Download der Saphir - Freie Waldorfschule Bergisch Gladbach
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20 Jahre<br />
<strong>Saphir</strong><br />
<strong>Freie</strong><br />
<strong>Waldorfschule</strong><br />
<strong>Bergisch</strong><br />
<strong>Gladbach</strong><br />
September 2007<br />
20 Jahre <strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong><br />
in Berichten aus dem Alltag <strong>der</strong> Schule<br />
Waldorfpädagogik –<br />
Versuch einer Annäherung
2<br />
Inhalt<br />
Liebe Freunde, liebe Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
Von Markus Prange<br />
Waldorfpädagogik - Versuch einer Annäherung . . . . . 5<br />
Von Dr. Dietmar Müller<br />
Fotos Klassen* 1a, 1b und 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
Tausend Wege mit Hun<strong>der</strong>twasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />
Von Uta Stolz<br />
Ackerbauepoche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
Zum Richterlehrplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
Von Susanne Karthäuser<br />
Fotos Klassen* 3, 4 und 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />
Der Waldorf Kin<strong>der</strong>chor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16<br />
Von Christian Kreft-Schönewolf<br />
Die Welt auf Brettern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />
Von Ingrid Geisler<br />
Kunstgeschichtsepoche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
Von Thomas Bock<br />
Fotos Klassen* 6, 7 und 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />
Brücke zwischen Ost und West . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24<br />
Von Moses Fendel<br />
Aus dem Oberstufen-Unterricht für Erdkunde . . . . . 26<br />
Von Dr. Raimo Becker-Haumann<br />
Kleine Zellen ganz groß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
Von Dr. Raimo Becker-Haumann<br />
Fotos Klassen* 9, 10 und 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
Aus dem Chemieunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />
Von Dr. Harald Kollmann<br />
Neue Technologien im (Fremdsprachen-)Unterricht . 33<br />
Von Susanne Varwig<br />
Welche Gemeinsamkeiten haben eine <strong>Waldorfschule</strong><br />
und eine Apotheke? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />
Von Frank Riedel<br />
Englandfahrt und Englisch lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />
Von Kerstin Vent<br />
Fotos Kollegium und Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
Fotos Klassen* 12 und 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />
Ende einer Dienstfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />
Von Natascha Bleckmann<br />
Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />
* Schuljahr 2006/2007<br />
20 Jahre <strong>Waldorfschule</strong> Refrath<br />
Privatschulen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.<br />
Gründe für diese Entwicklung gibt es viele. Ich freue mich<br />
sehr, dass <strong>Bergisch</strong> <strong>Gladbach</strong> diesem Bedarf an einer<br />
Alternative zur Regelschule bereits seit 20 Jahren entgegenkommen<br />
kann – dies dank <strong>der</strong> erfolgreichen Initiative<br />
zur Gründung einer <strong>Waldorfschule</strong> im Jahr 1987. Aus diesem<br />
Grund möchte ich vor allem den „Gründungs“-Eltern<br />
zum 20. Geburtstag <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong> in Refrath sehr herzlich<br />
gratulieren und darüber hinaus allen unterstützenden<br />
Eltern und Lehrern für ihr umfassendes Engagement über<br />
die beiden Jahrzehnte hinweg danken. Sie alle haben sehr<br />
viel dazu beigetragen, dass unser <strong>Bergisch</strong> <strong>Gladbach</strong>er<br />
Schulsystem um eine echte Alternative reicher ist.<br />
Das vor 20 Jahren gestartete Waldorf-Experiment hat<br />
sich sehr schnell zu einem Dauerbrenner entwickelt. Die<br />
<strong>Waldorfschule</strong> Refrath ist inzwischen eine in <strong>der</strong> Region<br />
anerkannte und beliebte Institution, die viele Eltern durch<br />
ihr breites Angebotsspektrum, die vielen Ankerpunkte für<br />
die Interessen und Begabungen <strong>der</strong> Schülerinnen und<br />
Schüler und die Vermittlung einer hochwertigen und umfassenden<br />
schulischen Bildung überzeugt. Sie ist ein wichtiger<br />
Pluspunkt in <strong>der</strong> städtischen Schulpolitik.<br />
Vielen Dank für 20 erfolgreiche Jahre und alles Gute<br />
für die Zukunft!<br />
<strong>Bergisch</strong> <strong>Gladbach</strong>, im September 2007<br />
Klaus Orth<br />
Bürgermeister
Liebe Freunde, liebe Gegner ...<br />
Von Markus Prange<br />
Kennen Sie diese opulenten Web-Lexika, in denen Sie nichts<br />
an<strong>der</strong>es finden als Warmduscher-Synonyme? Becken-<br />
randschwimmer! Lamettabügler! Rabattmarkenkleber! Tja,<br />
und dann: Waldorfschüler.<br />
Das Halbdunkel <strong>der</strong> Gesinnungsräume, in denen sich<br />
Klischees verdichten, ist durch Fakten schwer zu erhellen.<br />
An<strong>der</strong>erseits - welches sind denn die Fakten über Waldorfs?<br />
Neuerdings ist es ein bisschen leichter geworden, die<br />
Frage zu beantworten. Eine erste wissenschaftlich-systematische<br />
Befragung ehemaliger Waldorfschüler ist Anfang<br />
des Jahres im VS-Verlag Wiesbaden erschienen. 1 Die empirische<br />
Studie schließt eine abgrundtiefe Lücke zwischen<br />
den Extrempositionen reformpädagogischer Selbstbeweihräucherung<br />
und böser Rufmordkampagnen. Für die eine<br />
Position finden Sie Beispiele in Ihrem Bücherregal, für die<br />
an<strong>der</strong>e in Ihrer Tageszeitung.<br />
Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung berichtete<br />
am 8. Juli im Tonfall aufgeklärter Wissenschaftlichkeit von<br />
einer Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Nie<strong>der</strong>sachsen.<br />
Nirgends würden Schüler „häufiger geschlagen<br />
o<strong>der</strong> getreten o<strong>der</strong> wird ihr Eigentum zerstört als an <strong>Waldorfschule</strong>n”,<br />
heißt es da. Fakt? Nein, Falschmeldung. Das<br />
Forschungsinstitut selbst berichtigt in einer Gegendarstellung:<br />
„Zu den <strong>Waldorfschule</strong>n hat sich mit 24,2 Prozent<br />
die niedrigste Rate von Gewalttätern ergeben.” Und: „Die<br />
<strong>Waldorfschule</strong>n zeichnen sich dadurch aus, dass sich dort<br />
<strong>der</strong> mit Abstand niedrigste Anteil von fremdenfeindlichen<br />
Schülerinnen und Schülern ergeben hat ... Es erscheint uns<br />
deshalb geradezu absurd, die Daten unserer Schülerbefragung<br />
zur Unterstützung einer These einzusetzen, wonach<br />
an <strong>Waldorfschule</strong>n mit rassistischem Gedankengut gearbeitet<br />
wird, das Herr Steiner produziert haben soll.”<br />
Die Mähr vom Rassenfaschist Steiner kehrt so regelmäßig<br />
wie<strong>der</strong> wie diffuse Antisemitismus-Vorwürfe,<br />
die nicht totzukriegen sind, obwohl es keine Betroffenen<br />
gibt. Es hat auch nichts geholfen, dass Evelyn Hecht-Galinski,<br />
Tochter des verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats<br />
<strong>der</strong> Juden in Deutschland und selbst ehemalige Waldorfschülerin,<br />
in <strong>der</strong> Vergangenheit schon mal in großen<br />
Tageszeitungen Anzeigen geschaltet hatte, in denen sie die<br />
<strong>Waldorfschule</strong>n gegen die haltlosen Anschuldigungen verteidigte<br />
- <strong>der</strong> Dreck blieb in vielen Köpfen hängen.<br />
Die stich- und nachhaltigste Entkräftung dieser Art von<br />
Injurien ist und bleibt <strong>der</strong> Wirksamkeitsnachweis, den ehemalige<br />
Waldorfschüler durch ihren Werdegang erbringen.<br />
Wie die genannte Absolventen-Studie belegt, zeichnen sie<br />
sich durch einen hohen Grad an zivilgesellschaftlichem<br />
Engagement aus. 63,8% von ihnen haben Abitur o<strong>der</strong><br />
Fachgebundene Hochschulreife. Gemessen an <strong>der</strong> Gesam-<br />
tbevölkerung, mit <strong>der</strong> sich Waldorfschüler auf Grund <strong>der</strong><br />
vertikalen Bildungsmobilität direkt vergleichen können -<br />
hier liegt <strong>der</strong> Vergleichswert bei 18,4% - ist das ein sehr<br />
hoher Anteil. Waldorfschüler erreichen überdurchschnittlich<br />
oft Hochschulabschlüsse, sind überaus zufrieden mit<br />
ihrem Berufsleben und werden selten arbeitslos.<br />
Überraschungen hält die Studie auch im Bereich erlernter<br />
Berufe bereit. Im Vergleich mit dem Mikrozensus<br />
2000 ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> geistes- und naturwissenschaftlichen<br />
Berufe 12,6-mal, <strong>der</strong> <strong>der</strong> Ärzte und Apotheker 6,8mal<br />
so hoch wie in <strong>der</strong> Gesamtbevölkerung. Nach den Lehrern<br />
stellen Ingenieure die größte Berufsgruppe dar. Zu <strong>der</strong><br />
auffallend großen Berufsgruppe <strong>der</strong> Lehrer gesellt sich ein<br />
überproportional großer Lehreranteil in <strong>der</strong> Elternschaft.<br />
Dazu heißt es:<br />
„Die <strong>Waldorfschule</strong> steht in Konkurrenz zur Regelschule.<br />
Dass fast ein Fünftel <strong>der</strong> jüngeren Waldorfschüler<br />
aus Lehrerhaushalten kommt, zeigt, dass viele <strong>der</strong>jenigen,<br />
die die staatliche Schule am intimsten kennen, ihr für ihren<br />
Nachwuchs nicht unbedingt vertrauen.”<br />
„Insofern stehen die <strong>Waldorfschule</strong>n also unter dem<br />
Druck einer durchaus kompetenten internen Öffentlichkeit.<br />
Der hohe Lehreranteil an den Elternhäusern kann aber<br />
auch als deutliches Kompliment für den pädagogischen<br />
Ansatz und die pädagogische Leistung dieser Schulform<br />
gesehen werden: <strong>Waldorfschule</strong>n werden für die eigenen<br />
Kin<strong>der</strong> keineswegs aus ‘ideologischen’, son<strong>der</strong>n durchweg<br />
aus pädagogischen Gründen gewählt.”<br />
Dürfen wir uns zurücklehnen?<br />
Die <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>n hätten sich in den letzten Jahrzehnten<br />
nicht vom Außenseiter zum Anführer <strong>der</strong> Reformpädagogischen<br />
Internationale entwickelt, wäre ihnen<br />
nicht ein Verän<strong>der</strong>ungswille immanent.<br />
Durch die konzeptionellen Neugestaltungen an unserer<br />
Schule bewegt sich die Mittel- und Oberstufe stärker auf<br />
eine Vernetzung von Arbeitswelt und Schule zu. Institutionelle<br />
Grenzen <strong>der</strong> Schule werden künftig entschiedener<br />
überwunden werden müssen, um den klassischen Formen<br />
<strong>der</strong> Wissensvermittlung im künstlichen Lernraum verstärkt<br />
die Wirklichkeitserfahrung mo<strong>der</strong>ner Lebenszusammenhänge<br />
zur Seite stellen zu können. Aus <strong>der</strong> wohlmeinenden<br />
Konzentration des veranstalteten Lernens wird dann mehr<br />
und mehr die eigenverantwortlich gewählte Tätigkeit im<br />
Rahmen eines Praktikums o<strong>der</strong> eines Projektes.<br />
„Lebenskunde muss aller Unterricht geben. Zu lehren wird<br />
sein auf <strong>der</strong> Altersstufe vom 15. bis zum 20. Jahre ... alles<br />
dasjenige, was sich auf die Behandlung des Ackerbaus, des<br />
Gewerbes, <strong>der</strong> Industrie, des Handels bezieht. Es wird kein<br />
Mensch durch dieses Lebensalter durchgehen dürfen, ohne<br />
dass er eine Ahnung bekommt von dem, was beim Ackerbau,<br />
im Handel, in <strong>der</strong> Industrie, im Gewerbe geschieht. Diese<br />
Dinge werden aufgebaut werden müssen als Disziplinen,<br />
3
4<br />
die unendlich viel notwendiger sind als vieles Zeug, das<br />
jetzt den Unterricht dieser Lebensjahre ausfüllt.” 2<br />
Was hier bereits vor <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> ersten <strong>Waldorfschule</strong><br />
in den mehr volkspädagogisch intendierten Vorträgen<br />
Rudolf Steiners zum Ausdruck kam, ist lange Zeit<br />
Torso geblieben und hat erst in Form schuleigener Ausbildungsstätten<br />
an den <strong>Waldorfschule</strong>n in Nürnberg und<br />
Kassel differenziertere Ausgestaltungen erfahren. Den<br />
umgekehrten Weg hat ab 1992 die „Regionale Oberstufe<br />
Jura Südfuß” beschritten. Hier wurde nicht die Arbeitswelt<br />
Anzeige<br />
den Lebensbedingungen <strong>der</strong> Schule angepasst, son<strong>der</strong>n<br />
die Schüler werden zu realen Lernorten entsandt. Bescheidene<br />
Ansätze in dieser Richtung finden sich in <strong>der</strong><br />
Gestaltung des praktisch-wirtschaftlichen Unterrichtes an<br />
unserer Schule wie<strong>der</strong>, wie er verschiedentlich schon im<br />
vergangenen Schuljahr zur Darstellung gebracht worden<br />
ist. Freuen Sie sich mit uns auf die nächsten 20 Jahre<br />
Wirkensgeschichte!<br />
1 Heiner Barz, Dirk Randoll (Hrsg): Absolventen von <strong>Waldorfschule</strong>n.<br />
2 Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fra-<br />
gen. Vortrag vom 11. Mai 1919
Waldorfpädagogik -<br />
Versuch einer Annäherung<br />
Von Dr. Dietmar Müller<br />
Annäherung deshalb, weil es keine Definiton von Waldorfpädagogik<br />
gibt und im Sinne eines ihr zugrunde liegenden<br />
anthroposophischen Erkenntnisansatzes auch nicht geben<br />
kann, ja nicht geben darf. Man kann deshalb sinnvoller<br />
Weise nicht fragen: Worin o<strong>der</strong> woraus besteht Waldorfpädagogik?<br />
Man kann höchstens fragen: Wie entsteht sie?<br />
Aus welchen Elementen bildet sie sich, jeweils an<strong>der</strong>s und<br />
jeweils neu?<br />
Waldorfpädagogik ist kein pädagogisches System nach<br />
vorgegebenen o<strong>der</strong> mit vorgebenden Richtlinien, son<strong>der</strong>n<br />
bietet einen Rahmen, den es zu füllen gilt, in dem man<br />
sich in vielfältiger Weise bewegen kann. Was ist nun dieser<br />
Rahmen? Welche Elemente bilden ihn? - Vier sollen an<br />
dieser Stelle näher betrachtet werden.<br />
Vorab: Auch die einzelnen Elemente können und dürfen<br />
nicht definitorisch festgelegt werden. Auch sie können<br />
- und sollen - hier nur „annähernd“ erfasst werden, d.h.<br />
differenziert in ihrer jeweils scheinbaren Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit<br />
betrachtet werden.<br />
Es heißt: an <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong> bleibt man nicht sitzen.<br />
Einmal davon abgesehen, dass es nach gemeinsamen<br />
Entscheidungen von Kollegium und Eltern in Einzelfällen<br />
Wie<strong>der</strong>holungen, aber auch Überspringen einer Jahrgangsstufe<br />
geben kann, stellt sich die Frage: Warum gibt es kein<br />
Sitzenbleiben?<br />
Der pädagogische Rahmen ist in diesem Punkt die<br />
Überzeugung, dass es sinnvoll ist, jeweils altersgemäß zu<br />
unterrichten bzw. zu lernen, d.h. dass in relativ festen Altersgruppen<br />
gearbeitet wird gemäß dem jeweiligen Entwicklungsstand.<br />
So hat jede Jahrgangsstufe ihr eigenes,<br />
menschkundlich bzw. entwicklungspsychologisch geformtes<br />
„Gesicht”. Aber es gibt auch - und das ist <strong>der</strong> scheinbare<br />
Wi<strong>der</strong>spruch - den unabdingbaren Blick auf den Einzelnen.<br />
Nicht nur hinsichtlich eventuell notwendiger För<strong>der</strong>maßnahmen<br />
bei Lernbehin<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> bei beson<strong>der</strong>en<br />
Begabungen, son<strong>der</strong>n aus <strong>der</strong> Überzeugung heraus, dass<br />
jedes Kind und je<strong>der</strong> Jugendliche seinen eigenen Lebens-<br />
und Lernweg finden und die <strong>Waldorfschule</strong> ihm diesen<br />
Weg öffnen muss.<br />
Damit ergibt sich für die pädagogische Arbeit ein Spannungsfeld<br />
zwischen den beiden genannten Polen, die eben<br />
keinen Wi<strong>der</strong>spruch bilden, son<strong>der</strong>n wesentlich zusammengehören<br />
als zwei Aspekte einer pädagogischen Intention.<br />
Und wie die Spannung zwischen diesen beiden Polen<br />
gelebt und gestaltet wird, entscheiden nicht Richtlinien,<br />
son<strong>der</strong>n die Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Kompetenz<br />
und Verantwortung. Das ist wohl damit gemeint, wenn<br />
man zuweilen von Erziehungskunst als einem Element <strong>der</strong><br />
Waldorfpädagogik spricht.<br />
Ein zweites wesentliches und elementares Spannungsfeld<br />
betrifft die sogenannten Unterrichtsinhalte und -ziele.<br />
In den 88 Jahren ihres Bestehens haben die <strong>Waldorfschule</strong>n<br />
sich zum Ziel gesetzt, verbunden mit einer ausgesprägt<br />
künstlerischen Ausrichtung eine möglichst umfassende<br />
Allgemeinbildung zu vermitteln, und zwar möglichst bis<br />
zur 12. Klasse. Demgegenüber besteht aber - zurzeit noch<br />
- <strong>der</strong> Anspruch aus dem staatlichen Schulsystem, mit Blick<br />
auf das Abitur auch Leistungskurse einzurichten, also einerseits<br />
eine Art Spezialisierung vorzunehmen und an<strong>der</strong>erseits<br />
damit Fächer abwählen zu lassen. („Zurzeit noch“<br />
soll heißen, dass überlegt wird, das System <strong>der</strong> Leistungs-<br />
