Masterplan Sport Ruhr - Metropole Ruhr
Masterplan Sport Ruhr - Metropole Ruhr
Masterplan Sport Ruhr - Metropole Ruhr
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Ͱ±®¬º±®«³ Ϋ¸®
ɱ®µ¸±° ”Þ
MASTERPLAN SPORT RUHR
DANK
Wir danken allen Referenten und Diskussionsteilnehmern für ihre Unterstützung und rege
Beteiligung. Die zur Verfügung gestellten Textgrundlagen wurden redaktionell bearbeitet.
IMPRESSUM
Herausgeber: Regionalverband Ruhr, Referat Kultur und Sport
Kronprinzenstr. 35, 45128 Essen
www.metropoleruhr.de
Gesamtleitung: Dr. Dieter Nellen, Leiter des Referats Kultur und Sport beim
Regionalverband Ruhr
Workshop-Konzeption: Paul Lawitzke, Leiter des Teams Freizeitmarketing im Referat
Kultur und Sport des Regionalverbandes Ruhr
Redaktion: Jan Schmitz, Münster
Gestaltung Titelseite: Frank Siebrecht, Regionalverband Ruhr
Workshop-Fotos: Dirk A. Friedrich, Essen
Essen, 2010
2
Bädermetropole Ruhr
Der Bädermarkt Ruhr 1
Der Bädermarkt in der Metropole Ruhr ist einer der vielfältigsten und attraktivsten
in Deutschland. 55 Entscheidungsträger und Badbetreiber diskutierten die
Perspektiven der regionalen Bäderentwicklung innerhalb des Masterplans Sport
für die Metropole Ruhr.
Heinz-Dieter Klink, der Regionaldirektor des Regionalverbandes Ruhr, begrüßte
die Teilnehmer zu dem Workshop „Bäder in der Krise? - Regionale Bäderentwicklung“,
der am 23. September 2009 im Rahmen der Workshop-Reihe des
Sportforums Ruhr stattfand. Er stellt die Bedeutung einer funktionierenden
Bäderinfrastruktur heraus und verweist auf die aktuell schwierigeren finanziellen
Rahmenbedingungen, verbunden mit der Hoffnung durch verstärkte regionale
Kooperation dieser Herausforderung gerecht zu werden.
Dr. Christian Ochsenbauer argumentiert dafür, die Bäder nicht nur unter finanztechnischen
Gesichtspunkten zu betrachten, sondern den Public Value öffentlicher
Bäder z. B. für die Gesundheit, das Lebensgefühl und gesellschaftliche
Zielstellungen, wie das Erlernen des Schwimmens, in den Fokus der Betrachtung
zu stellen.
Die Beiträge von Paul Lawitzke über die Bädermetropole Ruhr und Dr. Klaus
Lipinsky über die Berliner Bädersituation verdeutlichen die Gemeinsamkeiten
und Unterschiede der Regionen hinsichtlich der Raumstruktur, der Angebotssituation
und der unterschiedlichen organisatorischen Rahmenbedingungen.
Die Metropole Ruhr hat mit 5,2 Mio. Einwohnern erheblich mehr Einwohner als
Berlin mit 3,4 Mio. Einwohnern. Die Fläche der Metropole Ruhr ist gegenüber
Berlin etwa fünf mal so groß (Ruhr: 4.400 km 2 , Berlin: 890 km 2 ). Die Wohndichte
ist mit 1.167 Einwohnern je km 2 gegenüber Berlin deutlich geringer (Berlin:
3.443).
Beide Regionen verfügen über eine hinsichtlich der Angebotskapazitäten und flächigen
Abdeckung gute Grundversorgung. Diese bedarf einer Anpassung an das
veränderte Schwimmverhalten. In Hinblick auf zukünftige Ziele des Masterplans
Sport Ruhr zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung ist festzuhalten:
3
In der Metropole Ruhr bestehen 186 Bäderstandorte (Berlin: 63). Mit 3,6
Bädern je 100.000 Einwohner stehen der Bevölkerung in der Metropole Ruhr
in Relation zur Einwohnerzahl deutlich mehr Bäder zur Verfügung (Berlin: 1,9
Bäder je 100.000 Einwohner).
Bezogen auf die Fläche stehen in der Metropole Ruhr 0,04 Bäder je km 2 und
in der Hauptstadt Berlin 0,07 Bäder je km 2 zur Verfügung.
Im Vergleich zur Hauptstadtsituation weist die Metropole Ruhr ein deutlich attraktiveres
Bäderangebot bei den Freizeitbädern (Ruhr: 23, Berlin: 3) und Badeseen
auf. Berlin verfügt dagegen mit dem Europabad über eine international bedeutsame
Wettkampfeinrichtung für Schwimmsportwettkämpfe.
1 s. a.: Jan Schmitz: „Bäder in der Krise? – Regionale Bäderentwicklung“, Bericht über einen Workshop des
Regionalverbandes Ruhr in Essen in AB Archiv des Badewesens 12 / 2009
ZUSAMMENFASSUNG
ERGEBNISSE
MASTERPLAN SPORT RUHR
Die Bevölkerung an der Ruhr besucht die Bäder im Durchschnitt drei Mal jährlich, wogegen
in Berlin nur zwei Besuche je Einwohner jährlich erfolgen.
Extreme Unterschiede bestehen hinsichtlich der Organisationsstruktur. Die Berliner Bäder
liegen im Wesentlichen in der Hand der BBB Berliner Bäder-Betriebe, die als Anstalt
öffentlichen Rechts fungieren. Demgegenüber ist im Ruhrgebiet eine Fragmentierung der
Betriebsverantwortung auf etwa 90 verschiedene Betreiber festzustellen.
Ziele eines Bausteins Bäder im Masterplan Sport
In der abschließenden Podiumsdiskussion unter Beteiligung der anwesenden Bäderverantwortlichen
und -experten wird ein regionaler Informationsaustausch zum Thema Bäderentwicklung
einhellig begrüßt.
Als generelles Ziel wird die Herstellung von mehr Transparenz auf der Basis eines regionalen
Konsenses benannt.
Neben der Frage der Abstimmung kommunaler Bäderentwicklungen wird die Sicherung der
Grundversorgung und insbesondere die Sicherung des Schulschwimmens als Themenschwerpunkt
benannt.
Ein aktuell fortzuschreibender Orientierungsrahmen für kommunale Bäderentwicklungen
hat eine hohe Leitbildfunktion für kommunale Bäder-Entwicklungskonzepte und politische
Meinungsbildungsprozesse. Hierzu gehören insbesondere
4
die räumliche, regionale Darstellung der Bäderstandorte
die differenzierte Darstellung der Bädertypen und Angebotselemente
die regionalen Besucherentwicklungen
Trends der Nachfrageentwicklung, Folgen des demographischen Wandels und Veränderungen
im Freizeit- und Badeverhalten.
Darüber hinaus ist ein regionaler finanzwirtschaftlicher Überblick erforderlich.
Aufgrund seines Grundverständnisses der interkommunalen und regionalen Kooperation
und der beim RVR vorhandenen hohen Fachkompetenz in Fragen der regionalen Bäderentwicklung
wird der RVR als die geeignete Plattform für die folgenden Aufgaben gesehen:
Moderator des Informations- und Erfahrungsaustausches
Gutachter zur Erarbeitung eines Orientierungsrahmens Regionale Bäderentwicklung
Berater in Fragen der kommunalen Bäderentwicklung
Motor für den weiteren Prozess.
Bädermetropole Ruhr
INHALT
Zusammenfassung 3
Inhaltsverzeichnis 5
Begrüßung
Heinz-Dieter Klink, Regionaldirektor des Regionalverbandes Ruhr
IMPULSE
Moderatorin: Dr. Eva Maria Hubbert, Leiterin des Referates Finanzmanagement
/ Zentrale Dienste beim Regionalverband Ruhr
Public Value öffentlicher Bäder
Dr. Christian Ochsenbauer, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für
das Badewesen
Der Bädermarkt Ruhr
Paul Lawitzke, Leiter des Teams Freizeitmarketing beim Regionalverband Ruhr
Sicherung der Grundversorgung 17
Dr. Klaus Lipinsky, Vorstandsvorsitzender der Berliner Bäder-Betriebe
KOMMUNALE STRATEGIEN
Moderatorin: Dr. Eva Maria Hubbert, Leiterin des Referates Finanzmanagement
/ Zentrale Dienste beim Regionalverband Ruhr
Lokale Grundversorgung im regionalen Kontext
Heinz Moseler, Betriebsleiter des MSS Mülheimer SportService
Bäderbetrieb durch Stadtwerke
Dirk Hohensträter, Geschäftsführer Sport- und Bäderbetriebe Moers
Standortentwicklung durch neue Gesundheits- und Wellness-Angebote
Frank Rose, Geschäftsführer der Prova Unternehmensberatung GmbH
Regionaler Bäderbetrieb in interkommunaler Kooperation 32
Dieter Funke, Bereichsleiter Wirtschaftsführung beim Regionalverband Ruhr
REGIONALE PERSPEKTIVEN
Moderator: Dr. Dieter Nellen, Leiter des Referates Kultur und Sport beim
Regionalverband Ruhr
Podiumsdiskussion 39
Dr. Barbara Duka, Beigeordnete der Stadt Marl
Dr. Christoph Müllmann, Beigeordneter der Stadt Kamp-Lintfort
Christian Hülsmann, Stadtdirektor der Stadt Essen
Dr. Manfred Beck, Beigeordneter der Stadt Gelsenkirchen
ANHANG: TEILNEHMER DES WORKSHOPS 53
5
7
9
13
23
26
29
MASTERPLAN SPORT RUHR
6
BEGRÜSSUNG >>>
Bädermetropole Ruhr
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit begrüße ich Sie herzlich zu unserem 4. Workshop in der Reihe von Veranstaltungen
des Sportforums Ruhr!
Begrüßung
Heinz-Dieter Klink, Regionaldirektor des Regionalverbandes Ruhr
7
Mit dem heutigen Teilnehmerkreis versammelt sich hier im Haus des
Ruhrgebiets ein breites Fachwissen der verschiedenen Akteure im
Bäderbereich. Ich begrüße -und ich bitte um Nachsicht, wenn ich dies
nur institutionell tue- die Vertreter folgender Bereiche und Institutionen:
Politik und Verwaltung der Kommunen und des Regionalverbandes
Ruhr, Bäderbetreiber (Kommunale Sportämter, Sport- und Bäderbetriebe,
RVR, Stadtwerke und Private), Stadtsportbünde, Deutsche Gesellschaft
für das Badewesen, Schwimmverband Nordrhein-Westfalen,
Olympiastützpunkt Rhein-Ruhr, Städtenetzwerk Nordrhein-Westfalen,
Städtetag Nordrhein-Westfalen, Innenministerium Nordrhein-Westfalen,
Sportwissenschaft und Medien.
Das Thema der zukünftigen Bäderentwicklung hat im Rahmen der Erarbeitung
des Masterplans Sport Ruhr einen eigenen Stellenwert. Funktionstüchtige Bäder
sind die Voraussetzung für das Erlernen des Schwimmens sowie für den Schwimmleistungs-
und -spitzensport. Bäder haben aber auch eine hohe Bedeutung für die Lebensqualität der
Menschen in unserer Region. Sie sind Orte der Freizeit, des Sports, der Gesundheit und der
Begegnung für alle Altersgruppen. Die grundsätzlich hohe Bedeutung der Bäder als unverzichtbarer
Teil der öffentlichen Infrastruktur ist unbestritten. Gleichwohl sind - insbesondere
unter dem Aspekt knapper öffentlicher Mittel - das Angebot und der Betrieb kontinuierlich
an die veränderte Nachfrage durch die Nutzer anzupassen.
Der Regionalverband Ruhr betreibt seit mehr als 30 Jahren gemeinsam mit seinen Mitgliedskörperschaften
Bäder. Ursprünglich als Freibäder konzipiert haben diese Bäder sich im
Laufe der Jahre zu gesundheitsorientierten Freizeitbädern entwickelt, die jährlich von mehr
als zwei Millionen Badegästen besucht werden.
Ich möchte allerdings nicht verhehlen, dass es bei einem zunehmenden regionalen Wettbewerb
aufgrund der aktuellen und absehbaren Finanzsituation der Kommunen und des
RVR immer schwerer fällt, die hohe Angebotsqualität der Freizeitbäder mit Beteiligung des
Regionalverbandes Ruhr aufrechtzuerhalten und fortzuentwickeln.
Die Sicherung der Grundversorgung für das Schwimmen der Schulen, Vereine und der
Öffentlichkeit ist eine kommunale Aufgabe. Die Nutzung der wirtschaftlichen Potentiale
kann nur im regionalen Konsens und in regionaler Abstimmung dauerhaft erfolgreich sein.
Mit der Erarbeitung des Bausteins Bäder im Masterplan Sport verbindet sich daher auch der
Gedanke, Orientierung für eine regionale Bäderentwicklung zu schaffen, die von den Kommunen
gemeinsam getragen wird.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen heute anregende Diskussionen und der
Veranstaltung eine guten inhaltlichen Ertrag!
MASTERPLAN SPORT RUHR
Moderatorin: Dr. Eva Maria Hubbert,
Leiterin des Referates Finanzmanagement / Zentrale Dienste beim Regionalverband Ruhr
8
IMPULSE >>>
Bädermetropole Ruhr
Karl Theodor zu Guttenberg und Peer Steinbrück haben am vergangenen Sonntag im ARD
von tiefen zu erwartenden Einschnitten bei den öffentlichen Ausgaben gesprochen und
davon, dass Liebgewordenes auf den Prüfstand gestellt werden müsse. Die beiden haben
nicht nur den Bundeshaushalt gemeint. Allen ist klar, dass auch in den Kommunen in den
nächsten Jahren wieder Einsparungen bei der Infrastruktur auf dem Plan stehen.
Public Value öffentlicher Bäder
Dr. Christian Ochsenbauer, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für
das Badewesen
9
Was nach der Bundestagswahl auf die Badbetreiber zukommen wird, ist
damit ebenfalls klar:
Forderungen nach Einsparungen,
der Ruf nach Privatisierung,
besorgte Vereine und Bürgerinitiativen und
Schließungsdiskussionen.
Das gilt sicher nicht für alle Teile Deutschlands und auch nicht für
Nachbarstädte in gleicher Weise. Es kommt auf die Position, das Image,
die Verankerung der Bäder in der jeweiligen Kommune an.
Das Ruhrgebiet ist allerdings in der Tendenz - was heiße Bäderschlachten angeht - im
Vergleich zu anderen Regionen durchaus ein Brennpunkt. Ich denke da nur an den
Kommunalwahlkampf in Essen.
Auf jeden Fall ist es immer wieder eine neue Herausforderung für die Verantwortlichen,
wenn ihr Bad oder ihre Bäder auf den Prüfstand gestellt werden. Und deshalb will ich jetzt
kurz anreißen, als Denkanstoß, in welchen Fächern die Bäder eigentlich sinnvoll auf den
Prüfstand gehören sollten – und in welchen nicht:
Vorneweg sollte eines eigentlich klar sein:
nicht eingleisig in betriebswirtschaftlichen Kategorien (Zuschussbedarf!)
nicht mit überbetonten existenziellen Argumenten, wie Ertrinkungsgefahren, weil keine
Bäder zur Verfügung stehen
Woran soll der Wert eines Bades für die Kommune aber dann gemessen werden? Hier will
ich den Begriff des „Public Value“ „in den Ring“ werfen. Das ist ja auch der Titel meines
Vortrages!
Woher kommt der Begriff?
Forscher der bekannten St. Gallener Universität
Weiterentwicklung des Daseinsvorsorge-Begriffes.
Bäder leisten wichtige
Beiträge zur Gesundheit
MASTERPLAN SPORT RUHR
Man kann den „öffentlichen Wert“ eines Bades in fünf Kategorien messen:
10
Gesundheit
Spass, Freude und Sinnlichkeit
Gesellschaft
Umwelt
Effizienz (Geld, Zuschüsse, Kosteneffizienz etc.)
Ich will im Rest der Zeit die Kategorien einmal ausprobieren. Die Frage lautet im folgenden
Was tut das Bad im Allgemeinen für …?
Stichwort Nummer 1: Demographie und Gesundheit
Für Demographie-Experten scheint unumstößlich klar festzustehen, dass sich die
Bevölkerungszusammensetzung, die sich mancherorts schon jetzt massiv ändert, sich in
Zukunft noch stärker und vor allem flächendeckend ändern wird. Und dabei geht es nicht
nur um „Schrumpfung“, sondern auch um die Altersverteilung und die Anteile der
Mitbürger mit einem sogenannten „Migrationshintergrund“.
Von den Ursachen her anders einzuordnen, aber in der Auswirkung zum Teil vergleichbar
ist ein anderer Trend, nämlich die zunehmend schwächere Gesundheit in der Bevölkerung.
Was heißt das: Das heißt Adipositas, die schon die ganz Jungen betrifft, sinkende
motorische Fähigkeiten bei der Jugend, Beeinträchtigungen des Bewegungsapparates bei den
Älteren, um nur einige wenige zu nennen. Und dann auch noch die Krise des
Gesundheitssystems, sprich: zunehmende Unbezahlbarkeit der Gesundheitskosten.
Was heißt das im Klartext? Es heißt: weniger Menschen, aber auch ältere Menschen,
Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund, und immer mehr Menschen, deren
Gesundheit angeschlagen ist, die aber durchaus willens und in der Lage sind, selber
eigenverantwortlich etwas für ihre Gesundheit zu tun. Das ist das eine. Und was ist das
andere: dass beinahe alle Bevölkerungsgruppen in jeder Altersstufe mit allen sportlichen
Voraussetzungen eines können: Schwimmen und Bewegung im Wasser. Die oft
zivilisationsbedingten Faktoren, die viele Bewegungs- und Sportarten beeinträchtigen,
spielen im Wasser nämlich eine weitaus geringere Rolle als an Land. Das ist Fakt!
Was heißt das nun für die Bäder? Das Bad kann etwas sehr Zentrales tun:
für die Gesundheit des Einzelnen
für die Gesellschaft.
Und es wird ja getan. Ich denke gerade hier in Essen an die vielen „Sport- und
Gesundheitszentren“. Dies sind öffentliche Bäder, die mit großem ehrenamtlichen
Engagement von Vereinen spezielle Angebote für Ältere und Frauen aufgelegt haben. Und
das Geschäft boomt dort mit Kursen aller Art von Aquafitness bis zum Unterwasser-
Cycling. Eine Folge ist, dass diese Bäder ihre Lobby in Politik und Gesellschaft deutlich
stärken können.
Sachliche Diskussion
ist notwendig
Bädermetropole Ruhr
Stichwort Nummer 2: Klimaschutz und Energieeffizienz
Bäder brauchen Energie. Und das nicht wenig. Das ist bauartbedingt. Wo viel verbraucht
wird, kann aber auch viel gespart werden. Das bedeutet, dass die öffentlichen Bäder zu
Vorreitern der Energieeffizienz und des Klimaschutzes werden können und müssen.
Passivhauskonzepte, regenerative Energien etc. Ansatzpunkte gibt es. Sie müssen
aufgegriffen und auch im besten Sinne „verkauft“ werden. Dann kann auch hier aus der
Defensivargumentation der „Energieschleuder Bad“ ein Argument pro Bad werden.
Fazit:
Nicht eingleisige Argumentationen, sondern der gesamte Zweck oder „öffentliche Wert“
eines Bades, für alle Bevölkerungsgruppen, muss in den Vordergrund gestellt werden. Das
ist der „Public Value Ansatz“! Denn nur dann werden die öffentlichen Bäder auf jedem
Prüfstand, aus welchem Anlass auch immer, gerechter oder angemessener bewertet
werden.
