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Ausgrenzung? – Nein Danke! - Franziskaner Mission

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1 2010<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>?<br />

Raus aus der Hölle – Flüchtlingsschicksal in Deutschland<br />

<strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Diskriminierung in der Kirche? – Wiederverheiratete Geschiedene willkommen heißen!<br />

Wer Hass verspürt, kann nicht frei sein – Südafrikas Weg aus der Apartheid<br />

Vom Gewicht der Farbe – Die Vielfalt der Ethnien in Lateinamerika


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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Inhalt<br />

Editorial<br />

von Br. Augustinus Diekmann ofm<br />

Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes<br />

Unterschiedlichkeit als Herausforderung für<br />

schöpferische Mitverantwortung<br />

von P. Hermann Schalück ofm<br />

Vom Bankier zum Bruder<br />

Franziskus entdeckt Menschen und Menschheit<br />

von Br. Niklaus Kuster ofmcap<br />

»Schicksal« oder »selbst schuld«?<br />

Nicht mit Jesus und Franziskus!<br />

von P. Christian Herwartz SJ<br />

Dunkle Haut? Leibesvisitation!<br />

Diskriminierung jugendlicher Migranten<br />

von Br. Markus Heinze ofm<br />

Raus aus der Hölle<br />

Flüchtlingsschicksal in Deutschland<br />

von Sr. M. Stefanie Müllenborn fcjm<br />

Diskriminierung in der Kirche?<br />

Wiederverheiratete Geschiedene willkommen heißen!<br />

von Anke Chávez, Heinrich Kardinal Schwery<br />

Mittelseite<br />

Die Geschichte Südafrikas<br />

von TCOE, KASA<br />

Personalia<br />

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Wer Hass verspürt, kann nicht frei sein<br />

Südafrikas Weg aus der Apartheid<br />

von Thomas M. Schimmel<br />

Zeiten ändern sich<br />

Südafrika heute<br />

von Sr. M. Mechthilde Faist OSF<br />

Es lebe der Sport – aber nicht auf Kosten der Armen!<br />

Zwangsumsiedlungen für die Fußball-WM in Südafrika<br />

von Dr. Boniface Mabanza<br />

Ein Land im Wandel<br />

Jahrhunderte der <strong>Ausgrenzung</strong> in Bolivien<br />

von Thomas M. Schimmel<br />

Vom Gewicht der Farbe<br />

Die Vielfalt der Ethnien in Lateinamerika<br />

von Omar Handabaka<br />

Auf das Herz kommt es an<br />

Brüder unterschiedlicher Hautfarbe<br />

von Br. João Muniz Alves ofm<br />

Der lange Weg zur Gleichheit<br />

Aus dem Leben einer schwarzen Ordensschwester<br />

von Sr. Maria Zenaide Costa<br />

Kurznachrichten<br />

Projekt<br />

Impressum<br />

Ihre Sorge galt der körperlichen, seelischen<br />

und geistigen Gesundheit von Kindern aus<br />

armen Familien: Gegen die hohe Kindersterblichkeit<br />

gründete Dr. Zilda Arns Neumann,<br />

Tochter deutscher Einwanderer, vor 25 Jahren<br />

im Auftrag der Brasilianischen Bischofskonferenz<br />

die Kinderpastoral in Brasilien. Mithilfe<br />

von geschulten Ehrenamtlichen ging sie in die<br />

äußersten Winkel des Landesinneren, vor<br />

Er war zuständig für die praktischen Dinge im<br />

<strong>Franziskaner</strong>kloster von Bacabal im Nordosten<br />

Brasiliens: Bruder Bruno Sabelek ofm,<br />

sorgte als gelernter Automechaniker nicht nur<br />

dafür, dass seine Mitbrüder stets mobil waren,<br />

wenn sie zu einem Pastoralbesuch in der<br />

großen Pfarrei unterwegs waren. Auch für die<br />

technischen Angelegenheiten des Hauses war<br />

er jeweils der erste Ansprechpartner.<br />

allem in die »Favelas«. Sie begleitete Mütter<br />

während der Schwangerschaft, führte Impfaktionen<br />

für Kleinkinder durch und setzte sich<br />

für die soziale Integration armer Familien ein.<br />

Als Zilda Arns Neumann Anfang 2010<br />

ein Hilfsprojekt auf Haiti besuchte, kam<br />

sie bei dem Erdbeben am 12. Januar ums<br />

Leben.<br />

Am 15. Januar 2010 verstarb Bruder<br />

Bruno im Alter von 84 Jahren. Er gehörte<br />

60 Jahre dem <strong>Franziskaner</strong>orden an,<br />

52 davon lebte er als <strong>Mission</strong>ar in<br />

Brasilien.<br />

Editorial<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

liebe Freunde der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>,<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />

<strong>Franziskaner</strong>straße 1, 44143 Dortmund<br />

Telefon 02 31/17 63 37 5<br />

Fax 02 31/17 63 37 70<br />

info@franziskanermission.de<br />

www.<strong>Franziskaner</strong><strong>Mission</strong>.de<br />

vor 20 Jahren wurde Nelson Mandela<br />

nach mehr als 27 Jahren Haft aus dem<br />

Gefängnis entlassen. Und im kommenden<br />

Sommer richtet Südafrika die<br />

Fußball-Weltmeisterschaft aus. Beide<br />

Ereignisse sind für die <strong>Franziskaner</strong><br />

<strong>Mission</strong> Anlass, einen Blick auf das<br />

Land am Kap zu werfen und zu fragen:<br />

Wo steht Südafrika auf seinem Weg aus<br />

der Apartheid heute?<br />

Verschiedene Länder haben unterschiedliche<br />

Probleme. Und doch: Es<br />

gibt Phänomene, wie zum Beispiel den<br />

Rassismus, die sich in verschiedenen<br />

Teilen der Welt ähneln. Nicht nur in<br />

Südafrika wurden – und werden auch<br />

heute noch – Menschen aufgrund ihrer<br />

Hautfarbe ausgegrenzt. Auch in Lateinamerika<br />

entscheidet die Zugehörigkeit<br />

zu einer bestimmten Volksgruppe häufig<br />

noch darüber, unter welchen Vorzeichen<br />

das Leben eines Menschen verläuft:<br />

frei und mit der Chance auf eine gute<br />

Zukunft oder mit der einzigen Aussicht<br />

auf Armut und Unterdrückung. Der<br />

Blick auf gesellschaftliche Situationen<br />

und ganz persönliche Lebensbeispiele<br />

aus Brasilien, Bolivien und Peru sollen<br />

das belegen.<br />

Diskriminierung ist aber nicht<br />

nur eine Frage von Hautfarbe oder<br />

ethnischer Zugehörigkeit. Ausgegrenzt<br />

fühlen sich manche Menschen auch in<br />

der Kirche. Daher beschäftigen wir uns<br />

in diesem Heft auch mit der Situation<br />

wiederverheirateter Geschiedener in<br />

der Kirche.<br />

Spenden erbitten wir, unter Angabe des<br />

Verwendungszwecks, auf das Konto 5100,<br />

Volksbank Hellweg eG (BLZ 414 601 16) oder<br />

Konto 34, Sparkasse Werl (BLZ 414 517 50).<br />

Dieser Ausgabe liegt eine Zahlkarte bei.<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Ob Apartheid, Rassismus oder Diskriminierung<br />

– wir möchten mit dem<br />

übergreifenden Thema »<strong>Ausgrenzung</strong>«<br />

so umgehen, wie Jesus damit umgegangen<br />

ist. Jesus überschreitet unentwegt<br />

Grenzen und Mauern, um ausgegrenzten<br />

Menschen in ihrer Not nahe zu sein und<br />

ihnen so zu vermitteln, dass sie dazugehören.<br />

Damals waren das Zöllner,<br />

Dirnen, Ehebrecherinnen – und die<br />

von der anderen Seite der Grenze: die<br />

Samariter.<br />

Wenn Jesus den gesetzestreuen<br />

Israeliten ausgerechnet einen Samariter<br />

als leuchtendes Beispiel in Sachen<br />

Nächstenliebe vor Augen gestellt hat,<br />

könnten wir uns in dieser Beziehung<br />

nicht vielleicht auch so manche Scheibe<br />

von dem einen oder anderen Migranten<br />

in unserer Nachbarschaft abschneiden?<br />

Und wenn Jesus damals die Ehebrecherin<br />

nicht verurteilt hat: Sollten wir mit<br />

wiederverheirateten Geschiedenen in<br />

der Kirche dann nicht ähnlich liebevoll<br />

umgehen, anstatt sie von der Tischgemeinschaft<br />

mit ihm auszuschließen?<br />

Es gibt noch viele Grenzen und<br />

Mauern in unseren Köpfen und in<br />

unse ren Herzen zu überwinden.<br />

Deshalb möchte ich mit den aufmunternden<br />

Worten des heiligen Franziskus<br />

schließen: »Lasst uns anfangen!«<br />

Ihr<br />

Br. Augustinus Diekmann ofm<br />

Leiter der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong><br />

Titelbild<br />

Was bringt die Zukunft? Schulkinder in<br />

Südafrika: Jede junge Generation bringt<br />

die Chance mit sich, Beziehungen zu<br />

verändern und Grenzen zu überwinden.<br />

Foto: Ulrich Tietze. Mit freundlicher<br />

Genehmigung von terre des hommes.<br />

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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Jeder Mensch ist Ebenbild Gottes<br />

Unterschiedlichkeit als Herausforderung für<br />

schöpferische Mitverantwortung<br />

Geschwisterlichkeit zwischen Menschen und<br />

Völkern wird in der Schöpfungsgeschichte<br />

mit der Vorstellung verbunden, dass der<br />

Mensch »Gott ebenbildlich« ist. Das ist in<br />

der Kulturgeschichte etwas Neues. Es sind<br />

eben nicht Tiere oder Statuen, die als erste<br />

Repräsentanten Gottes in der Schöpfung<br />

gelten, auch nicht Engel, Priester oder<br />

Könige. Der Mensch ist es, jeder Mensch,<br />

Adam und Eva, Mann und Frau, je für sich,<br />

aber auch in ihrer Gegenseitigkeit und ihrer<br />

gegenseitigen Ergänzung.<br />

Mit Recht wird diese biblische<br />

Grundaussage als anthropologisches<br />

und theologisches Fundament der<br />

Humanisierung, der Partizipation, ja<br />

der Demokratisierung in sozialen und<br />

politischen Beziehungen bezeichnet.<br />

Sie setzt radikaler an als das Demokratie-Modell<br />

der alten Griechen. Das<br />

nämlich ruht nur auf einem kleinen<br />

Kreis freier und begüterter Männer.<br />

Die jüdisch-christliche Tradition ist<br />

dagegen im Ansatz anti-elitär. Jeder<br />

Mensch ist Mensch, nicht mehr oder<br />

weniger wertvoll als der oder die<br />

andere. Dass gerade die Kranken,<br />

die Armen, die Verlierer in ihrer<br />

Würde unantastbar sind, das ist bestes<br />

jüdisch-christliches Erbe. Es hat dazu<br />

beigetragen, Stammesdenken, Rassismus,<br />

Nationalismus und Reichsideologien<br />

zu überwinden. Es hat die Idee<br />

der Menschenrechte inspiriert, bevor<br />

diese in Gesetzen und Verfassungen<br />

ihren Ausdruck fand. Große Wachsamkeit<br />

ist angesagt, damit dieses<br />

Geschenk jüdisch-christlicher Tradition<br />

an die Menschheit nicht auf dem<br />

Markt postmoderner Beliebigkeiten<br />

verschleudert wird.<br />

Universale Grundhaltungen …<br />

Wir rühren hier an etwas, das die<br />

Christenheit bis heute mit dem Judentum<br />

und auch mit anderen religiösen<br />

Traditionen verbindet: Es gibt Grundüberzeugungen<br />

und Grundhaltungen,<br />

welche über Grenzen von Religionen<br />

und Kulturen hinaus gelten. Dazu<br />

gehört die Gastfreundschaft, der<br />

Respekt vor dem Schwachen, Armen<br />

und Kleinen, der Verzicht auf Gewaltanwendung,<br />

die Bereitschaft zum Verzeihen<br />

und zum Frieden, schließlich<br />

auch die Bereitschaft, freiwillig Leiden<br />

und Schmerzen, ja selbst den Tod zu<br />

erdulden, wenn sie – wie bei Jesus –<br />

der Preis sind für den Einsatz gegen<br />

das von anderen Menschen verursachte<br />

Elend, gegen die Tendenz, den<br />

»Anderen« von der Tür des eigenen<br />

Hauses fernzuhalten und vom Tisch<br />

des gemeinsamen Lebens auszuschließen,<br />

gegen Erniedrigung und gegen<br />

Unrecht, das »zum Himmel schreit«.<br />

… und universale Heilige<br />

In allen Religionen werden Menschen<br />

verehrt, die den Teufelskreis von<br />

Dominanz, Selbsterhaltung auf Kosten<br />

anderer, Gewalt und Exklusion durchbrochen<br />

haben. Äußerlich sind sie<br />

wie Jesus, Franz von Assisi, Mahatma<br />

Gandhi, Martin Luther King, Oscar<br />

Arnulfo Romero und Dorothy Stang<br />

zumeist gescheitert. Jedoch hat die<br />

Erinnerung an ihr Zeugnis – unabhängig<br />

von ihrer kulturellen oder<br />

konfessionellen Verwurzelung –<br />

einen Wert und eine Würde, die ich<br />

als »universal« bezeichnen möchte.<br />

Das Lebenszeugnis der »Gerechten«<br />

gehört zum Grundbestand unserer<br />

jüdisch-christlichen Tradition. Aber<br />

es ist selber nicht »exklusiv«. Es wird<br />

niemals ein Zeugnis »gegen« andere<br />

sein, nicht gegen jene, die anderen<br />

Traditionen anhängen, und auch nicht<br />

gegen jene, die uns selber bedrängen<br />

und bedrohen. Es wird vielmehr<br />

immer ein Zeugnis für Gottes schon<br />

jetzt kommendes Reich sein und<br />

für den Dienst daran. Es steht für<br />

Christinnen und Christen eindeutig in<br />

der Spur Jesu, der in der Bergpredigt<br />

die gewaltlos Scheiternden selig preist.<br />

Der Strom von »neuem Leben«, der<br />

von seinem »Vorangehen« in Tod<br />

und Auferstehung ausgeht, ist freilich<br />

nicht auf den Innenraum der Kirche<br />

beschränkt. Er durchwirkt die gesamte<br />

Schöpfung und führt sie nach vorn.<br />

Umgekehrt haben ungezählte unbekannte<br />

Heilige und Zeugen aus allen<br />

Zeiten und Religionen ihren Anteil<br />

daran, dass – trotz aller gegensätzlichen<br />

Tendenzen – der Strom von<br />

Leben und Hoffnung auf einen neuen<br />

Himmel und eine neue Erde nie<br />

versiegt, sondern mächtig wächst.<br />

»Ebenbilder Gottes« – Kinder einer Grundschule in Óbidos/Amazonas.<br />

Was heißt interkulturell?<br />

Eine Spiritualität sollte wachsen,<br />

welche die Menschen anderer Kulturen<br />

und auch Religionen aus deren<br />

eigener Geschichte und eigenem Kontext<br />

heraus zu verstehen sucht und<br />

als Hausgenossen im einen Haus des<br />

Lebens begrüßt. Eine solche Haltung<br />

ist ein Ausdruck von Friedensbereitschaft.<br />

Sie fördert eine Kultur der<br />

Gastfreundschaft. Sie setzt sich nicht<br />

als absolut. Sie ist eine Form der<br />

lebenslangen Bekehrung zum Evangelium<br />

Jesu Christi. Die Spiritualität<br />

eines erneuerten, weil beziehungsfähigen<br />

und mehrsprachigen Christseins<br />

wurzelt aber vor allem in der<br />

Gesinnung der Selbstentäußerung<br />

aus deren eigener Geschichte und<br />

eigenem Kontext (»kénosis«) Jesu<br />

(Phil 2), der sich auf Augenhöhe<br />

mit den »Anderen« wusste. Diese<br />

Spiritualität lebt aus dem Bewusstsein<br />

von gegenseitiger Ergänzung<br />

und Verantwortung: Sie stellt nicht<br />

das Unverständliche, Negative und<br />

gar potenziell Zerstörerische in der<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Unterschiedlichkeit und tatsächlichen<br />

