Think Global - Welche Anforderungen werden an den ...
Think Global - Welche Anforderungen werden an den ...
Think Global - Welche Anforderungen werden an den ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Betriebs etriebs<br />
www.betriebs-berater.de<br />
Berater 45<br />
62. Jahrg<strong>an</strong>g<br />
5. November 2007<br />
Seiten 2413 – 2464<br />
Zeitschrift für Recht und Wirtschaft Dr. Mark Lembke<br />
Mindestlohn und die Grenze der<br />
Verfassungswidrigkeit<br />
BILANZRECHT UND BETRIEBSWIRTSCHAFT<br />
Prof. Dr. Tobias Hüttche und<br />
Prof. Dr. Kerstin Lopatta<br />
Bil<strong>an</strong>zierung von Kosten der<br />
Eigenkapitalbeschaffung nach IFRS<br />
S. 2447<br />
WIRTSCHAFTSRECHT<br />
Verlag Recht<br />
und Wirtschaft<br />
Fr<strong>an</strong>kfurt a.M.<br />
2413 Axel Tophoven<br />
Sind Rahmen-Beratungsvereinbarungen<br />
mit Aufsichtsratsmitgliedern (doch) noch<br />
zu retten?<br />
2419 Dr. Siegfried Schwung<br />
<strong>Think</strong> <strong>Global</strong> – <strong>Welche</strong> <strong>Anforderungen</strong> <strong>wer<strong>den</strong></strong><br />
<strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt im Zeitalter<br />
der <strong>Global</strong>isierung gestellt?<br />
2423 EuGH: VW-Gesetz verstößt gegen die<br />
Kapitalverkehrsfreiheit<br />
STEUERRECHT<br />
2429 Dr. Christofer Lenz und Torsten Gerhard<br />
Das „Grundrecht auf steueroptimierende<br />
Gestaltung“<br />
2434 Dr. Anton Hauck und<br />
Professor Dr. Ulrich Prinz<br />
Die Lehren des EuGH-Urteils Velvet & Steel<br />
zur 6. Mehrwertsteuerrichtlinie für die<br />
Auslegung von europäischen Rechnungslegungsnormen<br />
2444 EuGH: Verstößt das REIT-Gesetz gegen<br />
Gemeinschaftsrecht? – Folgerungen aus<br />
dem EuGH-Urteil zum VW-Gesetz<br />
BB-Kommentar Dr. J<strong>an</strong> Frederik Bron<br />
BILANZRECHT UND BETRIEBSWIRTSCHAFT<br />
2447 Prof. Dr. Tobias Hüttche und<br />
Prof. Dr. Kerstin Lopatta<br />
Bil<strong>an</strong>zierung von Kosten der Eigenkapitalbeschaffung<br />
nach IFRS<br />
ARBEITS- UND SOZIALRECHT<br />
2454 Dr. Oliver Simon und Dr. Martin Greßlin<br />
Abbau von Leiharbeit vor betriebsbedingten<br />
Kündigungen?<br />
2459 Dr. Bernd W. Feudner<br />
Tarifverträge für „Funktionseliten“?
Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 45 | 5. November 2007 WIRTSCHAFTSRECHT 2419<br />
ratsmitgliedern bzw. deren Sozietäten. So lässt sich <strong>den</strong> Entscheidungen<br />
des BGH sowie des OLG Fr<strong>an</strong>kfurt und des OLG Hamburg<br />
entnehmen, dass Tätigkeitsbeschreibungen in Rahmenverträgen<br />
d<strong>an</strong>n dazu geeignet sind, dem Abgrenzungsmerkmal der Beratungstiefe<br />
zu genügen, wenn die Beratung in fachspezifischen Detailfragen<br />
geschuldet ist, die das „Wie“ der Vorbereitung und/<br />
oder die Umsetzung von Entscheidungen der Unternehmensführung<br />
betreffen. Die Einbringung professioneller fachlicher Expertise<br />
schul<strong>den</strong> Mitglieder des Aufsichtsrates nämlich gerade nicht.<br />
Es ist <strong>den</strong>noch zu empfehlen, die konkret erbrachten Beratungstätigkeiten<br />
turnusmäßig vom Aufsichtsrat genehmigen zu lassen. Zu<br />
hoffen bleibt, dass sich der BGH der vom OLG Fr<strong>an</strong>kfurt vertrete-<br />
Dr. Siegfried Schwung, Rechts<strong>an</strong>walt<br />
<strong>Think</strong> <strong>Global</strong> – <strong>Welche</strong> <strong>Anforderungen</strong> <strong>wer<strong>den</strong></strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt im Zeitalter der <strong>Global</strong>isierung gestellt? | Schwung<br />
nen Ansicht zum generellen Ausschluss einer nachträglichen Genehmigung<br />
nicht <strong>an</strong>schließen wird. In jedem Fall sind auch bei<br />
Aufstellung der Einzelnachweise die gleichen Konkretisierungs<strong>an</strong>forderungen<br />
wie bei Rahmenvereinbarungen einzuhalten.<br />
Auch im Falle der Unwirksamkeit bestehen zumindest Ansprüche<br />
des Beraters nach Bereicherungsrecht, die allerdings in der Regel<br />
in der Höhe geringer ausfallen <strong>wer<strong>den</strong></strong> als die vertraglich vereinbarten.<br />
Dem bereicherungsrechtlichen Anspruch des Beraters<br />
wird m<strong>an</strong> seitens der Gesellschaft im Zweifel nicht die Einwendung<br />
des § 814 BGB entgegenhalten können, da bloße Zweifel<br />
über die Rechtslage für die Anwendbarkeit des § 814 BGB nicht<br />
ausreichen.<br />
<strong>Think</strong> <strong>Global</strong> – <strong>Welche</strong> <strong>Anforderungen</strong> <strong>wer<strong>den</strong></strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt<br />
im Zeitalter der <strong>Global</strong>isierung gestellt? *<br />
„Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns mit ihnen“: Die<br />
Weisheit dieses mittelalterlichen Hexameters gilt uneingeschränkt<br />
für <strong>den</strong> Rechts<strong>an</strong>walt und insbesondere auch für <strong>den</strong><br />
Syndikus<strong>an</strong>walt, deren Berufsbilder aufgrund veränderter Rahmenbedingungen<br />
einem stetigen W<strong>an</strong>del unterzogen sind.<br />
Dabei wirkt sich die so gen<strong>an</strong>nte <strong>Global</strong>isierung als externer<br />
Faktor aus (I.). Teilweise hierdurch bedingt, aber auch infolge<br />