Das heißt aber auch, dass dann das Badmanagement an der Schaffung dieses Wertes
gemessen werden muss. Hier ist Umdenken erforderlich.
Wir werden jedenfalls als Verbände des Badewesens weiter daran arbeiten, dass Bäder
immer mehr „Public Value“ in diesem Sinne produzieren.
Wenn es Ihnen heute auch gelingen könnte, den Public Value der Bäder im Ruhrgebiet zu
steigern, würde es mich sehr freuen. Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg und auch Spaß
heute Vormittag und auch für Ihre Arbeit für die Bäder. Ich glaube immer noch - es lohnt
sich.
11
MASTERPLAN SPORT RUHR
Sythen
Hamminkeln-Dingden
Haltern
Strandbad Stausee
Hamminkeln
Ternscher
See
Selm
Wesel-Bislich
LB Werne
Schermbeck
Stockum
Wesel-Ost
Auesee
Xanten
Rheinbad Wesel
Selm-Bork
Werne-Stockum
Marl-Hüls
Stadtbad
LB
Guido-Heiland-B.
Bodelschwingschule
Südbad
Mollbeck
Hünxe
CappenbergerSee
LB
Heil
Selbachpark
Willibrandschule
Alt-Lünen
Bergkamen-Oberaden
Lünen-
Voerde
BOT-Kirchhellen
Lünen-Mitte
Brambauer
Tenderingsweg
Lutherschule Waltrop
Bergkamen-
Horstmarer See
Kleinschwimmhalle
Weddinghofen
RE Suderwich
Borth
Lünen-Horstmar
LB Jahnschule
LB Goetheschule
Lünen-
Voerde
Brambauer
Kamen-Mitte Bönen
Parkbad Nord
Lünen Gamen
Stadtbad
Kamen-Mitte Kamen-Heeren-
Berve
Gladbeck
DO-Derne
KH Kamen-Heeren
Dinslaken-Hiesfeld
Castrop-Rauxel Bahnhofstr.
DO-Mengede DO-Eving
Bottrop
DO-Scharnhorst LB Unna-
DO-Hardenberg
Massen
LB Unna-
Rheinberg-Underberg
Lünern
Alsbachtal OB BOT-Stadtmitte
Bornekampbad
Osterfeld
Jahnplatz
DO-Brackel
DO-Nord
DO-Stockheide
Schwimmsporthalle Unna
BO-Rosenberg
OB-
BOT-Boy-Welheim
DU-SchwelgernSterkrade
DO-West
DO-Süd DO-Aplerbeck
Schöne Flöte
E-Altenessen
BO-Werne
LB
E-Dellwig
BO-
Lütgendortmund
Volkspark DO
J.-Reding-Schule
Sonnenbergschule LB
Holzwickede
Fröndenberg
DU-Beeck
Hofstede BO-
Fröndenberg-
OstbadE-Borbeck
Südfeldmark
Löhnbad
E-Nordost
DO-Hombruch
DO-Hörde
Dellwig
Fröndenberg
DU-
Obermeiderich
Südpark
DO-
Witten-Annen
Wellinhofen
Südbad
Hauptbad
DO-Hombruch
DU-Neuenkamp
Ruhrstadion
E-Steele
Witten-Annen
Holzen
DU-Neudorf
BO-Linden
Stadtbad
Grugabad
Herdecke-
LB
Töppersee
F.-Wenne-
Bleichstein
Ergste
BettenkamperMeer
mann-Bad Baldeney
Elsebachtal
Schwimm- Ruhrstrand
Witten-Herbede
Herdecke-
Hattingen-Welper
HA-Hengstey
Schwerte
DU-Rumeln
stadion
Bleichstein
Kruppsee DU-Wanheim
Wetter
Du-Großenbaum
Wolfssee
Wetter-
Ischeland
E-Kettwig Ischeland
Oberwengern
HA-Kirchenberg
Du-Großenbaum
Sprockhövel
HA-Henkhausen
Willy-Weyer-Bad
E-WerdenE-Kupferdreh
Nibelungenbad
Atlantis
Solebad Werne
Dorsten-Wulfen
Hamm
HAM-Heessen
Europabad
HAM-Bockum-Hövel
Stimbergpark
Traglufthalle
Marl-Hüls
Stadtbad
.
Stadtbad Datteln
Stadtbad
HAM-Ostwennemar
Allwetterbad
HAM-Herringen
.
Waltrop
Oer-Erkenschwick
CopaCaBackum RE Herner Str.
Bergkamen-Mitte
Westerholt
LB Hellwegschule
Alpen
RE Südpark
Dinslaken
GE-Buer
Sportparadies
Rheinberg-Solvay
Kamen-Methler
Wananas Allwetterbad DU-Walsum
Lago
GE-Horst Stadtbad Solebad Wischlingen
Niederrhein-Therme
Zentralbad Bergstr.
Unna
Eickel
Sportzentrum
Solbad Vonderort
Spaßbad
Rheinkamp
Pappelsee
Activarium Medi-Therme
DU-Homberg
Oase Nienhausen
BO-Langendreer
Südpark BO-Höntrop Heveney
Neukirchen-Vluyn
E-Oststadt
BO-Querenburg
MH-Nord
Friedrichsbad
E-Rüttenscheid
Schwerte
DU-Rheinhausen MH-Süd
Hattingen-Mitte
HA-Boele
HA-Vorhalle
Solimare
Hattingen-Holthausen
12
Masterplan Sport Ruhr
§ Baustein Bäder
Freizeitbad
Kombibad
Hallenbad
HeubergBad
Freibad
Kleinschwimmhalle
Badegelegenheit
Aquarell
Gevelsberg
Silberseen
Stadtbad Schwelm
Platsch
Schwelmebad
HA-Hestert
Breckerfeld
Glörtalsperre
HA-Lennebad-
Hohenlimburg
HA-Dahl
Regionalverband Ruhr 2007
Attraktive
Bäderlandschaft
Rückläufige
Nachfrage
Bädermetropole Ruhr
Der Regionalverband Ruhr beobachtet und analysiert fortlaufend die Entwicklungen im Bädermarkt Ruhr. Neben der
Erhebung von Besucherzahlen und Entwicklungen im Bäderangebot führt der RVR auch Marktstudien und
Besucherbefragungen zu aktuellen Trends im Bäderbereich durch. Diese Informationen stellt der RVR seinen 53
Mitgliedskommunen zur Verfügung. Sie dienen häufig als Grundlage für politische Entscheidungsprozesse.
Der Bädermarkt Ruhr
Paul Lawitzke, Teamleiter Freizeitmarketing beim Regionalverband Ruhr
13
Wir haben die Chronologie des Workshops so aufgebaut, dass wir die
Gelegenheit haben, zwei in Teilen ähnliche, aber auch unterschiedliche
Regionen miteinander vergleichen zu können – einmal die Region
Metropole Ruhr und anschließend Berlin, die Dr. Lipinsky als
Geschäftsführer der Bäderbetriebe Berlin im Anschluss vorstellen wird.
Mit einigen Schlaglichtern möchte ich nun zunächst versuchen, die
Bäderentwicklung in der Metropole Ruhr zu charakterisieren. Vielleicht
kann man im Anschluss mit Herrn Dr. Lipinsky darüber diskutieren, was
uns denn in den beiden Regionen und in den Strategien unterscheidet
und wo die Vorteile der jeweiligen Ansätze liegen.
Beim Blick auf die regionale Entwicklung in der Metropole Ruhr stellen
sich mir drei Fragen. Erstens: Ist das Bäderangebot angemessen?
Zweitens: Was kostet das Bäderangebot und was können wir uns leisten? Drittens: Ist
unser Bäderangebot richtig organisiert?
Wir haben eine sehr differenzierte, hochwertige Infrastruktur im Bäderbereich in der
Region, die von Freizeitbädern bis zu Naturbadeangeboten reicht. Darum würden uns viele
andere Regionen in Europa und der Welt beneiden.
Wir haben eine attraktive Bäderlandschaft und eine große Angebotsdiversität. So stehen im
RVR-Verbandsgebiet den Besuchern 186 Bäder offen. Darunter
23 Freizeitbäder
91 Hallen- und Kombibäder
48 Freibäder
24 Naturbäder
Und die Bäderlandschaft wird noch attraktiver werden. Derzeit befinden sich zwei Bäder im
Bau - ein Freizeitbad in Hagen und eines in Oberhausen. Das heißt: Die Aufwertung der
Infrastruktur im Bäderbereich hält an.
Auf der anderen Seite haben wir eine Besucherentwicklung, die wir insgesamt in der
Summe, aber auch in allen einzelnen Segmenten allenfalls als Stagnation bezeichnen können.
Das ist für einzelne Marktsegmente schon ein positiver Begriff. Unter dem Strich bedeutet
das: Wir haben eine gute Weiterentwicklung des Angebots bei gleichzeitiger Besucherstagnation.
Wozu führt das? Im Bereich der Freizeitbäder hält die Nachfrageentwicklung
beim Blick auf die vergangenen 25 Jahre mit der Entwicklung des Angebots nicht Schritt.
Im Grundsatz kann dabei regional keine vernünftige Auslastung mehr gewährleistet werden.
Das gleiche gilt für die Wirtschaftlichkeit der Bäder. Auch wenn sich ein Freizeitbad für den
einzelnen Standort, die einzelne Stadt durchaus rechnet, geht regional betrachtet die Schere
Bäder-Rückbau +
Sauna Schließungen
MASTERPLAN SPORT RUHR
Masterplan Sport Ruhr
§ Baustein Bäder
Besucherentwicklung 1997 – 2007 Marktsegmente in Mio.
Besuche 2007
zwischen Angebot und Nachfrage im Freizeitbäderbereich immer weiter auseinander. Ganz
einfach gesagt: Wir produzieren mit öffentlichen Mitteln Überkapazitäten im Bäderbereich.
Es ist dabei nicht so, dass sich alle Städte gleichermaßen entwickeln. Die beschriebene
Entwicklung hat auch Verluste an einzelnen Standorten zur Folge. Einige Beispiele können
das verdeutlichen:
14
20
15
Gesamt
10
Hallenbäder
5
Freibäder
Kombibäder
Freizeitbäder
19.5 Mio.
97 98 99 00 01 02 03 04 05 06
16.8 Mio.
1,3
6.9 Mio.
6.5 Mio.
1,2
1.5 Mio.
0,3
07
Masterplan Sport Ruhr
§ Baustein Bäder
Freizeitbäder: Angebot und Nachfrage
Aquarell
Natur-Solebad
Werne
Maximare
Atlantis
10 Mio.
Nibelungenbad
Maritimo
WES
HeubergBad
RE
Allwetterbad
Waltrop
HAM
8 Mio.
Freizeitbad Dinslaken
CopaCaBackum
Sportparadies
BOT
UN
Wananas Lago
Niederrhein-Therme OB Solbad
6 Mio.
GE
Vonderort
Spaßbad
Pappelsee
Activarium
Freizeitbad
Rhein-Ruhr-Bad
Nienhausen
Neukirchen-Vluyn
Angebot
DU MH Oase
E
HER
Solebad
Wischlingen
DO
Meditherme
BO
Ruhrtaltherme
Freizeitbad
Unna
Freizeitbad Schwerte
Nachfrage
2 Mio.
EN
HA
Sportzentrum
Rheinkamp
Freizeitbad
Gevelsberg
80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 +
Das Allwetterbad Waltrop wurde auf ein Freibadangebot zurückgefahren. Sauna und
ganzjähriger Hallenbadbereich einschließlich Soleangebote wurden aufgegeben.
Das Sportparadies Gelsenkirchen hat sich - wie ich finde: vorbildlich - in Richtung
Familienangebote ausgerichtet. Die Sauna wurde geschlossen.
Ebenso wurde die Sauna im Freizeitbad Rheinkamp in Moers geschlossen.
Wir haben als RVR mit dem Partner Xanten das ganzjährige Badeangebot im
Nibelungenbad in Xanten aufgegeben. Dort gibt es nun noch das Strandbad und den
Saunabetrieb, aber nicht mehr das Nibelungenbad in seiner ursprünglichen Form.
Auch die Stadt Schwerte denkt schon länger darüber nach, wie man mit dem Freizeitbad
umgeht.
Zudem erarbeitet Unna eine Konzeption zum Rückbau des Freizeitbades.
3,1
Es bestehen aber auch gegenläufige Entwicklungsansätze. Auf der anderen Seite gibt es
Städte und Betreiber im westlichen Ruhrgebiet, so im Duisburger Süden und auch in Moers,
die weiter auf die Entwicklung von Freizeitbädern setzen und weitere Bäder in diesem
Marktsegment entwickeln.
Im Ruhrgebiet leben wir in einem Spannungsfeld aus öffentlich-rechtlichen, neuen
bürgerschaftlichen und privaten Bäderbetreibern. Ursprünglich wurden Bäder in der Region
traditionell von Sport- und Bäderämtern betrieben. Daraus sind im Bemühen der Städte um
eine höhere Wirtschaftlichkeit vielfach Stadtwerke gegründet worden. Das entlastet oder
löst teilweise auch Sport- und Bäderämter auf.
Auf der anderen Seite gibt es vereinsgeführte Bäder, auch Stadtsportbünde engagieren sich
im Bäderbetrieb oberhalb von einzelnen Vereinen und nicht ganz zu vergessen: private
Betreiber.
51 Bäder der Region werden von Eigenbetrieben der Städte geführt. Überall dort, wo man
freizeitwirtschaftliches Engagement für steuerliche Vorteile nutzen möchte, macht es
durchaus Sinn, Bäder im Eigenbetrieb oder durch Stadtwerke zu betreiben.
Fragmentierte
Betreiberstruktur
Renaissance
traditioneller Bäder
Bädermetropole Ruhr
Masterplan Sport Ruhr
§ Baustein Bäder
Nibelungenbad
Sythen
Hamminkeln-Dingden
Atlantis
Haltern
Dorsten-Lembeck
Solebad Werne
Strandbad Stausee
Hamminkeln
Dorsten-Wulfen
Ternscher
Hamm
See
Selm
HAM-Heessen
Wesel-Bislich
LB Werne
Schermbeck
Europabad
Stockum HAM-Bockum-Hövel
Wesel-Ost
Stimbergpark
Auesee
Dorsten
Traglufthalle
Xanten
Marl-Hüls
Rheinbad Wesel
Selm-Bork
Werne-Stockum
Stadtbad
.
Stadtbad Datteln
Stadtbad
HAM-Ostwennemar
Marl-Hüls
Stadtbad Allwetterbad
HAM-Herringen
LB
.
Guido-Heiland-B.
Bodelschwingschule
Südbad
Mollbeck
Hünxe
Waltrop
CappenbergerSee
LB
Heil
Selbachpark
Oer-Erkenschwick
Willibrandschule
Alt-Lünen
Bergkamen-Oberaden
CopaCaBackum
Lünen- Lünen-Mitte
Voerde
BOT-Kirchhellen
RE Herner Str.
Brambauer
Bergkamen-Mitte
Tenderingsweg
Bergkamen-
Horstmarer See
Kleinschwimmhalle
Westerholt
Lutherschule Waltrop
Weddinghofen
LB Hellwegschule
RE Suderwich
Lünen-Horstmar
LB Jahnschule
LB Goetheschule
Borth
Lünen-
Voerde
Brambauer
Bönen
Alpen
RE Südpark
Kamen-Mitte
Parkbad Nord
Lünen Gamen
Kamen-Mitte
Dinslaken Stadtbad
GE-Buer
Kamen-Heeren-
Berve
Gladbeck
DO-Derne
KH Kamen-Heeren
Rheinberg-Solvay
Sportparadies
Dinslaken-Hiesfeld
Castrop-Rauxel Bahnhofstr.
DO-Mengede
Kamen-Methler
DO-Eving
Bottrop
Wananas DO-Scharnhorst LB Unna-
DO-Hardenberg
Massen
LB Unna-
Allwetterbad DU-Walsum
Lago
Rheinberg-Underberg
Lünern
Alsbachtal OB BOT-Stadtmitte GE-Horst Stadtbad Solebad Wischlingen
Bornekampbad
Niederrhein-Therme
Osterfeld
Jahnplatz Zentralbad Bergstr.
DO-Brackel
DO-Nord
DO-Stockheide
Schwimmsporthalle Unna
BO-Rosenberg
OB-
BOT-Boy-Welheim
Unna
Sportzentrum
DU-SchwelgernSterkrade
Solbad Vonderort Eickel
DO-West
Spaßbad
DO-Süd DO-Aplerbeck Schöne Flöte
BO-Werne
LB
Rheinkamp
E-Altenessen
Volkspark DO
E-Dellwig
BO-
Lütgendortmund
J.-Reding-Schule
Sonnenbergschule
Holzwickede
LB
Pappelsee
Hofstede
Fröndenberg
DU-Beeck
BO-
Fröndenberg-
Löhnbad
OstbadE-Borbeck
Activarium Südfeldmark
DO-Hombruch
DO-Hörde
Dellwig
DU-
E-Nordost
Medi-Therme
Fröndenberg
DU-Homberg
Oase Nienhausen
Obermeiderich
Südpark
BO-Langendreer
DO-
Witten-Annen
Wellinhofen
Südbad
Hauptbad
Südpark BO-Höntrop Heveney
Neukirchen-Vluyn
E-Oststadt
DO-Hombruch
DU-Neuenkamp
Ruhrstadion
E-Steele
BO-Querenburg
Witten-Annen
Holzen
DU-Neudorf MH-Nord
Friedrichsbad
E-Rüttenscheid BO-Linden
Stadtbad Schwerte
Grugabad
Herdecke-
LB
TöpperseeDU-Rheinhausen
MH-Süd F.-Wenne-
Bleichstein
Ergste
BettenkamperMeer
mann-Bad Baldeney
Elsebachtal
Schwimm- Ruhrstrand
Witten-Herbede
Herdecke-
HA-Hengstey
Schwerte
Hattingen-Welper
DU-Rumeln
stadion
Bleichstein
Kruppsee DU-Wanheim
Hattingen-Mitte
HA-Boele
Wetter
HA-Vorhalle
Du-Großenbaum
E-Werden E-Kupferdreh
Wolfssee
Wetter-
Ischeland
Solimare
E-Kettwig Hattingen-Holthausen
Ischeland
Oberwengern
HA-Kirchenberg
Du-Großenbaum
Sprockhövel
HA-Henkhausen
Willy-Weyer-Bad
HA-Hestert HA-Lennebad-
Hohenlimburg
Die Frage ist, ob inhaltlich auch neue Perspektiven damit entstehen. In der Gesamtverteilung
sehen wir, dass die traditionellen Sportämter nur noch ein ganz kleines Marktsegment
betreiben. Den Großteil machen Kommunalbetriebe und Stadtwerke aus. 42 Bäder in der
Region werden von Vereinen betrieben.
Wir stellen insgesamt eine unglaubliche Fragmentierung der Betreiberstruktur fest. Wir
haben ungefähr 90 unterschiedliche Bäderbetreiber in dieser Region, die alle versuchen,
einen Wettbewerb aufzubauen und dabei verständlicherweise für ihre eigene Einrichtung
das Beste herausholen wollen. Der Wettbewerb wird durch die Fragmentierung der
Betreiberstruktur gefördert.
