Abendland erst mit der<br />

Renaissance und der Europäischen Aufklärung befreien können. Drei Bewegungen förderten diesen Prozess der<br />

Befreiung in der Neuzeit: die Kunst mit ihrem Rückblick auf ihre Blüte in der „heidnischen“ Antike, der selbständige<br />

und forschende Blick der Naturwissenschaften auf die Welt und die moralische Selbstentwertung der christlichen<br />

Absolutheitsansprüche im 30-jährigen Konfessionskrieg. Empirismus, Rationalismus und Aufklärung sind die Marksteine<br />

der zweiten Emanzipationsphase der <strong>Philosophie</strong> in Europa.<br />

In diese Emanzipationsbewegung menschlichen Geistes gehört auch die Einführung des Faches <strong>Philosophie</strong> in der<br />

Sekundarstufe II an deutschen Schulen. Die Gründung eines <strong>Fachverband</strong>es der <strong>Philosophie</strong>lehrkräfte hat der Profilierung<br />

des Faches gedient und einen wichtigen Beitrag zur Vertretung der Fachlehrerschaft in der Bildungspolitik<br />

geleistet. Der <strong>Fachverband</strong> Ethik gratuliert dem <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> zu seinem 50-jährigen Bestehen und<br />

wünscht ihm weiterhin Erfolge im Dienste der Aufklärung und Emanzipation der jungen Generation in unserer hochkomplexen,<br />

multikulturellen und globalisierten Gesellschaft und Welt.<br />

Für Ihr zukünftiges Wirken möchten wir drei Bitten äußern. Betonen Sie bitte auf allen Ebenen Ihres Wirkens in<br />

Schule und Öffentlichkeit die Bedeutung der Aufklärung und des philosophischen Humanismus für die kulturelle Identität<br />

Europas. Es geht um die Deutungshoheit über unsere Kultur und Gesellschaft in der deutschen und<br />

europäischen Leitkulturdebatte.<br />

Öffnen Sie in Lehrerbildung und Unterricht den Blick für außereuropäische philosophische Traditionen wie z.B. bei<br />

Konfuzius und Buddha und ihre ethischen Implikationen für unsere gegenwärtigen Probleme.<br />

Verstärken Sie weiterhin die Fokussierung auf Menschenrechte und ethische Fragen des konkreten Zusammenlebens<br />

vom Klassenzimmer bis zur globalisierten Politik. Am Ende soll ein Dank stehen. Der <strong>Fachverband</strong> Ethik bedankt<br />

sich für die fruchtbare und gleichberechtigte partnerschaftliche Zusammenarbeit. Im Jubiläumsjahr zeigt sie sich besonders<br />

in der effizienten und kollegialen Atmosphäre im Arbeitskreis Ethik/<strong>Philosophie</strong> unter der kundigen Leitung<br />

von Dr. Bernd Rolf. Dieser Arbeitskreis vereint die Ethik- und <strong>Philosophie</strong>fächer sowie die Humanistische Lebenskunde<br />

und arbeitet an gemeinsamen Bildungsstandards für unsere Fächer. Ohne den Anstoß des <strong>Fachverband</strong>es<br />

<strong>Philosophie</strong> wäre es wohl nicht zu dieser wirkungsvollen Kooperation gekommen.<br />

Mit guten Wünschen für alle Ihre Mitglieder und Ihre Arbeit in Gegenwart und Zukunft.<br />

Peter Kriesel / Werner Fuß (Vorstand)<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


30<br />

Bundeswettbewerb Philosophischer Essay<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.<br />

Mandy Telle<br />

(links) und<br />

Alina Redich<br />

(rechts),<br />

Preisträgerinnen<br />

im<br />

BundeswettbewebPhilosophischer<br />

Essay, am<br />

22.03.2006<br />

mit dem<br />

Bundespräsenten<br />

im<br />

Schloss<br />

Bellevue<br />

Im Bundeswettbewerb Philosophischer Essay 2005, über den der Bundespräsident die<br />

Schirmherrschaft übernommen hat, wurden folgende Preisträger gekürt:<br />

1. Mandy Telle, Gymnasium Stadtfeld, Wernigerode<br />

2. Leo Hinrichs, Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium, Hamburg<br />

3. Alina Redich, Johannes-Kepler-Gymnasium, Garbsen<br />

Die Preisträger erhielten Buchgeschenke und wurden zu einem Empfang des Bundespräsidenten<br />

eingeladen. Insgesamt haben 81 Schülerinnen und Schüler aus Hamburg, Niedersachsen,<br />

Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt ihre Essays eingeschickt. Es ist davon<br />

auszugehen, dass im Rahmen des Wettbewerbs noch mehr Essays geschrieben wurden. Zum<br />

Teil haben ganze Kurse Essays geschrieben, von denen nur die besten eingesandt wurden.<br />

Quantitativ betrachtet ist das ein schönes Ergebnis, wenn auch noch steigerungsfähig. Es wäre<br />

schön, wenn sich demnächst noch mehr Schülerinnen und Schüler, auch aus weiteren<br />

Bundesländern, beteiligen würden.<br />

Beim nächsten Bundeswettbewerb sollen der vom <strong>Fachverband</strong> ausgeschriebene Essaywettbewerb<br />

und der Landeswettbewerb Nordrhein-Westfalen, die 2005 nebeneinander existierten,<br />

zusammengeführt werden. Dazu bedarf es terminlicher Umstellungen. Die Ausschreibung des<br />

Bundeswettbewerbs Philosophischer Essay 2006 soll Mitte Oktober erfolgen. Sie erhalten dazu<br />

gesonderte Nachricht <strong>durch</strong> den <strong>Fachverband</strong> bzw. <strong>durch</strong> die Schulbehörden. Letzter Einsendetermin<br />

wird der 6 .Dezember 2006 sein. Die drei Preisträger im Bundeswettbewerb<br />

(Bundesländer außer NRW) und Preisträger aus NRW werden zur Winterakademie Philosophischer<br />

Essay eingeladen, die im Februar 2007 in Münster stattfindet. Die Verfasser der besten<br />

dort entstehenden Essays nehmen als Vertreter der Bundesrepublik Deutschland an der<br />

Internationalen <strong>Philosophie</strong>olympiade (IPO) teil, die im Mai 2007 unter dem Dach der Fédération<br />

Internationale des Sociétés de <strong>Philosophie</strong> (FISDP) stattfindet und von der UNESCO ideell<br />

gefördert wird.<br />

Informationen zur Internationalen <strong>Philosophie</strong>olympiade:<br />

http://www.learn-line.nrw.de/ angebote/essaywettbewerbephilo/ipo/olympiade.htm


31<br />

Der <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V.<br />

(Bundesverband und Landesverband NRW)<br />

lädt ein zum<br />

17. Bundeskongress<br />

<strong>Orientierung</strong> <strong>durch</strong> <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong><br />

- 50 Jahre <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> -<br />

Münster, 22.- 24. September 2006<br />

Akademie Franz Hitze Haus, Kardinal-von-Galen-Ring 50<br />

Eine Kooperationsveranstaltung mit dem<br />

Institut für Lehrerfortbildung, Mülheim/Ruhr<br />

Leitung: Dr. Bernd Rolf<br />

Dr. Gabriele Münnix (für das IfL)<br />

Klaus Draken (für den Landesverband NRW)<br />

Der Teilnehmerbeitrag beträgt 90 Euro für Lehrer/innen aus NRW / 110 Euro für Teilnehmer<br />

aus anderen Bundesländern und/oder Berufen (ohne Subventionierung). Dieser Betrag<br />

schließt Unterkunft und volle Verpflegung für die Zeit der Tagung ein. Die Unterbringung erfolgt<br />

der Reihenfolge der Anmeldungen entsprechend zuerst im Franz-Hitze-Haus; hier stehen<br />

60 Plätze zur Verfügung. Sind diese vergeben, werden die Teilnehmer im nahe gelegenen<br />

Knappschafts-Haus untergebracht. Tagesgäste, die nicht übernachten bzw. Gäste, die sich<br />

selbst eine Hotel-Unterkunft besorgen, müssen dennoch den vollen Teilnehmerbeitrag entrichten.<br />

Anmeldeverfahren: Bitte benutzen Sie für die Anmeldung den beigefügten Vordruck und melden<br />

Sie sich bis spätestens 25. Juli 2006 beim Institut für Lehrerfortbildung an. (Beachten Sie<br />

bitte, dass dieser Termin in den in einigen Ländern in den Schulferien liegt!) Das IfL sendet Ihnen<br />

umgehend einen Überweisungsträger mit Angabe der Kontonummer des Instituts zu. Bitte<br />

überweisen den Teilnehmerbetrag innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Überweisungsträgers.<br />

Erst danach wird Ihre Anmeldung rechtskräftig. Ist die Zahlung des Teilnehmerbeitrages<br />

nicht innerhalb von 14 Tagen erfolgt, verfällt die Anmeldung und der Platz wird an Nachrücker<br />

vergeben. Bei Abmeldung bis 8 Wochen vor Tagungsbeginn entstehen Ihnen und uns<br />

keine Ausfallkosten; bei Abmeldungen, die später als 4 Wochen vor Kursbeginn erfolgten verfällt<br />

die Tagungsgebühr. Teilnahmewünsche ohne vorherige Anmeldung können nicht berücksichtigt<br />

werden.<br />

Anerkennung als Fortbildungsveranstaltung: In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

NRW (RdErl.d.KM v.28.7.1987),Sachsen-Anhalt (VA-Nr.WT2/06-200-03 LISA), Schleswig-<br />

Holstein ist der Kongress grundsätzlich als Fortbildungsveranstaltung anerkannt, in Hessen,<br />

Niedersachsen ist die Anerkennung beantragt. Für Baden-Württemberg gilt, dass die Entscheidung<br />

über die Anerkennung die jeweilige Schulleitung trifft. Jedem Lehrern/jeder Lehrerin<br />

stehen 5 Tage Sonderurlaub zu Fortbildungszwecken zur Verfügung.<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


32<br />

<strong>Orientierung</strong> <strong>durch</strong> <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong><br />

- 50 Jahre <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> -<br />

In den 50 Jahren seines Bestehens hat der <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> dazu beigetragen,<br />

der <strong>Philosophie</strong> im Bildungswesen Geltung zu verschaffen, u.a. hat er maßgeblich<br />

an der Einführung und Entwicklung der Unterrichtsfächer <strong>Philosophie</strong> und<br />

Praktische <strong>Philosophie</strong> mitgewirkt. Im Jubiläumsjahr soll es darum gehen, die Bedeutung<br />

des <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s als ‚elementare Kulturtechnik’ aufzuweisen und beispielhaft<br />

zu zeigen, wie <strong>Philosophie</strong> in den verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen<br />

orientierend wirken kann: in ästhetischen, ethischen und politischen Fragen<br />

sowie in Fragen des Umgangs mit Natur und Technik. Dazu konnten namhafte Referenten<br />

gewonnen werden. In Arbeitskreisen sollen Materialien für den Unterricht<br />

der Sekundarstufe I und II angeboten werden.<br />

Freitag, 22. September 2006<br />

09:30 Uhr Anreise/Stehkaffee<br />

Programm<br />

10:00 Uhr Begrüßung <strong>durch</strong> den Bundesvorsitzenden des <strong>Fachverband</strong>s <strong>Philosophie</strong>,<br />

Dr. Bernd Rolf<br />

Grußwort der Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen, Frau Barbara Sommer<br />

10:30 Uhr Prof. Dr. Ekkehard Martens (Universität Hamburg):<br />

<strong>Orientierung</strong> <strong>durch</strong> <strong>Philosophie</strong>unterricht - <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> als elementare<br />

Kulturtechnik<br />

12:00 Uhr Mittagspause<br />

14:00 Uhr Philosophische Stadtführung / Saal des Westfälischen Friedens<br />

16:00 Uhr Kaffeepause<br />

16:30 Uhr Arbeitskreise (Block I)<br />

18:00 Uhr Abendessen<br />

20:00 Uhr<br />

Prof. Dr. Kurt Bayertz (Universität Münster)<br />

Warum überhaupt moralisch sein? – Ethische <strong>Orientierung</strong><br />

(Veranstaltungsort: PC7, Am Schloss)<br />

Samstag, 23. September 2006<br />

8:00 Uhr Frühstück<br />

9:15 Uhr Prof. Dr. Annemarie Pieper (Universität Basel):<br />

Schön ist, was gefällt – Ästhetische <strong>Orientierung</strong><br />

10:45 Uhr Pause<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


11:00 Uhr Arbeitskreise (Block II)<br />

12:30 Uhr Mittagspause<br />

33<br />

14:30 Uhr Prof. Dr. Carl Friedrich Gethmann (Universität Essen, Präsident der<br />

Deutschen Gesellschaft für <strong>Philosophie</strong>):<br />

16:00 Uhr Kaffeepause<br />

Risikobeurteilung – <strong>Orientierung</strong> in der technischen Kultur<br />

16:30 Uhr Mitgliederversammlung des <strong>Fachverband</strong>es <strong>Philosophie</strong><br />

18:00 Uhr Abendessen<br />

20:00 Uhr Andino: Philozauber – Illusionskunst und <strong>Philosophie</strong> in der Kneipe<br />

Sonntag, 24. September 2006<br />

8:00 Uhr Frühstück<br />

9:15 Uhr Prof. Dr. Ludwig Siep (Universität Münster):<br />

Konkrete Ethik – <strong>Orientierung</strong> im Umgang mit der Natur<br />

10:45 Uhr Pause<br />

11:00 Uhr Prof. Dr. Volker Gerhardt (Humboldt-Universität Berlin):<br />

Partizipation – Über das Verhältnis von <strong>Philosophie</strong> und Politik<br />

12:30 Uhr Schlusswort des Bundesvorsitzenden<br />

anschl. Mittagessen, Ende der Tagung<br />

Arbeitskreise:<br />

Block I (Freitag, 16:30 – 18:00Uhr) Block II (Samstag 11:00 – 12.30 Uhr)<br />

Dr. Susanne Nordhofen, Nidderau:<br />

Präsentationsformen der <strong>Philosophie</strong> nach<br />

Susanne Langer<br />

Jutta Kähler / Martina Ide-Schöning, Kiel:<br />

Die Haut – bedecken, entblößen, bearbeiten.<br />

Bilder, Diskurse, Identitätsproblematik<br />

Dr. Gabriele Münnix, Düsseldorf:<br />

Multiperspektivität und Praktisches Philoso-<br />

phieren<br />

Dr. Gisela Raupach-Strey, Halle:<br />

Sokratische Didaktik<br />

Dr. Bernd Rolf / Dr. Jörg Peters, Dinslaken:<br />

Mit Filmen philosophieren. Didaktik und<br />

Methodik<br />

MITTEILUNGEN 46/2006<br />

Dr. Christian Gefert, Hamburg:<br />

Theatrales <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong><br />

Dr. Christa Runtenberg, Münster:<br />

No body is perfect – Probleme des Enhancement<br />

und der Schönheitschirurgie<br />

Martina Dege, Hamburg:<br />

Biographische Arbeit – Erinnerungsarbeit:<br />

Zur Konstruktion von Individualität<br />

Klaus Draken, Wuppertal: Elemente Sokratischen<br />

<strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s im Unterricht<br />

Dr. Andreas Michel-Andino, Koblenz:<br />

Illusionskunst und <strong>Philosophie</strong>


34<br />

Mitgliederversammlung<br />

am Samstag, dem 23. September 2006, 16:30 Uhr<br />

Hiermit lade ich ein zu einer ordentlichen Mitgliederversammlung.<br />

Tagesordnung:<br />

1. Tätigkeitsbericht des Vorsitzenden<br />

2. Bericht des Kassierers<br />

3. Bericht der Kassenprüfer<br />

4. Genehmigung der Rechnung für die abgelaufenen Jahre und Entlastung des<br />

Vorstands<br />

5. Wahl des Vorsitzenden<br />

6. Wahl des Stellvertreters<br />

7. Wahl des Kassieres<br />

8. Wahl des Schriftführers<br />

9. Wahl von zwei Kassenprüfern<br />

10. Beschlussfassung über fristgerecht eingereichte Anträge<br />

11. Planung für die kommenden Jahre<br />

12. Verschiedenes<br />

Dr. Bernd Rolf (Vorsitzender)<br />

Lageplan: Franz Hitze Haus Münster (FHH)<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


35<br />

Anreise zum Franz Hitze Haus (vgl. auch nebenstehende Skizze):<br />

Mit dem PKW: Sie erreichen das Franz Hitze Haus über die Autobahn A 1 und<br />

A 43: Vom Kreuz Münster-Süd (A1/A 43) über die Weseler Straße stadteinwärts<br />

bis Koldering (links) bzw. von der Abfahrt Münster-Nord (A1) über die Steinfurter<br />

Straße bis Orleans-Ring (rechts).<br />

Parkgelegenheiten: von der Zufahrt Niels-Stensen-Straße und auf dem Parkplatz<br />

Kardinal-von-Galen-Ring 45 (gegenüber dem FHH), nach 18.00 Uhr und<br />

am Wochenende auch auf dem Parkplatz des Caritasverbandes (Einfahrt Vesaliusweg).<br />

Mit dem Zug: Fahren Sie vom Hauptbahnhof aus mit der Buslinie 14 (Richtung<br />

Zoo) bzw. mit der Buslinie 34 (Richtung Zentralklinikum) zur Haltestelle „Franz<br />

Hitze Haus" oder der Buslinie 11 bis zur Haltestelle „Jungeblodtplatz" (12 Minuten).<br />

