ICE T 2 Neustart auf solider Basis - Deutsche Bahn AG
ICE T 2 Neustart auf solider Basis - Deutsche Bahn AG
ICE T 2 Neustart auf solider Basis - Deutsche Bahn AG
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Das Technik-Magazin der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
bahntech<br />
<strong>ICE</strong> T 2<br />
<strong>Neustart</strong> <strong>auf</strong><br />
<strong>solider</strong> <strong>Basis</strong><br />
INSTANDHALTUNG<br />
Mehr Effizienz durch<br />
zentrale Ersatzteillogistik<br />
REGIONALVERKEHR<br />
Doppelstockzüge für die<br />
neue Schwarzwaldbahn<br />
PROJEKT MOFAST<br />
Abschied von<br />
teurer Artenvielfalt<br />
2|04
inhaltt<br />
thema. aktuell. hintergrund.<br />
thema. ZUR SACHE<br />
Technik/Beschaffung-Chef Stefan Garber<br />
Win-Win-Situationen in der Technik 3<br />
thema. REGIONALVERKEHR<br />
Gemeinsame Stärke für die Schwarzwaldbahn<br />
DB Regio hat sich nach europäischer<br />
Ausschreibung den Betrieb der Schwarzwaldbahn<br />
sichern können. Gefahren wird<br />
künftig mit Doppelstockwagen. Die DB<br />
Systemtechnik ist bei den umfangreichen<br />
Einsatzvorbereitungen mit dabei. 4<br />
thema. DOPPELSTOCKW<strong>AG</strong>EN<br />
Die Dosto-Story<br />
Rund 1800 Dostos setzt die DB ein.<br />
Kunden und Mitarbeiter sind hoch<br />
zufrieden. 7<br />
2<br />
impressum<br />
aktuell. <strong>ICE</strong> T 2<br />
<strong>Neustart</strong> von bewährter <strong>Basis</strong><br />
Der <strong>ICE</strong> T 2 ist fertig. Er baut <strong>auf</strong> den<br />
Erfahrungen des <strong>ICE</strong> T 1 <strong>auf</strong>. 8<br />
aktuell. BAHN UND INDUSTRIE<br />
Zusammen <strong>auf</strong> gutem Weg<br />
<strong>Bahn</strong> und Industrie proben eine neuartige<br />
Kooperation für den <strong>ICE</strong> T 2. 11<br />
aktuell. SPURWECHSEL<br />
Umspuren nach Europa<br />
Eine Spurwechselanlage für Güterzüge<br />
nach Osteuropa wird getestet. 12<br />
aktuell. INSTANDHALTUNG<br />
Zentrale Logistik für Ersatzteile<br />
Der Nachschub für die Werke wird besser<br />
organisiert. 13<br />
aktuell. GSM-R<br />
Fit für den neuen Funk<br />
DB Systemtechnik hilft, neue digitale<br />
Kommunikation einzuführen. 14<br />
bahntech 2|04<br />
Das Technik-Magazin der<br />
<strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
Herausgeber:<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
Potsdamer Platz 2<br />
10785 Berlin<br />
Chefredaktion:<br />
Christine Geißler-Schild<br />
Tel. 030-297-61168<br />
Fax 030-297-62322<br />
christine.geissler-schild@bahn.de<br />
Text und Gestaltung:<br />
Redaktionsbüro ViaDuct<br />
hintergrund Projekt MOFAST<br />
Modular aus der Kostenfalle<br />
Die <strong>Bahn</strong> leistet sich noch den teuren<br />
Luxus kaum überschaubarer Artenvielfalt.Nun<br />
soll in dem Projekt<br />
„MOFAST“ etwas dagegen getan werden.<br />
Standardisierung und Modularisierung<br />
sind die Ziele quer durch die<br />
<strong>Bahn</strong>technik. 15<br />
Fotos:<br />
Christoph Busse, <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong><br />
<strong>AG</strong>, Edgar Schoepal<br />
Druck:<br />
Koelblin-Fortuna-Druck GmbH<br />
Gedruckt <strong>auf</strong> chlorfrei gebleichtem Papier<br />
mit mineralölfreien Farben
ZUR SACHE<br />
In der <strong>Bahn</strong>technik<br />
Win-Win-Situationen<br />
schaffen<br />
Im Wettbewerb der Verkehrsträger, aber auch im<br />
Wettbewerb der <strong>Bahn</strong>en untereinander, wird nur das<br />
Unternehmen <strong>auf</strong> Dauer erfolgreich sein können,<br />
das sich günstige Kostenstrukturen erarbeitet und diese<br />
an seine Kunden weitergibt. Das Transportgeschäft <strong>auf</strong><br />
der Schiene wird sich zunehmend in diesem Punkt<br />
nicht von anderen industriellen Betätigungen unterscheiden.<br />
Für den Konzern der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> heißt das<br />
prinzipiell: Der seit zehn Jahren erfolgreich beschrittene<br />
Weg, durch Produktivitätssteigerungen eine<br />
Kosteneffizienz zu erzielen, ist ohne Umkehr und muss<br />
konsequent weitergeführt werden. Dabei kann ein<br />
Dienstleistungsunternehmen nur in beschränktem<br />
Umfang an der Ressource Mensch sparen. Um so<br />
wichtiger ist es, für die<br />
komplexen technischen –<br />
und damit <strong>auf</strong>wändigen –<br />
Zusammenhänge des<br />
Systems <strong>Bahn</strong> effiziente<br />
Alternativen zu finden –<br />
Lösungen, die nachhaltig den hohen Aufwand für die<br />
Beschaffung und die Unterhaltung der zahlreichen<br />
technischen Systeme verringern.<br />
Ansätze gibt es dafür viele, wie beispielsweise die in<br />
dieser bahntech-Ausgabe beschriebene Neuordnung der<br />
Ersatzteillogistik für unsere 122 Werke: Eine zentrale,<br />
mit intelligenter Technik unterstützte Organisation<br />
wird schon in kürzester Zeit erhebliche Einsparpotenziale<br />
gegenüber der bisherigen dezentralen<br />
Materialbeschaffung realisieren.<br />
Stefan Garber, Generalbevollmächtigter<br />
Technik/Beschaffung der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong><br />
Viel größer aber noch sind die Chancen, die schon<br />
beschriebene komplexe <strong>Bahn</strong>technik massiv durch<br />
weitreichende Modularisierungen zu vereinfachen.<br />
Mehr Gleichteile für verschiedene Schienenfahrzeuge<br />
können Beschaffungsprozesse in hohem Maße optimieren.<br />
Ebenso verbilligt eine schnelle Tauschbarkeit kompletter<br />
Module Instandhaltungsprozesse deutlich, und<br />
zugleich erhöht sie die Verfügbarkeit von Fahrzeugen.<br />
In diesem Punkt sind die <strong>Bahn</strong> und die sie begleitenden<br />
Hersteller noch ganz am Anfang, wie das in diesem Heft<br />
beschriebene Projekt MOFAST zeigt. Dies gilt<br />
besonders, wenn man betrachtet, wie im Flugzeugbau<br />
oder auch in der Automobilindustrie Modularisierung<br />
und Standardisierung in den letzten Jahrzehnten konsequent<br />
vorangetrieben worden sind.<br />
Auf einem guten Weg<br />
sind <strong>Bahn</strong> und Industrie<br />
„Alternativen finden für das<br />
auch bei einem weiteren<br />
technisch <strong>auf</strong>wändige System <strong>Bahn</strong>“<br />
wichtigen Projekt – bei<br />
der Beschaffung der zweiten<br />
Serie des Neigetechnik-<strong>ICE</strong>:<br />
Hier arbeiten heute Technik und Eink<strong>auf</strong><br />
der <strong>Bahn</strong> sowie die Industrie in enger Partnerschaft zur<br />
Erreichung einer verbesserten Qualität zusammen. Für<br />
Auftraggeber und Auftragnehmer steht dabei das im<br />
Vordergrund, was man heute gerne als Win-Win-<br />
Situation bezeichnet.<br />
Solche Win-Win-Bemühungen ermöglichen es der<br />
<strong>Bahn</strong>, einen wesentlichen Schritt im Hinblick <strong>auf</strong><br />
kostengünstigere und wettbewerbsgerechtere Einsätze<br />
des „technischen Systems <strong>Bahn</strong>“ voranzukommen.bt<br />
3<br />
bbahnnteechh 22|22000044
themaa<br />
REGIONALVERKEHR<br />
Reise-Qualität im<br />
Doppelstockwagen:<br />
(Bilder rechts).<br />
Heute schon <strong>auf</strong><br />
der Höllentalbahn<br />
(Foto), morgen<br />
auch <strong>auf</strong> der<br />
Schwarzwaldbahn<br />
Im europäischen<br />
Ausschreibungswettbewerb um den<br />
Regionalverkehr <strong>auf</strong> der<br />
Schwarzwaldbahn hatte DB Regio<br />
die Nase vorn. Ab<br />
2006 wird die Tochter<br />
DB Schwarzwaldbahn<br />
GmbH zwischen Konstanz und<br />
Karlsruhe zunächst für zehn Jahre<br />
ein modernes, attraktives<br />
Schienenpersonenverkehrsangebot<br />
betreiben. Hohe Qualität zu attraktiven<br />
Preisen – wie in jedem<br />
Wettbewerb waren dies auch bei<br />
diesem Bieterkampf die entscheidenden<br />
Kriterien. Hinter den<br />
Kulissen wird bei der <strong>Bahn</strong> derzeit<br />
mit Volldampf an der Realisierung<br />
des Konzeptes gearbeitet. Hand in<br />
Hand arbeiten die Fachleute von<br />
DB Regio und dem Bereich Technik<br />
und Beschaffung zusammen, damit<br />
das neue Produkt pünktlich zum<br />
Fahrplanwechsel „steht“.<br />
Gemeinsame<br />
Stärke für die<br />
Schw Schwar<br />
arzw zwaldbahn aldbahn
Ulrich Homburg,Vorstandsvorsitzender<br />