Ich möchte Ihnen aus der aktuellen Bädermarktstudie 2009 zwei Ergebnisse präsentieren,
die auch den RVR betreffen. Gefragt war: Welche Freizeitbäder werden von den Menschen
in der Region am häufigsten genutzt? Im Ergebnis sehen wir, dass die vieldiskutierten Bäder
mit RVR-Beteiligung, also das Lago, die Niederrheintherme oder das Solebad Wischlingen
für die Bevölkerung in der Region einen sehr hohen Stellenwert haben. Auch das
CopacaBackum und das neue Maximare in Hamm haben sich innerhalb der Region schon
gut positioniert. Hinzu kommen hier noch zusätzliche Besucher von außerhalb des RVR-
Gebietes. Für uns als RVR entscheidender ist, dass wir an relativer Attraktivität gegenüber
anderen Bädern verlieren. Das Freizeitbad der Region, das haben die Bürgerinnen und
Bürger abgestimmt, ist das Maximare in Hamm. Unsere RVR-Bäder rutschen ab, auch wenn
die Noten immer noch in einem guten Bereich liegen. Aber wir sehen: Wenn wir nicht
ständig diesem Investitionszwang, der mit Freizeitbädern verbunden ist, genügen, werden
wir weiter abrutschen und irgendwann die Basis unserer Wirtschaftlichkeit verlieren.
Mit welchen Strategien begegnen Städte dem Wettbewerbsdruck? Es gibt grundsätzlich zwei
Strategien. Die eine ist „im Bestand“ zu erneuern. Das macht durchaus Sinn. Wir stellen
eine Renaissance traditioneller Bäderangebote fest. Glücklich sind die Bäderbetreiber, die
über ein Bewegungsbecken verfügen, das ursprüngliche Lehrschwimmbecken. Das Beispiel
Friedrich-Wennmann-Bad in Mülheim an der Ruhr zeigt, wie es gelingen kann, durch ein
umfassendes Sportprogramm dieses Bad zu reaktivieren und mit einer hohen Auslastung
Gäste bis ins hohe Alter anzuziehen. 25 Prozent der Besucher dieses Bades kommen aus
dem benachbarten Essen.
Die andere Möglichkeit ist der Neubau. Das Maximare Hamm ist als umfassendes
Komplettangebot von Gesundheits-, Wellness- und Sportangeboten mit 50-Meter-Bahn,
wettkampfgerechter Tribüne und Zuschauermöglichkeiten konzipiert. 30 Millionen Euro
wurden allein für die Errichtung investiert. Das ist eine Art von Standortentwicklung, die
deutlich über die Grenzen der Stadt Hamm hinaus zielt.
15
Freizeitbad
Kombibad
Hallenbad
HeubergBad
Aquarell
Freibad
Kleinschwimmhalle Gevelsberg
Badegelegenheit
Silberseen
Stadtbad Schwelm
Platsch
Schwelmebad
Breckerfeld
Glörtalsperre
HA-Dahl
Regionalverband Ruhr 2007
Masterplan Sport Ruhr
§ Baustein Bäder
Betreiberstruktur
6
Private*
Private
Öffentlich-rechtlich
Eigenbetrieb
51
35
10
Stadtwerke
RVR +
*ohne Hotels, Fitnesscenter, Freizeitanbieter
31
Sport-
und
Bäderamt
Private
Bürgerschaftlich
Vereine +
Stadtwerke
SSB
Vereine
RVR
42
Sportamt
Kommunale Betriebe
Wettbewerb
reduzieren
Regionale
Kostenübersicht
herstellen
MASTERPLAN SPORT RUHR
Masterplan Sport Ruhr
§ Baustein Bäder
Genutzte Freizeitbäder TOP 10 letzte 2 Jahre in Region offene Nennungen in %,
BÄDER RUHR 2009
Was könnten mögliche Ziele eines Orientierungsrahmens „Bäder“ sein?
Generelle Ziele:
16
Niederrhein-Therme DU
Solebad Wischlingen DO
Solbad Vonderort BOT / OB
CopacaBackum Herten
Lago HER 9
Maximare HAM
Ruhrtal-Therme WIT
Maritimo Oer-Erkenschwick
Atlantis Dorsten
activarium Nienhausen E / GE
0 2 4 6 8
Sicherung der Grundversorgung im Bäderbereich in dieser Region
Ruinösen Wettbewerb vermeiden: Wir müssen meines Erachtens alles dafür tun, einen
ruinösen Wettbewerb zu vermeiden oder sogar Wettbewerb zu reduzieren
Förderung des Leistungs- und Spitzenschwimmsports – eine Frage, die auch im
regionalen Konsens sehr gut in das Gesamtthema Masterplan Sport Ruhr passt.
Mögliche Einzelziele eines Orientierungsrahmens Bäder:
4
4
4
4
5
5
5
6
7
Masterplan Sport Ruhr
§ Baustein Bäder
Bewertung genutzter Freizeitbäder TOP 10 Metropole Ruhr in Schulnoten
Informations- und Erfahrungsaustausch: Das klappt in der Regel auch am besten. So ohne
weitere Verpflichtung unterhält man sich ja ganz nett miteinander.
Kapazitäts- und Angebotsabstimmung: Es macht Sinn abzustimmen, in welcher
Dimension ein neues Angebot gebaut wird. Es ist auch möglich, dass zwei Freizeitbäder
direkt nebeneinander bestehen. Sofern sie unterschiedliche Inhalte und Schwerpunkte
haben, können sie sich sogar befruchten. Es muss sich nicht ausschließen, aber sinnvoll
wäre, dass nicht beide das gleiche Segment beanspruchen.
Abstimmung von Tarifen, Preisen und Marketing: Auffällig ist die Neigung der Betreiber
älterer Bäder mit Dumpingpreisen auf den Markt zu gehen, unter anderem aus sozialen
Gründen, aber auch um mehr Besucher zu gewinnen. Das kann natürlich nicht Sinn der
Sache sein, mit Niedrigpreisangeboten, Zusatztarifen oder Marketingaktivitäten (wie die
RuhrtopCard) den Wettbewerb zu verzerren.
Kostenoptimierung durch Kostentransparenz: Wir haben zum jetzigen Stand keinen
Überblick über die Gesamtkosten für Bäder im Ruhrgebiet. Eine solche Übersicht ist
aufgrund der fragmentierten Betreiberstruktur auch extrem schwierig zu erstellen. Aber
grundsätzlich wäre es hilfreich, Informationen darüber zu bekommen, welche Städte und
Betreiber ihre Bäder günstiger als andere betreiben. Ich plädiere dafür, einen solchen
Überblick zu schaffen und bitte um Teilnahme aller Beteiligten der Region.
Förderung interkommunaler Kooperation: Die Frage ist: Müssen wir nicht Projekte im
Grenzbereich zweier Städte auch regional unterstützen? Wie kann das gelingen?
Marktregulierung: Wenn das alles nicht freiwillig gelingt: Brauchen wir dann nicht eine
Marktregulierung, ähnlich wie im Einzelhandel? Eine Marktregulierung, die es zum
Beispiel untersagt, dass Städte unter 100.000 Einwohner nicht einfach ein Freizeitbad in
die Welt setzen können, ohne sich mit den Nachbarstädten abzustimmen.
BÄDER RUHR 2009
Maximare HAM
Aquarell Haltern
Natursolebad Werne
CopacaBackum Herten
Maritimo Oer-Erkenschwick
Lago HER
Solbad Vonderort BOT / OB
Ruhrtal-Therme WIT
Meditherme BO
Solebad Wischlingen DO
2,5
2,4
2,3
2,2
2,2
2,1
2,1
2,1
2,1
2,1
2,1
2,1
2,0
2,0
2,0
1,9
Bädermetropole Ruhr
Die Berliner Bäder-Betriebe sind bis heute Europas größter Badbetreiber, wollen es bleiben und auch weiterhin die
Grundversorgung der Berliner Bevölkerung sicherstellen, zu der im Stadtstaat auch der Betrieb von Bädern als gesetzlich
verpflichtende Aufgabe der öffentlichen Hand gehört. Angesichts Sanierungsstaus und knapper Kassen stehen die Berliner
Bäder-Betriebe trotz aller bisherigen Anstrengungen vor einer großen Herausforderung. Mit einem allumfassenden
Konzept und Millionen-Investitionen wollen sie nun die städtischen Bäder zukunftsfähig machen. Was kann die mit
ähnlichen Problemlagen befasste Metropole Ruhr von Berlin lernen?
Sicherung der Grundversorgung
oder Daseinsvorsorge für die Hauptstadt Berlin
Dr.-Ing. Klaus Lipinsky, Vorstandsvorsitzender der Berliner Bäder-Betriebe AöR,
Geschäftsführer der BBB Infrastruktur GmbH & Co. KG
17
Daseinsvorsorge hat Geschichte, und die beginnt in Berlin bereits in der
Kaiserzeit. Schon im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde mit der
Errichtung von Volksbädern in aufwändiger Bauweise mit
Geschlechtertrennung begonnen. Im Vordergrund standen nicht nur der
sportliche Zweck, sondern auch die Volksgesundheit und Hygiene.
Deshalb waren die Schwimmhallen neben einem Schwimmbecken auch
mit Badeabteilungen (Duschen und Badewannen) ausgestattet.
Einige davon, wie das 1898 erbaute Stadtbad Charlottenburg und das
1914 fertig gestellte Stadtbad Neukölln, sind nach aufwändiger
denkmalgerechter Restaurierung noch heute in Betrieb.
Daseinsvorsorge umschreibt die Bereitstellung der für ein geordnetes
Zusammenleben erforderlichen Güter und Einrichtungen durch den
Staat und wird heute eher als Sicherung der Grundversorgung bezeichnet.
Dies kann in Notsituationen auch die Bereitstellung von Lebensmitteln und Trinkwasser
sein, reduziert sich im Normalfall jedoch meist auf die Bereitstellung von
Infrastruktureinrichtungen für den Nah- und Fernverkehr, die Versorgung mit Strom, Gas,
Wärme und Wasser, die Entsorgung von Hausmüll und Abwasser und die Straßenreinigung.
Zu dieser Grundversorgung gehört sowohl der Betrieb von Krankenhäusern,
Seniorenheimen und Friedhöfen als auch der Betrieb von Sportanlagen, zu denen auch die
Bäder zählen. Diese Grundversorgung mit Bädern ist Teil der gesetzlichen Aufgaben der
BBB und setzt sich zusammen aus der
Erfüllung der sport- und sozialpolitischen Aufgaben (Sicherung einer wohnortnahen
Versorgung)
Planung des Bedarfs an Schwimmbädern und Sicherstellung der Grundversorgung, auch
für den Schul- und Vereinssport (entgeltfrei)
Entwicklung und Umsetzung nutzergruppenspezifischer Sport- und
Freizeitangebote, u. a. durch Unterhaltung und Betrieb von Nebenbetrieben wie Saunen,
Solarien, Gastronomie
Minimierung des Zuschussbedarfs der Schwimmbäder bei gleichzeitiger Wahrung
sozialverträglicher Tarife im Rahmen der Daseinsvorsorge.
MASTERPLAN SPORT RUHR
Stadtbad Charlottenburg Stadtbad Neukölln
Die Berliner Bäderlandschaft hat sich jedoch in den letzten Jahren stark verändert. In den
80er und 90er Jahren begann eine dramatische Verschlechterung des baulichen Zustands
der Bäder aufgrund fehlender finanzieller Mittel. Im Jahre 1995 beschloss das Land Berlin,
die bisherige Verwaltung der Bäder durch die Bezirke Berlins aufzugeben und sie künftig
unter einem Dach zusammenzuführen. Ab 01.01.1996 bis zum 30.09.1996 wurden die Bäder
zunächst durch eine Projektgruppe des Berliner Senats verwaltet. Zum 01.10.1996 erfolgte
die Gründung der Berliner Bäder-Betriebe AöR mit der Übernahme von 77 Hallen-,
Sommer- und Freibädern. Im Jahre 1999 stieg mit der Übernahme von SSE und SEZ die
Betriebspflicht auf 79 Bäder.
Konsolidierung in drei Stufen
Die Herausforderung bestand nun in der Aufrechterhaltung eines angemessenen Bäderangebotes
in Berlin bei sinkendem Landeszuschuss. Während das Land Berlin den Betrieb der
Bäder durch die Bezirke bis 1995 mit jährlich rund 79 Mio. Euro bezuschusste, sank dieser
mit Gründung der Berliner Bäder-Betriebe kontinuierlich. So erhielten die Berliner Bäder-
Betriebe z. B. im Jahre 2000 noch rund 55,8 Mio. Euro, im Jahre 2007 waren es nur noch
rund 36,98 Mio. Euro. Um die sinkenden Zuschüsse zu kompensieren, haben die Berliner
Bäder-Betriebe 2001 einen dreistufigen Konsolidierungsprozess eingeleitet:
Kerndaten Bäderbetrieb
Hauptstadt Berlin
3,4 Mio. Einwohner
892 km 2 Fläche
Bäderangebot
37 Hallenbäder
26 Freibäder
Jahresbesuche 2008
6,2 Mio. Besuche
Betrieb 2008
724 Mitarbeiter
39,8 Mio. EURO Zuschuss
18
Anpassung des Bäderangebots
In der ersten Stufe wurde das Bäderangebot überprüft und angepasst. So
wurden in 2001 und 2002 insgesamt elf ausgewählte Bäder geschlossen und
die Berliner Bäder-Betriebe für diese und vier weitere bereits vor 1996
geschlossene Standorte dauerhaft von ihrer Betriebspflicht entbunden.
Tarifanpassung
Mit der zweiten Stufe wurde im ersten Halbjahr 2002 die Tarifstruktur neu
gestaltet und vereinfacht, die Preise moderat erhöht, Dauerkarten durch
Mehrfachkarten ersetzt und die Ermäßigungen an das
Bundessozialgesetzbuch angepasst. Trotz steigender Kosten konnten die
Preise für die Sauna- und Badbesuche seitdem stabil gehalten werden.
Trennung von Infrastruktur und Betrieb
Mit der dritten Stufe konnte die Konsolidierung der BBB durch Trennung von Infrastruktur
und Betrieb in ihre entscheidende Phase eintreten. Durch die Novellierung des Bäder-
Anstaltsgesetzes (BBBG) in der Fassung vom 4. März 2005 und die Gründung der BBB
Infrastruktur GmbH & Co. KG im September 2006 wurden die für die Neustrukturierung
der BBB erforderlichen Grundlagen geschaffen. Ziel war und ist es, durch
betriebswirtschaftliche Optimierung und Entwicklung der Bäderstandorte mit privaten
Umweltbeitrag
Bädermetropole Ruhr
Zuschussentwicklung 2001 - 2007
Investoren zusätzliche Erlöse zu generieren und damit einen nachhaltigen Beitrag zum Erhalt
des Bäderangebotes in Berlin zu leisten.
Bädersanierungsprogramm und Klimaschutzvereinbarung
Diese Maßnahmen allein reichen jedoch nicht aus, um den inzwischen aufgelaufenen
Instandhaltungsstau zeitnah abzubauen. Aus diesem Grunde hat das Land Berlin im Jahre
2007 ein Bädersanierungsprogramm beschlossen. Zum Abbau des Instandhaltungsstaus
stellt das Land Berlin in den Jahren 2007 bis 2012 insgesamt 50 Mio. Euro zur Verfügung.
Damit können nunmehr sukzessive dringend notwendige Instandsetzungsarbeiten
durchgeführt und die Bäderlandschaft in ihrer derzeitigen Struktur für die Berlinerinnen und
Berliner erhalten werden.
Zusätzlich konnten Mittel aus weiteren Förderprogrammen wie Investitionspakt mit rund
6 Mio. Euro, UEP II (Umweltentlastungsprogramm) mit rund 8 Mio. Euro und dem
Konjunkturpaket II mit 6 Mio. Euro eingeworben werden, mit denen zusätzliche
Maßnahmen zur Energieeinsparung und damit neben den Betriebskostensenkungen
klimapolitische Ziele erreicht werden können.
Zusätzlich stellt das Land Berlin ab 2010 jährlich 5 Mio. Euro zusätzlich zur Verfügung, um
den Instandhaltungsstau noch schneller abzubauen und den erreichten Standard auch
langfristig halten zu können. Am 13.02.2009 wurde zudem zwischen den Berliner Bäder-
Betrieben AöR, der BBB Infrastruktur GmbH & Co. KG, der Senatsverwaltung für Inneres
und Sport sowie der Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz
eine Klimaschutzvereinbarung unterzeichnet. Damit werden die Gesellschaften Partner des
Landesenergieprogramms 2006-2010 des Berliner Senates. Im Rahmen der Vereinbarung
werden konkrete Ziele zur Reduzierung der CO 2-Emissionen vereinbart. So soll der
CO 2-Ausstoß bis zum Jahre 2012 um mindestens 1.900 t/a gesenkt werden. Durch diese
zusätzlichen Fördermittel ergibt sich eine erheblich positivere Entwicklung der jährlichen
Zuschüsse.
Dadurch können die folgenden Maßnahmen im Zusammenhang mit dem
Bädersanierungsprogramm durchgeführt werden:
19
Zuschussentwicklung 2001 - 2012
Sanierung von Fassaden und Dächern zur Verbesserung der Wärmedämmung
Erhöhung der Energieeffizienz bei Beleuchtung, Pumpen, Wärmeerzeugung, Lüftung
Erweiterung des Einsatzes von Solarabsorberanlagen zur Beckenwassererwärmung in
den Sommerbädern
Erweiterung des Einsatzes von Solarkollektoranlagen zur Brauch- und Beckenwassererwärmung
MASTERPLAN SPORT RUHR
Stadtbad Märkisches Viertel nach der Sanierung
20
Einsatz von Fotovoltaik bei entsprechender Wirtschaftlichkeit
Prüfung des Einsatzes von Solarhybridsystemen
Prüfung des Anschlusses an ein biomassebetriebenes Nahwärmenetz
Nachrüstung von BHKWs an den gasbeheizten Standorten
Optimierte Anlagenkonzepte
Einsatz der Membrantechnologie zur Beckenwasseraufbereitung
Abwasserwärmenutzung
Wärmepumpentechnologie
Verbesserung der betriebs- und verfahrenstechnischen Abläufe durch Neuausrichtung
der betriebstechnischen Strukturen
Fortführung der Automatisierung und Aufschaltung aller wichtigen Prozess- und
Energieparameter auf die Gebäudeleittechnik.
Beispiel Stadtbad Märkisches Viertel
Ein Beispiel für die energetische Sanierung ist das Stadtbad Märkisches Viertel. Hier erfolgte
neben der Erneuerung der gesamten Fassade und der Sanierung der Dachabdichtung mit
neuer Wärmedämmung die Integration von Fotovoltaik-Modulen zur Stromerzeugung an
der Süd- und Ostfassade. Weitere Fotovoltaik-Module sowie eine solarthermische Anlage
zur Wärmeerzeugung wurden auf dem Dach der Schwimmhalle montiert. Mit den
Solaranlagen können pro Jahr ca. 16.000 kWh Strom sowie ca. 80.000 kWh Wärme erzeugt
werden. Der erzeugte Strom wird direkt in das Netz des örtlichen Energieversorgers
eingespeist und den BBB vergütet.
Perspektiven
Die Berliner Bäder-Betriebe sind bis heute Europas größter Badbetreiber, wollen es auch
bleiben und auch weiterhin die Grundversorgung der Berliner Bevölkerung sicherstellen.
Freizeitorientierte Öffentlichkeitsbäder stehen neben Schul- und Vereinsbädern, die nahezu
ausschließlich dem Schul- und Vereinsschwimmen vorbehalten sind. Die meisten Bäder sind
jedoch Mischbäder, die allen Nutzergruppen zur Verfügung stehen.
