22.01.2013 Aufrufe

GEMEINDEBRIEF - Martin-Luther-Gemeinde Darmstadt

GEMEINDEBRIEF - Martin-Luther-Gemeinde Darmstadt

GEMEINDEBRIEF - Martin-Luther-Gemeinde Darmstadt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

In froher Erwartung Gott begegnen<br />

Tut mir auf die schöne Pforte (EG 166)<br />

„Der erste Schritt in die Kirche“ –<br />

mit dieser Überschrift veröffentlichte<br />

Benjamin Schmolck im Jahr 1738 unser<br />

Lied in seiner Sammlung „Klage und<br />

Reigen“. Schmolck, der damals schon<br />

36 Jahre als Pfarrer an der Friedenskirche<br />

in Schweidnitz (Schlesien) wirkte,<br />

schrieb einen ganzen Liederzyklus zur<br />

„Kirchfahrt“ für Menschen, die oft eine<br />

Tagereise zum Gottesdienst zurücklegen<br />

mussten. Dabei ließ er sich von den<br />

Zionspsalmen der Bibel anregen: Auf<br />

dem Zion steht der Tempel, hier ist Gottes<br />

Wohnstätte, hier ist er gegenwärtig.<br />

So begann das Lied ursprünglich auch<br />

mit den Worten: „Tut mir auf die schöne<br />

Pforte, führet mich in Zion ein“.<br />

Ein Lied für Kirchgänger also, mit<br />

dem der Einzelne sich auf den Gottesdienst<br />

vorbereitet (Str.1-3) und um<br />

die rechte Aufnahme des Wortes bittet<br />

(Str.4-6). Und das passt wunderbar zu<br />

einem Kirchweihfest! Die ersten drei<br />

Strophen, die Motive aus den Psalmen<br />

verwenden, sind bestimmt von der<br />

frohen Erwartung, in der Kirche Gott<br />

zu begegnen. Hier bittet ein Mensch<br />

darum, dass Gott zu ihm komme und in<br />

seinem Herzen wohne. Leib und Geist,<br />

Mund und Ohr sollen durch die Begegnung<br />

mit Gott geheiligt werden. Der<br />

ganze Mensch will sich ihm darbringen,<br />

sein Singen und Beten sollen ein<br />

Gott wohlgefälliges Opfer werden. Ein<br />

Opfer ist nach biblischem Verständnis<br />

nicht etwa eine Sache schmerzlichen<br />

Verzichts, sondern eine Gabe, durch<br />

die ich dem Heiligen nahe komme.<br />

Es geht also nicht darum, sich etwas<br />

abzuzwingen, sondern um ein freies,<br />

ungezwungenes Sich-Hingeben („zieh<br />

das Herze ganz empor“).<br />

In den folgenden drei Strophen<br />

schaut der Einzelne auf die Verkündigung<br />

des Wortes Gottes voraus. Der<br />

Lieddichter greift hier auf Motive aus<br />

dem Gleichnis vom Sämann auf. Jetzt<br />

geht es um den Empfang des Wortes:<br />

Der Mensch bittet um das rechte Hören<br />

(er will zum „guten Lande“ werden), um<br />

Verstand mit Herz und darum, dass ihm<br />

selber das Wort zur Frucht gedeihe.<br />

Str. 5 erklärt: Das Wort soll Glauben<br />

stärken, als „Leitstern“ den rechten<br />

Weg weisen und dem Trost des Herzens<br />

dienen. Aber dem Hören muss<br />

auch das Tun folgen, wie das Lied in<br />

der sechsten Strophe sagt und die dritte<br />

Bitte des Vaterunser anklingen lässt<br />

(„dein Wille werd erfüllt“). Das göttliche<br />

Wort soll dem Singenden Lebenskraft,<br />

geistliche Nahrung und Trost vermitteln.<br />

Schmolcks Liedtext wurde zuerst auf<br />

die Melodie „Gott des Himmels und der<br />

Erden“ (EG 445) gesungen; die Melodie<br />

von Joachim Neander wird erst seit dem<br />

19. Jh. mit ihm verbunden. Das Lied<br />

kann nun auf zwei Weisen gesungen<br />

werden. Neanders Weise gibt ihm den<br />

Charakter eines beschwingten Schreittanzes,<br />

die ältere Melodie von Heinrich<br />

Albert verbreitet heitere Gelassenheit.<br />

Wer probiert, das Lied abwechselnd so<br />

oder so zu singen, wird feststellen: Es<br />

ist schön, dieses Lied mit einer anderen<br />

Singweise neu zu entdecken.<br />

Michael Heymel

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!