Konfliktivität zwischen Kulturen,<br />

Geschlechtern und Religionen in<br />

den Mittelpunkt der Erfahrung und<br />

des Handelns, sondern sucht nach<br />

Anknüpfungspunkten und Begegnungsmöglichkeiten.<br />

Paulus spricht<br />

davon, dass es in Christus nicht mehr<br />

Juden und Griechen, Sklaven und<br />

Freie, Männer und Frauen gibt.<br />

Denn alle sind eins in Christus Jesus<br />

(Gal 3,28).<br />

Und die Franziskanische Familie?<br />

In ihrer Verankerung im Lebenszeugnis<br />

Jesu sind franziskanische Männer<br />

und Frauen berufen, in ihrer lokalen<br />

und globalen Mitverantwortung das<br />

zu leben, was den »Global Players«<br />

oft abgeht: Sie üben Respekt vor der<br />

kulturellen Vielfalt und vor der persönlichen<br />

und »lokalen« Geschichte<br />

anderer. Sie versuchen, jedwedes<br />

Dominanzgebaren zu überwinden.<br />

Und sie sehen in den anderen einen<br />

Ort der Begegnung – nicht zuletzt<br />

auch mit Gott.<br />

Die Franziskanische Familie muss<br />

ihre <strong>Mission</strong> in der heutigen Weltgesellschaft,<br />

mitten in der globalen<br />

Konsum- und Eventgesellschaft, nicht<br />

zuletzt unter Armen, so zu leben<br />

versuchen, dass sie als Zeichen der<br />

Transzendenz und als Dienst am Reich<br />

Gottes und seiner Gerechtigkeit erkennbar<br />

bleibt. Denn: »Das Geheimnis des<br />

Lebens erschließt sich nicht in Selbstgefälligkeit,<br />

sondern in schöpferischer<br />

Mitverantwortung« (Johann B. Metz).<br />

P. Hermann Schalück ofm<br />

Pater Hermann, geb. 1939, leitete von 1991<br />

bis 1997 den <strong>Franziskaner</strong>orden als Generalminister.<br />

Von 1998 bis 2008 war er Präsident<br />

des Internationalen Katholischen <strong>Mission</strong>swerkes<br />

missio in Aachen.<br />

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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Vom Bankier zum Bruder<br />

Franziskus entdeckt Menschen und Menschheit<br />

Nichts deutet im Modegeschäft der<br />

Bernardone darauf hin, dass der<br />

Juniorchef einmal »Bruder aller<br />

Menschen« wird. Franziskus tritt in<br />

die führende Gilde Assisis ein und<br />

lernt, Businesspläne zu schmieden,<br />

Gewinne zu machen und die betuchte<br />

Kundschaft zu pflegen.<br />

Franziskus – Freund Christi und Bruder der Menschen. Ikone aus dem Klarissenkloster Jongny/Schweiz.<br />

Die Kaufleute des Mittelalters sind die ersten<br />

Bankiers. International tätig, erfinden sie<br />

Wechselscheine und Konten, optimieren<br />

ihre Geldgeschäfte, investieren in lukrative<br />

Unternehmen und werden lokale Financiers.<br />

Spätere Großbankiers wie die Medici und<br />

die Fugger schwingen sich aus der Kaufmannszunft<br />

in die entstehende Welt der<br />

Hoch finanz. Nichts deutet in Assisi um 1200<br />

darauf hin, dass Franziskus einmal radikal<br />

aussteigen wird. Privilegiert lebt er im Zentrum<br />

Assisis, reitet mit teuren Importstoffen<br />

auf nahe Märkte und leistet sich als Statussymbole<br />

Pferd und teure Kleider. Gefährten<br />

erinnern sich, wie der Luxuskaufmann von<br />

Karriere träumt und Ritter werden will. Sie<br />

erzählen, wie er verschwenderisch primär<br />

an sich und seine Standesgenossen denkt. So<br />

wird er Anführer eines verwöhnten Freundeskreises.<br />

Arme sind geschäftsschädigend. Ein<br />

Bettler, der sich in die edle Boutique wagt,<br />

wird vom Juniorchef davongejagt. Lebensfroh<br />

und angesehen begegnet uns der junge Franz,<br />

privilegiert und sozial wenig sensibel.<br />

Bettler nach Licht<br />

Das ändert sich, als der junge Mann über<br />

seinen Ehrgeiz stolpert, in Kriegsgefangenschaft<br />

gerät, schwer krank wird und auch<br />

innerlich in ein dunkles Loch fällt. Als<br />

er nach Monaten wieder auf die Beine<br />

kommt und auf Assisis Piazza tritt, stellt<br />

er erschrocken fest, dass die reizvolle<br />

Stadt ihre Farben verloren hat. Erschüttert<br />

da rüber, wie schnell seine Träume zerbrochen<br />

sind, wie fragil seine Gesundheit<br />

ist und wie kalt Geschäftserfolge<br />

ihn lassen, sucht er einen tieferen Sinn<br />

in seinem Leben. Erst jetzt beginnt er die<br />

Schattenseiten seiner Stadt zu entdecken.<br />

Er wird empfänglich für die Lage der<br />

Arbeiterfamilien, die Not der Bettlerinnen<br />

und Bettler und das Schicksal jener, die<br />

draußen vor den Stadtmauern leben<br />

müssen: Abgeschriebene, Verstoßene und<br />

Aussätzige. Selber ein »Bettler nach Licht«<br />

in seinem erschütterten Leben, öffnet sich<br />

der Luxuskaufmann für jene, die sozial<br />

und wirtschaftlich im Schatten stehen.<br />

Von Gott überrascht<br />

»Der Höchste hat mich unter die<br />

Kleinsten geführt«, wird Franziskus<br />

später diese entscheidende Wende<br />

beschreiben, »und in der Begegnung<br />

mit den Elenden ist mein Herz<br />

erwacht.« Aussätzige, von der Stadt<br />

ausgewiesen und sozial für tot erklärt,<br />

erweisen sich als Mitmenschen, als<br />

Bruder und Schwester. Der Schritt<br />

zurück in die führende Zunft, in ihr<br />

Geschäftsgebaren und in das privilegierte<br />

Leben fällt Franziskus schwer.<br />

Das einst so farbige Zentrum der Stadt<br />

verliert seinen Glanz, während er<br />

draußen in Assisis Schattenwelt Lichtstunden<br />

erlebt. Ein zweiter Durchbruch<br />

erfolgt wenige Wochen später<br />

in der armseligen Landkirche von San<br />

Damiano. Franziskus entdeckt da eine<br />

Ikone, die Christus auf Augenhöhe<br />

zeigt. Nicht der Weltenherrscher der<br />

Romanik erwartet ihn da, sondern ein<br />

nackter Christus, ganz menschlich<br />

und wehrlos am Kreuz: Gottes Sohn<br />

als menschlicher Bruder, ein Freund<br />

der Kleinen, lebendige Hoffnung für<br />

Zöllner, Dirnen und Aussätzige. Mit<br />

weit offenen Armen steht Christus<br />

da vor ihm, die Welt umarmend. Ein<br />

Christus mit offenen Augen, einem<br />

offenen Ohr und einem offenen<br />

Herzen. Gott überrascht als einer, der<br />

absteigt, ganz hinab. Ein Gott, den<br />

Franziskus nicht in der Kathedrale<br />

findet und in keiner Kirche der Stadt,<br />

sondern draußen: vergessen wie die<br />

Menschen, die aus Assisi verbannt im<br />

Umfeld von San Damiano leben.<br />

Verbrüderung von Arm und Reich<br />

Franziskus wechselt seinen Standort.<br />

Er lässt sich enterben und verlässt eine<br />

herzlose Stadt, die Kaufmannszunft<br />

und seine Familie. Wenn Gott absteigt,<br />

verlieren Karriere- und egoistisches<br />

Gewinnstreben jeden Sinn. Wenn<br />

Christus »seinen Vater und unseren<br />

Vater« verkündet, werden menschliche<br />

Abgrenzungen und soziale<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>en ein Skandal. Wenn<br />

Jesus in seinen »Fußspuren« echtes<br />

»Leben in Fülle« verspricht, muss man<br />

ihnen folgen: den Spuren des Mensch<br />

gewordenen Gottessohnes, des ganz<br />

menschlichen Meisters und des göttlichen<br />

Bruders, der sich mit leeren<br />

Händen in die Welt gewagt hat. Als<br />

sich Gefährten Franziskus anschließen,<br />

wiederholen sie mehrmals täglich<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

das »Vaterunser«. Es zieht sich wie<br />

eine Gebetsschnur durch ihre Tage und<br />

Nächte. Sie sprechen nicht nur, sondern<br />

leben das Gebet des Herrn: Vornehme<br />

und Arbeiter, Adelige und Bauernsöhne,<br />

Gebildete und Analphabeten werden<br />

einander dadurch im Beten und Leben<br />

Brüder.<br />

Universale Geschwisterlichkeit<br />

Franziskus und seine Brüder erleben ein<br />

soziales Wunder. Alle Standesgrenzen<br />

und sozialen Unterschiede fallen innerhalb<br />

ihrer »fraternitas« weg. Im Dienst<br />

an Arm und Reich weitet sich ihre neue<br />

Sicht von Mensch und Gesellschaft:<br />

Wer immer »Vater unser« betet, wird<br />

ihnen Schwester und Bruder, ob angesehen<br />

oder namenlos, ob vertraut oder<br />

fremd, ob zugewandt oder feindselig.<br />

Je weitere Kreise die Brüder auf ihren<br />

Wanderungen ziehen, desto offener wird<br />

ihr Blick. Franziskus überschreitet im<br />

Orient die Grenzen des Christentums.<br />

Er entdeckt im Islam eine Gottesliebe,<br />

die ihn überwältigt. Er erkennt, dass<br />

Sultan und Moslems (vom Papst zu<br />

»Teufelssöhnen« erklärt) den einen<br />

himmlischen Vater mit einer alltäglichen<br />

Gebetspraxis verehren, die Franziskus<br />

allen Religionen wünscht. Zurück in<br />

Italien schreibt er Briefe an die Lenker<br />

der Völker und an »alle Menschen,<br />

wo auch immer auf Erden«. Er tut es<br />

liebevoll »als euer kleiner Bruder«.<br />

Seine Rundbriefe und Lieder zeigen<br />

eine universale Geschwisterlichkeit,<br />

wie kein anderer Mensch des Mittelalters<br />

sie gezeigt hat.<br />

Franziskus wird heute in verschiedenen<br />

Religionen der Welt als »Bruder aller<br />

Menschen« geehrt. Er ist es, weil er in<br />

Gott den Vater aller Menschen erkennt.<br />

Franziskus gibt seiner Bewegung eine<br />

universale Hoffnung und herausfordernde<br />

Fragen mit in die eigene Praxis:<br />

Kann ein »Vaterunser« Gott gefallen,<br />

wenn Betende danach achtlos an<br />

bedürftigen Geschwistern vorbeigehen?<br />

Wenn Gott der Vater aller Menschen ist,<br />

wer ist mir dann nicht Schwester oder<br />

Bruder?<br />

Br. Niklaus Kuster ofmcap<br />

Bruder Niklaus ist Mitglied der Schweizer<br />

Kapuziner und Dozent für Kirchengeschichte am<br />

Religionspädagogischen Institut Luzern. Außerdem<br />

hält er regelmäßig Vorlesungen in Venedig,<br />

Madrid und Münster.<br />

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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

»Schicksal« oder »selbst schuld«?<br />

Nicht mit Jesus und Franziskus!<br />

Die Verlierer der Leistungsgesellschaft: Obdachlosenspeisung in São Paulo/Brasilien<br />

Kinder verschiedener Hautfarben und aus<br />

verschiedenen Kulturen spielen miteinander,<br />

auch wenn sie keine gemeinsamen Worte<br />

verwenden. Sie finden Wege der Verständigung<br />

mit viel Fantasie über alle Unterschiede<br />

hinweg. Jesus sieht in dieser kindlichen<br />

Fähigkeit die Bedingung für die unbegrenzte<br />

Gemeinschaft mit Gott: »Wenn ihr nicht<br />

werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht in<br />

das Himmelreich kommen« (Mt 18,3).<br />

Schon früh wird Kindern beigebracht,<br />

in Konkurrenz mit anderen zu treten<br />

und das gemeinsame Leben hintanzustellen.<br />

Dies scheint eine Notwendigkeit<br />

zu sein im Kampf um beschränkte<br />

materielle Güter, um knappe Bildungsplätze<br />

und um die begrenzten Mittel<br />

der Gesundheitsversorgung. Der<br />

Mitmensch wird zum Konkurrenten.<br />

Einige erhalten die angestrebten<br />

Güter und Dienstleistungen im Überfluss<br />

und andere werden von ihrem<br />

Gebrauch ausgegrenzt.<br />

Anfangs schieben wir andere Bewerberinnen<br />

und Bewerber auf einen Ausbildungs-,<br />

Arbeits-, Krankenhausplatz<br />

blind beiseite und freuen uns, wenn<br />

wir selbst Glück gehabt haben. Ich<br />

kenne einen Jungen namens David,<br />

der nicht immer als Oberster auf dem<br />

Podest stehen wollte und sich deshalb<br />

nicht an dem ständigen Konkurrenzkampf<br />

beteiligt hat. Das ist sehr mutig<br />

für ein Kind, aber das gibt es.<br />

Konkurrenzdenken als Ursache von<br />

<strong>Ausgrenzung</strong><br />

Die Konkurrenz fordert zur eigenen<br />

Leistung heraus. Das Leistungsschwächere<br />

soll nach Möglichkeit in mir nicht gesehen<br />

werden. Da beginnt der Prozess der<br />

Aufteilung in Menschen, die Glück und<br />

die Unglück gehabt haben. Die <strong>Ausgrenzung</strong><br />

scheint notwendig im eigenen Leben<br />

und im Leben anderer. Diesem Prozess<br />

der Grenzziehung widersetzt sich Jesus<br />

von Anfang an. Die Kinder sollen nicht<br />

weggeschickt werden (Mk 10,14). Er<br />

stellt ausgegrenzte Menschen wie den<br />

Mann mit einer steifen Hand in die Mitte<br />

der Versammlung (Lk 6,8) und kehrt<br />

bei Menschen ein, die zur angesehenen<br />

Gesellschaft nicht dazugehören sollen<br />

wie der Zöllner Zachäus (Lk 19,5).<br />

Moderne Gesichter der Armut<br />

Auch in den vergangenen 2.000 Jahren<br />

gab es immer wieder Menschen, die<br />

Grenzen überschritten haben – sowohl<br />

ihre eigenen als auch die zu ihren weggeschobenen<br />

Nächsten: den Kranken,<br />

Mittellosen und wenig intellektuell<br />

Gebildeten. Es gab immer wieder Vorbilder,<br />

die sich für eine menschlichere<br />

Gesellschaft eingesetzt haben. Wenn wir<br />

uns zusammen mit diesen Menschen als<br />

heilende Glieder in die Geschichte stellen,<br />

dann sehen wir unsere Gesellschaft neu<br />

und leiden darunter, dass Menschen in<br />

unserem Land in materieller Armut leben.<br />

Dabei geht es weniger darum, Statistiken<br />

zur Kenntnis zu nehmen. Statistiken geben<br />

oft nur einen unzureichenden Einblick in<br />

die erniedrigenden Lebensumstände, die<br />

Armut bewirkt. Wenn man sich dagegen in<br />

seiner Umgebung umschaut und sieht, was<br />

es bedeutet, wenn zum Beispiel Kinder<br />

an einer Klassenfahrt und vielen anderen<br />

Unternehmungen nicht teilnehmen<br />

können, weil dafür kein Geld da ist, versteht<br />

man die Not der Betroffenen besser.<br />

Gesetze helfen häufig nicht<br />

Armut heißt oft, dass sich Menschen der<br />

Gesetze und Institutionen nicht bedienen<br />

können, die es zu ihrem Schutz ja gibt.<br />

Aber meistens profitieren von den gesetzlich<br />

verankerten Rechten eher Menschen,<br />

die gut ausgebildet und materiell abgesichert<br />

sind und die sich schriftlich und<br />

mündlich gut ausdrücken können. Was in<br />

Bezug auf das Recht gilt, gilt auch für die<br />

Bildung. Schon im Kindergarten, in der<br />

Schule und später dann bei der Berufswahl<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