der DB Regio, will seinen Stolz gar nicht<br />
verbergen: „Wir freuen uns sehr, dass wir<br />
mit der Schwarzwaldbahn eine wichtige<br />
Ausschreibung in Baden-Württemberg<br />
gewinnen konnten.Wir haben mit unserem<br />
Angebot bewiesen, dass wir uns in<br />
fairen Wettbewerbsverfahren gegen inund<br />
ausländische Konkurrenz durchsetzen<br />
können.“ 3,1 Millionen Zugkilometer<br />
wird die DB Schwarzwaldbahn<br />
GmbH ab Fahrplanwechsel Mitte<br />
Dezember 2006 jedes Jahr zwischen<br />
Bodensee und Karlsruhe fahren.<br />
Eingesetzt werden Doppelstockwendezüge<br />
der neuesten Generation, überwiegend<br />
Züge mit drei und vier Wagen mit<br />
bis zu 459 Sitzplätzen. Insgesamt werden<br />
36 Doppelstock-Mittel- und Steuerwagen<br />
und elf Lokomotiven der Baureihe<br />
146 den schnellen Regionalverkehr übernehmen.<br />
Für die <strong>Bahn</strong> bedeutet das ein<br />
Investitionsvolumen von rund 80<br />
Millionen Euro.<br />
Damit alles funktioniert, arbeiten DB<br />
Regio, die DB Systemtechnik und die<br />
Fachleute vom Eink<strong>auf</strong> bereits seit der<br />
Bewerbungsphase eng miteinander.<br />
Stefan Garber, Chef von Technik und<br />
Beschaffung, bringt es <strong>auf</strong> den Punkt:<br />
„Bei derartigen Projekten können wir<br />
natürlich das geballte Know-how, die<br />
gesammelte Kompetenz des großen<br />
<strong>Bahn</strong>konzerns mit allen seinen Erfahrungen<br />
einbringen. Das ist schon ein<br />
erheblicher Wettbewerbsvorteil und eine<br />
nicht hoch genug einzuschätzende Stärke<br />
unseres vielseitigen, vielseitig operierenden<br />
Unternehmens.“<br />
So war die DB Regio ganz bewusst<br />
mit einem Betriebskonzept <strong>auf</strong> der <strong>Basis</strong><br />
von Doppelstockwagen in den internationalen<br />
Wettbewerb eingestiegen. Gerd<br />
Ahne, bei der DB Systemtechnik für das<br />
„System Reisezugwagen“ verantwortlich,<br />
verweist <strong>auf</strong> die besondere Erfolgsstory<br />
der „Dostos“. Rund 1.800 dieser Wagen<br />
sind seit 1993 bei der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> im<br />
Einsatz: „Diese Fahrzeuge sind inzwischen<br />
in ganz Deutschland unterwegs. Sie<br />
sind zu einem Markenzeichen der <strong>Bahn</strong><br />
im Nahverkehr geworden. Vor allem in<br />
den Ballungszentren wäre ein attraktives<br />
<strong>Bahn</strong>-Angebot heute ohne die Doppelstockwagen<br />
nicht mehr denkbar.“<br />
Bei den Fahrgästen sind die Dostos in<br />
aller Regel sehr beliebt. Auch aus der<br />
Betreiberperspektive genießen die Fahrzeuge<br />
viel Sympathien. Denn die Wagen<br />
erreichen im Alltagsbetrieb eine hohe<br />
Zuverlässigkeit, nicht selten mit einer fast<br />
100%igen Verfügbarkeit. Zurückzuführen<br />
sei dies zum einen <strong>auf</strong> die hohe Zahl der<br />
beschafften Fahrzeuge, die von Serie zu<br />
Serie technisch und betrieblich weiter<br />
entwickelt wurden. Zum anderen aber<br />
auch <strong>auf</strong> eine konsequente Güteprüfung<br />
bereits in der Produktion beim Hersteller<br />
Bombardier. Ahne: „So konnte stets<br />
die Auslieferung von betriebsbereiten<br />
Doppelstockwagen sichergestellt werden.<br />
Es gab kaum Kinderkrankheiten, wir<br />
konnten sofort volles Programm fahren.“<br />
Zuverlässigkeit, die obendrein noch<br />
durch ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
gekennzeichnet ist. Da die Dostos<br />
mittelfristig in größeren Stückzahlen<br />
Schwarzwaldbahn<br />
250 km von Karlsruhe<br />
nach Konstanz<br />
3,1 Mio Zugkilometer<br />
im Jahr<br />
nach Strasbourg<br />
Basel<br />
Rh e i n<br />
Freiburg<br />
Karlsruhe<br />
Rastatt<br />
Baden-Baden<br />
Offenburg<br />
S c h w a r z w a l d<br />
nach Heidelberg<br />
und Mannheim<br />
Hausach<br />
Hornberg<br />
nach Stuttgart<br />
Triberg St. Georgen<br />
Villingen<br />
Donaueschingen<br />
Titisee<br />
Singen<br />
geordert wurden und werden, konnte<br />
Bombardier anders disponieren und der<br />
DB Regio günstigere K<strong>auf</strong>preise zusichern.<br />
„Diesen Preisvorteil haben wir natürlich<br />
voll in die Ausschreibung einbringen<br />
können“, berichtet Andres, der das<br />
Projekt maßgeblich begleitet hat und<br />
künftig Manager in der DB Schwarzwaldbahn<br />
GmbH sein wird. „Fahrzeuge<br />
kostengünstiger in einer großen Stückzahl<br />
ordern zu können – das ist ein klassischer<br />
Synergieeffekt, den nur ein großer<br />
Player wie die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> bieten<br />
kann.“ Immerhin: Bei der Ausschreibung<br />
der Schwarzwaldbahn machte der Preis<br />
70 Prozent der Zuschlagskriterien aus.<br />
Doch auch bei den weiteren Vorgaben in<br />
dem Wettbewerb sammelte das Konzept<br />
der DB Regio beim Auftraggeber, dem<br />
Land Baden-Württemberg, Punkte.<br />
Andres: „Auch hier kam uns unser intelligentes<br />
Fahrzeugkonzept mit den<br />
Doppelstockwagen entgegen. Im Baukastenprinzip<br />
lassen sich viele Module<br />
Radolfzell<br />
D o n a u<br />
Immendingen<br />
Konstanz<br />
Zuschlagskriterien<br />
•Günstiger Zuschussbedarf<br />
•Betriebliche Qualität<br />
Pünktlichkeit<br />
Zuverlässigkeit<br />
Personalkonzept<br />
Notfallmanagement<br />
Mängelbeseitigung<br />
• Verkehrliche Qualität<br />
Tarifkonzept<br />
Vertrieb<br />
Fahrgastinformation<br />
Beschwerdemanagement<br />
Marketing<br />
• Technische Qualität<br />
Fahrzeugkonzept<br />
Werkstattkonzept<br />
Wartungskonzept<br />
Abstellkonzept<br />
Fahrradmitnahme<br />
B o d e n s e e<br />
nach Ulm<br />
5<br />
bbahnnteechh 22|22000044
themaa<br />
beliebig auswählen.“ Ein Beispiel erklärt<br />
das: Gefordert wurden in der Ausschreibung<br />
„insgesamt mindestens 40<br />
Fahrradabstellplätze in der Sommersaison“.<br />
Ein Kriterium, das in den großzügig<br />
geschnittenen Dostos mit ihren<br />
Mehrzweck-Fahrgasträumen überhaupt<br />
kein Problem war. Entscheidend war auch<br />
das Komfortangebot. Manager Andres<br />
beschreibt: „Die Strecke Karlsruhe –<br />
Konstanz ist praktisch eine fernverkehrsähnliche<br />
Relation, und da muss dem<br />
Reisenden schon wesentlich mehr<br />
Komfort geboten werden als <strong>auf</strong> typischen<br />
Nahverkehrs-Kurzstrecken. Auch<br />
da liegen wir mit unseren Dostos hervorragend.<br />
Die langen Wagenkästen und die<br />
Luftfederung sorgen für eine angenehme<br />
L<strong>auf</strong>ruhe.“ Selbstverständlich erhalten die<br />
Fahrzeuge eine Klimaanlage.<br />
Sie verfügen auch über ein Fahrgastinformationssystem,<br />
das den Reisenden<br />
alle notwendigen betrieblichen In-<br />
6<br />
DOPPELSTOCKW<strong>AG</strong>EN<br />
bahntech: Herr Dr. Vulpius,<br />
Glückwunsch, dass Sie im<br />
Ausschreibungswettbewerb<br />
die Schwarzwaldbahn für DB<br />
Regio holen konnten.Wor<strong>auf</strong><br />
führen Sie diesen für die <strong>Bahn</strong><br />
wichtigen strategischen Erfolg<br />
zurück?<br />
Vulpius: Im Prinzip ist das<br />
ganz einfach: Wir haben dem<br />
Aufgabenträger, dem Land<br />
Baden-Württemberg, die geforderte<br />
solide Qualität in<br />
pfiffiger Ausführung zu einem<br />
besonderen Preis angeboten.<br />
bahntech: Aber der Preis ist<br />
sicherlich nicht alles …<br />
Vulpius: Nein, natürlich<br />
Künftiger Schwarzwaldbahn-Manager Dirk Andres:<br />
„Mit dem intelligenten Fahrzeugkonzept der<br />
Doppelstockwagen im Wettbewerb die Nase vorn“<br />
formationen vermittelt: Der nächste Halt<br />
wird ebenso avisiert, wie Anschlussverbindungen<br />
empfohlen oder Hinweise<br />
bei Verspätungen gegeben werden.<br />
Erstmals wird es dann auch möglich sein,<br />
an den Bildschirmen der Steuerwagen<br />
touristische Informationen einzuspielen.<br />
Hinzu kommt: Die Dostos versprechen<br />
den Fahrgästen <strong>auf</strong> der landschaftlich<br />
attraktiven und technisch interessanten<br />
Gebirgsbahn, speziell <strong>auf</strong> der Fahrt<br />
durch die große Triberger Doppelschleife,<br />
eine besonders schöne<br />
Panoramasicht. „Im oberen Stock bieten<br />
wir den Fahrgästen dank der neuen,<br />
großflächigeren geschwungenen Fenstergalerie<br />