Eine Taxifahrt vom Bahnhof zum Franz Hitze Haus kostet ca. 8,-€.<br />

Informationen über die Franz Hitze Akademie: www.franz-hitze-haus.de<br />

Anmeldeformular<br />

(Bitte kopieren und einsenden an:<br />

Institut für Lehrerfortbildung, Kuhlendahl 63, 45470 Mülheim/Ruhr)<br />

Hiermit melde ich mich an zur Teilnahme am Kongress „<strong>Orientierung</strong> <strong>durch</strong> <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>“<br />

(Tg.-Nr. A 11) am 22. - 24. September 2006 in der Franz Hitze Akademie<br />

Münster.<br />

Name: ___________________________ Vorname: ____________________________<br />

Straße, Nr: ______________________________________________________________<br />

PLZ, Ort: ______________________________________________________________<br />

Name und Anschrift der Schule (bitte unbedingt angeben, falls vorhanden):<br />

________________________________________________________________________<br />

________________________________________________________________________<br />

Übernachtung im Franz-Hitze-Haus<br />

(bzw. im Knappschaft-Haus): � ja � nein<br />

Spätester Anmeldetermin: 25. Juli 2006.<br />

Den Tagungsbeitrag von 110 € (90 € für Lehrer/innen aus NRW) überweise ich innerhalb<br />

von 14 Tagen nach Erhalt des Überweisungsträgers an das Institut für Lehrerfortbildung,<br />

Mülheim. Eine schriftliche Bestätigung der Anmeldung erfolgt normalerweise<br />

nicht; evtl. notwendige Absagen wegen Überschreitens der Teilnehmerbegrenzung<br />

werden umgehend erteilt.<br />

Datum: Unterschrift:<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


36<br />

Mandy Telle (Gymnasium Stadtfeld, Wernigerode)<br />

Verbrannte Erde, angesengtes Selbst<br />

und Wahrhaftigkeit<br />

Ich möchte mich in meinem Essay mit dem Zitat des Montaigne auseinandersetzen: „Man darf die<br />

Maske und den Schein nicht mit dem wirklichen Wesen verwechseln. [...] Es reicht, sich das Gesicht<br />

zu pudern; müssen wir uns auch noch die Seele pudern?"<br />

Mir ist schlecht. Schlecht von all den Maskenmenschen um mich herum, mit ihren grinsenden Gesichtern<br />

und ihrer geheuchelten Bewunderung für die neuen Flipflops ihres Gegenübers.<br />

Gemeinschaftsfrühstück der Klasse 11b. Abschlussfrühstück vor den Sommerferien. Alle hocken<br />

auf einem Haufen, wie Aasgeier auf ihrer Beute. Sie geben mit vollen Mündern krümelspuckend Belanglosigkeiten<br />

von sich. Gerade eben lacht das Mädel mit dem fett aufgetragenen Neonpink-<br />

Lidschatten und den wasserstoffblondgefärbten Engelslocken über die Physiklehrerin. Letztere hat<br />

mühsam das Frühstück vorbereitet, so auch das Marmeladenbrot, auf dem der Blondschopf euphorisch<br />

mit offenem Mund kaut. Das Mädchen wirft den Kopf in den Nacken, ihr Push-Up-BH drückt<br />

dabei im vibrierenden Rhythmus ihres Hyänengegeifers ihre Brüste nach oben.<br />

Ich seufze, doch dieses Geräusch geht im Lärm der Menge unter. Außerdem sitze ich mit einem<br />

Schreibblock in der Hand zu weit abseits dieser Leute, als dass sie mich hören könnten. Abgekapselt,<br />

sozusagen. - Wie stolz ich doch manchmal darüber bin, anders zu sein. Nicht an dieser allgemeinen<br />

Hysterie teilnehmen zu müssen. Stolz, wahrhaftig zu sein; im Sportunterricht über jene Diven<br />

lachend, die sich bei Ballspielen einen Fingernagel abbrechen. Eine Freundin riet mir einmal, in<br />

dieser Situation das zu sagen: „Kauf dir doch einen neuen." Denn natürlich sind die Nägel künstlich.<br />

Wie so vieles hier. Wie so viele.<br />

Es ist wie mit geschlossenen Türen: stehe ich davor, so wage ich es nicht, hineinzugehen. Aus<br />

Angst vor dem, was mich erwartet. Aus Furcht, enttäuscht zu werden. So lausche ich auf die Geräusche<br />

hinter der Schranke zwischen mir und den anderen Individuen. So gedämpft klingen die<br />

Töne ihres Gesprächs zu mir, dass ich mir gerade sicher sein kann, sie mir nicht eingebildet zu haben.<br />

Doch wie peinlich wäre es, wenn die Tür plötzlich aufginge und man mich lauschend davor<br />

fände? Also trete ich einige Schritt weit zurück. Ins Verborgene. Ich muss nun angestrengter horchen.<br />

Dabei bilde ich mir im Stillen eine Meinung über die noch gesichtslosen Leute hinter der Tür.<br />

Wer sind sie? Was denken sie wohl über mich?<br />

Ist es dann so weit und die Tür öffnet sich, fragende Blicke nähern sich mir, misstrauische, neutrale,<br />

neugierige, verschleiere ich dann nicht mein Gesicht? Wer will schon sagen, er hätte jemanden willentlich<br />

belauscht? Schlage ich bei der Frage, was ich hier täte, nicht die Augen nieder? Um zu<br />

murmeln „Ich suche das Klo."? Und deutet dann nicht mein Verhörmeister in erfragte Richtung, mit<br />

einem schiefen Lächeln, das die Augen nicht erreicht? In solchen Momenten bin ich nicht besser,<br />

als diese Leute: Sie hüten ihre Geheimnisse hinter verschlossenen Türen, selbst wenn sie wissen,<br />

dass sie noch andere Mitbewohner haben. Und ich? Ich brauche nicht einmal eine Tür, um mich<br />

nicht entdecken zu lassen. Ich habe die Maske vor meinem Gesicht.<br />

So vergeht der Stolz auf meine Andersartigkeit. Ich sehe mich gezwungen zu erkennen, dass ich<br />

nichts weiter als ein Zombie der Gesellschaft bin. Wie wir alle. Dabei gibt es keine Täter oder Opfer,<br />

nur viele Individuen. Diese können noch so einsiedlerisch sein, Möchtegern-Eremiten, unter denen<br />

es kein Wir gibt. Aber wenn da eine fremde Gruppe kommt und sie als IHR beschimpft, raufen sie<br />

sich da nicht zusammen, all die Solisten? Um zu sagen „WIR sind nicht so"?<br />

Soeben las ich die letzte Seite des Oscar Wilde - Romans „The Picture of Dorian Gray" und mein<br />

Hirn ist am Kochen; alles Blut pulsiert dort, weshalb meine Hände unberührt von der lebenserhaltenden<br />

Flüssigkeit bleiben. Sätze, Bilder, Geschichten, Stimmungen und Musik im Kopf (Chopin) -<br />

alles zusammen. Mit Abstand eines der besten Bücher, welches ich bisher las. Oscar Wilde hat ei-<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


37<br />

Grußwort an den <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V.<br />

Im Namen der Mitglieder des Forums für Didaktik der <strong>Philosophie</strong><br />

und Ethik gratuliere ich dem <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> herzlich zu<br />

seinem Jubiläum. Das Verdienst dieser Vereinigung besteht maßgeblich<br />

darin, <strong>durch</strong> ihre Veranstaltungen und Veröffentlichungen<br />

zur philosophischen Bildung beizutragen. Indem sowohl fachliches<br />

als auch didaktisches Wissen und Können vermittelt wird, stellt der<br />

Verband eine wichtige Vermittlungsinstanz zwischen Hochschule<br />

und Schule dar. Was wäre die akademische <strong>Philosophie</strong> ohne die<br />

Unterrichtspraxis an den Schule?<br />

Prof. Dr. Johannes Rohbeck, Leiter des „Forums für Didaktik der <strong>Philosophie</strong> und Ethik“<br />

der Deutschen Gesellschaft für <strong>Philosophie</strong> in Deutschland<br />

nen Sezierblick, der es mir unmöglich machte, mehr als dreißig Seiten auf einmal zu lesen. Ich fühlte<br />

mich <strong>durch</strong>leuchtet ... in meinen tiefsten Abgründen und hässlichsten Seelenfluren ertappt. Während<br />

ich die Geschichte las, bemerkte ich immer wieder, wie meine Ansichten sich mit denen der<br />

Charaktere vermischten, sodass ich keine klare Grenzlinie mehr erkannte. Da fragte ich mich, ob es<br />

so etwas wie die ureigene Meinung überhaupt gäbe. Wahrscheinlicher ist doch, dass man sich aus<br />

allen gehörten Weltanschauungen kleine Stücken übernimmt, welche man als für sich passend erachtet.<br />

Somit führt der Mensch ein Papageien-Dasein: Neue, nie zuvor da gewesene Ideen existieren<br />

nicht, sie sind ein Puzzle schon vorhandener Positionen.<br />

Eine der Romanfiguren behauptet: „If a man treats life artistically, his brain is his heart." (Wenn ein<br />

Mann das Leben künstlerisch behandelt, so ist sein Kopf sein Herz.) Ich fand heraus, dass dies<br />

auch für Frauen Gültigkeit besitzt, zumindest für mich. Ich fühle mit dem Kopf. Mein Kopf ist mein<br />

Herz. Die wirklich großen Dinge des Lebens geschehen in den Köpfen der Menschen. Das, was wir<br />

in dieser Welt als Meisterwerk ansehen, ist nur ein Bruchstück der Schönheit, die sein könnte, wenn<br />

alle Pläne umgesetzt werden können. Die berühmte Spitze des Eisbergs. Und viel zu oft verwechselt<br />

man „die Maske und den Schein [...] mit dem wirklichen Wesen", indem wir hinter den fettigen<br />

Haaren und den dicken Brillengläsern das Genie einer Person verkennen. „Sein Geist hat schlechte<br />

Manieren, er ist hastig und stottert immer vor Ungeduld: so ahnt man kaum, in welcher langatmigen<br />

und breitbrüstigen Seele er zu Hause ist.", besagt ein Aphorismus von Friedrich Nietzsche. - Wie<br />

glorios wäre die Welt, wenn all die Ideen sichtbare Umrisse nach außen tragen würden! - Oder wäre<br />

sie grausam? Ein Schlachtfeld der Individualisten? Denn es braucht Leute, die sich von einer Idee<br />

mitreißen lassen, aus Begeisterung folgen, wo andere leiten. Gäbe es solche Mitläufer nicht, käme<br />

es zum gesellschaftlichen Stillstand, wenn sich keine Ideen mehr <strong>durch</strong>setzen könnten. Bestünde<br />

die Welt nur aus Individualisten, so lebten sie in einem „Krieg aller gegen alle", wie sich schon Hobbes<br />

ausdrückte.<br />

Wir leben heute, im 21.Jahrhundert, in einer Zeit der Extreme: es scheint für viele nur noch Schwarz<br />

und Weiß zu geben; nur noch stark und schwach. Wenige noch gibt es, die ein Grau, also eine<br />

Abstufung dazwischen, tolerieren. Oft wird erwartet, dass man sich passend machen soll,<br />

funktionieren soll in der Gesellschaft. Besonders anfällig für solche Forderungen sind Menschen mit<br />

schwachem Willen. Sie pudern nicht nur ihr Gesicht, sondern auch ihre Seele, indem sie sich selbst<br />

belügen. Jugendliche, die zu rauchen beginnen (obwohl sie Rauchen verabscheuen), um nicht aus<br />

einer Gruppe ausgeschlossen zu werden, sind hier ein treffendes Beispiel.<br />

Ein weiteres Beispiel ist der Bau einer Missionskirche in Halberstadt zu Beginn des neunten Jahrhunderts.<br />

Initiator des Baus war der neue König, Karl der Große, welcher die „heidnischen Sachsen",<br />

also Germanen, zwangsbekehren wollte. Blieb der Germane seinen nordischen Göttern treu,<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


38<br />

so starb er auch als nordischer Märtyrer. Doch darf man wirklich sagen, er hätte sich seine „Seele<br />

gepudert", wenn er zwar zur Kirche geht, also den christlichen Glauben nach außen hin annimmt,<br />

aber im Kopf noch den alten Herren Asgards huldigt? Ist er sich untreu geworden, weil er mehr an<br />

seinem Leben und dem Ruf seiner Familie als an Würde und persönlichem Stolz hängt? Macht ihn<br />

diese Entscheidung zu einem schlechteren Menschen?<br />

Besser noch lässt sich das an der Zeit des Nationalsozialismus erklären. Heute sind wir uns sicher,<br />

dass es absolut nötig gewesen wäre, mehr Widerstandskämpfer gehabt zu haben. Wir wissen, dass<br />

es enorm mutig war, aktiv und landesintern der Opposition angehört zu haben, wie die Geschwister<br />

Scholl. Wir tun uns schwer damit, die Mitläufer zu bewerten. Und wir verurteilen alle, die aktiv und<br />

entzückt das Terrornetz der Nazis unterstützten. Wir wissen außerdem, dass es falsch war, sich von<br />

einer Ideologie blenden zu lassen, die sich auf gezielten Genozid und sogar Nostradamus berief.<br />

Heute sehen wir die Widersprüchlichkeit Hitlers, der klein an Körpergröße, jedoch groß an Stimmgewalt<br />

war; der den Erhalt der Reinheit des deutschen Volkes predigte und selbst Österreicher war.<br />

Hitler war weder blond, noch hatte er blaue Augen.<br />

Würde ich an dieser Stelle Ihnen, meinen Lesern, gegenübersitzen, so würde ich Sie auffordern, die<br />

Augen zu schließen. Ich würde Ihnen von einem meiner Träume berichten, der mir widerfuhr, nachdem<br />

ich das Jüdische Museum in Halberstadt besucht und am Abend den Roman Polanski-Film<br />

„Der Pianist" gesehen hatte. Eine Frau in grauem Kostüm steht am geöffneten Fenster. Ich bin körperlos,<br />

betrachte sie von hinten. Ihr langes, brünettes Haar trägt sie offen, was nicht recht zur altmodisch<br />

eingerichteten Wohnung passen mag. Die leicht gebeugte Haltung, der schräg angelegte<br />

Kopf, die hängenden Schultern erinnern mich an jemanden. Amüsiert stelle ich fest, dass ich selbst<br />

diese Frau bin. Nun spähe ich über ihre rechte Schulter, um zu sehen, was sie beobachtet. Dort unten<br />

ist eine lange Straße und eine große graue Kolonne zieht auf ihr vorüber. Ich sehe Hüte; Koffer;<br />

resigniert dreinschauende Frauen mit plärrenden Kindern auf den Armen. Tristesse und kaltes<br />

Grauen überkommen mich. Nackte Angst, als mir von dort unten aus der leichenzugähnlichen Menschenmasse<br />

höhnisch die gelben Sterne ins Gesicht grinsen.<br />

Dieser Traum eröffnete mir völlig neue Sichtweisen. Seither frage ich mich, was ich wohl damals getan<br />

hätte. Wäre ich von der Euphorie der Masse angesteckt, infiziert, und anfällig für die giftige Propaganda<br />

gewesen? Mitläufer mit schlechtem Gewissen? Hätte ich Juden Schutz gewährt? Mein eigenes<br />

Leben riskiert im aktiven Widerstand? Ein Freund erzählte mir, wäre er damals geboren worden<br />

mit seinem heutigen Denken, er hätte so schnell es noch irgend zu Beginn möglich gewesen<br />

wäre, die Flucht aus Deutschland angetreten. Im Ausland hätte er dann Leute auf die politischen<br />

Missstände aufmerksam gemacht, eine Opposition gegründet und auf diese Weise (aus sicherer<br />

Ferne) Widerstand geleistet.<br />

Was ich sagen möchte, ist, dass Außenstehende die Fehler der Menschen stets begreifen und zu<br />

berichtigen, zu kritisieren suchen. Aber ist man selbst in solch einer Extremsituation, verschwimmen<br />

die Konturen von Wahr und Falsch nur allzu schnell. Ich will diesen Teil meiner Argumentation mit<br />

einem Aphorismus von Nietzsche bekräftigen: „Bedenklich. - Einen Glauben annehmen, bloß weil<br />

er Sitte ist, - das heißt doch: unredlich sein, feige sein, faul sein! - Und so wären Unredlichkeit, Feigheit<br />

und Faulheit die Voraussetzungen der Sittlichkeit?"<br />

Auch ist es mit Schwierigkeiten verbunden, als Deutscher nach außen hin Nationalstolz zu zeigen.<br />

Dann ist man gleich Nazi. Aber ich bekunde offen, auch auf Reisen im Ausland (doch zugegebenermaßen<br />

nur dann, wenn ich danach gefragt werde): ich mag Deutschland. Ich stehe zu meinem<br />

Herkunftsland, zu seiner Geschichte. Warum auch nicht? Es ist, bei weitem kein vollkommener<br />

Staat, nichts, das besser wäre als andere Staaten. Aber hier liegen meine Wurzeln, im sogenannten<br />

Land der Dichter und Denker. Es gab ein Deutschland vor den Weltkriegen und auch eines danach.<br />

Doch ebenso gehört die Mitte dazwischen zu unserer Geschichte, lässt sich nicht verschweigen -<br />

soll sie auch nicht! (Die Trümmerliteratur hat da mit Böll und dem jungen Wolfgang Borchert respektable<br />

Aufarbeitung geleistet.) So ist Weimar ein gutes Beispiel des Zusammenwirkens von<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