sind die Chancen der unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsgruppen auch in Deutschland<br />

sehr verschieden. Und die Schere<br />

geht noch weiter auseinander.<br />

Handeln zählt<br />

Viele Menschen sehen, dass andere aus<br />

dem geschwisterlich teilenden Miteinander<br />

unserer Gesellschaft ausgegrenzt<br />

werden und reagieren auch darauf. Es<br />

ist wichtig, sich zusammen mit diesen<br />

Engagierten in den Strom der Menschlichkeit<br />

einzureihen und die Not der<br />

anderen durch gemeinsames Handeln zu<br />

lindern. Es geht darum, dass ich nicht<br />

passive Beobachterin oder passiver Beobachter<br />

bleibe, sondern dass ich aktiv mit<br />

ins Geschehen einsteige. Es besteht ein<br />

doppelter Graben zwischen Kopf, Herz<br />

und Hand. Dieser doppelte Graben muss<br />

übersprungen werden. Das, was ich mit<br />

dem Verstand als falsch und ungerecht<br />

erkenne, muss mir ins Herz dringen und<br />

mich von dort aus zum Handeln führen.<br />

Vielleicht mache ich bei diesem Handeln<br />

nicht alles richtig. Aber das muss ich<br />

riskieren – sonst ändert sich gar nichts.<br />

… »damit sie anderen nützt«<br />

Manche Menschen haben Angst, sich<br />

der Diskriminierung anderer zu stellen.<br />

Sie versuchen als glückliche Gewinner<br />

der Gesellschaft, die <strong>Ausgrenzung</strong> der<br />

»Pechvögel« zu rechtfertigen. Dann<br />

fallen Worte wie »Schicksal« oder »selbst<br />

schuld«, und es wird an dem anderen<br />

ein Mangel festgestellt, der das schlechte<br />

Abschneiden im Wettkampf begründen<br />

soll.<br />

Paulus weist in seinen Briefen im<br />

Neuen Testament auf die unterschiedlichen<br />

Gaben der Menschen hin. Sie<br />

ergänzen einander wie die vielen unterschiedlichen<br />

Glieder in einem Leib<br />

(1 Kor 12,12 ff.). Der eine kann dies<br />

und der andere das besonders gut. Keine<br />

dieser Gaben gehört dem Menschen für<br />

sich allein, sondern jede ist ihm von Gott<br />

geschenkt, »damit sie anderen nützt«<br />

(1 Kor 12,7): der Familie, den Freunden,<br />

der Gemeinde. Wer seine Gaben dagegen<br />

als Privateigentum ansieht, das er für<br />

sich behalten will, schiebt die anderen<br />

beiseite und sieht sie als bedrohliche<br />

Konkurrenten. Der, für den das Private<br />

zum höchsten Gut wird, mauert sich ein.<br />

Die Folge ist Solidaritätsverweigerung,<br />

das Gemeinsame gerät aus dem Blick.<br />

Das System der Konkurrenz knebelt die<br />

Menschen weiter – und zwar beide:<br />

sowohl die Ausgegrenzten als auch<br />

den »Eingemauerten« selbst.<br />

Geld ist nicht essbar<br />

Geld ist zum Maßstab der Wertschätzung<br />

geworden. Dieses Hilfsmittel im<br />

Tauschgeschäft hat aber keinen Wert<br />

für sich. Zum Erhalt des Lebens taugt es<br />

allein nichts. Geld ist nicht essbar und<br />

macht auch nicht gesund. Franziskus<br />

hat es verachtet, weil es Waffen und<br />

Kriege notwendig macht, wenn es einen<br />

zentralen Wert bekommt. Heute wissen<br />

wir noch mehr, wie recht er hatte. Die<br />

Geldvermehrung einiger drängt auch<br />

bei uns immer mehr Menschen in Situationen<br />

des Mangels in der täglichen<br />

Versorgung, in der Teilnahme an Bildung<br />

und am gesellschaftlichen Leben. Die im<br />

Blick auf die Geld- und Gütervermehrung<br />

Erfolglosen werden ebenso wie die<br />

Kranken oft nicht mehr gesehen, und ihr<br />

Tod wird oft als Erleichterung erfahren.<br />

Doch die aufgezählten Aspekte der<br />

<strong>Ausgrenzung</strong> werden von vielen<br />

nicht gesehen, weil sie sich nicht auf<br />

die eigene oder fremde <strong>Ausgrenzung</strong><br />

einlassen. Viele Menschen sind von<br />

ganz bestimmten Dingen abhängig –<br />

nicht nur Drogensüchtige! Ihre Wahrnehmung<br />

ist vollkommen auf ganz<br />

bestimmte Luxusgüter, Genussmittel<br />

oder auch Beziehungen fixiert, und<br />

dement sprechend verhalten sie sich.<br />

Sie benötigen all ihre Kräfte um sicherzustellen,<br />

dass sie über diese Dinge –<br />

oder auch Menschen – uneingeschränkt<br />

verfügen, denn sie meinen, ohne all<br />

dies nicht (mehr) leben zu können –<br />

zumindest nicht glücklich. So gefangene<br />

Menschen können die Wirklichkeit ihrer<br />

Umgebung und in sich nicht mehr wahrnehmen.<br />

Sie leben mitten unter uns und<br />

sind doch schwer erreichbar. Aber wenn<br />

wir diese tabuisierten Zonen aufbrechen<br />

und wieder Kontakt zu unserem Nächsten<br />

bekommen, dann ist es Zeit, ein<br />

Fest des Neuanfangs zu feiern über alle<br />

Grenzen hinweg.<br />

P. Christian Herwartz SJ<br />

Pater Christian ist Jesuit und Arbeiterpriester<br />

in Berlin. Er engagiert sich für Flüchtlinge und<br />

beim interreligiösen Gebet, für das seine Gruppe<br />

Anfang 2010 in Berlin den Dreikönigspreis<br />

erhalten hat.<br />

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10<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Dunkle Haut? Leibesvisitation!<br />

Diskriminierung jugendlicher Migranten<br />

Als ich meinen ersten Personalausweis im<br />

Alter von 16 Jahren bekam, war ich sehr<br />

stolz darauf. Uns wurde gesagt, dass wir<br />

ihn immer bei uns tragen müssten, da die<br />

Polizei jederzeit danach fragen könnte. Als<br />

Jugendlicher fand ich das sehr spannend,<br />

wobei ich tatsächlich niemals in meinem<br />

Leben auf der Straße von einem Polizisten<br />

nach dem Ausweis gefragt wurde.<br />

Jugendliche Migranten bei den <strong>Franziskaner</strong>n<br />

in Frankfurt am Main mit Br. Markus Heinze<br />

Seitdem ich in Frankfurt am Main<br />

lebe, weiß ich auch den Grund dafür,<br />

dass ich niemals nach dem Ausweis<br />

gefragt wurde: weil ich »weiß«<br />

bin. Die Erfahrung meiner Freunde<br />

ist nämlich eine ganz andere. Da<br />

diese »schwarz« oder »farbig« sind,<br />

werden sie alle paar Tage von der<br />

Polizei kontrolliert und müssen sich<br />

ausweisen. Dies geschieht häufig bei<br />

deren alltäglichen Erledigungen, sei es<br />

auf dem Schulweg, auf dem Weg von<br />

der Kirche oder zum Einkaufen. Dabei<br />

können sie froh sein, wenn sie nur<br />

nach dem Ausweis gefragt werden.<br />

Oft genug werden sie durch »Ganzkörperkontrollen«<br />

gedemütigt.<br />

Frankfurt ist eine internationale<br />

und multikulturelle Stadt. Weder<br />

»alte« noch »neue« Nazis haben hier<br />

wirklich eine Chance. Dennoch tragen<br />

diese Kontrollen einen rassistischen<br />

Zug, da ausschließlich Jugendliche<br />

aus Familien mit Migrationshintergrund<br />

kontrolliert werden. Außerdem<br />

fördert diese Praxis nicht gerade die<br />

Integration dieser jungen Menschen in<br />

die deutsche Gesellschaft und Kultur.<br />

Obwohl fast alle der Jugendlichen in<br />

Deutschland geboren wurden und<br />

einen deutschen Pass haben, oftmals<br />

auch nur die deutsche Sprache<br />

beherrschen, wird ihnen durch diese<br />

Polizeikontrollen immer wieder vermittelt:<br />

»Du scheinst kein Deutscher<br />

zu sein« und »Du bist ein potenzieller<br />

Krimineller«.<br />

Des-Integration im Ghetto<br />

Diese Art von »Des-Integration« geht<br />

Hand in Hand mit der Wohnungs-<br />

und Bildungssituation eines Großteils<br />

von Migrantenfamilien. Es gibt<br />

zwar kein Gesetz, das Migrantinnen<br />

und Migranten verbieten würde, in<br />

bestimmte Wohnviertel zu ziehen<br />

oder in bestimmte Schulen zu gehen.<br />

Trotzdem lebt ein Großteil von ihnen<br />

in Wohnblocks und Wohnvierteln, in<br />

denen überwiegend Menschen mit<br />

sozialen Problemen leben.<br />

»Kanaken-Schulen«<br />

In der Schule haben Migrantenkinder<br />

oft schlechtere Ausgangspositionen, da<br />

ihnen die Eltern kaum helfen können.<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Freundschaft erleben und bürgerschaftliches Bewusstsein entwickeln: Ziele der franziskanischen Solidarität mit jugendlichen Migranten.<br />

Wenn es auch in Frankfurt kaum<br />

eine Schule geben wird, an der keine<br />

Kinder mit Migrationshintergrund<br />

zu finden sind, so sind diese doch<br />

prozentual sehr unterschiedlich verteilt,<br />

was wiederum mit dem Ruf der<br />

Schule und dem Bildungsstand der<br />

Schule einher geht. Es gibt Schulen,<br />

die von den Migrantenjugendlichen<br />

selbst als »Kanaken-Schule« bezeichnet<br />

werden. Dies wiederum führt<br />

auch dazu, dass viele Migrantenjugendliche<br />

von vorneherein als weniger<br />

begabt oder intelligent angesehen<br />

werden. Oftmals müssen sie viel mehr<br />

an Leistung aufweisen, um in gleicher<br />

Weise anerkannt zu werden.<br />

Unsere <strong>Franziskaner</strong>-Gemeinschaft<br />

lebt in einem Hochhaus, das<br />

überwiegend von Migrantenfamilien<br />

bewohnt wird. In den über 18 Jahren,<br />

die wir nun schon hier leben, hat<br />

sich unsere Wohnung gewissermaßen<br />

zu einem inoffiziellen Treffpunkt<br />

für sogenannte »Jugendliche mit<br />

Migrationshintergrund« entwickelt.<br />

Zunächst kommen sie zu uns, um<br />

für die Schule zu lernen und ihre<br />

Hausaufgaben zu machen. Dabei<br />

entwickeln sich schnell intensive<br />

Kontakte – untereinander und auch<br />

zu uns. So verbringen wir auch viel<br />

gemeinsame Freizeit. In den vergangenen<br />

Jahren haben wir die Situation<br />

der Jugendlichen hinsichtlich der<br />

Polizeikontrollen stärker in den Blick<br />

genommen. Es hat sich eine feste<br />

Gruppe gebildet, die sich zum einen<br />

gegenseitig austauscht, zum anderen<br />

schauen wir nach Wegen, wie wir<br />

das Thema mehr in die Öffentlichkeit<br />

bringen und wie wir diese Situation<br />

verändern können.<br />

Bürgerschaftliches Bewusstsein<br />

wecken<br />

Ein erster Schritt dabei ist, dass die<br />

jungen Migranten selbst ihre Situation<br />

bewusst reflektieren und sich gegenseitig<br />

unterstützen. Darüber hinaus<br />

müssen aber auch Lösungen gefunden<br />

werden, mit denen unbegründete<br />

Polizeikontrollen in Zukunft verhindert<br />

werden können. Wir suchen<br />

daher das Gespräch sowohl mit Verant<br />

wortlichen der Polizei als auch der<br />

Politik. Ein besonderes Ereignis war in<br />

diesem Rahmen für die jugendlichen<br />

Migrantinnen und Migranten ein<br />

Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten<br />

der Grünen in Berlin, der<br />

für Integrationsfragen zuständig ist.<br />

Veranstaltungen wie diese machen den<br />

Jugendlichen bewusst, dass sie sich nicht<br />

damit abfinden dürfen, aufgrund ihrer<br />

Hautfarbe kriminalisiert zu werden und<br />

dass sie grundlose Kontrollen nicht als<br />

»normal« hinnehmen müssen. Sie müssen<br />

voll und ganz als Deutsche akzeptiert<br />

werden, was sie ja auch sind. Zurzeit<br />

sammeln wir verschiedene Erfahrungen<br />

und wollen sie dann veröffentlichen.<br />

Was immer wir mit diesem »Programm«<br />

erreichen werden oder auch nicht, eines<br />

können wir bereits als Erfolg verbuchen:<br />

Die Jugendlichen werden sich ihrer Situation<br />

bewusst und erleben sich als aktive<br />

Bürgerinnen und Bürger der deutschen<br />

Gesellschaft.<br />

Br. Markus Heinze ofm<br />

Bruder Markus ist Konferenz-Koordinator für<br />

»Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der<br />

Schöpfung« der mitteleuropäischen <strong>Franziskaner</strong>provinzen<br />

(COTAF).<br />

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12<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Raus aus der Hölle<br />

Flüchtlingsschicksal in Deutschland<br />

Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes: Sr. Stefanie im Einsatz<br />