einen eindrucksvollen Ausblick in<br />
den Schwarzwald und über die<br />
Uferböschung hinweg vom Bodensee bis<br />
zu den Alpen,“ ergänzt Dr. Michael<br />
Vulpius, Leiter des Regionalverkehrs<br />
Südbaden bei DB Regio und Projektleiter<br />
der DB-Bewerbung.<br />
Erfolg mit Qualität<br />
Interview mit Dr. Michael Vulpius,<br />
Leiter Regionalverkehr Südbaden der DB Regio<br />
nicht, er ist aber schon sehr<br />
wichtig. Rund 70 Prozent<br />
wird vom Preis bestimmt.<br />
Unsere Entscheidung, mit<br />
dem Dosto und der Baureihe<br />
146 in das Ausschreibungsrennen<br />
zu gehen, hat ja auch<br />
sehr viel mit Qualität zu tun,<br />
und die hohe Verfügbarkeit<br />
sowie der geringe Instandhaltungs<strong>auf</strong>wand<br />
wirken sich<br />
günstig <strong>auf</strong> die Kosten aus. Es<br />
handelt sich um bewährte,<br />
ausgereifte Fahrzeuge, die in<br />
puncto Verfügbarkeit im DB-<br />
Konzern, aber auch im europäischen<br />
Vergleich zu den<br />
Spitzenreitern gehören.<br />
bahntech: Noch einmal zurück<br />
zum Wettbewerb: Theoretisch<br />
hätten ja auch ihre KonkurrentenDosto-Betriebskonzepte<br />
anbieten können.<br />
Vulpius: Die hier angetretene<br />
Konkurrenz hat weder den<br />
Fahrzeugpool noch die entsprechenden<br />
Werkstätten und<br />
schon gar nicht das notwendige<br />
Know-how, deshalb konnte<br />
sie dieses Konzept nicht<br />
anbieten.<br />
bahntech: Premiere <strong>auf</strong> der<br />
Schwarzwaldbahn ist erst<br />
Ende 2006. Was ist bis dahin<br />
zu tun?<br />
Vulpius: Eine ganze Menge,<br />
Für den Betrieb in Deutschlands<br />
Südwesten wurden aus dem Doppelstock-Konstruktionsprogramm<br />
des Herstellers<br />
Fahrzeuge mit Tiefeinstieg ausgewählt.<br />
So wird das Ausschreibungskriterium,<br />
das Fahrzeuge für <strong>Bahn</strong>steighöhen<br />
von 38 Zentimetern, 55 Zentimetern und<br />
76 Zentimetern über Schienenoberkante<br />
fordert, problemlos erfüllt. Speziell für<br />
mobilitätseingeschränkte Reisende mit<br />
Rollstuhl gibt es eine Überfahrrampe, die<br />
den Zugang in den Steuerwagen erleichtert.<br />
Als Zuglok stand bereits in einem frühen<br />
Projektstadium die Baureihe146.2<br />
fest. Andres: „Diese Triebfahrzeuge versprechen<br />
<strong>auf</strong>grund ihrer Leistungsfähigkeit<br />
und der bisher gemachten<br />
Erfahrungen im Regional<strong>Bahn</strong>- und<br />
RegionalExpress-Verkehr mit Doppelstockwagen<br />
optimale Ergebnisse.“ Die<br />
146er zeichnen sich gegenüber anderen<br />
Lokbaureihen durch eine optimale
Fahrdynamik und höhere Endgeschwindigkeit<br />
aus – die Züge sind für 160 km/h<br />
ausgelegt.<br />
Dies wird sich nicht immer in kürzeren<br />
Reisezeiten niederschlagen, erläutert<br />
der Manager der künftigen Schwarzwaldbahn:<br />
„Wir wollen das uns zur<br />
Verfügung stehende Zeitpolster ganz einfach<br />
für Qualität nutzen. Zum einen<br />
erhalten wir höhere Zeitzuschläge, die es<br />
uns erleichtern, bei Verspätungen wieder<br />
<strong>auf</strong>zuholen. Zum anderen gewinnen wir<br />
wertvolle Minuten bei den Aufenthalten.<br />
Man muss ja überlegen, dass viele<br />
<strong>Bahn</strong>höfe Ferienziele sind, an denen<br />
zumindest in der Saison besonders viele<br />
Menschen mit großem Gepäck,<br />
Fahrrädern und Kinderwagen ein- und<br />
aussteigen wollen.“ bt<br />
z.B. unseren Betrieb den kalkulierten<br />
Kosten anpassen.<br />
Das ist harte Sanierungsarbeit.<br />
Derzeit erarbeiten wir gemeinsam<br />
mit den Partnern in<br />
der Region, also mit den<br />
Kreisen, Kommunen, den<br />
Tourismus-Organisationen,<br />
fünf Verkehrsverbünden,<br />
Schulen und anderen Einrichtungen,<br />
ein attraktives Marketingkonzept.<br />
Wir wollen die<br />
Schwarzwaldbahn als das beispielhafte<br />
<strong>Bahn</strong>unternehmen<br />
innerhalb des Konzernverbundes<br />
der DB positionieren,<br />
das die Region prägt und als<br />
unsere Schwarzwaldbahn wahrgenommen<br />
wird.Wir schaffen<br />
damit lokale Identität. Das ist<br />
nach Pünktlichkeit, <strong>solider</strong><br />
Kundeninformation und Sauberkeit<br />
der wichtigste<br />
Schlüssel, um mehr Fahrgäste<br />
zu gewinnen und die<br />
Schwarzwaldbesucher zu<br />
überzeugen. bt<br />
Über 28.000<br />
Nahverkehrszüge<br />
der <strong>Deutsche</strong>n<br />
<strong>Bahn</strong> befördern<br />
täglich rund 4,2<br />
Millionen Kunden<br />
– sehr viele von<br />
ihnen fahren in<br />
Doppelstockwagen,<br />
den Dostos. Mehr<br />
als 1.800 der<br />
Fahrzeuge gehören<br />
heute zum Wagenpark<br />
der DB. Die<br />
Fachleute schätzen<br />
sie, weil sie <strong>auf</strong><br />
geringer Grundfläche<br />
ein hohes<br />
Platzangebot bieten<br />
und weil sie<br />
praktisch ohne<br />
größere Kinderkrankheiten<br />
von<br />
Beginn an häufig mit 100%iger Zuverlässigkeit<br />
im Dienst sind. Auch bei den<br />
Kunden gibt es viel Zustimmung, nicht<br />
zuletzt wegen der bequemen breiten<br />
Einstiegsmöglichkeiten und der geräumigen<br />
Sitzplätze der Dostos. Jährlich rollen<br />
die Fahrzeuge bis zu 350.000 Kilometer<br />
<strong>auf</strong> dem deutschen Schienennetz. Das<br />
sind L<strong>auf</strong>leistungen rund doppelt so hoch<br />
wie sonst bei Nahverkehrsfahrzeugen. Sie<br />
erreichen schon Fernverkehrsniveau.<br />
Die Erfolgsstory begann 1936: Die<br />
damalige Lübeck-Büchener Eisenbahn<br />
fuhr schon vor dem Zweiten Weltkrieg<br />
zwischen Hamburg und Travemünde an<br />
der Ostsee mit Doppelstockwagen. Nach<br />
dem Krieg waren es die Reichsbahn der<br />
DDR und die osteuropäischen Nachbarbahnen,<br />
die weiter konsequent <strong>auf</strong><br />
Dosto-Technik setzten. Die Fahrzeuge<br />
kamen früher alle aus der traditionsreichen<br />
Waggonb<strong>auf</strong>abrik in Görlitz, die<br />
heute zu Bombardier Transportation<br />
gehört. Bis 1993 baute sie knapp 4.800<br />
Waggons, von denen rund 1.600 für die<br />
Reichsbahn hergestellt wurden. Die<br />
übrigen gingen in den Export nach<br />
Die Dosto-Story<br />
Polen, Rumänien, Bulgarien, in die<br />
Sowjetunion und die Tschechoslowakei.<br />
Nach der Wiedervereinigung lieferte<br />
die <strong>Deutsche</strong> Waggonbau <strong>AG</strong> aus Görlitz<br />
1993 zunächst 75 Doppelstöcker nach<br />
Bayern. 1994 bis 1996 folgten 360 weitere<br />
Fahrzeuge. Und ab 1997 bis zum letzten<br />
Jahr lieferte das Werk Görlitz 720<br />
erstmals vollständig klimatisierte<br />
Fahrzeuge aus. Bis 2006 folgen weitere<br />
knapp 300 Fahrzeuge.<br />
Gerd Ahne, Doppelstock-Experte bei<br />
der DB Systemtechnik: „Die Fahrzeuge<br />
wurden schrittweise und behutsam<br />
immer weiterentwickelt, und zwar in<br />
Komfort wie auch in der Technik. Es ist<br />
uns gelungen, dabei zu keinem Zeitpunkt<br />
die Zuverlässigkeit im Betrieb zu gefährden.<br />
Kein anderes Fahrzeug der <strong>Bahn</strong> hat<br />
eine Verlässlichkeit von 94 bis 100<br />
Prozent erreicht.“ Deshalb sind die<br />
Doppelstöcker so beliebt – bei den<br />
Reisenden, beim Personal vom Lokführer<br />
bis zum Kundenbetreuer, hinter den<br />
Kulissen in den Werken. Und beim<br />
Controlling: Auch betriebswirtschaftlich<br />
sind die Dostos ein voller Erfolg.bt<br />
7<br />
bbahnnteechh 22|22000044
aktuellll<br />
8<br />
<strong>ICE</strong> T 2<br />
Vertrautes Äußeres,<br />
doch viele<br />
Neuerungen im<br />
Detail: Einer der<br />
ersten <strong>ICE</strong> T 2<br />
kurz vor der<br />
Inbetriebsetzung<br />
<strong>Neustart</strong> von bewährter <strong>Basis</strong><br />
Die DB Fernverkehr <strong>AG</strong> will ihren Bestand von 43 <strong>ICE</strong> mit<br />
Neigetechnik – die <strong>ICE</strong> T – von diesem Jahr an um weitere 28<br />
siebenteilige Einheiten <strong>auf</strong>stocken. Das Beschaffungsprojekt<br />
mit einem Investitionsvolumen von rund 400 Millionen Euro<br />
entwickelt sich zur Nagelprobe der künftigen Zusammenarbeit<br />
zwischen <strong>Bahn</strong> und Industrie. Im Auftrag des Fernverkehrs sind<br />
es die Fachleute der Konzernabteilung Technik und<br />
Beschaffung, die das Projekt realisieren.