Wirtschaftlichkeit +
soziale Verantwortung
Bädermetropole Ruhr
Zuschuss, Erlöse, Jahresergebnis 2003 – 2008 Personalentwicklung 2001 – 2009
Von den 63 Bädern der Berliner Bäder-Betriebe sind 37 Hallenbäder (davon 7 Schul- und
Vereinsbäder, 23 Mischbäder, 3 freizeitorientierte Bäder und 4 Kombi-Bäder mit
Schwimmhalle und Sommerbad). Daneben gibt es 26 Sommer- und Freibäder, von denen
derzeit rund 50 % an private Betreiber und Vereine verpachtet sind. Wir begrüßen
durchschnittlich rund 6,2 Mio. Besucher pro Jahr, darunter ca. 2,3 Mio. entgeltfrei (z. B.
Vereinsmitglieder).
Die Zukunftssicherung des Bäderangebotes in Berlin ist nur durch die Umsetzung der
Maßnahmen aus dem Bäderkonzept möglich
21
Sicherung der Finanzierung eines ausgewogenen Bäderkonzeptes für alle Nutzergruppen
durch langfristige Zusage des Aufgabenträgers (Haushaltssicherheit)
Ausweitung der bisherigen Verpachtung von Freibädern auch auf Sommerbäder und
Hallenbäder, gegebenenfalls mit Zahlung eines Betriebskostenzuschusses an private
Betreiber
Aufbau von Partnerschaften mit privaten Unternehmen zur Einwerbung von Drittmitteln
für Sanierungsmaßnahmen im Rahmen von Public Private Partnership (mit Augenmaß)
Ausnutzung von nationalen und internationalen Förderprogrammen bei Baumaßnahmen,
insbesondere für Maßnahmen zur Energieeinsparung und zum Klimaschutz.
Fazit
Der Begriff der Daseinsvorsorge mag zwar altmodisch klingen, die damit beschriebenen
Aufgaben sind in ihrer Bedeutung für eine lebenswerte Zukunft jedes Einzelnen und der
gesamten Gesellschaft jedoch eng miteinander verknüpft und heute wichtiger denn je.
Die Wirtschaftlichkeit der Daseinsvorsorge muss daher immer vor dem Hintergrund der
sozialen Verantwortung und der langfristigen Auswirkungen auf die Umwelt und die
Gesundheit jedes einzelnen und der gesamten Gesellschaft bewertet werden.
MASTERPLAN SPORT RUHR
KOMMUNALE STRATEGIEN >>>
Moderatorin: Dr. Eva Maria Hubbert,
Leiterin des Referates Finanzmanagement / Zentrale Dienste beim Regionalverband Ruhr
22
Bädermetropole Ruhr
Die Stadt Mülheim an der Ruhr ist mit etwa 170.000 Einwohnern die einzige Gebietskörperschaft des RVR, die über kein
eigenes Freizeitbad verfügt. Umgeben von Städten mit einem großen, auch regional bedeutenden Bäderangebot,
fokussiert sich die Stadt Mülheim an der Ruhr auf die lokale Grundversorgung im Bereich Schwimmen. Immer dort, wo
Kooperationen im Sport- und Bäderbereich mit Nachbarkommunen möglich, denkbar und sinnvoll sind, wird der Dialog
gesucht - mit wechselndem Erfolg. Die Erkenntnis jedoch, dass die Bereitstellung von Einrichtungen für die
Grundversorgung nicht zwangsläufig an den eigenen Stadtgrenzen enden muss, wird in Mülheim an der Ruhr mit Leben
gefüllt. Davon zeugen bereits realisierte sowie angestrebte interkommunale Kooperationen im Sportbereich. So kann den
Bürgern in zumutbaren Entfernungen ein bedarfsorientiertes Angebot bereitgehalten werden, ohne im Wettbewerb der
Kommunen aufgerieben zu werden.
Lokale Grundversorgung im regionalen Kontext
Heinz Moseler, Betriebsleiter des MSS Mülheimer SportService
23
Am 1. Januar 1997 sind die Aufgaben des ehemaligen Sport- und
Bäderamtes der Stadt Mülheim an der Ruhr auf den
eigenbetriebähnlichen MSS Mülheimer SportService übergegangen und
neu organisiert worden. Dazu gehören laut Satzung
die bedarfsorientierte Führung und Bereitstellung von Sportstätten
und der sportlich genutzten Flächen
die Förderung des Vereins- und nicht vereinsgebundenen Sports
die Förderung des Schulsports und
die Förderung des Leistungs- und Spitzensports
Zurzeit beschäftigt der MSS 121 Mitarbeiter (Stand September 2009). Diese führen und
unterhalten unter anderem 15 Sportplätze, 12 Kleinspielfelder, 10 Sporthallen (2- bis 4-
Felder-Hallen), 34 Turnhallen, 13 Gymnastikräume und sonstige Sportanlagen. 32
Mitarbeiter sind im Bereich Bäder tätig. Der Gesamtetat des MSS liegt im Jahr 2009 bei 15,2
Mio. Euro. Der städtische Zuschuss beläuft sich auf 13,1 Mio. Euro (einschließlich
Schulsport). Im Bäderbereich schießt die Stadt 2,8 Mio. Euro zu, bei Ausgaben von 4,0 Mio.
Euro. Damit werden fünf Bäder betrieben (drei Hallenbäder, ein Kombibad und das
Naturbad Styrum). Auf der linken Ruhrseite mit den wachsenden Stadtteilen Saarn und
Selbeck gibt es kein Bäderangebot, mit der Folge, dass der Schulschwimmunterricht in
diesen Stadteilen aufgrund der langen Wegstrecken zu den Bädern stark reduziert ist. Der
Bau eines neuen Schul- und Vereinsbades auf der linken Ruhrseite wird zurzeit politisch
diskutiert.
Der Bedarf nach einem zusätzlichen Bad ergibt sich auch aus Defiziten in der
Grundversorgung Schwimmen. So kommen in Mülheim an der Ruhr nach einer
Untersuchung aus dem Jahr 2007 auf 1.000 Einwohner nur 7,9 Quadratmeter Wasserfläche
in Hallen-, Schul- und Kombibädern. Mit dem geplanten neuen Schul- und Vereinsbad
erhöht sich die Wasserfläche auf 12,1 Quadratmeter, läge im kommunalen Vergleich mit
den umliegenden Städten aber immer noch im unteren Drittel.
So verfügen Velbert (21,7 m 2 ), Oberhausen (19,1 m 2 ), Duisburg (18,7 m 2 ) und
Essen (15,0 m 2 ) über mehr als doppelt so viel Wasserfläche pro 1.000 Einwohner wie
aktuell Mülheim an der Ruhr. Das zeigt: Die Stadt Mülheim an der Ruhr kann derzeit nicht
mehr als die lokale Grundversorgung bereithalten
Grundversorgung
optimieren
MASTERPLAN SPORT RUHR
Friedrich-Wennmann-Bad Mülheim
Die Mülheimer Bäderkonzeption schafft mit einem bedarfsorientierten Angebot die
Voraussetzung, dass Schwimmen in Mülheim trotz der beschriebenen Defizite dennoch
jederzeit möglich ist. Dabei erfüllt jedes der fünf Bäder eine Rolle im Konzept. Die
Hallenbäder Süd und Nord dienen überwiegend dem Schul- und Vereinssport (im Sinne der
lokalen Grundversorgung), ebenso das Rembergbad, das ausschließlich von Sonderschulen
und Vereinen genutzt wird, größtenteils mit Behinderten- und Seniorensport. Das
Friedrich-Wennmann-Bad steht überwiegend der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das
Naturbad Mülheim-Styrum ist ausschließlich dem öffentlichen Badebetrieb vorbehalten.
Kerndaten Bäderbetrieb
Mülheim an der Ruhr
168.888 Einwohner
91 km 2 Fläche
Bäderangebot
1 Kombibad
2 Hallenbäder
1 Kleinschwimmhalle
1 Naturfreibad
Jahresbesuche 2008
405.000 Besuche
Betrieb 2009
32 Mitarbeiter
4,0 Mio. Euro Aufwand
1,2 Mio. Euro Erlöse
24
Mülheim ist die einzige Großstadt im RVR-Gebiet, die über kein eigenes
Freizeitbad verfügt, allerdings sind in unmittelbarer Nähe mehrere
Freizeitbäder in Nachbarstädten vorhanden und über ÖPNV gut zu erreichen.
Im Rahmen der neuen Bäderkonzeption wurde zwar der Bau eines
Freizeitbades geprüft, eine ernsthafte Diskussion darüber hat es aber nicht
gegeben - auch aus der Überzeugung beim MSS heraus, dass man Badegäste
nicht dauerhaft vermehren kann. Es ist zwar in den Monaten nach Eröffnung
mit mehr Besuchern zu rechnen, doch danach ist eine fallende Besucherkurve
zu erwarten. Aufgrund der regionalen Konkurrenz zu Freizeitbädern in
Oberhausen, Essen und Duisburg sowie des zu erwartenden hohen
Investitionsvolumens wurde in Mülheim an der Ruhr von dem Bau eines
solchen Bades abgesehen. Stattdessen wird der Bau eines Schul- und
Vereinsbad auf der linken Ruhrseite vorbereitet, um die lokale
Grundversorgung zu sichern und zu optimieren.
Wie schwierig es ist, trotz auf der Hand liegender Synergieeffekte, im Bäderbereich
interkommunale Kooperationen anzustoßen und durchzuhalten, erlebte der MSS in den
Vorbereitungen zum Umbau des Naturbads Styrum. Das konventionelle Freibad in Styrum,
das im Zuge der Umgestaltung zum Naturbad komplett saniert und neu konzeptioniert
wurde, liegt genau an der Grenze zu Oberhausen. Zudem stammt nachweislich die Hälfte
der Besucher aus Oberhausen. Hier wäre also ein wunderbarer Ansatz für eine
Neue Ansätze für
interkommunale
Zusammenarbeit
Modellbeispiel
Kunstturn-
Leistungszentrum
Vom Wettbewerb
zur Kooperation
Bädermetropole Ruhr
interkommunale Zusammenarbeit gewesen. 2003 / 2004 gab es auch Gespräche zwischen
beiden Städten, aber Oberhausen wollte den Weg nicht gemeinsam gehen und plant nun
stattdessen ein neues eigenes Freizeitbad.
Eine hohe Strahlkraft hat auch das Friedrich-Wennmann-Bad in Mülheim-Heißen. Hier
haben Besucherbefragungen ergeben, dass nahezu 50 Prozent der Besucher aus Essen
anreisen. Auf der anderen Seite wird das Freibad Kettwig in Essen ebenfalls zu einem hohen
Anteil von Mülheimern besucht. Auch im Bereich des Schul- und Schwimmsports gibt es
Kooperationsmöglichkeiten, zum Beispiel mit der Stadt Essen.
Aktuelle Handlungsansätze ergeben sich zudem im Bereich des (Leistungs-)Sports. Neben
Fußballstadien und dem überregional bedeutenden Badminton-Zentrum bietet sich eine
Zusammenarbeit auch in der Leichtathletik an.
Mülheim hat keine Kunststofflaufbahn für Leichtathleten, möchte dem leistungsorientierten
Nachwuchs aber trotzdem optimale und wohnortnahe Trainings- und Wettbewerbsbedingungen
bieten. Die Städte Essen, Oberhausen und Duisburg verfügen auf der anderen
Seite über eine solche Kunststofflaufbahn, auf der noch Kapazitäten auch für Mülheimer
Sportler frei wären. Hier machen Kooperationen Sinn. Mülheim verzichtet auf den teuren
Neubau einer Laufbahn und handelt stattdessen mit der Nachbarstadt einen Vertrag zur
Nutzung ihrer Sportanlagen aus. So kann die Stadt Mülheim ihren Leichtathleten, wenn auch
nicht innerhalb der Stadtgrenzen, aber doch in nächster Nähe dieses Angebot vorhalten und
so die gesellschaftliche Aufgabe zur Grundversorgung im Bereich des Sports und des
Schwimmens erfüllen.
Wie es gehen kann, zeigt ein anderes interkommunales Projekt, das die Städte Mülheim und
Essen auf den Weg gebracht haben. Dabei werden die Sportstätten des Landesleistungsstützpunktes
NRW männlich im Kunstturnleistungszentrum in Mülheim an der Ruhr am
Mühlenfeld (Trainingsstätte) sowie die Haedenkamphalle in Essen (Austragungsort von
Wettkämpfen) für einen leistungsorientierten Übungs- und Wettkampfbetrieb hergerichtet.
Ein entsprechender Vertrag ist bereits unterzeichnet.
Die Beispiele zeigen, dass interkommunale Kooperationen möglich und sinnvoll sind. Dabei
kommt es immer auch auf die einzelne Ausgangslage, die Partner und die Projekte an. Die
Notwendigkeit einer interkommunalen Kooperation insbesondere im Bäderbereich ist
demnach immer dann gegeben, wenn eine Einrichtung regionale Bedeutung hat, eine hohe
Strahlkraft auf die Nachbarstädte ausübt und bei Angeboten, die über die lokale
Daseinsvorsorge hinausgehen.
Dabei müssen die Räte und Verwaltungen im Ruhrgebiet ihr Kirchturmdenken endlich
beenden und vielmehr sach- und bedarfsorientiert analysieren und entscheiden. Denn eins
ist auch klar: Vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslagen wird es auch oder
insbesondere in den Städten des Ruhrgebiets immer schwieriger, größere Sportstätten zu
bauen oder zu betreiben. Deshalb müssen wir weg vom kommunalen Wettbewerb hin zur
kommunalen Kooperation im Interesse aller Sporttreibenden.
Dafür braucht es eine überörtliche Institution, die die Maßnahmen im Sport- und
Bäderbereich im Ruhrgebiet analysiert, steuert und koordiniert – wer auch immer das sein
mag.
25
Rücksichtnahme auf
alte Ortstrukturen
MASTERPLAN SPORT RUHR
Die Stadt Moers hat im Bäderbereich in den nächsten Jahren viel vor. Ein Bäderkonzept ist auf den Weg gebracht.
Angesichts der hohen Investitionskosten zur Umsetzung dieses Konzeptes mit mehreren Neubauten und den im
Badbetrieb erwartenden Verlusten ist das Stadtwerke-Modell für die Stadt Moers die optimale Lösung.
Bäderbetrieb durch Stadtwerke
Dirk Hohensträter, Geschäftsführer Sport- und Bäderbetriebe Moers
26
Konzern Städtische Betriebe Moers AöR
Die Städtische Betriebe Moers AöR sind 2007 aus der Stadt
ausgegründet worden. Rund 500 Mitarbeiter sind im Konzern
beschäftigt. Die Liegenschaften der Sport- und Bäderbetriebe werden
innerhalb der AöR als Betrieb gewerblicher Art gehalten. Unterhalb der
Städtische Betriebe Moers AöR ist mit 75 %-igen Anteilen die
Energieversorgung Niederrhein GmbH angesiedelt. 20 % an der
Energieversorgung Niederrhein GmbH werden durch die RWE gehalten,
5 % durch die Stadt Neukirchen-Vluyn. Parallel dazu ist unterhalb der
Städtische Betriebe Moers AöR die Sport- und Bäderbetriebe Moers
GmbH angesiedelt. Die Ausgründung aus der AöR erfolgte 2008. Die
Anteile werden zu 100 % von der Städtische Betriebe Moers AöR
gehalten.
Der Konzernumsatz ohne die Energieversorgung Niederrhein GmbH beläuft sich auf rund
25 Mio. Euro pro Jahr. Das Konzernergebnis ist ausgeglichen.
Die Sport- und Bäderbetriebe Moers GmbH beschäftigen je nach Saison 35 bis 60
Mitarbeiter. Der Betrieb der Sportstätten und Bäder der Städtische Betriebe Moers AöR
wird mit durch die Sport- und Bäderbetriebe Moers GmbH sichergestellt. Zwischen der
AöR und der Sport- und Bäderbetriebe Moers GmbH wurde zu diesem Zweck ein
Betriebsführungsvertrag geschlossen. Zudem übernimmt die Sport- und Bäderbetriebe
Moers GmbH die Projektentwicklung und die Projektsteuerung für die neu zu errichtenden
Sport- und Bädereinrichtungen in Moers.
Nach Übertragung der Sport- und Bädereinrichtungen der Stadt Moers an die Städtische
Betriebe Moers AöR im Jahr 2007, wurde ein erheblicher Investitionsstau in den
Einrichtungen festgestellt. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, dass die
Einrichtungen zu einem Großteil wirtschaftlich nicht Instand zu setzen sind.
Da die technischen Probleme der Einrichtungen seit langem bekannt und ein wirtschaftlich
sinnvoller Betrieb der Bäderlandschaft nicht möglich waren, wurde im Jahre 2007 / 2008 ein
umfassendes Bäderkonzept erstellt.
Vereinfacht besteht Moers aus zwei gleich großen Stadtteilen. Im Zuge der Gemeinde-
Gebietsreform wurden rund 45.000 Einwohner der Orte Rheinkamp und Kapellen in die
Stadt Moers eingemeindet. Moers erhielt nach der Reform 1975 mit rund 108.000 Einwohnern
den Großstadtstatus. Die Eigenständigkeit der vorherigen Ortschaften musste
aufgegeben werden. In der Kommunalpolitik spielen die alten Grenzen bis heute noch eine
entscheidende Rolle.
Bädermetropole Ruhr
Kerndaten Bäderbetrieb
Steuervorteile
Sowohl in Rheinkamp als auch in Moers bestanden bis 2008 zwei nahezu identische
Freibäder mit einer Wasserfläche von rund 7.000 m². Zudem besteht in unmittelbarer
Nachbarschaft zum Solimare ein Naturgewässer, welches zu einer Freibadanlage mit einer
Wasserfläche von 5.000 m² ausgebaut wurde. Am Rheinkamper Freibad bestand zudem ein
Freizeithallenbad mit einer Wasserfläche von rund 800 m² inklusive einer integrierten
Saunaanlage. Im Ortskern von Moers bestand, neben zwei an Schulstandorten
angegliederten Lehrschwimmbecken, ein weiteres 25m-Sporthallenbad. Am Standort
Solimare befinden sich zudem eine Tennishalle und eine Eissporthalle die sich ebenfalls im
Eigentum der Städtische Betriebe Moers AöR befindet und durch die Sbb GmbH
bewirtschaftet wird.
Moers
106.000 Einwohner
68 km 2 Fläche
Bäderangebot
1 Kombifreizeitbad
1 Hallenbad
1 Naturfreibad
Betrieb 2010 ff.
35 - 50 Mitarbeiter
4.7 Mio. EURO Zuschuss
(geplant)
27
Im Bäderkonzept ist vorgesehen, drei Standorte aufrechtzuerhalten:
Der Standort Rheinkamp soll zu einem reinen Sportzentrum ausgebaut
werden. An diesem Standort werden zwei Dreifach-Sporthallen mit einer
Zuschauerkapazität von 200 Personen in der kleineren Dreifach-
Sporthalle und 1.000 Personen in der Groß-Sporthalle errichtet. Zudem
werden an diesem Standort ein Hallenbad mit 25 m Bahnen und ein
Lehrschwimmbecken für den Schul- und Vereinssport errichtet.
Im Freizeitzentrum Solimare soll ein Freizeit- und Familienbad mit
integriertem Badehaus und Saunaanlage errichtet werden.
Das Naturfreibad Bettenkamper Meer bleibt ebenfalls als Freibadstandort
bestehen.
Insgesamt wird der Zuschussbedarf für alle Standorte inkl. Zinsen und Abschreibung jährlich
4,7 Mio. Euro betragen.
Das Strategiekonzept der Städtische Betriebe Moers AöR sieht vor, sowohl die Eishalle als
auch die Tennishalle nicht weiter zu betreiben, außer Betrieb zu nehmen und abzureißen.