Sie ist noch ein Kind, als ihr Leidensweg<br />

beginnt. In den Straßen von Benin City,<br />

Nigeria, kämpft Maria (heute 20) gemeinsam<br />

mit ihrem Bruder ums Überleben.<br />

Der Vater ermordet, von der Mutter im<br />

Stich gelassen.<br />

Mit elf Jahren scheint das Glück zum<br />

Greifen nahe: Ein Landsmann verspricht<br />

ihr eine rosige Zukunft in Europa. In<br />

Italien soll sie zur Schule gehen, einen<br />

Beruf erlernen. Doch die Realität zerschmettert<br />

jäh ihre Träume: Sie wird,<br />

wie viele ihrer Leidensgenossinnen, zur<br />

Kinderprostitution gezwungen – zunächst<br />

in Italien, später in Deutschland.<br />

Die Einschleuser wollen fortwährend<br />

Geld von ihr. Sie zeigt ihre Peiniger an.<br />

Doch Polizei und Staatsanwaltschaft<br />

glauben der jungen Frau nicht, das<br />

Ermittlungsverfahren wird aus Mangel<br />

an Beweisen eingestellt.<br />

Hoffnungsschimmer<br />

Die Behörden bringen die Minderjährige<br />

in einer Mädchenwohngruppe unter, wo<br />

sie zunächst Ruhe und Geborgenheit<br />

findet. Aber auch hier hören die Probleme<br />

nicht auf: Maria lernt einen jungen alleinerziehenden<br />

Nigerianer kennen, der sie<br />

zu einem gemeinsamen Kind drängt. Sie<br />

lässt sich auf ihn ein, wird – immer noch<br />

minderjährig – schwanger. Ihre Situation<br />

wird immer unerträglicher. Der Kindsvater<br />

kümmert sich nicht um sie, ihr Aufenthalt<br />

ist nach wie vor illegal. Sie läuft aus dem<br />

Wohnheim weg und stellt einen Asylantrag.<br />

Zwei Monate lebt Maria auf<br />

einem Schiff der Zentralen Ausländerbehörde<br />

(ZAB), bis sie schließlich<br />

eine Zuweisung in unsere Stadt, nach<br />

Herten, erhält. Sie hat Angst vor der<br />

Geburt ihres Kindes, sie fühlt sich<br />

allein. Erst jetzt fasst Maria Mut und<br />

sucht unsere Beratungsstelle auf.<br />

Sie schämt sich. Erst nach mehreren<br />

Kontakten fängt sie zögerlich an, ihre<br />

Geschichte zu erzählen: »Ich wollte<br />

aus der Hölle heraus!«<br />

Ich stehe ihr bei, sie vertraut mir.<br />

Nach der Geburt der kleinen Angel ist<br />

sie überglücklich. Sie ist nicht mehr<br />

allein, die Tochter ist ihr Lebenselixier<br />

– ihre strahlenden Augen verraten es.<br />

Rückschlag<br />

Endlich scheint ein »normales« Leben<br />

für die junge Mutter möglich. Bis<br />

sie in eine Polizeikontrolle gerät. Sie<br />

trägt ihren Duldungsausweis nicht<br />

bei sich und wird in Haft genommen.<br />

Ein weiteres Trauma. In Panik und<br />

Verzweiflung schlägt sie in ihrer Zelle<br />

mit dem Kopf gegen die Wand, reißt<br />

sich die Kleidung vom Leib und beißt<br />

einen Polizisten.<br />

Nach diesem Vorfall hat Maria<br />

ihre Hoffnung auf ein »normales«<br />

Leben fast verloren. Ihre eigenen<br />

Ängste verleugnet sie, die Sorge um<br />

ihre Tochter jedoch ist groß. Als ihr<br />

Asylantrag und ihre Klage vor Gericht<br />

abgelehnt werden, scheint die Situation<br />

erneut ausweglos: Die Abschiebung<br />

nach Nigeria droht, wohin mit<br />

der kleinen Tochter?<br />

Neubeginn<br />

Ich strenge ein psychiatrisches Gutachten<br />

an – mit Erfolg. Der Experte<br />

stellt fest: »Die Verarbeitung ihrer<br />

zahllosen Traumata, der Verstoßung,<br />

Verwahrlosung und Zwangsprostitution<br />

in Kindheit und Jugendalter<br />

ist nur unter dauerhaft gesicherten<br />

Lebensumständen möglich, verbunden<br />

mit der Aussicht, eine Lebensperspektive<br />

für sich und ihre Tochter<br />

aufbauen zu können. Wenn nicht,<br />

besteht die dringende Gefahr, dass es<br />

in ihrer Depressivität zu »suizidalen<br />

Krisen kommen kann«. Aufatmen.<br />

Der Aufenthalt in Deutschland für<br />

Maria und Angel ist bis auf Weiteres<br />

gesichert. Jetzt geht es darum, der<br />

jungen Frau bei der Bewältigung ihrer<br />

schweren Vergangenheit zur Seite zu<br />

stehen. Mithilfe verschiedener Beratungsstellen<br />

und Einrichtungen versuchen<br />

wir, ihr den Weg in ein neues<br />

Leben zu ebnen. Vergessen wird sie<br />

ihre Vergangenheit wohl nicht. Vielleicht<br />

aber kann sie gemeinsam mit<br />

ihrer kleinen Tochter in Deutschland<br />

einen Neubeginn wagen.<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Sr. M. Stefanie Müllenborn fcjm<br />

Schwester Stefanie gehört zur Gemeinschaft<br />

der <strong>Franziskaner</strong>innen Salzkotten. Sie lebt<br />

in Herten und arbeitet in der Beratung von<br />

Flüchtlingen und Asylsuchenden.<br />

Sr. Stefanie mit einer jungen Mutter und ihrem Kind im Beratungsgespräch.<br />

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14<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Diskriminierung in der Kirche?<br />

Wiederverheiratete Geschiedene willkommen heißen!<br />

Es war die ganz große Liebe. Daniela<br />

und Christian lernten sich in der Katholischen<br />

Hochschulgemeinde kennen. Sie<br />

studierte Deutsch und Geschichte, er<br />

Maschinenbau. Sie schmiedeten Pläne für<br />

die Zukunft und wollten es gut machen<br />

zusammen: heiraten, Kinder haben und<br />

weiter in der Kirche an einer besseren<br />

Welt mitarbeiten.<br />

Kurz nachdem Christian sein Studium<br />

beendet hatte, feierten die beiden<br />

Hochzeit. Daniela bereitete sich auf<br />

ihr Staatsexamen vor, und Christian<br />

begann zu arbeiten – 300 Kilometer<br />

von ihrem gemeinsamen Wohnort<br />

entfernt. Nach mehr als 30 Absagen,<br />

die er trotz eines guten Examens auf<br />

seine Bewerbungen erhalten hatte,<br />

war dies die einzige Möglichkeit,<br />

die sich ihm bot, in den Beruf einzusteigen.<br />

Ihre Ehe begann als Wochenend-<br />

Ehe. Die gemeinsam verbrachte Zeit<br />

war kurz, aber glücklich, und als<br />

Daniela endlich ihr Staatsexamen in<br />

der Tasche hatte, zog sie so schnell<br />

wie möglich zu ihrem Mann. In der<br />

Nähe der gemeinsamen Wohnung<br />

fand sie eine Schule, in der sie ihr<br />

Referendariat begann. Doch kurz<br />

darauf wurde Christian beruflich versetzt,<br />

diesmal in die Bretagne. Es gab<br />

kein Pardon: Entweder er ging, oder<br />

er verlor seine Stelle. In der Bretagne<br />

konnte Daniela jedoch unmöglich<br />

ihre Ausbildung abschließen. Also entschlossen<br />

sich beide, noch einmal für<br />

zwei Jahre eine Fernehe zu führen,<br />

sich dann aber durch nichts und<br />

niemanden mehr trennen zu lassen,<br />

Kinder zu haben und von da an ein<br />

»normales« Familienleben zu führen.<br />

Wenn zwei heiraten, haben sie meist große Träume. Und doch – Ehen können sterben.<br />

Es kam anders. Die gemeinsam<br />

verbrachten Ferien reichten nicht<br />

aus für die Beziehung. Christian<br />

hielt die Einsamkeit in der Bretagne<br />

nicht aus und verliebte sich in eine<br />

Kollegin, die kurz darauf ein Kind<br />

von ihm erwartete. Für Daniela brach<br />

eine Welt zusammen. Zunächst war<br />

sie entschlossen, um ihre Ehe zu<br />

kämpfen. Aber als sie Christian dazu<br />

besuchte, wurde ihr klar: Sie würde<br />

mit ihm keine Zukunft aufbauen<br />

können in dem Bewusstsein, dass er<br />

einer anderen Frau und einem anderen<br />

Kind gegenüber verpflichtet war.<br />

Viele Ehen in Deutschland<br />

enden auf diese oder eine ähnlich<br />

desillusionierende Weise. Was beide<br />

Partner am Anfang ihrer Beziehung<br />

niemals für möglich gehalten hätten,<br />

tritt ein: Umstände, die sie nicht oder<br />

nur begrenzt beeinflussen können,<br />

belasten die Beziehung so sehr, dass<br />

die Liebe nicht nur leidet, sondern<br />

stirbt. Oft dauert es viele Jahre, bis<br />

Geschiedene einen neuen Partner<br />

finden, mit dem sie den Rest ihres<br />

Lebens teilen möchten. Und wenn<br />

sie sich trotz der ersten Enttäuschung<br />

dann entschließen, die Verantwortung<br />

diesem neuen Partner und eventuell<br />

auch gemeinsamen Kindern gegenüber<br />

einzugehen, fühlen sich viele<br />

von der Kirche ausgegrenzt. Denn<br />

in der katholischen Kirche gilt die<br />

Ehe als unauflöslich. Wer trotzdem<br />

–standesamtlich – wieder heiratet, ist<br />

von Beichte und Eucharistie ausgeschlossen.<br />

Namhafte Kirchenvertreter weisen<br />

jedoch darauf hin, dass diese im<br />

Normalfall geltende Regel keinen<br />

Absolutheitsanspruch besitzt. Der<br />

schweizerische Kardinal Heinrich<br />

Schwery schrieb bereits 1993 in<br />

einem Hirtenbrief: »Es ist mir voll<br />

bewusst, dass die Geschiedenen-Seelsorge<br />

gegenwärtig eine ›suchende‹<br />

Pastoral ist (…) «<br />

Anke Chávez<br />

Anke Chávez ist Referentin für Öffentlichkeitsarbeit<br />

der <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>.<br />

Die folgenden Auszüge des Dokuments<br />

verdeutlichen, in welche Richtung ein Weg<br />

weitergedacht werden kann, »der die Lehre<br />

der Kirche ernst nimmt und zugleich der<br />

Situation im konkreten Fall gerecht wird.«<br />

Auszüge aus den Empfehlungen für<br />

die Geschiedenen-Seelsorge von<br />

Bischof Heinrich Schwery aus dem<br />

Jahr 1993<br />

Wir wissen es alle. Wenn zwei heiraten,<br />

haben sie meist große Erwartungen und<br />

Träume. Sie wünschen nichts sehnlicher,<br />

als dass ihre gegenseitige Liebe immer<br />

mehr wachse und durch nichts zerstört<br />

werde, dass ihre Partnerschaft ein Leben<br />

lang Bestand habe.<br />

Und doch – Ehen können sterben.<br />

Und scheiden tut weh. Die Ehescheidung<br />

ist die Bankrotterklärung einer Liebesgeschichte.<br />

Der äußeren Trennung geht oft<br />

ein wahrer Kreuzweg voraus. Jeder erlebt<br />

die Scheidung anders, aber die meisten<br />

erleben sie schmerzlich. Für viele bedeutet<br />

die Ehescheidung eine wahre Lebenskrise.<br />

Keine einzige Ehe scheitert nur<br />

aus einem einzigen Grund. Für das<br />

Nichtgelingen einer Partnerschaft gibt es<br />

viele Ursachen. Zum Teil liegen sie in den<br />

Ehepartnern selbst (Unverträglichkeit der<br />

Charaktere, Eifersucht, Gewalt in der Ehe,<br />

Untreue, Alkoholismus usw.). Zum Teil<br />

sind die gesellschaftlichen Veränderungen<br />

schuld daran (Einfluss der Massenmedien,<br />

neues Rollenverständnis von Mann und<br />

Frau, Anonymität in unserer Gesellschaft).<br />

Sicher sind viele Ehescheidungen auf<br />

eigenes Verschulden zurückzuführen. Aber<br />

auch Ehen von Gutmeinenden, die sich<br />

alle Mühe gegeben haben, können zerbrechen.<br />

Manchmal geht der eine Partner<br />

einfach weg, der andere wird verlassen<br />

und zurückgewiesen. Oft sind weder<br />

Leichtsinn noch Verantwortungslosigkeit<br />

schuld am Scheitern einer Ehe.<br />

Auf alle Fälle dürfen wir nie so tun, als<br />

wüssten wir alles über das Scheitern einer<br />

konkreten Ehe. Die Kirche hat wohl den<br />

Auftrag, zu verkünden, was nach der<br />

Lehre Christi gut und böse ist. Aber<br />

auch ihr steht es nicht zu, über Schuld<br />

oder Nichtschuld des einzelnen Menschen<br />

zu urteilen.<br />

Das folgende Bild zeigt die vergangenen 350 Jahre der<br />

südafrikanischen Geschichte. Die Frau im Vordergrund<br />

macht deutlich, dass die schwarze Bevölkerung »die<br />

Ärmel hochkrempelt«, um den Boden zu bestellen und<br />

für Arbeitsplätze, Schulen und Krankenhäuser zu sorgen.<br />

In seiner Verkündigung lässt Jesus<br />

keinen Zweifel bestehen über das göttliche<br />

Gebot der Unauflöslichkeit der<br />

Ehe (Mk 10,2-12). Nebst der Unauflöslichkeit<br />

der Ehe predigt Jesus aber<br />

auch die Barmherzigkeit. Gott, der die<br />

Armen liebt, gibt jedem Menschen immer<br />

wieder neue Chancen, wenn er nur glaubt,<br />

wenn er umkehren und neu beginnen will.<br />

Viele Geschiedene meinen, sie hätten<br />

keinen Platz mehr in der Kirche. Diese<br />

stille Emigration aus der Kirche wird noch<br />

durch falsche Gerüchte beschleunigt.<br />

Darum seien hier einige Klarstellungen<br />

angebracht: Die Geschiedenen (die nicht<br />

wieder geheiratet haben) sind weder<br />

ex kommuniziert noch vom Leben der<br />

Kirche ausgeschlossen; sie dürfen und<br />

sollen am Sonntag zum Gottesdienst gehen;<br />

sie dürfen wie alle anderen unter den<br />

gewöhnlichen Bedingungen beichten und<br />

kommunizieren; das Ausüben von kirchlichen<br />

Funktionen ist ihnen nicht untersagt;<br />

sie dürfen ihre Kinder taufen lassen usw.<br />

Weil die Kirche die Ehe als unauflöslich<br />

betrachtet, kann sie auch nicht zur Wiederheirat<br />

eines Geschiedenen ihr Ja sagen.<br />

Und doch gehören wiederverheiratete<br />

Geschiedene auch zur Kirche – und zwar<br />

mit ihrem ureigenen Weg.<br />

Auch in einer Zweitehe kann es wahrhaft<br />

Menschliches geben: Manche Wiederverheiratete<br />

erleben zum ersten Mal, was<br />

sie sich einmal unter einer Ehe vorgestellt<br />

hatten. Oder sie nehmen gemeinsam echte<br />

Verantwortung für die eigenen beziehungsweise<br />

für die Kinder des Partners wahr.<br />

Kann da Gott nicht auch auf krummen<br />

Linien gerade schreiben?<br />

Insbesondere zwei Forderungen der<br />

Kirche geben heute vor allem jenen<br />

Wiederverheirateten zu schaffen, die<br />

den Kontakt mit der Kirche nicht verlieren<br />

möchten: Wenn ein Paar, von dem<br />

einer der Partner geschieden ist, heiraten<br />

will, ist eine kirchliche Trauung nicht möglich.<br />

Und eine zweite Forderung der Kirche<br />

gibt vielen zu schaffen: nämlich dass nach<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

der Ziviltrauung die wiederverheirateten<br />

Geschiedenen im Normalfall nicht mehr<br />

beichten und kommunizieren dürfen.<br />

Ich weiß, das ist für viele dieser Geschiedenen,<br />

die wieder geheiratet haben, recht<br />

schmerzlich. Sie befinden sich tatsächlich<br />

in einer scheinbar ausweglosen Sackgasse.<br />

Ihre Zweitehe können sie kirchenrechtlich<br />

nicht regeln – und dennoch möchten<br />

manche als praktizierende Katholikinnen<br />

und Katholiken am Leben der Kirche voll<br />

teilnehmen.<br />

Es ist mir voll bewusst, dass die<br />

Geschiedenen-Seelsorge gegenwärtig<br />

eine »suchende Pastoral« ist. In der<br />

Pastoral dürfen wir jedoch nie müßig<br />

warten, bis Ideallösungen gefunden<br />

sind. Wir müssen hier und jetzt tun,<br />

was möglich ist. Auch was die geschiedenen<br />

Wiederverheirateten betrifft,<br />

sind die Seelsorger verpflichtet, einen<br />

pastoralen Weg zu gehen, der die<br />

Lehre der Kirche ernst nimmt und<br />

zugleich der Situation im konkreten<br />

Fall gerecht wird.<br />

Um den Betroffenen zu einem verantwortbaren<br />

Gewissensentscheid zu verhelfen,<br />

sind in den meisten Fällen eingehende<br />

Seelsorgegespräche erforderlich. Die Rolle<br />

des Seelsorgers ist in diesem Beratungsgespräch<br />

nicht die des Richters, sondern<br />

eher die eines Arztes. Der Priester hat<br />

nicht an Stelle des geschiedenen<br />

Menschen den Gewissensentscheid zu<br />

fällen, sondern ihn zu einem ehrlichen<br />

Gewissensentscheid zu befähigen.<br />

Sitten, den 7. Januar 1993<br />

Heinrich Kardinal Schwery<br />

Bischof von Sitten<br />

Quelle: Heinrich Schwery, »Pastorale Handreichung<br />

zur Geschiedenen- Seelsorge im Bistum Sitten«<br />

Das gesamte Dokument ist im Internet zu finden unter:<br />

http://www.cath-vs.ch/sous-sites/ ClasseurSionWeb/<br />

Documents/D2-7-2.pdf<br />

Zusammenstellung der Auszüge: Anke Chávez<br />

Ihr Weg verläuft von der Enteignung ihres Landes zu<br />

dessen Wieder-Inbesitznahme. Wo genau dazwischen<br />

steht das Land im Jahr 2010?<br />

© TCOE / mit freundlicher Genehmigung von KASA<br />

15


2010?