Thomas Erpenbeck, Chef des Beschaffungsprojektes <strong>ICE</strong> T 2:<br />
„Der <strong>ICE</strong> T 2 wird trotz vieler Neuerungen ein<br />
Erfahrungsträger sein, aber kein Innovationsträger“<br />
Die Aufgabe ist anspruchsvoll: Es geht<br />
darum, eine Zugserie zu entwickeln, die<br />
einerseits <strong>auf</strong> den Erfahrungen der bisherigen<br />
<strong>ICE</strong> T <strong>auf</strong>baut und die andererseits<br />
technische Vereinfachungen und Innovationen<br />
umsetzt, die den <strong>ICE</strong> T 2 zu<br />
einem in jeder Hinsicht optimalen<br />
Produkt machen.<br />
Dr. Thomas Erpenbeck ist Chef des<br />
Beschaffungsprojektes <strong>ICE</strong> T 2 bei der<br />
DB Systemtechnik. Er bringt die<br />
Aufgabenstellung <strong>auf</strong> den Punkt. „Der<br />
neue <strong>ICE</strong> ist zwar ein eigenständiges<br />
Beschaffungsprojekt, doch er ist kein vollkommen<br />
neuer Zug. Er wird ein Erfahrungsträger<br />
sein, aber kein Innovationsträger.<br />
Was nicht heißt, dass in dem<br />
Zug nicht doch eine Reihe von Innovationen<br />
realisiert worden sind – doch<br />
unsere Kunden werden den Zug ganz<br />
eindeutig als <strong>ICE</strong> T wiedererkennen und<br />
gleich mit ihm vertraut sein.“<br />
Wie schon die ersten 43 Neigetechnik-<strong>ICE</strong>s<br />
wird auch die neue Serie<br />
von einem Konsortium der <strong>Bahn</strong>industrie<br />
geliefert, an dem die drei großen<br />
Systemhäuser Alstom, Bombardier Transportation<br />
und Siemens Transportation<br />
beteiligt sind. Hinsichtlich der Fertigungstechnik<br />
und der Komponentenverantwortung<br />
entspricht die Arbeitsteilung<br />
der großen Hersteller jener Aufgaben,<br />
die sie bereits in den 90-er Jahren<br />
im Konsortium ICNeiTech vereinbart<br />
hatten. Das Konsortium lieferte die 43<br />
Züge von 1997 bis 1999 an die <strong>Deutsche</strong><br />
<strong>Bahn</strong> <strong>AG</strong> aus.<br />
Die nunmehr bestellten 28 <strong>ICE</strong> T 2<br />
wurden als Nachbau bestellt. Sie sollen in<br />
den Bestand der Baureihe 411 <strong>auf</strong>genommen<br />
werden. Erpenbeck beschreibt: „Mit<br />
den neuen Fahrzeugen wollen wir die<br />
schon bei der ersten Serie gegebene<br />
Qualität und Zuverlässigkeit möglichst<br />
noch weiter erhöhen. Streng genommen,<br />
sind die 28 neuen Züge keine Neuentwicklung<br />
im Bereich der Neigetechnik-<strong>ICE</strong>.<br />
Doch die von uns angestrebten<br />
Optimierungen gegenüber der<br />
Vorserie machen den <strong>ICE</strong> T 2 gleichwohl<br />
zu einer neuen Variante des <strong>ICE</strong> T.“<br />
Für das Projekt l<strong>auf</strong>en bei Thomas<br />
Erpenbeck alle Fäden der Fachbereiche<br />
zusammen: Technik, Qualitätssicherung,<br />
Instandhaltung, Betrieb und Eink<strong>auf</strong> – sie<br />
alle liefern zusammen das komplette<br />
Systemwissen aus der Betriebserfahrung<br />
der ersten Serie. „Wir wollen das Projekt<br />
ganz klar unter der Maßgabe Zuverlässigkeit<br />
und Mängelfreiheit der Züge<br />
abwickeln. Die Liefertermine müssen sich<br />
dem unterordnen. Qualität geht vor<br />
Termin“, so die einhellige Meinung aller<br />
am Projekt Beteiligten.<br />
Ansätze, die neuen <strong>ICE</strong> T 2 gegenüber<br />
der Vorserie zu optimieren, gibt es<br />
viele. So hat das Herstellerkonsortium in<br />
einer Reihe von Punkten den Fertigungsprozess<br />
durch die Vereinfachung<br />
bislang komplexer Bauteile verbessern<br />
können. Ein Beispiel dafür ist das für den<br />
<strong>ICE</strong> T typische äußere schwarze Fensterband.<br />
Während es in der Ursprungsserie<br />
durchgehend aus Glas konstruiert war,<br />
werden bei der Folgeserie nur noch<br />
Einzelfenster eingesetzt. Die Zwischenstücke<br />
sind einfach schwarz lackierte<br />
Wagenkasten – mit der Konsequenz, dass<br />
der elegante äußere Eindruck bleibt, eine<br />
<strong>auf</strong>wändige Konstruktionslösung aber<br />
entfällt und vor allem das Fahrzeuggewicht<br />
reduziert wird.<br />
Unter „Reduzierung der Komplexität“<br />
verstehen die Fachleute der DB<br />
9<br />
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aktuellll<br />
Systemtechnik auch abgespeckte Ausstattungsvarianten.<br />
So wird in den WCs<br />
nicht länger ein Granitfußboden eingebaut,<br />
sondern ein erprobter und strapazierfähiger<br />
Kunststoffbelag. Im Bord-<br />
Restaurant werden die bisherigen Holzverkleidungen<br />
durch glasfaserverstärkte<br />
Kunststoffseitenverkleidungen ersetzt.<br />
Ohnehin wird es im <strong>ICE</strong> T 2 kein klassisches<br />
BordRestaurant mehr geben, sondern<br />
ein großzügig konzipiertes Bistro. Es<br />
braucht weniger Platz, und so gibt es im<br />
Zug 14 zusätzliche Sitzplätze. In den übrigen<br />
sechs Wagen fallen Schränke und<br />
Garderoben weg, der Sitzabstand in der<br />
2. Klasse wurde von 970 <strong>auf</strong> 920 mm angepasst.<br />
Der <strong>ICE</strong> T 2 verfügt so über insgesamt<br />
390 Sitzplätze, im <strong>ICE</strong> T 1 sind es<br />
lediglich 357. Optimiert wird das Fahrgastinformationssystem<br />
(FIS), das Fahrgäste<br />
über Displays und Lautsprecheransagen<br />
informiert. Selbstverständlich<br />
sind die neuen Züge für die neue digitale<br />
Kommunikation im GSM-R-Netz<br />
gerüstet. Die meisten Wagen des <strong>ICE</strong> T 2<br />
sind zudem technisch so ausgestattet, dass<br />
Kommunikation per Handy weitgehend<br />
problemlos funktioniert.<br />
Die wesentlichen Veränderungen der<br />
zweiten Generation der Neigetechnik-<br />
10<br />
Länge über Kupplung: 27,5 m Endwagen,<br />
25,9 m Mittelwagen<br />
Gesamtlänge: 184,4 m<br />
Breite: 2,85 m<br />
Gesamthöhe: 3,89 m<br />
Fußbodenhöhe: 1,25 m<br />
Sitzplätze:<br />
1. Klasse: 55<br />
2. Klasse: 335<br />
Sitzplätze gesamt: 390<br />
Höchstgeschwindigkeit: 230 km/h<br />
Traktionsleistung am Rad: 4000 kW<br />
<strong>ICE</strong> sind äußerlich nicht sichtbar.<br />
Erpenbeck: „Schwerpunkt ist die Erhöhung<br />
der Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit<br />
der Neigetechnik. Ein Neigetechnik-<strong>ICE</strong><br />
zeichnet sich nun einmal<br />
dadurch aus, dass er bogenschnell <strong>auf</strong> kurvenreichen<br />
Fahrstrecken die Fahrgäste<br />
schnell und komfortabel an ihr Ziel<br />
bringt. Das ist ein sehr produktprägendes<br />
Merkmal.“<br />
Gemeinsam mit dem Herstellerkonsortium<br />
hat die DB Systemtechnik<br />
zahlreiche Anstrengungen unternommen,<br />
um in Sachen Neigetechnik einen Schritt<br />
nach vorne zu machen. Durch eine<br />
ganze Reihe von Maßnahmen wurde der<br />
Fertigungsprozess stabilisiert. Die Neigetechnik,<br />
die in ihren technischen Grundzügen<br />
immer noch <strong>auf</strong> dem bewährten<br />
italienischen „Pendolino“-System beruht,<br />
wurde durch neue Teilkomponenten verbessert<br />
– sowohl hinsichtlich der Hardware<br />
als auch der Software. Zur Strategie<br />
der <strong>ICE</strong> T 2-Beschaffung gehört, dass solche<br />
Innovationen möglichst nicht dem<br />
Zufall überlassen wurden.Viele Komponenten<br />
und Subsysteme wurden bereits in<br />
der ersten Fahrzeugserie getestet, gerade<br />
auch hinsichtlich der Qualitätsanforderungen.<br />
Bremsleistung am Rad: 4100 kW<br />
Neigetechnik: hydraulisch, Neigewinkel Nennwert<br />
8 Grad + Toleranz von 0,3 Grad<br />
Fahrkomfort: RMS-Wert der Vertikalbeschleunigung:<br />
max 0,27m/s 2 + 10% bei einer<br />
Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h<br />
Akustik: ≤ 68 dB (A) im Fahrgastraum<br />
Max. Radsatzlast: 1,6 t<br />
Fahrzeugbezeichnung: BR 411-51 bis 79<br />
Zu den Details <strong>auf</strong> der technischen<br />
Seite gehört auch, dass wartungsfreie Gel-<br />
Batterien im Zug installiert werden.<br />
Durch Veränderungen bei einzelnen<br />
Bauteilen und ihrer Anordnungen wurde<br />
zudem erreicht, dass diese Teile bei der<br />
Wartung besser erreichbar sind. Dabei<br />
handelt es sich um sehr zielgerichtete<br />
Innovationen, die sich an der vorhandenen<br />
Zugserie orientieren. „Unsere Forderung<br />
,Erfahrungsträger statt Innovationsträger‘<br />
bedeutet natürlich, dass wir die<br />
Systemplattform des <strong>ICE</strong> T für Betrieb<br />
und Instandhaltung beibehalten. Der<br />
neue Zug wird möglichst identische<br />
Komponenten und Schnittstellen haben.<br />
Und er wird dieselben Ersatzteile brauchen.Wir<br />
erreichen damit eine einheitliche<br />
Instandhaltung der beiden Serien<br />
<strong>ICE</strong> T“, betont Erpenbeck. Und das ist<br />
ein ganz wesentliches Kriterium, um die<br />
Life-Cycle-Costs der zweiten Serie niedrig<br />
zu halten. Ein Nachbau, der in der<br />
Instandhaltung keine Extrabehandlung<br />
benötigt, passt sich in den Werken in die<br />
Routine seines Vorgänger-Modells ein.<br />
Damit sinkt automatisch der Aufwand.<br />
Von den 28 Zügen stehen die ersten<br />
bereits <strong>auf</strong> den Schienen. Sie haben<br />
zunächst im Siemens-Prüfcenter in<br />
Wildenrath erste Abnahme- und Zulassungsfahrten<br />
absolviert und werden jetzt<br />
<strong>auf</strong> den DB-Strecken selbst unter<br />
Betriebsbedingungen getestet. Die<br />
eigentliche Inbetriebnahme jedes einzelnen<br />
Zuges wird dort stattfinden.<br />
Erpenbeck: „Die Inbetriebnahme ist der<br />
Schritt nach der Fertigung der einzelnen<br />