Statische Untersuchungen an der Eissporthalle zeigen auf, dass ein Weiterbetrieb maximal
noch 3 – 6 Jahre möglich erscheint. Die Entscheidung, ob die Eishalle über den Zeitraum
der nächsten 3 - 6 Jahre hinaus weiter betrieben werden soll, wird innerhalb des nächsten
halben Jahres erwartet. Sollte die Entscheidung zugunsten der Eishalle ausfallen, müsste das
Bäderkonzept insgesamt neu angepasst werden, da der Zuschuss von 4,7 Mio. Euro pro Jahr
die maximale Obergrenze darstellt.
Hauptargument für den Bäderbetrieb durch Stadtwerke ist der wirtschaftliche Vorteil, der
sich im Rahmen der Betriebsführung und der technischen Führung der Anlagen aufgrund
steuerlicher Vorteile einstellt.
In der Regel werden die Gewinne der Stadtwerke mit den Verlusten der Bäderbetriebe vor
Steuer verrechnet. Neben diesem Steuersparmodell gibt es eine Reihe von
Effizienzvorteilen, die durch den Betrieb der Bäder im Verbund mit Stadtwerken genutzt
werden können. Sowohl technisches als auch kaufmännisches Know-how ist im Bereich der
Energiebeschaffung und der Energietechnik in Stadtwerken auf sehr hohem Niveau
vorhanden. Dieser Umstand fällt besonders ins Gewicht, da sich der wirtschaftliche
Energieeinsatz zu dem wichtigsten Betriebskostenfaktor entwickelt hat.
In erster Linie betrifft das die Wassergewinnung, die Wasseraufbereitung, die Energietechnik
und die Ver- und Entsorgungstechnik. Hier kann zum Beispiel auf Spezialisten und
Bündelung von
Kompetenzen
Synergievorteile
MASTERPLAN SPORT RUHR
Techniker der Stadtwerke zurückgegriffen werden und diese können auftragsbezogen in die
Instandsetzung und Unterhaltung der technischen Anlagen eingebunden werden.
Neben den Kompetenzen im Energiebereich kann bei den Stadtwerken auf die hohe
wirtschaftliche Kompetenz in den Bereichen Unternehmensführung, Unternehmenskommunikation,
Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb, IT-Technologie, Einkauf, Abrechnung,
Inkasso und Betriebscontrolling zurückgegriffen werden.
Die Stadtwerke haben sich in den letzten Jahren erheblich entwickelt. In der Regel
ausgegründet aus dem Amt 81 der Städte und Kommunen mussten die Stadtwerke in den
90er Jahren erhebliche Veränderungsprozesse durchlaufen. Zunächst mussten sich die
Stadtwerke Ende der 90er Jahre, im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes, komplett
neu aufstellen und ausrichten. Nach der Liberalisierung erfolgte die Regulierung der Netze.
In diesem Zuge mussten Netz und Vertrieb unbundelt werden. Dies führte bis zur
zwangsweisen gesellschaftsrechtlichen Entflechtung von Netzen und Vertrieb. Im Rahmen
dieser Veränderungsprozesse haben sich Stadtwerke im Markt oftmals erfolgreich
behauptet und stehen heute als Multi Utility Dienstleister besser da, als vor den
Veränderungsprozessen. Stadtwerke haben sich zusammengeschlossen und betreiben heute
Kraftwerke, Offshore-Windparks, Photovoltaik- und Bio-Gas-Anlagen.
Bäderbetriebe werden heute geschickt in diese Organisationsstrukturen eingebunden und
können von diesen Kompetenzen profitieren. Im innerstädtischen Konzern können auf
diesem Weg Synergievorteile genutzt werden, die unter städtischer Führung so nicht
möglich sind.
28
Bädermetropole Ruhr
Die Prova Unternehmensberatung betreibt Bäder an drei Standorten: das Maximare in Hamm, die Badebucht Wedel und
zukünftig den AQUApark Oberhausen.
Standortentwicklung durch neue Gesundheits- und
Wellness-Angebote am Beispiel des Maximare Hamm
Frank Rose, Geschäftsführer der Prova Unternehmensberatung GmbH
Ein Public-Private-Partnership-Modell ist eine Partnerschaft, die darauf
basiert, dass man sich in die Augen schauen und gute Geschäfte machen
kann - in beiderseitigem Einvernehmen und für beide erträglich. Es gibt
über 70 Modelle des PPP – aber es gibt nur ganz wenige, mit denen auch
eine Stadt, eine Gemeinde oder ein Verband glücklich werden kann.
Neben Beratung und Consulting tritt die Prova Unternehmensberatung
als privatwirtschaftlicher Partner in Public-Private-Partnership im
Bädermarkt auf: in Hamm, in Oberhausen und in Wedel bei Hamburg.
Dabei versteht sich die Prova Unternehmensberatung als reiner
Dienstleister, nicht als Bauherr oder Investor. Die Stadt - in Hamm über
die Stadtwerke Hamm- kauft unsere Leistung ein und wir führen den
Betrieb eines Bades. Mehr nicht. Wir investieren nicht und machen
keinen Ärger, weil wir gute Verträge haben, in denen die Leistungen und
Zusammenarbeit sowie die Kooperationen klar geregelt sind. Wichtig ist, dass wir mit dem
Partner kooperieren können, um einen Standort überhaupt entwickeln zu können. Und wir
helfen beim Kosteneinsparen, weil wir durch die Zusammenarbeit zum Beispiel mit
Ingenieurbüros und durch gute Kontakte zu Institutionen im Bädermarkt viel Know-how
einbringen, um so ein vernünftiges Benchmark aufzubauen. Das ist PPP, wie es funktioniert
und wie es sich in Zukunft unter dem Eindruck des Sparzwangs der Kommunen
durchsetzen wird.
Um aber einen Standort überhaupt entwickeln zu können, sind Kooperationskontakte
unverzichtbar. Ein Beispiel aus den Anfängen des Maximare soll dies verdeutlichen. So
wollten wir damals das Konzept mit Sportbad, Aquawelt, Saunawelt und Wellnesswelt noch
um den Baustein Rehabilitation erweitern. Daraufhin wurde Kontakt zu den Kostenträgern
aufgenommen, die von dem Konzept eines Rundum-Sorglos-Paketes für die Patienten vor
Ort statt dreiwöchiger Kuren begeistert waren. Nur waren wir keine Reha-Betreiber, also
brauchten wir Kooperationspartner. Wir haben daraufhin im Beisein des Bürgermeisters
und der Stadtwerke-Geschäftsführung die örtlichen Krankenhäuser, die in der Stadt Hamm
in starkem Wettbewerb stehen, an einen Tisch gebracht. Auf über 2.000 Quadratmetern
Rehabilitationsfläche sollten die fünf Kliniken gemeinsam Reha-Maßnahmen entwickeln und
unter dem Dach des Maximare anbieten. Das war nicht einfach, doch dank stringenter
Führung wurde innerhalb eines halben Jahres das „reha bad Hamm“ an den Start gebracht.
Heute sage ich: Schön, dass wir es gemacht haben. Denn mittlerweile kommen täglich bis zu
140 Gäste, die im reha bad Hamm rehabiliert werden. Zusätzlich mieten verschiedene
Institutionen die Flächen für Vereinstraining an. Somit bietet das Maximare eine nicht zu
unterschätzende Ergänzung für den Leistungsstützpunkt Sport in der Stadt Hamm an.
Ausgehend von den vier Welten Sport, Aqua (plus Sole), Sauna und Wellness plus Reha
wurde der Standort seit der Eröffnung 1999 weiterentwickelt. Vor dem Hintergrund einer
rasanten Entwicklung im Gesundheits- und Wellnessmarkt insgesamt und guten
Umsatzzahlen im Bereich Sauna und Wellness vor Ort war eine Erweiterung des Angebotes
nur konsequent.
29
MASTERPLAN SPORT RUHR
Kerndaten Bäderbetrieb
Bäder-Standorte
Hamm: 180.000 Einwohner
Wedel: 32.000 Einwohner
Oberhausen: 214.000 Einwohner
Gesundheitspark
Bad Hamm
Dabei haben wir uns den veränderten Erwartungen der Menschen an moderne Gesundheits-
und Wellnessanlagen angepasst und verschiedene Produkte entwickelt:
ArenaMare
Europaweit einmalig ist die Theatersauna mit 100 Sitzplätzen in der Maximare Saunawelt.
Nicht wegen der 100 Sitzplätze, sondern wegen der multimedialen Show mit Beamer, Licht-,
Sound-, Nebel- und Regen-Effekten. Das ist Erlebnis, das geht an die Emotionen und das bewegt.
Diese USPs (Unique Selling Points) sprechen sich unter den Besuchern schnell herum
und sorgen so für zusätzliche Kunden und erweitern unter Umständen so das Einzugsgebiet.
Die ArenaMare ist einer der Vorteile des Maximare im Wettbewerb.
30
Bäder
Maximare Hamm
480.000 Besucher
140 Mitarbeiter
3,9 Mio. Euro Umsatz
Badebucht Wedel
240.000 Besucher
80 Mitarbeiter
1,2 Mio. Euro Umsatz
AQUApark Oberhausen
(im Bau)
280.000 Besucher
79 Mitarbeiter
1,2 Mio. Euro Umsatz
TCM (Traditionelle Chinesische Massage)
Um TCM am Standort Hamm anbieten zu können, kooperiert das Maximare
mit einer Stadt in Dahlien (China). In achtjähriger Ausbildungszeit lernen
dort Chinesinnen und Chinesen die Anwendungen der TCM und kommen
(für ein Jahr) nach Deutschland, um im Maximare zu arbeiten. Bis es allerdings
soweit war, mussten viele Hürden überwunden werden – von der Arbeitserlaubnis,
bei der die Stadt oder die Gemeinde als Partner Unterstützung
leisten kann, über Dolmetscher bis zur richtigen Etikette im Umgang
mit Menschen eines völlig anderen Kulturkreises. Eine Masseurin wurde
mittlerweile fest eingestellt und die Kooperation mit Dahlien ausgebaut. Das
Angebot ist so erfolgreich, dass es auch an einem anderen Standort angeboten
werden soll. Diesmal als Massageinstitut, das an ein bestehendes Bad
angegliedert wird.
Medical Wellness
Medical Wellness wurde in Hamm zum ersten Mal in ein Freizeitbad integriert.
Für das jüngste Kind des Maximare wurde ein Arzt eingestellt. Nach
einer kostenlosen Anamnese entwickelt er in Absprache mit den Kunden
ein maßgeschneidertes Trainings- und Leistungsprogramm, um die Gesundheits- und Fitness-Ziele
der Kunden zu erreichen. Diese Programme kosten je nach Leistungsumfang 100
bis 250 Euro. Dafür kaufen die Kunden Leistungskarten mit Leistungsprogrammen, bei denen
sie teilweise länger als ein halbes Jahr im Maximare trainieren. Das ist Kundenbindung
pur und sorgt darüber hinaus für eine Auslastung der Anlage. Hierbei greifen alle Angebote
des Maximare ineinander – um zum Beispiel die Einzelbausteine Wassergymnastik, Aquaspinning,
ärztliche Beratung, traditionelle chinesische Massage, aber auch Wellnesswünsche
abzudecken. Die ersten Erfahrungen mit Medical Wellness lassen hoffen, aber ich denke,
wir brauchen für dieses Experiment zwei Jahre bis es im Markt etabliert ist.
Aber nicht nur inhaltlich kann ein Standort entwickelt werden, sondern auch räumlich. Dabei
spielt neben der eigentlichen Expansion in der Fläche auch der Erholungs- und Freizeitwert
im Umfeld des Maximare eine bedeutende Rolle. Gerade hier müssen alle Partner an
einem Strang ziehen. Die Aufwertung des Umfeldes zum „Gesundheitspark Bad Hamm“ ist
in den vergangenen Jahren zum Beispiel durch
ein neues Gradierwerk im angrenzenden Kurpark, das auch in die Angebote des
Maximare (Qi-Gong) eingebunden ist, sowie
eine bundesweit bekannte und anerkannte Klinik für Manuelle Therapie (Schmerz-
Zentrum),
altengerechtes Wohnen
durch die Partner und in den Kooperationen mit den Partnern aktiv betrieben worden.
Konkurrenzvermeidung
durch Abstimmung
Bädermetropole Ruhr
Ganz entscheidend: Für eine gelungene Standortentwicklung benötigt man vor allem ein
Filetstück, das zu entwickeln ist. Das Maximare ist unmittelbar in der Nähe zum Kurpark
und zu einem Sportzentrum entstanden und bietet hier noch Entwicklungsspielraum. So soll
östlich angrenzend ein Hotel entstehen. Hier profitiert die Prova Unternehmensberatung
wiederum von den umfangreichen Kooperationen und Partner, die Investoren,
Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung Verlässlichkeit, Sicherheit und Vertrauen bieten.
Die Partner sind dabei unter anderem Stadt-Touristik, Stadt, örtliche Institutionen sowie
die örtlichen Einzelhändler. Diese Interessenlagen alle unter einen Hut zu bringen, ist
schwer, ist Aufwand und ist Arbeit, aber nur unter diesen Voraussetzungen kann ein
Standort überhaupt sinnvoll entwickelt werden.
31
Bäderbetrieb als
„Profitzentrum“
Die Standortentwicklung am Gesundheitspark Bad
Hamm: Rot sind bereits realisierte Objekte
markiert, noch in der Realisierung befindliche
Vorhaben sind gelb eingezeichnet.
Der Blick in die Zukunft macht deutlich: Reine
Bäder werden weiterhin nur mit einem Zuschuss
zu betreiben sein. Für die Daseinsvorsorge muss
es sein. Jeder Verein, jede Schule, jeder Bürger,
der schwimmen möchte, muss schwimmen
können. Aber so einen Bäderbetrieb kann man
durchaus als Profitzentrum betrachten. Ich sage
nicht, dass wir ohne Zuschüsse auskommen.
Zuschüsse vermeiden können wir nur, wenn wir
Eintrittspreise über 18 Euro nehmen. Das geht nicht und das können wir auch der örtlichen
Bevölkerung nicht zumuten. Der Zuschuss ist aber niedriger als er bei einem Badbetrieb in
öffentlicher Hand wäre. Denn wir betreiben alle Einrichtungen, die wir haben, im Rahmen
freier Mitarbeiterverträge. Wir sind nicht an öffentliches Tarifrecht gebunden. Jeder
Mitarbeiter ist frei eingestellt und jeder Vertrag individuell. Wer Mitarbeiter im öffentlichen
Tarif hat, hat Schwierigkeiten solche Anlagen zum Breakeven zu führen. Nach meiner
Ansicht ist das heutzutage sogar unmöglich. Freie Verträge in Kombination mit
eigenverantwortlichen Mitarbeitern, die Lust an der Leistung haben, erlauben einem
privaten Betreiber ein flexibleres Reagieren auf Marktschwankungen. So erhalten die
Therapeuten im Wellnessbereich ein Grundgehalt und zusätzlich ein leistungsbezogenes
Entgelt für jede Anwendung, die sie durchführen. Als privater Betreiber können wir
aufgrund der freien Verträge auch die Gastronomie wirtschaftlich betreiben.
Die Prova Unternehmensberatung betreibt Bäder an drei verschiedenen Standorten: Das
Maximare in Hamm (Umsatz 3,9 Mio. Euro), die Badebucht Wedel (Umsatz 1,2 Mio. Euro)
und den AQUApark Oberhausen (1,2 Mio. Euro). Eine Konkurrenz seiner Bäder wird bei
einem privaten Betreiber jedoch nicht eintreten. Denn: Wenn ein privater Betreiber
mehrere Bäder hat, wird er tunlichst darauf achten, dass die Angebote, die er entwickelt,
nicht konkurrieren. Dieser Ansatz einer Abstimmung der Angebote ist im gesamten
Bädermarkt essentiell. Es gilt, worauf auch Herr Lawitzke hingewiesen hat: Wir müssen
immer wieder darauf achten, dass wir in den Angeboten keine Überschneidungen haben,
denn der Bädermarkt ist nicht unendlich, er ist - ganz im Gegenteil - begrenzt.
Optimierung der
Führungsstrukturen
MASTERPLAN SPORT RUHR
Der Regionalverband Ruhr betreibt gemeinsam mit den Kommunen Bäder. Er ist Mitgesellschafter von sieben GmbHs,
die jeweils mit den örtlichen kommunalen Partnern Freizeitbäder im gesamten Verbandsgebiet betreiben. Die
Einrichtungen, die ursprünglich den Beschäftigten der Montanindustrie als „Erholungsoasen“ dienen sollten, sind dabei
konsequent auf Überörtlichkeit ausgerichtet. Der RVR stimmt die Angebote seiner Bäder im regionalen Kontext ab und
versucht so, Konkurrenz der eigenen Bäder untereinander zu vermeiden. Angesichts sinkender Bevölkerung und
zunehmenden Konkurrenzdrucks entwickelt der RVR gemeinsam mit seinen Partnern Strategien, um seinen Anteil am
Kuchen „Bädermarkt Ruhr“ auch in Zukunft zu behaupten.
Regionaler Bäderbetrieb in interkommunaler Kooperation
Dieter Funke, Bereichsleiter Wirtschaftsführung beim Regionalverband Ruhr
32
Die Freizeitbäder als Aufgabe des RVR
Der Regionalverband Ruhr definiert sich über das Gesetz über den Regionalverband
Ruhr (RVR-Gesetz). Im Gesetz sind wesentliche Aufgaben
des Verbandes wie z. B. die regionale Wirtschaftsförderung, die regionale
Förderung des Tourismus, besondere Aufgabenstellungen wie z. B.
die Route der Industriekultur und der Emscher Landschaftspark sowie
seit kurzem auch die staatliche Regionalplanung (seit 01.10.2009) festgelegt.
Weitere freiwillige Aufgaben sind im RVR-Gesetz genannt. Diese
bedürfen der besonderen Legitimation durch das höchste Organ des
RVR, der Verbandsversammlung.
Die Verbandsversammlung hat sich entschlossen, die freiwillige Aufgabe
„Der RVR beteiligt sich an der Errichtung und dem Betrieb von Freizeitanlagen
mit überörtlicher Bedeutung" wahrzunehmen. Mit dem Beschluss ist diese Aufgabe
quasi mit einer Pflichtaufgabe gleichzustellen. Besonders wichtig ist dabei die überörtliche
Bedeutung der jeweiligen Einrichtung. Das Angebot soll nicht ausschließlich kommunalen
oder interkommunalen Charakter haben, sondern insgesamt eine Ausstrahlung in das Verbandsgebiet
hinein haben. Nach einer Untersuchung im Rahmen der Haushaltskonsolidierung
konnte festgestellt werden, dass alle sieben Einrichtungen den Charakter der
Überörtlichkeit besitzen.
Im Einzelnen sind dies: die Revierpark Mattlerbusch GmbH in Duisburg, die Revierpark
Vonderort GmbH in Oberhausen, die Revierpark Nienhausen GmbH in Gelsenkirchen, die
Revierpark Gysenberg Herne GmbH in Herne, die Revierpark Wischlingen GmbH in Dortmund,
die Freizeitzentrum Kemnade GmbH in Witten und die Freizeitzentrum Xanten
GmbH in Xanten.
Regionalität und kommunale Mitgesellschafter bei den Freizeitbädern
Der RVR zeigt sich finanziell und organisatorisch verantwortlich für die Einrichtungen. Die
Verantwortung wird wahrgenommen gemeinsam mit den kommunalen Mitgesellschaftern.
Die Kontrollgremien der Gesellschaften werden seitens des RVR durch Vertreter aus der
Verbandsversammlung besetzt.