und Grundkurse wie<strong>der</strong> abzuschaffen. Baden-Würtemberg<br />
hat dazu schon erste Schritte gemacht.)<br />
Was alles zur Allgemeinbildung gehört und inwieweit<br />
man auf die For<strong>der</strong>ung aus dem staatlichen Prüfungssystem<br />
nach frühzeitiger Spezialisierung eingehen muss o<strong>der</strong><br />
kann, entscheidet jede Schule in ihrem eigenen Schulprofil<br />
und jedes Kollegium in <strong>der</strong> Umsetzung eben dieses.<br />
Ein an<strong>der</strong>er Aspekt in diesem Spannungsfeld ist die den<br />
Schülerinnen und Schülern <strong>der</strong> Oberstufe in vielen <strong>Waldorfschule</strong>n<br />
gegebene Wahlmöglichkeit z.B. innerhalb des<br />
Bereichs <strong>der</strong> künstlerischen Fächer. Welche dieser Fächer<br />
sind im Sinne <strong>der</strong> genannten Allgemeinbildung verbindlich<br />
für alle, welche sind wählbar und damit auch abwählbar?<br />
Auch in diesem Punkt gibt es keine Waldorf-Richtlinien,<br />
son<strong>der</strong>n jede einzelne Schule muss selbst entscheiden und<br />
die Kriterien dafür entwickeln.<br />
Damit ist ein drittes Spannungsfeld angesprochen,<br />
das <strong>der</strong> Autonomie einer jeden <strong>Waldorfschule</strong> und <strong>der</strong><br />
Autonomie einer jeden Lehrerin und eines jeden Lehrers.<br />
Es war eine Grundüberzeugung von Rudolf Steiner, dass<br />
es innerhalb des <strong>Freie</strong>n Geisteslebens und innerhalb einer<br />
jeden <strong>Waldorfschule</strong> als Teil eben desselben möglichst<br />
wenig Vorschriften geben sollte, einmal abgesehen von<br />
den staatlichen Vorgaben. Die Mitglie<strong>der</strong> eines Kollegiums<br />
und das Kollegium als ganzes sollten möglichst weisungsungebunden,<br />
d.h. selbstverantwortlich arbeiten können,<br />
allerdings in gegenseitiger Absprache, mit klaren Vereinbarungen<br />
und auf <strong>der</strong> Grundlage einer gemeinsamen<br />
Konferenzarbeit, in <strong>der</strong> es um die Elemente <strong>der</strong> Waldorfpädagogik<br />
gehen sollte, die für die jeweilige Schule in ihrer<br />
jeweiligen Situation wesentlich sein könnten o<strong>der</strong> sollten.<br />
Waldorfpädagogik sollte also nicht angewandt, son<strong>der</strong>n<br />
entwickelt werden, Konferenzarbeit sollte pädagogische<br />
Forschungsarbeit sein.<br />
Dieser Kernbereich autonomen pädagogischen Handelns<br />
ist, wenn er nicht schon immer ein Spannungsfeld<br />
war, in unserer Zeit ganz sicher eines geworden. Die Kollegien<br />
<strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong>n und ihre einzelnen Mitglie<strong>der</strong><br />
können sich heute nicht mehr nur auf sich selber konzentrieren,<br />
son<strong>der</strong>n sind mehr denn je auch mit Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
und Ansprüchen - berechtigten und z.T. auch unberechtigten<br />
- von außen konfrontiert: staatliche Vorgaben,<br />
5
6<br />
Fragen und Wünsche von Eltern und Schülern, Kritik in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit.<br />
Damit kommt auf die Kollegien und die einzelnen<br />
Lehrerinnen und Lehrer eine völlig neue Art <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
zu: neben <strong>der</strong> wie bisher mehr nach innen<br />
gerichteten jetzt auch eine nach außen gerichtete, bei <strong>der</strong><br />
es nicht darum geht, sich abzuschotten o<strong>der</strong> sich zu verteidigen,<br />
son<strong>der</strong>n darum, in eben dieser Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
die eigenen wesentlichen Elemente herauszuarbeiten, weiterzuentwickeln<br />
und glaubwürdig zu vermitteln.<br />
Mit dem letzten Punkt eng verbunden ist ein viertes<br />
Spannungsfeld, das <strong>der</strong> Führung o<strong>der</strong> Leitung einer Schule.<br />
Wer leitet eine <strong>Waldorfschule</strong>, wenn es doch nach <strong>der</strong>en<br />
Selbstverständnis keinen Direktor geben soll? Ursprünglich,<br />
nach Rudolf Steiner, war von einer kollegialen Selbstverwaltung<br />
die Rede, d.h. das Kollegium als ganzes ist die<br />
Schulleitung.<br />
Es gibt noch Waldorf-Kollegien, die dieses Selbstverständnis<br />
haben und leben, mühsam oft, aber doch effizient.<br />
An<strong>der</strong>e Kollegien haben, weil sie innerhalb ihrer Arbeit an<strong>der</strong>e<br />
Schwerpunkte setzen (vgl. das dritte Spannungsfeld),<br />
die Leitungsfunktion delegiert, zumeist an eine Gruppe<br />
von Kollegiumsmitglie<strong>der</strong>n, zuweilen auch in Zusammenarbeit<br />
mit Elternvertretern (so z.B. an unserer Schule in dem<br />
neuen Leitungsgremium: drei Kollegiumsvertreter, drei Elternvertreter,<br />
ein Vertreter aus dem För<strong>der</strong>verein).<br />
Bei <strong>der</strong> Entscheidung für das Delegationsmodell<br />
sind ähnlich wie schon bei dem vorigen Spannungsfeld<br />
Ansprüche von außen maßgebend, aber auch die eigenen,<br />
oft neu entwickelten Anfor<strong>der</strong>ungen an Führung und Lei-<br />
Anzeige<br />
tung wie Fachkompetenz und Professionalität. Die Virulenz<br />
innerhalb dieses Spannungfeldes ist sehr groß; das läßt<br />
sich an einigen Fragen aufzeigen.<br />
Einerseits: Kann ein Gesamtkollegium heute noch<br />
kompetent und effektiv eine Gesamtverantwortung übernehmen<br />
und tragen und diese zudem noch transparent<br />
nach außen vermitteln?<br />
An<strong>der</strong>erseits: Ist nicht das Delegationsmodell eine verbrämte<br />
Form eines Direktorats? Wird dadurch nicht das<br />
Kollegium in seiner Gesamtheit „entmachtet”, d.h. gibt es<br />
nicht zuviel Verantwortung ab und entlastet sich? Interessant<br />
ist in diesem Zusammenhang, auf die Entwicklung im<br />
staatlichen Schulwesen hinzuschauen: da gibt es durchaus<br />
Tendenzen, die Kollegien wie<strong>der</strong> mehr einzubeziehen in<br />
Entscheidungen und darin, Verantwortung zu übernehmen.<br />
Bei <strong>der</strong> Erörterung <strong>der</strong> vier Spannungsfel<strong>der</strong> ist eines<br />
deutlich geworden: Ein „Modell <strong>Waldorfschule</strong>” gibt es<br />
nicht und die Spannunsfel<strong>der</strong> lassen sich nicht einfach auflösen,<br />
son<strong>der</strong>n müssen „ausgehalten”, gestaltet werden. Es<br />
gibt einen Rahmen <strong>der</strong> Waldorfpädagogik mit verschiedenen<br />
wesentlichen Elementen, die aber in je<strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong><br />
jeweils neu adaptiert und zu einem Ganzen zusammengefügt,<br />
gleichsam komponiert werden müssen. Jede<br />
Eltern-, Schüler- und Kollegiumsgeneration bringt dabei<br />
neue Töne, Melodien und Rhythmen mit.<br />
Hören wir uns die in zwanzig Jahren entstandene Komposition<br />
unserer Schule in Ruhe und Dankbarkeit an. Entdecken<br />
wir die bereits entstandenen Klänge und gehen wir<br />
neuen offen entgegen.
Klasse 1a Schuljahr 2006/2007<br />
Finn Bacher, Fre<strong>der</strong>ike Bertram,<br />
Tillmann Duft, Pauline Grimm,<br />
Marlene Haase, Elias Heim, Jonas<br />
David Klocke, Leon Krieger, Mona<br />
Küpper, Julius Kunst, Hendrik<br />
Lackner, Anna Felizitas Lorenz, Finn<br />
Thore Nienborg, Aleesha Ophélie<br />
Optenhögel, Milan Rachow, Niklas<br />
Leonard Röll, Jonathan Sauer,<br />
Leonie Schmitz, Birk-Tewes<br />
Stenkamp, Aljosha Sümer, Navid<br />
Daniel Wagner, Valentin Maximilian<br />
Werheit, Fe<strong>der</strong>ico Angel Wiegers<br />
Klasse 1b Schuljahr 2006/2007<br />
Joel Barensfeld, Penelope Sunshine<br />
Bartholdy, Corbinian Ebel, Tobias<br />
Eckstein, Finn Cosmo Faust, Arthur<br />
Finkelmann, Louise Heck, Milan<br />
Hildebrand, Valentin Istomin, Lea<br />
Isabelle Janzen, Dario Krey, Yannik<br />
Lüdemann, Emily Maurer, Leonie<br />
Müller-Staffelstein, Ben Pößl,<br />
Niklas Maximilian Reinecke,<br />
Carlotta Fee Schmieg, Noah<br />
Benjamin Schultheis, Estella<br />
Tobinsky, Marlene Andrea<br />
Watermeyer, Henrik Wohlgemuth,<br />
Merlin Wollersheim<br />
Klasse 2 Schuljahr 2006/2007<br />
Malte Baranski, Paul Bock, Isabel<br />
Braun, Marilen de Schrevel, Roman<br />
Esser, Nils Carlson Franke, Anton<br />
Hamacher, Sophie Hammes, David<br />
Hanke, Simon Hanke, Leah Helling,<br />
Levin Hennig, Frie<strong>der</strong>ich-Joachim<br />
Jaeschke, Adrian Kind, Thorben Klaus,<br />
Simon König, Tim Kösler, Marla Kraft,<br />
Nick Lamprecht, Alicia Laufert,<br />
Alexan<strong>der</strong> Light, Mireya Lin<strong>der</strong>,<br />
Nele-Jeremias Link, Thomas Lobanow,<br />
Maxine Mohlberg, Leonard Müller,<br />
Maria Nie<strong>der</strong>prüm, Kira Prochnow,<br />
Elena Scheske, Jonas Schreiter, Santino<br />
Schulte, Marietheres Schwanitz,<br />
Rosa Schwanitz, Noemi Slawinski,<br />
Leo Sturm, Esref Celal Ural<br />
7
8<br />
Tausend Wege<br />
mit Hun<strong>der</strong>twasser<br />
Von Uta Stolz<br />
Klassisch beginnt <strong>der</strong> Waldorfhauptunterricht mit dem<br />
sogenannten Rhythmischen Teil, ein Begriff, <strong>der</strong> jedoch<br />
nicht von Rudolf Steiner geprägt worden ist. Ich nenne<br />
diesen Teil Stundenauftakt und führe ihn häufig in unserem<br />
Kissenkeis durch. Die Themen wechseln. Vor einigen<br />
Monaten schlug meine Praktikantin, angehende Kunsttherapiestudentin,<br />
ein Hun<strong>der</strong>twasserprojekt mit meiner<br />
dritten Klasse vor.<br />
Die Kunstbetrachtung ist nicht explizit in <strong>der</strong> Unterstufe<br />
bei uns vorgesehen, aber meine Erfahrung als Klassenlehrerin<br />
ist: Das junge Kind ist auf natürliche Weise künstlerisch<br />
und spontan in <strong>der</strong> Wahrnehmung, so dass ihm die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit Kunst entgegen kommt. Dadurch kann<br />
eine Sprache, ein Wahrnehmen und Empfinden aufgebaut<br />
werden, das schließlich in <strong>der</strong> Mittelstufe für den eigenen<br />
individuellen Innenraum und das Fach Kunst zur Verfügung<br />
steht.<br />
Die Schüler lieben das Fach Kunst, also fingen wir<br />
damit an. 12 mal lag mitten im Morgenkreis ein an<strong>der</strong>es<br />
Bild eines Hun<strong>der</strong>twasserkalen<strong>der</strong>. „Was seht ihr?“, war<br />
immer die Frage. „Einen Wald voller Lollis.“ „Quadrate.“<br />
„Eine Spirale.“ „Das sieht aus wie eine Pistole.“ Die Kin<strong>der</strong><br />
stellten einige Gestaltungsprinzipien fest: Häufig arbeitete<br />
Hun<strong>der</strong>twasser mit den geometrischen Grundformen, mit<br />
Spiralen und in den Grundfarben. Immer wie<strong>der</strong> bildeten<br />
diese Formen ein Motiv, ein Gesicht, einen Wald, ein Schiff.<br />
Was sehe ich genau und was empfinde ich bei <strong>der</strong> Betrachtung?<br />
Daran feilten wir unsere Wahrnehmungs- und<br />
Ausdrucksfähigkeit.<br />
Die Kin<strong>der</strong> vertiefen sich gern in diese Fragestellungen,<br />
die ja einen großen Raum in <strong>der</strong> dritten Klasse einnehmen:<br />
Die Genauigkeit, sogar die Messgenauigkeit im Wahrnehmen<br />
und Wie<strong>der</strong>geben, wie es das Thema Handwerk for<strong>der</strong>t,<br />
wird durch die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen<br />
geschult. Waldorfpädagogik möchte ja einen bestimmten<br />
seelischen Prozess in einer Altersstufe unterstützen. Die<br />
Wege wählen wir Lehrer. In <strong>der</strong> dritten Klasse geht es um<br />
den Ackerbau und das Hausbauen, um Entwurf und Gestaltung<br />
und um das Gefühl: Ich kann mein Lernen in <strong>der</strong><br />
Gemeinschaft und für mich selbst anwenden, um ganz elementar<br />
in dieser komplexen Welt zurecht zu kommen. Die<br />
Beschäftigung mit Kunst und das anschließende kreative<br />
Umsetzen stärkt das Selbstbewusstsein des Kindes in ähnlicher<br />
Weise wie das gemeinsame Säen, Pflegen und Ernten<br />
auf dem Acker.<br />
Tobias wollte es genau wissen und brachte am dritten<br />
Tag eine kleine Hun<strong>der</strong>twasserbiographie mit, die er uns<br />
vorlas. Wir lernten, dass <strong>der</strong> Künstler eigentlich Stowasser<br />
hieß und das verstehen Waldorfschüler: Sto ist Russisch<br />
und heißt auf Deutsch Hun<strong>der</strong>t. Lukas‘ Finger war immer<br />
oben, er entdeckte die kleinsten Formen auf den Bil<strong>der</strong>n.<br />
War es Marie, die herausfand, dass auf vielen Bil<strong>der</strong>n kleine<br />
russische Wörter geschrieben waren? Die Kin<strong>der</strong> machten<br />
sich ans Buchstabieren.<br />
„Hun<strong>der</strong>twasser hat auch Wörter erfunden, er nannte<br />
sich ja selbst Friedensreich und Dunkelbunt. Wer von<br />
Euch kann ein Hun<strong>der</strong>twasserwort erfinden, mit dem wir<br />
dieses Bild beschreiben können?“ Jetzt war nicht nur die<br />
sprachliche Genauigkeit gefragt, son<strong>der</strong>n die Kreativität:<br />
Vielspiralig, tausendfachig, hellbunt, wirbelflächig und das<br />
Wellenquadrat erfanden die Kin<strong>der</strong>.<br />
Nicht nur die sprachliche Intelligenz, son<strong>der</strong>n auch die<br />
mathematische, wird durch eine solche Bildbetrachtung<br />
angesprochen. Mit den geometischen Formen und den Spiralen<br />
hatten wir uns in <strong>der</strong> Adventszeit auseinan<strong>der</strong>gesetzt<br />
und mit Goldstift Postkarten gestaltet. Jetzt entdeckten die<br />
Kin<strong>der</strong> in verwandelter Art diese Formen wie<strong>der</strong> und je<strong>der</strong>
fand eine Antwort auf die Frage: „Wie ist Hun<strong>der</strong>twasser<br />
wohl vorgegangen, als er dieses Bild gemalt hat?“ Sprache<br />
und Mathematik werden jedoch unabhängig vom Leistungsvermögen<br />
in einem solchen Projekt angesprochen.<br />
Man braucht nicht rechnen und nicht buchstabieren können.<br />
Das fügt die Gemeinschaft fester und stellt einen gesunden<br />
Kontrast zu dem Gespenst Lernstandserhebung dar,<br />
von dem sich zur Zeit kaum eine Schule freimachen kann.<br />
Täglich brachten die Kin<strong>der</strong> Bücher o<strong>der</strong> Postkarten<br />
über Hun<strong>der</strong>twasser mit und einige hatten zu Hause schon<br />
eigene durch das Projekt inspirierte Bil<strong>der</strong> gemalt. Ein Projekt<br />
hat immer ein genaues Ziel und bald wollten alle unbedingt<br />
mit den Acrylfarben endlich loslegen.<br />
Der Kunstunterricht in den unteren Klassen <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong><br />
sieht vor allem das Aquarellieren vor. Das Malen im<br />
wässrigen Element hat eine ausgleichende und gesundende<br />
Wirkung auf das gesamte Wesen des Kindes. Aquarelle sind<br />
jedoch nicht sehr geeignet für das expressive Malen, wodurch<br />
die Kin<strong>der</strong> künstlerisch dynamisch kreativ sein können.<br />
Deshalb mache ich die Kin<strong>der</strong> mit unterschiedlichen<br />
Techniken vertraut.<br />
Endlich lagen die länglichen großen Blätter auf den<br />
Tischen und die Farben waren vorbereitet. Zu zweit sollten<br />
die Kin<strong>der</strong> einen Entwurf ausarbeiten, auf das Blatt übertragen<br />
und dann farbig gestalten. Tobias und Falk waren<br />
sich schnell einig. Wenn sie nun in <strong>der</strong> Farbwahl sozusagen<br />
gespiegelt arbeiten würden, dann käme doch sicher<br />
ein gelungenes Ganzes heraus. Jonathan und Manuel<br />
teilten entsprechend <strong>der</strong> vier Elemente, die wir vor allem<br />
im letzten Schuljahr bearbeitet hatten, das Blatt in vier<br />
Fel<strong>der</strong>. Je<strong>der</strong> konnte zwei ausfüllen. Und Malte Maik rief:<br />
„Frau Stolz, wir malen zusammen eine eckig-runde Spirale!“<br />
So kam er sich mit Lukas nicht ins Gehege, <strong>der</strong> die<br />
runde gestaltete, während er selbst auf dem eckigen Teil<br />
Experimente mit dem Holzende des Pinsels machte. Lea<br />
und Emilie redeten und malten und redeten und malten,<br />
zu zweit und doch wie ein einzelner Künstler. Lukas und<br />
Thorben fanden heraus, wie beglückend es ist, dass man<br />
auf dunkle Acrylfarben hell malen kann. Mit tausend quadratischen<br />
Tupfern versahen sie ihre Flächen, ganz im Stil<br />
von Hun<strong>der</strong>twasser. Alle waren hocheifrig und glücklich in<br />
diesem Malprozess zu zweit. Einige schrieben auf Russisch<br />
ihren Namen auf die Bil<strong>der</strong>. Das gibt es nur bei uns!<br />
Natürlich haben wir das Projekt nach besprochen und<br />
die Bil<strong>der</strong> hängen im Klassenzimmer, als einer von vielen<br />
Meilensteinen in diesem reichhaltigen dritten Schuljahr.<br />
Jetzt ist Zeugniszeit und als Lehrerin schaue ich auf die<br />
Epochen zurück, um für jeden meiner Schüler ein paar<br />
Zeilen zu finden, mit denen er ein Jahr lang nach vorne<br />
schauen kann. Zeugnisspruch heißen diese Zeilen und er<br />
legt ein Zeugnis ab über das in <strong>der</strong> Gemeinschaft Erlebte.<br />
Zukunftslabyrinth<br />
Verschlungene Spiralen<br />
ein – und auswärts suchen<br />
ein Zusammenspiel<br />
<strong>der</strong> Formen,<br />
welches in uns<br />