Wagen vor der Übergabe des Zuges an<br />
die DB. Hier werden die Wagen zum<br />
Zug zusammengestellt. Aus den<br />
Einzelteilen wird das Ganze gemacht.“<br />
Das heißt: Die Einzelwagen werden<br />
mechanisch gekuppelt und auch elektrisch<br />
und elektronisch durch das<br />
Einschalten der „Zugsysteme“ und ihrer<br />
Software verbunden. Auf dem Testring<br />
stehen dann die ersten Zugfahrten an –<br />
mit bis zu 160 km/h Höchstgeschwindigkeit.<br />
Noch in diesem Jahr sollen die ersten<br />
<strong>ICE</strong> T 2 in den Fahrplan-Dienst gehen;<br />
die entsprechende Qualität der Fahrzeuge<br />
vorausgesetzt.bt
BAHN UND<br />
INDUSTRIE<br />
Für die <strong>Bahn</strong> und die<br />
Industrie ist der <strong>ICE</strong> T 2 das<br />
erste Großprojekt, bei dem<br />
Auftraggeber und Lieferanten<br />
im Interesse eines vom ersten<br />
Tag an fehlerfrei im Betrieb<br />
funktionierenden Produktes<br />
eine neue Form der Zusammenarbeit<br />
ausprobieren. Ein<br />
eigens entwickelter dreistufiger<br />
Prozess soll von der<br />
Planung bis zur Inbetriebsetzung<br />
die technische<br />
Optimierung herbeiführen.<br />
In über 30 Punkten wurden<br />
so technische Verbesserungen<br />
erreicht – bei technischen<br />
Komponenten wie dem<br />
Batterieladegerät, bei der Ausstattung<br />
der Bordküche für<br />
den Gästeservice etwa bis hin<br />
zu technischen Details von<br />
Drehgestellen oder auch<br />
Piktogrammen.<br />
In dem Abstimmungsprozess<br />
sind die Verantwortlichkeiten<br />
präzise definiert. So<br />
stellt das Herstellerkonsortium<br />
einen Qualitätsbe<strong>auf</strong>tragten.<br />
Der hat die Aufgabe, die<br />
Fertigung der technischen<br />
Details, die Prüfungen, ihre<br />
Inbetriebsetzung und die<br />
Abnahme zu steuern. Außerdem<br />
gibt es einen Gewichtsmanager,<br />
der <strong>auf</strong> die Einhaltung<br />
der Massevorgaben hinzuwirken<br />
hat: Der Zug darf<br />
im Interesse eines wirtschaftlichen<br />
Betriebseinsatzes und<br />
der zulässigen Radsatzlasten<br />
nicht zu schwer werden.<br />
Bei der DB Systemtechnik<br />
finden die Verantwortlichen<br />
des Konsortiums ihre Widerparts.<br />
Projektleiter Thomas<br />
Erpenbeck: „Ich glaube, wir<br />
haben es geschafft, hier eine<br />
direkte Kommunikation ohne<br />
Lücken und Zeitverzug hinzubekommen.“<br />
Dazu begleitet<br />
die DB Systemtechnik<br />
auch vor Ort die Qualitäts-<br />
<strong>ICE</strong> T 2 – Schritte zum Erfolg<br />
• Erste Stufe ist das „Initial Design Review“. In dieser Phase entwickelt die DB<br />
Systemtechnik gemeinsam mit dem Herstellerkonsortium Lösungen für Detailfragen.<br />
• Diese Lösungen werden dann <strong>auf</strong>gearbeitet und in Dokumentationen festgestellt.<br />
• Abschließend wird der für die beste Lösung gehaltene Weg ausgewählt und vereinbart.<br />
Das ist das „Design Freeze“ – die Festschreibung der gewählten technischen Lösung.<br />
Zusammen <strong>auf</strong><br />
gutem Weg<br />
sicherung – sowohl bei der<br />
Produktion der Neigetechnik<br />
in Savigliano bei Alstom<br />
Ferroviaria in Italien, als auch<br />
in den Bombardier-Werken<br />
Görlitz und Halle-Ammendorf<br />
sowie dem Siemens-<br />
Standort Krefeld-Uerdingen.<br />
Die Inbetriebsetzung wird im<br />
Prüfcenter von Siemens in<br />
Wegberg-Wildenrath vorgenommen<br />
und dort vom<br />
Güteprüfdienst und der Projektleitung<br />
der DB <strong>AG</strong> begleitet.<br />
Die Zusammenarbeit zwischen<br />
Herstellern und <strong>Bahn</strong><br />
funktioniert nach Einschätzung<br />
der DB Systemtechnik<br />
inzwischen zufriedenstellend.<br />
Erpenbeck: „Es gibt immer<br />
noch viele kontroverse Diskussionen<br />
mit der Industrie.<br />
Wir müssen die neuen Be-<br />
dingungen für die Zusammenarbeit<br />
noch viel verbindlicher<br />
abstimmen, um Missverständnisse<br />
zu vermeiden.“<br />
Ein Beispiel für einen<br />
typischen Konfliktfall: Der<br />
Auftraggeber <strong>Bahn</strong> war nicht<br />
mit der Qualität einer Drehgestell-Komponentezufrieden.<br />
Das Problem wurde gelöst.<br />
Erpenbeck: „Wir haben<br />
gemeinsam mit der Industrie<br />
und dem bahninternen Güteprüfdienst<br />
ein Audit durchgeführt<br />
und dann haben wir das<br />
Problem in den Griff bekommen.<br />
Denn den Hinweisen<br />
und Forderungen der Prüfer<br />
stand das Konsortium sehr<br />
<strong>auf</strong>geschlossen gegenüber und<br />
hat alle Mängel in konstruktiver<br />
Zusammenarbeit mit dem<br />
Projektteam der DB Systemtechnik<br />
behoben.“<br />
Wie immer bei komplexen<br />
Großprojekten, bei denen<br />
es um hohe Summen geht,<br />
gibt es Probleme der unterschiedlichsten<br />
Art. Da entsprechen<br />
beispielsweise sicherheitsrelevante<br />
Nachweise, Zeichnungen,<br />
Instandhaltungs bücher<br />
oder Komponentenbeschreibungen<br />
nicht den von<br />
der DB geforderten Standards<br />
oder nicht alle Unterlieferanten<br />
können Qualitätszertifizierung<br />
nach den internationalen<br />
ISO-Normen nachweisen.<br />
Doch statt <strong>auf</strong> Konfrontation<br />
setzen die Beteiligten <strong>auf</strong><br />
Kooperation. Der Projektleiter:<br />
„Wir haben gelernt, dass<br />
es für uns das Beste ist, wenn<br />
wir an einem Strang ziehen.<br />
Unser Ziel ist stets, eine Win-<br />
Win-Situation für beide Seiten<br />
herstellen zu können.“<br />
Erpenbeck ist überzeugt,<br />
dass der richtige Weg beschritten<br />
wird. „Die Richtung<br />
stimmt, denn alle Beteiligten<br />
bringen sich persönlich ein.<br />
Damit sind wir <strong>auf</strong> einem<br />
guten Weg.“ bt<br />
11<br />
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aktuellll<br />
12<br />
SPURWECHSEL<br />
Umspuren<br />
für Europa<br />
Europa wächst zusammen, Grenzen fallen,<br />
aber die <strong>Bahn</strong>en müssen weiter mit<br />
Altlasten leben, die ihnen im wachsenden<br />
europäischen Wettbewerb zu schaffen<br />
machen. Ein Beispiel dafür sind die<br />
unterschiedlichen Spurweiten der<br />
<strong>Bahn</strong>en in Mittel- und Osteuropa einerseits<br />
und in Finnland sowie den baltischen<br />
Republiken Estland, Lettland, Litauen<br />
und den GUS-Staaten andererseits. Unter<br />
Beteiligung der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Bahn</strong> und des<br />
Bundesministeriums für Verkehr, Bauund<br />
Wohnungswesen werden zurzeit<br />
Techniken erprobt, die Güterwagen<br />
mühelos über diese Systemgrenze bringen.<br />
1435 Millimeter ist die Spurweite der<br />
Gleise in Mitteleuropa, 1520 Millimeter<br />
in den oben genannten Ländern. Bislang<br />
müssen an den Systemgrenzen die Güter<br />
umgeladen werden oder die Drehgestelle<br />
bzw. Radsätze unter den Wagen ausgetauscht<br />
werden – ein mühseliger Prozess,<br />
der nicht nur viel Zeit, sondern auch viel<br />
Geld kostet und zudem die Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Schiene gegenüber der<br />
Straße erheblich einschränkt. Die DB<br />
Systemtechnik hatte gemeinsam mit der<br />
damaligen DB Cargo bereits Ende der<br />
neunziger Jahre begonnen, zusammen mit<br />
der deutschen Industrie die technischen<br />
Grundlagen für eine automatische<br />
Spurwechseltechnik für Güterwagen zu<br />
entwickeln. Entstanden ist dabei ein<br />
Spurwechselradsatz für Güterwagen mit<br />
einer Radsatzlast bis zu 22,5 Tonnen.<br />
Er ermöglicht es, dass ein Zug mit<br />
entsprechend ausgestatteten Wagen in der<br />
Spurwechselanlage an der Systemgrenze<br />
in 15 bis 20 Minuten von 1435 Millimeter<br />
<strong>auf</strong> 1520 Millimeter Spurweite<br />
wechseln kann – und umgekehrt. Das<br />
funktioniert wie folgt: Zunächst wird die<br />
axiale Verriegelung der Radsatzwelle<br />
gelöst, dann die Räder <strong>auf</strong> die Spurweite<br />
verschoben und jetzt wieder verriegelt.<br />
Die Prüfstandversuche mit diesem Spurwechselradsatz<br />
waren bereits letztes Jahr<br />
abgeschlossen. Inzwischen hat die neue<br />
Technik eine Betriebserprobung unter<br />
Winterbedingungen zwischen Schweden<br />
und Finnland ebenfalls erfolgreich absolviert.<br />
Ein Versuchswagen wechselte bei<br />
einer L<strong>auf</strong>strecke von knapp 120.000<br />
Kilometern 83 Mal problemlos die Spur.<br />
Derzeit unternehmen die Experten<br />
der Railion <strong>AG</strong> und der DB Systemtechnik<br />
gemeinsam<br />
mit den Kollegen der<br />
litauischen <strong>Bahn</strong> und<br />
der polnischen Staatsbahn<br />
zwischen Litauen<br />
und Polen mit drei<br />
umgebauten Versuchswagen<br />
der litauischen<br />
<strong>Bahn</strong> weitere Tests, die<br />
sich in derselben Größenordnung<br />
wie in<br />
Schweden bewegen.<br />
Geplant ist auch eine<br />
erweiterte Betriebserprobung<br />
von zehn<br />
schwedischen Güter-<br />
wagen, die für Stahl- und Papiertransporte<br />
zwischen Schweden und Finnland<br />
pendeln sollen.<br />
Der Mehr<strong>auf</strong>wand lohnt sich insbesondere<br />
bei Gefahrguttransporten und bei<br />
großströmigen Verkehren, bei denen ein<br />
Umladen des Ladeguts zu teuer ist.<br />
Entsprechendes Interesse hat bereits die<br />
chemische Industrie angemeldet, auch<br />
Privatwageneinsteller wollen zukünftig<br />
Güterwagen mit automatischer Spurwechseltechnik<br />
nutzen. bt<br />
Von 1435 <strong>auf</strong> 1520 Millimeter: die neue Umspuranlage.<br />