1<br />

39<br />

2 3 4<br />

1 - 4: Logo-Entwürfe von Michael Wittschier<br />

Schmerz, Trauer, Freude, Fortschrittsgeist und Ausschreitung. Da bei gehören Goethe, Schiller und<br />

das Nietzsche-Archiv für mich genauso zum Stadtbild wie das triste Buchenwald. Das verschweige<br />

ich nicht. Ich bin nicht Schuld am Leid oder an Geniestreichs deutscher Geister, aber ich kann aus<br />

deren Fehlern lernen (und versuchen, es besser zu machen. „Weil, immer wenn von der Vergangenheit<br />

gesprochen wird, auch von der Zukunft die Rede ist.", wie Erich Kästner so trefflich in seiner<br />

Rede anlässlich der Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 betonte) und deren Stärken wenigstens<br />

zum Teil bei mir selbst suchen. Das scheint mir ein guter Schritt zu einem Selbst zu sein, das ehrlich<br />

mit sich umgehen kann. Und wer weiß? Vielleicht liest später jemand von mir, der auch aus meinen<br />

Ansichten Gutes ziehen kann und Fehler berichtigt, um eine neue, bessere Welt zu schaffen. Es ist<br />

ein Kreislauf ich frage mich, ob er irgendwann zum Stillstand kommt, wenn alles Übel filtriert wurde.<br />

Aber das ist utopisch. Heile Welten gibt es nicht, das wäre zu einfach, zu langweilig. Wo blieben da<br />

die Herausforderungen?<br />

Es gibt niemals vollkommene Wahrheit, nie ein Gefühl ohne Masken. Von Mensch zu Mensch, von<br />

Gespräch zu Gespräch ist man anders, jedoch gehören all diese Facetten des Andersseins unmittelbar<br />

zur eigenen Person. Das Maskentragen bietet Schutz, Abkapselung, Tarnung, Dabeisein, ein<br />

Leben im Schatten ohne individuelle Entfaltung, ein Dämmern hinter dem Schleier, ein Leben, das<br />

kein Leben ist. Illusion.<br />

Gerne schreibe ich auf die Stirnseite meiner Maske - so, das es für alle sichtbar ist - Träumer, Romantiker.<br />

Wahrhaftigkeitsjunkie. Das ist es, was mich auszeichnet. Ich strebe nach Wahrhaftigkeit,<br />

Intensität der Gefühle. Maßgeblich beeinflusst wurde ich <strong>durch</strong> das „Carpe Diem"; nutze den Tag,<br />

des Peter Weir-Films „Der Club der Toten Dichter". Das Netz spann sich weiter, immer mehr Verstrickungen,<br />

Abzweigungen und Zusammenhänge bildeten sich aus. So eignete ich mir einen mehr<br />

oder minder vielschichtigen Charakter an, der einige bestimmte Züge der geistigen Vorbilder trägt.<br />

Ich stimme dem wandelnden Skandal Lord Byron, einem meiner liebsten englischen Dichter der<br />

Romantik, zu, wenn er sagt: „Das große Ziel meines Lebens ist das Empfinden - zu spüren, dass<br />

wir existieren - wenn auch unter Schmerzen - es ist diese sehnsuchtsvolle Leere, die uns antreibt<br />

zum Spielen - zu Schlachten - zu Reisen - zu zügellosen, aber heftig empfundenen Unternehmungen<br />

jeder Art, deren hauptsächlicher Reiz in der Erregung liegt, die mit der Durchführung unmittelbar<br />

verbunden ist."<br />

Der Begriff der „sehnsuchtsvollen Leere" ist mir ein nur allzu treuer Begleiter: wenn das Herz sich<br />

fühlt, als wolle es bersten und ich eine tiefe Sehnsucht nach etwas empfinde, das ich nicht kenne,<br />

so weiß ich doch zumindest, dass ich fühle, ja, lebe. Eine Freundin fragte mich einmal, ob ich denn<br />

wüsste, dass das Wort „Weltenschmerz" hier in Deutschland geprägt wurde. Jetzt schon, jetzt weiß<br />

ich es. Und mein Gefühl hat endlich einen Namen.<br />

In meinen Leidenschaften suche ich Selbstverwirklichung, Distanzierung vom Maskendasein. Meine<br />

Werke sind ich. Ohne Schnörkel. Das Schreiben zum Beispiel ist für mich Seelenfutter, Zeitvertreib,<br />

Eitelkeit, Sehnsucht nach Schaffen, Verkörperung dessen, was mein Kopf auskotzt.<br />

Wer niemals aufhört zu fragen, wer nicht der Masse den Heroismus überlässt, sondern selbst<br />

kämpft für seine Ideale, der braucht wahrlich kein Seelenpuder.<br />

Im Selbstverderben liegt das Sterben!<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


40<br />

Leo Hinrichs (Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium, Hamburg)<br />

„Krieg kann man nicht humanisieren.<br />

Er kann nur abgeschafft werden.“ (Albert Einstein)<br />

Das Für und Wider dieser Position<br />

„Für Staaten, im Verhältnisse untereinander, kann es nach der Vernunft keine andere Art geben,<br />

aus dem gesetzlosen Zustande, der lauter Krieg enthält, herauszukommen, als dass sie, ebenso<br />

wie einzelne Menschen, ihre wilde (gesetzlose) Freiheit aufgeben, sich zu öffentlichen Zwangsgesetzen<br />

bequemen und so einen (freilich immer wachsenden) Völkerstaat (civitas gentium), der<br />

zuletzt alle Völker der Erde umfassen würde, bilden“ 1 Dies schrieb Immanuel Kant schon vor über<br />

200 Jahren darüber, wie Staaten friedlich nebeneinander existieren könnten. Ist dieser Völkerstaat,<br />

der Kriege verhindert, bis heute zustande gekommen? Nein! Es gibt zwar ein internationales<br />

Staatenbündnis, die UNO, in dem bis jetzt 191, also fast alle Staaten der Erde Mitglied<br />

sind; dennoch sind wir von einem friedlichen Nebeneinander der Staaten noch weit entfernt.<br />

Trotz der UNO gibt es immer noch Kriege, oft gibt es Alleingänge einzelner Staaten, z.B. der<br />

USA im Bezug auf den Irak. Weitere bewaffnete Auseinandersetzungen gibt es z.B. in Afghanistan,<br />

Tschetschenien und Darfur, im Sudan.<br />

Ist es also nur eine Illusion, Kriege abschaffen zu wollen? Nun, wenn dem so wäre, wären die<br />

Versuche dazu nach 200 Jahren sicher längst aufgegeben worden. Die Tatsache, dass weiterhin<br />

Menschen dieses Ziel verfolgen, bedeutet ja, dass sie von der Möglichkeit Kriege abzuschaffen<br />

nach wie vor überzeugt sind. Wir können uns dabei auf Rousseau berufen, der den Urzustand<br />

als einen paradiesischen Zustand ohne Krieg beschreibt. Vielleicht hat Einstein bei der Möglichkeit,<br />

den Krieg abzuschaffen, ja an diesen Urzustand gedacht. Demnach müsste sich jeder<br />

Mensch nach einem Ende der Kriege sehnen, da dies ja sein Urzustand war, und jeglicher Krieg<br />

müsste ein Widerspruch zur menschlichen Natur sein.<br />

Andererseits hat es jedoch schon immer Kriege gegeben. Manche Paläontologen meinen sogar,<br />

dass der erste Krieg schon vor etwa 40.000 Jahren stattgefunden hat, ein Krieg, in dem Cro-<br />

Magnon-Menschen gegen Neandertaler kämpften und der mit dem Aussterben des Neandertalers<br />

endete. Ich denke, auch danach, in der Jungsteinzeit, wird es noch weiter Kämpfe zwischen<br />

verschiedenen Menschengruppen und Siedlungen gegeben haben, und spätestens mit Beginn<br />

der frühen Hochkulturen sind immer wieder Kriege belegt. Es hat meist dann Kriege gegeben,<br />

wenn verschiedene Völker oder Volksgruppen aufeinander trafen und beide Anspruch auf ein<br />

bestimmtes Gebiet oder die Herrschaft über ein solches beanspruchten. Sollte man also eher<br />

Hobbes Glauben schenken, der sagt: „Homo homini lupus est“, „Der Mensch ist dem Menschen<br />

ein Wolf“? Liegt es also in der Natur des Menschen, auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein<br />

und, wenn notwendig, auch mit Gewalt seine Interessen <strong>durch</strong>zusetzen? Ich denke, dass der<br />

Mensch <strong>durch</strong>aus zunächst auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist, dass aber dennoch ein Ende<br />

der Kriege im Interesse jedes Einzelnen ist.<br />

Wenn niemand den Krieg will, müssen wir uns natürlich fragen, warum es dann überhaupt noch<br />

Kriege gibt. Ich bin der Meinung, dass niemand, in welcher Situation auch immer, eine bewaffnete<br />

Auseinandersetzung für den besten Weg hält. Doch gibt es oft Situationen, in denen Krieg und<br />

Terror Mittel zu einem Zweck sind, der es aus Sicht bestimmter Personen wert ist, die vielen Opfer<br />

eines Krieges in Kauf zu nehmen. Manchmal sind es Herrscher, welche ihren Einfluss ausdehnen<br />

und ihren Reichtum mehren wollen, die sich für den Krieg entscheiden. Manchmal sind<br />

es unterdrückte Volksgruppen, die der ihnen entgegengebrachten Gewalt wiederum mit Gewalt<br />

begegnen.<br />

Manchmal sind es auch sehr arme Bevölkerungsgruppen, die in ihrer Verzweiflung keinen anderen<br />

Ausweg wissen. Wir müssten also, wenn wir den Krieg abschaffen wollten, zunächst Ar-<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


41<br />

5 6 7 8<br />

Logo-Entwürfe von Adnan Al-Sakka (5), Patrick Halbach (6), Klemens Borkowski (7), Chr. Stammen (8)<br />

mut, Ungleichheit und Unterdrückung abschaffen. Ich halte dies kaum für möglich, wenn ich mir<br />

die derzeitige Weltsituation anschaue, die große Armut, die in vielen Ländern herrscht, die große<br />

Kluft zwischen Arm und Reich.<br />

Wenn man den Krieg nun schon nicht abschaffen kann, kann man ihn dann wenigstens<br />

humanisieren? Natürlich sind Kriege nie human; selbst wenn wir uns einen Krieg ohne Opfer<br />

vorstellen, wären da noch die Zerstörung der Häuser und Infrastruktur, die großes Leid bei der<br />

Bevölkerung zur Folge hätte. Doch kann man dieses Leid nicht vermindern, die Opferzahl<br />

möglichst gering halten und ein langsames, qualvolles Sterben verhindern? Es gibt bereits<br />

zahlreiche Versuche, um vor allem die Opferzahl möglichst gering zu halten. Gerade kürzlich, im<br />

August dieses Jahres, gedachten Menschen weltweit wieder der 200.000 Menschen, die bei den<br />

Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ums Leben kamen. Mittlerweile gibt es den<br />

Atomwaffensperrvertrag: ein völkerrechtlicher Vertrag, der Atommächten die Verbreitung<br />

notwendiger Materialien und Rohstoffe zur Herstellung von Atomwaffen verbietet und Ländern<br />

ohne Atomwaffen deren Herstellung allgemein verbietet. Somit ist der Einsatz von Atomwaffen<br />

deutlich eingedämmt. Allerdings ist dazu zu sagen, dass einige Länder wie Indien, Pakistan,<br />

Israel und Kuba den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben und Atomwaffen<br />

besitzen oder welche herstellen könnten. Der Einsatz biologischer und chemischer Waffen ist<br />

jedoch generell verboten. Ferner sollen moderne Präzisionswaffen <strong>durch</strong> gezielte Angriffe auf<br />

militärische Ziele hohe zivile Verluste vermeiden, doch das gelingt offenbar nicht immer, wie im<br />

letzten Irakkrieg wieder zu sehen war. Dennoch wird <strong>durch</strong> diese Maßnahmen die Opferzahl<br />

möglichst gering gehalten, auch wenn es sicher noch immer Herrscher geben wird, die sich im<br />

Ernstfall nicht um die Schonung der Bevölkerung kümmern.<br />

Einen entscheidenden Schritt zur Verringerung der Opferzahl und des Leidens der Sterbenden<br />

im Krieg machte Henri Dunant, der Gründer des Internationalen Roten Kreuzes, als er 1859 zufällig<br />

nach dem Kampf auf dem Schlachtfeld von Solferino eintraf, einem Ort in Norditalien, wo<br />

gerade eine blutige Schlacht zwischen Franzosen und Österreichern stattgefunden hatte. Die<br />

38.000 sterbenden und schwer verwundeten, oft entsetzlich verstümmelten Menschen überzeugten<br />

ihn davon zu helfen. Er organisierte spontan mit der Zivilbevölkerung Hilfe, richtete Behelfskrankenhäuser<br />

ein und ließ auf eigene Kosten Hilfsgüter herbeischaffen. Er half Österreichern<br />

ebenso wie Franzosen in einer Zeit, in der das Überleben der verwundeten Verlierer meist von<br />

der Gnade des Siegers abhängig war. Es ist fraglich, ob Dunant <strong>durch</strong> seine Hilfsaktion viele Leben<br />

gerettet hat. Die ihm zur Verfügung stehenden Mittel waren sehr begrenzt und die hygienischen<br />

Verhältnisse in den Behelfskrankenhäusern der Zeit entsprechend auch noch nicht besonders<br />

gut. Schon nach wenigen Tagen gab er auf und kehrte in die Schweiz zurück, doch was<br />

er gesehen hatte, ließ ihn nicht mehr los. Er schrieb seine dortigen Erfahrungen in dem Buch „Eine<br />

Erinnerung an Solferino“ nieder, der wohl schonungslosesten Darstellung der Szenen nach<br />

einer damaligen Schlacht. Außerdem gründete er eine Organisation mit dem Ziel den Opfern des<br />

Krieges, ob Zivilisten oder Soldaten und unabhängig davon, welcher Seite sie angehörten, zu<br />

helfen. Daraus entstand später die Organisation des Internationalen Roten Kreuzes, die weltweit<br />

bemüht ist, <strong>durch</strong> Krieg entstandenes Leiden zu lindern. Dunant wurde jedoch aufgrund seiner<br />

Erfahrungen nicht, wie vielleicht anzunehmen, zum Pazifisten, sondern nahm den Krieg als unausweichlich<br />

hin. Gerade weil sich der Krieg seiner Meinung nach nicht vermeiden lässt, bestand<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


42<br />

Dunant darauf, „dass man im Sinne wahrer Menschlichkeit und Zivilisation einen Weg sucht, um<br />

wenigstens seine Schrecken etwas zu mildern.“ 2 Er war also, im Gegensatz zu Einstein, <strong>durch</strong>aus<br />

der Meinung, dass dies möglich sei. Dies hat die Arbeit des Internationalen Roten Kreuzes<br />

bis heute ja auch bewiesen.<br />

Dennoch ist auch die Frage berechtigt, ob es bei den erbitterten Kämpfen heutzutage, in denen<br />

verschiedene ethnische Gruppen danach streben, eine andere auszulöschen, noch sinnvoll sein<br />

kann, auf der Gleichberechtigung der Opfer zu bestehen. Der britische Militärhistoriker John<br />

Keegan sagt außerdem: „Dort, wo in einer Schlacht getötet wird, gibt es keine Richter, keine Polizisten.“<br />

3 Das heißt, dass in der Schlacht ohnehin niemand kontrollieren kann, ob der Krieg mit<br />

verhältnismäßig humanen Mitteln geführt wird. Ich stimme jedoch Michael Ignatieff zu, der sagt,<br />

dass es immer noch besser ist, Regeln zu haben, gegen die verstoßen wird, als gar keine zu haben.<br />

Auch stimme ich seiner folgenden Aussage zu: „Der Krieg überdauert alle Formen der Empörung<br />

gegen seine Barbarei, und es ist deshalb sinnlos, von einer Welt ohne Kriege zu träumen<br />

oder sich eine Welt vorzustellen, in der die Kunst des Kriegers nicht mehr gebraucht wird.“ 4<br />

Daraus folgt, dass ich weder mit Albert Einstein einer Meinung bin, wenn er sagt, dass man den<br />

Krieg nicht humanisieren kann, noch wenn er sagt, dass man ihn abschaffen kann. Ich glaube<br />

kaum, dass Einsteins Haltung zu einer friedlicheren Welt geführt hat, während Menschen wie<br />

Dunant <strong>durch</strong>aus zu einer humaneren Welt beigetragen haben.<br />

1 Immanuel Kant, Zum ewigen Frieden, 1795, zit. nach DER SPIEGEL, 29.12.03, S.118.<br />

2 zit. nach Michael Ignatieff, Die Ehre des Kriegers, in: Hans Magnus Enzensberger (Hg.), Krieger ohne Waffen. Das Internationale<br />

Komitee vom Roten Kreuz, Frankfurt am Main 2001, S.15<br />

3 zit. nach Ignatieff, s.o., S.19<br />

4 Michael Ignatieff, Die Ehre des Kriegers, s.o., S. 341<br />

Alina Redich (Johannes-Kepler-Gymnasium, Garbsen)<br />

Das Spiel des Lebens<br />

Das Leben ist ein Spiel. So ist die Einstellung vieler Menschen, doch was steckt dahinter? Mit Spielen<br />

verbindet man vielerlei Dinge, zum Beispiel Regeln, Freude und Wut. Regeln sind dazu da, damit<br />

das Spiel fair und nach einer gewissen Struktur verläuft, doch diese Regeln sind meist aber auch<br />

der Auslöser für unsere Wut und unsere Freude am Spielen. Deswegen ist es schwer zu sagen, ob<br />

das Spielen gut für den Menschen ist. Einerseits ist es negativ, weil jemand, der versagt, kurzzeitig<br />

die Beherrschung verlieren kann und somit unüberlegt reagiert. Andererseits ist es auch positiv,<br />

denn genau dieser Typ Mensch muss spielerisch lernen mit Niederlagen umzugehen. Ein Spiel<br />

kann entweder mit Freude, aber auch mit Trauer enden, genauso wie das Leben eines Menschen.<br />