leuchtend wi<strong>der</strong>hallt.<br />
Meine Augen<br />
wan<strong>der</strong>n darin<br />
tastend noch<br />
zum neuen Ziel.<br />
So schließt sich ein Kreis. In den gemeinsamen Kunstprojekten<br />
lernen die Kin<strong>der</strong> spielend das, worauf es in unserer<br />
Welt so bitter ankommt: Keiner muss aus dem Boot<br />
fallen! In jedem Pinselstrich ist je<strong>der</strong> zu würdigen! Wir<br />
Lehrer an dieser Schule wollen die Kin<strong>der</strong> zu dieser hohen<br />
Lebenskunst im Sinne <strong>der</strong> Waldorfpädagogik befähigen.<br />
9
12<br />
Zum Richterlehrplan<br />
Von Susanne Karthäuser<br />
Da unsere Schule hinsichtlich ihrer Unterrichtsgestaltung<br />
beson<strong>der</strong>en Bezug auf den sog, „Richter-Lehrplan“ nimmt<br />
und auch die Eltern häufiger das Bedürfnis äußern, nachvollziehen<br />
zu können, nach welchen Kriterien <strong>der</strong> Unterricht<br />
aufgebaut wird, scheint es mir sinnvoll, einige Betrachtungen<br />
zu diesem Lehrplan anzustellen.<br />
Zur Entstehung des Richter-Lehrplans<br />
Erst angesichts <strong>der</strong> inzwischen erfolgten Entwicklung bei<br />
den Lehrplänen <strong>der</strong> öffentlichen Schulen entstand <strong>der</strong> Ruf<br />
nach etwas verbindlicheren Leitlinien auch an <strong>Waldorfschule</strong>n.<br />
Und so bildete sich in den Neuzigern eine internationale<br />
Konferenz <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong>n („Haager Kreis“)<br />
mit dem Ziel, die bisher geleistete Arbeit an den Schulen<br />
darzustellen und in <strong>der</strong> Öffentlichkeit zu rechtfertigen und<br />
ein Beispiel für eine Pädagogik zu geben, die dem Impuls<br />
Rudolf Steiners folgend in ihrer praktischen Umsetzung<br />
sowohl den jeweiligen Altersstufen als auch verschiedenen<br />
traditionellen Lehrinhalten entspricht.<br />
Im Rahmen dieser Veröffentlichung wurde ausdrücklich<br />
betont, dass die Beschreibung <strong>der</strong> Lehr- und Lernziele<br />
sowie <strong>der</strong> Unterrichtsinhalte „keinesfalls einen normierenden<br />
Charakter haben (dürfe)“, um die Freiheit zu<br />
gewährleisten, auf das sich entwickelnde Kind einzugehen<br />
(Richter, S. 14). In diesem Sinne wurde im Jahre 1995 eine<br />
erste Sammlung vorgelegt, „ ... die aus jahrelangen Bemühungen<br />
und Erfahrungen vieler Kollegen hervorgegangen<br />
ist ...“ und lediglich als Anregung „zu notwendig individuellen<br />
Lehrplangestaltungen an <strong>Waldorfschule</strong>n“ zu verstehen<br />
ist (Richter ebd.). In diesem Sinne versteht sich dieser<br />
Lehrplan, <strong>der</strong> eine mit etlichen Verän<strong>der</strong>ungen und Ergän-<br />
zungen versehene Neuauflage dieses ersten Manuskripts<br />
von 1995 darstellt: „Wie die Linie Spur einer Bewegung,<br />
zur Ruhe gekommene Bewegung ist, so gilt dies auch für<br />
die vorliegenden Ausführungen. In <strong>der</strong> Hoffnung dass es<br />
jedem Erziehungskünstler gelingen möge, aus toter Form<br />
Lebendiges zu schaffen, ja, seine Lehrplanplastik, sein Lehrplanbild<br />
zu gestalten und zu entwickeln, sei dieser Versuch<br />
einer Darstellung <strong>der</strong> Bildungsziele, <strong>der</strong> Methodik und <strong>der</strong><br />
möglichen Unterrichtsinhalte <strong>der</strong> Waldorfpädagogik dennoch<br />
gewagt.“ (Richter, S. 14)<br />
Die Lehrfreiheit und damit verbunden die Praxis einer<br />
ständigen Weiterbildung <strong>der</strong> Methoden und Lehrpläne<br />
wird im Vorwort des Richterlehrplans als Voraussetzung zu<br />
einer Erziehung zur Freiheit ausdrücklich gefor<strong>der</strong>t: „Die<br />
Lehrfreiheit ist die Bedingung und menschliche Voraussetzung<br />
für die glaubwürdige Erfüllung des Auftrages „Erziehung<br />
zur Freiheit“. Eine Schule, die lebendig und zeitgemäß<br />
sein will, muss die ständige Weiterbildung <strong>der</strong> Methoden<br />
und Lehrpläne praktizieren. Gleiches hat für die Lehrstoffverteilung<br />
und die jeweils angemessene Themenwahl in<br />
<strong>der</strong> aktuellen Unterrichtsarbeit zu gelten. Auch die didaktischen<br />
Grundsätze besitzen deshalb nur Leitliniencharakter.“<br />
(Richter, S. 27)<br />
In diesem Sinne wollte bereits eine erste schriftliche<br />
Stellungnahme <strong>der</strong> Caroline von Heydebrand im Jahre<br />
1925 mit dem Titel „Vom Lehrplan <strong>der</strong> <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>“<br />
lediglich als Anregung verstanden werden. Bezeichnen<strong>der</strong>weise<br />
ist diese Schrift äußerst knapp und<br />
prägnant gehalten. In diesem ersten „Lehrplan“ wie auch<br />
später in einer ähnlichen Arbeit von E. A. K. Stockmeyer<br />
ist ausdrücklich alles Programmatische und Dogmatische<br />
vermieden (Richter, 19).<br />
Im Richter-Lehrplan wird als ein Grundprinzip das<br />
„Prinzip des Exemplarischen“ ausdrücklich betont. Die<br />
Möglichkeit, neue Inhalte den alten vorzuziehen wird dem<br />
Lehrer dabei ausdrücklich gewährt: „Er muss daher Mut
zur Auswahl nach pädagogischen Erfor<strong>der</strong>nissen beweisen<br />
und darf den freien Lernwillen, die Freude am Wissen, die<br />
Neugier, die forschende Haltung, das Staunen nicht durch<br />
festgeschriebene Inhalte und durch Stoffquantitäten gefährden“<br />
(ebd. S. 27). Dabei ist zu berücksichtigen, dass<br />
die ausgewählten Themenbereiche zu Menschheits- bzw.<br />
Weltdimensionen gehören sollten, d.h. auch zu dem, was<br />
generell als Allgemeinbildung anerkannt ist. Eine Behin<strong>der</strong>ung<br />
durch Normierungen wird ausdrücklich abgelehnt:<br />
„Entscheidend für diese Welt-, Lebens-, Kultur- und Zeitorientierung<br />
ist, dass <strong>der</strong> Lehrer zu einem schöpferischen<br />
und lebendigen Gestalten des Unterrichts findet. Dabei<br />
dürfen ihn keine Normierungen behin<strong>der</strong>n“ (ebd. S. 27)<br />
Die jeweilige aktuelle Klassensituation und <strong>der</strong> lebendige<br />
Dialog mit dem Schüler wird als bestimmen<strong>der</strong> Faktor für<br />
die Impulsierung <strong>der</strong> pädagogischen Handlungen und die<br />
Auswahl <strong>der</strong> jeweiligen Unterrichtsinhalte ausdrücklich<br />
betont: „... vielmehr ist dem Lehrer aufgetragen, für jede<br />
Altersstufe den ihr gemäßen Lehrstoff zu finden und eine<br />
gezielte Auswahl konkret und lebendig darzubieten. Daraus<br />
ergibt sich, dass die Unterrichtsarbeit nur in einem unmittelbaren<br />
Kontakt zwischen Lehrer und Schüler erfolgen<br />
kann.“ In diesem Sinne bedeutet, so betont es <strong>der</strong> Richter-<br />
Lehrplan, Erziehungskunst nicht ein bestimmtes Fach, „...<br />
son<strong>der</strong>n meint den Prozess <strong>der</strong> aktiven Verknüpfung von<br />
Erkenntnis und Handlung ..“ (Richter, S. 31).<br />
Entsprechend for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Richter-Lehrplan mit deutlichen<br />
Worten jeden einzelnen Pädagogen dazu auf, sich<br />
stets aufs Neue um einen Lehrplan zu bemühen, und dies<br />
„... in einem fortwährenden Dialog mit den sich entwickelnden<br />
Kin<strong>der</strong>n ..“ (Richter, 2003, S.13). Auf dieser<br />
Grundlage hat <strong>der</strong> Lehrer einen Lehrplan „... zu bilden, zu<br />
akzentuieren, zu realisieren: Der eigentliche Lehrplan ist<br />
das Kind“ (Steiner zitiert in Richter ebd.). Ein Lehrplan, <strong>der</strong><br />
aus <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> lebendigen („Dialog-“) Begegnung<br />
mit den Kin<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Klasse erwächst, kann insofern nur das<br />
Anzeige<br />
Ergebnis einer intensiven Auseinan<strong>der</strong>setzung, vielleicht<br />
sogar eines intensiven Ringens eines jeden Kollegen um die<br />
Inhalte sein, die – natürlich innerhalb eines bestimmten<br />
Rahmens - in seinen Augen den Bedürfnissen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />
in einem bestimmten Klassenverband am besten entsprechen.<br />
Die Frage <strong>der</strong> Menschenkunde heute<br />
Wenn Rudolf Steiner den Anspruch stellt, dass alles, was<br />
gelehrt und erzogen werden soll, nur „aus <strong>der</strong> Erkenntnis<br />
des werdenden Menschen und seiner individuellen Anlage<br />
entnommen“ sein soll und zwar im Geiste wissenschaftlichen<br />
Denkens, dann ist dies für <strong>Waldorfschule</strong>n ein sehr<br />
grundlegendes Postulat.<br />
Für den Waldorfpädagogen in <strong>der</strong> heutigen Zeit stellt<br />
sich daher neben einer Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den pädagogischen<br />
Impulsen Rudolf Steiners die Frage, ob er sich<br />
nicht darüber hinaus weiterer Quellen zur Erkenntnis des<br />
werdenden Menschen bedienen muss. Diese Frage stellt<br />
sich zwangsläufig angesichts des heutigen viele Wissenschaftsdisziplinen<br />
umfassenden gewachsenen Kenntnisstandes<br />
über den Menschen.<br />
Ein Pädagoge, <strong>der</strong> den Begriff Menschenkunde von seinem<br />
Anspruch her ernst nehmen will, hat dafür Sorge zu<br />
tragen, dass die in den Jahrzehnten nach Steiner angesammelten<br />
Kenntnisse über den Menschen aus den verschiedenen<br />
Wissenschaftsdisziplinen in seine Gestaltung des<br />
Lehrplanes mit einfließen. Unter Berücksichtigung neurophysiologischer<br />
Erkenntnisse ergibt sich beispielsweise für<br />
die grundlegenden Kulturtechniken des Lesens, Schreibens<br />
und Rechnens klar die Notwendigkeit eines kontinuierlichen<br />
epochenübergreifenden Übungsangebotes.<br />
In diesem Sinne spricht etwa auch <strong>der</strong> Waldorfseminardozent<br />
und Autor Rüdiger Iwan; „… eine Menschenkunde<br />
muss auch Zivilisationskunde sein, … Schule darf<br />
13
14<br />
sich nicht <strong>der</strong> Zivilisation entziehen, son<strong>der</strong>n muss sich<br />
in einer Atembewegung von schulischen und außerschulischen<br />
Lernorten bewegen.“<br />
Der Lehrplan und die Wirklichkeit des Lebens<br />
Schon Caroline von Heydebrand wies auf die Notwendigkeit<br />
hin, den „idealen Lehrplan“ mit den Bedingungen<br />
<strong>der</strong> jeweiligen Lebenswirklichkeit zu vereinbaren: „Der<br />
ideale Lehrplan muss das sich wandelnde Bild <strong>der</strong> werdenden<br />
Menschennatur auf ihren verschiedenen Altersstufen<br />
nachzeichnen, aber wie jedes Ideal steht er <strong>der</strong><br />
vollen Wirklichkeit des Lebens gegenüber und muss sich<br />
dieser einfügen.“ Sie führt weiter aus, was im Einzelnen<br />
für sie zur Wirklichkeit des Lebens gehört: „Es gehört zu ihr<br />
die Individualität des Lehrers, <strong>der</strong> einer Klasse gegenüber<br />
steht, es gehört zu ihr die Klasse selbst mit <strong>der</strong> ganzen Eigenart<br />
jedes einzelnen Schülers, es gehört zu ihr die weltgeschichtliche<br />
Zeit und <strong>der</strong> bestimmte Ort <strong>der</strong> Erde mit<br />
seinen geltenden Schulgesetzen und Schulbehörden ... Alle<br />
diese Gegebenheiten modifizieren den idealen Lehrplan und<br />
for<strong>der</strong>n Wandlungen und Verständigungen, und die Erziehungsaufgabe,<br />
die uns vom Wesen des heranwachsenden<br />
Menschen gestellt ist, kann nur gelöst werden, wenn <strong>der</strong><br />
Lehrplan in sich selbst Beweglichkeit und Bildsamkeit hat.“<br />
(Heydebrand, Vom Lehrplan <strong>der</strong> <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong>n,<br />
Stuttgart 1994).<br />
Ein Impuls Rudolf Steiners, wie übrigens auch vieler<br />
Reformpädagogen seiner Zeit, ist die Loslösung <strong>der</strong> Schulen<br />
aus <strong>der</strong> Vormachtstellung des Staates. Mit seinen viel<br />
zitierten Worten: „Nicht gefragt soll werden: Was braucht<br />
<strong>der</strong> Mensch zu wissen und zu können für die soziale Ordnung,<br />
die besteht, son<strong>der</strong>n: Was ist im Menschen veranlagt<br />
und was kann in ihm entwickelt werden? Dann wird es<br />
möglich sein, <strong>der</strong> sozialen Ordnung immer neue Kräfte aus<br />
<strong>der</strong> heranwachsenden Generation zuzuführen. Dann wird<br />
in dieser Ordnung immer das leben, was die in sie eintre-<br />
tenden Vollmenschen aus ihr machen; nicht aber soll aus<br />
<strong>der</strong> heranwachsenden Generation das gemacht werden,<br />
was die bestehende soziale Organisation aus ihr machen<br />
will.“ (zitiert aus: Richter, 20003, S. 21) Dieser Gedanke<br />
gewinnt zunehmend an Bedeutung angesichts einer einseitigen<br />
Ausrichtung <strong>der</strong> offiziellen Bildungspolitik an sog.<br />
„wirtschaftlichen Sachzwängen“.<br />
Die Lehrplangestaltung findet zwangsläufig in einem<br />
Spannungsfeld statt: Der gesellschaftliche Konsens über<br />
Bildungsinhalte kann nicht unberücksichtigt bleiben, <strong>der</strong><br />
emanzipatorische Impuls Rudolf Steiners ebenfalls nicht.<br />
Hinzu kommen die von Heydebrand genannten Bedingungen,<br />
die in einen lebendigen Prozess <strong>der</strong> Lehrplangestaltung<br />
einfließen.<br />
Der Epochenunterricht<br />
Der Epochenunterricht wird von den Verfassern des Richter-Lehrplans<br />
als didaktische Form gewählt, die <strong>der</strong> Eigenart<br />
bestimmter Unterrichtsfächer gerecht werden will. Es<br />
geht darum, über einen bestimmten Zeitraum eine geschlossene<br />
Behandlung von Lehrstoffeinheiten anzubieten,<br />
nicht mehr und nicht weniger. Gleichzeitig wird die Notwendigkeit<br />
<strong>der</strong> ständigen Übung ausdrücklich anerkannt.<br />
In diesem Zusammenhang wird das Fach Mathematik erwähnt:<br />
„Am Unterrichtsfach Mathematik wird deutlich das<br />
zweite Element des Lehrens und Lernens – die ständige<br />
Übung – erlebt“ (Richter, S. 31).<br />
Darüber hinaus ist nach heutigen Erkenntnissen das regelmäßige<br />
Üben des Lesens, Schreibens und <strong>der</strong> Grammatik<br />
mindestens genauso erfor<strong>der</strong>lich. Wenn es außerdem<br />
aufgrund <strong>der</strong> spezifischen Klassensituation als notwendig<br />
erachtet wird, epochenübergreifende Übungssequenzen im<br />
täglichen Unterricht und/o<strong>der</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Hausaufgaben<br />
anzubieten, so ist dies kein Wi<strong>der</strong>spruch zum Prinzip<br />
des Epochenunterrichts, son<strong>der</strong>n eine notwendige und dem<br />
Geist des Richter-Lehrplans entsprechende Ergänzung.<br />
Leistungsbemessung<br />
Die Leistungen des einzelnen Schülers<br />
werden gewürdigt als Ausdruck<br />
des „Wettbewerbs mit sich selbst.“<br />
Von einer Leistungsbemessung als<br />
Kriterium <strong>der</strong> Schülerauswahl und in<br />
diesem Sinne einer genormten Notenskala<br />
wird ausdrücklich Abstand<br />
genommen: „Leistungsbeurteilung<br />
als singuläre Leistungsbemessung<br />
und als Kriterium <strong>der</strong> Schülerauswahl<br />
führt weniger zu Begabungsför<strong>der</strong>ung<br />
als zu Begabungsausnützung.<br />
Sie gilt zu Recht als inhuman.“<br />
(Richter, S. 33)
16<br />
Der Waldorf Kin<strong>der</strong>chor<br />
Vom Lied zum Musical<br />
Von Christian Kreft-Schönewolf<br />
Sein Bühnen-Debut feierte <strong>der</strong> Refrather Waldorfkin<strong>der</strong>chor<br />
2001 mit einem bunten Lie<strong>der</strong>strauß aus jahreszeitlichen<br />
Kanons und Gesängen und dem stacheligen „Kleinen<br />
Grünen Kaktus“. Im Schuljahr 2002/2003 erfasste uns das<br />
„Musical-Virus“ und gab dem Chor seine heutige Gestalt:<br />
Ein Musik-Theater-Projekt, in dem möglichst viele Kin<strong>der</strong><br />
möglichst viel selbst machen: Eine Rolle spielen, solistisch<br />
singen, sprechen, darstellen, tanzen, als Gruppe die Szene<br />
beleben, aber auch das Bühnenbild und die Kostüme (mit<br />
Elternhilfe) selbst erstellen. Damit niemand unterfor<strong>der</strong>t<br />
ist, wurde es bald notwendig, die Stücke in mehreren<br />
Besetzungen einzustudieren. Zu den Schulaufführungen<br />
kamen noch Auftritte in <strong>der</strong> Bensberger Fußgängerzone<br />
(Waldorf-Aktionswoche) und alljährlich zum Weltkin<strong>der</strong>tag<br />
auf dem Refrather Peter-Bürling-Platz.<br />
Wir proben wöchentlich eine Stunde im größeren Kreis<br />
und eine Stunde mit den Solistinnen und Solisten. Alles<br />
Weitere, also das Meiste, erarbeiten wir in turnusmäßigen<br />
ausgedehnten Samstagsproben.<br />
Chronik:<br />
2003 Ritter Rost und das Gespenst<br />
2004 Ritter Rost hat Geburtstag<br />
2005 Hexe Verstexe<br />
Ritter Rost feiert Weihnachten<br />
2007 Prinz Protz<br />
Wir sind meist etwa 30 Kin<strong>der</strong> aus den Klassen 2 bis 5. Begeisterte<br />
Sechst-, Siebt- und ausnahmsweise auch Acht-<br />
Klässler verstärken das Ensemble. Wir arbeiten in Innenräumen<br />
immer ohne elektrische Verstärkung: Zu kostbar,<br />
voll geheimer Kraft ist <strong>der</strong> große Moment, wenn ein großes<br />
Auditorium sich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>stimme öffnet.
