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Paper for Download - FKFS

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Reifegard- und Variantenabsicherung mechatronischer Systeme im<br />

Nutzfahrzeug<br />

Thomas Bardelang, Hans-Jürgen Gutmayer, Mikail Günes<br />

Daimler AG<br />

Mercedesstrasse 137 / HPC: B104<br />

70546 Stuttgart<br />

Thomas.bardelang@daimler.com; Hans-juergen.gutmayer@daimler.com<br />

Mikail.guenes@daimler.com<br />

Fahrerassistenzsysteme (z.B. der Notbremsassistent Active Brake<br />

Assist2, kurz ABA2 im Mercedes-Benz Actros) halten immer stärker<br />

Einzug in die schweren Nutzfahrzeuge. Durch die starke Vernetzung<br />

mit Triebstrang- und Fahrwerkregelsystemen, stellt die Integration<br />

und Absicherung der Funktionen höchste An<strong>for</strong>derungen an die<br />

Prozesse und Werkzeuge einer Mechatronik Entwicklung.<br />

Neben einem mehrstufigen Testprozess, bei dem die Funktionen der<br />

Fahrerassistenzsysteme (Software) im Testfokus sind, werden<br />

ebenso die „elektrischen“ Disziplinen (Hardware) in einer<br />

ganzheitlichen Reifegrad-Absicherung betrachtet.<br />

Der Testprozess wird von modernen und hoch leistungsfähigen<br />

Werkzeugen (z.B. automatisierbare Komponentenprüfstände und<br />

Gesamtfahrzeug HiL-Systeme) begleitet, die eine schnelle und<br />

präzise Konfiguration auf unterschiedliche Fahrzeugvarianten<br />

besonders unterstützen.<br />

Eine weitere Heraus<strong>for</strong>derung eröffnet die hohe Variantenvielfalt bei<br />

Nutzfahrzeugen, die sich in einer Vielzahl von Steuergeräte-<br />

Parametern niederschlägt, die im Produktionsprozess<br />

kundenauftragspezifisch codiert werden. Dies bedeutet, dass fast<br />

jedes Fahrzeug ein Unikat hinsichtlich der Programmierung der<br />

mechatronischen Systeme ist.


1 Testprozess und Release Management<br />

Der Testprozess (siehe Abbildung 1) stellt die Abarbeitungsfolge der Teststufen<br />

eines Release Zyklus dar. Dabei sind die Integrationsstufen entlang des rechten Teils<br />

des V-Modells berücksichtigt.<br />

Neben den Teststufen der Software Funktionalität „Funktion“ sind ebenso die<br />

elektrischen Eigenschaften „Hardware“ der Systeme im Testprozess verankert, um<br />

eine vollständige Betrachtung aller Integrationsdisziplinen sicherzustellen.<br />