Solange er auf der Welt und am Leben ist, schenkt er seinen Mitmenschen Freude. Doch sobald er<br />

mit seinem Tod schlagartig die Welt verlässt und seine Mitmenschen allein zurücklässt, löst dieser<br />

Schicksalsschlag viel Trauer und Wut aus, da ein Dahinscheiden eines Menschen nicht leicht zu<br />

verarbeiten ist. Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Es ist nicht immer so, dass ein jeder über das<br />

Dasein seines Mitmenschen glücklich ist, denn es gibt viele Menschen, die viel Böses und Schlechtes<br />

tun. Aus diesem Grund empfinden einige nicht unbedingt Freude, aber auch keine Trauer, wenn<br />

solche Menschen sterben.<br />

Das Leben ist ein Spiel mit vielen Mitspielern, man muss es allein bewältigen, aber während des<br />

Spiels ist man nicht allein. Denn in seinem Leben wird man stets von jemanden begleitet, vielleicht<br />

nicht die gesamte Zeit von der gleichen Person, aber jemand ist immer an der Seite.<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


43<br />

9 10 11<br />

Logo-Entwürfe von Christian Stammen (9), Dorothee Thimm (10 -11), Paul Wans (12)<br />

Beim Spielen gibt es Gewinner und Verlierer, nicht anders ist das im Leben. Es gibt Menschen, die<br />

alle ihre Ziele und Wünsche erfolgreich meistern. Diese werden oft als Gewinner des Lebens angesehen.<br />

Alles, was sie sich vornehmen, gelingt ihnen, doch wie sieht es bei denjenigen aus, bei denen<br />

das nicht so ist? Sind sie automatisch Verlierer, nur weil nicht alles so läuft, wie sie sich das vorgestellt<br />

haben?<br />

Zum Spielen gehören viele Bedingungen, die man einhalten muss, im Leben ist das Entscheidungen<br />

Treffen die wichtigste. Manchmal können diese den gesamten Verlauf des Lebens beeinflussen.<br />

Trifft man die falsche Entscheidung, kann dies viele Konsequenzen mit sich ziehen. Es könnte<br />

das Leben hinsichtlich Familie, Kariere und Dasein stark verändern. Man könnte von der „Gewinnerseite"<br />

zur „Verliererseite" wechseln, aber auch anders herum. Das Spiel des Lebens ist so aufgebaut,<br />

dass nicht jeder Mensch gewinnen kann, es muss immer einen Verlierer geben, denn wenn<br />

er nicht existieren würde, gäbe es auch keinen Gewinner. Dies ist ein Hinweis darauf, dass das Leben<br />

genauso wie ein herkömmliches Spiel funktioniert. Jedoch ist das Leben ein ernstes Spiel, welches<br />

man nicht zum Vergnügen betreibt, sondern um seine Existenz zu sichern. Daher kann es fatal<br />

sein, den Verlierer zu spielen, man wäre ständig unzufrieden und enttäuscht über sein eigenes Leben.<br />

„Gewinner- und Verliererseite" können aber nicht genau definiert werden, denn jeder Mensch<br />

hat seine eigenen Ansprüche und Ansichten. Wo einige Defizite sehen, können andere schon wieder<br />

mit der Situation zufrieden sein oder eine zufriedene Einstellung entwickeln. Dieses ist die Fähigkeit<br />

der Intelligenz, eine Situation zu erkennen und das Beste aus ihr zu machen. Entwickelt man<br />

diese Fähigkeit in der Situation nicht, so würde man eventuell sogar die Lust am Leben verlieren<br />

und der einzige Ausweg aus dieser Situation ist der Tod.<br />

Das Leben verläuft nach einem einfachen Prinzip. Für alle Handlungen sind Menschen verantwortlich.<br />

Entweder sind es welche, die etwas Neues schaffen bzw. etwas verändern, also eine Aktion<br />

starten, oder es sind Menschen, die versuchen, auf die Aktionen der Schaffenden zu reagieren.<br />

Somit könnte man differenzieren, dass die Menschen, die eine Aktion starten, zur „Gewinnerseite"<br />

und diejenigen, die eine Reaktion darauf leisten, zur „Verliererseite" gehören. Dieses Verhalten liegt<br />

in der Natur der Menschen, weil alle verschiedene Fähigkeiten aufweisen, ist auch ihr Verhalten unterschiedlich.<br />

Es muss aber andererseits nicht negativ sein, zu der Seite der reagierenden Menschen<br />

zu gehören, da nicht alle Aktionen immer etwas Positives bewirken. Somit kann man von den<br />

Fehlern der anderen lernen und profitieren. Die Fähigkeit aber, zu sehen, wann es besser ist zu agieren<br />

oder zu reagieren, macht die Klugheit eines Menschen und Spielers aus. Die Klugheit des<br />

Menschen macht also aus, wer im Leben und im Spiel gewinnt oder verliert, denn sie ist ausschlaggebend<br />

dafür, wie wir unsere Entscheidungen treffen.<br />

Die Dauer des Spielens ist unterschiedlich. Die gesamte Entwicklung des Menschen verläuft spielend<br />

und fängt schon in der Kindheit an. Das Spielen ist für den Menschen von großem Nutzen, da<br />

er viel für reale Situationen lernt. Jeder Mensch hat eine andere Entwicklungsdauer, denn jeder<br />

entwickelt zu einem anderen Zeitpunkt den nötigen Ernst, um ins reale Spiel des Lebens überzugehen.<br />

Das Spiel ermöglicht dem Menschen auch, seine dunklen Seiten auszuleben. Nur im Spiel kann<br />

man böse sein, Schlechtes tun, Existenzen zerstören und schummeln, ohne Konsequenzen tragen<br />

zu müssen. Eine der abschließenden Schritte in der Entwicklung des Menschen ist die Fähigkeit,<br />

MITTEILUNGEN 46/2006<br />

12


44<br />

seinen wahren Charakter zu verbergen und ihn an die Moral anzupassen, um in seinem Leben Vorteile<br />

zu haben und weiterzukommen. Kinder allerdings sind in ihrer Entwicklung noch nicht soweit,<br />

so dass sie immer ihre ehrliche Meinung vertreten, was für den Erwachsenen oft als hart und ungerecht<br />

erscheint. Doch es gibt Situationen, in denen der Mensch seine erlernte Fähigkeit verdrängt,<br />

seinen Verstand ausschaltet und Spiel und Wirklichkeit vermischt. Die schlimmste Auswirkung davon<br />

ist der Krieg. So scheint der Mensch in seiner Entwicklung zurückgestuft und seine kindlichen<br />

Eigenschaften wieder aufgenommen zu haben. Der Mensch versucht, sich im verborgenen Spiel<br />

des Lebens instinktiv Partner und Verbündete zu suchen und erkennt so genau seine Gegner.<br />

Deswegen handelt es sich nicht um ein freies Spiel, sondern um ein indirektes Spiel, weil man nicht<br />

weiß, auf welcher Seite sein Gegenüber ist.<br />

Nun stellt sich die Frage, was aber genau ist das Ziel des Lebens? Wenn es ein Spiel ist, müsste es<br />

auch ein Ziel geben. Der Mensch denkt, dass er Handlungen tätig, um seinen persönlichen Zielen<br />

gerecht zu werden und sieht das Ganze nicht als Spielen an. Daher ist es manchen nicht bewusst,<br />

dass sie überhaupt spielen. Wenn man die Intelligenz, die Klugheit, gut Entscheidungen treffen zu<br />

können, die Fähigkeit, seinen wahren Charakter zu verbergen, hat und einem darüber hinaus bewusst<br />

ist, dass das Leben ein Spiel ist, müsste man in der Lage sein, seinen Zielen gerecht zu werden.<br />

Sicher jedoch ist, dass nicht nur diejenigen, die ihr Leben nach einem gewissen Muster ausrichten,<br />

ihre Ziele erreichen, sondern gerade die, die spielend damit umgehen. Denn jene, die nur<br />

das Nötigste tun, um etwas zu erreichen, wie zum Beispiel das Abitur, fürchten sich nicht, es nicht<br />

zu schaffen, weil sie ihren Fähigkeiten und ihrem Glück vertrauen und somit auch nicht unter Druck<br />

stehen. Es gibt kein gemeinsames endgültiges Ziel, viel mehr individuelle Ziele eines jeden Menschen.<br />

Natürlich gibt es gemeinsame Wünsche, die man mit anderen versucht, zusammen zu verwirklichen,<br />

wie den Frieden auf Erden, eine glückliche und intakte Familie, und was sich wohl ein jeder<br />

wünscht, ein gesundes Leben und einen friedlichen Tod.<br />

Doch wer alles ist Spieler in dieser Welt? Können nur Menschen mitspielen, die gesund sind und<br />

sich mitteilen können? Was ist mit denen, die eine körperliche oder geistige Behinderung haben?<br />

Hört das Spielen dann auf? Durch eine geistige Behinderung ist man aktiv und passiv am Spiel beteiligt.<br />

Man ist zwar in seiner eigenen Welt gefangen, nimmt aber gleichzeitig am Leben seiner Mitmenschen<br />

teil, jedoch nur beschränkt, da man nicht alle Entscheidungen selbst treffen kann. Aus<br />

diesem Grund kann man sagen, dass man mit einer geistigen Behinderung ein Mitspieler seiner<br />

Mitmenschen ist. Dennoch sind behinderte Menschen auch Spieler in ihrer eigenen Welt und haben<br />

somit, auch wenn erdachte, Partner und Gegner. Sie machen sich vielleicht aus Dingen oder Personen,<br />

die für den normalen Menschen unwichtig erscheinen, Schlüsselfiguren in ihrem Leben.<br />

Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, Menschen mit geistiger Behinderung als minderwertige Spieler<br />

anzusehen. Menschen mit einer körperlichen Behinderung haben die geistige Reife am Spiel mit<br />

teilzunehmen, sind aber teilweise genau so stark auf ihre Mitmenschen angewiesen. Jedoch geraten<br />

diese schneller in Gefahr, ihr Leben aufzugeben und die Karten hinzuschmeißen, weil sie<br />

Schicksalsschläge genau so schwer verkraften wie andere Menschen auch. Wo hört jetzt also das<br />

Spielen auf? Hört jemand auf zu spielen, wenn er keinen Lebensmut hat und ihm alles egal ist? Oder<br />

sind es schon die alten Menschen, die im Altersheim auf ihren Tod warten und somit nicht am<br />

Spiel beteiligt sein wollen? Man sollte nicht vergessen, dass jeder Mensch im Leben seine Funktion<br />

und Aufgabe hat und somit das Spiel immer voran treibt. Egal ob man im Leben gewinnt oder verliert,<br />

es hat immer einen Sinn.<br />

Das Spielen kann man in zwei Welten teilen, in die reale und die irreale. Das Spiel des Lebens ist<br />

die reale Welt, in der alle Entscheidungen Konsequenzen für den jeweiligen Menschen tragen. Die<br />

irreale Welt ist viel mehr ein Zufluchtsort, den sich jeder Spieler selbst aussuchen kann. Befindet<br />

man sich in der irrealen Welt, hat man keine Angst davor, sich schwierigen Aufgaben und Anforderungen<br />

zu stellen. Man ist unbesorgt und muss nicht daran zweifeln, wie eine Entscheidung zu treffen<br />

ist. Ein Spiel in der irrealen Welt fordert den Charakter des Menschen, er muss sich nicht verstellen<br />

und kann seine Fähigkeiten im vollen Umfang nutzen. Vielleicht ist diese neue Welt nicht nur ein<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


45<br />

Zufluchtsort zum Abreagieren<br />

sondern ein Ort, an dem man das<br />

Spiel noch selbst in der Hand hat<br />

und daher besser in der irrealen als<br />

in der realen Welt klarkommt. Ab<br />

wann sollte man sich Sorgen<br />

machen, die irreale Welt als<br />

Ausflucht zu sehen? Denn schon<br />

heute sind viele Spiele darauf aufgebaut,<br />

sich seine eigene Person zu<br />

kreieren. Menschen mit geringem<br />

Selbstwertgefühl können sich in<br />

diesen Spielen einen Charakter<br />

erstellen, der genau die gegen-<br />

Alina Redich mit dem Bundespräsidenten und seiner Frau teiligen Eigenschaften aufweist, um<br />

ihre eigenen Defizite auszugleichen.<br />

Andere wiederum sehen sich selbst als diese Person und übertragen dies auf die reale Welt, so<br />

dass sie keinen Unterschied zwischen Realität und Phantasie erkennen. Ab diesem Zeitpunkt sollte<br />

man sich Sorgen machen. Hinsichtlich dieses neu geschaffenen Charakters in der irrealen Welt<br />

könnte es zu Selbstüberschätzungen in der realen Welt kommen. Möglicherweise gibt es daher<br />

auch kein Wiederkehren aus der für den Menschen neuen und perfekten Welt. Er wäre quasi ein<br />

Gefangener in seinem eigenen Leben, da er die Grenze zwischen der realen und der irrealen Welt<br />

nicht mehr erkennen kann. Doch warum begibt sich der Mensch in eine solche Gefahr? Drückt es<br />

eine Art Unzufriedenheit aus? Soll dieses Verhalten eine Botschaft sein? Der Mensch weist mehrere<br />

Gründe auf, warum er ein solches Verhalten zeigt. Der häufigste Grund ist allerdings, dass der<br />

Mensch mit seinem eigenen Leben nicht klar kommt und vielleicht nicht fähig ist, sich anderen mitzuteilen<br />

und deswegen alternative Lösungen sucht. Natürlich ist das ein Irrglaube. Dieses falsche<br />

Denken der Menschen hat mehrere negative Folgen, beispielsweise Glücksspiele und Spielsucht.<br />

Dieses gestörte Verhalten im Leben eines Menschen spiegelt die momentane Situation wieder. Ob<br />

die Weise, wie man das tut, nun Mut oder Wahnsinn ist, ist schwer zu definieren. Einerseits stellt<br />

sich ein einziger Spieler im Spiel des Lebens gegen seine gesamten Mitspieler, egal ob nun Gewinner<br />

oder Verlierer, und zeigt damit eine enorme Stärke. Doch andererseits weißt dieses Verhalten<br />

auch ziemlich viel Dummheit auf, weil man das Spiel des Lebens nicht allein spielt und daher seine<br />

Partner ebenfalls zu Gegnern macht.<br />

Es bleibt noch eine weitere Frage zu klären: Warum spielt der Mensch? Ist es nur der menschliche<br />

Trieb nach Macht, der ihn zum Spielen verführt? Oder ist es das Gefühl, über etwas zu siegen, zu<br />

herrschen oder zu besitzen? Ist der menschliche Charakter so schwach und oberflächlich, dass er<br />

jede Situation nutzt, um seine Mitmenschen auszustechen und es den anderen nicht gönnt, dass<br />

sie etwas Besseres haben? Das würde bedeuten, dass der Mensch ein Egoist ist und nur an sich<br />

selbst denkt. Dieses würde auch die mögliche negative Seite des Zitates „Der Mensch ist nur ganz<br />

Mensch, wo er spielt" bestärken. Jedoch vergisst man, dass man erst <strong>durch</strong> das Spielen wesentliche<br />

Eigenschaften wie das Einstecken, Verlieren, Dazulernen und natürlich das Weiterentwickeln<br />

übernimmt. Aber auch die Eigenschaft, etwas erst als beendet anzusehen, wenn man das Ziel in einem<br />

Spiel erreicht und den Gegner besiegt hat, entwickelt Ehrgeiz, der für das Spiel des Lebens<br />

von Vorteil sein kann. Doch man mag noch so intelligent, klug und ehrgeizig sein, man ist immer<br />

abhängig von den Entscheidungen seiner Mitspieler und seinem Glück. Bleibt noch die Frage: Was<br />

ist Glück? Ist es nur das Zusammenspiel von eigenen und fremden Entscheidungen oder gibt es<br />

wirklich so etwas wie Schicksal, auf das wir keinen Einfluss haben? Sicher jedoch ist, dass das<br />

Glück immer eine willkommene Ausrede für Gewinner und Verlierer in jedem Spiel ist. Zusammenfassend,<br />

lassen sich genug Hinweise finden, um sagen zu können, dass das Leben ein Spiel ist.<br />

Wie genau man das definiert, ist Ansichtssache, es gibt kein gemeinsames Ziel beim Spielen und<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


46<br />

die Wege zum Ziel verändern sich mit jeder Entscheidung. Man kann nicht voraussehen was passiert,<br />

daher kann es sein, dass alle Pläne die man für die Zukunft hat, mit einem Mal zerstört werden.<br />