Es springt ein güld’ner Bronnen<br />
aus heißem Herzen auf;<br />
es spiegelt in <strong>der</strong> Sonnen<br />
des Menschen Lebenslauf.<br />
Es steigt ein ewig Klingen<br />
zu Gottes Himmel an,<br />
das Höchste muss man singen,<br />
weil man’s nicht sagen kann.<br />
Peter Rosegger<br />
17
18<br />
Die Welt auf Brettern<br />
Warum wir an unserer Schule Theater spielen<br />
Von Ingrid Geißler<br />
Im Prolog zu „Faust” gibt <strong>der</strong> Direktor seiner Theatertruppe<br />
eine Devise, die Sinn und Chance des Theaters vollendet<br />
präsentiert:<br />
So schreitet in dem engen Bretterhaus<br />
Den ganzen Kreis <strong>der</strong> Schöpfung aus,<br />
Und wandelt mit bedächt’ger Schnelle<br />
Vom Himmel durch die Welt zur Hölle.<br />
Klassenspiel - das ist Theater für junge Menschen, die<br />
an <strong>der</strong> Schwelle des Lebens stehen. Wie das professionelle<br />
Theater nutzt es die Spannung zwischen Sein und Schein,<br />
zwischen harten Tatsachen und Fantasie, Illusion und<br />
Leben wie es ist. Das Schülertheater ist organisch in die<br />
Schule und ihren Bildungsauftrag eingebunden - es will in<br />
diesem Kontext durch spielerische Expression, angeleitete<br />
Bewegung und Erfindungsverkörperung die jungen Akteure<br />
zur Selbstbildung und Selbstfindung herausfor<strong>der</strong>n.
Die Bühne unserer Schule wird in diesem Sinne, sobald<br />
die Schüler und Schülerinnen sie betreten und sich in Rol-<br />
len einüben, zu einem Ort mimischer und gestischer Selbstklärung.<br />
Im methodisch angeleiteten Rollenspiel schulen<br />
die Mittel- und Oberstufenschüler ihren Persönlichkeitsausdruck,<br />
for<strong>der</strong>n ihre Individualkraft heraus und stärken im<br />
dialogischen Wechselsprechen die Gruppenzugehörigkeit.<br />
Eine wichtige Bedeutung hat dabei das Dialogsprechen<br />
zwischen den Darstellern; die Wechselgespräche for<strong>der</strong>n<br />
zu mehr Einfühlung (Empathie) heraus, regen zur raschen<br />
und realitätsgerechten Einschätzung kommunikativer Bedeutungen<br />
an und för<strong>der</strong>n die nicht starre, bewegliche<br />
Selbstbehauptung im Konfliktfall.<br />
Auf diese Balance zwischen situativer Offenheit und<br />
Beweglichkeit einerseits und spontaner Deutlichkeit und<br />
Gestaltung im Menschenumgang an<strong>der</strong>erseits kommt es<br />
im späteren Privat- und Berufsleben entscheidend an.<br />
Das Probehandeln in <strong>der</strong> Einübung <strong>der</strong> Klassenspiele ist<br />
19
20<br />
insofern auch eine Schule des Lebens.<br />
Der junge Mensch übt das Leben<br />
ohnehin im Spiel ein. Platon ließ den<br />
Sokrates sagen: Das Menschenleben<br />
muß zugleich Tragödie und Komödie<br />
sein, wenn es etwas taugt. Mit dieser<br />
klassischen Äußerung sind wir mitten<br />
im Theaterspiel als Lebensschule.<br />
Theater ist gleichsam ins Handeln<br />
gewendete Fantasie; es erprobt in Situationen<br />
die Verwicklungen und Lösungen<br />
von prototypischen Konflikten, mal<br />
ernst und mal heiter. Und es bedient<br />
sich dazu <strong>der</strong> Sprache als dem kommunikativen<br />
Urelement <strong>der</strong> dialogischen<br />
Existenz des Menschen. Pointiert ließe<br />
sich sagen: Der Mensch lebt, indem er<br />
spricht.<br />
Deshalb erinnert das Theaterspiel<br />
in unserer Zeit <strong>der</strong> übermächtig werdenden<br />
medialen Bil<strong>der</strong>welten an die<br />
Dominanz <strong>der</strong> Sprache als Schöpfungsenergie<br />
<strong>der</strong> menschlichen Befindlichkeit.<br />
Auf den Brettern, die, im Geiste<br />
Goethes, auch in <strong>der</strong> Schule die Welt<br />
bedeuten, spielen sich die jungen Akteure<br />
in Modelle menschlicher Haltungen<br />
und Bewältigungen hinein. Und:<br />
Die wechselweise komische und<br />
tragische Sprache <strong>der</strong> Stücke führt<br />
auf die kulturell starke Höhe <strong>der</strong> Menschensprache;<br />
so üben die Schüler auf<br />
verspielte Weise ein reicheres Sprechen,<br />
das gegen Slang und Schablone<br />
in <strong>der</strong> Massenkultur Wi<strong>der</strong>stand leistet.<br />
In den Proben ist es beson<strong>der</strong>s wichtig,<br />
die jungen Menschen dazu anzuleiten,<br />
daß sie Melodie, Glie<strong>der</strong>ung, Pausierung,<br />
Tempo und Dynamik im Sprechausdruck<br />
beachten lernen.<br />
Die Übungen des Darstellenden<br />
Spiels in <strong>der</strong> siebten Klasse leiten zu<br />
szenischen Improvisationen an. Die<br />
Kin<strong>der</strong> bekommen ein waches und<br />
persönliches Gefühl für den Reichtum<br />
von Mimik und Gestik und überhaupt für den eigenen Körperausdruck.<br />
Das ist insbeson<strong>der</strong>e eine Willensschulung,<br />
weil die Expressivität von Posen und Gesten individuell<br />
gestaltet und zugleich in die Gemeinschaftlichkeit <strong>der</strong><br />
Spielergruppe eingepaßt wird. Zwanglos erlernen dabei die<br />
Kin<strong>der</strong> den kreativen Umgang mit <strong>der</strong> Spielaufgabe - und<br />
das for<strong>der</strong>t sie zu einer Vielfalt an Bewegungsvarianten heraus.<br />
So wird das schöpferische Potential im angeleiteten<br />
Spiel entdeckt!
Die beiden Klassenspiele <strong>der</strong> achten und <strong>der</strong> zwölften<br />
Klasse sind Bestandteil unseres neuen Mittel- und Oberstufenkonzepts.<br />
In diesem Schuljahr kamen Tankred Dorsts<br />
burleskes Drama “Karlos” und Klabunds konfuzianische<br />
Theaterparabel “Der Kreidekreis” zur Aufführung. Die Gestaltungslust<br />
<strong>der</strong> Schüler gab den beiden Inszenierungen<br />
Farbe und Form.<br />
Anzeige<br />
21
22<br />
Kunstgeschichtsepoche<br />
in Klasse 10<br />
Zur Entwicklung <strong>der</strong> abendländischen Porträtmalerei<br />
Von Thomas Bock<br />
In <strong>der</strong> dreiwöchigen Kunstgeschichtsepoche im Frühjahr<br />
2007 beschäftigten wir uns anhand von ausgesuchten<br />
Einzelbeispielen (und exemplarisch für die Geschichte <strong>der</strong><br />
europäischen Malerei) mit <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> abendländischen<br />
Porträtmalerei. Sind antike Bildnisse überwiegend<br />
im Kontext von Totenkulten überliefert und ist für das Mittelalter<br />
eine starke Typisierung kennzeichnend, so kann<br />
seit <strong>der</strong> Renaissance eine zunehmende Individualisierung<br />
beobachtet werden. Wir fragten außerdem nach <strong>der</strong> Funktion,<br />
dem Typus und <strong>der</strong> Gattungszugehörigkeit von Porträts<br />
in den jeweiligen Epochen und wurden, dem kulturellen<br />
Kontext entsprechend, dem die Beispiele entstammten,<br />
mit unterschiedlichen Materialien und Bildträgern konfrontiert.<br />
Die spätesten behandelten Beispiele datierten aus<br />
dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t, <strong>der</strong> Zeit, in <strong>der</strong> das Bildnis seine volle<br />
Ausdifferenzierung und stärkste Verbreitung erfuhr. Einen<br />
Schwerpunkt des Unterrichts markierte die Beschäftigung<br />
mit den Gattungen: Einzelbildnis, Doppelbildnis, Gruppenbildnis.<br />
Hier konnten die Schüler auch selbst zeichnerisch<br />
und fotografisch das Gelernte praktisch umsetzten. Zum<br />
Abschluss <strong>der</strong> Epoche besuchten die SchülerInnen das<br />
Wallraf-Richartz-Museum-Fondation-Corboud in Köln.
24<br />
Brücke zwischen Ost und West<br />
20 Jahre Russisch an <strong>der</strong> <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong><br />
Von Moses Fendel und Marina Klepko<br />
Russisch ist von <strong>der</strong> <strong>Freie</strong>n <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Bergisch</strong> <strong>Gladbach</strong><br />
nicht mehr wegzudenken. Kaum ein Fach ist in den 20<br />
Jahren seit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> Schule so umstritten gewesen<br />
und kaum ein Fach stand durch Spracholympiaden und<br />
Schüleraustausch so oft im Mittelpunkt des öffentlichen<br />
Interesses wie Russisch. Die Frage „Warum Russisch?“<br />
war während meiner Schulzeit eine <strong>der</strong> am häufigsten<br />
gestellten Fragen, wenn ich an<strong>der</strong>en über meine Schule<br />
erzählte.<br />
Kaum jemand weiß heute noch, wie es dazu kam, dass<br />
Russisch an unserer Schule verpflichtend für alle eingeführt<br />
wurde. „Bevor unsere Schule eröffnet wurde, haben<br />
wir bei vielen Versammlungen mit dem Lehrerkollegium<br />
darüber diskutiert, welche Sprachen wir anbieten wollten.<br />
Unsere Hauptidee war, dass wir mit Russisch und Englisch<br />
unseren Schülern einen Zugang sowohl zum Osten als<br />
auch zum Westen ermöglichen und dadurch einen Beitrag<br />
zur Völkerverständigung leisten würden,“ sagt Christine<br />
Schwann, 69 Jahre alt, die Mitglied jener Initiative war,<br />
welche die Gründung <strong>der</strong> Schule ein Jahr lang pädagogisch<br />
und organisatorisch begleitete. Sie fügt hinzu, dass sich<br />
schon damals abgezeichnet habe, dass Russisch den Schülern<br />
auch in ihrem Berufsleben zugute kommen würde.<br />
Marina Klepko sagt, dass die erste Zeit nicht leicht<br />
gewesen sei. Die 49-jährige Russischlehrerin kam 1993<br />
an die Schule. „Die Schule befand sich in einer Krise, viele<br />
Lehrer gingen, Russisch war schon seit drei Monaten nicht<br />
mehr unterrichtet worden und es gab keine Lehrbücher“,<br />
berichtet sie. Aber im Nachhinein behauptet sie, dass es<br />
keinen leichteren Anfang hätte geben können. „Tag für<br />
Tag, Schritt für Schritt, Jahr für Jahr, und das 14 Jahre<br />
lang. Zuerst wurden die Lehrpläne festgelegt. Danach die<br />
Lehrbücher und Lektüren eingeführt. Dann fuhr die zehnte<br />
Klasse zum ersten Mal nach Moskau. 1997 war dann die<br />
erste Abiturprüfung“, so Frau Klepko über den Aufschwung<br />
ihres Faches.<br />
Mittlerweile ist <strong>der</strong> Schüleraustausch mit russischen<br />
Schulen zur Tradition geworden. Jedes Jahr sind Schüler<br />
wie Eltern gleichermaßen beeindruckt. „Ich habe selten<br />
so etwas Anstrengendes wie den Schüleraustausch nach<br />
Russland erlebt. Es war natürlich aufregend in St. Peterburg<br />
zu sein, die Kultur zu erleben<br />
und die Mentalität <strong>der</strong><br />
Menschen dort“, findet Muriel<br />
August, 19 Jahre alt, die zwölf<br />
Jahre ihrer Schulzeit auf unserer<br />
Schule verbracht hat.<br />
Auch Katja Nienborg, Sportlehrerin<br />
und Mutter an <strong>der</strong> Schule,<br />
zeigt sich tief berührt von <strong>der</strong><br />
Gastfreundschaft, die sie erfuhr,<br />
als sie die jetzige elfte Klasse<br />
im Mai dieses Jahres nach St.<br />
Petersburg begleitete. „Die Bescheidenheit,<br />
in <strong>der</strong> so viele<br />
Menschen dort leben und die in<br />
so einem enormen Wi<strong>der</strong>spruch<br />
zu dem kulturellen Reichtum<br />
steht, machte auf mich einen<br />
unvergesslichen Eindruck“, sagt<br />
Nienborg und fügt hinzu, „dass<br />
es für die Schüler ein wertvolles<br />
Erlebnis gewesen sei, die<br />
Sprache, die sie schon lange lernen, ein- und umzusetzen.“<br />
Einige Schüler und Schülerinnen, darunter auch ich,<br />
waren so begeistert, dass sie nach dem Schüleraustausch<br />
beschlossen, für längere Zeit in Russland zu leben und zur<br />
Schule zu gehen. Mehrere Schüler entschieden sich für<br />
eine Sprachreise. Zuletzt verbrachte Raban Stoll aus <strong>der</strong><br />
elften Klasse ein Jahr in Uglitsch bei Moskau.<br />
Unsere Schule ist inzwischen auch den Mitglie<strong>der</strong>n<br />
des nordrhein-westfälischen Russischlehrerverbandes ein<br />
Begriff, da ihre Schüler in den letzten Jahren bei den Landesolympiaden<br />
regelmäßig Medaillen in verschiedenen<br />
Wertungsgruppen gewannen. Ein Höhepunkt war die Russischolympiade<br />
2004 in Ahaus, bei <strong>der</strong> die damalige siebte<br />
Klasse mit dem Stück „Mojdodyr“ nach einem Märchen des<br />
russischen Dichters Kornej Tschukowskij den ersten und<br />
die damalige elfte Klasse mit dem absurden Theaterstück<br />
„Zirk Schardam“ von Daniel Harms den dritten Platz im<br />
Kreativwettbewerb belegten. Zusätzlich belegten Schüler
<strong>der</strong> Schule die ersten drei Plätze in <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong>n<br />
und die ersten beiden Plätze in <strong>der</strong> Gesamtwertung.<br />
Im selben Jahr gewann ich, Moses Fendel, bei <strong>der</strong><br />
internationalen Olympiade in Moskau die Goldmedaille.<br />
Dass es auch für die Eltern ein Anreiz sein kann, wenn<br />
ihre Kin<strong>der</strong> eine fremde Sprache lernen, beweist das<br />
Beispiel <strong>der</strong> Familie August. Christiane August, die Mutter<br />
von Muriel und Charlotte August, besucht seit drei Jahren<br />
den Russischkurs für Eltern unserer Schule bei Frau Klepko.<br />
„Die Buchstaben zu erlernen bekam den Reiz eines Rätsellösens<br />
und ich wurde immer neugieriger,“ beschreibt Christiane<br />
August ihre Motivation, Russisch zu lernen. „Meine<br />
Tochter und ich begannen um die Wette zu lernen“, verrät<br />
sie weiter. Die Sprache sei nicht leicht für Erwachsene,<br />
aber doch ungeheuer reiz- und geheimnisvoll.<br />
Auch Horst Weißsieker, Vater zweier Kin<strong>der</strong> auf unserer<br />
Schule, lernt Russisch. 2003 ist er mit einer Gruppe<br />
von Eltern nach Petersburg gefahren. Russisch hat für ihn<br />
vor allem berufliche Bedeutung. Im Rahmen seiner Arbeit<br />
als Berater für den Aufbau pharmazeutischer Fabriken in<br />
Russland reist er regelmäßig nach Moskau. Gemeinsam<br />
mit vier Kollegen lernt er seit einigen Monaten die Sprache<br />
und bedauert sehr, dass er in <strong>der</strong> Schule dazu keine Gelegenheit<br />
hatte.<br />
Auch beim jährlich im November stattfindenden Weihnachtsbasar,<br />
dem größten Fest unserer Schule, ist Russland<br />
vertreten. Eltern und Schüler <strong>der</strong> sechsten Klasse organisieren<br />
traditionell mit dem jeweiligen Russischlehrer das<br />
russische Café, das ein fester Bestandteil des Basars ist.<br />
Den ganzen Tag über herrscht dichtes Gedränge, denn<br />
neben kulinarischen Köstlichkeiten aus Russland gibt es<br />
ein reichhaltiges kulturelles Angebot. Russische Gedichte,<br />
Theaterstücke, Lie<strong>der</strong> und Tänze locken viele Besucher an<br />
und sorgen neben den leckeren Gerichten Jahr für Jahr für<br />
eine ganz beson<strong>der</strong>e Atmosphäre und großen finanziellen<br />
Erfolg.<br />
Anzeige<br />
Das Kapitel Russland ist nach <strong>der</strong> Schulzeit für viele<br />
Schülerinnen und Schüler noch nicht abgehakt. In den<br />
letzten Jahren gingen immer mehr Abiturienten für längere<br />
Zeit nach Russland, um dort einer sozialen Tätigkeit<br />
