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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2005-04

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Rechtsprechung<br />

Kündigungsrecht<br />

hung der Abfindung zu Gunsten der Klägerin rechtfertigen<br />

würden.<br />

■ Landesarbeitsgericht Köln<br />

vom 21. März <strong>2005</strong>, 2 Sa 1499/<strong>04</strong>, Revision nicht zugelassen<br />

375. Sonderkündigungsschutz Betriebsratsmitglied, Ersatzmitglied,<br />

außerordentliche Kündigung, Abmahnung<br />

1. (…) Ein zweites Ersatzmitglied im Betriebsrat genießt<br />

keinen Sonderkündigungsschutz eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds,<br />

wenn es zum Zeitpunkt seiner Kündigung nicht<br />

im Betrieb anwesend ist, aber sowohl sämtliche ordentliche<br />

Betriebsratsmitglieder als auch das erste Ersatzmitglied im<br />

Betriebsrat sich zum Zeitpunkt der Kündigung im Betrieb<br />

befinden. Damit liegt kein Verhinderungsfall nach § 25<br />

Abs. l S. 2 BetrVG vor, der dazu führen würde, dass dem<br />

zweiten Ersatzmitglied der Sonderkündigungsschutz eines<br />

ordentlichen Betriebsratsmitglieds nach § 15 Abs. l S. l KSchG,<br />

§ 103 BetrVG zusteht (BAG, 09.11.1977 – 5 AZR 175/76 –,<br />

17.01.1979 – 5 AZR 891/77 – und 06.09.1979 – 2 AZR 548/77 –<br />

AP KSchG 1969 § 15 Nr. 3, 5 und 7). Daran ändert auch nichts,<br />

dass die Betriebsratsmitglieder nicht sämtlich zu denselben<br />

Arbeitszeiten ihre Tätigkeit angetreten hatten. Selbst wenn<br />

keine Überschneidung der Arbeitszeiten vorgelegen hätte<br />

(was hier der Fall war), ergibt sich aus § 37 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG,<br />

dass in einem derartigen Fall nicht ohne weiteres von einer<br />

Verhinderung ausgegangen werden kann. Denn hiernach hat<br />

ein Betriebsratsmitglied, das außerhalb seiner persönlichen<br />

Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit verrichtet, Anspruch auf Arbeitsbefreiung<br />

unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Selbst<br />

wenn das betreffende Betriebsratsmitglied zur Wahrnehmung<br />

von Betriebsratsaufgaben in den Betrieb fahren müsste, ist<br />

dies kein Grund zur Annahme eines Verhinderungsfalls (BAG,<br />

18.01.1989 – 7 ABR 89/87 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 28).<br />

2. Beim nachwirkenden Sonderkündigungsschutz eines Ersatzmitglieds<br />

des Betriebsrats nach § 15 S. l KSchG können<br />

die zu § 626 Abs. l BGB entwickelten Grundsätze zur Zulässigkeit<br />

einer außerordentlichen Kündigung angewandt werden<br />

(vgl. nur BAG, 18.02.1993 – 2 AZR 526/92 – AP KSchG 1969<br />

§ 15 Nr. 35). Zu prüfen ist also, ob Tatsachen vorliegen, die<br />

den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne<br />

Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Fristlos kann<br />

einem Ersatzmitglied des Betriebsrats im Nachwirkungszeitraum<br />

nur gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber bei einem<br />

vergleichbaren Nichtbetriebsratsmitglied dessen Weiterbeschäftigung<br />

bis zum Ablauf der einschlägigen ordentlichen<br />

Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Jedenfalls für die Beendigungskündigung<br />

geht das Bundesarbeitsgericht nach wie vor<br />

davon aus, dass im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung von<br />

derjenigen Kündigungsfrist auszugehen ist, die ohne den Sonderkündigungsschutz<br />