18<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Wer Hass verspürt,<br />

kann nicht frei sein<br />

Südafrikas Weg aus der Apartheid<br />

Als Nelson Mandela vor 20 Jahren am<br />

11. Februar 1990 aus der Haft entlassen<br />

wurde, war das der Anfang vom Ende<br />

der Apartheid in Südafrika.<br />

Der Staat an der Südspitze Afrikas,<br />

das Kap der Guten Hoffnung, bezeichnet<br />

sich heute als »Regenbogennation« und<br />

will damit der Vielfalt seiner Völker<br />

und Kulturen Ausdruck verleihen. Das<br />

war nicht immer so: Vor dem Ende der<br />

Apartheid 1994 herrschte in Südafrika<br />

strenge Rassentrennung. Die Farbe<br />

der Haut bestimmte über das Maß an<br />

Bürger- und Freiheitsrechten – einzig<br />

anerkannte Kultur war die der Weißen.<br />

Innenstadt von Kapstadt …<br />

Politik der Rassentrennung<br />

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts, unter<br />

britischer Kolonialherrschaft, hatten<br />

Farbige in Südafrika kein Wahlrecht.<br />

Sexueller Kontakt zwischen den unterschiedlichen<br />

Bevölkerungsgruppen, die als<br />

»Rassen« bezeichnet wurden, war verboten.<br />

Farbige durften nur in ausgewiesenen<br />

Gebieten Land erwerben. In den Städten<br />

wurde eine räumliche Trennung zwischen<br />

Farbigen und Weißen vorgenommen.<br />

Farbige waren von führenden Positionen<br />

in Wirtschaft und Politik ausgeschlossen.<br />

Das eigentliche Zeitalter der Apartheid<br />

begann 1948, als die Nationale Partei<br />

die Wahlen gewann und bis 1994<br />

an der Macht blieb. Die Regierung<br />

verfolgte von Anfang an eine rigide<br />

Politik der Rassentrennung. Sie teilte<br />

die Bevölkerungsgruppen in ethnische<br />

Kasten ein: Weiße, Schwarze, Farbige<br />

und Inder/Asiaten. Die Einteilung der<br />

Menschen in diese Kasten geschah oftmals<br />

willkürlich, bestimmte aber über<br />

das Maß der <strong>Ausgrenzung</strong>.<br />

Dabei unterschied man zwischen der<br />

»kleinen Apartheid« und der »großen<br />

Apartheid«. Die kleine Apartheid<br />

bestimmte die Trennung im öffentlichen<br />

Leben. Sie führte dazu, dass<br />

öffentliche Gebäude zwei Eingänge<br />

hatten – einen für Schwarze und<br />

einen für Weiße –, dass es separate<br />

Bereiche für Schwarze in Straßenbahnen,<br />

Schulen, Toiletten etc. gab.<br />

Auf die Trennung der Bereiche wurde<br />

durch Schilder hingewiesen. Die<br />

große Apartheid war die Segregationspolitik<br />

im großen Stil: Menschen<br />

mussten entsprechend ihrer Hautfarbe<br />

in bestimmten Wohnbereichen<br />

(»Homelands«) leben.<br />

Politik der Versöhnung<br />

Schon früh erhob sich gegen die<br />

Rassentrennung Widerstand. Die<br />

bekannteste Bewegung, der Afrikanische<br />

Nationalkongress (ANC),<br />

wurde 1912 gegründet und versuchte<br />

meist mit friedlichen Mitteln, gegen<br />

die Apartheid vorzugehen. Als 1960<br />

bei Demonstrationen unbewaffnete<br />

Demonstranten erschossen wurden<br />

und der ANC verboten wurde, bildete<br />

sich ein bewaffneter Flügel des ANC,<br />

der von Nelson Mandela angeführt<br />

wurde. Nach seiner Verhaftung im<br />

Jahr 1962 und seiner Verurteilung<br />

zum Tod im Jahr 1964, war er<br />

27 Jahre Gefangener des südafrikanischen<br />

Staates. Auf nationalen und<br />

internationalen Druck hin wurde<br />

seine Todesstrafe in eine lebenslange<br />

Haft umgewandelt.<br />

Literaturtipp:<br />

Nelson Mandela: »Der lange<br />

Weg zur Freiheit«, Fischer,<br />

Frankfurt am Main 1994.<br />

Das Ende des Kalten Krieges 1989<br />

bedeutet auch das Ende des Apartheidsystems<br />

in Südafrika. Der Westen<br />

stützte bis dahin die weiße Regierung<br />

und ihr menschenverachtendes System<br />

aus Angst vor kommunistischer<br />

Machtübernahme und dem Verlust des<br />

geopolitisch und wirtschaftlich strategisch<br />

wichtigen Landes Südafrika. Eine<br />

Kampagne des ANC und internationaler<br />

Druck führte im Jahr 1990 dazu,<br />

dass der prominenteste politische<br />

Gefangene der Welt am 11. Februar<br />

das Gefängnis verlassen konnte und<br />

eine Politik der Versöhnung (»reconciliation«)<br />

einleiten konnte, die ihn als<br />

politische Persönlichkeit in eine Reihe<br />

mit Martin Luther King und Mahatma<br />

Ghandi stellt. »Wer Hass verspürt,<br />

kann nicht frei sein« war die Maxime<br />

seines politischen Handelns. Nelson<br />

Mandela wollte, dass alle Menschen in<br />

seinem Land die Apartheid aufgeben<br />

und ein nichtrassistisches, geeintes<br />

und demokratisches Südafrika schaffen.<br />

Bei den ersten freien Wahlen im<br />

Jahr 1994 wurde Nelson Mandela<br />

zum ersten schwarzen Präsidenten<br />

Südafrikas gewählt. Er blieb bis 1999<br />

in diesem Amt.<br />

… und Außenbezirk von Kapstadt<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Situation der Gegenwart<br />

Die Berichte zur Fußballweltmeisterschaft<br />

2010 in den kommenden<br />

Monaten werden viele Bilder aus<br />

einem Land zeigen, das noch immer<br />

unter den Folgen der Apartheid leidet:<br />

Armut und Gewalt bestimmen den<br />

Alltag der meisten Schwarzen, die<br />

79,5 % der Gesamtbevölkerung ausmachen;<br />

43 % der Bevölkerung leben<br />

in absoluter Armut; Südafrika hat<br />

eine der höchsten Kriminalitäts raten<br />

der Welt und die höchste Rate an<br />

HIV/Aids-Infizierten des Kontinents.<br />

9,2 % der Bevölkerung sind Weiße,<br />

die auch heute noch mehrheitlich in<br />

abgeschlossenen Wohnvierteln leben,<br />

eigene Krankenhäuser haben und ihre<br />

Kinder auf private Schulen schicken:<br />

Ihnen gehören 80 % des Grundbesitzes<br />

am Kap der Guten Hoffnung.<br />

Nelson Mandelas Maxime hat sich<br />

in der Regenbogennation noch nicht<br />

wirklich durchgesetzt. Doch seine<br />

Geschichte und die seines Landes<br />

lässt hoffen, dass Hass überwunden<br />

wird und dass sich Gerechtigkeit und<br />

Frieden nicht aufhalten lassen.<br />

Thomas M. Schimmel<br />

Thomas M. Schimmel ist Politikwissenschaftler<br />

in Berlin.<br />

19


20<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Zeiten ändern sich<br />

Südafrika heute<br />

Seit gut vier Monaten lebe ich nun in<br />

Südafrika, in dem Land, in dem wie in<br />

vielleicht keinem anderen die europäische<br />

und die afrikanische Kultur aufeinander<br />

getroffen sind. In dem Land, in dem wir als<br />

<strong>Franziskaner</strong>innen von Siessen seit mehr<br />

als 75 Jahren präsent sind.<br />

Inzwischen ist die einstige Region<br />

eine eigenständige Provinz geworden<br />

und fest in afrikanischer Hand. Meine<br />

Erfahrungen sind noch frisch und<br />

ungetrübt, und möglicherweise sehe<br />

ich manches auch noch ein wenig<br />

oberflächlich und blauäugig. Trotz<br />

der kurzen Zeit meines Hierseins<br />

aber kann ich sagen: Südafrika ist ein<br />

faszinierendes Land. Es gibt Landschaften<br />

von berauschender Schönheit,<br />

hohe Berge, unendliche Küsten,<br />

Wüstenregionen und Gegenden mit<br />

tropischem Klima. Eine Tier- und<br />

Pflanzenwelt, wie sie auf der Erde<br />

ihresgleichen sucht. Ich bin dabei,<br />

einige Regionen dieses Landes zu<br />

entdecken, nicht, indem ich mich auf<br />

touristischen Pfaden bewege. Ich entdecke<br />

es mehr durch das Verweilen<br />

an verschiedenen Orten, durch die<br />

Begegnung mit Menschen mitten<br />

in ihrem Alltag, mit ihren Sorgen<br />

und Problemen, ihren Freuden und<br />

Hoffnungen. Ich entdecke es auch<br />

durch das Zusammensein mit afrikanischen<br />

Mitschwestern, überwiegend<br />

Frauen aus dem Volk der Basotho,<br />

einem Volksstamm, der im Bergland<br />

Lesotho seinen Ursprung hat. Dieses<br />

Zusammensein und Zusammenleben<br />

hat sein eigenes Gewicht und seine<br />

spezifischen Herausforderungen.<br />

War während der Zeit der Apartheid<br />

das Zusammenleben auch in einer<br />

Ordensgemeinschaft bis ins Detail<br />

reglementiert und kontrolliert, so<br />

bieten sich heute neue Chancen,<br />

das Miteinander zu gestalten.<br />

Sr. Mechthilde mit Kind aus Südafrika: So vertraut wie hier ist die Beziehung zwischen Schwarz und Weiß auch nach Abschaffung der Apartheid noch nicht überall.<br />

Sichtbare Wunden<br />

Die Zeit der Apartheid ist überwunden<br />

– strukturell zumindest.<br />

Das Straßenbild in den Städten ist<br />

bunt gemixt, in fast allen öffentlichen<br />

Einrichtungen arbeiten Menschen<br />

unterschiedlicher Hautfarbe zusammen.<br />

Im Fernsehen sorgt die Verarbeitung<br />

von Beziehungskisten<br />

zwischen Weiß und Schwarz für<br />

hohe Einschaltquoten und in der<br />

Werbung macht eine bestimmte<br />

Cornflakes-Marke schwarze wie<br />

weiße Kinder stark. Aber die Zeit<br />

der rigiden Rassentrennung hat tiefe<br />

Wunden in die Menschen und in das<br />

Herz des Volkes gegraben, Wunden,<br />

die bis heute spürbar oder besser<br />

gesagt, die vor allem auch sichtbar<br />

sind. Denn die sozialen Gegensätze<br />

und die damit verbundenen Probleme<br />

sind allgegenwärtig.<br />

Großes Wunder, kleines Wunder<br />

Die Armut in Südafrika ist schwarz.<br />

In den »Townships«, den Armensiedlungen<br />

am Rande der Städte leben<br />

nur Schwarze, in den Villensiedlungen<br />

der Reichen gibt es inzwischen zwar<br />

auch einige Schwarze, aber die Mehrheit<br />

ist weiß. Viele Weiße in Südafrika<br />

leben ihr eigenes Leben und nehmen<br />

kaum Notiz von der sozialen Problematik<br />

im Land. Schmerzlich ist<br />

vielerorts auch der Zustand der<br />

Kirche, denn viele Gemeinden sind<br />

»einfarbig«. Die Südafrikanische<br />

Bischofskonferenz beklagte vor<br />

einigen Wochen, dass die Apartheid<br />

selbst in den Priester seminaren<br />

noch nicht überwunden sei und ein<br />

schwarzer Priester erzählte, wenn er<br />

Ferienvertretung für einen weißen<br />

Kollegen mache, würden viele weiße<br />

Gemeindemitglieder gar nicht zur<br />

Messe kommen.<br />

Sr. Mechthilde mit »ihren« Kindern<br />

Dennoch – es hat eine Wende stattgefunden,<br />

auch wenn deren Verheißungen<br />

in vielen Dingen des Lebens<br />

noch nicht angekommen sind. »Es<br />

ist ein Wunder, ein großes Wunder,<br />

dass so viele Menschen versöhnungsbereit<br />

sind und an eine gemeinsame<br />

Zukunft glauben«, so drückte Stephen<br />

Brislin, Bischof der Erzdiözese<br />

Kroonstad, es aus. Für mich ist es<br />

etwas Großes, dass wir dem Wunder<br />

ein wenig zum Durchbruch verhelfen<br />

können. Und manchmal sind es ganz<br />

kleine Schritte.<br />

In Südafrika ist Schlangestehen<br />

eine sehr wichtige, unumgängliche<br />

Umgangsform – in Hospitälern, in<br />

Ämtern, in öffentlichen Einrichtungen.<br />

Als ich kürzlich mit einer<br />

schwarzen Mitschwester in einer<br />

solchen Menschenschlange stand –<br />

zwei mit unterschiedlicher Hautfarbe<br />

aber im gleichen Gewand, nahmen<br />

wir beide wahr, wie viele Augenpaare<br />

uns verstohlen folgten. Die Botschaft<br />

war unübersehbar: Hier sind welche,<br />

die nicht nur das respektvolle Nebeneinander<br />

auf Distanz leben, sondern<br />

die das Miteinanderleben auf Augenhöhe<br />

wagen.<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Sr. M. Mechthilde Faist OSF<br />