eines veränderten Selbstverständnisses ist eine Re-Positionierung<br />
des Syndikus<strong>an</strong>walts festzustellen (II.). Es ergeben sich<br />
d<strong>an</strong>n zw<strong>an</strong>gsläufig die aktuellen <strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt<br />
für sein Profil (III.) und für die Praxis (IV.).<br />
I. ¾nderungen des Tätigkeitsumfeldes: <strong>Global</strong>isierung<br />
1. M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>t: Unternehmen<br />
Ein großer Teil der Syndikus<strong>an</strong>wälte findet sich in multi-nationalen<br />
Unternehmen mit globalen Führungsstrukturen wieder. Auch<br />
die Rechtsabteilungen <strong>wer<strong>den</strong></strong> heute bisweilen im weltweiten Verbund<br />
zentral gesteuert. Während es einerseits weiter Unterabteilungen<br />
mit ausschließlich regionalen Zuständigkeiten gibt, <strong>wer<strong>den</strong></strong><br />
zunehmend übergreifende Kompetenz-Center eingerichtet,<br />
die für die weltweite Beratung zuständig sind. Mit der zentralen<br />
Führung sind internationale Berichtswege verbun<strong>den</strong>.<br />
Die Beschränkung des Geschäftsverkehrs innerhalb der nationalen<br />
Grenzen des Unternehmens dürfte selbst für kleinere Gesellschaften<br />
die Ausnahme sein. Gerade in einem exportorientierten<br />
L<strong>an</strong>d wie Deutschl<strong>an</strong>d ist es eher die Regel, dass beträchtliche Erlöse<br />
im grenzüberschreiten<strong>den</strong> Geschäftsverkehr erzielt <strong>wer<strong>den</strong></strong>.<br />
Internationale Kooperationen sind unausweichlich und M&A-<br />
Vorgänge auch im Ausl<strong>an</strong>d Ausfluss der Unternehmensstrategie.<br />
Die Kapitalbeschaffung muss weltweit erfolgen, weil dies die globalen<br />
Märkte so indizieren. Während früher das Eigenkapital über<br />
die nationalen Börsen beschafft sowie das Fremdkapital von inländischen<br />
B<strong>an</strong>ken zur Verfügung gestellt wurde, ist heute der zusätzliche<br />
G<strong>an</strong>g <strong>an</strong> die Börsen von New York, London oder Paris<br />
und die internationale Platzierung von Schuldverschreibungen<br />
die Regel. Als Konsequenz unterwirft sich das Unternehmen ausländischen<br />
kapitalmarktrechtlichen Regulierungen, z. B. Berichtsund<br />
Publizitätspflichten.<br />
Das Unternehmen legt heute weniger <strong>den</strong> Fokus auf die Beratung<br />
durch <strong>den</strong> Justiziar alter Schule, der sich auf die Anfertigung von<br />
gutachterlichen Stellungnahmen beschränkt, sondern verl<strong>an</strong>gt<br />
eine „unternehmerische“ Mitwirkung, die häufig in international<br />
besetzten Tr<strong>an</strong>saktionsteams erfolgt, für die nur das Erreichen des<br />
gesteckten Projektziels zählt.<br />
Schließlich rückt immer mehr die als Teil der guten Unternehmensführung<br />
(Corporate Govern<strong>an</strong>ce) vom Unternehmen zu fordernde<br />
globale Compli<strong>an</strong>ce in das Blickfeld. Dazu wird auch noch<br />
gesondert beim Rollenverständnis des Syndikus<strong>an</strong>walts auszuführen<br />
sein.<br />
2. Recht<br />
Generell wird die Flut neuer Rechtsvorschriften beklagt. Für <strong>den</strong><br />
Wirtschaftsverkehr k<strong>an</strong>n geradezu von einer merklichen Verrechtlichung<br />
unternehmerischen H<strong>an</strong>delns, insbesondere durch die Erhöhung<br />
staatlicher Regulierungsdichte, weltweit gesprochen <strong>wer<strong>den</strong></strong>.<br />
In m<strong>an</strong>chen Br<strong>an</strong>chen besteht die Freiheit der unternehmerischen<br />
Tätigkeit nur noch in der Erinnerung.<br />
Prägend erscheint auch die Europäisierung des nationalen Rechts.<br />
Das Verständnis in Brüssel, was alles der Vereinheitlichung der Rahmenbedingungen<br />
für das Funktionieren des gemeinsamen Marktes<br />
dienlich ist, wirkt schon sehr ausgreifend. Es stellt sich heute als Herausforderung<br />
für die Rechtspraxis dar, immer auf der Höhe des<br />
St<strong>an</strong>des der erlassenen einschlägigen Rechtsvorschriften zu sein.<br />
Mit echtem Mehrwert stellt sich indes die Europäische Aktiengesellschaft<br />
(Societas Europeae – SE) als neues Angebot für eine Gesellschaftsform<br />
dar.<br />
Nicht mehr aufzuhalten ist der starke Einfluss der <strong>an</strong>glo-amerik<strong>an</strong>ischen<br />
Vertragspraxis. Ein selbst rein nationaler M&A-Vorg<strong>an</strong>g<br />
wird häufig auf der Basis amerik<strong>an</strong>ischer Vertragsmuster abgewickelt<br />
und dies auch noch auf Englisch. Grund hierfür ist, dass<br />
eine solche Dokumentation <strong>den</strong> aktuellen oder zukünftigen ausländischen<br />
Investoren oder sonstigen Kapitalmarktbeteiligten<br />
eher vertraut scheint. So rächt sich, dass der kontinental-europäische<br />
juristische Berufsst<strong>an</strong>d nichts für <strong>den</strong> Export seiner Vertragspraxis<br />
get<strong>an</strong> hat.<br />
Aus <strong>den</strong> USA stammt schließlich das unseren Vorstellungen von<br />
der staatlichen Ordnung wesensfremde „private law enforcement“.<br />
* Schriftliche Fassung des am 5.7.2007 beim Syndikus-Summit 2007 in Fr<strong>an</strong>kfurt<br />
a. M. gehaltenen Vortrags. Diese Ver<strong>an</strong>staltung hat der „Betriebs-Berater“<br />
durchgeführt (www.dfv-academy.de/betriebs-berater).