nach § 15 KSchG für eine ordentliche<br />

Kündigung gelten würde (hier: sechs Monate zum Monatsende).<br />

Hieraus folgt, dass eine hilfsweise ausgesprochene außer-<br />

246 <strong>04</strong>/05<br />

ordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist bei der<br />

Kündigung von Betriebsratsmitgliedern beziehungsweise<br />

Ersatzmitgliedern keine zulässige Kündigungsart darstellen<br />

kann. Jedenfalls für die verhaltensbedingte und krankheitsbedingte<br />

Beendigungskündigung von Betriebsratsmitgliedern<br />

beziehungsweise Ersatzmitgliedern entspricht dies der derzeitigen<br />

Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG,<br />

18.02.1993 – 2 AZR 526/92 – und 10.02.1999 – 2 ABR 31/98 –<br />

AP KSchG 1969 § 15 Nr. 42; BAG, 27.09.2001 – AZR 487/00 –<br />

NZA 2002, 815; APS-Linck, 2. Aufl., § 15 Rz 127; a.A. KR-Etzel,<br />

7. Aufl., § 15 KSchG Rz 22 f.).<br />

3. In Rechtsprechung und Schrifttum ist es anerkannt, dass<br />

eine Abmahnung nur dann ihre Warnfunktion erfüllen kann,<br />

wenn der Arbeitnehmer die Drohung mit der Kündigung auch<br />

ernst nehmen muss. Dies kann dann nicht mehr der Fall sein,<br />

wenn ein Arbeitgeber jahrelang die Kündigung stets nur androht,<br />

nicht aber ausspricht (BAG, 15.11.2001 – 2 AZR 609/00 –<br />

AP KSchG 1969 § l Abmahnung Nr. 4; BAG 16.09.20<strong>04</strong> –2AZR<br />

406/03).<br />

Sind seit der letzten Abmahnung nahezu zwei Jahre verstrichen,<br />

so besteht mangels einer bestimmten Regelfrist für die<br />

Wirkungslosigkeit von Abmahnungen aufgrund Zeitablaufs<br />

die Möglichkeit, dass sich der Arbeitnehmer darauf berufen<br />

werde, die vorangegangenen Abmahnungen hätten durch<br />

Zeitablauf ihre Wirkungen verloren (BAG, 18.11.1986 – 7 AZR<br />

674/84 – AP KSchG 1969 § l Verhaltensbedingte Kündigung<br />

Nr. 17).<br />

Enthalten die letzten drei Abmahnungen eine Steigerung an<br />

Intensität, wobei in der Abmahnung zur letzten Unpünktlichkeit<br />

ausdrücklich die Möglichkeit einer außerordentlichen,<br />

fristlosen Kündigung ausgesprochen wird, so darf der Arbeitnehmer<br />

nicht mehr davon ausgehen, dass bei einer weiteren<br />

Unpünktlichkeit die „Abmahnungsserie“ lediglich fortgesetzt<br />

werde.<br />

■ Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg<br />

vom 16. Dezember <strong>2005</strong>, 4 Sa 33/<strong>04</strong>, Revision nicht zugelassen<br />

eingereicht von Rechtsanwalt Jürgen Schmitt, Friedrichstraße<br />

5, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/224199–0, Fax: 0711/224199–79;<br />

e-mail: kanzlei@shp-anwaltskanzlei.de<br />

376. Kündigung, außerordentliche, Abmahnung<br />

1. Verletzt ein Fleischbeschautierarzt nachhaltig seine Pflichten<br />

im Zusammenhang mit der fleischhygienischen Untersuchung<br />

von geschlachteten Rindern auf BSE, ist diese Pflichtverletzung<br />

an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung<br />

zu rechtfertigen.<br />

2. Eine vorherige vergebliche Abmahnung muss einer derartigen<br />

Kündigung nicht immer vorangehen.<br />

■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz<br />

vom 10. Februar <strong>2005</strong>, 4 Sa 784/<strong>04</strong>

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