Schwester Mechthilde gehört zur Gemeinschaft<br />

der <strong>Franziskaner</strong>innen von Siessen und lebt seit<br />

August 2009 in Südafrika.<br />

21


22<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Es lebe der Sport – aber nicht<br />

auf Kosten der Armen!<br />

Zwangsumsiedlungen für die Fußball-WM in Südafrika<br />

Begeisterung auf der Tribüne – auch und insbesondere in Südafrika.<br />

»Ke nako, celebrate african humanity«, so<br />

lautet das Motto der ersten Fußball-WM auf<br />

dem afrikanischen Kontinent. Anlässlich<br />

dieses Sportereignisses will Südafrika als<br />

Gastgeber glänzen und die Weltöffentlichkeit<br />

beeindrucken. Die WM soll das Selbstbewusstsein<br />

der Südafrikanischen Nation<br />

demonstrieren und die Nation-Werdung<br />

konsolidieren. Dafür investiert die Südafrikanische<br />

Regierung rund 3,7 Milliarden<br />

US-Dollar, überwiegend in Infrastrukturmaßnahmen,<br />

und erhofft sich langfristig<br />

positive Auswirkungen auf die Wirtschaft<br />

des Landes.<br />

Die Fußballbegeisterung vor allem der<br />

schwarzen Südafrikaner ist bekannt.<br />

Sie war schon während der Apartheid<br />

groß und hat noch zugenommen,<br />

seit südafrikanische Vereine und<br />

die Natio nalmannschaft nach der<br />

Abschaffung der politischen Apartheid<br />

wieder am internationalen Fußballgeschäft<br />

teilnehmen dürfen. Mit<br />

der kommenden WM erreicht diese<br />

Begeisterung ihren Höhepunkt. Dennoch<br />

ist sie keinesfalls grenzen- und<br />

bedenkenlos, wie oft dargestellt. Je<br />

näher die größte Sportparty der Welt<br />

rückt, desto deutlicher wird, dass sich<br />

hinter dem offiziellen Diskurs und der<br />

als allgemein dargestellten Begeisterung<br />

viele Probleme verbergen, die<br />

auf das Zelebrieren der afrikanischen<br />

Menschlichkeit dunkle Schatten<br />

werfen. Eines dieser Probleme heißt<br />

Zwangsumsiedlung.<br />

Vertreibungen im Vorfeld von<br />

Sportereignissen sind nicht neu.<br />

Zuletzt sorgten die olympischen Spiele<br />

in Peking in diesem Zusammenhang<br />

für negative Schlagzeilen. In Südafrika<br />

aber haben Vertreibungen eine<br />

tragische Vorgeschichte: Landenteignungen<br />

und Zwangsumsiedlungen<br />

gehörten unter der Apartheid zu den<br />

gängigen Methoden des Ressourcen-<br />

und Reichtumstransfers von Schwarz<br />

nach Weiß. Diesen Hintergrund darf<br />

man nicht aus dem Blick verlieren,<br />

wenn man 17 Jahre nach der Abschaffung<br />

der politischen Apartheid von<br />

Vertreibungen in Südafrika spricht.<br />

Vertreibungen heute<br />

Bei Räumungsaktionen wie kürzlich<br />

im Slum an der Kennedy Road in<br />

Durban spielen andere Gründe als<br />

unter der Apartheid eine Rolle. Viele<br />

Opfer dieser Räumungsaktionen<br />

haben das Gefühl, die Verantwortlichen<br />

in den Großstädten wollten<br />

sie loswerden, um einen makellosen<br />

Eindruck vor der Welt abzugeben.<br />

Die Armensiedlungen passen nicht<br />

in das moderne Südafrika-Bild. Deswegen<br />

sollen die Bewohnerinnen und<br />

Bewohner einiger Slums vor Beginn<br />

der WM umgesiedelt werden. Land ist<br />

Wohnraum und das Problematische<br />

sowohl an den schon durchgeführten<br />

als auch an den noch geplanten<br />

Umsiedlungen ist, dass die Behörden<br />

nur selten in der Lage sind, adäquaten<br />

neuen Wohnraum zur Verfügung zu<br />

stellen. So werden die Vertriebenen<br />

in Übergangslager am Rande der<br />

Städte gebracht, in denen es eine nur<br />

unzureichende Infrastruktur gibt. Die<br />

Versorgung mit Energie und Wasser<br />

gestaltet sich schwierig, sanitäre<br />

An lagen sind mangelhaft, Krankenhäuser<br />

und Schulen so weit entfernt,<br />

dass sie kaum zu erreichen sind.<br />

Dennoch ist Imagepflege nicht<br />

der einzige Grund für die Zwangsräumung<br />

der von Armen bewohnten<br />

Flächen. Auch Bodenspekulation und<br />

Profitmaximierung spielen eine Rolle.<br />

Aus der Sicht von Behörden und Investoren<br />

bietet der oft begehrte Boden der<br />

Armenviertel lukrative Investitionsmöglichkeiten.<br />

Aus dieser Perspektive sind<br />

Zwangsräumungen oft nur der erste<br />

Schritt zu einer Umwidmung von Siedlungsgebieten<br />

der Armen. Gegen diese<br />

Zwangsräumungen sowie gegen die<br />

geplante Vertreibung von Straßenhändlern<br />

um die Stadien und Fanmeilen,<br />

wo die FIFA-Sponsoren Sonderrechte<br />

genießen, organisiert sich starker<br />

Widerstand, zum Beispiel von Abahlali<br />

baseMjondolo, der größten südafrikanischen<br />

Organisation von Slum-Bewohnern,<br />

oder StreetNet, einem internationalen<br />

Netzwerk von Straßenhändlern.<br />

Und um des Friedens willen wäre die<br />

Südafrikanische Regierung gut beraten,<br />

faire und gerechte Regelungen zu<br />

suchen oder zu finden, Probleme zu<br />

lösen anstatt sie zu verstecken oder zu<br />

verdrängen. Dies ist unabdingbar, will<br />

Südafrika nicht nur mit Straßen, Flughäfen,<br />

Stadien und Hochhäusern, sondern<br />

auch mit Menschlichkeit glänzen,<br />

denn Humanität hat nichts mit bloßer<br />

Fassadenwirkung zu tun. Sie artikuliert<br />

sich in der Fürsorge für die Armen und<br />

Schwachen, für Menschen, die um ihr<br />

Überleben kämpfen.<br />

Dr. Boniface Mabanza<br />

Boniface Mabanza ist Theologe und Koordinator<br />

bei der Kirchlichen Arbeitsstelle<br />

Südliches Afrika (KASA) in Heidelberg.<br />

»Unser Land, unser Erbe, unser Recht«: Demonstration in Vaalplaas/Südafrika<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Bildungsangebot 2010:<br />

»Fußball-WM 2010 in<br />

Südafrika – More Than<br />

Just A Game!«<br />

Mit der WM 2010 steht Südafrika im<br />

Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Die<br />

Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika<br />

(KASA) lädt Sie ein, die WM 2010 als<br />

einmalige Chance zum Anlass zu nehmen,<br />

ein breites Spektrum an Themen, Inhalten<br />

und Hintergründen über das Land Südafrika<br />

bzw. die Region Südliches Afrika<br />

kennenzulernen. KASA unterstützt bildungspolitische<br />

Maßnahmen im Rahmen<br />

der WM 2010 mit einem Angebot, das<br />

sich sowohl thematisch und zeitlich als<br />

auch methodisch flexibel gestalten und<br />

sich an dem Bedarf der beantragenden<br />

Gruppen ausrichten lässt.<br />

Kontakt:<br />

Dr. Boniface Mabanza<br />

Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika<br />

c/o Werkstatt Ökonomie<br />

Obere Seegasse 18<br />

69124 Heidelberg<br />

06221/ 43336-17<br />

boniface.mabanza@woek.de<br />

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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Ein Land im Wandel<br />

Jahrhunderte der <strong>Ausgrenzung</strong> in Bolivien<br />

Bolivien, Land im Wandel: Indigene Kultur trifft Moderne<br />

Seit der Kolonialzeit wird die indigene<br />

Bevölkerung Boliviens unterdrückt und<br />

gezwungen, die Reichtümer Boliviens auszunutzen,<br />

ohne selbst davon zu profitieren.<br />

Der im Dezember 2009 wiedergewählte<br />

erste indigene Präsident Boliviens will das<br />

ändern.<br />

Wenn Sie zur nächsten Familienfeier<br />

das Tafelsilber Ihrer Großeltern mal<br />

wieder putzen, dann können Sie<br />

sicher sein, dass ein Teil dieses Silbers<br />

aus Bolivien stammt. Mit dem von<br />

den Kolonialherren im bolivianischen<br />

Potosí geförderten und nach Europa<br />

gebrachten Edelmetall hätte man<br />

eine Brücke aus der Neuen Welt bis<br />

nach Sevilla bauen können. Immense<br />

Reichtümer wurden im Laufe der<br />

Jahrhunderte aus dem Cerro Rico,<br />

dem zur Kolonialzeit größten<br />

Bergwerk im spanischen Königreich,<br />

gefördert. Der »Reiche Berg« steht<br />

heute wie ein zerlöcherter Koloss<br />

über der Stadt Potosí. Das Silber<br />

machte Potosí im 17. Jahrhundert<br />

zu einer der größten Städte der<br />

Welt mit über 120.000 Einwohnerinnen<br />

und Einwohnern. Nachdem<br />

die Silberminen so gut wie ausgeschöpft<br />

waren, fand man Zinn.<br />

Beide Metalle werden noch immer<br />

in Potosí abgebaut.<br />

Reiche Schätze, armes Land<br />

Bolivien ist auch heute noch reich<br />

an Bodenschätzen. So befindet sich<br />

im Andenstaat das zweitgrößte<br />

Erd gasvorkommen Südamerikas.<br />

In dem Salzsee Salar de Uyuni vermutet<br />

man mit geschätzten 5,4 Millionen<br />

Tonnen fast die Hälfte des<br />

weltweiten Gesamtvorkommens an<br />

Lithium, einem Rohstoff, der für die<br />

Produktion von modernen Lithium-<br />

Ionen-Batterien benötigt wird.<br />

Doch trotz dieser immensen Reichtümer<br />

ist Bolivien nach Haiti das<br />

zweitärmste Land Südamerikas. Es hat<br />

im Laufe der Jahrhunderte schlechte<br />

Erfahrungen mit dem Abbau seiner<br />

Bodenschätze gemacht: Meistens<br />

brachten ausländische Investoren<br />

die Rohstoffe außer Landes, sodass<br />

Bolivien an der Wertschöpfung nur<br />

geringen oder gar keinen Anteil hatte.<br />

Langsamer Wandel<br />

Heute leben ca. 80 % der Bevölkerung<br />

unter der absoluten Armutsgrenze.<br />

Was in der Kolonialzeit begann, setzt<br />

sich wirtschaftlich und gesellschaftlich<br />

bis heute fort: Leidtragende sind<br />

die Indigenen Boliviens, die 7 % der<br />

Bevölkerung ausmachen. Wurden die<br />

Bürgerinnen und Bürger indianischer<br />

Abstammung während der Kolonialzeit<br />

oftmals als Zwangsarbeiterinnen<br />

und Zwangsarbeiter in den Minen von<br />

Potosí zu Tode geschunden, werden<br />

sie bis heute von Bildung, Ausbildung<br />

sowie politischer und wirtschaftlicher<br />

Partizipation ausgeschlossen. Auch<br />

wenn die systematische <strong>Ausgrenzung</strong><br />

durch die Zentralregierung in La Paz<br />

seit dem Amtsantritt von Präsident<br />

Evo Morales im Jahr 2006 gestoppt<br />

wurde, so herrschen in den ländlichen<br />

Gebieten oftmals noch die<br />

wenigen weißen Großgrundbesitzer<br />

als Kolonialherren, die Indigene wie<br />

Leibeigene behandeln.<br />

Große Verantwortung<br />

Nur ca. 25 % der Menschen in<br />

Bolivien sind europäischer Abstammung.<br />

Dennoch haben sie seit<br />

Gründung der Republik Bolivien<br />

im Jahr 1825 immer die Regierung<br />

gestellt. Erst seit der Wahl von<br />

Evo Morales Ayma, einem Aymara-<br />

Indianer, der früher einmal Kokabauer<br />

und Gewerkschaftsführer war, steht<br />

erstmals im Laufe der Geschichte<br />

Boliviens ein Indigener an der Spitze<br />

der Regierung. Bei seiner Wiederwahl<br />

im Dezember 2009 erhielt er 64 %<br />

der Stimmen.<br />

Der Anspruch der Politik von Evo<br />

Morales ist es, die soziale, kulturelle,<br />

wirtschaftliche und politische Situation<br />

der 36 indigenen Völker Boliviens<br />

dauerhaft zu verbessern. Die Mehrheit<br />

der Bevölkerung soll künftig<br />

nicht mehr ausgegrenzt und diskriminiert<br />

werden. Ein hoher Anspruch in<br />

einem gespaltenen Land, in dem seit<br />

Jahrzehnten soziale Konflikte immer<br />

wieder ihren Blutzoll fordern. Mit<br />

der Verstaatlichung der Bodenschätze<br />

und der Einführung einer neuen<br />

Verfassung, in der den indigenen<br />

Völkern mehr Rechte zugestanden<br />

werden, hat sich Evo Morales in<br />

den vergangenen Jahren nicht nur<br />

Freunde gemacht. Die politischen<br />

und sozialen Spannungen in Bolivien<br />

halten an. Amnesty International<br />

beklagt in seinem Jahresbericht 2009<br />

zu Bolivien ein Ansteigen rassistischer<br />

Übergriffe auf Indigene und ihre<br />

Nichtregierungsorganisationen. Die<br />

Kritik an seiner »sozialistischen« Politik<br />

und seiner Nähe zum venezuelanischen<br />

Präsidenten Hugo Chávez<br />

wird auch international geäußert.<br />

Kinder aus Bolivien<br />

Jedoch werden seine Wirtschaftspolitik<br />

und seine Politik zur Armutsbekämpfung<br />

auch von unerwarteter<br />

Seite gelobt: Der internationale Währungsfonds<br />

(IWF) bescheinigt Bolivien<br />

eine »angemessene« Wirtschaftspolitik,<br />

die dem Land trotz der weltweiten<br />

Wirtschaftskrise im Jahr 2009<br />

ein Wachstum von 4 % bescherte<br />

und welche die Staatseinnahmen<br />

zwischen 2005 und 2009 um 18 %<br />

steigerte. Boliviens Staatshaushalt<br />

weist dadurch erstmals seit 1970 kein<br />

Defizit auf und der Regierung wurden<br />

finanzielle Freiräume für die Fortführung<br />

der Armutsbekämpfung und<br />

Alphabetisierungskampagne eröffnet.<br />

Die Entwicklung Boliviens in<br />

den letzten Jahren ist durchaus hoffnungsvoll,<br />

auch wenn eine unselige<br />

500-jährige koloniale Tradition und<br />

deren Folgen nicht in zwei Legislaturperioden<br />

beseitigt werden können.<br />

Es gibt aber den Hoffnungsschimmer,<br />

dass Evo Morales der indigenen<br />

Mehrheit Boliviens ein Selbstbewusstsein<br />

gibt, das ihr hilft, ihr Schicksal<br />

weiter aktiv in die eigene Hand zu<br />

nehmen und den Reichtum ihres<br />

Landes gerecht zu nutzen.<br />

Thomas M. Schimmel<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Weitere Informationen unter:<br />

www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Bolivien/Welcome.html<br />

www.quetzal-leipzig.de/lateinamerika/bolivien<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Bolivien<br />

Straße in Potosí/Bolivien. Im Hintergrund der Cerro Rico.<br />

25


26<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Vom Gewicht der Farbe<br />