nachzugehen und ihre Sprachkenntnisse zu verbessern.<br />
Eines <strong>der</strong> jüngsten Beispiele ist Franziska Gitz, die 2005 ihr<br />
Abitur gemacht hat. Von Januar bis Juli 2007 arbeitete sie<br />
in einem Heim für behin<strong>der</strong>te Kin<strong>der</strong> in Puschkin bei St. Petersburg.<br />
Ihre Aufgabe war die Pflege und Betreuung von<br />
13 Kin<strong>der</strong>n im Alter von fünf bis 17 Jahren. „Anfangs hatte<br />
ich Angst vor körperlichem Kontakt mit den Kin<strong>der</strong>n, weil<br />
ich den Anblick Schwerbehin<strong>der</strong>ter nicht gewohnt war.<br />
Später war es für mich kein Problem mehr und ich habe<br />
eine enge Beziehung zu den Kin<strong>der</strong>n aufgebaut“, schil<strong>der</strong>t<br />
die 21-jährige Slavistikstudentin ihre Erfahrungen. Es sei<br />
beson<strong>der</strong>s schön zu erleben gewesen, dass die Kin<strong>der</strong> nach<br />
einiger Zeit Vertrauen zu ihr gefasst hätten. Über kleine<br />
Fortschritte wie ein Lächeln o<strong>der</strong> einen kurzen Gruß habe<br />
sie sich beson<strong>der</strong>s gefreut. „Ich will unbedingt wie<strong>der</strong> dort<br />
arbeiten“, hat sie sich fest vorgenommen.<br />
Jacob Riemer ist 20 Jahre alt und hat in diesem Sommer<br />
sein Abitur an unserer Schule gemacht. Er wird ab<br />
September seinen Zivildienst in Moskau leisten. Im Projekt<br />
„Perspektive“ wird er ein Jahr lang mit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen<br />
aus unterschiedlichen sozialen Schichten arbeiten.<br />
Russland bietet also vor allem im sozialen Bereich<br />
viele Möglichkeiten für freiwilliges Engagement.<br />
In den zahlreichen Diskussionen um das Profil unserer<br />
Schule in diesem Jahr ist deutlich geworden, dass Russisch<br />
für Schüler und Eltern eine große Bedeutung hat. Und so<br />
ist es nicht unverdient, dass das Fach Jahr für Jahr bei <strong>der</strong><br />
Bewertung <strong>der</strong> Abiturprüfung im Durchschnitt am besten<br />
abschneidet. Die Erfolge <strong>der</strong> letzten Jahre zeigen, dass sich<br />
die Mühen gelohnt haben. Wir wünschen <strong>der</strong> Schule, dass<br />
es so weitergehen möge.<br />
25
26<br />
Aus dem Oberstufen-Unterricht<br />
für Erdkunde<br />
Bemerkungen zu seinen Zielen und Inhalten<br />
Von Dr. Raimo Becker-Haumann<br />
In <strong>der</strong> heutigen Zeit strömen auf uns alle eine Vielzahl von<br />
Informationen ein, die wir in den täglichen Nachrichten,<br />
<strong>der</strong> Tageszeitung, in Fachbüchern o<strong>der</strong> auch im Gespräch<br />
mit Freunden und Bekannten erfahren. Möglichst gut informiert<br />
zu sein, gehört zur mentalen Überlebensstrategie<br />
in einer Welt, die immer rascheren Verän<strong>der</strong>ungen in gesellschaftlichen,<br />
wirtschaftlichen o<strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />
Belangen unterworfen ist. Wir können die Situation vergleichen<br />
mit einer Ballerina, die in immer schnelleres Kreisen<br />
gerät, je enger sie ihre Arme an den Körper legt - gleich<br />
<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Wissenswelt, die immer schneller neue Informationen<br />
hervorbringt, aber aufgrund zunehmen<strong>der</strong> Komplexität<br />
den Fokus stetig verengt. In diesem Wechselfeld<br />
zwischen Detailwissen und Abstraktion spielt sich auch <strong>der</strong><br />
Oberstufen-Unterricht in den gesellschafts- und naturwissenschaftlichen<br />
Fächern ab, von denen ich die Erdkunde<br />
herausgreifen möchte, da ich sie an unserer Schule bis zum<br />
Abitur unterrichte. Die Schüler erfahren, wie schwierig es<br />
ist, die vielen Details im Gedächtnis zu behalten und gleichzeitig<br />
übergeordnete Zusammenhänge zu erkennen.<br />
Das Unterrichtsfach Erdkunde ist eigentlich eine naturwissenschaftliche<br />
Disziplin, bei <strong>der</strong> das Haupt-Augenmerk<br />
dem Namen nach auf dem System Erde liegt. Wie wir<br />
sehen werden, bietet es jedoch viel mehr an inhaltlichen<br />
Aspekten, die unter an<strong>der</strong>em den Bereichen Geographie,<br />
Kulturgeschichte, Völkerkunde, ja selbst Technik o<strong>der</strong> auch<br />
Wirtschaft und Politik zugeordnet sind. Wenngleich in den<br />
einzelnen Jahrgangsstufen nur eine vorgegebene Auswahl<br />
dieser Themen behandelt wird, ist die Erdkunde insgesamt<br />
ein wahrhaft multidisziplinäres Unterrichtsfach mit einem<br />
sehr breiten Themenspektrum - für Schüler und auch uns<br />
Lehrer bedeutet dies eine inhaltliche Herausfor<strong>der</strong>ung.<br />
Nachdem in <strong>der</strong> Unter- und frühen Mittelstufe regionale<br />
Themen, Deutschland und Europa behandelt werden,<br />
wird anschließend das Interesse für fremde Kulturen und<br />
charakteristische Landschaftsräume an<strong>der</strong>er Kontinente<br />
geweckt. Der Blickwinkel weitet sich und erstmals lassen<br />
sich großräumige Vergleiche anstellen und Zusammenhänge<br />
zwischen den verschiedenen Regionen erkennen.<br />
Damit ist das Fundament gelegt, um zwei große Generalthemen<br />
<strong>der</strong> Oberstufe - die wichtigen Teilsysteme unserer<br />
natürlichen Umwelt sowie Raumanalysen - anzugehen.<br />
Zunächst aber müssen wir zu den natürlichen<br />
Voraussetzungen unserer Lebenswelt zurückkehren, denn<br />
nur durch ihr Verständnis können wir ermessen, wie verletzlich<br />
und schutzwürdig unsere Umwelt ist. Dazu gehören<br />
beispielsweise die Ozeane, <strong>der</strong>en Strömungen durch die<br />
Temperaturunterschiede zwischen Tropen und Polargebieten<br />
angetrieben werden, und die deshalb große Energiemengen<br />
transportieren. Wir in Europa profitieren davon,<br />
denn <strong>der</strong> Golfstrom wird auf seinem Weg zwischen dem<br />
westlichen Afrika und <strong>der</strong> Karibik stark aufgeheizt und erreicht<br />
zunächst an <strong>der</strong> französischen und britischen Atlantikküste<br />
Europa. Eine wichtige Heizung für unsere Region<br />
ist aber die Nordsee, in welche die warme Strömung nach<br />
dem Umrunden Schottlands von Norden her einströmt.<br />
Und hier liegt eine sensible Störquelle für das System:<br />
Zwischen Grönland, Island und Schottland erstreckt sich<br />
im Nordatlantik ein untermeerisches Gebirge - die Island-<br />
Faröer-Schwelle -, <strong>der</strong>en höchste Erhebungen bis 3,5 km<br />
vom Meeresboden aufragen. Von ihrer Größe her könnte<br />
man die Region als Alpen des Nordatlantik bezeichnen!<br />
Wird <strong>der</strong> Golfstrom an dieser Schwelle unterbrochen,<br />
würde Europa innerhalb weniger Jahrzehnte um einige<br />
Celsiusgrade abkühlen. Durch die Vereisung des Polarmeeres<br />
ist diese Situation während <strong>der</strong> letzten Eiszeit vor<br />
etwa 24.000 Jahren eingetreten. Das erscheint uns lange<br />
her zu sein und uns in unserer heutigen technisierten Welt<br />
nicht zu betreffen, und doch gibt es Rahmenbedingungen,<br />
die einen ähnlichen Effekt auch unter heutigen Verhältnissen<br />
hervorrufen können. Im bekannten Film “The Day after<br />
Tomorrow” werden die Folgen eindrücklich gezeigt, selbst<br />
wenn einzelne Argumente und Schlussfolgerungen nach<br />
<strong>der</strong>zeitiger wissenschaftlicher Kenntnis nicht ganz stichhaltig<br />
sind.<br />
An dieser Stelle des Unterrichts entsteht oft eine lebhafte<br />
Debatte über den offensichtlichen Wi<strong>der</strong>spruch zur
aktuellen Klimaprognose: Wie kann es zu einer Abkühlung<br />
kommen, wenn wir doch den Globus durch unsere Abgase<br />
stetig aufheizen? Den Wi<strong>der</strong>spruch zwischen Abkühlung<br />
und <strong>der</strong> von Vielen erwarteten Erwärmung kann doch wohl<br />
<strong>der</strong> beste Wissenschaftler nicht auflösen! So berechtigt<br />
dieser Einwand ist, wir finden trotzdem nach genauer<br />
Überlegung <strong>der</strong> einzelnen Effekte die Antwort selbst:<br />
Dieses Beispiel demonstriert, dass wir viele Informationen<br />
betrachten müssen, um Ursachen und Folgen eines komplexen<br />
Phänomens einschätzen zu können. Nötig sind hier<br />
grundlegende Kenntnisse von Meeresströmungen, submariner<br />
Topographie, atmosphärischer Zirkulation und anthropogenen<br />
Aktivitäten. Der genannte Wi<strong>der</strong>spruch löst<br />
sich, wenn wir den zeitlichen Maßstab <strong>der</strong> Effekte - also<br />
einen neuen naturwissenschaftlichen Parameter - berücksichtigen:<br />
dem Signal einer langfristigen Erwärmung wird<br />
in unserem Fallbeispiel ein kurzfristiger Klimarückschlag<br />
überlagert.<br />
Ein wichtiges Ziel des Erdkunde-Unterrichtes in <strong>der</strong><br />
Oberstufe ist es, das vernetzte Denken zu erlernen und<br />
einzuüben. Es wird immer wie<strong>der</strong> bei Klausuren, aber<br />
auch bei Abschlussprüfungen von Bedeutung sein, wenn<br />
es gilt, aufgrund gegebener Materialien eine Fragestellung<br />
erschöpfend zu bearbeiten. Und damit sind wir beim<br />
Handwerkszeug <strong>der</strong> Erdkunde. - Ja, auch das gibt es, wenngleich<br />
es an<strong>der</strong>er Instrumente bedarf, als bei <strong>der</strong> Holz-<br />
o<strong>der</strong> Metallbearbeitung. Ein richtiger Umgang mit Karten,<br />
Diagrammen, Tabellen o<strong>der</strong> selbst Texten ist eine wichtige<br />
Grundlage, um eine Aufgabenstellung adäquat bearbeiten<br />
zu können. An dieser Stelle kommt das Wissen aus an<strong>der</strong>en<br />
Schulfächern wie Mathematik, Physik, Chemie o<strong>der</strong> auch<br />
Deutsch zum Einsatz. Ab <strong>der</strong> Klasse 11 vertiefen wir den<br />
methodischen Aspekt zunehmend, indem wir verschiedene<br />
Typen von Quellen interpretieren und zum Beispiel<br />
aus zunächst ganz langweiligen Tabellen mit monotonen<br />
Zahlenkolonnen überraschende Trends und Entwicklungen<br />
ableiten. Eine weitere Schwierigkeitsstufe stellt es dar,<br />
mehrere Datenquellen aufeinan<strong>der</strong> zu beziehen und zu<br />
einer Fragestellung die nötigen Informationen abzuleiten.<br />
Diese Kombinatorik will gelernt sein und stellt ein metho-<br />
disches Unterrichtsziel in <strong>der</strong> Abschlussklasse 13 dar. Neben<br />
diesen - zugegeben: staubtrockenen - Techniken gibt<br />
es aber auch solche, für die sich die Gruppe eines Klassenverbandes<br />
gut eignet, und die stets auflockernd und<br />
motivierend sind. So regt eine Pro- und Contra-Diskussion<br />
die beteiligten Mannschaften, den Diskussionsleiter<br />
und die kleine Jury zum Nachdenken an und demonstriert,<br />
wie schwierig es sein kann, auf überraschende Argumente<br />
fachkundig zu reagieren. Aber inhaltlich gut vorbereitet zu<br />
sein, ist hier ein probates Mittel, einem vernichtenden Urteil<br />
<strong>der</strong> erfahrungsgemäß strengen Jury zu entgehen.<br />
In <strong>der</strong> 12. Klasse rücken zunehmend angewandte Fragestellungen<br />
in den Blickpunkt. Als ein Beispiel möchte ich<br />
die Besprechung <strong>der</strong> Energie- und Rohstoffwirtschaft anführen,<br />
welche neben den weltwirtschaftlichen Verflechtungen<br />
auch die Bildung von Uranerzen und die Technik<br />
<strong>der</strong> Energieerzeugung selbst umfasst. Letztere ist im Detail<br />
natürlich eine komplizierte Prozedur, die wir schematisch<br />
besprechen, um ein Verständnis für das grundlegende<br />
Prinzip von AKW’s zu erlangen. Gerade diese technischen<br />
27
28<br />
Aspekte stoßen allgemein auf reges Interesse bei den<br />
Schülern, da die Tagespresse immer wie<strong>der</strong> Meldungen<br />
über Entsorgungsfragen und Sicherheitsaspekte bringt.<br />
Den Brennstoffkreislauf lernen wir durch ein Puzzle kennen,<br />
bei dem Infoboxen mit dem passenden Inhalt bestückt<br />
werden sollen.<br />
Die Klasse 13 ist ganz <strong>der</strong> Vorbereitung auf die Abiturprüfungen<br />
gewidmet, die im Fach Erdkunde entwe<strong>der</strong><br />
schriftlich o<strong>der</strong> mündlich erfolgen. Die methodischen<br />
Grundlagen müssen jetzt präsent sein, da wir sie aus zeitlichen<br />
Gründen nur punktuell vertiefen können. Als Schwerpunkte<br />
behandeln wir gemäß dem gültigen Curriculum die<br />
Themen Stadtgeographie, Globalisierung und Tourismus,<br />
wobei die Akzentverschiebung zu gesellschaftswissenschaftlichen<br />
Aspekten erkennbar wird. Der Besprechung<br />
repräsentativer Fallbeispiele - das sind die sogenannten<br />
Raumanalysen - ist die meiste Zeit gewidmet, während<br />
theoretische Erörterungen auf das unverzichtbare Minimum<br />
reduziert sind. Im Vor<strong>der</strong>grund unseres Unterrichts<br />
steht das Erkennen wesentlicher Aussagen aufgrund ausgewählter<br />
Materialien, wenn es beispielsweise um die Entwicklung<br />
des Touristenstandortes Thailand geht. Anhand<br />
von<br />
Karten und statistischen Daten gilt es etwa, die Abhängigkeit<br />
<strong>der</strong> thailändischen Binnenwirtschaft von <strong>der</strong> Tourismusindustrie<br />
aufzuzeigen o<strong>der</strong> die zu erwartenden Risiken<br />
für den Naturraum und die lokalen Gesellschaftsstrukturen<br />
aufzuzeigen. Analytische Fähigkeiten sind für die<br />
Lösung solcher Aufgaben ebenso von Nöten wie verbale<br />
Ausdrucksfähigkeit, Abstraktionsvermögen und ein gut<br />
entwickeltes Problembewusstsein. In dieser Klassenstufe<br />
sollte je<strong>der</strong> Schüler das Maximum seiner bisherigen Leistungsfähigkeit<br />
erreichen, und zum ersten Mal wird eine<br />
Art von Wissenschaftlichkeit verlangt, die das bisherige reproduktive<br />
Element mehr und mehr ablöst. Es genügt nicht<br />
mehr, Fakten additiv nebeneinan<strong>der</strong> zu stellen, son<strong>der</strong>n es<br />
sind neue Erkenntnisse aus vorhandenem Material kreativ<br />
zu erarbeiten. Dies zu erreichen und für die Prüfungssituation<br />
abrufbar vorzuhalten ist für jeden Schüler eine<br />
anspruchsvolle Aufgabe.<br />
Geografie und Wirtschaftskunde<br />
Auch in <strong>der</strong> Oberstufe ist es Aufgabe des Geografieunterrichtes,<br />
wie aller an<strong>der</strong>en Fächer, die Schüler<br />
weiter in ihrer physischen, seelischen und geistigen<br />
Entwicklung zu begleiten und zu unterstützen. Für<br />
dieses Alter geschieht das durch die Betrachtung<br />
<strong>der</strong> Erde als Ganzes, beginnend mit den physischen<br />
Gegebenheiten in <strong>der</strong> Gesteinswelt und den Lebensvorgängen<br />
<strong>der</strong> Erde (Vegetationszonen als Organe<br />
<strong>der</strong> Erde, rhythmische Prozesse im Erdinnern und in<br />
<strong>der</strong> Wasser- und Lufthülle); daran schließt sich die<br />
Umgestaltung <strong>der</strong> Erde durch den Menschen an (Anthropogeografie).<br />
Dabei soll die Erde als Organismus<br />