Die Geschäftsführungen sind zurzeit noch sehr unterschiedlich besetzt. Hier findet eine
weitere Optimierung der Strukturen statt. So gibt es z. B. in einzelnen Fällen hauptamtliche
Geschäftsführungen, bei anderen Gesellschaften werden die Geschäftsführungen im Nebenamt
wahrgenommen. Die konzeptionelle Weiterentwicklung erfolgt in enger Abstimmung
mit den kommunalen Partnern.
Bädermetropole Ruhr
Weiterhin erfolgt eine ständige Begleitung, Beratung und Kontrolle der Geschäftsführungen
durch die Beteiligungssteuerungen der Gesellschafter, u.a. bei der Beratung der Wirtschaftspläne
der Gesellschaften.
Die besondere Rolle des Gesellschafters RVR
Im Verbund der Beteiligungen an den Freizeitgesellschaften kommt dem RVR eine besondere
Rolle zu. So übernimmt er die finanzielle Sicherstellung eines regionalen und attraktiven
Angebotes für die Bevölkerung des Verbandsgebietes. Er koordiniert als verbindende
Instanz die unterschiedlichen Angebotsschwerpunkte im regionalen Kontext. Weiterhin
stellt er (planerische und wirtschaftliche) Fachkompetenz bei Investitionsentscheidungen zur
Verfügung. Darüber hinaus können Marktdaten und Markteinschätzungen durch eigene
RVR-Experten analysiert und aufbereitet werden.
Kerndaten Bäderbetrieb
Metropole Ruhr
5,2 Mio. Einwohner
4.435 km 2 Fläche
RVR-
Bäderbeteiligungen
7 Freizeitbäder
Jahresbesuche
2,5-2,7 Mio. Besuche
33
Die Bäderstandorte sind verteilt über das gesamte Verbandsgebiet. Insbesondere
die Idee der Revierparks als Erholungsoasen für die Bevölkerung in den
Montanindustrien war eine Innovation, die seinerzeit ihresgleichen suchte.
Die Rahmenbedingungen sind heute deutlich verändert, so wird in Zukunft
der Rückgang der Bevölkerung im Kerngebiet eine neue Herausforderung für
die Einrichtungen darstellen.
Der RVR besitzt eine besondere Koordinierungsfunktion bei der Angebotsabstimmung
und im Wettbewerb der Gesellschaften untereinander. In einer
vertiefenden Studie wurde untersucht, inwiefern die Gesellschaften untereinander
und im Vergleich zu anderen Freizeitbädern im Wettbewerb stehen.
Abschließend konnte festgestellt werden, dass die Ausgangsposition der Gesellschaften
positiv ist und alle sieben Gesellschaften ihre Existenzberechtigung haben.
Die Freizeitbäder des RVR und ihre strategische Ausrichtung im Überblick
Revierpark Mattlerbusch GmbH, Duisburg
zwei Gesellschafter: RVR (50 %), Stadt Duisburg (50 %)
regionale Marktführerschaft Niederrhein / westliches Ruhrgebiet
Zukunftsprojekt „Indoor Beach Anlage" (Investition ca. 1,7 Mio. Euro)
Revierpark Vonderort GmbH, Oberhausen / Grenze Bottrop
drei Gesellschafter: RVR (50 %), Stadt Oberhausen (25 %), Stadt Bottrop (25 %)
ruhige, zeitgemäße Sole-Sauna-Anlage, Angebot für das Alter 50+
Zukunftsprojekt „Saunaaußenbereich" (Investition ca. 1,2 Mio. Euro)
Revierpark Nienhausen GmbH, Gelsenkirchen / Grenze Essen
drei Gesellschafter: RVR (50 %), Stadt Gelsenkirchen (25 %), Stadt Essen (25 %)
Neupositionierung als Gesundheitspark Angebot im nördlichen Ruhrgebiet
Zukunftsprojekt „Gesundheitspark" (Investition ca. 2,8 Mio. Euro)
Sonder-
investitionen
MASTERPLAN SPORT RUHR
Revierpark Gysenberg Herne GmbH, Herne
34
zwei Gesellschafter: RVR (50 %), Stadt Herne (50 %)
regionaler Marktführer nördliches Ruhrgebiet, südliches Münsterland
Prüfung der zwei Alternativen „Komplettsanierung" und „Konzentration auf die
Kernkompetenz" (Investition zwischen 5,3 und 8,5 Mio. Euro)
Hier muss noch eine Detailanalyse der Alternativen erfolgen.
Revierpark Wischlingen GmbH, Dortmund
zwei Gesellschafter: RVR (50 %), Stadt Dortmund (50 %)
Wohlfühl- und Gesundheitsbad mit Allwetterbad
starker Saunaschwerpunkt
Weitere Optimierung des Angebotes ohne größeres Investitionsprojekt
Freizeitzentrum Kemnade GmbH, Witten
fünf Gesellschafter: RVR (69,9 %), Stadt Bochum (12,6 %), Stadt Witten (7,5 %), Ennepe-
Ruhr-Kreis (5,0 %), Ruhrverband (5,0 %)
regionale Marktführerschaft im südöstlichen Ruhrgebiet
zusätzlich Wassersport und Erholungsbereich Kemnader See
kein Projekt im Badbereich, stattdessen Projekt „Ruhr-ln-Line" (Inlinerbahn rund um den
See)
Freizeitzentrum Xanten GmbH, Xanten
drei Gesellschafter: RVR (50 %), Stadt Xanten (25 %), Kreis Wesel (25 %)
regionale Marktführerschaft am Niederrhein
Strandbad und Wassersport, kleine Saunaanlage
Zukunftsprojekt „Hafen Xanten" (Investition 2,8 Mio. Euro)
Der RVR hat für die zahlreichen angemeldeten Investitionen in die Gesellschaften einen
Sonderinvestitionstopf in Höhe von insgesamt 2,0 Mio. Euro aufgelegt, der über die üblichen
Investitionszuschüsse eine Förderung von Zukunftsmaßnahmen, nach eingehender Prüfung,
zu maximal 25 % der Investitionssumme möglich macht. Abgesehen von dem besonderen
Sommer 2003 belaufen sich die Gesamtbesucherzahlen aller RVR-Freizeitbäder auf rund 2,5
bis 2,7 Mio. Besucher pro Jahr.
Kooperationen
fortführen
Bädermetropole Ruhr
Kennzeichnung der wichtigsten Problemfelder
Die Probleme in den Gesellschaften lassen sich relativ klar erkennen, denn bei zunehmendem
Wettbewerb und relativ konstanter Nachfrage wird es zunehmend schwieriger, die
Besucherzahlen und die Einnahmen stabil zu halten.
Darüber hinaus leiden alle Einrichtungen unter einem gewissen Instandhaltungsstau, der sich
über die Jahre hinweg entwickelt hat und aufgrund der wirtschaftlichen Situation der
Bäderbetriebe nicht ohne weiteres aus eigener Kraft bewältigt werden kann. Allerdings
wurde durch das genannte Gutachten aufgezeigt, wo und wie in den Freizeitbädern sinnvoll
investiert werden sollte. Aufgrund der Haushaltslage beim Regionalverband und bei den
Kommunen kam es in den Jahren 2005 und 2006 zu Kürzungen bei den Zuschüssen an die
Gesellschaften um rund 20 %.
Die Gesellschaften arbeiten erfolgreich an weiteren Optimierungsmaßnahmen. Sowohl Einsparungen
im Personalbereich wie auch im Sachbereich wurden erzielt. Allerdings zeigt das
Beispiel der Entwicklung der Energiekosten, dass nachhaltige Einsparungen nur schwierig
erreicht werden können. Werden z. B. Einsparungen durch Reduzierung des Energieverbrauchs
erreicht, fressen die Preissteigerungen die Einsparungen oft noch im gleichen Jahr
wieder auf.
Die Zukunft der RVR-Freizeitbäder
Der RVR hat sein Bekenntnis zu den „regionalen Freizeitbädern“ in der Verbandsversammlung
erneut bekräftigt.
Wichtig ist auch die Fortführung der Kooperationen mit den kommunalen
Mitgesellschaftern. Ein besonderes Beispiel für das Engagement der kommunalen
Gesellschafter ist der Revierpark Nienhausen. Hier haben die Vertreter aus den Räten der
Städte Essen und Gelsenkirchen zusätzliche Mittel aus dem Konjunkturpaket II in Höhe von
jeweils 1,1 Mio. Euro in die Gesellschaft fließen lassen.
Zur Zukunftsstrategie gehört jedoch auch, dass man die unterschiedlichen
Angebotsschwerpunkte sieht und weiterentwickelt, um zum einen eine Kannibalisierung
untereinander abzuwenden und zum anderen die Angebotsvielfalt zu erhöhen.
Jede Gesellschaft bedarf eines eigenständigen und wettbewerbsfähigen Profils.
Darüber hinaus sollen in verschiedenen Bereichen, wie z. B. beim Einkauf oder auch bei der
regionalen Öffentlichkeitsarbeit, Synergien erzielt werden - auch über einen intensiven
Erfahrungsaustausch der Gesellschaften untereinander.
35
MASTERPLAN SPORT RUHR
PODIUMSDISKUSSION
Podiumsteilnehmer
REGIONALE PERSPEKTIVEN >>>
36
Dr. Barbara Duka, Beigeordnete der Stadt Marl
Dr. Christoph Müllmann, Beigeordneter der Stadt Kamp-Lintfort
Christian Hülsmann, Stadtdirektor der Stadt Essen
Dr. Manfred Beck, Beigeordneter der Stadt Gelsenkirchen
Moderator: Dr. Dieter Nellen,
Leiter des Referates Kultur und Sport beim Regionalverband Ruhr
„Es war ein Lernprozess
bis man gemerkt hat,
dass der viel zu große
Anzug nicht mehr
passt.“
Bädermetropole Ruhr
AUSGANGSSITUATIONEN
Dr. Dieter Nellen: Als kommunale Beigeordnete stehen Frau Duka, Herr Müllmann, Herr
Hülsmann und Herr Beck an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Politik und
betreiben Sportentwicklung - in Essen heißt es Masterplan - indem sie gleichzeitig
Innovationen organisieren, aber darüber die politischen Mehrheiten nicht verlieren dürfen.
Frau Duka, bitte schildern Sie uns Ihre kommunalen Strategien für die Stadt Marl im Kreis
Recklinghausen.
STADT MARL
37
Dr. Barbara Duka: Das Thema hieß bei uns nicht Masterplan,
sondern Erstellung eines Bäderkonzeptes für die Stadt Marl.
Hintergrund ist das Problem, das viele Kommunen kennen:
Haushaltskonsolidierung und gleichzeitig eine viel zu große
Infrastruktur.
Die Stadt Marl ist ja eine großstädtisch orientierte Stadt
gewesen, die aber zunehmend mit Einbrüchen im
Haushaltsbereich zu kämpfen hat und ihre Infrastruktur
zurückfahren muss, die zwischen den 1960er und 1980er Jahren
entstanden ist. Sie können sich vorstellen, dass die Stadt mit
dem Selbstbewusstsein einer Politik, als die Hüls AG noch viel
Geld in die Kassen gespült hat, erst einen Lernprozess
durchlaufen musste, bis man gemerkt hat, dass der viel zu große
Anzug, den man sich geschneidert hat, nicht mehr passt.
Wir mussten uns damit abfinden, dass erstens die Bevölkerung zurückgeht und zweitens
sich die kommunalen Kassen nicht mehr füllen lassen. Also muss man versuchen, die Dinge
zu realisieren, die für die Daseinsvorsorge, Bildung und Integration problematischer
Bevölkerungsgruppen notwendig sind. Vor diesen Vorzeichen haben wir unser
Bäderkonzept erstellt. Hinzu kam, dass die Aufsichtsbehörde das ganze Thema und den
Prozess sehr intensiv begleitet hat und wir letztlich nicht frei waren in unseren
Entscheidungen. Wir hatten also beispielsweise nicht die Möglichkeit, auch wenn es sinnvoll
gewesen wäre, ein Freibad, das in den 80er Jahren entstand, zu einem Kombibad
umzubauen. Sondern wir mussten uns auf die zweite Möglichkeit konzentrieren: Das
Werksbad der Hüls AG zu übernehmen.
Und das auch noch mal als kleiner Exkurs zum Thema Lernprozess: Die Verwaltung der
Stadt hat schon in den 1980er Jahren die Politik darauf aufmerksam gemacht, dass das
städtische Hallenbad dringend saniert werden muss, sonst werde es irgendwann ein böses
Erwachen geben. Man ist dieser Empfehlung leider damals nicht gefolgt, sondern hat
stattdessen Geld in die Hand genommen, um ein weiteres, nach heutigen Erkenntnissen
völlig überflüssiges Hallenbad zu bauen, das mittlerweile übrigens auch geschlossen ist.
Stand heute: Wir haben ein geschlossenes, städtisches Hallenbad, das sich auch nicht mehr
sanieren lässt, weil wir diese Gelder nicht aufbringen können. Wir haben ein mittlerweile
geschlossenes städtisches Freibad, weil die Kommunalaufsicht dieses „Opfer“ verlangt hat,
sonst hätten wir niemals die Genehmigung erhalten, das ehemalige Werksbad übernehmen
zu dürfen. Von ehemals neun Lehrschwimmbecken sind vier übrig geblieben, an denen wir
aber festhalten wollen.
„Wenn in Moers ein
großes Freizeitbad
gebaut wird, ist das
Signal für uns ein Signal
einen Schritt zurück zu
gehen.“
MASTERPLAN SPORT RUHR
Mit anderen Worten: Ergebnis unseres Bäderkonzeptes ist es, sich auf das Schulschwimmen
zu konzentrieren.
Das Angebot für die Öffentlichkeit ist deutlich zurückgefahren worden. Übrig geblieben ist
das erworbene Werksbad (Infracor-Bad), ein weiteres Freibad, das von einer Bäderinitiative
betrieben wird und es deutet sich an, dass auch ein zweites Freibad von einer
Bäderinitiative übernommen wird. Zudem haben wir noch ein weiteres Werksbad der
Firma Infracor, das eventuell auch irgendwann aufgegeben wird. Damit haben wir ein
akzeptables Angebot im Bäderbereich.
Dadurch, dass wir nicht auf einer einsamen Insel leben, sondern im Umfeld das eine oder
andere sonstige Angebot im Freizeit- und Spaßbadbereich vorhanden ist, hat man sich
mittlerweile damit abgefunden. Dennoch ist es natürlich schmerzlich und gerade mit Blick
auf die Kommunalwahl war das nicht ganz einfach für die Stadtteil-Politiker, die sich damals
für die ganzen Bäder eingesetzt haben. Wir setzen auf Schul- und Vereinsschwimmen, wo es
eine sehr hohe Auslastung der Bäder gibt. Das hat zu einer Zufriedenheit der
Schwimmvereine und Schulen geführt und letztendlich damit auch in der Bevölkerung.
Dr. Dieter Nellen: Werden die Bäder in Herten, CopaCabacum und auch Atlantis mehr
als Konkurrenz oder als Bereicherung empfunden?
Dr. Barbara Duka: Sie werden als Bereicherung empfunden. Beide Standorte sind relativ
zeitnah und relativ schnell erreicht, so dass diese Angebote völlig problemlos
wahrgenommen werden können. Es braucht überhaupt kein Angebot auf Marler Boden, um
davon zu profitieren. Daseinsvorsorge ist über den anderen Weg sichergestellt.
STADT KAMP-LINTFORT
Dr. Dieter Nellen: Gehen wir nach Kamp-Lintfort. Wir haben ja eben schon den
Vertreter, Herrn Hohensträter, Geschäftsführer aus Moers, gehört. Herr Müllmann, wie
gehen Sie mit dem Thema um, und wie ist es da mit Kooperationen?
38
Dr. Christoph Müllmann: Wie haben sicherlich eine
idyllische Landschaft, aber wir sind auch Teil des Ruhrgebiets
und sehr stark vom Strukturwandel betroffen. Wir haben noch
die letzte Zeche am linken Niederrhein, die aber in Kürze
schließen wird. Vielleicht haben wir schon lange Erfahrung mit
dem Thema Strukturwandel und das Glück gehabt, in den
letzten Jahren ausgeglichene Haushalte zu haben, so dass wir
jetzt auch in der Lage sind, im Bäderbereich noch einmal neu zu
investieren.
Die Ausgangssituation ist vielleicht vergleichbar mit Marl. Wir
haben ein kombiniertes Frei- und Hallenbad. Das Hallenbad ist
etwa 40 Jahre alt, das Freibad hatte noch einmal eine
Renovierung in den 80er Jahren. Das Hallenbad ist in einem
Zustand, wo man nicht genau sagen kann, wie lange es noch hält. Wir wollten eine
Notschließung vermeiden und haben dann zunächst intern Überlegungen angestellt.
Dann haben wir Gespräche mit den Nachbarstädten geführt, konkret mit Moers und
Neukirchen-Vluyn. Das wäre gemeinsam eine Einwohnerzahl von rund 170.000 als
„Wir hatten mal
750.000 Einwohner,
jetzt haben wir noch
580.000 Einwohner. Es
liegt eigentlich auf der
Hand, dass wir
reduzieren müssen.“
Bädermetropole Ruhr
Einzugsgebiet gewesen. In Moers war der Zustand der Bäder vergleichbar, es hatte auch
erste Abstimmungen zwischen den Bürgermeistern gegeben, ebenso auf der Arbeitsebene
mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke Moers, einem Vertreter aus Neukirchen-Vluyn
und mir. Auch Herr Lawitzke war mit am Tisch und hat uns noch einmal bestärkt in diesem
Gedanken. Ergebnis war aber letztendlich, dass aus unterschiedlichen Gründen jeder seine
Hausaufgaben alleine löst. Das Problem – vor allem in der Stadt Moers – war, sich innerhalb
der Ortsteile überhaupt auf Schließungen von Bädern zu einigen, so dass man sich dem
weitergehenden Gedanken, für die drei Städte ein Bad zu errichten, nicht mehr nähern
wollte.
Aus Kamp-Lintforter Sicht, als kleine Stadt, mit bisher einem Spaßbad und erheblichen
Freizeitanlagen sehen wir das jetzt so: Wenn in Moers ein großes Freizeitbad gebaut wird,
ist das für uns das Signal, da einen Schritt zurückzugehen. Wir werden also jetzt das
vorhandene Hallenbad durch ein neues Hallenbad ersetzen und das Freibad, das mit großen
Rutschen und einem sehr großen Nichtschwimmerbereich ausgestattet ist, deutlich
verkleinern, um dann – so sehen die Berechnungen aus – innerhalb des vorhandenen
Budgets, des Zuschussbedarfs, den wir bisher hatten, diese Investitionen auch stemmen
können.
STADT ESSEN
Dr. Dieter Nellen: Ich gucke jetzt zu Herrn Hülsmann. Nach meinem Eindruck haben sie
ja insgesamt Sportentwicklung, Masterplan Sport, in Essen mit großer Ernsthaftigkeit
betrieben. Aber möglicherweise auch mit Auswirkungen auf das Kommunalwahlergebnis
und da zeigt sich doch, wie schwierig es ist, Haushaltskonsolidierung zu betreiben,
Grundversorgung zu sichern und darüber hinaus, auch noch die Akzeptanz der Bürger zu
erhalten.
39
Christian Hülsmann: Ja, wir haben in der Tat einen
Masterplan Sport, eine komplette Untersuchung aller
Sportstätten und Bäder. Auf Anregung des Essener Sportbundes,
der in diesen Prozess stark eingebunden war, hat es zudem ein
spezielles umfassendes Bädergutachten gegeben. Herr Dr.
Ochsenbauer hat das Gutachten erstellt und Herr Lawitzke war
der Co-Gutachter – unter anderem für Bedarfe. Wir haben das
sehr breit diskutiert. Nur – wenn ich einem Kandidaten eine
Empfehlung geben sollte für die Kommunalwahl – würde ich ihm
dieses Vorgehen nicht unbedingt raten.