2420 WIRTSCHAFTSRECHT Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 45 | 5. November 2007<br />
Schwung | <strong>Think</strong> <strong>Global</strong> – <strong>Welche</strong> <strong>Anforderungen</strong> <strong>wer<strong>den</strong></strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt im Zeitalter der <strong>Global</strong>isierung gestellt?<br />
Rechtsverletzungen und insbesondere auch die Missachtung öffentlich-rechtlicher<br />
Normen <strong>wer<strong>den</strong></strong> nicht mehr von <strong>den</strong> staatlichen<br />
Behör<strong>den</strong> geahndet, sondern im Wege von Verb<strong>an</strong>ds- und<br />
Sammelklagen verfolgt. Hier zeigt sich die Ohnmacht des Staates,<br />
der sich in Anbetracht des stetig wachsen<strong>den</strong> Rechtsrahmens für<br />
die wirtschaftliche Betätigung nicht mehr in der Lage sieht, selbst<br />
für die Einhaltung der Rechtsordnung zu sorgen. Bezeichnenderweise<br />
kommen die Anstöße für die Einführung von Sammelklagen<br />
„à la amØricaine“ aus Brüssel.<br />
Ein Phänomen dieser Tage ist leider auch die Be<strong>an</strong>spruchung weit<br />
reichender Zuständigkeiten durch ausländische Gerichte und Behör<strong>den</strong>.<br />
Es geht hier um die so gen<strong>an</strong>nte „Extraterritorialität“, die<br />
vor allem <strong>den</strong> US-amerik<strong>an</strong>ischen Gerichten nicht fremd ist, wie<br />
dort <strong>an</strong>hängig gemachte Klagen wegen Menschenrechtsverletzungen,<br />
Kartellverstöße, etc., jeweils ohne nur <strong>den</strong> geringsten Bezug<br />
zu dem Hoheitsgebiet der USA zu haben, belegen. Das geht weit<br />
über das ohnehin schon bek<strong>an</strong>nte „forum shopping“ hinaus.<br />
Endlich stellt sich für die selbst initiierte Konfliktlösung ein internationales<br />
Szenario dar. Für Alternative Dispute Resolutions (ADR)<br />
bzw. Schiedsgerichtsverfahren ist etwa durch die International<br />
Chamber of Commerce (ICC) in Paris, das International Centre for<br />
Dispute Resolution (ICDR) in Dublin, <strong>den</strong> London Court of International<br />
Arbitration (LCIA), die Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz,<br />
Schwe<strong>den</strong> und Singapore die internationale Bühne bereitet.<br />
3. Beratungspartner<br />
Der Syndikus<strong>an</strong>walt hat schon immer eine professionelle Ergänzung<br />
in der Zusammenarbeit mit Kollegen aus Anwaltsk<strong>an</strong>zleien<br />
erfahren. Zum einen erfordert die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit<br />
häufig die zusätzliche Beratung durch <strong>den</strong> ausländischen<br />
Anwalt. Unabhängig davon wird auf dem heute nicht<br />
mehr national begrenzten Rechtsberatungsmarkt der Zukauf von<br />
Rechtsdienstleistungen im Ausl<strong>an</strong>d zu erfolgen haben. Ein Grund<br />
hierfür ist der weltweite Konzentrations- und Spezialisierungsprozess,<br />
der bei <strong>den</strong> größeren Anwaltsfirmen stattgefun<strong>den</strong> hat. Das<br />
beste Beratungs<strong>an</strong>gebot muss so nicht unbedingt von einer nationalen<br />
K<strong>an</strong>zlei kommen. Entsprechend haben sich auch die Metho<strong>den</strong><br />
der M<strong>an</strong>datierung geändert, wie bei größeren Tr<strong>an</strong>saktionen<br />
praktizierte Ausschreibungen („beauty contests“) illustrieren.<br />
II. Veränderung des Rollenverständnisses des Syndikus<strong>an</strong>walts<br />
Zwei graphische Darstellungen ver<strong>an</strong>schaulichen am besten die<br />
Situation, wie sie l<strong>an</strong>ge Zeit Best<strong>an</strong>d hatte, und das aktuelle Verständnis.<br />
1. Traditionelle Positionierung<br />
Schaubild 1<br />
Gemäß Schaubild 1 zur traditionellen Positionierung ist die geringere<br />
Schnittmenge mit dem Unternehmen, dagegen eine größere<br />
Schnittmenge mit <strong>den</strong> außenstehen<strong>den</strong> Beratern (niedergelassene<br />
Rechts<strong>an</strong>wälte) kennzeichnend. Denn l<strong>an</strong>ge Zeit war die rein beratende<br />
und weniger die prozessintegrierte unternehmerische Tätigkeit<br />
des Syndikus<strong>an</strong>walts charakteristisch. Die sich so ergebende<br />
größere Schnittmenge mit externen Beratern hat sicherlich in<br />
der Verg<strong>an</strong>genheit gelegentlich auch <strong>den</strong> Anschein von Konkurrenz<br />
erweckt. Eine kleinere Schnittmenge ist zwischen <strong>den</strong> Behör<strong>den</strong><br />
und <strong>den</strong> Unternehmen zu erkennen, während es überhaupt<br />
keine Schnittmenge zwischen <strong>den</strong> Behör<strong>den</strong> und dem Syndikus<strong>an</strong>walt<br />
gab. Ein interner Jurist mit der Zuständigkeit öffentliches<br />
Recht wurde vor 20 oder 30 Jahren so gut wie nicht benötigt.<br />
2. Positionierung heute<br />
Schaubild 2<br />
Die gew<strong>an</strong>delte Positionierung wird durch Schaubild 2 dargestellt.<br />
Die Schnittmenge mit dem außenstehen<strong>den</strong> Beratern ist geringer<br />