Im nordischen Winter wurde sie getestet (Foto unten)
INSTANDHALTUNG<br />
In der Instandhaltung dreht die<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> buchstäblich ein großes<br />
Rad. 122 Werke sorgen dafür, dass die<br />
Schienenfahrzeuge rund um die Uhr<br />
sicher und zuverlässig eingesetzt werden<br />
können. Dahinter steht eine hochkomplexe<br />
Ersatzteillogistik, die in diesem Jahr<br />
völlig verändert wurde. Bislang war die<br />
Materialbeschaffung für Wartung und<br />
Reparatur des rollenden Materials dezentral<br />
organisiert, nunmehr wird dieses<br />
wichtige Geschäft zentral gesteuert – mit<br />
erheblichen Kosteneinsparungen, bei<br />
zuverlässiger Verfügbarkeit.<br />
Abgesehen davon, dass Mengeneffekte<br />
durch die Bündelung beim Eink<strong>auf</strong> bisher<br />
nicht systematisch erzielt wurden,<br />
hatte die dezentrale Ersatzteillogistik<br />
einen weiteren, gravierenden Nachteil: Es<br />
gab kaum eine werksübergreifende<br />
Nutzung der Ersatzteilbestände – mit der<br />
Folge, dass bei Schwankungen im Bedarf<br />
oder auch bei Nachschubproblemen der<br />
• Instandhaltung ist bei der <strong>Bahn</strong> eine Sache großer Zahlen:<br />
Knapp 5.000 Lieferanten liefern 190.000 Materialsorten an<br />
die 122 Instandhaltungsorte.<br />
• Materialverfügbarkeit verbessern, Lagerbestände reduzieren,<br />
Prozesskosten verringern, billiger eink<strong>auf</strong>en – das erhofft<br />
sich Falko Rückert, Chef der Ersatzteillogistik<br />
Schienenfahrzeuge (Foto), von der neuen zentralen Lösung<br />
der Ersatzteillogistik.<br />
Lieferanten nicht optimal disponiert werden<br />
konnte.<br />
Mit der neuen zentralen Ersatzteillogistik<br />
will die DB <strong>AG</strong> zwei Dinge<br />
erreichen – die werksübergreifende<br />
Nutzung der Informationen und eine<br />
Senkung der Bestände mithilfe der rechnergestützten<br />
Materialwirtschaft um 20<br />
Prozent. Um dies zu erreichen, war weitere<br />
intelligente Rechnertechnologie<br />
erforderlich: „Das war eine sehr komplexe<br />
Aufgabe“, erklärt Falko Rückert,<br />
Leiter des Bereiches Ersatzteillogistik<br />
Schienenfahrzeuge. „Denn unser Instandhaltungssystem<br />
sieht regelmäßige,<br />
teils <strong>auf</strong> Kilometerleistung, teils <strong>auf</strong> Zeit<br />
basierende Instandhaltungsmaßnahmen<br />
vor. Und sicherheitsrelevante Teile werden<br />
planmäßig präventiv getauscht,<br />
ansonsten wird zunächst die Funktion<br />
bzw. Einsatzfähigkeit geprüft und bei<br />
Bedarf ausgetauscht. Das erschwert die<br />
Planung des Materialbedarfs ungeheuer.“<br />
Zentrale<br />
Logistik für<br />
Ersatzteile<br />
In einem Pilotprojekt wurden ITbasierte<br />
Planungsstücklisten erstellt. In<br />
ihnen wird – differenziert nach Fahrzeugbaureihe,<br />
Instandhaltungsstufe und<br />
Werk – der Materialbedarf aus dem<br />
Verbrauch heraus ermittelt und dokumentiert.<br />
Rückert: „Damit erreichen wir<br />
immerhin schon einmal eine 80%ige<br />
Planungssicherheit.“ Die Fachleute<br />
erwarten, dass sich mit der Zeit die<br />
Qualität der Planungsstücklisten verbessert,<br />
weil die Informationen über den<br />
Bedarf immer differenzierter werden.<br />
Die werksübergreifende Disposition<br />
wurde zunächst für 9.000 Materialsorten<br />
mit einem Bestandwert von 130<br />
Millionen Euro ein halbes Jahr lang simuliert<br />
und anschließend mit realen<br />
Beständen abgeglichen. Dabei zeigte sich<br />
immer wieder, dass in vielen Fällen<br />
Ersatzteile neu gek<strong>auf</strong>t worden waren,<br />
obwohl der verfügbare Bestand im<br />
Konzern ausgereicht hätte. Ein neues<br />
Dispositionssystem soll solche Fehler ausschließen.<br />
Hohe Kostensenkungspotenziale<br />
erwarten die Experten auch<br />
beim eigentlichen Ersatzteiltransport<br />
durch die Bündelung des Zwischenwerkverkehrs.<br />
Realistisch seien Prozesskostenreduktionen<br />
um 30 Prozent in der<br />
Transport<strong>auf</strong>tragsabwicklung, erwartet<br />
Rückert.<br />
Die neue zentrale Ersatzteillogistik für<br />
Schienenfahrzeuge der <strong>Bahn</strong> ist im<br />
Bereich Technik/Beschaffung angesiedelt.<br />
Knapp 300 Mitarbeiter übernehmen nun<br />
die Verantwortung für die bundesweiten<br />
Planungs- und Steuerungsprozesse. Sie<br />
sind in 27 regionalen Teams in acht<br />
Regionalbereichen organisiert, die als<br />
Dienstleister vor Ort die Veränderung in<br />
der Ersatzteillogistik umsetzen. bt<br />
13<br />
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aktuellll<br />
14<br />
GSM-R<br />
Die Eisenbahnen in Deutschland stehen<br />
vor einem Wechsel in ihrer<br />
Kommunikationstechnologie.Vom Jahresbeginn<br />
2005 an wird nach und nach der<br />
bisherige analoge Zugfunk durch das leistungsfähige,<br />
digitale System GSM-R<br />
ersetzt. Nicht nur bei der DB, sondern<br />
auch <strong>auf</strong> den Führerständen von Lokomotiven,<br />
Triebzügen und Steuerwagen<br />
aller <strong>Bahn</strong>en, die <strong>auf</strong> dem Netz der DB<br />
fahren, muss die neue Technik installiert<br />
werden. Die DB Systemtechnik bietet<br />
dafür intern wie extern allen <strong>Bahn</strong>unternehmen<br />
das Engineering-Knowhow<br />
an und liefert spezifische konstruktive<br />
Lösungen für den Einbau der<br />
Funktechnik in die unterschiedlichen<br />
Fahrzeugtypen.<br />
Für rund 100 verschiedene Führerstände<br />
– überwiegend natürlich bei Fahrzeugen<br />
der DB – mussten Konstruktionen<br />
zum Einbau der modernen<br />
Kommunikationstechnik gefunden werden.<br />
Die Ingenieure der DB Systemtechnik<br />
sind dabei wie ein Ingenieurbüro<br />
tätig – im Auftrag der Konzernunternehmen<br />
direkt und auch für die<br />
Werke der schweren Instandhaltung, die<br />
ihrerseits von den konzerneigenen<br />
Betreibern mit der Umrüstung der<br />
Führerstände <strong>auf</strong> GSM-R be<strong>auf</strong>tragt<br />
wurden. Daneben konnte sich das<br />
Engineering aber bestens am externen<br />
Markt etablieren. „Wir haben festgestellt,<br />
dass wir im Wettbewerb mit Dritten sehr<br />
gut da stehen“, berichtet Uwe-Jens Foth<br />
von der DB Systemtechnik: „Preislich<br />
waren wir oft deutlich günstiger. Und<br />
hinzu kommt, dass wir externen Kunden<br />
aus dem DB-Konzern heraus einen Full-<br />
Service wie kaum einer unserer<br />
Wettbewerber bieten können – angefangen<br />
von der ersten Konstruktionszeichnung<br />
bis hin zur Betreuung wäh-<br />
Vorbereitungen für<br />
das digitale<br />
Kommunikationszeitalter:<br />
Einbau<br />
der GSM-R-Geräte<br />
in eine Lokomotive<br />
Fit für den neuen Funk<br />
rend des Einbaus und später im ersten<br />
Betriebseinsatz. Auch gegenüber der<br />
Aufsichtsbehörde Eisenbahnbundesamt<br />
können wir unseren Auftraggebern viel<br />
Know-how zur Verfügung stellen.“<br />
Eine ganze Reihe privater<br />
<strong>Bahn</strong>unternehmen hat inzwischen konstruktive<br />
Unterstützung nachgefragt.<br />
Foth: „Eine unserer Stärken ist auch, dass<br />
wir unseren Kunden eine Art After-Sales-<br />
Service anbieten.Auch wenn die Musterumrüstung<br />
abgeschlossen und zugelassen<br />
Uwe-Jens Foth, DB Systemtechnik:<br />
„Im Wettbewerb mit Dritten stehen wir mit unseren<br />
Preisen und dem Service sehr gut da“<br />
ist, stehen wir bei der Installation der<br />
GSM-R-Geräte in der Fahrzeugserie mit<br />
Rat und Tat zur Verfügung.“<br />
Das Engineering beginnt mit der<br />
Erstellung eines technischen Grobkonzepts<br />
mit einem Vorschlag, welche<br />
Gerätevarianten und Einbauorte in den<br />
Führerständen für das jeweilige Fahrzeug<br />
geeignet sind. Dann folgt die eigentliche<br />
Konstruktion. Es müssen Befestigungs-<br />
vorrichtungen für die Funkgeräte entwickelt<br />
und ein Antennenstandort gefunden<br />
werden. Weiter ist dar<strong>auf</strong> zu achten,<br />
dass für die elektrischen Anschlüsse<br />
eine technisch/kommerziell sinnvolle<br />
Kabelverlegung im Fahrzeug gewählt<br />
wird. Schließlich wird der statische<br />
Nachweis für einen sicheren Einbau der<br />
zusätzlichen, bis zu 30 Kilogramm schweren<br />
Anlage in den Führerstand erbracht.<br />
Vor der Serienausstattung wird<br />
zunächst eine Musterumrüstung eines<br />
Fahrzeuges vorgenommen. Die wird<br />
dann vier Wochen lang unter betrieblichen<br />
Alltagsbedingungen erprobt. Foth:<br />
„Gerade diese Phase ist wichtig, und so<br />
wird sie von unseren Leuten fachlich<br />
begleitet. Manchmal führen Erkenntnisse<br />
aus dem Praxisbetrieb noch zu<br />
Anpassungen der Konstruktion.“ Die<br />
Abnahme durch das Eisenbahnbundesamt<br />
ist Sache des Fahrzeughalters, doch auch<br />
hierbei helfen die DB Systemtechniker<br />
kenntnisreich. Außerdem arbeiten sie die<br />
konstruktiven Änderungen in die jeweilige<br />
Fahrzeugdokumentation ein. Erstellt<br />
wird zudem eine Umbauanweisung – so,<br />
dass eine Werkstatt den Umbau übernehmen<br />
kann, auch wenn sie nicht an der<br />
Musterumrüstung beteiligt war. bt
hhinntterrggrrund<br />
PROJEKT MOFAST<br />
Ähnlich, aber nicht<br />
baugleich –<br />
Fahrzeugvielfalt im<br />
Nahverkehr (von<br />
oben nach unten):<br />
ET 425, ET 423,<br />
VT 642, VT 611,<br />
VT 612<br />
Modular aus<br />
der Kostenfalle<br />
Das System <strong>Bahn</strong> leistet sich einen<br />
Luxus, der teuer ist und deshalb<br />