Die Vielfalt der Ethnien in Lateinamerika<br />

Als ich von Peru zum Studium nach Deutschland<br />

kam, lernte ich hier zwei Studenten<br />

kennen. Der eine hieß Thomas. Er war<br />

deutsch, blond und nur 1,55 m groß. Sein<br />

Kommilitone Patricio kam aus Chile. Er<br />

war 1,80 m groß, trug schwarzes, langes<br />

Haar und war stolz darauf, eine für lateinamerikanische<br />

Verhältnisse helle Hautfarbe<br />

zu haben.<br />

Patricio provozierte Thomas ständig<br />

mit Witzen, bei denen es um dessen<br />

Körpergröße ging. Es amüsierte ihn<br />

zum Beispiel köstlich, dass Thomas<br />

20 cm kleiner war als seine Freundin,<br />

und ständig spottete er über diese<br />

Äußerlichkeit. Uns anderen war das<br />

sehr unangenehm, aber Thomas ertrug<br />

die ständigen Spötteleien zunächst mit<br />

souveräner Abgeklärtheit. Nach einiger<br />

Zeit sprach er mich eines Tages aber<br />

dann doch einmal an und bat mich<br />

um meinen Rat. »Hör mal, Omar«,<br />

sagte er, »ich weiß ja nicht, wie Ihr<br />

das in Südamerika macht. Ich habe<br />

alles versucht, um Patricio von seinen<br />

›Witzen‹ abzubringen, im Guten wie<br />

im Bösen, aber er hört einfach nicht<br />

auf mit seinen ständigen Anspielungen.<br />

Was kann ich tun? Ich glaube,<br />

er braucht einmal eine sehr deutliche<br />

Antwort, etwas, das er versteht.«<br />

Ich gab ihm zwei Tipps, aber beide<br />

schlugen fehl. Da half nur noch eins.<br />

Ich riet Thomas: »Nenn ihn ›Roto‹.«<br />

Familie aus Lima/Peru<br />

Zwei Wochen später lud mich ein<br />

erleichterter Thomas zum Essen ein:<br />

»Es ist ein Wunder, Patricio lässt<br />

mich jetzt in Ruhe. Aber sag mal:<br />

Was bedeutet eigentlich ›Roto‹?«<br />

»Roto« ist in Chile ein sehr abwertender<br />

Begriff für arme Bauern, die in<br />

erniedrigenden, schmutzigen Verhältnissen<br />

leben und die über keine besonders<br />

guten Manieren verfügen. ›Roto‹<br />

meint aber unterschwellig noch mehr.<br />

Es schwingt bei diesem Wort immer<br />

auch eine rassistische Komponente<br />

mit. Ein ›Roto‹ unterscheidet sich<br />

nicht nur in seinen Lebensumständen<br />

von der weißen Bevölkerung, sondern<br />

auch durch seine kleinere Körpergröße<br />

und seine dunklere Hautfarbe.<br />

Das Erstaunliche und zugleich auch<br />

Typische an Patricios Reaktion ist, dass<br />

Angehörige der »weißen« Bevölkerung<br />

in Südamerika durch nichts schwerer<br />

getroffen werden, als wenn man ihnen<br />

vorwirft, zu diesen – in ihren Augen –<br />

kleinen, dunklen, ungebildeten Landsleuten<br />

zu gehören. Patricio ist weder<br />

klein noch dunkel, und als Student<br />

gehört er zu der bildungsmäßigen<br />

Elite seines Landes. Und trotzdem:<br />

Überhaupt mit den ›Rotos‹ in irgendeiner<br />

Weise in Verbindung gebracht<br />

zu werden, hat ihn tief getroffen. Das<br />

ist bezeichnend in Südamerika: Die<br />

schlimmste Beleidigung ist die, zu<br />

einer anderen Volksgruppe des Landes<br />

gerechnet zu werden.<br />

Beispiel Peru<br />

Auch in Peru ist dieses Phänomen<br />

typisch. Auch hier ist ein emotionsloser<br />

Umgang mit der eigenen Volkszugehörigkeit<br />

immer noch nicht<br />

möglich, obwohl Peru neben Bolivien<br />

und Guatemala zu einem der drei<br />

südamerikanischen Ländern gehört,<br />

in denen die Mehrheit der Bevölkerung<br />

indianischer Abstammung ist.<br />

Deutlich wurde dies an den Reaktionen<br />

auf den peruanischen Film »La<br />

teta asustada«/»Eine Perle Ewigkeit«,<br />

der im Jahr 2009 bei der 59. Berlinale<br />

den Goldenen Bären gewann.<br />

In dem Film geht es um die<br />

Folgen des Krieges zwischen dem<br />

peruanischen Militär und der Terrororganisation<br />

»Leuchtender Pfad«, der<br />

in den 1980er und 1990er Jahren<br />

unsägliches Leid vor allem über<br />

die indianische Landbevölkerung<br />

gebracht hat. Der Film handelt von<br />

Menschen aus den Anden, die nicht<br />

nur unter extremer Armut leiden,<br />

sondern auch unter dem anhaltenden<br />

Trauma der erlittenen Gewalt.<br />

Anstatt sich über die internationale<br />

Anerkennung dieses Filmes zu<br />

freuen, ärgerte sich ein großer Teil<br />

der Peruaner darüber. Die Auszeichnung<br />

führte zu einer leidenschaftlichen<br />

öffentlichen Polemik. In<br />

fast allen Zeitungen, Zeitschriften,<br />

TV-Sendungen und Blogs wurde der<br />

Film samt seines Preises verrissen<br />

– und das, obwohl kaum einer der<br />

Kritiker den Film selbst gesehen<br />

hatte. Man bezog sich zum großen<br />

Junge Fernsehleute in Lima/Peru<br />

Teil auf Rezensionen der internationalen<br />

Presse. Das Fazit der meisten<br />

Kritiker war, dass der Film nicht über<br />

die Qualitäten verfügte, die den Preis<br />

gerechtfertigt hätten.<br />

Das konservative Lager warf den<br />

Filmemachern vor, dass sie die peruanische<br />

Gesellschaft auf beschämende<br />

Weise als »unzivilisiert und primitiv«<br />

erscheinen ließen und sowohl das<br />

Leben in den großen Städten als auch<br />

die Weltsicht der Mittel- und Oberschicht<br />

völlig außer Acht ließen.<br />

Eine andere Gruppe sah in dem<br />

Preis nichts weiter als eine Geste der<br />

deutschen linken Intellektuellen, die<br />

mit dem Preis ihr Wohlwollen gegenüber<br />

der Dritten Welt aus drücken<br />

wollten.<br />

Die Vertreter der peruanischen<br />

Linken schließlich stempelten den<br />

Film als das rassistische Werk einer<br />

»weißen Regisseurin mit grünen<br />

Augen« ab, die in Spanien lebt und<br />

daher keine Ahnung von der peruanischen<br />

Realität hat. Ihr Erfolg sei<br />

allein darauf zurückzuführen, dass<br />

sie die Tochter des berühmten Schriftstellers<br />

Mario Vargas Llosa sei.<br />

Wenn man dies alles liest und<br />

hört, fragt man sich: Warum kann ein<br />

Film, der das Leiden einer großen,<br />

aber gleichzeitig unterdrückten und<br />

vergessenen Gruppe darstellt, so viel<br />

Aggressivität erwecken? Man will mit<br />

dieser anderen Gruppe nichts zu tun<br />

haben, man will weder ihre Realität<br />

noch ihre Weltsicht kennen – und<br />

man will auch nicht, dass sich andere<br />

dafür interessieren.<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Beispiel Bolivien<br />

Ein anderes Beispiel für den unterschwelligen<br />

Rassismus in Südamerika<br />

war die Wahl der »Miss Universum<br />

2004«. Für Bolivien nahm Gabriela<br />

Oviedo an dem Schönheitswettbewerb<br />

teil. In einem Interview, das sie<br />

Journalisten über ihre Heimat gab,<br />

entschuldigte sie sich dafür, dass »die<br />

Menschen immer denken, wir seien<br />

alle Indios. Dabei sind die Menschen<br />

im Osten Boliviens groß, weiß und<br />

sprechen Englisch. Wir sind nicht<br />

klein und arm wie die Leute in der<br />

Metropole La Paz«.<br />

Wenn die öffentliche Vertreterin<br />

eines Volkes so über ihre Landsleute<br />

spricht, ohne dass ein Aufschrei der<br />

Empörung dadurch hervorgerufen<br />

wird: Wie selbstverständlich muss<br />

eine solch diskriminierende Sicht<br />

dann immer noch sein!<br />

Qualitätsmerkmal Hautfarbe<br />

All diese Beispiele zeigen, wie<br />

subtil, verwirrend und erschreckend<br />

Diskriminierung ist und wie tief sie<br />

in der menschlichen Seele verankert<br />

ist. Jeder lateinamerikanische Bürger<br />

erlebt tagtäglich im Fernsehen, bei<br />

der Arbeit und vor dem Gesetz: Es<br />

gibt kein volksgruppenübergreifendes<br />

»Wir-Gefühl«. Menschen mit einer<br />

anderen Hautfarbe werden nicht der<br />

eigenen Nation zugerechnet. Man<br />

begegnet der jeweils anderen Gruppe<br />

misstrauisch und sieht in ihr den alten<br />

und den neuen Feind: den alten, den<br />

es bei der Kolonisierung zu bekämpfen<br />

galt, und den neuen, gegen den<br />

man – je nachdem – entweder die<br />

eigenen Privilegien zu verteidigen<br />

oder die seit Jahrhunderten verwehrten<br />

Rechte zu erstreiten hat.<br />

In Lateinamerika spielt unter den<br />

»Qualitätsmerkmalen« eines Menschen,<br />

nach denen er eingeschätzt<br />

wird, immer auch seine Hautfarbe<br />

eine entscheidende Rolle. Das ist ein<br />

angeborener Vor- oder Nachteil, den<br />

man im ganzen Leben mit sich trägt.<br />

Omar Handabaka<br />

Omar Handabaka aus Peru ist Politikwissenschaftler<br />

und Universitätsdozent<br />

an der Universität Duisburg-Essen und<br />

an der Fachhochschule Münster.<br />

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28<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

Auf das Herz kommt es an Der lange Weg zur Gleichheit<br />

Brüder unterschiedlicher Hautfarbe Aus dem Leben einer schwarzen Ordensschwester<br />