gewor<strong>den</strong>; hingegen hat sich die Schnittmenge Syndikus<strong>an</strong>walt/<br />
Unternehmen beträchtlich vergrößert. Dies ist Ausweis der verstärkten<br />
unternehmerischen Tätigkeit des Syndikus<strong>an</strong>walts durch<br />
frühzeitige Einbindung in die unternehmerischen Prozesse. Die Geschäftsleitungen<br />
haben erk<strong>an</strong>nt, dass die Einschaltung ihrer Syndizi<br />
sich nicht auf die Ablieferung von gutachterlichen Stellungnahmen<br />
zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt beschränken k<strong>an</strong>n, um<br />
rechtzeitig die Interessen des Unternehmens optimal zu wahren<br />
bzw. Scha<strong>den</strong> von ihm abzuwen<strong>den</strong>. Wie schon erwähnt, wird der<br />
Syndikus<strong>an</strong>walt in Projektorg<strong>an</strong>isationen zum gesetzten Teamplayer.<br />
Zudem k<strong>an</strong>n er die von ihm geforderte Rechtsberatung nicht<br />
mehr gehörig besorgen, wenn er nicht tief mit <strong>den</strong> Geschäftsvorfällen<br />
des Unternehmens im globalen Umfeld vertraut ist. Mit Ratschlägen<br />
vom so gen<strong>an</strong>nten grünen Tisch ist es nicht mehr get<strong>an</strong>.<br />
Die Verdichtung der öffentlichen Regulierung bedingt die jetzt dargestellte<br />
Schnittmenge mit <strong>den</strong> Behör<strong>den</strong>. Wie ebenfalls schon <strong>an</strong>gedeutet,<br />
sind die Eingriffe vor allem auch ausländischer Behör<strong>den</strong><br />
in <strong>den</strong> jeweiligen Jurisdiktionen der Geschäftstätigkeit aber auch<br />
darüber hinaus <strong>an</strong> der Tagesordnung. Beispielhaft seien nur die<br />
auch deutsche Unternehmen, die <strong>an</strong> US-Börsen notiert sind, betreffen<strong>den</strong><br />
Untersuchungen der Securities <strong>an</strong>d Exch<strong>an</strong>ge Commission<br />
(SEC) der USA erwähnt. Zu der aufgezeigten Neupositionierung hat<br />
folglich nicht gerade wenig die <strong>Global</strong>isierung beigetragen.<br />
3. Neue globale Herausforderung Compli<strong>an</strong>ce<br />
Letztere Erkenntnis führt zw<strong>an</strong>gsläufig – insbesondere vor dem<br />
Hintergrund des Sarb<strong>an</strong>es Oxley Acts (SOX) – zur besonderen Er-
Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 45 | 5. November 2007 WIRTSCHAFTSRECHT 2421<br />
Schaubild 3<br />
wähnung der „Corporate Govern<strong>an</strong>ce/Compli<strong>an</strong>ce“, bei der der<br />
Syndikus<strong>an</strong>walt eine zentrale Funktion erfüllt.<br />
Eigentlich h<strong>an</strong>delt es sich bei Compli<strong>an</strong>ce um alten Wein in neuen<br />
Schläuchen. Die Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
musste seit jeher selbstverständlich sein. Neu erscheinen der<br />
systematische Ansatz mit entsprechen<strong>den</strong> org<strong>an</strong>isatorischen Vorkehrungen<br />
sowie das Augenmerk der Kapitalmärkte und generell<br />
der Öffentlichkeit hierauf.<br />
Aus dem Schaubild 3 ist unschwer zu erkennen, dass die Berührungspunkte<br />
sich nicht auf das nationale Umfeld beschränken.<br />
Der Syndikus<strong>an</strong>walt steht qua seiner Funktion im Schnittpunkt<br />
der globalen Compli<strong>an</strong>ce.<br />
III. <strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt (Profil)<br />
Es k<strong>an</strong>n zunächst auf die grundlegen<strong>den</strong> Ausführungen des Verfassers<br />
in „Anforderungsprofil des Unternehmensjuristen“ (AnwBl.<br />
1996, 182 ff.), verwiesen <strong>wer<strong>den</strong></strong>. Nachfolgend sollen lediglich vor<br />
dem Hintergrund der <strong>Global</strong>isierung die entsprechen<strong>den</strong> Akzente<br />
gesetzt <strong>wer<strong>den</strong></strong>.<br />
1. Tätigkeit als Anwalt<br />
Org<strong>an</strong>e Aktiengesetz<br />
- Hauptversammlung Satzung<br />
- Vorst<strong>an</strong>d Geschäfts-<br />
- Aufsichtsrat ordnungen<br />
Wie schon der Name sagt, übt der Syndikus<strong>an</strong>walt seine Tätigkeit<br />
als Anwalt aus. Dies mag zwar immer noch von dem einen oder<br />
<strong>an</strong>deren im Hinblick auf die <strong>an</strong>tiquierte Zwei-Berufe-Theorie,<br />
nach der der Syndikus lediglich im Rahmen seiner Beratungstätigkeit<br />
für Dritte nebenberuflich als Rechts<strong>an</strong>walt agieren soll, in<br />
Frage gestellt <strong>wer<strong>den</strong></strong>, wird aber allein seinem Berufsbild nicht gerecht.<br />
Dies gilt umso mehr <strong>an</strong>gesichts der Compli<strong>an</strong>ce-<strong>Anforderungen</strong><br />
des Unternehmens mit der maßgeblichen Einbindung des<br />
Syndikus<strong>an</strong>walts in das weltweite Compli<strong>an</strong>ce-M<strong>an</strong>agement.<br />
Der Syndikus<strong>an</strong>walt hat als unabhängiges Org<strong>an</strong> der Rechtspflege<br />
gemäß § 1 BRAO seinen Rechtsrat ausschließlich auf der Grundlage<br />
des einschlägigen gelten<strong>den</strong> Rechts zu erteilen. Etwas <strong>an</strong>deres<br />