Entscheidend ist jedoch, wie man sich verhält, mit welcher Klugheit man seine Entscheidungen<br />

trifft und wie intelligent man seine Fähigkeiten nutzt. Aber auch die Menschen, die das Leben als<br />

harte Realität ansehen, flüchten sich hin und wieder in Spiele und Phantasiewelten, um ihren<br />

eigentlichen Charakter gleich zu werden.<br />

Das Spiel des Lebens ist ein ewiger Kreislauf, beginnend mit der Entwicklung des Kindes und aufhörend<br />

mit Tod. Selbst mit dem Tod ist der Einfluss auf das weiterlaufende Leben der Menschheit<br />

noch stark beeinflussbar, denn dieser kann viele Auswirkungen auf seine Mitmenschen und Mitspieler<br />

haben. Da ein menschlicher Kreislauf besteht, liegt es nahe zu sagen, dass das Spiel des Lebens<br />

immer weitergeht ...<br />

Grußwort der GIP an den <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

Seit 1997 begann eine rege Zusammenarbeit der `Gesellschaft für interkulturelle<br />

<strong>Philosophie</strong>´ mit dem <strong>Fachverband</strong> der <strong>Philosophie</strong>lehrer: zunächst auf<br />

dem gemeinsam veranstalteten Kongress an der Universität Bremen zum<br />

Thema "Einheit und Vielfalt - Das Verstehen der Kulturen"; fortgesetzt von<br />

einer Vielzahl an Fortbildungsveranstaltungen auch in Verbindung mit dem<br />

Institut für Lehrerfortbildung (ILF) Mülheim; und schließlich vertieft und<br />

befestigt <strong>durch</strong> persönliche und freundschaftliche Kontakte, die sich seither<br />

vielfältig und fruchtbar entwickeln konnten. Lassen Sie mich meinem Grußwort<br />

einige Zeilen beifügen. Sie betreffen unsere gemeinsame Aufgabe, die<br />

uns zur Zeit in besonderer Weise zuwächst:<br />

Das beschleunigte Zusammenwachsen der Kulturen fordert stets deutlichere Antworten auf die Frage heraus,<br />

welches das einigende Band sein könnte, das Gesellschaften – jenseits ihrer Verfassungen, staatlichen Institutionen<br />

und Organisationen – zusammenhält. In den westlichen Gesellschaften können wir einen religiösen, nationalen<br />

oder kulturellen Konsens nicht mehr voraussetzen. Werthorizonte, die in den nicht-westlichen Kulturen<br />

und Gesellschaften teilweise noch unfraglich sind, stehen als Ressource gemeinschaftsbildender Annäherung<br />

nicht mehr zur Verfügung. Zwischen Individuum und Gesellschaft scheint der Hiat unüberbrückbar. Ein<br />

Vakuum ist entstanden, mit dem sich nicht nur die Muslime in unserer Gesellschaft schwer zurecht finden.<br />

Welche Aufgabe wächst uns zu? Wir müssen versuchen, so die Überlegung, integrierend zu wirken, indem wir<br />

beide Seiten in Bewegung setzen. Dies könnte bedeuten:<br />

1) Erst wenn wir die in unserer eigenen Kultur verdrängten Quellen des Vor- und Überbegrifflichen - als mit<br />

unserem Leben notwendig verbunden - zurückgewinnen, können wir die verschiedenen Weltreligionen als ebenso<br />

viele Antworten auf die Frage nach Herkunft und Ziel des Menschen begreifen. Und wir können begreifen,<br />

dass die Frage nach dem Worum-willen unserer Existenz, nach den wesentlichen Zielen und Zwecken der<br />

Menschen mit einem aufgeklärten Weltbewusstsein keineswegs hinfällig geworden ist. Blicken wir auf einen der<br />

Hauptvertreter der Aufklärung, auf Kants Werk, so ist dieses nicht verständlich ohne die Idee des `höchsten<br />

Guten´ als Ziel und Fluchtpunkt des Denkens und Handelns. Religionen suchen Antworten auf Fragen, an die<br />

die Wissenschaften nicht einmal heranreichen.<br />

2) Ohne jedoch andererseits in die Religion die reflektierende und einbettende Vernunft zu verankern, setzt<br />

sie der Gefahr aus, gegeneinander sprachlos zu werden. Sprachlosigkeit aber ist die Quelle aller Missverständnisse:<br />

Religionen ohne die vermittelnde und versöhnende Kraft der Vernunft, ohne die interpretierende<br />

und auslegende Kompetenz der an ihr teilhabenden Menschen, können sich leicht, wie die europäische Geschichte<br />

zeigt, zu Waffen im Kampfe gegeneinander verwandeln.<br />

Prof. Dr. Claudia Bickmann, Universität Köln,<br />

Präsidentin der Gesellschaft für interkulturelle <strong>Philosophie</strong><br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


47<br />

Tagungsberichte<br />

Ethisch-philosophische Bildung und Ausbildung<br />

Ruhr-Universität Bochum, 29.-30. April 2005<br />

Die 4. Fachtagung zur Didaktik der <strong>Philosophie</strong> und Ethik, organisiert von Prof. Dr. Volker Steenblock,<br />

fand im April 2005 in Bochum statt. In der 1. Sektion ging es um grundlegende Dimensionen<br />

des Bildungsbegriffs. Prof. Urs Thurnherr (Pädagogische Hochschule Karlsruhe) trug Skizzen<br />

zur Grundlegung einer philosophischen Bildung vor. Prof. Walter Schweidler (Ruhr-<br />

Universität Bochum) hielt einen Vortrag über „Bildung als Chance – Motivation und Intentionalität“.<br />

Die 2. Sektion thematisierte aktuelle Dimensionen der Bildungsdiskussion, insbesondere die emotionale<br />

Bildung und die <strong>Philosophie</strong> der Leiblichkeit. Prof. Käte Meyer-Drawe legte dar, wie<br />

Bildung elementar mit Leiblichkeit zusammenhängt, und Dr. Klaus Blesenkemper, (Gymnasium<br />

Dülmen, Arbeitsstelle Praktische <strong>Philosophie</strong> an der Universität Münster) hob Bedeutung der Gefühle<br />

in bildungstheoretischer und schulpraktischer Arbeit hervor.<br />

In der 3. Sektion ging es um Bildungsansätze unter den Bedingungen einer veränderten Gegenwart.<br />

Dr. Bernd Rolf (Universität Essen, Studienseminar Kleve/Krefeld) zeigte, welche Bedeutung<br />

dem „pictorial turn“ (Tom Mitchell)) für Bildungsprozesse beizumessen ist. Das bildliche Denken<br />

scheint das sprachlich-diskursive Denken zu verdrängen, kann aber auch als Chance für eine offenes,<br />

selbständiges <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> begriffen werden. Dr. Brigitte Wiesen (Universität Essen,<br />

Studienseminar Düsseldorf) unterfütterte diese These mit praktischen Beispielen; sie zeigte, wie<br />

man Bildmedien einsetzen kann, um philosophische Bildungsprozesse in Gang zu setzen.<br />

Thema der 4. Sektion war die Frage „Ist Bildung lehrbar?“ In einem Podiumsgespräch zur aktuellen<br />

Debatte um Kompetenzen und Standards in Schule und Hochschule gab es kurze Stellungnahmen<br />

von Dr. Geert-Lueke Lueken (Universität Leipzig), Hans B. Petermann (Pädagogische<br />

Hochschule Heidelberg), Dr. Gisela Raupach-Strey (Universität Halle), Monika Sänger (Universität<br />

Heidelberg) und Prof. Volker Steenblock (Universität Bochium) zu Studien- und Lehrplänen<br />

philosophisch-ethischer Bildung in verschiedenen Bundesländern. Die anschließende Diskussion<br />

zeigte: Die von den Behörden geforderte Arbeit an Standards für die Ausbildung, die Formulierung<br />

von Kompetenzen, die empirisch überprüfbar sind, kann auch in Bezug auf das Fach <strong>Philosophie</strong><br />

wichtig sein und sollte deshalb nicht vernachlässigt werden; letztlich aber entzieht sich<br />

das, was philosophische Bildung ausmacht, empirischer Überprüfbarkeit. (B.R.)<br />

Förderung philosophischer Kreativität im Unterricht<br />

Sektion 27 des XX. Deutschen Kongresses für <strong>Philosophie</strong><br />

Technische Universität Berlin, 26./27.September 2006<br />

Kreativität war das Generalthema des XX. Deutschen Kongresses für <strong>Philosophie</strong>; dementsprechend<br />

ging es in der vom Forum Fachdidaktik organisierten Sektion <strong>Philosophie</strong> und Ethik in der<br />

Schule um Förderung philosophischer Kreativität im Unterricht. Dr. Bernd Rolf (Universität Essen,<br />

Studienseminar Kleve/Krefeld) zeigte zu Beginn ausgehend der amerikanischen Kreativitätsforschung<br />

der 50er Jahre, was Kreativität im <strong>Philosophie</strong>unterricht bedeuten kann: nämlich<br />

eigenständiges problemlösendes Denken in bezug auf philosophischen Fragen. Durch eine Untersuchung<br />

des Stufenmodells der kreativen Produktion nach J. P. Guilford konnte er darlegen,<br />

inwiefern Bildmedien kreativen Prozessen im Unterricht förderlich sind. Sie lassen sich fruchtbar<br />

einsetzen als Ausgangspunkt für selbständiges <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> oder – in der Form der Visualisierung<br />

- als kreative Aneignung philosophischer Gedanken bei der Texteröffnung. - Martina Dege<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


48<br />

(Universität Hamburg) stellte Überlegungen zum kreativen Schreiben im <strong>Philosophie</strong>unterricht<br />

an. Unter Bezug auf Winfried Marotzki und Paul Ric?ur legte sie dar, inwiefern autobiographisches<br />

Schreiben eine Quelle der Kreativität sein kann, ist biographische Arbeit doch immer auch<br />

Konstruktion und Reflexion des Selbst- und Weltverständnisses. - Christian Gefert (Universität<br />

Hamburg) stellte seine Didaktik des theatralen <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s unter einem neuen Aspekt dar.<br />

Kerngedanken seines Vortrags Theatrales <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> und kreatives Denken war eine Überlegung<br />

Hartmut von Hentigs, dass Kreativität letztlich im Ausräumen von Hemmungen besteht.<br />

So lässt sich theatrales <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> als Befreiung von hemmenden Denkroutinen verstehen,<br />

die Kreativität ermöglicht. - Gesine Doernberg (Bad Nenndorf) stellte eine Unterrichtseinheit über<br />

das Symbol als Schlüssel zum Weltverständnis vor, die zeigte, wie Schüler/innen zu kreativen<br />

Denken animiert werden können.<br />

Manuel Bremer (Universität Düsseldorf) untersuchte in seinem Referat die Logikbehandlung in<br />

den Richtlinien und die unterrichtliche Relevanz von Logik. In der Vorstellung dreier Unterrichtsreihen<br />

für die Jahrgangsstufen 11-13 wurde jedoch deutlich, wie wenig Raum für kreative Prozesse<br />

dabei gegeben ist. - Den zweiten Tag der Veranstaltung eröffnete Dr. Monika Sänger<br />

(Karlsruhe), die den Kreativitätsbegriff mit Kants Begriff der Spontaneität des Denkens verknüpfte.<br />

Sie betonte, dass sich Kreativität im Unterricht nicht nur als methodisches Vorgehen, sondern<br />

als wesentlich inhaltliche Komponente versteht. Indem Schüler/innen Argumentieren als Tätigkeit<br />

praktizieren, erschließen sie sich neue Möglichkeiten des Denkens und erwerben sich damit<br />

auch die Fähigkeit, Wissen und Erfahrungen aus verschiedenen Lebensbereichen zu neuen Ideen<br />

zu verschmelzen und lernen, verfestigte Denkmuster zu überwinden. – Kant blieb auch der<br />

Bezugspunkt im Vortrag von Dr. Helke Panknin-Schnappert (Mainz), die aufzeigte, dass die analytische<br />

Tätigkeit unseres Verstandes gegenüber dem schöpferischen Akt der Einbildungskraft<br />

nachgeordnet ist. und die Rolle der Einbildungskraft bei produktionsorientierten Verfahren bestimmte.<br />

- Peter Kriesel (Brandenburg) stellte den interdisziplinären Blick als kreativen Impuls für<br />

die Weiterentwicklung des Ethikunterrichts dar und entwarf Grundlinien einer entwicklungsorientierten<br />

Ethikdidaktik. – Zurück zur Kreativität im engeren Sinne führte der Vortrag von Dr. Eva<br />

Marsal (Karlsruhe), die ausführte, inwiefern der homo ludens als integrative Menschenbildannahme<br />

für den Ethikunterricht geeignet ist. Ihre spieltheoretischen Überlegungen scheinen ein<br />

wichtiges Element einer Didaktik des Ethikunterrichts und des <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s mit Kindern darzustellen.<br />

– Das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> mit Kindern stand auch im Mittelpunkt der Überlegungen von<br />

Mechtild Ralla (Karlsruhe), die an Hand zahlreicher Beispiele aus der Praxis versuchte, das elementare<br />

Denken der Kinder als kreatives Denken zu fassen. – Insgesamt waren in dieser Sektion<br />

interessante Beiträge zu einem wichtigen Thema und zukunftsweisenden Thema zu hören, das<br />

damit wohl kaum schon ausgeschöpft sein dürfte.<br />

Zwischen PISA und Athen – Antike <strong>Philosophie</strong> im Schulunterricht<br />

Warburg-Haus Hamburg, 16.-17. September 2005<br />

Über 50 Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik waren der Einladung von Ekkehard Martens<br />

und Burkhard Reis (beide Universität Hamburg) ins das Warburg-Haus gefolgt, um zu erkunden,<br />

welche besonderen Chancen eine zeitgemäße Beschäftigung mit antiker <strong>Philosophie</strong> im<br />

Schulunterricht eröffnet. Im 1. Teil der Tagung ging es zunächst um eine Bestandsaufnahme.<br />

Dieter Belde, Lehrer an einem Hamburger Gymnasium und Mitautor des Unterrichtswerkes Cursus<br />

Continuus, befasste sich mit der Frage, welche Rolle die antike <strong>Philosophie</strong> im gegenwärtigen<br />

Unterricht in den Alten Sprachen spielt. Hinsichtlich des Lateinunterrichts an der Gymnasialen<br />

Oberstufe führte er aus, dass die neuen Vorgaben für das Zentralabitur die Wahlmöglichkeiten,<br />

die hier früher bestanden, stark eingeschränkt haben und präzise Festlegungen treffen.<br />

Demnach sind in Hamburg im Grundkurs Latein in der Oberstufe die Epikureer, Stoiker und<br />

Skeptiker zu behandeln, Sokrates in seiner Bedeutung für die Stoa sowie Senecas Leben und<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


49<br />

Werk. Ähnlich verhält es sich in anderen Bundesländern.<br />

Eine Untersuchung gängiger Lehrwerke für den<br />

Lateinunterricht in den Klassen 5 – 7 (als 1. oder 2.<br />

Fremdsprache) ergab Folgendes: In sechs von dreizehn<br />

untersuchten/den Lehrwerken sind keine philosophischen<br />

Themen erkennbar. In den übrigen wird in Ansätzen<br />

versucht zu zeigen, was <strong>Philosophie</strong> bei den Griechen<br />

war und wie sie bei den Römern bedeutsam wurde.<br />

Insgesamt gesehen werde in den Unterrichtswerken<br />

jedoch eine Chance vertan, die <strong>Philosophie</strong> ausführlicher<br />

darzustellen. Um eine Änderung herbeizuführen, sei es<br />

u.a. notwendig, von der Fachdidaktik her zu zeigen, was<br />

wichtig sei im Fach <strong>Philosophie</strong>. Zusammenarbeit über<br />

die Fächer hinweg sei notwendig. Als Vorbild könne ein<br />

neues Werk aus den Niederlanden gelten, Lingua Latina,<br />

das einen kurzen Abriss der Geschichte der <strong>Philosophie</strong><br />

von den antiken Naturphilosophen über Sokrates, Platon und Aristoteles bis hin zu Karneades.<br />

Abschließend regte Dieter Belde an, auch lateinische Texte mittelalterlicher und neuzeitlicher<br />

Philosophen, etwa von Descartes, im Unterricht zu berücksichtigen.<br />

Bernd Rolf, Lehrbeauftragter für Praktische <strong>Philosophie</strong> an Universität Essen und Fachberater<br />

für <strong>Philosophie</strong> bei der Bezirksregierung Düsseldorf befasste sich in seinem Vortrag mit der Frage:<br />

Platon, Aristoteles & Co. – Welche Rolle spielen sie heute noch im <strong>Philosophie</strong> und Ethikunterricht?<br />

Den bestehenden Richtlinien und Lehrplänen sind auf Grund ihrer Offenheit wenig Informationen<br />

darüber zu entnehmen. In den von den Ministerien angeführten unverbindlichen Unterrichtsbeispielen<br />

findet sich dagegen eine Fülle von Hinweisen auf antike <strong>Philosophie</strong>, insbesondere<br />

im Bereich der Anthropologie, Ethik, Politik, Erkenntnistheorie und Metaphysik. Um festzustellen,<br />

was LehrerInnen tatsächlich unterrichten, müsse man vor allem das Angebot der Unterrichtswerke<br />

in den Blick nehmen. In Zugänge zur <strong>Philosophie</strong>, einem vor allem in NRW verbreiteten<br />

Standardwerk für die gymnasiale Oberstufe, liegt der Anteil der antiken <strong>Philosophie</strong> bei<br />

9,4%, im Durchschnitt von acht untersuchten Lehrwerken für <strong>Philosophie</strong> bei 7,6%. Dieser Wert<br />

sinkt bei den gängigen Unterrichtswerken für das Fach Ethik in der Oberstufe auf <strong>durch</strong>schnittlich<br />