Es hat ja hier nach zehn Jahren CDU-geführter Stadtregierung
ein Wechsel zur SPD gegeben. Und ein Schwerpunktthema war
auch dieser Masterplan, vor allem die Schließung der Bäder,
speziell eines Bades. Und da sehen wir die Krux. Es geht um das Freibad Dellwig im Essener
Nord-Westen, das einen hohen Instandsetzungsbedarf aufweist. Selbst wenn wir die
Wasserflächen halbieren, haben wir nach einer Untersuchung der Deutschen Gesellschaft
für das Badewesen einen Mindestinvestitionsbedarf von 5 Millionen Euro. Und drei
Kilometer entfernt an der gleichen Südseite des Rhein-Herne-Kanals mit einem schönen
Wander- und Radweg und auch ansonsten gut zu erreichen, entsteht jetzt der AQUApark
in Oberhausen. Das nur mal zum Thema interkommunale Zusammenarbeit.
Sie werden mit diesem Thema „Haushalt“ die Leute nicht erreichen. Man hat ja mitunter
MASTERPLAN SPORT RUHR
auch schon Probleme, die Politiker damit zu erreichen. Ich sehe da so eine Art abgekapselte
Logik. Als ich mit unserem Masterplan, der allein einen Instandsetzungsbedarf von 40
Millionen Euro vorsieht, durch die Bezirksvertretungen gegangen bin und dafür geworben
habe, da hab ich selbst bei den Politikern gehört: „Ja, ja wir haben ein
Haushaltsproblem“ und dann kommt ein „Aber“ und dann kann Ihnen jeder Politiker
– parteiübergreifend – eine Maßnahme nennen, wo er sagt: „Solange ihr so was noch macht,
kann es dem Haushalt nicht so schlecht gehen“. Und dann wird das ganze Thema Haushalt
ausgeblendet. Wir haben jetzt nicht nur die Situation, dass wir einreißen oder abreißen
müssen, sondern wir wollten in allen Bereichen, nicht nur in Bädern, auch mehr Geld für
Instandsetzung (der verbleibenden Anlagen) bereitstellen. Und so haben wir mit der
Bezirksregierung auf der Basis des Masterplans eine Vereinbarung getroffen, dass wir
innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraums ab 2008 insgesamt 22,5 Millionen Euro zusätzlich für
die Sanierung und Modernisierung von Sportanlagen und Bädern finanzieren können. Aber
wir mussten seinerzeit ausdrücklich noch einmal die Schließungsbeschlüsse wiederholen,
was auch erfolgt ist.
Jetzt war ich wegen anderer Dinge bei der Bezirksregierung, bei der Kommunalaufsicht, und
da bin ich auch darauf angesprochen worden: Man habe gelesen, die Stadt wolle diese Dinge
korrigieren. Da ist mir gesagt worden: „Wir haben eine Verabredung in einem Konzept und
wenn Sie das so nicht erfüllen, dann trägt das gesamte Konzept nicht mehr“. Also ich bin
bereit, auch über Veränderungen nachzudenken, aber unterm Strich muss die gleiche nachhaltige
Einsparung herauskommen.
Begründen können wir das alles wunderbar mit wissenschaftlicher Unterstützung. Das
Problem ist: Ein Gewinner-Thema ist das offenkundig nicht. Aber das wird eins werden
müssen. Wir - gerade im Ruhrgebiet - sehen, die großen Kommunen rasseln nacheinander
in die Überschuldung, die es eigentlich nach der Gemeindeordnung überhaupt nicht geben
darf. Und wenn es soweit ist, müssen wir jede einzelne Maßnahme mit der Bezirksregierung
abstimmen. Dann geht es nach drei Kategorien. Die dritte Kategorie in der Rangfolge ist
„Freiwillige Leistung“. Bei uns ist der Betrieb von Bädern und Sportanlagen – unabhängig
von jeder moralischen Begründung – schlicht und einfach finanztechnisch eine freiwillige
Ausgabe. Das heißt: Wir werden schließen müssen. Wenn wir das jetzt nicht machen, dann
etwas später, sonst werden wir gar nicht mehr die Genehmigung bekommen, noch weiter
zu sanieren. Wenn wir in die Stufe der Überschuldung treten, dann geht sowieso in vielen
Bereichen nichts mehr. Und möglicherweise kommt dann die Erkenntnis, dass wir doch
etwas abbauen. Ein letzter Satz noch: Wir hatten mal 750.000 Einwohner, jetzt haben wir
noch 580.000 Einwohner. Es liegt eigentlich auf der Hand, dass wir reduzieren müssen.
Hinzu kommt das veränderte Sportverhalten in der Bevölkerung. Jogging, Radfahren und
Nordic-Walking findet in Gottes freier Natur statt und nicht in den klassischen
kommunalen Sportstätten. Das ist noch nicht zu jedem durchgedrungen. Aber ich bin ja
auch nicht Politiker, der alle fünf Jahre zur Wahl steht.
STADT GELSENKIRCHEN
Dr. Dieter Nellen: Herr Dr. Beck, Gelsenkirchen ist mit dem Revierpark Nienhausen
eben schon so gelobt worden als Inbegriff wunderbarer regionaler Innovationen. Können
Sie zum Thema Schulschwimmen eine Einschätzung geben? In allen begleitenden
Arbeitskreisen zum Masterplan gab es dazu eine höchst kontroverse Diskussion. So kann
die Schließung kommunaler Bäder ja auch möglicherweise längere Entfernungen für Schulen
bedeuten. Können Sie aus Ihrer Stadt auch vor dem Hintergrund Migration und
Migrantenkinder eine aktuelle Einschätzung geben?
40
„Ich glaube, es ist
dringend erforderlich,
sich auch konzeptionell
über das
Schulschwimmen
Gedanken zu machen.“
Bädermetropole Ruhr
41
Dr. Manfred Beck: In der Tat lässt sich beobachten, dass die
Schwimmfähigkeit von Kindern im Grundschulbereich
zunehmend sinkt und wir immer mehr Ertrinkende verzeichnen
– gerade auch im Rhein-Herne-Kanal, der in Gelsenkirchen eine
beliebte Badefläche ist. Ich glaube, es ist dringend erforderlich,
sich auch konzeptionell über Schulschwimmen Gedanken zu
machen.
Ich möchte aber zunächst ein paar Sätze sagen, die über
Nienhausen hinausgehen. Für die Bäderplanung in Gelsenkirchen
ist das Freibad in Nienhausen von Interesse. Insgesamt ist
Gelsenkirchen mit seinen Bädern den Stadtwerke-Weg
gegangen. Wir haben drei reine Hallenbäder, mit dem
Sportparadies ein großes Kombi-Freizeitbad und ein weiteres kleines Freibad, das diesem
Konstrukt angeschlossen ist. Dadurch ist die finanzielle Versorgung eigentlich recht gut
gesichert, das heißt, es wurden in den letzten Jahren erhebliche Mittel in die Hallenbäder
investiert. Die sind in einem vernünftigen Zustand. Ich kann sagen: Für Gelsenkirchen hat
sich dieses Modell bewährt, auch wenn die Steuerungsmöglichkeiten seitens der Stadt, der
Stadtverwaltung und seitens der Politik eingeschränkt sind.
Einen unmittelbaren Zugriff hat die Stadt lediglich im Revierpark Nienhausen auf die
Freizeitanlage. Die Bedeutung, die wir dem beimessen, ist deutlich geworden an den
Ausführungen von Herrn Funke – gerade mit Blick auf das Freibad. Herr Funke, Sie haben
den Gutachter zitiert und die Kernaussage war: Wir sollen alle Freizeitparks erhalten. Die
erste Aussage war zumindest mit Blick auf Nienhausen etwas schwieriger. Ich glaube im
Zuge des gemeinsamen Diskussionsprozesses sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass
es richtig ist, auch Nienhausen zu erhalten. Für den Regionalverband war das Thema
Freibad schwierig, weil es als Bad im Wesentlichen von Essener und Gelsenkirchener
Bürgern genutzt wird. Wir haben deswegen als Städte gesagt, für uns ist das Grund genug,
den Zuschuss in die Gesamtanlage zu erhöhen, um dieses Freibad mit seiner Funktion
erhalten zu können. Wir haben hier insgesamt einen interkommunalen Ansatz gefahren, der
sehr gut ist.
Zum Thema Schulschwimmen: Ich glaube, wir haben in Gelsenkirchen einen großen Fehler
gemacht und ich weiß, dass ihn viele andere Kommunen auch gemacht haben. Nämlich die
Lehrschwimmbecken in den Schulen stillzulegen. Ökonomisch war das sicherlich sinnvoll,
weil sie erhebliche Kosten verursacht haben, aber einer der Gründe, warum es gerade
Grundschulen und auch Kindergärten so schwer fällt, Kindern geregelten
Schwimmunterricht anzubieten, ist, dass die Wege zu den Bädern erheblich länger
geworden sind als sie früher waren. Wir haben in Gelsenkirchen sechs
Lehrschwimmbecken geschlossen und haben noch vier in Betrieb. Das heißt, wir hatten
einmal ein ganz enges Netz von Lehrschwimmbecken in der Stadt. Wir haben 23.000
Schüler. Wenn ich mal durchgehe, wie viele davon wirklich regelmäßig Schwimmunterricht
erhalten, komme ich auf einen sehr, sehr schmalen Prozentsatz. Das ist relativ tragisch und
kann auch nicht durch die regen Schwimmvereine in der Stadt kompensiert werden, die wir
als Stadt auch sehr aktiv zum Beispiel bei Werbemaßnahmen unterstützen. Wir haben etwa
3.400 Mitglieder in den sechs Schwimmvereinen. Das ist nicht schlecht für unsere Stadt,
aber gerade im Bereich der Kinder und Jugendlichen außerhalb der DLRG, die es noch ganz
gut schafft, ist die Nachfrage im Schwimmverein doch deutlich gesunken.
MASTERPLAN SPORT RUHR
42
KONSEQUENZEN > > >
Bädermetropole Ruhr
KONSEQUENZEN FÜR DEN MASTERPLAN SPORT RUHR
Dr. Dieter Nellen: Wir nähern uns jetzt dem Höhepunkt der Veranstaltung. Nämlich der
Frage, wie weit kann die Region selbst Innovationen begleiten? Vom Masterplan Sport ist ja
heute Morgen schon viel die Rede gewesen. Sie wissen, dass wir den Masterplan Sport, den
wir im letzten Jahr begonnen haben, durch Workshops dieser Art begleiten. Wir haben
verschiedene schon durchgeführt, es wird noch einen weiterer zum Thema
Sportgroßveranstaltungen stattfinden.
„Wir hatten
ursprünglich gedacht,
mit diesem Masterplan
alle Fragen der
regionalen
Sportentwicklung mit
chirurgischer Präzision
lösen zu können.“
43
Die Ergebnisse dieser Workshops werden dokumentiert und auch in das
Masterplan-Verfahren mit einfließen. Wir wollen aber insgesamt einen
Masterplan Sport vorlegen. Wir hatten ursprünglich gedacht, mit diesem
Masterplan gewissermaßen alle Fragen der regionalen Sportentwicklung mit
chirurgischer Präzision lösen zu können. Ich habe im Verfahren gelernt, so
auch der Regionalverband Ruhr insgesamt, dass er, wenn er regionale
Sportentwicklung mit der heute vielfach angemahnten Systematik betreiben
will, sich ähnlich wie beim Thema Kultur auf einen längeren Weg machen
muss. Wir sind bei dem Thema Kultur deshalb so erfolgreich, weil wir im Prinzip seit 14
Jahren eine Regionalisierung der Kulturpolitik betreiben. Wir werden aber im
Kulturhauptstadtjahr 2010 diesen Masterplan vorlegen, um diesen ersten Schritt regionaler
Sportentwicklung über regionale Steuerungsinstrumente und -strategien zu realisieren.
Einer, der sich dort trotz seiner sicherlich starken Einbindung und Verpflichtung seiner
eigenen Stadt gegenüber einbringt, ist Herr Hülsmann. Und ich will mal diese erste Runde
mit einer allgemeinen Frage beginnen: Welche Wünsche, Anregungen, Anforderungen,
Erwartungen haben unsere kommunalen Gebietskörperschaften an diesen Masterplan Sport?
Christian Hülsmann: Dass der RVR diese interkommunale Zusammenarbeit versucht zu
strukturieren, versucht schmackhaft zu machen. Wir haben ja gerade ein paar zaghafte
Beispiele gehört. Gelsenkirchen, Revierpark Nienhausen. Wir haben im Übrigen schon im
Jahre 2001 – Stichwort Konkurrenzschutzklausel – unser Freibad Kuhlhoffstraße im Nord-
Osten der Stadt nicht weit vom Revierpark Nienhausen geschlossen. Der RVR hat dann
dankenswerterweise den Radweg zu Ende gebaut, so dass wir eine Radwegeverbindung zu
unserem Bad haben. Heute regt sich darüber keiner mehr auf. Wir haben da jetzt ein Licht-
und Luftbad mit einer natürlichen Wasserfläche, wo man nicht schwimmen kann. Wir haben
uns gefragt: Warum sollen wir groß investieren, wenn wir uns gegenseitig die Leute
abgraben?
„Die Bevölkerung
stimmt heute schon
überregional mit den
Füßen ab. Aber Politik
und Verwaltung haben
immer noch die
Stadtgrenzen im Kopf.“
Wir hatten die erste Überlegung in Bezug auf das Freibad Dellwig im
Essener Nord-Westen, da hat man noch gar nichts vom AQUApark gehört,
auch im Zusammenhang mit dem Bad Vonderort. Also 70.000 Besucher in
Vonderort jährlich sind aus Essen, das haben Befragungen ergeben. Das
heißt: Die Bevölkerung stimmt heute schon überregional mit den Füßen ab.
Aber Politik und auch Verwaltung haben immer noch die Stadtgrenzen im
Kopf. Und immer, wenn ich sage: Ihr könnt ja auch zum Friedrich-
Wennmann-Bad (in Mülheim an der Ruhr) gehen, da wird immer so getan, dass in dieser
hochmotorisierten Welt mit einem wesentlich stärkeren ÖPNV als noch vor 50 Jahren die
Menschen nicht mehr von A nach B kommen würden. Das ist überhaupt eine Erkenntnis
unseres gesamten Masterplans unabhängig von den Bädern. Ich bin früher morgens vom
Essener Osten zum Baldeneysee zum damaligen schönen Freibad gegangen. Da musste ich
MASTERPLAN SPORT RUHR
dreimal umsteigen und meine Mutter musste hoffen, dass ich abends wieder gesund
zurückkam. Heute kommen die Leute nicht mehr 500 Meter die Straße rauf und 500 Meter
die Straße runter, wenn man die Argumente der Funktionäre hört. Das muss aufhören und
das wird auch zwangsläufig aufhören müssen, weil wir alle nicht mehr alleine diese
Genehmigungen für Sanierungen etc. bekommen.
„Der finanzielle Druck
kommt ganz von allein.
Dann ist es gut, wenn
wir ein Konzept haben,
auf das wir aufbauen
können.“
44
Ich hab gestern auch der Bezirksregierung gesagt, dann greift doch auch mal
etwas härter zu, was die interkommunale Zusammenarbeit angeht. Zwei
werden vorstellig und wollen jeweils fünf Millionen investieren, dann sagt
doch auch mal, kann man das nicht zusammen machen, vielleicht für zwei
Drittel des Geldes. Es geht. Es geht auch wunderbar. Wir haben uns auch
geeinigt mit Gelsenkirchen im Rahmen des Konjunkturpaketes II, dass essen
und Gelsenkirchen je gut eine Million bereitstellen, um im Revierpark Nienhausen zu
investieren, obwohl das auf Gelsenkirchener Gebiet liegt. Da gab es dann auch wieder
Diskussionen.
Wie gesagt: Die Bevölkerung ist vom Grundsatz her wesentlich flexibler als es Politik und
Verwaltung noch in vielen Dingen sind. „Dat is unser Bad“ und direkt auf der anderen
Straßenseite liegt der Revierpark Nienhausen. Das ist dann schon Gelsenkirchen und da
geht dann angeblich keiner mehr hin. Das muss aufhören, und da habe ich schon die
Hoffnung, dass das Know-how des RVR und sein Grundverständnis von interkommunaler
Zusammenarbeit genutzt wird und auch die Vorteile aufgezeigt werden. Der finanzielle
Druck kommt ganz von allein. Dann ist es gut, wenn wir ein Konzept haben, auf das wir
aufbauen können.
Dr. Dieter Nellen: Das trifft auf allgemeine Zustimmung. Herr Beck, sie haben ja auch
den Bereich Kultur nicht nur mitbegleitet, sondern auch mitgestaltet. Ist es nicht alleine
durch die Kommunalisierung der Sportpauschale einfach schwieriger geworden, regional
und durch das Land zu steuern und dem Land auch in diesem Prozess für die in der Tat
schwierige Gemengelage hier im Ruhrgebiet eine Steuerung zuzumessen?
Dr. Manfred Beck: Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich die Sportpauschale für eine
richtige Entscheidung des Landes gehalten habe, weil sie den Kommunen die Flexibilität
gegeben hat, die wir brauchen. Als Sportdezernent sage ich: Ich bin froh über solche
zweckgebundenen Zuweisungen. Ich weiß, dass die Kämmerer das im Moment nicht so
gerne sehen. Ich glaube nicht, dass es Kooperationen erschwert. Ich unterschreibe die
Worte von Herrn Hülsmann, dass die Not der Kommunen ein wichtiger Motor ist, was
Zusammenarbeit im Bereich des Vorhaltens von Infrastruktur in bestimmten Bereichen
angeht.
„Ich denke, durch die
Kulturhauptstadt hat
sich ein Prozess der
Kooperationen der
Kommunen ergeben,
der ein Stück Schaffung
der Metropole ist. Wir
müssen das auch auf
dem Sektor des Sports
erreichen.“
Wir werden zur Metropole, das ist ein schwieriger Prozess. Ich glaube, wir
haben durch die Übertragung der Regionalplanungskompetenz an den RVR
einen wichtigen Schritt auf diesem Felde getan. Ich denke, durch die
Kulturhauptstadt hat sich ein Prozess der Kooperation der Kommunen
ergeben, der ebenfalls ein Stück Schaffung der Metropole ist. Wir müssen
das auch auf dem Sektor des Sports erreichen. Das ist etwas schwieriger,
aber ich glaube, nicht ganz so schwierig wie bei einem Teil der
Kultureinrichtungen. Ich könnte jetzt die Frage stellen: Wie viele
Konzerthäuser brauchen wir im Ruhrgebiet oder ähnliches?
Bädermetropole Ruhr
Aber ich denke, bei den Sportstätten, insbesondere im Bäderbereich, haben wir gute
Chancen darüber zu reden, wie denn eine vernünftige öffentliche Infrastruktur im Bereich
der Daseinsvorsorge aussehen kann und wie wir mit den vorhandenen Anlagen umgehen
können.
In Nienhausen gehen wir einen Weg, der vom RVR, der Stadt Essen und der Stadt
Gelsenkirchen gemeinsam beschritten wird. Ich denke, das ist ein richtiger Weg für diese
Region. Wir müssen an anderen Stellen in ähnlicher Art und Weise versuchen, die
Entwicklung von Bädern im Umfeld im Auge zu behalten und einen entsprechenden
Austausch zu pflegen, wie wir es in Gelsenkirchen mit der ELE, dem RWE-Betreiber
unserer Bäder, tun. Dann kommen wir voran. Aber wie gesagt, die Sportpauschale ist für
die Einzelkommune sehr hilfreich, hindert meines Erachtens in keiner Weise daran, solche
Kooperationen einzugehen. Wir schaffen es an anderer Stelle – das ist für mich ein gutes
Beispiel – gemeinsam Gewerbegebiete zu betreuen, wo die Gewerbesteuerabfuhr zwischen
Kommunen geregelt wird. Ähnlich, denke ich, kann man auch den Betrieb von Sportanlagen
nicht nur durch gemeinsame Gesellschaften, wie wir es in Nienhausen tun, sondern auch auf
anderem Wege realisieren.