Der Testprozess ist mit verbindlichen Übergangsstufen versehen:<br />

• D-Termin – Liefertermin des geprüften Elektronik Hardware (ECU) und<br />

Software vom Lieferant. Start der Tests auf Komponenten-Ebene.<br />

• S-Termin – Komponententests abgeschlossen. Gesamtintegration an<br />

Fahrzeug HiL und Fahrzeug startet.<br />

• R-Termin – HiL und Fahrzeugtest abgeschlossen.<br />

Funktion<br />

Hardware<br />

MIL*<br />

CTB<br />

(ZL)<br />

SIL*<br />

Releasebildung d.h., Dokumentation Hardware und<br />

Softwarestände, Bericht über Funktionen und Einschränkungen,<br />

Versorgung des Release in die Versuchsabteilung.<br />

Release und Synchronisationspunkte<br />

F K D<br />

ECU<br />

- EMV Komponente<br />

- Umwelt/(ISO16750)<br />

CTB Test<br />

NWT, DIAG, PN Test<br />

Single ECU*<br />

-Netzwerktest<br />

-Diagnose Protokoll<br />

- Powernet<br />

HiL* Vorbereitung<br />

- Regressionstest<br />

- Test Bugfixes<br />

HiL Vorbereitung<br />

CTB*<br />

- Test Applikation<br />

Diagnose Tests<br />

- Diag. Fehlermatrix<br />

S<br />

Release-Management<br />

HIL Test<br />

Systemintegration<br />

ECU Verbund<br />

- Volltest lt. Funktionsliste<br />

- Baubarkeitsprüfung<br />

- Diagnose, SW-Verteilg.<br />

Fahrzeug<br />

Systemerprobung<br />

- Fahrzeugabstimmung<br />

- ECU Funktionen<br />

- Bordnetz, CAN-Netzwerk<br />

- EMV<br />

R<br />

Freigabe Release<br />

U<br />

F: Signal-Freeze K-Matrix<br />

K: Verteilung K-Matrix<br />

D: Liefertermin SW/HW<br />

S: Synchronisationspunkt<br />

R: Release Bildung<br />

U: Umrüstung Fahrzeug<br />

Fahrversuch<br />

-Test aus<br />

Kundensicht<br />

Fahrzeug<br />

- Schlechtweg Erprobung<br />

EMV: elektro magnetische Verträglichkeit; ECU: electronic control unit; SiL: software-in-the-loop; MiL: model-in-the-loop; CTB: component test bench;<br />

HiL: hardware-in-the-loop<br />

Abbildung 1: Test- und Integrationsprozess<br />

Die Einhaltung des Testprozesses garantiert die effiziente Nutzung der<br />

Testinstanzen, sowie Transparenz hinsichtlich des Reifegrads bei der Release<br />

Freigabe.


2 Sicherstellung der Testvollständigkeit<br />

Die Testvollständigkeit der Testdisziplinen, die bestimmten Normvorgaben<br />

unterworfen sind (z.B. ISO16750) ist einfach darstellbar, da die Testvorgaben und<br />

Ziele präzise in den Normen <strong>for</strong>muliert sind. Die Testvollständigkeit von<br />

Softwarefunktionen bedarf einer gesonderten Betrachtung.<br />

Der erste Schritt ist, die Softwarefunktionen in Form einer Funktionsliste zu<br />

benennen. Somit kann sichergestellt werden, dass jede Funktion geprüft wird (siehe<br />

Abbildung 2). Zu jeder Funktion werden Testfälle beschrieben, die die<br />

An<strong>for</strong>derungen eines Eigenschaftskatalogs für Testfälle erfüllen.<br />

Auszug Eigenschaftskatalog für Testdesign:<br />

• Prüfung der Sollfunktion<br />

• Prüfung aller Zustandsübergänge<br />

• Stresstests<br />

• Grenzwerttests<br />

• Prüfung der Fail-Safe Funktionalität<br />

Sind diese Eigenschaften je Funktion erfüllt, erhält die Funktion die Freigabe in der<br />

Rubrik „Testfälle“.<br />

Um die Testkapazitäten effektiv einsetzen zu können, wird weiter die<br />

„Verfügbarkeit“ der Funktion zu jedem Release Schritt erfasst. Somit ist<br />

sichergestellt, dass die Testinstanzen nur die Tests durchführen, die funktional im<br />

jeweiligen Release Schritt verfügbar sind.<br />

Funktionsliste<br />

Hauptfunktion -1-<br />

Active Brake Assist 2<br />

Funktion 1<br />

Funktion 2<br />

....<br />

Funktion x<br />

Hauptfunktion -2-<br />

Hauptfunktion -3-<br />

…<br />

Verfügbarkeit Testfälle Funktionsstatus<br />

Abbildung 2: Funktionsliste – Verfolgung der Testvollständigkeit<br />

Der Einsatz einer Funktionsliste schafft Transparenz über Umfang und Vollständigkeit<br />

der funktionalen Tests eines Software Release.


3 Effiziente und höchst verfügbare Testwerkzeuge<br />

Um die Vielzahl der Tests im Rahmen eines Release Zyklus ableisten zu können,<br />

sind hoch effiziente Testwerkzeuge notwendig.<br />

Im Rahmen der Entwicklung des ABA2 wurden intensiv Komponenten-HiL-<br />

Systeme (CTB- Component Test Bench) und Gesamtfahrzeug HiL Systeme<br />

eingesetzt. Beim Design der CTB- und HiL-Systeme wurden An<strong>for</strong>derungen<br />

angesetzt, um die Bedarfe hinsichtlich Testumfang und Testprozess zu erfüllen.<br />

