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Nr. 3/2012 - Lebenshilfe Steiermark

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<strong>Lebenshilfe</strong> <strong>Steiermark</strong> | Thema<br />

Alter und Behinderung<br />

Frau S., Sie wohnen jetzt schon eine<br />

Weile hier im Haus. Wie geht es Ihnen?<br />

Gut geht’s mir. Ich hab ein Bett, ein schönes<br />

Zimmer. Ich tu malen, singen. Ich bin<br />

schon 30 Jahre alt.<br />

Darf ich korrigieren: Sie sind jetzt 56<br />

Jahre alt.<br />

Jaja, mir geht’s gut. Mir tut das Knie weh,<br />

da hab ich immer weh. Dafür tu ich turnen.<br />

Darum hab ich jetzt ein Rollwagerl.<br />

Das hilft mir auch ...<br />

Fühlen Sie sich wohl hier?<br />

Ja, fühl mich wohl hier!<br />

Haben Sie Wünsche fürs Wohnen?<br />

Ich tu gern zeichnen, turnen, singen.<br />

Wenn ich das tu, geht’s mir gut.<br />

Sind Sie schon in Pension?<br />

Nein. Ich geh in die Seniorengruppe.<br />

Möchten Sie in Pension gehen?<br />

Nein, mag weiter in die Werkstätte. Aber<br />

schön das Zimmer, gefällt mir hier!<br />

<strong>Lebenshilfe</strong>: Herr A., wie gefällt es<br />

Ihnen hier bei uns?<br />

Ich bin jetzt 53 Jahre alt. Ich bin am<br />

6. Juli geboren. Ich bin noch topfit.<br />

Leider bin ich ledig.<br />

Wie geht es Ihnen mit dem Älterwerden,<br />

haben Sie Wünsche?<br />

Nein, ich bin topfit und ich wünsche<br />

mir nichts. Ich habe alles!<br />

Und fürs Wohnen hier, können<br />

wir was besser machen?<br />

Ja, ich freue mich darauf, meinen<br />

Wochenplaner noch fertig zu machen.<br />

Den hab ich noch nicht bekommen,<br />

weil mein persönlicher<br />

Begleiter im Krankenstand ist.<br />

Seite 6<br />

Wie gehen Sie mit den körperlichen<br />

Veränderungen um? Die<br />

Haare werden grau, die Haut<br />

kriegt Falten, Sie tragen ein Hörgerät<br />

...<br />

Das mit den Haaren macht mir<br />

nix. Ich bin fit! Morgen ist Live-<br />

Übertragung im Fernsehen. Da<br />

bin ich dabei. – Das interessiert<br />

mich!<br />

Mögen Sie einmal in Pension<br />

gehen?<br />

Hab darüber nicht nachgedacht.<br />

Momentan geh ich in die Seniorengruppe.<br />

Pension wäre vielleicht<br />

schon klass. Werd darüber nachdenken.<br />

Ich sag´s Ihnen dann!<br />

<strong>Lebenshilfe</strong>: Herr G., darf ich<br />

Ihnen ein paar Fragen zum Alter<br />

und zum Altwerden stellen?<br />

Ich bin schon 65. Mein Bruder ist<br />

75. Meine Mutter ist schon gestorben.<br />

Die hat zu viel Kaffee getrunken.<br />

Ich trinke keinen Kaffee.<br />

Was machen Sie sonst noch, um<br />

gesund zu bleiben?<br />

Arbeiten.<br />

Was arbeiten Sie?<br />

In Graz arbeite ich. Ich gehe die<br />

Herbstmesse ansehen. Da gibt es<br />

ein Gerippe und einen Totenkopf.<br />

Da gibt’s einen Krampus und<br />

schwarzen Mann. Der Karl muss<br />

auch sterben. Da oben schaut er<br />

zu. Hat er viel zu machen da oben?<br />

Ich weiß nicht, nehme an nicht.<br />

Sprechen Sie mit ihm?<br />

Ja, gute Gespräche, ja. Karli tut<br />

schiach schaun!<br />

Herr G, gefällt es Ihnen, hier zu<br />

wohnen?<br />

Ja, schönes Zimmer, schönes<br />

Kastl. Was kommt heut im Fernseher?<br />

Können wir was tun, um es noch<br />

schöner zu machen?<br />

Nix, hier gibt’s ka Polizei. Kommt<br />

die Polizei?<br />

Nein. Noch einmal: Gibt es eine<br />

Möglichkeit zur Verbesserung?<br />

Haben Sie einen Wunsch, damit es<br />

Ihnen besser geht?<br />

Ich mog fernsehen. Tante Käthe<br />

und Onkel Max sind auch schon<br />

gestorben. Der Großonkel Max.<br />

Haben Sie Angst vorm Sterben?<br />

Nein.<br />

Ein sinnerfülltes Leben: Dinge, die man gerne tut,<br />

halten auch im Alter jung.<br />

© Felix Specht<br />

<strong>Lebenshilfe</strong><br />

am Lebensende<br />

Die richtige Unterstützung im Alter: Gedanken zu Pflege, Krankenhaus,<br />

Alter und Behinderung von Gertraud Fließer.<br />

Ja, es gibt sie, die Veränderungen<br />

durch das Alter – bei Menschen mit<br />

Behinderung wie bei anderen auch.<br />

Stürze, Krankheiten und der Rückgang<br />

von Fähigkeiten bringen Einschränkungen.<br />

Die Bewohnerinnen und Bewohner<br />

unseres Hauses reagieren unterschiedlich<br />