Brasilien ist ein multikulturelles Land. Es<br />

gibt vor allem drei große Volksgruppen: die<br />

Indianer, die Schwarzen und die Weißen.<br />

Diese drei Ethnien haben eigentlich noch<br />

nie richtig zusammengelebt. Man muss nur<br />

einmal in die »Favelas« oder in die Gefängnisse<br />

gehen. Hier sind die Schwarzen und<br />

die Indianer immer noch in der Überzahl.<br />

Materielle Armut, Analphabetismus,<br />

Arbeitslosigkeit und der Mangel an menschenwürdigen<br />

Unterkünften stürzen viele<br />

Afro-Brasilianer und Indianer ins Elend. Der<br />

brasilianische Staat hat immer noch nicht<br />

von Schwarzen. Trotzdem gibt es immer<br />

noch Diözesen, die sich diesen Anweisungen<br />

widersetzen und weder schwarze<br />

Ordensleute noch schwarze Priesteramtskandidaten<br />

zulassen wollen.<br />

Ich bin im Jahr 1984 als Schwarzer in<br />

den <strong>Franziskaner</strong>orden eingetreten. Als<br />

ich meinen Eltern und Freunden vorher<br />

erzählte, was ich vorhatte, waren die Reaktionen<br />

ganz unterschiedlich. Einige sagten:<br />

»Ich kenne keinen schwarzen Priester.«<br />

Andere warnten: »Es wird schwierig für<br />

dich werden in der Welt der Weißen.« Aber<br />

einige machten mir auch Mut: »Nur zu,<br />

du bist schließlich einer von uns! Du wirst<br />

unser Pater!«<br />

In der Gruppe der Postulanten war ich<br />

der einzige Schwarze. Aber ich erinnere<br />

mich nicht daran, dass es jemals deswegen<br />

Probleme gegeben hätte. Im Gegenteil. Ich<br />

habe alle nur erdenkliche Unterstützung<br />

erhalten, die man sich wünschen kann,<br />

um meine Identität als Schwarzer auch im<br />

Orden in Würde und mit Freude zu leben.<br />

Bei meinen franziskanischen Mitbrüdern<br />

zählte nur eins: Gemeinsam für die Armen<br />

da zu sein.<br />

Br. João Muniz Sr. Zenaide Costa<br />

Bei uns in Brasilien und vielen anderen<br />

Teilen der Welt werden Menschen<br />

schwarzer und indianischer Abstammung<br />

immer noch diskriminiert. Wir Brasilianer<br />

sind zwar schon einige Schritte vorangekommen,<br />

was das harmonische Zusammenleben<br />

der Menschen verschiedener<br />

Herkunft und Hautfarbe angeht, aber es<br />

gibt trotzdem noch viel zu tun.<br />

gelernt, gut mit den Unterschieden in der<br />

Bevölkerung umzugehen. Wir sind noch<br />

lange nicht alle gleich vor dem Gesetz.<br />

Menschen, die nicht weiß sind, werden<br />

immer noch sozial ausgegrenzt, und es ist<br />

noch ein langer Weg bis wir wirklich alle<br />

so behandelt werden, wie es die brasilianische<br />

Verfassung vorsieht. Dieser Weg<br />

führt über eine gute Schul- und Berufsausbildung,<br />

über gerechte Arbeitsverträge,<br />

über den Respekt vor den Unterschieden,<br />

über die Religionsfreiheit, über die<br />

gerechte Verteilung der Güter des Landes<br />

und über die Eingliederung derer, die am<br />

Rande der Gesellschaft stehen.<br />

(K)eine Kirche der Weißen<br />

Die katholische Kirche hat von der Kolonialzeit<br />

an immer eine wichtige Rolle in<br />

der brasilianischen Gesellschaft gespielt,<br />

wenn es um soziale, politische und<br />

religiöse Bildung ging. Allerdings hätte<br />

sie in Bezug auf die Afrikaner in Brasilien<br />

prophetischer sein müssen. Auch in der<br />

Kirche gab es Regeln, die Schwarzen, Indianern<br />

und Mulatten den Beitritt zu einem<br />

Orden oder die Ausbildung zum Priester<br />

verweigerten. Gerechterweise muss man<br />

allerdings dazu sagen, dass es immer auch<br />

Stimmen gab, die dies kritisierten.<br />

Noch bis vor etwas mehr als 60 Jahren<br />

gab es in Brasilien ausschließlich weiße<br />

Priesteramtskandidaten. Heute haben wir<br />

in Brasilien 17.500 Priester. Es könnten<br />

viel mehr sein, wenn man schon viel<br />

früher auch Schwarze und Mulatten<br />

zum Priesteramt zugelassen hätte. Die<br />

Folgen dessen, was in der Vergangenheit<br />

versäumt wurde, bekommen wir<br />

heute zu spüren. »Anstatt 2.000 könnte<br />

es heute 12.000 schwarze Priester in<br />

Brasilien geben«, schätzt der <strong>Franziskaner</strong>pater<br />

David Raimundo Santos, der<br />

die Geschichte der Schwarzen in den<br />

vergangenen 500 Jahren in Brasilien untersucht.<br />

Auch von den zurzeit insgesamt<br />

430 brasilianischen Bischöfen sind nur<br />

12 schwarz.<br />

Inzwischen unterstützen sowohl die<br />

Brasilianische Bischofskonferenz als auch<br />

der Heilige Stuhl die religiöse Berufung<br />

Priester aus Leidenschaft<br />

Heute bin ich <strong>Franziskaner</strong> und Priester.<br />

Seit sieben Jahren bilde ich den Ordensnachwuchs<br />

aus, leite als Pfarrer eine große<br />

Gemeinde und verrichte weitere Dienste<br />

für die Ordensprovinz. Ich habe in Rom<br />

Philosophie studiert und in Theologie<br />

promoviert. Als ich von Italien zurückkam,<br />

haben mir die Mitbrüder in Brasilien die<br />

Leitung der Provinz Bacabal anvertraut. Ich<br />

nehme die Aufgaben, die mir mit diesem<br />

Amt zukommen, mit großer Achtung und<br />

großer Hingabe wahr. Zusammen mit den<br />

anderen Brüdern ist es mir ein ganz großes<br />

Anliegen, für die Armen da zu sein und<br />

mit ihnen zu leben, ganz so, wie Jesus und<br />

Franziskus es getan haben. Auf das Herz<br />

kommt es an, nicht auf die Hautfarbe.<br />

Br. João Muniz Alves ofm<br />

Bruder João ist Provinzial der <strong>Franziskaner</strong>provinz<br />

Bacabal im Nordosten Brasiliens.<br />

Es ist noch ein weiter Weg, bis die Menschen<br />

verschiedener Hautfarbe in Brasilien<br />

auf allen Ebenen gleich behandelt werden,<br />

auch in der Kirche. Alle »Weißen«, das<br />

heißt, alle Brasilianer europäischer Abstammung,<br />

gelten als »schön, klug, gebildet«.<br />

Alle anderen dagegen werden nicht nur<br />

von den Weißen als »hässlich, dumm und<br />

unzivilisiert« angesehen – oft halten sich<br />

die Schwarzen, Indianer und Mestizen<br />

auch selbst dafür.<br />

Ich erinnere mich an eine Geschichte,<br />

die ich als Kind erlebt habe. Meine Eltern,<br />

Geschwister und ich lebten in einem Ort,<br />

in dem es nur eine einzige weiße Familie<br />

gab. Wir verstanden uns prima mit diesen<br />

Leuten, und ich wäre nicht auf die Idee<br />

gekommen, dass die Hautfarbe eine wichtige<br />

Rolle spielen würde. Diese Erfahrung<br />

machte ich erst später, in der Schule und<br />

leider auch in der Kirche.<br />

Schwarzer Engel?<br />

Jedes Jahr im Mai gab es in unserer<br />

Gemeinde einen Gottesdienst, in dem<br />

sich ein Kind als Engel verkleiden und<br />

der Marienstatue eine Krone aufsetzen<br />

durfte. Alle sagten, dass ich sehr schön<br />

singen würde, und man ließ mich das<br />

Lied für die Krönung üben. Ich machte<br />

mir also Hoffnung, dass ich in diesem<br />

Jahr der Engel sein und der Maria die<br />

Krone aufsetzen dürfte. Doch es kam<br />

anders. Ich wurde hinter die Statue<br />

gerufen, dort sollte ich singen. Währenddessen<br />

spielte ein weißes Mädchen<br />

den Engel und setzte der Maria die<br />

Krone auf. Zunächst dachte ich mir<br />

nichts dabei und träumte weiter davon,<br />

eines Tages doch einmal der Engel sein<br />

zu dürfen – bis man mir sagte, dass es<br />

keine schwarzen Engel gäbe.<br />

Unter Schwestern<br />

Trotz dieser Erfahrung wuchs die<br />

Liebe zur Kirche weiter in mir, und ich<br />

wünschte mir, Ordensschwester zu<br />

werden. Aber zu dieser Zeit gab es noch<br />

so gut wie keine schwarzen Ordensschwestern.<br />

Mit wem also da rüber<br />

reden? In meiner Stadt gab es Franzis-<br />

kanerinnen aus Deutschland. Ihnen<br />

vertraute ich mich an, und sie nahmen<br />

mich ohne weiteres in ihre Gemeinschaft<br />

auf. Dort wurde ich behandelt<br />

wie alle anderen auch. Niemand schaute<br />

auf mich herab, im Gegenteil. Nachdem<br />

ich meine Ewige Profess abgelegt hatte,<br />

wählten mich meine Mitschwestern zur<br />

Superiorin, Koordinatorin und Ausbildungsleiterin<br />

unserer Gemeinschaft.<br />

Sie gaben mir Aufgaben des Vertrauens.<br />

Aber außerhalb unserer Gemeinschaft<br />

ging man mit mir weiterhin um wie mit<br />

einem unmündigen Kind.<br />

Wenn ich Besucher an der Pforte<br />

empfing, bekam ich manchmal Dinge<br />

zu hören wie: »Mein Kind, geh doch<br />

ins Haus und hole mir eine Schwester.«<br />

Dabei konnte jeder sehen, dass ich auch<br />

eine Schwester war – sonst hätte ich ja<br />

kein Ordenskleid getragen. Aber eine<br />

schwarze Schwester konnte es in den<br />

Augen der Leute einfach nicht geben.<br />

Einmal, als ich schon Oberin war,<br />

kam eine Frau zu uns und erzählte<br />

mir ihre ganze Lebens- und Leidensgeschichte.<br />

Ich hörte ihr aufmerksam<br />

zu. Nach einiger Zeit erhob sie sich<br />

seufzend und sagte zu mir: »Ach meine<br />

Tochter, was erzähle ich dir das alles.<br />

Geh doch bitte zur Mutter Oberin und<br />

frage sie, ob sie mir nicht helfen kann.«<br />

Von Gott geschaffen<br />

1992 gab es in São Paulo eine große Versammlung,<br />

zu der sich rund 700 Ordensleute<br />

trafen. Nur drei der Schwestern<br />

und acht der Brüder waren schwarz,<br />

aber die Gottesdienste wurden mit<br />

rhythmischen afrikanischen Gesängen<br />

und Tänzen gestaltet. Fast täglich bat<br />

man mich, mit Tüchern und in bunten<br />

Kleidern zu der Musik einzuziehen,<br />

einmal die Bibel, einmal die Gottesmutter<br />

hereinzutragen und dabei zu<br />

tanzen. Als ich eines Morgens in der<br />

Schlange zum Frühstücksbüfett stand,<br />

sah mich eine andere Schwester an und<br />

fragte mich: »Zu welcher Tanzgruppe<br />

gehören Sie eigentlich?« Ich deutete auf<br />

mein Namensschild, erklärte ihr, dass<br />

ich keine Tänzerin, sondern <strong>Franziskaner</strong>in<br />

sei. Kurz darauf hörte ich sie<br />

überall erzählen, dass ich als Tänzerin<br />

für die Gottesdienste angeheuert<br />

worden sei.<br />

Für viele Leute in Brasilien ist es<br />

immer noch ein Ding der Unmöglichkeit,<br />

dass auch Menschen mit<br />

schwarzer Hautfarbe gute Ordensschwestern,<br />

Priester, Bürgermeister,<br />

Schulleiter oder was auch immer sein<br />

können. Aber hat nicht Gott selbst<br />

uns in unserer Unterschiedlichkeit<br />

geschaffen, damit jeder von uns mit<br />

seinen besonderen Gaben den anderen<br />

dient – egal, welche Hautfarbe wir<br />

dabei haben?<br />

Sr. Maria Zenaide Costa<br />

Schwester Zenaide ist Regionaloberin der<br />

Waldbreitbacher <strong>Franziskaner</strong>innen in São Luís<br />

im brasilianischen Bundesstaat Maranhão.<br />

Übersetzung aus dem Portugisischen: Anke Chávez Übersetzung aus dem Portugisischen: Anke Chávez<br />

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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010 — <strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>!<br />

Kurznachrichten<br />

Haiti<br />

Was tun die <strong>Franziskaner</strong> in<br />

Port-au-Prince?<br />

Am 12. Januar 2010, gegen 16.53 Uhr<br />

Ortszeit, kostete ein Erdbeben der<br />

Stärke 7 auf der Richterskala mehr als<br />

150.000 Menschen das Leben. Wie<br />

durch ein Wunder überlebten alle<br />

15 <strong>Franziskaner</strong> der Hauptstadt Portau-Prince<br />

so gut wie unverletzt. Nun<br />

versuchen sie, den Menschen, die fast<br />

alle mindestens einen Angehörigen<br />

verloren haben, beizustehen und den<br />

Wiederaufbau langsam mit vorzubereiten.<br />

Br. Carlos Omar Durán Vásquez,<br />

von der franziskanischen Gemeinschaft<br />

»San Alejandro« aus Port-au-Prince,<br />

Haiti, berichtet per E-Mail, wie die<br />

<strong>Franziskaner</strong> das Beben erlebt haben.<br />

Unser Kloster liegt mitten in der Stadt<br />

Port-au-Prince, ca. einen Kilometer entfernt<br />

vom zerstörten Parlamentsgebäude. Es war<br />

am 12. Januar, einem Dienstag am späten<br />

Nachmittag, als die Erde anfing zu beben<br />

und wir die Zerstörung der Stadt erlebten.<br />

Einige Bilder von den Ausmaßen des Erdbebens auf Haiti am 12. Januar 2010.<br />

Wir hielten uns alle an verschiedenen<br />

Orten auf. Bruder Victor aus Chile, der bei<br />

uns französisch studiert, war in der Schule.<br />

Mehrere Stunden lang wussten wir nicht,<br />

wie es ihm geht. Bruder Columbano war<br />

im Büro bei der Kapelle bei der Arbeit.<br />

Ich selbst war mit unserem Postulanten<br />

im Obergeschoss des Klosters. Als wir auf<br />

die Straße liefen, haben wir miterlebt,<br />

wie groß und schrecklich das Beben war.<br />

Wir haben Häuser einstürzen sehen, und<br />

es lagen Leichen von Menschen auf der<br />

Straße, die von den Trümmern erschlagen<br />

worden waren. Ein vierstöckiges Hotel<br />

neben unserer Kapelle wurde vollständig<br />

zerstört, es werden dort immer noch<br />

mindestens drei Tote unter den Trümmern<br />

vermutet. Noch heute spüre ich die Panik,<br />

die die Menschen gemeinsam erfasst hatte.<br />

Alle Mitbrüder unserer Gemeinschaft<br />

blieben unverletzt. In der ersten Nacht<br />

waren wir allerdings voll Sorgen, da wir<br />

nicht wussten, wie es unseren Brüdern<br />

in den anderen beiden Klöstern auf<br />

Haiti ging. Die Telefonleitungen waren<br />

zusammengebrochen und wir besitzen<br />

kein Auto, außerdem waren Straßen und<br />

<strong>Franziskaner</strong><br />

Wenn Sie außer der <strong>Franziskaner</strong><br />

<strong>Mission</strong> gerne auch die Zeitschrift<br />

<strong>Franziskaner</strong> regelmäßig lesen möchten,<br />

deren nächste Ausgabe Anfang März<br />

zu dem Thema »Jugend und Glaube«<br />

erscheint, wenden Sie sich bitte an:<br />

»<strong>Franziskaner</strong>«<br />

Provinzialrat der<br />

Thüringischen <strong>Franziskaner</strong>provinz<br />

Am Frauenberg 1<br />

36039 Fulda<br />

Brücken unpassierbar. Erst am zweiten Tag<br />

nach dem Erdbeben sind Bruder Dempsey,<br />

der Leiter der hiesigen franziskanischen<br />

Stiftung, und Bruder Walter zu uns durchgekommen<br />

und haben uns mitgeteilt,<br />

dass auch die anderen Brüder das Beben<br />

alle ohne schwere Verletzungen überlebt<br />

haben.<br />

Unsere Kapelle und unser Wohnhaus<br />

sind sehr stark beschädigt. Bis jetzt funktioniert<br />

das Telefon noch nicht wieder. Zum<br />

Glück besitzt unsere Gemeinschaft einen<br />

kleinen Notstromgenerator, so können wir<br />

uns am Tag drei Stunden Strom leisten. In<br />

dieser Zeit versuchen wir, sofern die Internetverbindung<br />

funktioniert, wenigstens<br />

auf diese Weise in Kontakt zu unseren<br />

Mitbrüdern und Verwandten zu bleiben.<br />

Ich werde bald mehr berichten.<br />

Davon, wie wir im Moment hier in Haiti<br />

leben, wie wir versuchen, die Situation<br />

zu bewältigen und wie die Hilfe für die<br />

Menschen vorangeht. Das große Mitgefühl<br />

der Menschen aus aller Welt und auch aus<br />

Deutschland gibt uns Mut und Hoffnung.<br />

Vielen Dank!<br />

Projekt<br />

<strong>Ausgrenzung</strong>? – <strong>Nein</strong> <strong>Danke</strong>! — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 1 | 2010<br />

EDUCAFRO – Bildung und Bürgerbewusstsein<br />

»Educafro« heißt Bildung (»educação«)<br />

auch für die Menschen afrikanischer<br />

Abstammung. Die Initiative wurde 1994<br />

in Rio de Janeiro gegründet und gehört zu<br />

den ältesten Projekten in Südostbrasilien.<br />

Impressum<br />

Die Arbeit von EDUCAFRO konzentriert<br />

sich auf zwei Kernbereiche:<br />

zum einen auf die Bildung und zum<br />

anderen auf die aktive Wahrnehmung<br />

der Bürgerrechte von Menschen afrikanischer<br />

Abstammung in Brasilien.<br />

Obwohl die farbigen Bürgerinnen<br />

und Bürger Brasiliens immerhin rund<br />

50 % der gesamten Bevölkerung des<br />

Landes ausmachen, sind sie an der<br />

Universität und in höheren Positionen<br />

der Wirtschaft und Gesellschaft<br />

unterrepräsentiert. Das soll durch<br />

die Durchsetzung von Quoten und<br />

durch das Angebot von Stipendien<br />

anders werden. Möglichst viele –<br />

wegen ihrer Herkunft – benachteiligte<br />

Menschen sollen durch das Projekt<br />

EDUCAFRO Zugang zu höherer Bildung<br />

erlangen. Schulabgängerinnen<br />

und Schulabgänger erhalten zum Beispiel<br />

die Möglichkeit, sich in kleinen<br />

Bildungszentren, den sogenannten<br />

»Núcleos«, für die Aufnahmeprüfung<br />

an der Universität vorzubereiten.<br />

Hierdurch wird die Bildungslücke<br />

zwischen öffentlicher Schule und<br />

Universität geschlossen.<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> wird viermal im Jahr kostenlos den<br />

Freunden der franziskanischen <strong>Mission</strong>sarbeit zugestellt.<br />

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> erscheint im Auftrag der Sächsischen und<br />

der Kölnischen <strong>Franziskaner</strong>provinz, der Provinz von Bacabal<br />

sowie der <strong>Mission</strong>szentrale der Franzis kaner, Bonn.<br />

Herausgeber <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong>, Dortmund<br />

Verantwortlich Augustinus Diekmann ofm<br />

Redaktion Anke Chávez, Stefan Federbusch ofm, Natanael Ganter ofm,<br />

Thomas M. Schimmel, Alfons Schumacher ofm<br />

Fotos Lukas Brägelmann: S. 2 li., 28, 29. Augustinus Diekmann:<br />

S. 2 re., 8. FM-Archiv: S. 3, 26, 27. Dom Bernardo Bahlmann: S. 5.<br />

Klarissenkloster Sainte Claire, Jongny/Schweiz: S. 6. Markus Heinze:<br />

S. 10, 11. Stefanie Müllenborn: S. 12,13. Mechthilde Faist: S. 22, 23.<br />

Marta Stuckenschmidt: S. 24, 25 o. Thomas M. Schimmel: S. 25 u.<br />

EDUCAFRO: Erfolgreicher Einsatz für die Rechte der schwarzen Bevölkerung Brasiliens.<br />

Mit zahlreichen öffentlichen Aktionen,<br />

Publikationen und Diskussionsrunden<br />

soll die afrikanischstämmige Bevölkerung<br />

außerdem ermutigt werden, sich ihrer<br />

Rechte bewusst zu werden und für diese<br />

selbst einzutreten. Dieser Teil der Arbeit<br />

von EDUCAFRO knüpft an die Bürgerrechtsbewegung<br />

von Martin Luther King<br />

in den USA an.<br />

Erklärtes Ziel des Projektes ist es, die<br />

in vielerlei Hinsicht benachteiligte und<br />

von Führungspositionen und öffentlichen<br />

Ämtern ausgeschlossene farbige Bevöl-<br />

kerung Brasiliens besser zu integrieren<br />

und sie am Wohlstand der Gesellschaft<br />

teilhaben zu lassen.<br />

EDUCAFRO hat längst die Ausmaße<br />

einer national operierenden Bewegung<br />

angenommen, die auf den ganzen<br />

südamerikanischen Kontinent ausstrahlt.<br />

In Brasilien erreicht das Projekt zurzeit<br />

13.000 Schülerinnen und Schüler sowie<br />

Studentinnen und Studenten in 68 Städten.<br />

Bitte unterstützen Sie dieses Projekt,<br />

damit farbige Menschen in Brasilien<br />

eine gute Zukunft haben.<br />

www.ofm.org: S. 30. <strong>Franziskaner</strong> provinz von der Unbefleckten<br />

Empfängnis, São Paulo/Brasilien: S. 31.<br />

Mit freundlicher Genehmigung:<br />

ClipDealer: S. 14. Ulrich Tietze, terre des hommes: Titel. TCOE, KASA:<br />

S. 16, 17. Lothar Henke/pixelio: S. 18. DigiPyramid/pixelio: S. 19.<br />

www.kapstadt.org: S. 20. Paul Grendon, KASA: S. 21. Fanie Jason,<br />

KASA: Rückseite.<br />

Die von KASA zur Verfügung gestellten Bilder sind Teile einer<br />

Wanderausstellung über Landrechte in Südafrika. Sie kann unter<br />

Tel. 0 62 21/4 33 36-17 angefordert werden.<br />

Gestaltung sec GmbH, Osnabrück<br />

Druck Medienpark Ankum; gedruckt auf Recycling-Papier<br />

31


Foto: Aus einer Wanderausstellung über Südafrika, KASA, Heidelberg<br />

Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen.<br />

Menschen müssen erst lernen zu hassen. Und wenn sie lernen<br />

können zu hassen, dann können sie auch lernen zu lieben. Denn<br />

Liebe empfindet das menschliche Herz viel natürlicher als ihr<br />

Gegenteil.<br />

Nelson Mandela

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