• Das Prüfsystem muss 24h pro Tag / 7 Tage die Woche einsatzfähig sein.<br />

• Ein Gesamtfahrzeug HiL System muss vor dem ersten Prototyp zum Einsatz<br />

verfügbar sein.<br />

• Das Prüfsystem muss über die gesamte Produktlebensdauer der Fahrzeug-<br />

Modellreihe einsatzfähig sein (>10 Jahre) – Verwendung von Industrie-<br />

Standards z.B. aus der Automatisierungstechnik.<br />

• Leichte Wartbarkeit durch modularen Aufbau auf Fahrzeugsystemebene.<br />

• Darstellung aller Systemvarianten ohne Verkabelungseingriff.<br />

• Ableitung der Komponenten HiL Systeme aus dem Gesamtfahrzeug HiL<br />

Für die Absicherung des Notbremsassistenten (ABA2) für den Mercedes-Benz<br />

Actros werden HiL Systeme auf Basis von modularHiL eingesetzt, die den<br />

An<strong>for</strong>derungen seither vollständig gerecht wurden.<br />

Abbildung 3: modularHiL Prüfsystem


4 Sicherstellung der Variantenabsicherung<br />

Eine besondere Heraus<strong>for</strong>derung stellt die Auswahl der Elektrik/Elektronik (E/E)<br />

Konfiguration für den Gesamtfahrzeug-HiL-Test dar. Jedes System besitzt Software<br />

- Parameter, die auftragsspezifisch in den Systemen gesetzt werden, um eine<br />

entsprechende Fahrzeugapplikation bzw. Funktion zu aktivieren. Jede<br />

Einstellmöglichkeit der Parameterkonfiguration stellt eine Modifikation des System<br />

unter Test dar, die es zu testen gilt.<br />

Somit ist es er<strong>for</strong>derlich eine Strategie zu entwickeln, welche die Anzahl der<br />

Testkonfigurationen minimiert, bei Maximierung der möglichen Konfigurationsvarianten<br />

der E/E Systeme.<br />

Zu Optimierung der Anzahl der Testkonfigurationen wurde die Klassifikationsbaummethode<br />

[Grim95], [Büch02], [Olej07] eingesetzt (siehe Abbildung 4). Der<br />

Klassifikationsbaum wird durch die Struktur der E/E Ausstattungsvarianten<br />

repräsentiert. Die Testobjekte repräsentieren hierbei mögliche Produktionsaufträge<br />

der Actros Baureihe. Durch diese Anwendung kann hiermit eine minimale Anzahl<br />

von Testobjekten, bei maximaler Ausstattungsüberdeckung der mechatronischen<br />

Systeme ermittelt werden.<br />

Bauaufträge<br />

Erstellung Klassifikationsbaum<br />

nach E/E relevanten Eigenschaften<br />

Abbildung 4: Klassifikationsbaummethode zur Optimierung der Auswahl von<br />

Testobjekten


5 Zusammenfassung<br />

Eine effiziente und leistungsfähige Reifegradabsicherung von mechatronischen<br />

Systemen wird sichergestellt, durch die ausgewogene Kombination und Anwendung<br />

von Prozessen, Methoden und Werkzeugen.<br />

• Testprozess und Release Management<br />

• Sicherstellung der Testvollständigkeit<br />

• Effiziente und höchst verfügbare Testwerkzeuge<br />

• Sicherstellung der Variantenabsicherung<br />

Testprozess und<br />

Release Management<br />

Reifegradabsicherung mechatronischer Systeme<br />

Effiziente und höchst<br />

verfügbare Testwerkzeuge<br />

„Zutaten und Erfolgsfaktoren“<br />

Sicherstellung der<br />

Testvollständigkeit<br />

Abbildung 5: Reifegradabsicherung mechatronischer Systeme<br />

Sicherstellung der<br />

Variantenabsicherung<br />

Der wesentliche Schlüsselfaktor für eine leistungsfähige Reifegradabsicherung ist<br />

die verbindliche Verfolgung und Einhaltung der Testprozesse und ein verfügbares<br />

Release Management.<br />

Ohne einen verbindlichen Testprozess und Release Management sinkt die Wirkung<br />

und Bedeutung der Methoden und Werkzeuge signifikant.


6 Literaturverzeichnis<br />

[Olej07] Olejniczak, Robert: Systematisierung des funktionalen Tests<br />

eingebetteter Software, Dissertation, Technische Universität München,<br />

2007<br />

[Büch02] Büchner, Frank: Using the classification tree method, Embedded.com,<br />

http://www.embedded.com/showArticle.jhtml?articleID15201712, 2002<br />

[Grim95] Grimm, Klaus: Systematisches Testen von Software – Eine neue<br />

Methode und effektive Teststrategie,<br />

Dissertation, Technische Universität Berlin, 1995

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