wird vom Unternehmen als seinem M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>ten auch nicht erwartet;<br />
sonst hätte m<strong>an</strong> ihn nicht in der Rechtsabteilung eingestellt.<br />
Er ist daher entsprechend unabhängig.<br />
Mit diesem Status ist zw<strong>an</strong>gsläufig verbun<strong>den</strong>, dass der Syndikus<strong>an</strong>walt<br />
das so gen<strong>an</strong>nte „legal privilege“ (Zeugnisverweigerungsrechte,<br />
Beschlagnahmeschutz) für sich reklamieren k<strong>an</strong>n. Allerdings<br />
hat dies das Europäische Gericht Erster Inst<strong>an</strong>z in dem Ur-<br />
<strong>Think</strong> <strong>Global</strong> – <strong>Welche</strong> <strong>Anforderungen</strong> <strong>wer<strong>den</strong></strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt im Zeitalter der <strong>Global</strong>isierung gestellt? | Schwung<br />
Regulierungs- Wertpapier-<br />
behör<strong>den</strong> h<strong>an</strong>dels-<br />
- Fin<strong>an</strong>zmarktaufsicht gesetz, etc.<br />
- Börsen Kartellrecht<br />
- Kartellbehör<strong>den</strong> Produkt-<br />
- Produktzulassung u. sicherheits-<br />
-überwachung gesetz<br />
Fin<strong>an</strong>zämter Steuergesetze<br />
Staats<strong>an</strong>waltschaft/ Exportkontrollrecht<br />
Gerichte Strafgesetze<br />
Unternehmen<br />
Rechtsabteilung<br />
Geschäftspartner Gesetze<br />
- Kun<strong>den</strong> Verträge<br />
- Liefer<strong>an</strong>ten Geschäfts-<br />
- Risikopartner praktiken<br />
teil vom 17.9.2007, Az.: T-125/03, T-253/03, in der Rechtssache<br />
Akzo Nobel – mit opportunistischer Begründung – nicht <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt.<br />
Das „legal privilege“ ist über <strong>den</strong> strafprozessualen Aspekt<br />
hinaus vor allen Dingen auch im Zusammenh<strong>an</strong>g mit dem<br />
grenzüberschreiten<strong>den</strong> Geschäftsverkehr des Unternehmens von<br />
großer Bedeutung. Etwa sind im Rahmen der zivilprozessualen<br />
US-amerik<strong>an</strong>ischen „pre-trial discovery“, der unserer Rechtsordnung<br />
so frem<strong>den</strong> Beweisermittlung mit der Zulässigkeit des Ausforschungsbeweises<br />
(„fishing expeditions“), der Syndikus<strong>an</strong>walt<br />
im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Erteilung von Rechtsrat vor der Aussagepflichtigkeit<br />
oder von ihm im Zusammenh<strong>an</strong>g mit Gerichtsverfahren<br />
erstellte und ver<strong>an</strong>lasste Unterlagen vor Herausgabe<br />
geschützt.<br />
2. Serviceorientierung<br />
Als Rechtsdienstleister muss von einer ausgesprochenen Serviceorientierung<br />
ausgeg<strong>an</strong>gen <strong>wer<strong>den</strong></strong>. Hier ist Flexibilität bei Zeit<br />
und Ort gefragt, d. h. im Zeichen der <strong>Global</strong>isierung die Verfügbarkeit<br />
zu Uhrzeiten, <strong>an</strong> <strong>den</strong>en in <strong>an</strong>deren Erdteilen gearbeitet<br />
wird, oder die Reise dorthin. Die Tätigkeit findet ohnedies immer<br />
weniger am <strong>an</strong>gestammten Schreibtisch statt. M<strong>an</strong> ist beim M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>ten,<br />
oder wo immer m<strong>an</strong> gebraucht wird. Von einer Einbindung<br />
in Projektteams war schon die Rede. Ein Syndikus<strong>an</strong>walt<br />
sollte dabei auch die Fähigkeit zur Projektführung mitbringen.<br />
3. Internationales Profil<br />
Dass englische Fremdsprachenkenntnisse (verh<strong>an</strong>dlungssicher)<br />
unerlässlich sind, bedarf eigentlich keiner besonderen Hervorhebung.<br />
Weitere Sprachkenntnisse (möglichst fließend) sind hilfreich.<br />
Weitergehend sollten so gen<strong>an</strong>nte interkulturelle Fähigkeiten<br />
vorh<strong>an</strong><strong>den</strong> sein, um mit ausländischen Kollegen und Geschäftspartnern<br />
einen – legal – geschmeidigen Umg<strong>an</strong>g pflegen<br />
zu können. Häufig ist nämlich die Beherrschung entsprechender<br />
„soft skills“ der Schlüssel zum Erfolg. Soweit in einem globalen<br />
Konzern unter Kollegen internationale Arbeitsgruppen gegründet<br />
<strong>wer<strong>den</strong></strong>, empfehlen sich besondere integrative Fähigkeiten, mit<br />
<strong>den</strong>en sich sprichwörtliche Befremdlichkeiten meistern lassen.<br />
4. Unternehmerische Einstellung<br />
„Stakeholders“ Aktiengesetz<br />
- Aktionäre Mitbestimmungs-<br />
- Investoren gesetz<br />
- Mitarbeiter Kapitalmarkt-<br />
gesetze<br />
Interne Richtlinien<br />
Zur unternehmerischen Einstellung („entrepreneurial spirit“)<br />
muss nicht mehr viel gesagt <strong>wer<strong>den</strong></strong>. Es ist schon <strong>an</strong>geklungen,
2422 WIRTSCHAFTSRECHT Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 45 | 5. November 2007<br />
Schwung | <strong>Think</strong> <strong>Global</strong> – <strong>Welche</strong> <strong>Anforderungen</strong> <strong>wer<strong>den</strong></strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt im Zeitalter der <strong>Global</strong>isierung gestellt?<br />