mehr und mehr zum Wettbewerbsnachteil<br />
zu werden droht – die<br />
kaum überschaubare Artenvielfalt<br />
in der Technik. Das Innovationsmanagement<br />
der DB Systemtechnik<br />
will nun mit dem Projekt „MOFAST“<br />
für Abhilfe sorgen.<br />
„MOFAST“ wird Schritt<br />
für Schritt den Variantenreichtum<br />
im System <strong>Bahn</strong><br />
analysieren. Ziel ist es dabei,<br />
die derzeitige Komplexität<br />
durch weitreichende Modularisierung<br />
zu vereinfachen.<br />
Dahinter steht die Absicht, die<br />
Kosten <strong>auf</strong> der Fahrzeugseite<br />
entscheidend zu senken.<br />
Birgit Chollee, Chefin des<br />
Innovationsmanagements der<br />
DB Systemtechnik, beschreibt<br />
den Ist- und skizziert den Soll-<br />
Zustand: „In der <strong>Bahn</strong>technik<br />
werden immer noch die Fehler<br />
gemacht, die in der Luftfahrt<br />
und beim Auto längst ausgemerzt<br />
sind: Wir leisten uns<br />
eine technische Variantenvielfalt,<br />
die nicht nur Beschaffungsprozesse<br />
teuer macht,<br />
sondern obendrein eine hohe<br />
Störanfälligkeit zur Folge hat,<br />
mit allen bekannten Auswirkungen<br />
für unser Image<br />
und unseren Markterfolg.“<br />
Das sei nicht neu, so<br />
Chollee: „Schon lange denken<br />
wir über Modularisierung<br />
und Standardisierung nach,<br />
doch bislang haben wir nicht<br />
konsequent genug gehandelt.<br />
Wir müssen dringend die<br />
Komplexität des Systems<br />
<strong>Bahn</strong> in großen Schritten vereinfachen.<br />
Da stecken ungeheure<br />
Potenziale drin, die im<br />
Wettbewerb so entscheidenden<br />
Life-Cycle-Costs (LCC)<br />
zum Teil dramatisch zu verringern.<br />
Das Projekt MOFAST<br />
will dafür den Grundstein<br />
legen.“<br />
Das Kunstwort MOFAST<br />
ist die Abkürzung des Projektziels:<br />
„Modularisierung der<br />
Fahrzeuge und Standardisierung<br />
der Funktionen und<br />
Schnittstellen der Module“.<br />
Bereits vor drei Jahren<br />
hatte der Bereich Technik<br />
Strategien im Rahmen des<br />
Strategischen Managementprozesses<br />
für die drei großen<br />
Bereiche Fahrzeuge, Fahrweg<br />
sowie Leit- und Sicherungstechnik<br />
formuliert. Das<br />
15<br />
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hinterrggrrund<br />
16<br />
Birgit Chollee, Leiterin Innovationsmanagement:<br />
„Schon lange denken wir über Modularisierung und<br />
Standardisierung nach – nun müssen wir handeln“<br />
PROJEKT MOFAST<br />
Batterien mit gutem<br />
Beispiel voran<br />
Im MOFAST-Arbeitspaket Batterie<br />
ergab eine erste Istdatenanalyse, dass eine<br />
weitgehende Vereinheitlichung<br />
bei den elektrischen<br />
Triebwagen bereits<br />
gegeben, bei den Diesel-<br />
Triebwagen aber noch<br />
weitere Optimierungspotenziale<br />
vorhanden sind.<br />
Neben einer vollständigen<br />
Bestands<strong>auf</strong>nahme für<br />
Batterie und Batterieladegerät<br />
steht die Harmonisierung<br />
der Lastenheftanforderungen<br />
im Vordergrund<br />
der im Projekt<br />
MOFAST angestoßenen<br />
Untersuchungen.<br />
Und zwei weitere<br />
Effekte ergeben sich zusätzlich:<br />
Eine Standardisierung der<br />
Batterie-Typen ermöglicht auch eine<br />
Konzentration <strong>auf</strong> wenige gängige technische<br />
Lösungen in der Instandhaltungs-<br />
Infrastruktur und unterstützt die<br />
Standardisierung der vorgeschalteten<br />
Technik wie des Batterieladegeräts und<br />
Geräte der Peripherie des Batterie-<br />
Netzes.<br />
Zwar werden an Bord von Lokomotiven<br />
und Triebwagen heute schon<br />
lediglich vier technische Grundtypen<br />
von Batterien eingesetzt, jedoch sind<br />
noch Verbesserungen bezüglich der herstellerübergreifenden<br />
Schnittstellen<br />
möglich. Auch neue Technologien werden<br />
in die Untersuchungen mit einbezogen.<br />
Zum Beispiel die Gel-Batterie, bei<br />
der jedoch noch eingehende LCC-<br />
Betrachtungen durchgeführt werden<br />
müssen, damit bei einem Wechsel des<br />
technischen Prinzips die Wirkungen<br />
betrieblich wie auch wirtschaftlich schon<br />
im Vorfeld geprüft werden.<br />
gemeinsame Ziel, damals wie<br />
heute aktuell: kostengünstig<br />
beste Betriebsmittel für das<br />
System <strong>Bahn</strong> zur Verfügung<br />
zu stellen. Für den Bereich<br />
Fahrzeuge baut das Projekt<br />
MOFAST <strong>auf</strong> dieser strategischen<br />
Zielsetzung <strong>auf</strong>.<br />
Wolfgang Wüllhorst, Projektleiter<br />
MOFAST im Bereich<br />
Innovationsmanagement der<br />
DB Systemtechnik, erklärt:<br />
„MOFAST hat prinzipiell<br />
zum Ziel, eine unter dem<br />
Aspekt der Life-Cycle-Costs<br />
optimierte sowie standardisierte<br />
und modularisierte<br />
Fahrzeugflotte <strong>auf</strong>zubauen.<br />
Dabei geht es nicht nur<br />
darum, technische Standards<br />
zu entwickeln. In erster Linie<br />
wollen wir erreichen, dass<br />
durch eine eindeutige technische<br />
Spezifikation ein wirtschaftlicher<br />
Nutzen für die<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> generiert<br />
wird.“<br />
Die Reduzierung der<br />
Variantenvielfalt bei Fahrzeugbauteilen<br />
ist das eine<br />
Ziel, die Erkennung von<br />
Einsparpotenzialen das andere.<br />
Bei den Voruntersuchungen<br />
innerhalb des strategischenManagementprozesses<br />
hatte sich bereits<br />
gezeigt, dass sowohl bei der<br />
Fahrzeugneubeschaffung als<br />
auch in der Instandhaltung<br />
über vereinfachte Bauweisen<br />
Einsparungen bis in den zweistelligen<br />
Prozentbereich realistisch<br />
erscheinen.<br />
Dreh- und Angelpunkt bei<br />
den Ansätzen ist dabei eine<br />
wesentlich konsequentere<br />
Modularisierung bei den<br />
technischen Betriebsmitteln<br />
des Systems <strong>Bahn</strong>. Wüllhorst:<br />
„Wir streben eine Gestaltung<br />
eines Systems aus weitgehendst<br />
unabhängigen Modulen<br />
an. Unser Ziel muss es<br />
sein, Fahrzeugtechnik mit<br />
relativ unabhängigen Modulen<br />
und Komponenten zu<br />
entwickeln, die nur durch<br />
wenige, aber präzise definierte<br />
Schnittstellen miteinander<br />
verbunden sind.“<br />
Es gibt Felder, in denen<br />
sich <strong>Bahn</strong>industrie und die<br />
<strong>Bahn</strong> hervorragend ergänzen<br />
könnten, betont Wüllhorst.<br />
Der Grund: Der Hersteller<br />
schaut vom Wagenkasten zum<br />
Bauteil und setzt aus produktionstechnischer<br />
Sicht seine<br />
Prioritäten. Die <strong>Bahn</strong> schaut<br />
eher vom Bauteil ausgehend<br />
zum Wagenkasten, denn sie<br />
analysiert das Fahrzeug <strong>auf</strong>grund<br />
der Betriebs- und<br />
Instandhaltungskosten.<br />
Somit kann die <strong>Bahn</strong>industrie<br />
durch innovative<br />
Konstruktionen den modularen<br />
Aufbau des Fahrzeuges<br />
vorbereiten. Die <strong>Bahn</strong> <strong>auf</strong> der<br />
anderen Seite unterstützt<br />
durch ihre Erfahrungen aus<br />
der Instandhaltung die <strong>Bahn</strong>industrie,<br />
indem sie die<br />
Schnittstellen der Module<br />
spezifiziert und die funktionalen<br />
Anforderungen an die<br />
Module in verschiedenen<br />
Leistungsklassen <strong>auf</strong>stellt.<br />
Denn wenn die Bauartunterschiede<br />
schwinden, so die für
Beispielhaft deutlich wird die technische<br />
Artenvielfalt des Systems <strong>Bahn</strong> bei den<br />
Dämpfern und Federn, die in den<br />
Drehgestellen der Fahrzeuge die horizontalen<br />
und vertikalen Kräfte aus dem<br />
Zusammenspiel von Rad und Schiene<br />
<strong>auf</strong>fangen. MOFAST-Projektleiter Wüllhorst:<br />
„Da existieren teilweise sehr ähnliche<br />
Typen, sowohl von den Maßen als<br />
auch von den Kräften her. Doch die verbleibenden<br />
Unterschiede sind in aller<br />
Regel so groß, dass die Komponenten<br />
eben nicht tauschbar sind.“<br />
Das Problem betrifft beispielsweise<br />
die S-<strong>Bahn</strong>- und Regional-Elektrotriebwagen<br />
der Baureihen 423 und 424<br />
bis 426, die von unterschiedlichen<br />
Konsortien geliefert wurden. Insgesamt<br />
gibt es nach Zählungen des Eink<strong>auf</strong>s<br />
über 250 verschiedene hydraulische<br />
Schwingungsdämpfer in Drehgestellen<br />
von DB-Fahrzeugen. Aus wirtschaftlichen<br />
Gründen werden seit Mitte 2003<br />
Betreiber wie Produzenten<br />
einleuchtende Überlegung,<br />
kann die Industrie in höheren<br />
Stückzahlen produzieren.<br />
Und damit sei gegenüber<br />
der bisherigen Situation, bei<br />
der mit neuen Fahrzeugen<br />
immer wieder auch neue,<br />
nicht ausgereifte Konstruktionselemente<br />
zum Einsatz<br />
kommen, eine höhere Zuverlässigkeit<br />
von Bauteilen zu<br />
erwarten – bei zugleich sinkenden<br />
Beschaffungskosten.<br />
Modulbauweise zahlt sich<br />
darüber hinaus während der<br />
gesamten Lebensdauer des<br />
Kleine und große<br />
Unterschiede: Die<br />
Parade der<br />
Dämpfer (oben),<br />
Wagenübergang<br />
beim <strong>ICE</strong> 3 (links)<br />
und beim <strong>ICE</strong> T<br />
Dämpfer nicht austauschbar<br />
wieder verstärkt Dämpfer des oberen<br />
Preissegmentes im Werk Krefeld <strong>auf</strong>gearbeitet.<br />
Dafür müssen mindestens 350 verschiedene<br />
Ersatzteile beschafft werden.<br />
Damit wird die Vielfalt noch weiter<br />
erhalten – mit allen Konsequenzen für die<br />
Ersatzteillogistik. Ähnlich komplex sind<br />
die bei Dämpfern verwendeten Schraubenverbindungen<br />
und Gummi-Metall-Elemente<br />
