Am Scheideweg - FWF
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» Wir müssen nüchtern festhalten, dass sich die Grundlagenforschung<br />
bei der Verteilung der öffentlichen Forschungsaufwendungen<br />
schlecht durchgesetzt hat. «<br />
Christoph kratky, Präsident des fWf<br />
Ein Wort in eigener Sache<br />
» die delegiertenversammlung<br />
des fWf hatte die freundlichkeit,<br />
mich für weitere drei jahre zum<br />
Präsidenten zu wählen, und ist damit<br />
einem entsprechenden vorschlag des aufsichtsrats<br />
gefolgt. Mein Dank an die beiden<br />
Gremien für das Vertrauen mischt<br />
sich ein wenig mit Selbstkritik, inwiefern<br />
ich in den verflossenen fünf Jahren die in<br />
mich gestellten Erwartungen erfüllt habe.<br />
Nicht dass ich mir einbilde, Sie, geneigte<br />
Leserin, geneigter Leser, hätten mir die<br />
Ehre erwiesen, in mich Erwartungen zu<br />
setzen, aber man kann ja so tun als ob.<br />
Meine Bilanz fällt zwiespältig aus.<br />
Wie Sie sicher wissen, hat sich Österreich<br />
im F&E-Bereich einer Frontrunner-Strategie<br />
verschrieben. Tatsächlich haben sich<br />
die Forschungsausgaben, gemessen am<br />
BIP, in den letzten zehn Jahren in beeindruckender<br />
Weise erhöht, von 1,9 auf<br />
2,7 %. Gleichzeitig musste der <strong>FWF</strong> im<br />
letzten Jahr eine Reduktion im Budget für<br />
Neubewilligungen um satte 20 % verkraften.<br />
Zwischen 2002 und 2007 sind die<br />
Aufwendungen für die Hochschulforschung<br />
um 25 %, jene für die industrielle<br />
F&E aber um 185 % angestiegen (dieser<br />
Wert ist derzeit Gegenstand heftiger Kontroversen,<br />
er wurde gemäß den OECD-<br />
Frascati-Konventionen ermittelt. Die Industriellenvereinigung<br />
kommt auf 56 %,<br />
wieder andere auf 94 %, aber die Tendenz<br />
ist eindeutig). Eine der Konse-<br />
quenzen daraus ist eine ca. doppelt so hohe<br />
Genehmigungsquote der FFG gegenüber<br />
dem <strong>FWF</strong> sowie bereits zwei Ausschreibungen<br />
des COMET-Programms,<br />
dessen Grundlagenforschungs-Gegenstück<br />
– die Exzellenzcluster – auf den St.<br />
Nimmerleinstag verschoben werden mussten.<br />
Es liegt mir natürlich fern, die Sinnhaftigkeit<br />
der Investition öffentlicher Gelder in<br />
die angewandte Forschung zu hinterfragen.<br />
Wir müssen aber nüchtern festhalten,<br />
dass sich die Grundlagenforschung<br />
bei der Verteilung der öffentlichen Forschungsaufwendungen<br />
schlecht durchgesetzt<br />
hat. Man könnte es sich jetzt natürlich<br />
einfach machen und auf die jeweiligen<br />
MinisterInnen schimpfen, die eben<br />
mehr Geld hätten locker machen müssen.<br />
Aber das ist viel zu kurz gegriffen. Die<br />
Grundlagenforschung hat in der österreichischen<br />
Gesellschaft das Image von „nice<br />
to have“. Sie wird weder als unverzichtbarer<br />
Teil unserer Kultur noch als<br />
Grundlage unseres Wohlstands gesehen.<br />
Der Präsident der Wirtschaftskammer<br />
kann seinen Ausspruch „Österreich<br />
braucht keine Grundlagenforschung“ tun,<br />
ohne dass sich (außer ein paar direkt Betroffenen)<br />
jemand nennenswert aufregt.<br />
Insofern bin ich nicht zufrieden mit mir.<br />
Sie werden vielleicht einwenden, dass der<br />
Präsident des <strong>FWF</strong> nicht allein für gesellschaftliche<br />
Befindlichkeiten zuständig ist,<br />
BrIEf dEs PräsIdEntEn<br />
dass ich mir also keine allzu großen<br />
Selbstvorwürfe machen muss. Stimmt,<br />
aber ich hätte in den letzten fünf Jahren<br />
lauter schreien können.<br />
Das bringt mich zur anderen Seite der<br />
Medaille, zu den Dingen, auf die wir stolz<br />
sein können (und wieder: mein Beitrag<br />
war nur ein kleiner). Ohne übertriebenes<br />
Selbstlob ist festzustellen: Als Forschungsfinanzierer<br />
ist der <strong>FWF</strong> Weltspitze.<br />
Dazu nur ein paar Zahlen: Für die Vergabe<br />
der ca. 150 Mio. € haben wir im vergangenen<br />
Jahr ca. 4.200 Gutachten von<br />
ausschließlich ausländischen GutachterInnen<br />
eingeholt. Ich kenne keinen Bereich<br />
unseres Landes, in dem öffentliches<br />
Geld so engmaschig qualitätsgesichert<br />
ausgegeben wird. Die durchschnittliche<br />
Bearbeitungszeit eines <strong>FWF</strong>-Projekts liegt<br />
bei 4,3 Monaten – vom Eingang des Antrags<br />
bis zur Entscheidung (bei Bewilligung<br />
kann innerhalb von Tagen mit dem<br />
Projekt begonnen werden). Und das bei<br />
kontinuierlicher Einreichung. Kein ausländischer<br />
Forschungsförderer kann uns<br />
in diesem Punkt das Wasser reichen.<br />
Es muss auch in Zeiten wie diesen Dinge<br />
geben, über die man sich freuen kann,<br />
meint Ihr<br />
fWFinfo72» 05