verstanden werden, was zunächst eine Klärung dieses<br />
Begriffs und eine goetheanische, von den Phänomenen<br />
ausgehende Methode voraussetzt, damit nicht<br />
nur abstrakte, wertneutrale Kenntnisse vermittelt und<br />
physikalisch-mathematische Kausalketten überbetont<br />
werden. Wichtig ist das Beschreiben von Prozessen,<br />
bis hin zur seelischen Befindlichkeit des Menschen in<br />
verschiedenen Erdgegenden.<br />
Die Geografie <strong>der</strong> Oberstufe muss zu einer Ökogeografie<br />
entwickelt werden. Die ökologische Bedingtheit<br />
menschlicher Lebensverhältnisse und ihrer Unterschiedlichkeit<br />
(Regen- und Trockenzeiten, Steppe,<br />
Regenwald, Monsun- und Golfstromklima usw.) und<br />
die jeweilige Antwort darauf durch hoch angepasste<br />
Lebens- und Wirtschaftsformen muss an Fallbeispielen<br />
gezeigt werden. An<strong>der</strong>erseits sind die Folgen einer<br />
Missachtung <strong>der</strong> ökologischen und soziokulturellen<br />
Strukturen durch koloniale und neokoloniale Ausbeutungswirtschaft<br />
darzustellen.<br />
So kann das Fach „Erdkunde“ am Ende <strong>der</strong> Oberstufe<br />
in eine „Erdentwicklungskunde“ übergeführt<br />
werden. Indem wir von den Fähigkeiten <strong>der</strong> einheimischen<br />
Bevölkerungen lernen, lassen sich erste Keime<br />
für eine „Partnerschaft mit <strong>der</strong> Natur“ legen (Suchantke).<br />
Gesichtspunkte für eine menschengemäße soziale<br />
Ordnung sollten den Schülern Zukunftsperspektiven<br />
eröffnen.<br />
Aus: Allgemeine Unterrichtsziele für das 9. bis 12. Schuljahr, in „Pädagogischer<br />
Auftrag und Unterrichtsziele – vom Lehrplan <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong>“. S. 215. Hrsg.<br />
von Tobias Richter
Kleine Zellen ganz groß<br />
Mikroskopieren im Biologie-Unterricht<br />
Von Dr. Raimo Becker-Haumann<br />
Wie bei allen naturwissenschaftlichen Fächern wird auch<br />
im Biologieunterricht <strong>der</strong> Oberstufe im Wesentlichen Faktenwissen<br />
benötigt, um die komplexen Zusammenhänge<br />
<strong>der</strong> belebten Welt zu erfassen. Lei<strong>der</strong> wird dieser Trend<br />
durch die Zentralisierung <strong>der</strong> Abschlüsse, die für uns ja im<br />
Schuljahr 2007/08 anstehen wird, weiter geför<strong>der</strong>t, indem<br />
spezielle Themenbereiche vertiefend abgeprüft werden.<br />
Entsprechend hat sich auch unser Biologieunterricht auf<br />
die Vermittlung von Detailwissen, wie etwa zu den Gebieten<br />
Stoffwechselphysiologie, Entwicklungsbiologie o<strong>der</strong><br />
Genetik zu konzentrieren. Bei <strong>der</strong> Fülle des Stoffs bleibt<br />
bedauerlicherweise nur wenig Gelegenheit für Experimente<br />
o<strong>der</strong> Naturbeobachtung, die zwar mehr Zeit in Anspruch<br />
nehmen, aber viel mehr als das Lernen theoretischer<br />
Zusammenhänge dazu angetan sind, Begeisterung für die<br />
vielen faszinierenden Phänomene des Lebens zu wecken.<br />
Je tiefer wir in die Details einsteigen, umso größer ist das<br />
Staunen über die zahllosen Wun<strong>der</strong>, die etwa ein kleiner<br />
Insektenkörper o<strong>der</strong> selbst eine einzelne Zelle birgt.<br />
Als Beispiel für einen Exkurs mit eigener Beobachtung<br />
möchte ich das Mikroskopieren biologischer Präparate<br />
herausgreifen, das wir im Rahmen <strong>der</strong> Zytologie,<br />
<strong>der</strong> Zellkunde, durchführen. Der verfügbare Klassensatz<br />
guter Mikroskope ermöglicht es jedem Schüler, eigene<br />
Erfahrungen mit dem Gerät zu sammeln - immerhin sind<br />
verschiedene Linsen und Blenden vorhanden, die in Kombination<br />
die Einstellung von Bildhelligkeit, Kontrast und<br />
Tiefenschärfe erlauben. Eine optimale Bildqualität ist stets<br />
Voraussetzung für Beobachtung und die zeichnerische Dokumentation.<br />
Sind die technischen Hürden überwunden,<br />
können wir an die Herstellung eigener Präparate gehen.<br />
Die Zwiebelepi<strong>der</strong>mis stellt ein lohnendes Einstiegsobjekt<br />
dar: wir können die dünnen Schichten rasch aus einer<br />
Küchenzwiebel gewinnen und sind immer wie<strong>der</strong> erstaunt,<br />
wie deutlich Zellwände, das Cytoplasma und selbst die<br />
einzelnen Zellkerne erkennbar sind. Gerade <strong>der</strong> Zellkern<br />
ist ein faszinieren<strong>der</strong> Bestandteil, kontrolliert er doch die<br />
Vermehrung <strong>der</strong> Zellen, enthält das Erbgut und ist an den<br />
Stoffwechselvorgängen beteiligt. Bei hoher Vergrößerung<br />
erkennen wir ihn als kugeliges Objekt und übertragen ihn<br />
in die Skizzen. Durch das möglichst akkurate Abzeichnen<br />
lernen wir einerseits das genaue Beobachten und an<strong>der</strong>erseits<br />
die konzentrierte und vertiefende Beschäftigung mit<br />
einer Aufgabe. Die beschrifteten Ergebnisse <strong>der</strong> Schüler<br />
können sich sehen lassen!<br />
Als zweites Präparat wählen wir Pollenkörner aus - ein<br />
gefährliches Unterfangen für alle Allergiker unter uns! So<br />
heftig <strong>der</strong> Heuschnupfen für manche auch ist, die Verursacher<br />
des Übels sind dagegen ziemlich unspektakulär, wie<br />
<strong>der</strong> Blick durch das Okular offenbart. Meist sind es einfache<br />
Kugeln, je nach Pflanzenart kreisrund o<strong>der</strong> länglich<br />
gestreckt. Die Kiefernpollen besitzen zwei seitliche Anhänge,<br />
<strong>der</strong>en Position zu erkennen von <strong>der</strong> Lage des Pollenkorns<br />
im Präparat abhängt. Einige Körner <strong>der</strong> gleichen<br />
Art müssen wir untersuchen, die Fokusebene herauf- und<br />
herunterdrehen und uns so schrittweise über die räumliche<br />
Gestalt Klarheit verschaffen. Dies braucht Konzentration<br />
und ein wenig Zeit, und gegenüber <strong>der</strong> flächigen<br />
Zellschicht <strong>der</strong> Zwiebelepi<strong>der</strong>mis sehen wir uns mit <strong>der</strong><br />
Bearbeitung eines dreidimensionalen Objekts einer etwas<br />
anspruchsvolleren Aufgabe gegenüber.<br />
Die letzte Übung soll uns Zellvorgänge selbst erlebbar machen.<br />
Dazu wählen wir Bäckerhefe aus, die wir zuvor mit<br />
Zuckerlösung zum Stoffwechsel angeregt haben. Einen<br />
Tropfen des Hefepräparates auf einen Objektträger gege-<br />
29
30<br />
ben - und bald erkennen wir die ersten kleinen Kügelchen<br />
im Okular. Die eigentlichen Hefezellen bieten wenig Interessantes,<br />
jedoch bilden sich nach wenigen Minuten an <strong>der</strong><br />
Oberseite vieler Zellen kleine Kügelchen mit sehr hohem<br />
Kontrast. Es sind Gasblasen aus CO 2 , welches die Hefe als<br />
Stoffwechselprodukt aus dem zugegebenen Zucker erzeugt<br />
und beim Backen den Kuchenteig aufgehen lässt.<br />
Warten wir etwas länger, können wir sogar Zellteilungen<br />
beobachten, die durch Sprossung winzige Tochterzellen<br />
entstehen lassen. Nach einigen weiteren Minuten wachsen<br />
sie zur vollen Größe heran und teilen sich erneut.<br />
Durch dieses Beispiel haben wir drei <strong>der</strong> grundlegenden<br />
Lebensprozesse life erleben können: Wachstum, Zellvermehrung<br />
und Stoffwechsel.<br />
Biologie und Umweltkunde im 11. Schuljahr<br />
Mit dem Übergang in die eigentliche Adoleszens erreichen<br />
die im Mittel Siebzehnjährigen eine neuerliche<br />
Verständnisreife. Nicht nur Stimmigkeit und<br />
Verständlichkeit werden gefor<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n das<br />
Denken wird vermehrt von den Tiefenschichten <strong>der</strong><br />
beginnenden Persönlichkeitsbildung abgewogen: Zur<br />
Emanzipation des selbständig gewordenen Denkvermögens<br />
kommt verstärkt die soziale Reifung hinzu.<br />
Das mitmenschliche Verhältnis untereinan<strong>der</strong>, zum<br />
Elternhaus, zur Schule wie zum gesellschaftlichen<br />
und naturgegebenen Umfeld wird wandlungsfähiger<br />
und eigenständiger.<br />
Nun können in <strong>der</strong> Biologie die durchgreifenden<br />
Themen <strong>der</strong> Lebenserscheinungen erarbeitet werden.<br />
Es geht um die Grundfragen <strong>der</strong> Biologie insgesamt.<br />
Je<strong>der</strong> Jugendliche ist jetzt mit dem Aufbau seines<br />
ersten eigenen Weltbildes beschäftigt. Die Lebenserscheinungen<br />
können ihm dazu Material für die<br />
Selbstorientierung an die Hand geben. Nun kann auch<br />
zwischen inhaltlichem und methodischem Gespräch<br />
abgewechselt werden. Es wird regelmäßig in Gruppen<br />
mikroskopiert, möglichst viel an lebenden Objekten.<br />
Der historische Einbezug <strong>der</strong> Entdeckungsgeschichte<br />
schließt viele menschliche Bezüge anhand von Biografien<br />
ein.<br />
Offene Fragen: Die Verengung des Blickes in die<br />
mikroskopische Dimension verlangt ergänzend die<br />
Betrachtungsanleitung zum „Makroskopieren“ <strong>der</strong><br />
umfassenden Erscheinungszusammenhänge und ihrer<br />
Gesichtspunkte. Dem Schüler ist diese hilfreiche „Umstülpung“<br />
aus ersten Einführungen in die projektive<br />
Geometrie begegnet. Der empfohlene Blick von den<br />
Mikroorganismen auf ihre immense ökologische Beteiligung<br />
an <strong>der</strong> gesamten Biosphäre <strong>der</strong> Erde bietet<br />
sich unmittelbar an.<br />
Rudolf Steiner empfiehlt: „Die Zellenlehre so<br />
behandeln, dass man sie kosmologisch behandelt.“<br />
– „Man sollte niemals für Schüler des Lebensalters,<br />
von dem wir jetzt sprechen, die Zellenlehre vorbringen,<br />
ohne sie an die Kosmologie anzureihen …“.<br />
Was zur mikroskopischen Dimension fehlt, ist<br />
ebenso eine teleskopische Phänomenologie. Raumsondenbil<strong>der</strong><br />
und extragalaktische Erscheinungen<br />
sind in pädagogisch verarbeiteter Sicht noch weitgehend<br />
ungenutzt – auch in <strong>der</strong> schulischen Geografie<br />
und Astronomie.<br />
Aus: Gesichtspunkte und Leitmotive zum Unterricht, in „Pädagogischer Auftrag<br />
und Unterrichtsziele – vom Lehrplan <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong>“. S. 315f.Hrsg. von Tobias<br />
Richter
Klasse 9 Schuljahr 2006/2007<br />
Leonard, Busmann, Luka Dreiner,<br />
Lena Friedrichsmeier, Nando Göppl,<br />
Stella Groß, Jonas Hanke, Sam<br />
Hintzen, Marius-Ekkehard Jaeschke,<br />
Fiona Kastrop, Nora Keil,<br />
Tobias Kreuz, Laura-Magdalena Kroll,<br />
Susannah Laschat, Arthur Lobanow,<br />
Nicola Müller, Luise Oebel, Hannah<br />
Ottersbach, Claire Delara Paiewar, Joris<br />
Patzschke, Roline Patzschke, Anna<br />
Lena Primke, Lucas Riemer, Fiona<br />
Ries, Janine Romanowski, Nicolas<br />
Schutzius, Saskia Stenkamp, Milena<br />
Weber, Elisa Worthoff<br />
Klasse 10 Schuljahr 2006/2007<br />
Laura Allrath, Jana Blecker, Manouche<br />
Bösterling, Aurelia Brands,<br />
Lotta de Carlo, Helena Deifuhs, Felix<br />
Gieseler, Tobias Häring, David Hamacher,<br />
Johanna Heck, Wolf-Georg<br />
Jaeschke, Jasmin Kroll, Christian<br />
Lentzen, Anja Lindemann, Theresia<br />
Maik, Gabor Müller, Hannes Pack,<br />
Martin Pack, Andreas Runkel, Sarah<br />
Sarnes, Jan-Philipp Stenkamp, Nicolai<br />
Strohschnei<strong>der</strong>, Fenja Uhlenkamp,<br />
Leonard Vuong, Anna-Lea Weiand,<br />
Alexan<strong>der</strong> Weinreis, Aischa Weiß,<br />
Sophia Laura Zaluski<br />
Klasse 11 Schuljahr 2006/2007<br />
Judith Becker, Henrike Bosbach, Till-<br />
Cordt Conrady, Leonie Culmann, Lina<br />
De Carlo, Annabelle Empt, Pierre-<br />
Marcel Friedrichsmeier, Iris Göd<strong>der</strong>tz,<br />
Moira Henn, Christian Hover,<br />
Charlotte Jobs, Marie Keil, Mara-Lina<br />
Kraemer, Christina Laschat, Martin<br />
Pack, Eva Persy, Sarah Schiedewitz,<br />
Linda Selbach, Jana Stamm, Dario<br />
Stoll, Raban Stoll, Lena Tschech,<br />
Max Wagner, Sandra Weber, Barbara<br />
Worm, Marina Zolke<br />
31
32<br />
Aus dem Chemieunterricht<br />
Von Dr. Harald Kollmann<br />
So weit es möglich ist, erhalten die Schülerinnen und<br />
Schüler im Chemieunterricht Gelegenheit selbst tätig zu<br />
werden. Während <strong>der</strong> Epochen gelingt dies allerdings nur<br />
selten, denn nur sehr wenige Experimente können von vielen<br />
gleichzeitig ausgeführt werden, ohne dass es zu gegenseitigen<br />
Behin<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong> gar Gefährdungen kommt.<br />
Ein die Chemieepoche begleitendes Praktikum bietet<br />
genügend Zeit und Raum, die Jugendlichen<br />
forschend tätig werden zu lassen,<br />
das heißt selbstständig Lösungswege<br />
suchen – und auch Irrwege gehen zu<br />
lassen. Die Kunst besteht darin, gerade<br />
so viele Informationen und Hinweise zu<br />
geben, dass die Lösung noch nicht erkennbar<br />
ist, die Aufgabe allerdings als lösbar<br />
empfunden wird.<br />
So reichte es zur „Erfindung“ <strong>der</strong><br />
Destillation und des Liebig-Kühlers mitzuteilen,<br />
dass <strong>der</strong> Alkohol schon bei 78°C,<br />
das Wasser aber erst bei 100°C siedet.<br />
Mit viel Phantasie wurden Apparaturen<br />
gebaut, indem alle möglichen Glasgeräte<br />
mit präzise gebogenen Glasrohren verbunden<br />
wurden. Einigen wurde klar,<br />
dass die Kühlung durch die Luft nicht<br />
ausreicht. Es reicht nicht einmal, das<br />
Auffanggefäß in Wasser zu stellen. Ein<br />
unauffällig hingelegtes zweites Glasrohr<br />
und <strong>der</strong> Hinweis, dass es gescheit wäre,<br />
das Kühlwasser ständig auszutauschen,<br />
brachte den Durchbruch: Der Kühlmantel<br />
war erdacht.<br />
Es ist erstaunlich, wie viel Elan<br />
Schüler/innen entwickeln, die sonst an<br />
Chemie wenig Interesse zeigen, wenn<br />
sie an eigenen Projekten arbeiten. Ein<br />
paar Schülerinnen kamen auf die Idee,<br />
Kaugummi herzustellen. Schnell hatten<br />
sie im Internet Rezepturen recherchiert.<br />
Dank einer freundlichen Spende des<br />
Kaugummiverbandes konnte das Projekt<br />
verwirklicht werden. Auch hier war<br />
Erfin<strong>der</strong>geist gefragt: Es galt das Aroma<br />
aus Naturstoffen zu gewinnen. Das<br />
Prinzip <strong>der</strong> Destillation war verstanden,<br />
musste aber so modifiziert werden, dass<br />
die empfindlichen Stoffe nicht durch<br />
die Hitze zerstört werden. In Südfrankreich<br />
wird Rosenöl hergestellt, indem in<br />
großen Kesseln Dampf erzeugt wird, <strong>der</strong><br />
die Essenz mitnimmt, während er durch die gesammelten<br />
Blütenblätter strömt. Wenn <strong>der</strong> Dampf abgekühlt wird,<br />
trennen sich Öl und Wasser. Innerhalb kurzer Zeit wurde<br />
eine – aus <strong>der</strong> Sicht eines Chemikers – eigenwillige Konstruktion<br />
erbaut, <strong>der</strong>en Tücken erkannt und behoben. Nun<br />
konnte ein (zäher) Kampf mit <strong>der</strong> Kaugummimasse aufgenommen<br />
und erfolgreich bestanden werden.