5,8%, für das Fach Praktische <strong>Philosophie</strong> (Sekundarstufe I in NRW) auf 2,7%, für Ethik in<br />

der Sekundarstufe I auf 1,3%. Erfahrungen aus der Lehrerfortbildung und aus der Fachberatung<br />

in NRW weisen darauf hin, dass von dem Angebot der Lehrwerke etwa 60-75% tatsächlich im<br />

Unterricht behandelt wird. Es scheint sich folgender Kanon herausgebildet zu haben: Sekundarstufe<br />

I: Platon, Ausschnitte aus Protagoras (Prometheus-Mythos) und Symposion (über Liebe);<br />

Aristoteles, Ausschnitte aus Nikomachische Ethik (über Freundschaft, Glück); Sekundarstufe II:<br />

Platon: Apologie, Politeia (vor allem das Höhlengleichnis); Aristoteles: Ausschnitte aus Nikomachische<br />

Ethik, Politik; Epikur: Brief an Menoikeus, Texte der Stoiker.<br />

Ekkehard Martens, Professor für Didaktik der Alten Sprachen und der <strong>Philosophie</strong> an der Universität<br />

Hamburg, befasste sich in seinem Vortrag Sokrates im Schulunterricht mit der Frage, „welcher<br />

Sokrates“ eigentlich vermittelt werden soll. Ausgangspunkt war die Feststellung, dass im<br />

Werk Platons verschiedene Gestalten des Sokrates in Erscheinung treten: der aporetische Sokrates,<br />

der sein Nichtwissen eingesteht (LATON), und der Sokrates, der ein festes metaphysisches<br />

Ideenwissen behauptet (PATON). Diese beiden Gestalten werden gewöhnlich als unversöhnliche<br />

Gegensätze gegenübergestellt, jedoch ist noch eine dritte, vermittelnde Position möglich:<br />

Sokrates kann verstanden werden als der Philosoph, der in seinen öffentlichen Auftritten im<br />

Sinne eines elementaren <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong>s Überlegungen über Grundsätze des guten Lebens anstellt,<br />

die er im kleinen Kreis – unter Experten – zu einem wissenschaftlichen <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> weiterentwickelt.<br />

So gesehen könne Sokrates vor allem für die Schule bedeutsam werden: Der Leh-<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


50<br />

rer/die Lehrerin solle die elementaren Fragen der Kinder und Jugendlichen aufgreifen und mögliche<br />

philosophische Antworten bereitstellen. In diesem Sinne müsse Schule – wie Hartmut von<br />

Hentig fordert – sokratisch werden, Das <strong><strong>Philosophie</strong>ren</strong> stelle wie das Lesen, Schreiben, Rechnen<br />

eine elementare Kulturtechnik dar, die nicht nur im <strong>Philosophie</strong>- und Ethikunterricht, sondern in<br />

allen Fächern, insbesondere eben auch im altsprachlichen Unterricht, gepflegt werden soll.<br />

Im zweiten Teil der Tagung ging es um die fachwissenschaftliche Begründung für die Behandlung<br />

der theoretischen <strong>Philosophie</strong> der Antike im Unterricht. Arbogast Schmitt, Gräzist an der Universität<br />

Marburg, unternahm in seinem Vortrag Platonismus und Empirismus einen kritischen<br />

Durchgang <strong>durch</strong> eine die europäische Geistesgeschichte bestimmende Kontroverse. Der Bruch<br />

mit dem Mittelalter, aus dem sich die Moderne entwickelt hat, zeichnet sich <strong>durch</strong> eine umfassende<br />

Hinwendung zur Welt des empirisch Erfahrbaren und Individuellen aus. Diese Wende ist<br />

ihrer hauptsächlichen Tendenz nach antiplatonisch, denn sie ist hervorgegangen aus der radikalen<br />

Absage an die Vorstellung, es gebe eine eigene Wirklichkeit des Rationalen und Geistigen.<br />

Dabei fand jedoch keine echte Auseinandersetzung mit Platons tatsächlicher Argumentation und<br />

Position statt; vielmehr hat man sich lediglich von einem <strong>durch</strong> die Rezeptionsgeschichte verzerrten<br />

Bild Platons abgesetzt. Schmitt zeigte an einzelnen Beispielen (Aristoteles, Physik (184a16-<br />

184b14) und Platon, Politeia, 478e7-479c5) auf, dass es wichtig ist, die tatsächliche antike Konzeption<br />

von Rationalität zu rekonstruieren. Insgesamt kam es Arbogast Schmitt darauf an, der<br />

Ontologisierung der Ideenlehre entgegenzuwirken und zu einem angemessenen epistemologisches<br />

Verständnis Platons zu gelangen, das für gegenwärtige erkenntnistheoretische Fragestellungen<br />

anregend sein könnte.<br />

Anschließend befasste sich Dorothea Frede, Professorin für <strong>Philosophie</strong> an der Universität Hamburg,<br />

in ihrem Vortrag Wie begründet man Wissenschaft? Über Sinn und Nutzen der Prinzipienforschung<br />

bei Aristoteles mit der Frage, unter welchen Bedingungen man überhaupt sicheres<br />

Wissen beanspruchen kann. Dabei ging sie auf die Unterscheidung zwischen Theoretischer (<strong>Philosophie</strong><br />

(Metaphysik und Physik, Psychologie, Biologie) und Praktischer <strong>Philosophie</strong> (Ethik, Politik,<br />

Ökonomie) und Logik ein. Sie zeigte insbesondere die Bedeutung der Kategorien, der 4-<br />

Ursachen-Lehre und der Unterscheidung der Modi Möglichkeit und Wirklichkeit für die Begründung<br />

von Wissenschaft auf. Der Weg der Wissenschaft sei nach Aristoteles der Fortschritt von<br />

unklaren Vorstellungen zu klaren Einsichten mittels begrifflicher Differenzierung. Schon Aristoteles<br />

habe empirische Detailforschung, die Beobachtung von Einzelfällen (historia) von der (deduktiven)<br />

Methode der Überprüfung allgemein anerkannter Meinungen unterschieden. Dorothea<br />

Frede gab zahlreiche Beispiele für die Bedeutung der Bestimmungen des aristotelischen metaphysischen<br />

Realismus für aktuelle Probleme der Wissenschaft. Insgesamt gelang es ihr die Aktualität<br />

der aristotelischen <strong>Philosophie</strong> aufzuzeigen: Wissenschaft denkt auch heute noch weitgehend<br />

in Bestimmungen und Kategorien, die dem aristotelischen Denken entstammen. Der 3.<br />

Teil der Tagung war der fachwissenschaftlichen Begründung der Beschäftigung mit der praktischen<br />

<strong>Philosophie</strong> der Antike gewidmet.<br />

Christoph Horn, Prof. für <strong>Philosophie</strong> an der Universität Bonn, untersuchte in seinem Vortrag Platons<br />

Auffassung von Gütern, Tugend und Glück. Er ging zunächst auf die didaktische Attraktivität<br />

Platons ein, die vor allem sprachlich-stilistisch (<strong>durch</strong> Verzicht auf Terminologie, unmittelbare<br />

Redeformen etc.) und <strong>durch</strong> die Verbindung von Argumentation und Narrativität begründet sei.<br />

Bei näherem Hinsehen stelle sich Platon allerdings als problematisch dar, insofern seine Dialoge<br />

in ihrer Lehre uneindeutig seien; untereinander stimmen die Dialoge nur bedingt überein. Christoph<br />

Horn stellte sodann den Unterschied zwischen antiker und moderner Ethik dar, der Ernst<br />

Tugendhat zufolge vor allem darin zu sehen ist, dass die antike Ethik nach dem fragte, was ich<br />

für mich selbst wahrhaft will, während die moderne Ethik nach dem fragt, was ich mit Bezug auf<br />

die anderen soll. Mit Blick auf Platons Verständnis von Glück lässt sich sagen, dass Glück soviel<br />

bedeutet wie ‚gelingendes Leben’ und ‚gutes Handeln’; gemeint ist das letzte Worumwillen, ein<br />

formaler Begriff, der <strong>durch</strong> Güter konstituiert wird. Die Frage, welche Güter (für Platon)<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


51<br />

glückrelevant bzw. glückskonstitutiv sind, führt zur Unterscheidung<br />

von Gütern, die man um der sich aus ihnen<br />

ergebenden oder zu erwartenden Konsequenzen will, und<br />

Gütern, die man um ihrer selbst willen erstrebt. Christoph<br />

Horn zeigte auf, dass Platon in Euthydemos (282a2-6)<br />

Tugend und Glück so korreliert, dass das Tugendwissen<br />

einen nicht-ambivalenten, aber instrumentellen Charakter<br />

im Blick auf die Erlangung des nicht-ambivalenten, aber<br />

endgültigen Gutes Glück aufweist. Ein Fachwissen – wie<br />

das der Medizin oder Feldherrenkunst – lasse sich<br />

natürlich zu schlechten Zielen instrumentalisieren. Die<br />

sophia ist dagegen insofern ein nicht-missbrauchbares<br />

Gut, als mit ihr eo ipso eine richtige Finalisierung aller<br />

Teilgüter, also ein richtige Strebensordnung, verbunden<br />

sein soll. Die sophia wird nach Platon gewollt, weil sie zur<br />

eudaimonia führt - eine These, die auch gegenwärtig<br />

noch von Bedeutung ist.<br />

Bedauerlicherweise musste ein weiterer Vortrag zu praktischen <strong>Philosophie</strong> über Ciceros Lehre<br />

von der Freundschaft kurzfristig abgesagt werden. Aufgrund seiner lebensweltlichen Bedeutung<br />

gerade für Heranwachsende, aber auch wegen seiner eher stiefmütterlichen Behandlung in der<br />

modernen Ethik besitzt das Thema Freundschaft aus der didaktischen Perspektive eine große<br />

Attraktivität. Die entsprechenden Lehren antiker Denker aus der klassischen (z.B. Platon, Lysis;<br />

Aristoteles, Nikomachische Ethik VIII-IX) und hellenistischen Zeit (z.B. Epikur) sind folglich in besonderer<br />

Weise geeignet, um an ihnen die Bedeutung der antiken <strong>Philosophie</strong> für den modernen<br />

Schulunterricht aufzuzeigen.<br />

Konkrete fachdidaktische Perspektiven wurden im letzten Teil der Tagung dargelegt. Volker<br />

Steenblock, Professor für <strong>Philosophie</strong> an der Universität Bochum, zeigte in seinem Vortrag Die<br />

Antike ins Bild bringen – Bildungszugriffe anhand von Raffaels ‚Schule von Athen’, wie sich dieses<br />

Gemälde als Mittel zur Förderung philosophischer Bildung einsetzen lässt. Nach erhellenden<br />

kunsthistorischen und geistesgeschichtlichen Anmerkungen zu Raffaels Bild wandte er sich der<br />

Frage nach dem Sitz der antiken <strong>Philosophie</strong> im Leben zu. Die gegenwärtigen Bemühungen um<br />

<strong>Philosophie</strong> und Ethik in der Schule könnten als Versuch betrachtet werden, die ursprüngliche<br />

Stellung der <strong>Philosophie</strong> ‚auf dem Markt’, die sich mit der Gründung der platonischen Akademie<br />

weitgehend verloren ging, zurückzugewinnen. Dabei gilt es zu beachten, was philosophische Bildung<br />

unter Gegenwartsbedingungen bedeutet: Jugendliche sind heute vor allem <strong>durch</strong> die Ökonomisierung<br />

des Lebens und <strong>durch</strong> Popkultur geprägt. Dem habe die <strong>Philosophie</strong>didaktik Rechnung<br />

zu tragen, wenn auch nicht in der Weise, dass sie sich auf das Niveau der Popkultur begibt.<br />

Vielmehr gehe es darum, den Jugendlichen unter den gegenwärtigen Bedingungen zu ermöglichen,<br />

Eigenständigkeit und Ich-Identität auszubilden. Dazu sei es notwendig, sie in ein lebendiges<br />

Gespräch mit der <strong>Philosophie</strong>, auch und insbesondere der antiken <strong>Philosophie</strong>, zu verwickeln.<br />

Als Beispiel dafür, wie dies geschehen kann, führte Steenblock ein produktionsorientiertes<br />

Schreibgespräch an. Schülerinnen und Schülern erhalten Erläuterungen zu Person und Lehre<br />

einiger auf dem Gemälde dargestellter Philosophen. Sie aufgefordert, sich als Gedankenexperiment<br />

vorzustellen, sie könnten mit diesen Philosophen Kontakt aufnehmen und Gespräche führen.<br />

Sie haben die Wahl, zu welchem der Philosophen sie sich begeben und sollen schriftlich einen<br />

Dialog mit diesem Philosophen verfassen. Steenblock trug einen von einem Schüler verfassten<br />

Dialog mit Diogenes vor, in dem es darum ging, was es bedeutet, gegen den Strom der Gesellschaft<br />

zu schwimmen und befreit von Konsumbedürfnissen zu leben. Dies war ein eindrucksvolles<br />

Beispiel dafür, wie es einem <strong>Philosophie</strong>lehrer gelingen kann, den Prozess des Aufbaus<br />

eines Ich zu begleiten.<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


52<br />

Reinhard Bode, Lehrer in Eisenach, berichtete anschließend unter dem Titel „…aber mit der Zeit<br />

finden die Menschen suchend das Bessere heraus“ über seine Erfahrungen mit Vorsokratikerlektüre<br />

im Griechisch-Leistungskurs. Die didaktische Bedeutsamkeit der vorsokratischen <strong>Philosophie</strong><br />

sieht er u.a. da<strong>durch</strong> gegeben, dass hier existenzielle Fragen aufgeworfen werden und Gelegenheit<br />

geboten wird, wissenschaftspropädeutische und fächerübergreifende Aspekte aufzugreifen.<br />

Inhaltlich bezog sich die Reihe zunächst auf den Übergang vom Mythos zum Logos<br />

sowie auf die da<strong>durch</strong> aufgeworfene Frage nach dem Ursprung (archê), die bei den Milesiern je<br />

unterschiedlich beantwortet wird: Geht Thales noch von etwas konkret Stofflichem, dem Wasser,<br />

als Ursprung aus, so führt Anaximenes im ersten Originalzitat der frühgriechischen <strong>Philosophie</strong><br />

mit dem apeiron ein abstrakt-metaphysisches Prinzip ein. Ein weiteres Kapitel der Reihe widmet<br />

sich Pythagoras und den Pythagoreern, die in Bezug auf die Zahl Arithmetik, Geometrie, Astronomie<br />

und Akustik unterschieden, und Xenophanes mit seiner Götterkritik. Der Gegensatz zwischen<br />

dem auf das Werden und Vergehen gerichtete Denken des Heraklit und das auf das unveränderliche<br />

Sein gerichtete Denken des Parmenides gehört ebenso in diese Reihe wie die<br />

Vermittlung zwischen beiden Ansätzen, die man in Empedokles’ Auffassung der Mischung und<br />

Entmischung von Elementen, Anaxagoras’ Lehre von unendlich vielen und unveränderlichen<br />

Grundstoffen und Demokrits Atomtheorie erblicken kann. In methodischer Hinsicht kamen neben<br />

der statarischen Übersetzung von Texten vor allem das Element der Veranschaulichung <strong>durch</strong><br />

Tafelbilder, Grafiken und Modelle zur Geltung. Reinhard Bode gab ein beeindruckendes Beispiel<br />

dafür, wie es möglich ist, Schüler im altsprachlichen Unterricht zur Auseinandersetzung mit frühgriechischer<br />

<strong>Philosophie</strong> zu motivieren.<br />

Burkhard Reis (Hamburg) versuchte am Schluss der Tagung, in seinem Vortrag Antike <strong>Philosophie</strong><br />

interkulturell – didaktische Vorschläge für die Einbeziehung ihrer Rezeption bei islamischen<br />

Denkern einen Weg aufzuzeigen, wie der viel beschworene Dialog der Kulturen auch im <strong>Philosophie</strong>unterricht<br />

gefördert werden kann, und zwar <strong>durch</strong> eine problemorientierte Lektüre von Texten<br />

aus dem islamischen Mittelalter. Nach einem knappen Überblick über die <strong>Philosophie</strong>geschichte<br />

im islamischen Raum vom 9.– 12. Jahrhundert und ihre spätantiken Wurzeln widmete sich Reis<br />

ausführlich dem kürzlich in einer neuen deutschen Übersetzung erschienen Inselroman des ibn<br />

Tufail (1110– 1185). Anders als bei vielen scholastisch anmutenden Werken biete dieser Text<br />

aufgrund seiner narrativen Struktur und seiner märchenhaften Handlung die Möglichkeit, zumindest<br />

Auszüge im Unterricht zu lesen und ggf. kreativ zu bearbeiten. Ein erster Zugang lasse sich<br />

zudem anhand von Stichen gewinnen, die den kleinen Roman in einer englischen Ausgabe von<br />

1708 illustrieren. Das von ibn Tufail entwickelte Gedankenexperiment eines Naturkindes, das<br />

<strong>durch</strong> eigenen Verstandesgebrauch ohne menschlichen Kontakt zu einem vollständigen Wissen<br />

über die Welt und ihren Schöpfer gelangt, fordere zu einer kritischen Auseinandersetzung heraus,<br />

die – unter Heranziehung kurzer Vergleichstexte aus der griechischen Antike – auf dem Gebiet<br />

der Erkenntnistheorie und Sprachphilosophie ebenso wie auf dem der Ethik und Religionsphilosophie<br />

geführt werden könne. Dass vor allem der Letzteres vom Lehrer ein besonderes Fingerspitzengefühl<br />

verlangt, falls muslimische Schüler am Unterricht teilnehmen, werde <strong>durch</strong> die<br />