dass der Syndikus<strong>an</strong>walt nicht nur Ratschläge zu erteilen, sondern<br />
Lösungen <strong>an</strong>zubieten hat („solution m<strong>an</strong>ager“). Dabei muss<br />
er Mut zur Ver<strong>an</strong>twortung mitbringen. Gelegentlich hat er auch<br />
schnell zu sein. Gerade bei internationalen Tr<strong>an</strong>saktionen <strong>wer<strong>den</strong></strong><br />
die Meilensteine immer enger gesetzt, z. B. knapp bemessener<br />
Zeitrahmen für die Durchführung einer „legal due diligence“.<br />
5. Weltweite Personalführung<br />
Soweit eine Leitungsfunktion in Betracht kommt, umfasst die Anforderung<br />
die Befähigung zur internationalen Leadership. Die<br />
Leadership-Qualifikation gewinnt generell <strong>an</strong> Bedeutung, um <strong>den</strong><br />
Mitarbeiter zu seinem eigenen Wohl als auch zum Wohl des Unternehmens<br />
optimal zu motivieren. Im globalen Umfeld bedarf es<br />
dazu einer besonderen interkulturellen Sensibilität.<br />
IV. <strong>Anforderungen</strong> <strong>an</strong> <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt (Praxis)<br />
1. SWOT-Analyse Rechtsabteilung<br />
Wo sich noch in der Praxis konkret H<strong>an</strong>dlungsbedarf zeigt, lässt<br />
sich nach Durchführung der so gen<strong>an</strong>nten SWOT-Analyse ausmachen.<br />
Gemäß Schaubild 4 sind die Stärken, Ch<strong>an</strong>cen, Schwächen<br />
und Bedrohungen im konkreten Fall zu eruieren.<br />
Strengths<br />
St<strong>an</strong>dortvorteile im<br />
Unternehmensumfeld<br />
…<br />
…<br />
Opportunities<br />
Einstellung auf<br />
M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>tenerwartung<br />
…<br />
…<br />
Schaubild 4<br />
Stärken sind auszubauen, Ch<strong>an</strong>cen zu nutzen, Schwächen zu beheben<br />
und Bedrohungen abzuwehren. Nur aus einer ehrlichen Bil<strong>an</strong>z<br />
heraus können die richtigen Ver<strong>an</strong>lassungen resultieren, die<br />
für eine erfolgreiche Tätigkeit zielführend sind.<br />
2. Ressourcen-Allokation: Best Practice<br />
Weaknesses<br />
Unzureichende business<br />
expertise<br />
…<br />
…<br />
Threats<br />
Vorwurf der Ineffizienz als<br />
bloßer Jurist<br />
…<br />
…<br />
Hier geht es zunächst einmal darum, die Stärken der Inhouse-Beratung<br />
zu nutzen. Gerade bei einer international ausgerichteten<br />
Tätigkeit haben sich die Aufgaben des Syndikus<strong>an</strong>walts auf das zu<br />
beschränken, wo er fachlich versiert und situationsbedingt privilegiert<br />
ist. So ist er etwa sicherlich bei allfälligen Fragen seines nationalen<br />
Gesellschaftsrechts und Vertriebsrechts stark und ist<br />
bestens mit der Unternehmensbr<strong>an</strong>che, <strong>den</strong> Produkten und der<br />
Strategie des Unternehmens vertraut. Er k<strong>an</strong>n <strong>den</strong> Vorteil der Einbindung<br />
in Teams des Unternehmens nutzen. Die kollegiale Vernetzung<br />
ist schon innerhalb nationaler Grenzen üblich; das gilt<br />
heutzutage weltweit, um die notwendigen Know-how-Tr<strong>an</strong>sfers<br />
sicher zu stellen. Damit geht die Einbindung in länderübergreifende<br />
„centres of competence“ einher.<br />
Wie bereits oben dargestellt, arbeiten der Syndikus<strong>an</strong>walt und der<br />
externe Anwalt komplementär. Entsprechend sind partnerschaftliche<br />
Beziehungen zu pflegen und dabei K<strong>an</strong>zleien im Sinne eines<br />
Schnittstellenm<strong>an</strong>agements global zu koordinieren, so dass die<br />
Rechtsbesorgung nur einmal und vom besten Dienstleister erbracht<br />
wird.<br />
3. Ausbau der Positionierung Inhouse<br />
Im globalen Umfeld und hier im Zeitalter der Compli<strong>an</strong>ce stehen<br />
die Ch<strong>an</strong>cen für <strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt gut, sich zum Wohle des<br />
Unternehmens zu exponieren. Dafür ist eine volle Prozessintegration<br />
wichtig, wie etwa die rechtliche Betreuung von Produkten<br />
über ihren gesamten Lebenslauf (Entwicklung, Produktion, Vertrieb<br />
einschließlich Kartellrechtsfragen, Gewährleistung und Produkthaftung)<br />
durch pro-aktive Einbindung in die Entscheidungsprozesse<br />
der zuständigen Abteilungen. Der Informationsfluss ist<br />
aktiv und passiv zu fördern; Informationen und M<strong>an</strong>date erweisen<br />
sich häufig als Holschul<strong>den</strong>.<br />
Kernkompetenzen müssen behauptet <strong>wer<strong>den</strong></strong>. Beispielsweise sollten<br />
die vor allem bei Kapitalmarkttr<strong>an</strong>saktionen mit Ausl<strong>an</strong>dsbezug<br />
verl<strong>an</strong>gten „legal opinions“ zur Gesellschaftsverfassung, Vertretungsbefugnis,<br />
Konformität mit deutschem Recht, etc. nur<br />
vom Unternehmen durch ihre Syndikus<strong>an</strong>wälte erteilt <strong>wer<strong>den</strong></strong>.<br />
Gegenüber dem M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>ten im Unternehmen darf die Außendarstellung<br />
nicht vernachlässigt <strong>wer<strong>den</strong></strong>, wobei zunehmend die Visibilität<br />