Neue Technologien im<br />
(Fremdsprachen-)Unterricht<br />
Von Susanne Varwig<br />
Hoch sind sie, die Anfor<strong>der</strong>ungen an den Fremdsprachenunterricht,<br />
schülerorientiert soll er sein, methodisch<br />
vielfältig, handlungsorientiert sowieso, nicht zu vergessen<br />
aktuell und authentisch und somit <strong>der</strong> Informationsgesellschaft<br />
entsprechend, interkulturelles und interaktives<br />
Lernen för<strong>der</strong>nd, individuell motivierend und somit gezielt<br />
zu eigenverantwortlichem Lernen führend. Der Lehrer soll<br />
nunmehr nur noch in Mo<strong>der</strong>ator- und Beraterfunktion<br />
tätig werden. Hört sich prima an, Hauptsache <strong>der</strong> Schüler<br />
spielt mit.<br />
Hehre Ziele wurden Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre angestrebt, als<br />
das Projekt „NRW-Schulen ans Netz-Verständigung weltweit”<br />
(gesponsort von <strong>der</strong> Deutschen Telekom) gegründet<br />
wurde. Während dieses Projekts wurde von Seiten <strong>der</strong> Landesregierung<br />
beson<strong>der</strong>s darauf hingewiesen, dass Lehrer<br />
Vermittler des Medienumgangs seien, die die junge Generation<br />
mit Qualifikationen ausstattet, die sie zukunftsfähig<br />
macht. Ich bin dabei, beson<strong>der</strong>s wegen <strong>der</strong> Zukunftsfähigkeit.<br />
Wie machen wir’s? Ganz einfach:<br />
Bundesbildungsministerin Bulmahn skizzierte 2000 die<br />
Zukunft an den deutschen Schulen: Demnach sollte je<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> gut 10 Millionen Schüler bis 2006 einen eigenen Laptop<br />
bekommen. Zwar könnten Städte und Gemeinden als<br />
Schulträger die gewaltigen Kosten dafür nicht aufbringen,<br />
aber...<br />
Diese bahnbrechende Erkenntnis hatte sich in den USA<br />
manifestiert. Bildungsforscher prophezeiten, durch den<br />
Einsatz von Computern würden Kin<strong>der</strong> spielend lernen<br />
und die Schule lieben. Ich befürchte nur, dass von den zu<br />
bestückenden 10 Millionen Schüler mindestens 9 Millionen<br />
den Computer <strong>der</strong> Spiele wegen lieben.<br />
Egal, für den Englischunterricht hieß das erst einmal die<br />
Einführung neu zu lernen<strong>der</strong> Abkürzungen wie CAL (computer<br />
assisted learning), CALL (computer assisted language<br />
learning), CBT (computer based training), MBT (multimedia<br />
based training), um nur einige zu nennen. Flugs waren<br />
auch jede Menge Software-Programme zur Stelle, die den<br />
oben genannten Zielsetzungen zur Seite stehen sollten.<br />
Was ist aus diesem Vernetzungs-Wahn geworden? Die<br />
Statistiken sagen: Im OECD Vergleich weist Deutschland<br />
mit 23 Prozent den geringsten Prozentsatz von 15-Jährigen<br />
auf, die den Computer mehrmals in <strong>der</strong> Woche in<br />
<strong>der</strong> Schule nutzen. Wie viele Computer in den Klassenzimmern<br />
existieren, wissen selbst die Kultusministerien nicht<br />
so genau.<br />
Für mich ist <strong>der</strong> Computer ein selbstverständlicher,<br />
wichtiger Bestandteil meines Arbeitsbereichs, nicht mehr,<br />
aber auch nicht weniger.<br />
Doch Vorsicht: schon ein funktionstüchtiger Computer<br />
im Klassenraum reicht aus, um dem Unterricht eine unerwünschte<br />
Eigendynamik zu geben. Ohne ein festes Computer-Konzept<br />
ist je<strong>der</strong> Lehrer wohl hoffnungslos verloren,<br />
insbeson<strong>der</strong>e wenn es um individuelle För<strong>der</strong>ung geht.<br />
Schüler: „Warum darf <strong>der</strong> X. den denn heute (u.U.<br />
schon wie<strong>der</strong>) haben? Der macht doch sein Lernprogramm<br />
gar nicht. Mein PC ist im Moment defekt und ich muss<br />
noch ‘ne Recherche machen. ”<br />
Ergo, ein Computer geht schon ‘mal gar nicht. Sinnvoll<br />
ist die Arbeit am Computer in <strong>der</strong> Gruppenarbeit, wobei<br />
auch hier Kontrolle angesagt ist, denn stille Teilnehmer<br />
müssen aktiviert werden und aktive Teilnehmer vom Absurfen<br />
abgehalten werden. In <strong>der</strong> Zweckentfremdung dieser<br />
Geräte sind die Schüler wahre Meister.<br />
Aber wir können ja noch mehr. Zauberwort: virtual<br />
classroom. Wir vernetzen zwei Klassen in verschiedenen<br />
Län<strong>der</strong>n zum gemeinsamen Lernen. Neben interessanten<br />
Diskussionsforen in <strong>der</strong> Zielsprache entwickeln die Schüler<br />
nicht nur überraschend schnell die Fähigkeit, mit <strong>der</strong> Kamera<br />
an<strong>der</strong>e Ziele als die Tafel anzuvisieren son<strong>der</strong>n auch<br />
erstaunliche zeichnerische Fähigkeiten, die sie den Schülern<br />
auf dem überdimensionalen Bildschirm dann gern<br />
präsentieren. Kurze Einschübe, die den Unterricht für die<br />
Schüler abwechslungs-, aber nicht gerade ertragreicher<br />
gestalten. Auch hier sollte man für alle Eventualitäten<br />
gerüstet sein.<br />
Übrigens: Der Spiegel hat gerade einen Artikel mit dem<br />
in den USA renommierten Bildungsforscher Jonathan Zimmermann<br />
veröffentlicht, <strong>der</strong> sich erfreut darüber äußerte,<br />
dass US-Schulen die Schüler-Laptops wie<strong>der</strong> einziehen.<br />
33
34<br />
Welche Gemeinsamkeiten haben<br />
eine <strong>Waldorfschule</strong> und eine<br />
Apotheke?<br />
Von Frank Riedel (siehe Anzeige Germania Apotheke rechts)<br />
Ihnen fällt nichts ein? Dann sollten sie diesen Artikel lesen:<br />
<strong>Waldorfschule</strong>n und Apotheken haben ein gemeinsames<br />
Ziel: Hier entsteht Gesundheit!<br />
In den Apotheken bekommen Sie nicht nur Hilfe bei<br />
Krankheiten, die bereits bestehen. Eine gezielte Vorsorge<br />
kann Krankheiten verhin<strong>der</strong>n und durch eine umfassende<br />
Beratung über viele Lebensbereiche dafür sorgen, dass<br />
Krankheitstendenzen rechtzeitig erkannt und behandelt<br />
werden. Ebenso trägt die Erziehung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Waldorfschule</strong>n<br />
dazu bei, dass Kin<strong>der</strong> nicht nur ihr Wissen<br />
bereichern, son<strong>der</strong>n durch gezielte För<strong>der</strong>ung im richtigen<br />
Moment <strong>der</strong> Entwicklung in ihren Lebenskräften so<br />
gestärkt werden, dass auch ihre Gesundheit ein Leben lang<br />
gestärkt ist.<br />
Wie genau funktioniert das? In <strong>der</strong> anthroposophischen<br />
Medizin, die von Rudolf Steiner (1861 – 1925) entwickelt<br />
wurde, gibt es Beson<strong>der</strong>heiten: Es werden hier nicht nur<br />
schulmedizinische Aspekte berücksichtigt, son<strong>der</strong>n hier<br />
wird die Geisteswissenschaft mit <strong>der</strong> Naturwissenschaft<br />
verknüpft. Der Mensch ist gesund, wenn Körper, Seele und<br />
Geist im Einklang miteinan<strong>der</strong> sind, wenn ein Gleichgewicht<br />
zwischen diesen drei Kräften herrscht.<br />
Die Einheit Körper – Seele – Geist nennt Rudolf Steiner<br />
eine Dreiglie<strong>der</strong>ung. Und wenn man sich in <strong>der</strong> Natur umschaut,<br />
ist alles Leben, sind alle Vorgänge und Prozesse<br />
dreigeglie<strong>der</strong>t. Es gibt immer zwei gegensätzliche Pole und<br />
ein verbindendes Element. Das ist das ganze Geheimnis!<br />
Sie können leicht selbst an sich feststellen, wie eine<br />
Verschiebung <strong>der</strong> Kräfte innerhalb dieser Dreiglie<strong>der</strong>ung zu<br />
Krankheiten führen kann: Unser Geist – Pol funktioniert am<br />
Besten, wenn er kühl ist („einen kühlen Kopf bewahren“),<br />
unser Körper hingegen mag es gerne warm. Wenn aber<br />
nun ihr Kopf heiß ist und <strong>der</strong> Körper kalt, so stimmt etwas<br />
nicht und sie fühlen sich krank. Puls und Atmung kommen<br />
„außer Takt“, weil sie versuchen, die beiden Pole wie<strong>der</strong> zu<br />
verbinden.<br />
Wir brauchen also ein Heilmittel, welches den Körper<br />
aufwärmt und den Kopf wie<strong>der</strong> kühl und klar werden lässt.<br />
Diese Heilwirkung wird nun aber nicht „mit Gewalt“ an<br />
den Körper herangetragen, <strong>der</strong> Körper wird veranlasst,<br />
selbst sein Gleichgewicht zu finden.<br />
Anthroposophische Heilmittel arbeiten deshalb oft<br />
ebenfalls mit Polaritäten, sie „zeigen“ dem Körper, wie das<br />
eine und wie das an<strong>der</strong>e Extrem „aussieht“. Er selbst kann<br />
dann zwischen den Polen die Mitte finden. Gestärkt durch<br />
das Aufbringen von Selbstheilungskräften kann er dann die<br />
Krankheit überwinden. Heilung im anthroposophischen<br />
Sinne bedeutet immer auch, eine „verbesserte“ Gesundheit<br />
nach einer Krise zu erlangen.<br />
„Bessere“ Gesundheit zeigt sich aber nicht nur am Körper,<br />
auch eine verbesserte geistige Situation kann entstehen,<br />
das heißt, äußerlich kann <strong>der</strong> Mensch noch genau so<br />
krank erscheinen, aber er hat vielleicht ein an<strong>der</strong>es Verhältnis<br />
zu seiner Krankheit und zu seinem Schicksal gefunden.<br />
Oft berichten Schwerkranke in Anthroposophischen<br />
Kliniken, dass sie die Zeit mit <strong>der</strong> Krankheit als beson<strong>der</strong>s<br />
wertvoll für ihr Leben erkennen.<br />
Nicht nur Heilmittel finden in <strong>der</strong> anthroposophischen<br />
Medizin Anwendung, wichtig sind auch Therapieformen<br />
wie Heileurythmie, Musiktherapie, Maltherapie, Therapeutisches<br />
Gestalten und natürlich die anthroposophische<br />
Pflege (Wickel, Auflagen, rhythmische Massagen etc.). All<br />
das dient dazu, das Gleichgewicht im dreigeglie<strong>der</strong>ten<br />
Menschen zu erhalten o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> herzustellen.<br />
Anthroposophische Ärzte verfügen über sensible Diagnostik<br />
– Methoden, die das „verrutschte“ Gleichgewicht in<br />
den Organen o<strong>der</strong> am gesamten Körper erkennen, und erarbeiten<br />
zusammen mit dem Patienten die richtigen Wege<br />
zur Heilung. Bei weniger schwerwiegenden Krankheiten<br />
aus dem Bereich <strong>der</strong> Selbstmedikation kann Ihnen Ihre anthroposophisch<br />
beratende Apotheke hilfreiche Tipps und<br />
wirksame Heilmittel geben.<br />
Im jungen Menschen muss <strong>der</strong> Einklang zwischen<br />
Körper, Seele und Geist aber erst einmal entstehen: Bei<br />
Kin<strong>der</strong>n unterscheidet man 3 Entwicklungsphasen à 7<br />
Jahren. In den ersten 7 Jahren liegt die Betonung <strong>der</strong> Entwicklung<br />
auf dem Körper. Natürlich sind Seele und Geist<br />
schon vorhanden, aber eben noch nicht ausgereift, nicht<br />
voll entwickelt. Zwischen 7 und 14 sollte die seelische Entwicklung<br />
ihren Schwerpunkt haben, ab 14 bis 21 dann die<br />
Geistige. Früher galt man erst mit 21 wirklich Volljährig,<br />
vollständig entwickelt.<br />
Die <strong>Waldorfschule</strong> trägt nun durch ihre beson<strong>der</strong>en<br />
Methoden dazu bei, dass Entwicklung und Erziehung<br />
zusammenpassen. Es macht eben langfristig nicht viel Sinn,<br />
wenn man Kin<strong>der</strong> zu früh an geistige Inhalte heranführt,<br />
eben bevor die Phasen <strong>der</strong> Betonung <strong>der</strong> körperlichen o<strong>der</strong><br />
seelischen Entwicklung abgeschlossen sind. Wenn die Basis<br />
nicht stimmt, fällt das Bauwerk leicht zusammen!<br />
So ist es zwar für Eltern manchmal eine Geduldsprobe,<br />
wenn sie meinen, dass die Kin<strong>der</strong> anscheinend „nichts“ lernen,<br />
eine gut ausgeführte anthroposophische Pädagogik<br />
liefert aber für all diese Phasen ihre Begründung.<br />
Ein Mensch, <strong>der</strong> sich nach diesem Schema entwickeln<br />
durfte, hat gute Lebenskräfte mit auf den Weg bekommen,<br />
die ihn ein Leben lang stärken. Ebenso kann eine anthroposophische<br />
Gesundheitsberatung dazu beitragen, gestärkt<br />
aus einer Krankheit hervorzugehen.<br />
Die Entwicklung gesun<strong>der</strong> Lebenskräfte sind die gemeinsamen<br />
Ziele anthroposophisch beraten<strong>der</strong> Apotheken<br />
und <strong>Waldorfschule</strong>n!