Chance aufgewogen, Kenntnisse über die historische Verflechtung der Kulturen und einen heute<br />

oftmals vergessenen ‚rationalistischen’ Strang in der islamischen Tradition zu vermitteln.<br />

Ein Ziel der Tagung war es, im Rahmen einer Bestandsaufnahme Umfang, Intensität und Methodik<br />

zu bestimmen, mit denen antike <strong>Philosophie</strong> gegenwärtig im <strong>Philosophie</strong>/Ethik- und Altsprachenunterricht<br />

präsent ist. Das ist in hervorragender Weise gelungen. Darüber hinaus konnten<br />

die Bedeutung der antiken <strong>Philosophie</strong> in modernen Bildungsprozessen an ausgewählten Beispielen<br />

fachwissenschaftlich demonstrieren sowie aktuelle Konzepte für eine gelungene Vermittlung<br />

von antiker <strong>Philosophie</strong> vorgestellt werden. Es wäre den Initiatoren der Tagung zu wünschen,<br />

dass diese Ergebnisse auch über den Kreis der Teilnehmer hinaus Wirkung zeigen und<br />

sich in verstärkt in Unterrichtswerken, Empfehlungen für Unterricht und Lehrplanrevision niederschlagen.<br />

(Bernd Rolf)<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


53<br />

Tagungsankündigungen<br />

8./9. Juni 2006<br />

<strong>Philosophie</strong> und forschendes Lernen<br />

Hamburg, KöberForum, Kehrwieder 12<br />

8. Juni 2006:<br />

14:00 Uhr: Einführung (Prof. Dr. Ekkehard Martens)<br />

14:15 Uhr: Prof. Herbert Schnädelbach: Was ist philosophische Forschung? –<br />

15:30 Uhr: Praxisblock 1: „Grenzen ausprobieren“ Möglichkeiten der <strong>Philosophie</strong>didaktik am<br />

Beispiel der Kinder-Uni-Seminare 2005: Barbara Brüning: Muss Strafe sein? - Ekkehard<br />

Martens: Können Tiere denken? - Martina Dege: Wer bin ich? - Markus<br />

Tiedemann: Was kann ich wissen?<br />

19:30 Uhr: Prof. Gareth B. Matthews: <strong>Philosophie</strong> als Forschungsgebiet für junge Denker<br />

9. Juni 2006:<br />

09:00 Uhr: Praxisblock 2: „Grenzen überschreiten“ - Forschendes Lernen in interdisziplinären<br />

<strong>Philosophie</strong>projekten: Felix Lund/Sascha Merg: <strong>Philosophie</strong> und Informatik - Christian<br />

Gefert: <strong>Philosophie</strong> und darstellendes Spiel - Kristina Calvert/Patricia Nevers:<br />

<strong>Philosophie</strong> und Biologie - Kerstin Michalik/Helmut Schreier: <strong>Philosophie</strong> und<br />

Sachunterricht<br />

13:30 - 15: 30 Uhr: Podiumsgespräch: <strong>Philosophie</strong> und forschendes Lernen - eine produktive<br />

Verbindung?<br />

13. - 16. Juli 2006<br />

Religion und <strong>Philosophie</strong> im Widerstreit?<br />

Eine interkulturelle – philosophische – Annäherung<br />

Internationale Fachtagung an der Universität zu Köln<br />

Gesellschaft für Interkulturelle <strong>Philosophie</strong> e. V.<br />

in Zusammenarbeit mit dem Philosophischen Seminar der Universität zu Köln<br />

Tagungsprogramm: http://www.int-gip.de/tagungsprogramm.htm<br />

27. – 29. Oktober 2006<br />

Europa im 21. Jahrhundert<br />

Herausforderungen <strong>durch</strong> neue Technologien und Globalisierung<br />

XVII. Internationaler <strong>Philosophie</strong>kongress der AIPPh in Schloss Eichholz/Bonn<br />

Information: Luise Dreyer, Am Schirrhof 11, 32427 Minden<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


54<br />

Rezensionen<br />

Volker Steenblock: Sokrates & Co. Ein Treffen mit den<br />

Denkern der Antike. Primus Verlag, Darmstadt 2005,<br />

262 S.<br />

Volker Steenblock, Professor für <strong>Philosophie</strong>didaktik in<br />

Bochum, gibt in diesem Band eine kompetente Übersicht<br />

über die Grundmotive der antiken <strong>Philosophie</strong> von<br />

den Vorsokratikern über Sokrates, Platon, Aristoteles,<br />

Epikur bis hin zu den Stoikern und Skeptikern. Dabei<br />

gelingt es ihm zu zeigen, dass die Fragen und Themen,<br />

denen die Philosophen dieser Zeit nachgegangen sind,<br />

immer noch und gerade wieder auch unsere Fragen<br />

sind: nach der Deutung der Welt, nach Glück, Leid und<br />

Tod, nach dem richtigen Handeln. Dazu werden auch<br />

zentrale Textpassagen (z.B. aus Platons Politeia, aus<br />

Aristoteles’ Nikomachischer Ethik) vorgestellt und interpretiert.<br />

Darüber hinaus ist es Steenblocks Anliegen,<br />

etwas von der kulturellen Präsenz der großen Gestalten<br />

der antiken <strong>Philosophie</strong> zu vermitteln. Er möchte den<br />

Leser miterleben lassen, wenn an der Westküste der<br />

heutigen Türkei Thales als Erster über eine natürliche<br />

Erklärung der Welt nachdenkt, wenn Sokrates auf dem<br />

Marktplatz von Athen die Menschen anspricht, wenn<br />

der römische Kaiser Marc Aurel sich im Feld mit Hilfe der stoischen <strong>Philosophie</strong> über den<br />

mühseligen Krieg gegen die Germanen hinwegtröstet, wenn die Philosophin Hypathia im ägyptischen<br />

Alexandria ihre Schriftrollen ausbreitet und ihre Schüler, Platoniker wie Christen,<br />

unterrichtet - ihr gewaltsames Ende noch nicht ahnend. Das alles gelingt Steenblock eindrucksvoll.<br />

Die Alten kommen dem Leser in dieser Schrift sehr nahe, weshalb das Buch für<br />

den Einsatz im Unterricht, aber auch und insbesondere für die Hand interessierter Schüler/innen,<br />

z.B. als Quelle zur Anfertigung von Facharbeiten, sehr zu empfehlen ist. (B.R.)<br />

Bruno Heller: Wie entsteht Wissen? Eine Reise <strong>durch</strong><br />

die Wissenschaftstheorie. Wissenschaftliche Buchgeselschaft,<br />

Darmstadt 2005, 237 S.<br />

Bruno Heller, als Schulbuchautor bekannt, hat seit seiner<br />

Pensionierung 1991 eine Reihe von Publikationen<br />

zur <strong>Philosophie</strong> vorgelegt, in denen er die Summe aus<br />

seinen Unterrichtserfahrungen zieht. Zu diesen Werken<br />

gehört „Wie entsteht Wissen?“, konzipiert als allgemeinverständliche<br />

Einführung in die Grundlagen der<br />

Wissenschaft, in ihre Theorie, Methoden, Ziele, aber<br />

auch in dien ethischen Probleme, die wissenschaftliches<br />

Handeln immer begleiten. Beginnend mit der Herausforderung<br />

<strong>durch</strong> Paradoxien wird das Streben nach<br />

Gewissheit in Rationalismus (Descartes) und Empirismus<br />

(Locke u.a.) dargestellt. Heller untersucht die Verlässlichkeit<br />

der Sinnesdaten ebenso wie die Rolle des<br />

Verstandes im Erkenntnisprozess, er thematisiert die<br />

Begriffe Wissen und Wahrheit und behandelt die Fragen,<br />

ob es Naturgesetze und eine Ordnung im Kosmos<br />

gibt. Ein umfangreiches Kapitel ist den wissenschaftlichen<br />

Verfahrensweisen gewidmet. Erkenntnisse der<br />

Evolutionären Erkenntnistheorie werden ebenso einbezogen<br />

wie die von Relativitäts- und Quantentheorie.<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


55<br />

Hellers Reise <strong>durch</strong> die Wissenschaftstheorie beeindruckt besonders <strong>durch</strong> ihre einfache<br />

Sprache und ihre Anschaulichkeit; zu abstrakten Aussagen hat der Autor immer passende<br />

Beispiele parat, die auch <strong>durch</strong> Abbildungen und Skizzen<br />

erläutert werden. Allein schon deshalb ist die Einführung<br />

– besonders Lehramtsanfängern in den Fächern<br />

<strong>Philosophie</strong> und Ethik - für die Unterrichtsvorbereitung<br />

zu empfehlen. (B.R.)<br />

Simon Blackburn: Wahrheit. Ein Wegweiser für Skeptiker.<br />

Primus Verlag, Darmstadt 2005, 256 S.<br />

„Immer bei der Wahrheit bleiben“, geben Eltern ihren<br />

Kindern gern als goldene Regel mit auf den Weg. Aber<br />

gibt es überhaupt Wahrheit? Ist das nicht ein Begriff,<br />

der längst überholt ist? Würden wir andererseits mit<br />

dem Verzicht auf Wahrheit womöglich jeglichen Anspruch<br />

auf Rationalität, Objektivität, Wissen aufgeben?<br />

Diesen Fragen geht Simon Blackburn, Professor für<br />

<strong>Philosophie</strong> an der Universität Oxford in seiner neuesten<br />

Veröffentlichung nach. Er führt Positionen pro und<br />

contra ins Feld: die Verfechter deiner absoluten Wahrheit<br />

gegen Relativisten, Traditionalisten gegen Postmodernisten,<br />

Realisten gegen Idealisten, Objektivisten<br />

gegen Subjektivisten, Rationalisten gegen Sozial-<br />

Konstruktivisten. In einer hoch spannenden Auseinadersetzung<br />

kommen alle relevanten Argumente von<br />

Platon und Protagoras über Nietzsche bis hin zu Rorty<br />

auf den Prüfstand. Was Blackburns Ausführungen<br />

auszeichnet, ist, dass sie immer anschaulich und allgemein verständlich bleiben; der Autor<br />

verliert nicht den Bezug zu konkreten Phänomenen der Lebenswelt. Er kommt zu dem Ergebnis,<br />

dass es keine alles begründende Legitimationserzählung gibt, die uns einen Blick auf die<br />

Welt von außen erlaubt und uns sagen könnte, dass eine bestimmte Sichtweise die einzig<br />

richtige ist. Er kann aber zeigen, dass immer dann, wenn es ein Problem zu entscheiden gibt,<br />

dieses Problem uns selbst Kriterien zu seiner Lösung zur Verfügung stellt, die den Relativismus<br />

als unnötige Ablenkung erscheinen lässt. Es gilt,<br />

unterschiedliche Perspektiven zu respektieren, ohne<br />

sie gleich als Illusionen und Fehler betrachten zu<br />

müssen. Erprobtes und getestetes Vokabular zur<br />

Erklärung und Beurteilung wie Wahrheit, Vernunft,<br />

Objektivität darf weiter benutzt werden! (B.R.)<br />

Wilhelm K. Essler, Ulrich Mamat: Die <strong>Philosophie</strong> des<br />

Buddhismus, Wissenschaftliche Buchgesellschaft,<br />

Darmstadt 2005, 224 S.<br />

Der Buddhismus ist global eine der einflussreichsten<br />

Weltanschauungen und übt seit dem 19. Jahrhundert<br />

auch im Westen eine ungebrochene Anziehungskraft<br />

aus. Ausschlaggebend dafür dürfte sein, dass das<br />

Weltbild des Buddhismus in sich kohärent ist und dass<br />

seine Theorie und Praxis kaum mit ‚mythologischem<br />

Ballast’ beladen sind, also in vielerlei Hinsicht modern<br />

wirken. Wilhelm K. Essler, Professor für <strong>Philosophie</strong> an<br />

der Universität Frankfurt, hat zusammen mit dem<br />

Wissenschaftlichen Assistenten Ulrich Mamat eine<br />

Einführung in den Buddhismus vorgelegt, die zeigt,<br />

dass dieser <strong>durch</strong>aus Maßstäben philosophischer<br />

Reflexion entspricht. Nach einer Einführung in die<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


56<br />

Weisheitslehren der Vorzeit und einer Darstellung des Lebens des Buddha Sakyamuni werden<br />

in sorgfältiger Auswertung der historischen Quellen am Leitfaden der vier edlen Wahrheiten<br />

die Erkenntnistheorie, die Seinslehre, die Lehre vom Nichts und die an Leidüberwindung und<br />

Mitleid orientierte Ethik dargestellt. Die Autoren bemühen sich dabei vor allem, den ursprünglichen<br />

Sinngehalt der Sanskrit-Wörter getreu zu übersetzen (z.B. „Dukha“ mit „Erleiden“ – nicht<br />

Leid – , „Samsara“ als „zielloses und fremdgelenktes, weil nicht <strong>durch</strong> eigene Einsichten gelenktes<br />

Herumwandern“, „Nirvana“ als „Nicht mehr Brennen von den das Bewusstsein lenkenden<br />

Kräften“). Insgesamt überrascht, wie nahe buddhistische Vorstellungen neueren westlichen<br />

Auffassungen von Bewusstsein, Selbst und Geist kommen. Das Buch ist allen zu empfehlen,<br />

die jenseits bloß religionskundlicher Darstellungen an einer philosophische Durchdringung<br />

des Buddhismus interessiert sind. (B.R.)<br />

nikomachos - Themenhefte zur Ethik<br />

Innerhalb der Reihe nikomachos (benannt nach<br />

dem Sohn des Aristoteles) sind weitere Hefte mit<br />

Unterrichtsvorschlägen zu ethischen Themen erschienen.<br />

Ich und du, bearb. v. Ludger Koreng, Vandenhoeck<br />

& Ruprecht, Göttingen 2005, 48 S.<br />

Sein und Schein, bearb. v. S. Fromm, Vandenhoeck<br />

& Ruprecht, Göttingen 2005, 32 S.<br />

Mensch und Natur, bearbeitet v. Dieter Schmidt-<br />

Sins, Vandenh.oeck & Ruprecht, Göttingen 2006,<br />

32 S.<br />

Spiel und Fairness, bearbeitet von Michael Segets,<br />

Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006,<br />

32 S.<br />

„Ich und du“ behandelt die Frage der eigenen Identität<br />

(Wer hat mich geschaffen? Wer bin ich?<br />

Wie bin ich?) in Verbindung mit der immer gegebenen<br />

Existenz des Menschen als zoon politikon.<br />

Anhand geeigneter philosophischer und literarischer<br />

Texte werden die Grenzen der persönlichen<br />

Freiheit, die das Leben in Gemeinschaft erforderlich<br />

macht, ebenso aufgezeigt wie die spezifischen<br />

Probleme, die sich aus dem Zusammenleben in einer multikulturellen Gemeinschaft ergeben.<br />

Aktuelles Bildmaterial sowie projektorientierte Arbeitsvorschläge erlauben ein sensibles Eingehen<br />

auf die jeweiligen Verhältnisse. Das Heft ist ab der 8. Jahrgangsstufe einsetzbar.<br />

„Sein und Schein“ entwickelt am Begriff des Bildes die Frage, was uns am Schein fasziniert<br />

und erörtert Probleme der neuen Kommunikationswissenschaften. Susanne Fromm, diskutiert<br />

Fragen nach Ur- und Abbild, Traum und Wirklichkeit, Urteil und Vorurteil, Technik und Täuschung<br />

und nähert sich so der Frage: „Was ist Wahrheit?“ Text- und Bildmaterial erlauben eine<br />

fruchtbare Annäherung. Motivierende Fragestellungen, Fallbeispiele und altersgerechte<br />

Zugänge fordern zur selbständigen Auseinandersetzung auf. Das Heft ist ab der 9. Jahrgangsstufe<br />

einsetzbar.<br />

In „Mensch und Natur“ geht es um die Abhängigkeit des Menschen von der und das verantwortliche<br />

Handeln des Menschen gegenüber der Natur. Behandelt werden Themen wie nachhaltige<br />

Entwicklung, Fortschritt, Überbevölkerung, Gentechgnologie, das Energieproblem.<br />

Umwelthandeln und kategorischer Imperativ, die Unheilsdrohung des Baconschen Ideals.<br />

Das Heft „Spiel und Fairness“ realisiert einen vielversprechenden Ansatz in der Werteerziehung.<br />

Es geht der Frage nach, welcher Zusammenhang zwischen Spiel, Sport und moralischen<br />

Verpflichtungen besteht. Behandelt werden u.a. der Einfluss des Spiels auf die Kultur,<br />

das Verhältnis von Zufall und Regelhaftigkeit, Sport und Fairness und Gewalttätigkeit im Spiel.<br />

Gerade letzteres scheint mir ein wichtiges Thema für den Ethik- und <strong>Philosophie</strong>unterricht in<br />

der Sekundarstufe I zu sein. (B.R.)<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