auf die unmittelbare Veränderung. Aber<br />

sie lernen im Nu damit zu leben und sich<br />

an neue Situationen anzupassen – wenn<br />

sie dabei unterstützt werden und wenn<br />

ihnen geholfen wird.<br />

Menschen mit Behinderung<br />

sehen ihr<br />

Leben als erfolgreich,<br />

wenn sie an interessanten,<br />

sinnvollen Aufgaben<br />

in der Werkstätte<br />

teilhaben oder wenn sie die Wohngemeinschaft<br />

und das Wohnklima aktiv mitgestalten<br />

können. Um ihnen das zu<br />

ermöglichen, braucht es von Seiten der<br />

<strong>Lebenshilfe</strong> ein paar Grundsätze: hohe<br />

Fachkompetenz des Personals zur Lebensbegleitung<br />

und Zielplanung ebenso<br />

wie zur Pflege. Beim Aufstehen helfen,<br />

Krankheiten erkennen und von der Behinderung<br />

unterscheiden lernen, muss<br />

wie vieles andere ein selbstverständlicher<br />

kleiner Teil der Alltagsbegleitung sein.<br />

Hilfestellung. Als Leiterin wünsche ich<br />

mir mehr Unterstützung von ärztlicher<br />

Seite, vor allem bei Fragestellungen rund<br />

um Veränderungen von Menschen mit<br />

Behinderung im Alter. Wir bräuchten ein<br />

Krankenhaus mit einer Abteilung, die<br />

Bewohner und Bewohnerinnen sofort<br />

aufnimmt, wenn wir nicht mehr weiter<br />

wissen und die sich erst mit sicherer Diagnose<br />

zufrieden gibt.<br />

Lernen, mit<br />

Veränderungen<br />

umzugehen.<br />

Die <strong>Lebenshilfe</strong> widmet sich seit vielen<br />

Jahren dem Thema „Alter und Behinderung“;<br />

Entwicklungen und Notwendigkeiten<br />

werden immer positiv unterstützt.<br />

Unterschiedliche Maßnahmen und Qualifikationen<br />

erhöhen die Pflegekompetenzen<br />

und das Fachwissen des Personals.<br />

Der Vorstand und die Geschäftsführung<br />

entwickeln Prozesse, verhandeln mit politisch<br />

Verantwortlichen und tun alles<br />

Mögliche, um den Bedarf und die Zukunft<br />

gezielt zu gestalten.<br />

Die nächsten Schritte<br />

sind eingeleitet: Die<br />

ethischen Verantwortlichkeiten<br />

bei Veränderungen<br />

sowie am<br />

Lebensende eines Menschen mit Behinderung<br />

müssen klarer und sicherer geregelt<br />

werden, ein Ethik-Rat soll eingerichtet<br />

werden. (siehe rechts, Nachgefragt.)<br />

Die ärztliche Begleitung und Diagnosestellung<br />

sind auszubauen, und mit<br />

den örtlichen Krankenhäusern werden<br />

wir verstärkt zusammenarbeiten. Unter<br />

diesen Aspekten können wir zuversichtlich<br />

und mit Freude in die Zukunft<br />

schauen.<br />

© ?<br />

Nachgefragt<br />

Frau Fließer, was steht hinter<br />

dem Wunsch nach einem Ethik-<br />

Rat?<br />

Wenn Menschen am Lebensende<br />

immer sprachloser werden, durch Demenzen<br />

geistige Fähigkeiten verlorengehen<br />

und Krankheiten immer weiter<br />

fortschreiten, sind die Angehörigen<br />

meistens überfordert. Immer wieder<br />

müssen dann Entscheidungen zu lebensverlängernden<br />

Maßnahmen wie<br />

zur Verabreichung einer PEG-Sonde<br />

oder ähnlichem getroffen werden.<br />

Die Begleitung braucht<br />

hohe Fachkompetenz.<br />

Auch wenn es um die Frage nach Behandlungen<br />

geht, die das Leben zwar<br />

kurz verlängern, aber mit großer Aufregung<br />

wie einem Transport ins Krankenhaus<br />

verbunden sind oder wenn es<br />

um schmerzhafte Behandlungen geht,<br />

deren Sinnhaftigkeit ebenfalls geprüft<br />

werden muss. Die Angehörigen brauchen<br />

in der Regel unseren Rat und unsere<br />

Unterstützung, die Ärzte sagen<br />

zwar was möglich ist, treffen aber nicht<br />

die Entscheidung. Für eine verantwortliche<br />

Hausleitung ist es eine große<br />

Unterstützung, wenn ihr ein Ethik-Rat<br />

zur Seite steht, wo kompetente außenstehende<br />

Personen sich mit ihrem<br />

Wissen einbringen und gemeinsam<br />

eine Vorgehensweise festgelegt wird.<br />

Ziel ist auch die Entwicklung eines<br />

Ethik-Kodexes für die gesamte <strong>Lebenshilfe</strong>.<br />

Gertraud Fließer ist Leiterin des <strong>Lebenshilfe</strong>-<br />

Wohnhauses 3 der <strong>Lebenshilfe</strong> Graz und<br />

Umgebung – Voitsberg in Söding.<br />

Seite 7

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