Anzeige
36<br />
Klasse 11 2006/7: Englandfahrt<br />
und Englisch lernen<br />
Von Kerstin Vent<br />
Nach gut 10 Jahren Englisch nun doch einmal England:<br />
handlich, im Vier-Tage-Paket und bequem, mit AirBerlin?<br />
Bringt das was? Reicht das denn? Lohnt sich das? Die drei<br />
ersten Fragen kann man nur einschränkend mit Ja beantworten,<br />
die letzte aber ganz unbedingt.<br />
Es ist tatsächlich nicht zu unterschätzen, wie stark<br />
ein Land beeindrucken kann, wenn man sich über einen<br />
so langen Zeitraum mit dessen<br />
Sprache - und damit seiner<br />
Kultur - seinen Sehenswürdigkeiten<br />
und Landschaften,<br />
seinen Menschen und seinen<br />
Eigenheiten auseinan<strong>der</strong> gesetzt<br />
hat.<br />
Nachdem wir vorher in<br />
Hornbys Roman „About a Boy“<br />
Marcus und Will ein Stück<br />
durch ihr fiktives Leben in London<br />
begleitet haben, sind wir<br />
auf einmal mittendrin. Die Un<strong>der</strong>ground,<br />
die Briefkästen, die<br />
Busse – alles ist ‚very British’,<br />
wie erwartet, aber gleichzeitig<br />
erleben wir London unglaublich<br />
vielfältig, multikulturell,<br />
kosmopolitisch, wie sicherlich<br />
nicht von allen erwartet. Im<br />
Einzugsbereich von London<br />
leben 20 Millionen Menschen, die mehr als 300 Sprachen<br />
sprechen und die für eine wirtschaftliche Stärke stehen,<br />
die größer ist als die Schwedens o<strong>der</strong> Österreichs. Irgendwie<br />
vermittelt eine Fahrt mit <strong>der</strong> tube genau das.<br />
Englisch Lehren in <strong>der</strong> Oberstufe bedeutet nicht nur,<br />
die Sprache zu vermitteln, die als lingua franca weltweit<br />
verbindet. Es bedeutet auch, sich sprachlich-inhaltlich mit<br />
Themen wie Migration und multikulturelle Gesellschaft,<br />
Globalisierung und Gentechnik, Auswan<strong>der</strong>n und American<br />
Dream, auseinan<strong>der</strong>zusetzen. All diese Themen sind „dran“,<br />
wie <strong>der</strong> G8-Gipfel an einem und die Auswan<strong>der</strong>ungszahlen<br />
(ca. 144.000 nur im Jahr 2005) am an<strong>der</strong>en Ende <strong>der</strong> Skala<br />
zeigen. Ganz sicher werden<br />
die Schülerinnen und Schüler<br />
in <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Form mit diesen Themen in<br />
Berührung kommen. Sie sollen<br />
sich daher auch auf Englisch<br />
dazu äußern können.<br />
Aber zurück zur Englandfahrt<br />
<strong>der</strong> Klasse 11. Nach dem<br />
turbulenten Tag in London<br />
folgen zwei im „richtigen“<br />
England, da, wo die Englishness<br />
pur verabreicht wird. Es<br />
beginnt dort, wo die Häuser<br />
<strong>der</strong> Stadt, die eine Fläche von<br />
1867 Quadratkilometern umfasst,<br />
endlich aufhören. Wir<br />
fahren mit <strong>der</strong> Bahn nach<br />
Westen und kommen nach 1<br />
½ Stunden in Salisbury an.<br />
Jetzt wird es beschaulich-
etulich: Man kann die Kathedrale von Salisbury (mit dem<br />
höchsten Kirchturm in England drauf und einem Original<br />
<strong>der</strong> Magna Carta drin) anschauen und auf dem Rasen<br />
davor lagern, in einer Reihe (queue) anstehen, wenn man<br />
mit dem Bus fahren möchte und die Höflichkeit und Liebenswürdigkeit<br />
<strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> erfahren, wenn man sie z. B.<br />
nach dem Weg fragt.<br />
Salisbury ist unser Kontrastprogramm zu London und<br />
unser Stützpunkt für zwei Schnuppertage countryside.<br />
Von Salisbury aus fahren wir nach Stonehenge und spüren,<br />
wie alt das Land ist, das uns hier, mitten in einer wun<strong>der</strong>schönen<br />
Hügellandschaft, eine Idee von einer Zeit gibt, die<br />
5000 Jahre zurück liegt.<br />
Wir wohnen in <strong>der</strong> Jugendherberge von Salisbury und<br />
versorgen uns selbst, können also zumindest an den Regalen<br />
im Supermarkt ein bisschen Englisch ausprobieren und<br />
abends zusammen kochen – unter gekonnter Anleitung<br />
und Beteiligung von Hr. Dr. Müller - und zusammensitzen.<br />
Für das pubbing, die beliebte Freizeitbeschäftigung <strong>der</strong><br />
Englän<strong>der</strong>, müssen wir im nächsten Jahr noch mal wie<strong>der</strong><br />
kommen: Erst zwei Schüler sind 18 und dürfen den Pub<br />
betreten. Danach gibt’s noch mal einen Tag Hauptstadt<br />
und den Flug nach Hause.<br />
Vor uns liegt die Klasse 12 und damit das letzte Jahr<br />
in <strong>der</strong> Schule. Vielleicht haben wir uns ein bisschen Motivation<br />
für die konsequenterweise weiterhin zu lernenden<br />
weil nie alle werdenden Vokabeln mitgebracht; ich für das<br />
Lehren und die Schülerinnen und Schüler für’s Lernen.<br />
Anzeige<br />
37
38<br />
Schulkollegium<br />
Herr Bawadi, Herr Dr. Becker-Haumann, Frau Beimbauer,<br />
Frau Bensch, Frau Blecker. Frau Bleckmann, Herr Bock,<br />
Frau Eden, Herr Fischer-Primke, Frau Fricke, Frau Fritz,<br />
Frau Geißler, Herr Glahn, Frau Hamers, Herr Heidekorn,<br />
Frau Karthäuser, Frau Klepko, Herr Dr. Kollmann,<br />
Frau Dr. Korinek, Herr Kreft-Schönewolf, Frau Kühne,<br />
Frau Landmesser, Frau Löffel-Serwe, Herr Dr. Müller,<br />
Frau Nienborg, Frau Nitz, Frau Patzelt, Herr Prange,<br />
Frau Renn, Frau Rox, Herr Dr. Schädel, Frau Stolz,<br />
Frau Sygusch, Frau Tjulenewa, Frau Varwig, Frau Vent,<br />
Frau Wagner, Frau Weyermann<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Freie</strong> <strong>Waldorfschule</strong> <strong>Bergisch</strong> <strong>Gladbach</strong><br />
Mohnweg 13<br />
51427 <strong>Bergisch</strong> <strong>Gladbach</strong><br />
Telefon: 0 22 04 - 22 100<br />
Fax: 0 22 04 - 63 112<br />
info@waldorf-refrath.de<br />
www.waldorf-refrath.de<br />
Verantwortlich für diese Ausgabe:<br />
Bernhard Plagemann<br />
Je<strong>der</strong> Beitrag gibt die Meinung <strong>der</strong> Autorin o<strong>der</strong> des Autors<br />
wie<strong>der</strong>; eine Übereinstimmung mit <strong>der</strong> Meinung <strong>der</strong> Redaktion<br />
kann aus seiner Veröffentlichung nicht hergeleitet<br />
werden.<br />
Redaktion:<br />
Lisa Hugger, Bernhard Plagemann, Stefan Riemer<br />
Verwaltung<br />
Frau Baruch, Herr Dannenberg, Frau Schewe;<br />
Hausmeister: Herr Neeb<br />
Fotos:<br />
Manfred Böll, Ulla Franke, Stefan Riemer, Christoph Taterka<br />
und die Autoren<br />
Layout:<br />
Stefan Riemer, info@panorama-media.de<br />
Verlag:<br />
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Anschrift <strong>der</strong> Redaktion:<br />
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Klasse 12 Schuljahr 2006/2007<br />
Cedric Arthur Bierganns, Magdalena<br />
Bosbach, Maximilian-Christoph<br />
Bubert, Jacob Buchholz, Charis Alisha<br />
Bullik, Alisha-Christina Göppl, Simon<br />
Häring, Laura Handwerker, Damian<br />
Henn, Stefan Hoppe, Simon Hover,<br />
Nathalie Hüster, Eva-Marie Ilgner,<br />
Karen Kellermann, Lisa Kierdorf,<br />
Vanessa Kröger, Alina Kruse, Anna<br />
Veronika Lange, Tilmann Linnenbrink,<br />
Anno Marzall, Felicitas Ariane Neu,<br />
Leonie Stefanie Pauly, André Schmitz,<br />
Aicha Schüller, Maik Stang, Cosima-<br />
Manjula Walter, Damian Wansleben,<br />
Liv Weißsieker, Ingmar Wölki<br />
Klasse 13 Schuljahr 2006/2007<br />
Andrea Buchholz, Balthasar<br />
Busmann, Eva-Maria Drömer,<br />
Moses Fendel, Henning Horster,<br />
Maria Hover, Max-Philipp Lentzen,<br />
Judith Nahrwold, Yatri Nandan<br />
Niehaus, Lotta Pack, Jacob Riemer,<br />
Noemi Stade, Angela Tschech
Ende einer Dienstfahrt:<br />
Zwei Klassen nehmen Abschied<br />
Von Natascha Bleckmann<br />
Neigt sich das Schuljahr zum Ende hin, steht an unserer<br />
Schule immer auch das Thema Abschied im Raum, gleich<br />
zwei Mal sogar: Zunächst heißt es für Klasse 12 die Abgangszeugnisse<br />
entgegen zu nehmen und „Auf Wie<strong>der</strong>sehen“<br />
zu sagen, dann folgt nur wenig später die Abiturientia.<br />
Das ist jedes Jahr so, aber immer wie<strong>der</strong> ist es an<strong>der</strong>s.<br />
Klasse 12 hat sich dieses Jahr schon beizeiten auf ihren<br />
Abschied eingestimmt. So wählte sich die Gruppe eben<br />
dieses Thema für ihren Lyrikabend, <strong>der</strong> im Mai stattgefunden<br />
hat. Die 29 Schülerinnen und Schüler haben selbstverfasste,<br />
berühmte, kleine, längere, lustige, melancholische<br />
Texte vorgetragen, sie haben gesungen und mit Gitarren<br />
und Okarina musiziert, sie haben eine Fotostory entwickelt<br />
und ausgestellt, Bil<strong>der</strong> gemalt und Gedichte illustriert. Sie<br />
haben ihr Publikum zum Lachen gebracht und daran erinnert,<br />
dass jedem Anfang, dem ein Abschied bekanntlich<br />
vorausgeht, ein Zauber innewohnt, sie haben von Freundschaft<br />
gesprochen und gemahnt, wie schnell eine solche<br />
zerbrechen kann, sie verwiesen darauf, wie gut es manchmal<br />
ist, dass etwas vorbei geht und gaben die Blickrichtung<br />
vor, bei allem stets auf die helle Seite des Lebens zu<br />
schauen.<br />
Am Lyrikabend war auch <strong>der</strong> kleine Prinz von Saint-<br />
Exupéry dabei, <strong>der</strong> die Welt kennen lernen und verstehen<br />
will. Eine Schülerin las vor, wie <strong>der</strong> Prinz den Fuchs trifft<br />
und mit ihm über Freundschaft redet. Der Fuchs möchte,<br />
dass <strong>der</strong> Prinz ihn zähmt. Der Prinz weiß nicht, was das ist,<br />
„zähmen”, und <strong>der</strong> Fuchs übersetzt es ihm mit „sich vertraut<br />
machen“. „Wenn du einen Freund willst“, so <strong>der</strong> Fuchs<br />
weiter, „so zähme mich“. Und genau das passiert zwischen<br />
dem Fuchs und dem Prinzen, sie machen sich vertraut<br />
miteinan<strong>der</strong>, sie werden Freunde. Und als sie sich trennen<br />
müssen, sind sie traurig, denn sie fühlen sich füreinan<strong>der</strong><br />
verantwortlich, weil sie Zeit miteinan<strong>der</strong> verbracht haben.<br />
Sich vertraut sein, Freund sein, sich füreinan<strong>der</strong> verantwortlich<br />
fühlen, beieinan<strong>der</strong> sein – viele <strong>der</strong> Schülerinnen<br />
und Schüler verband genau dieses miteinan<strong>der</strong>. Die Begegnung<br />
zwischen dem Prinzen und dem Fuchs endet mit dem<br />
legendären Satz: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das<br />
Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“. Mit dem Herzen<br />
sehen, weil es an<strong>der</strong>s nicht geht.<br />
Als die Klasse auf Abschlussahrt in Portugal war, sollte<br />
sich zeigen, dass die Schülerinnen und Schüler dem Fuchs<br />
gut zugehört hatten. Während im Schulalltag das Beieinan<strong>der</strong>sein<br />
<strong>der</strong> Einzelnen zumeist mit <strong>der</strong> Zugehörigkeit<br />
zur A- o<strong>der</strong> B-Gruppe zusammenfiel, fanden sich die<br />
Schülerinnen und Schüler fern <strong>der</strong> Heimat in ganz neuen<br />
Konstellationen wie<strong>der</strong>. Nunmehr schauten sie mehr nach<br />
Gemeinsamkeiten als nach Trennendem. Sie haben sich<br />
aufrichtig zusammengehörig gefühlt und das Wort „wir“<br />
inhaltlich neu umrissen. So wurden die Schülerinnen und<br />
Schüler <strong>der</strong> 12 kurz vor ihrer Schulentlassung eine Klasse,<br />
die sich näher nie war.<br />
Als am 2. Juni dann die offizielle Entlassfeier für Klasse<br />
12 stattfand, nahmen alle 29 Schülerinnen und Schüler<br />
tatsächlich Abschied voneinan<strong>der</strong>. Selbst diejenigen, die<br />
unsere Schule noch ein weiteres Jahr besuchen werden,<br />
wussten, dass mit diesem Tag etwas unwie<strong>der</strong>bringlich<br />
zuende gegangen war. Die Filmsequenz von berühmten<br />
Abschieden <strong>der</strong> Filmgeschichte, die sich trennenden Wege<br />
aus „Down by Law“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> heimliche Luftkuss nach<br />
einer nervenaufreibenden Nacht aus „Pulp Fiction“, boten<br />
schließlich jedem in <strong>der</strong> Aula eine populäre Vorlage für die<br />
eigene Gefühlslage an diesem Tag. Dass Klasse 12 als das<br />
gemeinschaftlich gesungene Abschiedslied „Verdammt<br />
lang her“ von Bap wählte, stellte hörbar einen lokalen Bezug<br />
her, ist aber doch deswegen erstaunlich, weil die sich<br />
in Abschied und Aufbruch befindliche Gruppe definierte<br />
durch den gemeinsamen Blick zurück und die Gewissheit,<br />
es war eine schöne Zeit.<br />
Wer an unserer Schule in Klasse 13 angekommen ist,<br />
hat ein Jahr zuvor schon einmal Abschied genommen mit<br />
dem Ausblick nur noch wenige Monate vor sich zu haben,<br />
so auch unsere im Juni verabschiedete Klasse 13.<br />
Wenige Monate, in denen sich alles um das Abitur und<br />
dessen Durchschnitt drehte und die 13 Schülerinnen und<br />
Schüler an vielen Stellen des Schulalltags wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong><br />
sagen ließen, das war das letzte Mal: die letzte Klassenfahrt,<br />
die letzten Ferien, die letzte Klausur, das letzte<br />
Mittagessen in unserer Caféteria. Ein Jahr <strong>der</strong> langsamen<br />
Abschiede. Und am Ende: knallauffall zwei Tage mündliche<br />
Prüfungen, Aufregung, Anspannung, Stress, Konzentration,<br />
Angst, Zittern, Redeschwälle, Blockaden, feuchte Hände<br />
und rasende Herzen. Zwei Prüfungen für jeden, für manche<br />
gar drei, Russisch in jedem Fall, ebenso Geschichte, dann<br />
wahlweise, Mathe, Deutsch o<strong>der</strong> Erdkunde.<br />
An einem sonnigen, warmen 6. Juni nachmittags war<br />
es volbracht, alle 13 hatten ihr Abitur bestanden und<br />
wurden zunächst und vor allem durch den sich direkt anschließenden<br />
Abend, <strong>der</strong> Abiparty, mit dem Gefühl getragen,<br />
es einfach nur hinter sich und geschafft zu haben.<br />
Später sollte diese Erleichterung und Freude lei<strong>der</strong> hier<br />
und da <strong>der</strong> Selbstkritik und Enttäuschung über verfehlte<br />
persönliche Bestmarken weichen, was an dieser Stelle mit<br />
<strong>der</strong> Bitte verknüft wird, solches zu unterlassen. Ein bestandenes<br />
Abitur ist schlicht ein Gund zur Freude. Ohne Wenn<br />
und Aber.<br />
Da standen die 13 also auf <strong>der</strong> Abiparty mit Zeugnis<br />
und Rose in <strong>der</strong> Hand, ein letzter gemeinsamer Auftritt<br />
zum Abschlussfoto. Und wie fühlt man sich als diese<br />
Gruppe ehemals unterrichtende Lehrerin? Zwei Jahre<br />
Deutsch und Geschichte - an manchen Tagen zeigte <strong>der</strong><br />
Stundenplan sechs Stunden in dieser Klasse an -, sehr<br />
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viele Diskussionen, Besuche in Museen, Kino und Theater,<br />
eine Klassenfahrt – das verbindet. Hinzu kamen das Lesen<br />
unzählig vieler von Schülerinnen und Schülern verfasster<br />
Texte und das Erörtern tausen<strong>der</strong> Fragen im Unterrichtsgespräch.<br />
Man verabschiedet sich von Menschen, <strong>der</strong>en<br />
Klausuren man allein aufgrund <strong>der</strong> Handschrift richtig zuordnen,<br />
auf <strong>der</strong>en Pünktlichkeit o<strong>der</strong> Unpünklicheit man<br />
erfolgreich wetten und mit denen man<br />
über bestimmte running gags lachen<br />
kann. Menschen also, die Spuren im<br />
Gedächtnis hinterlassen haben.<br />
Und was ging in den Abiturienten<br />
vor? Einige von ihnen waren in ihrer<br />
Abiturklausur in Deutsch in die Rolle<br />
eines jugendlichen Redners geschlüpft<br />
und hatten eine Rede verfasst, die sich<br />
an eine Abiturentia richtete. Obwohl es<br />
nur eine Rolle war, zudem unfreiwillig<br />
übernommen, steckte doch viel von<br />
unseren Schülerinnen und Schülern<br />
darin. Einer stellte fest, dass jetzt<br />
vieles offen wäre, es viele Fragen gäbe<br />
und je<strong>der</strong> sich auf die Suche nach den<br />
eigenen Antworten machen müsste.<br />
Bei aller Offenheit, was den weiteren<br />
Weg anging, aber die Zuversicht: wir sind die Zukunft. Eine<br />
Schülerin erlaubte sich zunächst eine Bestandsaufnahme:<br />
Alle haben einen langen Weg hinter sich, es geschafft und<br />
nun wartet die weite Welt. Ihr Appell:<br />
über den Tellerrand schauen, sich<br />
verantwortlich fühlen. Eine an<strong>der</strong>e<br />
Schülerin äußerte in ihrer Rede den<br />
Wunsch an alle, sich treu zu bleiben<br />
und immer man selbst zu sein. Offensichtlich<br />
verließ die Abiturientia 2007<br />
unsere Schule mit Zukunftswünschen,<br />
die eher Verhaltensweisen und Einstellungen<br />
als gängige Erfolgsattribute in<br />
den Blick nahmen. Ein Mensch mit Verantwortung<br />
für sich und an<strong>der</strong>e sein<br />
und nicht als billiges Klischee herumlaufen,<br />
mein Haus, mein Auto, meine<br />
Yacht.<br />
Begleitet von mehreren Reden,<br />
Danksagungen und vielen guten Wünschen<br />
gingen Schüler und Lehrer schließlich nach einer<br />
längeren Phase des gemeinsamen Arbeitens und einer<br />
kürzeren des Feierns auseinan<strong>der</strong>. Als Lehrerin, so hofft<br />
man grunsätzlich und weiß es, hört man den Abgängern<br />
zu, hat man ihnen einiges mitgegeben.<br />
„Das ist unsre Zeit, lass sie leuchten, die Zeit leuchtet.“<br />
13 Schulabgänger haben die Chance diese Liedzeile von<br />
dem in dieser Klasse gut bekannten Peter Licht über ihre<br />
Schulzeit hinaus zu realisieren.