als „global player“ für die Akzept<strong>an</strong>z bedeutsam erscheint.<br />
Damit hier nicht mehr „Schein als Sein“ beklagt <strong>wer<strong>den</strong></strong> k<strong>an</strong>n,<br />
muss ein effektives Networking weltweit praktiziert <strong>wer<strong>den</strong></strong>. Für<br />
M<strong>an</strong>d<strong>an</strong>ten empfehlen sich regelmäßige Trainings zu „global issues“,<br />
wie etwa die derzeit hochaktuelle Compli<strong>an</strong>ce.<br />
4. Aktive Personalführung<br />
Syndikus<strong>an</strong>wälte mit globaler Führungsver<strong>an</strong>twortung sollten in<br />
ihrem Bereich für weltweite Tr<strong>an</strong>sparenz der Personalstrukturen<br />
sorgen. Nur mit der gehörigen Offenheit können die Kollegen über<br />
die Grenzen hinweg sozusagen in ein Boot gezogen <strong>wer<strong>den</strong></strong>. Eine regelmäßige<br />
Vor-Ort-Betreuung hat weniger etwas mit Inspektion,<br />
als mit Wertschätzung zu tun. Eine Integration geschieht nicht auf<br />
dem Papier, sondern bedarf gut überlegter Teambuilding-Maßnahmen.<br />
Internationale Begeisterung k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nicht <strong>an</strong>weisen, sie ist<br />
ein Aspekt der Mentalität und muss vorgelebt <strong>wer<strong>den</strong></strong>.<br />
5. Eigene Fortbildung<br />
Letztendlich darf der Syndikus<strong>an</strong>walt selbst nicht zu kurz kommen.<br />
Aufgrund der schon aufgezeigten Bedeutung <strong>an</strong>glo-amerik<strong>an</strong>ischer<br />
Rechtspraxis, nicht nur Vertragsgestaltung sondern auch<br />
Besonderheiten US-amerik<strong>an</strong>ischer Gerichtsverfahren, erscheinen<br />
eigene Grundkenntnisse im <strong>an</strong>glo-amerik<strong>an</strong>ischen Recht durchaus<br />
sinnvoll. Zweifelsfrei können sie on the job erl<strong>an</strong>gt <strong>wer<strong>den</strong></strong>.<br />
Gelegentliche theoretische Infusionen, z.B. durch Sommerkurse<br />
und Seminare vor Ort, erleichtern aber das Verständnis von Zusammenhängen.<br />
Um effektiv als Team-Player agieren zu können,<br />
liegt der Erwerb von Business Know-How, wie betriebswirtschaftliche<br />
Grundkenntnisse (z.B. Rechnungslegung HGB, US-GAAP<br />
und IFRS; Unternehmensbewertung), nahe. Nie fertig darf m<strong>an</strong><br />
mit der Optimierung der Fremdsprachenkenntnisse sein, wobei<br />
sich das nicht nur auf Englisch beschränken sollte.<br />
V. Fazit<br />
1. Die für die Tätigkeit des Syndikus<strong>an</strong>walts maßgeblichen Rahmenbedingungen<br />
der Aufstellung und Geschäftstätigkeit der<br />
Unternehmen sind heute durch die so gen<strong>an</strong>nte <strong>Global</strong>isierung<br />
geprägt. Ebenso setzen die weltweit zunehmende staatliche Regulierungsdichte<br />
sowie der <strong>an</strong>glo-amerik<strong>an</strong>ische Einfluss auf<br />
die Rechtspraxis globale Akzente.<br />
2. Insbesondere auch im Hinblick auf die internationalen Geschäftsvorfälle<br />
nimmt der Syndikus<strong>an</strong>walt seine Aufgaben als
Betriebs-Berater (BB) | 62. Jg. | Heft 45 | 5. November 2007 WIRTSCHAFTSRECHT 2423<br />
Unternehmens<strong>an</strong>walt optimal wahr, indem er in die Geschäftsprozesse<br />
integriert ist; dabei stellt sich die weltweite Compli<strong>an</strong>ce<br />
als besondere Herausforderung dar.<br />
3. Gerade vor dem Hintergrund des globalen Umfeldes mit dem<br />
Fokus auf Compli<strong>an</strong>ce bestätigt sich die Rechtsbesorgung durch<br />
<strong>den</strong> Syndikus<strong>an</strong>walt als rechts<strong>an</strong>waltliche Tätigkeit. Profilmerkmale<br />
sind dabei u. a die internationale Ausrichtung und unternehmerische<br />
Einstellung.<br />
4. In der Praxis sollte der Syndikus<strong>an</strong>walt seine Stärken nutzen,<br />
indem er Kernkompetenzen behauptet und die Inhouse-Positionierung<br />
ausbaut (z. B. deutsches Gesellschaftsrecht, recht-<br />
EUROPA-/GESELLSCHAFTSRECHT<br />
VW-Gesetz verstößt gegen die<br />
Kapitalverkehrsfreiheit<br />
EuGH, Urteil vom 23.10.2007 – Rs. C-122/05; Kommission der Europäischen<br />
Gemeinschaften gegen Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d<br />
TENOR:<br />
Die Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d hat dadurch, dass sie § 4<br />
Abs. 1 sowie § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 3 des Gesetzes<br />
über die Überführung der Anteilsrechte <strong>an</strong> der Volkswagenwerk<br />
Gesellschaft mit beschränkter Haftung in private<br />
H<strong>an</strong>d vom 21.7.1960 in der auf <strong>den</strong> vorliegen<strong>den</strong> Rechtsstreit<br />
<strong>an</strong>wendbaren Fassung beibehalten hat, gegen ihre Verpflichtungen<br />
aus Art. 56 Abs. 1 EG verstoßen.<br />
EG Art. 56<br />
AUS DEN GRÜNDEN: 1. Mit ihrer Klageschrift be<strong>an</strong>tragt die Kommission<br />
der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass § 2 Abs. 1<br />
und § 4 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über die Überführung der Anteilsrechte<br />