der Schnittstellen zum Fahrwerk.<br />
Die Fachleute der DB Systemtechnik sind<br />
überzeugt, dass bei diesen in sich geschlos-<br />
Fahrzeugs aus: Der Instandhaltungs<strong>auf</strong>wand<br />
sinkt, weil<br />
schadhafte Module einfach<br />
und schnell ausgetauscht werden<br />
können. Zudem sorgt<br />
eine Vereinheitlichung der<br />
Bauteile für eine rationellere<br />
Lagerhaltung: Es können<br />
weniger Teile in größeren<br />
Stückzahlen bereit gehalten<br />
werden.<br />
MOFAST hat also die<br />
unmittelbaren Interessen der<br />
operativen Unternehmensbereiche<br />
im Blick. Wüllhorst<br />
unterstreicht das: „Die bessere<br />
Strukturierung des Produktionsabl<strong>auf</strong>es<br />
mag vordergrün-<br />
senen Elementen über Lastenhefte bei<br />
der Ausschreibung mehr Einheitlichkeit<br />
erzielt werden könnte.<br />
Mit der Reduktion der Typenvielfalt<br />
lassen sich erhebliche Kosten sparen. Das<br />
haben die ersten Untersuchungen ergeben.<br />
Zum einen sinkt bei größerer<br />
Abnahme der Eink<strong>auf</strong>spreis deutlich,<br />
zum anderen lässt sich mit mehr gleichen<br />
Komponenten der gesamte Kostenapparat<br />
für Betrieb und Instandhaltung<br />
deutlich herabsetzen.<br />
dig nur unseren Herstellern<br />
nützen, doch letztlich wollen<br />
wir als Betreiber und<br />
Instandhalter von Schienenfahrzeugen<br />
selbst an den<br />
monetären Vorteilen der<br />
Modularisierung partizipieren.“<br />
In der Konsequenz<br />
könnte damit erreicht wer-<br />
17<br />
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hinterrggrrund<br />
18<br />
PROJEKT MOFAST<br />
den, dass bei Fahrzeug-<br />
Ausschreibungen der Wettbewerb<br />
eine andere Dimension<br />
als heute bekäme.<br />
Während es bislang nur<br />
den Wettbewerb der Systemhäuser<br />
gibt, die bei Ausschreibungen<br />
schlüsselfertige<br />
Fahrzeuge anbieten, könnte<br />
bei entsprechender Modularisierung<br />
bereits ein Wettbewerb<br />
um Komponenten<br />
stattfinden. Wüllhorst: „Da<br />
sehe ich das Beispiel aus der<br />
Automobilindustrie:Wenn ein<br />
Spediteur einen neuen LKW<br />
bei dem größten amerikanischen<br />
LKW-Hersteller in<br />
Auftrag gibt, kann er bei der<br />
Bestellung auswählen, welche<br />
Achsen und welchen Motor<br />
er von welchem Zulieferer in<br />
sein neues Fahrzeug eingebaut<br />
haben möchte. Das geht nur<br />
über eine Modularisierung,<br />
die soweit fortgeschritten ist,<br />
dass die Achsen bzw. die<br />
Motoren hersteller- und<br />
gegebenenfalls auch fahrzeugübergreifend<br />
austauschbar<br />
sind.“<br />
Bei einer entsprechenden<br />
Austauschbarkeit von Modulen<br />
und Komponenten in der<br />
<strong>Bahn</strong>technik könnte der<br />
Wettbewerb ebenfalls schon<br />
<strong>auf</strong> der Zuliefererebene beginnen<br />
– mit allen Vorteilen,<br />
die Konkurrenzdruck in<br />
DB-<br />
Gesamtsicht<br />
Kundenerwartung<br />
Wirtschaftlichkeit<br />
Zuverlässigkeit<br />
Sicherheit<br />
Sachen Innovation und Preis<br />
erfahrungsgemäß mit sich<br />
bringt.<br />
Ausgangspunkt des<br />
MOFAST-Projektes ist die<br />
Moduldefinition: „Ein Modul<br />
ist eine abgrenzbare, einbau-,<br />
anschluss- und betriebsfertige<br />
Einheit, deren Elemente physisch<br />
miteinander verbunden<br />
sind.“ Nach der Definition<br />
der Ingenieure erfüllt ein<br />
Modul eine spezifische, festgelegte<br />
Gesamtfunktion. Dazu<br />
bedient es sich in aller Regel<br />
verschiedener Komponenten,<br />
die jeweils Einzelfunktionen<br />
beitragen. Ein weiteres Kennzeichen<br />
ist die Austauschbarkeit<br />
mit anderen, gleichar-<br />
Wolfgang Wüllhorst (Foto), Projektleiter MOFAST<br />
Bei einer Austauschbarkeit von Komponenten wie bei der<br />
Autoindustrie könnte auch bei der <strong>Bahn</strong> der Wettbewerb<br />
schon <strong>auf</strong> der zuliefererebene beginnen<br />
tigen Modulen. Die sollen<br />
nach den Vorstellungen der<br />
Techniker so gestaltet sein,<br />
dass die gleiche oder eine<br />
erweiterte Funktion ausgeführt<br />
wird, ohne dass dadurch<br />
andere verbundene Module<br />
geändert werden müssen.<br />
Möglich wird das nur bei der<br />
Verwendung von exakt<br />
beschriebenen Schnittstellen<br />
Anforderungen<br />
und Anschlüssen.<br />
Eine fahrzeugübergreifende<br />
Analyse für einzelne<br />
Module durchzuführen und<br />
die Ergebnisse zusammen mit<br />
den Unternehmensbereichen<br />
umzusetzen, das ist eine große<br />
Herausforderung, erläutert<br />
Wüllhorst. Doch es lohnt<br />
sich: „Wir erwarten in jedem<br />
Fall entscheidende Vorteile<br />
Entwicklung<br />
Herstellung<br />
Betrieb<br />
Instandhaltung<br />
<strong>Bahn</strong>industrie<br />
Transportdienstleister<br />
Personen- und<br />
Güterverkehr<br />
durch sinkende Betriebskosten,<br />
wenn ein defektes<br />
Modul ,en bloc’ ausgewechselt<br />
werden kann und das<br />
Fahrzeug schnellstmöglich<br />
wieder in den Betrieb geht.“<br />
Im Übrigen zeige sich<br />
schon in der ersten Projektphase,<br />
dass Hersteller und Betreiber<br />
nicht unbedingt dasselbe<br />
meinen, wenn sie von<br />
Systemhäuser<br />
Zulieferer<br />
Planungs<strong>auf</strong>gabe:<br />
(Modul)spezifikation aus Sicht<br />
des Transportdienstleisters
Modularisierung sprechen.<br />
Die großen Systemhäuser<br />
haben dabei vor allem die<br />
Fahrzeugkonstruktion im<br />
Auge, beobachtet Wüllhorst.<br />
Sie verfolgen „Plattformstrategien“,<br />
um möglichst viele<br />
Module für verschiedene<br />
Fahrzeugprodukte gemeinsam<br />
zu entwickeln, zu produzieren<br />
und zu vermarkten. Aus der<br />
Sicht der <strong>Bahn</strong>en dagegen<br />
komme es dar<strong>auf</strong> an, möglichst<br />
viele Gleichteile einzusetzen,<br />
also Module und<br />
Komponenten, die fahrzeugübergreifend<br />
zum Einsatz<br />
kommen.<br />
Um den strategischen<br />
Ansatz von MOFAST in<br />
praktische Aussagen umzusetzen,<br />
ist eine Arbeitspaketstruktur<br />
entwickelt worden.<br />
„Wir müssen die untersuchten<br />
Bereiche so analysieren,<br />
dass man Modularisierungseffekte<br />
in geldwerten Vorteilen<br />
darstellen kann. Daher<br />
sind auch von Anfang an die<br />
Experten des Eink<strong>auf</strong>s und<br />
der Güteprüfung in den MO-<br />
FAST-Modularbeitsteams mit<br />
eingebunden“, sagt Wüllhorst.<br />
Diese Bestands<strong>auf</strong>nahme<br />
solle dann ein Modularisierungs-<br />
und Standardisierungsprogramm<br />
bei der Industrie<br />
initiieren. Birgit Chollee<br />
betont: „Die <strong>Bahn</strong> sieht sich<br />
dabei in der Rolle des<br />
Treibers: Sie definiert ihren<br />
Bedarf und überträgt die<br />
eigentliche Entwicklungs<strong>auf</strong>gabe<br />
an die <strong>Bahn</strong>industrie.“<br />
Erste konkrete Untersuchungen<br />
sind in der Diskussion. So<br />
werden Arbeitspakete für das<br />
Modul Dieselmotor, für das<br />
Modul Batterie sowie für das<br />
Modul Dämpfer und Feder als<br />
Teilaspekt des Moduls Drehgestell<br />
eingehend analysiert. bt<br />
Varianten-Vielfalt<br />
im Diesellok-Park<br />
Rund 4.500 Dieselmotoren betreibt<br />
die <strong>Deutsche</strong> <strong>Bahn</strong> derzeit in ihren<br />
Dieseltriebfahrzeugen, von der Kleinlok<br />
bis zur Güterzugstreckenlok. Die Maschinen<br />
stammen von elf verschiedenen<br />
Motorenherstellern, die <strong>auf</strong>tragsgemäß<br />
eine kaum noch zu überblickende Vielfalt<br />
geliefert haben.<br />
Beispiele dafür sind mehrere hundert<br />
Dieseltriebwagen für den Regionalverkehr,<br />
die in den letzten Jahren in acht<br />
Baureihen beschafft wurden. Jeder dieser<br />
Triebwagen hat ein speziell abgestimmtes<br />
Antriebsmodul, und das von verschiedenen<br />
Herstellern. Das mit einer Modularisierung<br />
angestrebte Ziel der freien<br />
Tauschbarkeit dieser Module ist bislang<br />
reine Illusion. Hinzu kommt noch, dass<br />
häufig ein Motor-Grundtyp in unterschiedlichen<br />
Varianten eingebaut wurde.<br />
So gibt es allein bei den Dieseltriebzügen<br />
rund 20 verschiedene Motor-Varianten.<br />
Auch bei den Lokomotiven ist das Bild<br />
ähnlich: Da sind rund 30 verschiedene<br />
Motorvarianten im Einsatz.<br />
Die Probleme, die sich daraus ergeben,<br />
sind facettenreich. Die Vielfalt macht<br />
bereits eine umfangreiche Fahrzeugdokumentation<br />
erforderlich: Jede Variante<br />
muss definiert und in Form von<br />
Zeichnungen und Stücklisten hinterlegt<br />
und gepflegt werden. Probleme entstehen<br />
erst recht in der Instandhaltung: Jeder<br />
Motor besteht aus etwa 1.200<br />
Einzelteilen, entsprechend hoch ist der<br />
Aufwand für die Lagerung und Beschaffung<br />
von Ersatzteilen oder auch bei der<br />
Wartung.<br />
Eindeutige Schnittstellen beim<br />
Antriebsmodul würden einen schnellen<br />
Austausch ermöglichen - auch zwischen<br />
verschiedenen Herstellern. Das erhöht<br />
den Konkurrenzdruck und regt so<br />
Innovationen an.<br />
bbahnnteechh 22|22000044
65.000 km Gleise. 31.000 Brücken.<br />
86.000 Weichen. Mehr kann man für eine<br />
Fernbeziehung nicht tun.<br />
Die <strong>Bahn</strong> macht mobil.<br />
Jedes Jahr investieren wir Milliarden Euro in die Sanierung und Modernisierung unseres Netzes.<br />
Damit Ihre wertvollen Güter sicher und zuverlässig ihr Ziel erreichen. Oder Ihr Schatz: www.bahn.de