57<br />

Grundwissen <strong>Philosophie</strong><br />

Beim Reclam Verlag Leipzig ist eine neue Reihe<br />

aufgelegt worden, die zugleich anspruchsvoll und<br />

dennoch verständlich in zentrale Fragestellungen<br />

der <strong>Philosophie</strong> einführt.<br />

Aristoteles, von Wolfgang Detel, Reclam Verlag,<br />

Leipzig 2005, 162 S.<br />

Descartes, von Eva-Mariua Engelen, Reclam Verlag,<br />

Leipzig 2005, 118 S.<br />

Kant, von Herbert Schnädelbach, Reclam Verlag,<br />

Leipzig 2005, 164 S.<br />

Kiekegaard, von Richard Purkarthofer, Reclam<br />

Verlag, Leipzig 2005, 125 S.<br />

Heidegger, von Udo Tietz, Reclam Verlag, Leipzig<br />

2005, 168 S.<br />

Sartre, von Heiner Hastedt, Reclam Verlag, Leipzig<br />

2005, 144 S.<br />

Kommunikation, von Dirk Baecker, Reclam Verlag,<br />

Leipzig 2005, 124 S.<br />

In der Reihe erscheinen alle bedeutenden Personen<br />

und Sachthemen der <strong>Philosophie</strong>. So behandelt<br />

Wolfgang Detel in seinem Band Aristoteles einen Philosophen, der eine große Anzahl wirkungsmächtiger<br />

Ideen und Theorien – von der Logik über die Metaphysik, rationale Theologie<br />

und Biologie bis hin zu Ethik und politischer <strong>Philosophie</strong> erfunden hat.<br />

Weitere Bände sind Descartes gewidmet, der als Philosoph und Mathematiker wegweisend<br />

steht am epochalen Wendepunkt vom Barock zur Aufklärung und Moderne, und Kant, der<br />

nicht nur der wirkungsmächtigste Philosoph des ausgehenden 18. Jahrhunderts ist, sondern<br />

darüber hinaus ein Klassiker der Schulphilosophie. Im Kapitel „Kritische Vernunft“ werden in<br />

der Schrift über Kant dessen Auffassung von Ding an sich und Erscheinung sowie Sinnlichkeit<br />

und Verstand erläutert, im Kapitel „Praktische Vernunft“ Kants Unterscheidungen von Natur<br />

und Freiheit, Pflicht und Neigung. Der Aufklärungsgedanke kommt ebenso zur Sprache wie<br />

Ethik, Recht, Politik, Geschichte und Religion.<br />

Im Mittelpunkt des Bandes über Kierkegaard, dessen Todestag sich am 11. November 2005<br />

zum 150 Mal jährte, steht die Frage, was es heißt, ein Mensch zu sein, zu existieren. Sartre<br />

wird als Nietzscheaner, im Kontext der französischen <strong>Philosophie</strong>, der Phänomenologie, der<br />

Kritik der dialektischen Vernunft und des Humanismusstreites betrachtet. Bei Heidegger geht<br />

es vor allem um den fundamentalontologischen Ansatz im Umfeld von Sein und Zeit und die in<br />

den Spätschriften vollzogene Kehre.<br />

Der Band Kommunikation befasst sich mit der Frage, wie Kommunikation überhaupt möglich<br />

ist, wenn – wie John Locke feststellte – die Gedanken eines jeden Menschen in seiner Brust<br />

verschlossen sind, und entwickelt ein umfassendes Kommunikationsmodell, das zeigt, dass es<br />

keine Welt gibt ohne ihre Beobachtung in den Augen der anderen.<br />

Jeder Band erhält Kernthesen, die eine problemorientierte Übersicht bieten, Schlüsselbegriffe,<br />

die einen schnellen und unkomplizierten Überblick ermöglichen, sowie eine Zeittafel und<br />

kommentierte Bibliografie, die das Basiswissen ergänzen. Als Autoren konnten namhafte Vertreter<br />

des jeweiligen Sachgebietes gewonnen werden, so z.B. Richard Purkarthofer, Mitarbeiter<br />

an der neuen Deutschen Kierkegaard-Edition, Herbert Schnädelbach, Prof. für <strong>Philosophie</strong><br />

in Berlin, Heiner Hastedt, Prof. für <strong>Philosophie</strong> in Rostok, u.a. Die Bände der Reihe sind allen<br />

zu empfehlen, die Bedarf haben an kompetenter Einführung und verständlicher Darstellung<br />

von Basiswissen. (B.R.)<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


58<br />

Jochem Hennigfeld, Heinz Jansohn (Hrsg.): Philosophen<br />

der Gegenwart. Wissenschaftliche Buchgesellschaft,<br />

Darmstadt 2005, 272 S.<br />

Dieser Band setzt die in demselben Verlag erschienen<br />

„Philosophen des 19. Jahrhunderts“ und Philosophen<br />

des 20.Jahrhunderts“ fort. Jochem Hennigerfeld<br />

und Heinz Jansohn, Professoren für <strong>Philosophie</strong><br />

an der Universität Koblenz-Landau, haben einen<br />

Sammelband mit einführenden Darstellungen zu den<br />

wichtigsten Vordenkern der Gegenwartsdebatten wie<br />

Jürgen Habermas, Jacques Derrida, John Searle,<br />

Hans-Georg Gadamer und Paul Ricoeur herausgegeben.<br />

Die Beiträge versuchen besonders, die Relevanz<br />

dieser mittlerweile selbst schon klassisch gewordenen<br />

Stichwortgeber für die aktuellen Diskussionen<br />

deutlich zu machen. Das Buch dürfte für <strong>Philosophie</strong>lehrer/innen<br />

aus NRW schon deshalb interessant<br />

sein, weil vier Darstellungen Philosophen gelten,<br />

die in den Vorgaben zum Zentralen Abitur aufgeführt<br />

werden. Kurt Salamun befasst sich mit dem kritischen<br />

Rationalismus Karl Poppers und Heinz Jansohn<br />

mit der Verantwortungsethik von Hans Jonas.<br />

Wolfgang Kersting stellt die Gerechtigkeitsprinzipien<br />

von John Rawls und ihre vertragstheoretische Begründung dar, Rudolf Lüthen den radikalen<br />

Utilitarismus Peters Singers und die da<strong>durch</strong> ausgelöste Diskussion um den Lebensschutz.<br />

Alle Beiträge vermitteln unverzichtbares Grundlagenwissen für die aktuellen und zukünftigen<br />

Kontroversen in der <strong>Philosophie</strong>. Sie werden jeweils abgerundet <strong>durch</strong> eine Auswahlbibliografie.<br />

(B.R.)<br />

Hoffnung Europa. Strategie des Miteinander. Hrsg.:<br />

Global Marshall Plan Initiative, Hamburg 2006, 308<br />

S. (Vertrieb: Global Marshall Plan Initiative, Steckelhörn<br />

9, 20457 Hamburg)<br />

In dem vorliegenden Sammelband der Global Marshall<br />

Initiative, deren Zeile in den letzten Mitteilungen<br />

(Heft 45, 2005, S. 42ff) dargestellt wurden, geht es<br />

um eine Antwort Europas auf die Herausforderung<br />

<strong>durch</strong> den Globalisierungsprozess. Die EU wird aufgefasst<br />

als das originärste übernationale Konstrukt<br />

der Menschheitsgeschichte, in dem bereits viele Lösungsansätze<br />

verwirklicht sind, mit denen die heute<br />

lebende Generation sich den globalen Herausforderungen<br />

stellen könnte. Warum sollen Instrumente<br />

und Elemente eines Modells, das bei 25 Staaten<br />

funktioniert, nicht in ähnlicher Form auf acht mal so<br />

viel Staaten angewandt werden können? 44 Persönlichkeiten,<br />

Politiker und Wissenschaftler aus aller<br />

Welt versuchen in sechs Kapiteln eine zu europäische<br />

Gegenposition zu den laufenden Globalisierungsprozessen<br />

aufzuzeigen. Es geht um Themen<br />

wie Europäische Werte (Bischof Reinhard Marx u.a.),<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


59<br />

Bürgernähe und Partizipation (Mercedes Echerer) sowie den europäischen Traum von einer<br />

leisen Supermacht (Jeremy Rifkin). Hervorzuheben sind die Beiträge des norwegischen Friedensforschers<br />

Johan Galtung über eine Kultur des Miteinanders und von Josef Rademachers<br />

und Franz Josef Rieglers Untersuchung, welche Bedeutung das europäische Modell einer ökosozialen<br />

Marktwirtschaft für eine Welt in Balance haben kann. Für den Einsatz im Unterricht<br />

geeignet erscheint mir insbesondere der Beitrag, in dem Ram Adar Mall und Klaudius Gansczyk<br />

am Leitfaden der von Gandhi formulierten „sieben Todsünden der Menschheit“ Grundzüge<br />

eines interkulturellen Humanismus als Hoffnung für das 21. Jahrhundert entfalten. - Der<br />

Sammelband enthält wichtige Beiträge zu Fragen, deren Diskussion man der heutigen Schülergeneration<br />

im Politik- und <strong>Philosophie</strong>unterricht nicht vorenthalten sollte, betreffen sie doch<br />

ihre und unser aller unmittelbare Zukunft. (B.R.)<br />

Vorankündigung:<br />

Die Global Marshall Plan Initiative veröffentlicht in<br />

englischer Sprache ein "Best-of-Buch" zur Förderung<br />

einer UNO- und weltethosbasierten, <strong>durch</strong><br />

weltinnenpolitische Rahmenbedingungen geprägte<br />

weltweite ökosoziale Marktwirtschaft.<br />

Herausgeber: Global Marshall Plan Initiative, Hamburg,<br />

Erscheinungsdatum: Mai 2006.<br />

Darin sind u.a. folgende Beiträge abgedruckt, die auch philosophische Themen (universale<br />

Werte, globale Gerechtigkeit, interkultureller Humanismus u.a.) aufgreifen sowie die Frage<br />

nach der Rolle der Religionen im interkulturellen Dialog stellen:<br />

- Kofi Annan: Do We Still Have Universal Values?<br />

- Vittorio Hösle: The Idea of Global Justice and the Global Marshall Plan<br />

- Hans Küng: Europe and the Challenge of Islam<br />

- Johan Galtung: Peace by Peaceful Minds<br />

- Ram Adhar Mall: Intercultural Humanism and Global Marshall Plan<br />

- Franz-Josef Radermacher: Boundaries of Privatization: Balance between Public and Private<br />

Goods<br />

- Wolfgang Sachs: Justice of Ressources<br />

- William Vendley: The Role of Religion in the Dialog of Civilizations<br />

- EI Hassan bin Talal: Constructive Synergies: The Millenium Development Goals<br />

- Vandana Shiva: A Global Marshall Plan that our Planet Survives<br />

- Hans-Peter Dürr: The Potsdam Manifesto<br />

- Ernst Ulrich von Weizsäcker: The Limits of Privatization<br />

- Horst Köhler: Why should others concern us?<br />

- Franz Alt: A Global Marshall Plan for a Better World<br />

- Hazel Henderson: The Global Marshall Plan as Driver for Human Development<br />

� Internet: http://www.deletaphi.de<br />

DelEtaPhi, betreut von Matthias Tichy, ist eine Literaturdatenbank für die Didaktik der Ethik<br />

und <strong>Philosophie</strong> sowie den Ethik- und <strong>Philosophie</strong>unterricht. Zur Zeit sind hier 1935 Titel von<br />

Aufsätzen aus Fachzeitschriften (ZDPE, EU, Aufgaben und Wege des <strong>Philosophie</strong>unterrichts,<br />

<strong>Philosophie</strong> – Beiträge zur Unterrichtspraxis etc.) registriert. Die Suche kann <strong>durch</strong> Eingabe<br />

eines Suchwortes, über ein Schlagwortverzeichnis (Namen oder Begriffe), über ein alphabetisches<br />

Titelverzeichnis der Themenhefte, über ein Titelverzeichnis der Jahrgänge von Zeitschriften<br />

oder über den Namen der Autorin bzw. des Autors erfolgen. Sehr empfehlenswert!<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


Antrag auf Mitgliedschaft im <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong><br />

(Bitte an die/den Landesvorsitzende/n senden. Anschriften auf der letzten Seite.)<br />

Hiermit beantrage ich die Mitgliedschaft im <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong>,<br />

60<br />

Landesverband ______________________________________ . (Bitte unbedingt angeben!)<br />

Name: ____________________________________________________________________<br />

Straße: ___________________________________________________________________<br />

PLZ, Ort: __________________________________________________________________<br />

Tel.: ______________________________________________________________________<br />

Ich bin<br />

�� im aktiven Dienst (Mitgliedsbeitrag 20 €/Jahr)<br />

�� im Ruhestand (Mitgliedsbeitrag 8 €/Jahr)<br />

�� Referendar(in) (Mitgliedsbeitrag 5 €/Jahr)<br />

�� Student(in) (Mitgliedsbeitrag 5 €/Jahr)<br />

�� z. Zt. arbeitslos (Mitgliedsbeitrag 5 €/Jahr)<br />

(Zutreffendes bitte ankreuzen.)<br />

Die Einzugsermächtigung ist beigefügt.<br />

Mit der Weitergabe meiner Adresse an einen philosophischen Verlag (betrifft Zusendung der<br />

Verbandsmitteilungen)<br />

(Zutreffendes bitte ankreuzen.)<br />

��bin ich einverstanden<br />

��bin ich nicht einverstanden.<br />

________________________________________________________________________<br />

(Ort) (Datum) (Unterschrift)<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.


<strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V.<br />

Einzugsermächtigung<br />

Einzug von Forderungen mittels Lastschrift<br />

61<br />

Hiermit ermächtige ich Sie widerruflich, die von mir zu entrichtenden Beitragszahlungen für<br />

den <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V. bei Fälligkeit zu Lasten meines Kontos<br />

Nr.: _______________________________________________________________________<br />

Kontoinhaber:_______________________________________________________________<br />

bei Kontoinstitut: ____________________________________________________________<br />

Bankleitzahl: _______________________________________________________________<br />

mittels Lastschrift einzuziehen. Wenn mein Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist,<br />

besteht seitens des Kreditinstitutes keine Verpflichtung zur Einlösung.<br />

Zur Sicherheit des Kontoinhabers ist gesetzlich geregelt, dass für jede Lastschrift vom<br />

Kontoinhaber innerhalb von sechs Wochen die Rückbuchung verlangt werden kann. Sollte<br />

die Lastschrift mangels Kontodeckung nicht ausgeführt werden können oder nehme ich eine<br />

ungerechtfertigte Rückbuchung vor, so werden die da<strong>durch</strong> entstehenden Buchungskosten<br />

<strong>durch</strong> den <strong>Fachverband</strong> <strong>Philosophie</strong> e.V. von mir zurückgefordert.<br />

Name: _____________________________________________________________________<br />

Straße: ____________________________________________________________________<br />

PLZ, Ort: ___________________________________________________________________<br />

Tel.: _______________________________________________________________________<br />

__________________________________________________________________________<br />

(Ort) (Datum) (Unterschrift)<br />

MITTEILUNGEN 46/2006


Bundesvorsitzender<br />

Dr. Bernd Rolf<br />

Hubertusstr. 123<br />

47623 Kevelaer<br />

E-Mail: DrBRolf@aol.com<br />

Bundeskassenwart<br />

Edgar Fuhrken<br />

Seeadlerweg 10<br />

24159 Kiel<br />

E-Mail: FuhE.KI@lo-net.de<br />

Baden-Württemberg<br />

Dr. Eva Hirtler<br />

Südendstr. 30<br />

76137 Karlsruhe<br />

E-Mail: E.Hirtler@t-online.de<br />

Berlin<br />

Tanja Kunz<br />

Straßmannstr. 21<br />

10249 Berlin<br />

E-Mail: tanjaschlunz@yahoo.de<br />

Hamburg<br />

Martina Dege<br />

Heinrich-Barth-Str. 8<br />

20146 Hamburg<br />

E-Mail: m.dege@hamburg.de<br />

62<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

Torsten Köpp<br />

Ahornweg 40<br />

19069 Seehof<br />

E-Mail: wacker-koepp@freenet.de<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Klaus Draken<br />

Am Dönberg 65 h<br />

42111 Wuppertal<br />

E-Mail: Klaus.Draken@gmx.de<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Dr. Rainer Bartholomai<br />

Dorfstr. 20<br />

29485 Lemgow-Simander<br />

E.Mail: DRRBartholomai@aol.com<br />

Ansprechpartner Brandenburg<br />

Reinhard Unverricht,<br />

Am Sportplatz 47<br />

14482 Potsdam,<br />

Tel. 0331-715482<br />

L A N D E S V E R B Ä N D E<br />

FACHVERBAND PHILOSOPHIE E.V.<br />

Stellvertretende Bundesvorsitzende<br />

Martina Dege<br />

Heinrich-Barth-Str. 8<br />

20146 Hamburg<br />

E-Mail: m.dege@hamburg.de<br />

Schriftführer<br />

Jürgen Mühlstädt<br />

Klattenweg 17<br />

28213 Bremen<br />

E-Mail: jmuehlstaedt@t-online.de<br />

Bayern<br />

Dr. Klaus Zierer<br />

Keplerstr. 12<br />

93047 Regensburg<br />

E-Mail: Klaus.zierer@web.de<br />

Bremen<br />

Daniela Hoff-Bergmann<br />

Landgutweg 7a<br />

28355 Bremen<br />

E-Mail: HoffBergmann@aol.com<br />

Hessen (kommissarisch)<br />

Dr. Susanne Nordhofen<br />

Stifterstr. 28<br />

61130 Nidderau<br />

EuS.Nordhofen@t-online.de<br />

Niedersachsen<br />

Till Warmbold<br />

Granastr. 6<br />

30823 Garbsen<br />

E-Mail: TillWarmbold@gmx.de<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Dr. Ernst Georg Renda<br />

Am Damsberg 12<br />

55130 Mainz<br />

(Die Vorstandstätigkeit ruht z. Zt.)<br />

Schleswig-Holstein<br />

Jutta Kähler<br />

Adolfplatz 1<br />

23568 Lübeck<br />

E-Mail: info@ozd-Luebeck.de

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