<strong>an</strong> der Volkswagenwerk Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />
in private H<strong>an</strong>d vom 21.7.1960 (BGBl. 1960 I S. 585 und BGBl.<br />
1960 III S. 641-1-1) in der auf <strong>den</strong> vorliegen<strong>den</strong> Rechtsstreit <strong>an</strong>wendbaren<br />
Fassung (im Folgen<strong>den</strong>: VW-Gesetz) gegen die Art. 43 EG und<br />
56 EG verstoßen.<br />
Rechtlicher Rahmen<br />
2.–7. […]<br />
Vorverfahren<br />
8. Nachdem die Kommission der Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d<br />
Gelegenheit gegeben hatte, sich zu § 2 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 und<br />
3 VW-Gesetz zu äußern, gab sie am 1.4.2004 eine mit Grün<strong>den</strong><br />
versehene Stellungnahme ab, in der sie feststellte, dass diese nationalen<br />
Bestimmungen <strong>den</strong> freien Kapitalverkehr gemäß Art. 56<br />
EG und die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG beschränkten.<br />
Da die Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d dieser Stellungnahme nicht<br />
innerhalb der gesetzten Frist nachkam, hat die Kommission die<br />
vorliegende Klage erhoben, mit der sie geltend macht, dass die<br />
Beibehaltung dieser Bestimmungen gegen die Art. 56 EG und 43<br />
EG verstoße.<br />
Zur Klage<br />
9. Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass die fraglichen<br />
Bestimmungen des VW-Gesetzes dadurch, dass sie erstens<br />
abweichend von der allgemeinen Regelung das Stimmrecht jedes<br />
Europa-/Gesellschaftsrecht<br />
liche Produktbetreuung). In der Außendarstellung ist auf die<br />
Visibilität als global player zu achten.<br />
DR. SIEGFRIED SCHWUNG<br />
Rechts<strong>an</strong>walt, Vice Presi<strong>den</strong>t und General Counsel Truck<br />
Group der Daimler AG, Stuttgart. Mitglied des Geschäftsführen<strong>den</strong><br />
Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft der Syndikus<strong>an</strong>wälte<br />
im Deutschen Anwaltverein.<br />
Aktionärs auf 20 % des Grundkapitals von Volkswagen begrenzten,<br />
dass sie zweitens für die Beschlüsse der Hauptversammlung,<br />
für die nach der allgemeinen Regelung nur eine Mehrheit von<br />
75 % des vertretenen Kapitals erforderlich sei, eine Mehrheit von<br />
mehr als 80 % vorschrieben und dass sie drittens, abweichend<br />
von der allgemeinen Regelung, dem Bund und dem L<strong>an</strong>d Niedersachsen<br />
das Recht einräumten, je zwei Aufsichtsratsmitglieder in<br />
<strong>den</strong> Aufsichtsrat von Volkswagen zu entsen<strong>den</strong>, von Direktinvestitionen<br />
abhalten könnten und daher <strong>den</strong> freien Kapitalverkehr<br />
im Sinne von Art. 56 EG beschränkten.<br />
10. Die Kommission trägt nicht eigens zum Nachweis eines Verstoßes<br />
gegen Art. 43 EG vor. …<br />
Zum Verstoß gegen Art. 43 EG<br />
13. Nach ständiger Rechtsprechung fallen in <strong>den</strong> sachlichen Geltungsbereich<br />
der Bestimmungen des EG-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit<br />
nationale Vorschriften, die <strong>an</strong>zuwen<strong>den</strong> sind,<br />
wenn ein Angehöriger des betreffen<strong>den</strong> Mitgliedstaats am Kapital<br />
einer Gesellschaft mit Sitz in einem <strong>an</strong>deren Mitgliedstaat eine<br />
Beteiligung hält, die es ihm ermöglicht, einen sicheren Einfluss<br />
auf die Entscheidungen dieser Gesellschaft auszuüben und deren<br />
Tätigkeiten zu bestimmen (vgl. u. a. Urteile vom 13.4.2000, Baars,<br />
C-251/98, Slg. 2000, I-2787, Rdnr. 22, vom 12.9.2006, Cadbury<br />
Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas, C-196/04, Slg.<br />
2006, I-7995 = RIW 2006, 785, Rdnr. 31, und vom 13.3.2007, Test<br />
Claim<strong>an</strong>ts in the Thin Cap Group Litigation, C-524/04, Slg. 2007,<br />
I-0000 = RIW 2007, 469, Rdnr. 27).<br />
14. Im vorliegen<strong>den</strong> Fall ergibt sich aus <strong>den</strong> Akten, insbesondere<br />
aus dem Verteidigungsvorbringen der Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d,<br />
dass die im vorliegen<strong>den</strong> Verfahren be<strong>an</strong>st<strong>an</strong>deten Bestimmungen<br />
des VW-Gesetzes zumindest teilweise die Situation einer<br />
eventuellen Übernahme von Volkswagen durch einen Aktionär,<br />
der einen dominieren<strong>den</strong> Einfluss auf das Unternehmen ausüben<br />
möchte, im Blick haben.<br />
15. Die Kommission hat jedoch weder in der Klageschrift noch in<br />
der Erwiderung oder in der mündlichen Verh<strong>an</strong>dlung subst<strong>an</strong>tiiert<br />
zu einer eventuellen Beschränkung der Niederlassungsfreiheit<br />
vorgetragen.<br />
16. Daher ist die Klage abzuweisen, soweit sie auf einen Verstoß<br />
gegen Art. 43 EG gestützt ist.<br />
Zum Verstoß gegen Art. 56 EG<br />
17. Nach ständiger Rechtsprechung verbietet Art. 56 Abs. 1 EG g<strong>an</strong>z<br />
allgemein Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen <strong>den</strong> Mitgliedstaaten<br />
(vgl. u. a. Urteil vom 28.9.2006, Kommission/Nieder-