Dr. Dieter Nellen: Herzlichen Dank. Frau Duka, der kreisangehörige Raum ist ja
manchmal etwas fern vom RVR, obwohl eigentlich ganz nah. Welche Erwartungen haben Sie
an den Masterplan?
Dr. Barbara Duka: Was uns in der Vergangenheit in der Diskussion um unser
Bäderkonzept sehr geholfen hat, war immer die berühmte Landkarte von Herrn Lawitzke,
auf der die einzelnen Bäder der Umgebung mit ihrer unterschiedlichen Ausstattung sichtbar
waren und an der man die Vielzahl an Möglichkeiten, die man in unserem Raum hat, ablesen
kann. Meine Erwartungshaltung als kreisangehörige Kommune wäre, dass man auch in
dieser Richtung noch einmal intensiver das Thema Bestandsaufnahme verfolgt. Es sollte
noch einmal sehr viel genauer dargestellt werden,
Eine genauere
Bestandsaufnahme der
vorhandenen Angebote
erleichtert die
Entscheidungsfindung.
45
was in den einzelnen Bädern angeboten wird
was möglicherweise darüber hinaus noch als Substanz vorhanden ist
wo man gegebenenfalls auch sinnvoll anknüpfen kann, wenn es um Sanierungskonzepte
geht, die den Umweltaspekt sehr viel besser berücksichtigen können.
Vor diesem Hintergrund kann man breiter kommunizieren und Städte
können besser ins Gespräch kommen, wenn sie vor der Frage stehen, soll
ich dieses Hallenbad sanieren oder lasse ich es besser bleiben und macht es
mehr Sinn, dass die Nachbarkommune ihres saniert? Dann kann man so
eine Bestandsaufnahme zugrunde legen, um Sanierungskonzepte, die zu
energetischen Einsparungen führen, besser umsetzen zu können.
Oder aber: Wo sind die Standorte, die flächendeckend Schulschwimmen in erreichbarer
Nähe ermöglichen? Dabei muss ich mich ja auch an ÖPNV und sonstigen Gegebenheiten
orientieren. Solche Dinge gehen immer über die Kommune hinaus. Insofern fände ich eine
Unterstützung hilfreich, wie man solche Dinge organisieren kann.
MASTERPLAN SPORT RUHR
Denn eins haben wir jetzt in diesem Prozess auch festgestellt: Es ist im Grunde nicht die
Bevölkerung, die dieses Kirchturmdenken hat, sondern es ist letztendlich die Politik und es
sind einige Leserbriefschreiber, die für Wirbel sorgen.
Aber die Bevölkerung akzeptiert diesen Prozess, weil die Argumente überzeugend sind. Im
Endergebnis ist für Bevölkerung einfach wichtig, dass sie sanierte Schwimmstätten und
Bäder vorfindet und nicht irgendwelche maroden Häuser, wo es zieht, wo es kalt ist und
wo man im Grunde gar keine Lust hat zu schwimmen. Denn dann fährt man doch lieber ein
paar Meter weiter, um ein vernünftiges Angebot zu nutzen.
Dr. Dieter Nellen: Dankeschön. Herr Müllmann, Sie haben ja eben schon gesagt, der
Kreis Wesel, die Stadt Kamp-Lintfort sind gerne im RVR und fühlen sich als wichtiger Teil
der Metropole Ruhr. Deshalb interessiert uns natürlich auch Ihre Einschätzung und
Erwartung an den Masterplan.
Dr. Christoph Müllmann: Sie wissen, dass das im Kreis Wesel mit der Mitgliedschaft im
RVR differenziert gesehen wird, aber das kommentiere ich jetzt mal nicht. Ich glaube,
bezogen auf das Bäderthema und das Sportanlagenthema ist eine Voraussetzung, damit man
vernünftige Entscheidungen treffen kann, erst einmal die richtige Transparenz. Und dafür ist
diese Landkarte in aktueller Form möglichst mit den Entwicklungen, wo etwas Neues
entsteht und wo etwas wegfällt, unheimlich wichtig. Denn damit kann man auch Politikern
und der Bevölkerung, die vernunftsbezogen und Argumenten gegenüber auch
aufgeschlossen sind , deutlich machen, warum man etwas tut oder warum man etwas nicht
tut.
Zum Thema Politik und Bevölkerung gibt es – bin ich der Meinung – in
beiden Bereichen die, die diesem Finanzargument nachkommen würden.
Und dann gibt es Leserbriefschreiber und die Interessengruppen, die sagen,
wir sind eben nicht bereit, unsere Schüler fünf Kilometer mit dem Fahrrad
ins Freibad fahren zu lassen, sondern das Freibad muss genau da sein, wo es
immer war. Wir müssen dagegen mit Argumenten ankämpfen. Ich habe das
ganz aktuell erlebt: Wir haben unser Bäderkonzept mit der Verkleinerung des Freibades im
Rat mit einer einstimmigen Beschlussfassung hinbekommen, möglicherweise auch, weil der
ein oder andere nicht gesehen hat, was da eigentlich alles wegfällt. Ich bin mir fast sicher,
wenn erst einmal die ersten Gebäude abgerissen werden, werden wir diese Diskussion
noch bekommen. Aber wichtige Voraussetzung, um das noch einmal zu sagen, das kann der
Regionalverband leisten, ist hier „Transparenz schaffen“. Und wenn es dann darum geht, die
unvernünftigen Kommunen zu disziplinieren, die sagen, wir wollen trotzdem investieren und
Konkurrenz neu aufbauen, dann wird es letztlich nur über die Kommunale Finanzaufsicht
gehen.
„Voraussetzung, damit
man vernünftige
Entscheidungen treffen
kann, ist erst einmal die
richtige Transparenz.“
Dr. Dieter Nellen: Ich darf, bevor wir noch in eine Fragerunde gehen, noch einmal zwei
Sätze sagen, zum inhaltlichen Stand des Verfahrens. Sie wissen, dass der Masterplan auch
Auskünfte geben soll zu künftigen Großveranstaltungen. Wir werden nach 2010 in eine
neue Phase eintreten. Es wird um die Frage gehen, um welche großen
Veranstaltungsformate wir uns auf Dauer auch regional bemühen müssen. Dazu gehört
sicherlich die Lieblingsmonstranz gewisser Beteiligter dazu, nämlich Olympia, aber auch
andere Veranstaltungsformate.
46
Bädermetropole Ruhr
Aber ein ganz wichtiger Punkt, der gerade von unserer Politik gewünscht wird, und der in
allen Beiträgen angeklungen ist, ist die beratende Leistung im Hinblick auf mögliche
interkommunale Zusammenarbeit.
„Die Frage ist, ob der
RVR auch im Rahmen
der Neukonstituierung
stärker
Beratungsleistungen
aufbaut und mit
welchem Aufwand, mit
welchen Mitteln sich der
RVR auf Dauer
engagieren wird.“
47
Wir handeln in einem wichtigen Feld, im Bäderbereich leisten wir dies
schon ganz konkret. Die Frage ist, ob der RVR auch im Rahmen der
Neukonstituierung stärker Beratungsleistungen aufbaut, wie man die schon
aus haushaltswirtschaftlichen Gründen erforderlichen Sparzwänge umsetzt
und hier eine wichtige regionale Dienstleistung aufbringt. Darüber werden
wir uns sicherlich unterhalten müssen, mit welchem Aufwand, mit welchen
Mitteln sich der RVR auf Dauer engagieren wird. Da wird der Masterplan
zumindest Vorschläge machen. Wir haben ja erste Schritte gemacht, ich
sehe auch, dass der RVR die Notwendigkeit erkannt hat und hier diese
offenbar sehr wichtige Dienstleistung beratend für Sie vor Ort erbringen
soll. Aber darüber wird politisch die neue Verbandsversammlung entscheiden.
Wir machen jetzt hier einen Schnitt und ich lade Sie noch zu einer regionalen
Diskussionsrunde ein. Möglicherweise haben Sie noch Fragen an unsere
Diskussionsteilnehmer oder wichtige Statements zur Thematik?
MASTERPLAN SPORT RUHR
48
DISKUSSION > > >
„Kann sich der RVR
vorstellen,
Handlungsrichtlinien
herauszugeben und sind
die beteiligten Städte
bereit, auch
Kompetenzen
abzugeben?“
Bädermetropole Ruhr
STATEMENTS UND DISKUSSION
Wolfgang Rohrberg, Geschäftsführer des Essener
Sportbundes ESPO: Anknüpfend an den Vortrag von Herrn
Lawitzke und das, was Herr Moseler gesagt hat: Wir müssen
den Knoten durchhauen und sagen, wo können wir wirklich
interkommunal arbeiten und wo kriegen wir auch den Mut dazu?
Wenn ich die erste Folie aus dem Vortrag von Herr Lawitzke
sehe, wird deutlich, wie viele Bäder wir mehr haben als Berlin.
Aber die Frage, wie viel zahlen wir dafür, können wir nicht
beantworten, weil wir zu schlecht aufgestellt sind und niemand
richtig weiß, was wir tun oder nicht tun. Jeder wurschtelt vor
sich hin. Das war einmal in Ordnung. Die Zeit ist lange vorbei
und ich glaube, wenn wir unseren Bestand retten wollen,
müssen alle Verantwortlichen fragen, wie kriegen wir das zusammen hin?
Ich bin so blauäugig zu glauben, dass sich das Ruhrgebiet da schnell einigen wird und schnell
eine Frage formuliert, wie man das unter ein Dach stellen kann. Deswegen meine Frage
dazu: Kann der RVR sich vorstellen, solch eine Aufgabe in minimaler Funktion zu
übernehmen?
Minimal hieße für mich, aus den vielen (Bäder-)Punkten, die Herr Lawitzke auf seinen
Charts hat, die wichtigsten herauszunehmen und zu sagen: Das sind die Grundbedarfe, die
wir alle behalten müssen. Dass in diesem Zusammenhang der RVR Handlungsrichtlinien
herausgibt und auf der anderen Seite die beteiligten Städte sagen, da sind wir auch bereit ,
unsere Kompetenz abzugeben. Hintergrund ist, was Herr Hülsmann ein bisschen
schmerzlich dokumentierte. Wir können noch so gute Bäderkonzepte aufstellen. Die
Bevölkerung vor Ort – und da gebe ich Ihnen nicht ganz Recht, Frau Duka – registriert das
teilweise anders. Ich nehme mal einen Satz eines Vorstandsmitgliedes bei uns, der sagt:
Bäder ist ein Thema, da geh ich zwar jetzt nicht hin, aber ich könnte ja morgen mal da
hingehen. Deswegen registriere ich das ganz anders. Jetzt im Moment interessiert mich das
überhaupt nicht, aber das gehörte immer dazu, das kann ich nicht wegnehmen. Das kriege
ich emotional nicht in die Köpfe dieser Leute, deswegen brauche ich eine Institution.
Die Stadt hat sich auch des ESPO bedient, weil die oben drüber sind und da kann man
schon mal sagen, die haben empfohlen. Die haben schon einen gewissen Stellenwert. Und
wenn der RVR solch eine Grundfunktion hätte, die sich aus dem Masterplan ableitet,
könnte man sich auch als Kommune so ein bisschen zurückziehen und sagen, da haben sich
so viele Leute einen vernünftigen Kopf gemacht, da können wir nicht dran vorbei. Kann der
RVR sich so etwas vorstellen und können die Vertreter der Städte sich vorstellen, solche
Kompetenzen auch abzugeben?
Dr. Dieter Nellen: Herr Rohrberg, noch muss der RVR ja nicht direkt gewählt werden,
auch wenn das einige fordern. Und der ranghöchste Beamte hier im Saal ist Herr Funke.
Herr Funke, ich gebe die Frage an Sie weiter.
Dieter Funke: Das ist natürlich ein ganz schwieriges Thema. Darüber haben wir natürlich
auch schon diskutiert. Handlungsrichtlinien werden wir nicht herausgeben können. Das
bleibt schon in der Verantwortung der einzelnen Kommune und des einzelnen Kreises.
Was wir machen können ist: Wir können moderieren, wir können die Landkarte mit den
49
„Ich könnte mir
vorstellen, dass es auch
eine Aufgabe des RVR
wäre, deutlich zu
machen, wie können wir
das Schulschwimmen
sicherstellen.“
MASTERPLAN SPORT RUHR
Punkten und darüber hinaus Sachverhalte und Fakten liefern, die zu Entscheidungen führen
können. Und wir können – wir haben uns auch noch einmal gerade kurzgeschlossen –
natürlich den größeren Schulterschluss wagen, dass man mehr über Konferenzen geht und
diese Fakten und Sachverhalte dann in die verantwortlichen Köpfe trägt. Aber letztendlich
müssen die Entscheidungen vor Ort getroffen werden. Aber die Sachverhalte können so
aufbereitet werden, dass ein Handlungsdruck entsteht – gerade unter Konsolidierungsgesichtspunkten.
Dr. Rudolf Salmen, Vizepräsident des Schwimmverbandes
NRW: Wenn es um die zukünftige Aufgabenstellung des
Masterplans geht, müsste man noch stärker differenzieren
zwischen der Grundversorgung, also dem Standardbad im
Stadtteil um die Ecke, und den von vornherein auf
Überregionalität angelegten Bädern, wo es einen größeren
Abstimmungsbedarf und mehr interkommunale Kooperationen
geben müsste. Bei der Grundversorgung fand ich das Stichwort
von Frau Dr. Duka sehr wichtig. Ich könnte mir vorstellen, dass
es auch eine Aufgabe des RVR wäre, deutlich zu machen, wie
können wir das Schulschwimmen sicherstellen. Aus unserer
eigenen Praxis als Schwimmverband – wir haben sehr viel Beratungserfahrung, weil die
Vereine uns ansprechen, weil sie bei Diskussionen um Bäderschließungen in Nöte geraten –
habe ich mehrere Fälle erlebt, wo man ein Bad auf Druck der Kommunalaufsicht
geschlossen hat, obwohl dann das Schulschwimmen in Nachbarstädten sichergestellt
werden musste und die Kosten dafür höher waren als das Defizit des Bades bis zur
Schließung. Und wir haben mehrfach die Kommunalaufsicht in dieser Sache angeschrieben
und gesagt: Das kann nicht sein und wir möchten auch eine klare Aussage, ob das
Schulschwimmen weiterhin Pflichtaufgabe der Kommunen ist oder nicht? Ich sage Ihnen mal
als Jurist: Die herrschende Meinung geht dahin – ja, es ist eine Pflichtaufgabe. Aber ich kann
nur sagen, wie schwer sich die beteiligten Ministerien – Innen- und Schulminister – tun,
darauf eine eindeutige Antwort zu geben. Ich hätte Herr Reinink, wenn er hier wäre,
danach gefragt.
Und darum: Wenn ich an Bestandssicherung von Bädern denke, müssen wir sicherlich die
Bäderstruktur anpassen an die Bedarfe, das heißt natürlich auch zurückfahren. Aber wir
müssen auch den Grundbestand ortsnaher Bäder sichern, um zum Beispiel das
Schwimmenlernen sicherzustellen. 30 Prozent unserer Grundschulkinder können nicht
mehr schwimmen. Das heißt für mich, es wäre eine überregionale Aufgabe, in einem
Masterplan deutlich zu machen, wie kann man denn kooperieren in der Grundversorgung
Schulschwimmen? Wie sind die Entfernungen, die eingehalten werden müssen, wenn die
Kommunalaufsicht Bäder schließen lassen will und darauf verweist, dass Nachbargemeinden
Schulschwimmen anbieten aber es pädagogisch gar nicht geht, weil die Entfernungen so groß
sind, dass ich das auch bei Blöcken von Schwimmunterrichtsstunden das nicht schaffen kann?
Deswegen meine Anregung an die weitere Erarbeitung des Masterplans.
Christian Hülsmann: Wir haben ja drei große Blöcke bei den Hallenbädern – Schule,
Vereine und die Öffentlichkeit. Wenn wir reduzieren, müssen wir natürlich aufpassen, dass
wir nicht die ein oder andere Gruppe da mehr oder weniger rauskegeln. Und es ist in der
Tat so - auch nach meiner Definition, obwohl ich kein Jurist bin - dass Schulschwimmen der
einzige pflichtige Bereich (in der kommunalen Daseinsvorsorge) ist. Für mich müsste die
klare Regelung sein: Schwimmen lernen in der Grundschule, das muss hinhauen. Zu 100
50
„Ohne Kompetenz,
auch formale
Autorität und
Entscheidungsgewalt
bekommt man nicht
einmal Transparenz
hin.“
Bädermetropole Ruhr
Prozent bekommen wir die Kinder nur in der Schule, nicht über den Sportverein, nicht
über andere wie Kitas und so weiter. Es muss doch möglich sein, dass man in der
Grundschule schwimmen lernt.
Ich hab mir einmal die aktuellen Richtlinien aus dem Schulministerium hierzu angeschaut. So
ein bisschen Wassergewöhnung und so weiter, in der Sekundarstufe I sollen mindestens
zwei Stilarten beherrscht werden und aus gesundheitlichen Gründen auch noch
Rückenschwimmen. Das ist alles sehr schön, nur die Frage ist, ob wir überhaupt noch den
Platz in unseren Bädern dafür haben? Bei Mathematik bin ich der Auffassung – ich bin so
durchs Leben gekommen – mit vier Grundrechenarten, Zins- und Prozentrechnung kommst
du bis ans Ende der Welt. Ich muss nicht unbedingt Differenzial- und Integralrechnung
lernen, das sollen sie im Leistungskurs machen. Und so könnte man es beim Schwimmen ja
auch sehen. Wenn einer mehr machen möchte, könnte er dann einen Leistungskurs oder
freiwillige Schülersportgemeinschaften besuchen. Ich habe so ein wenig Sorge, dass die
interministerielle Zusammenarbeit nicht funktioniert. Vor diesem Hintergrund müssen wir
uns auch das Schulschwimmen angucken: Es muss meines Erachtens das oberste Ziel sein:
Schwimmenlernen in der Grundschule und alles andere muss dem untergeordnet werden.
Dr. Christian Ochsenbauer: Nur eine Anmerkung zu Ihnen, Herr Funke. Sie haben
gesagt: Moderation, Datenerhebung beim RVR ja, Entscheidungen müssen und dürfen dann
aber die anderen treffen. Aus der Erfahrung mit solchen Projekten, die das Ziel haben,
Transparenz zu schaffen: Ohne Kompetenz, Autorität und Entscheidungsgewalt über
bestimmte Dinge bekommt man nicht einmal Transparenz hin. Das muss klar sein. Und es
geht ja bei dem Masterplan in der ersten Stufe darum, Transparenz zu schaffen. Eigentlich
sind wir jetzt an diesem Punkt, Konsens darüber zu schaffen, dass die Stufe eins überhaupt
angegangen werden soll, nämlich Transparenz herzustellen. Und wenn der Konsens nicht da
ist und der auch nicht untermauert ist durch Kompetenz – auch durch formale – dann
kriegen Sie keine belastbaren Zahlen hin. Sie erinnern sich vielleicht noch an unsere
Diskussion um belastbare Zahlen und welche Zahl und welche Aussage gelten. Selbst wenn
Sie alle mit Blut unterschreiben lassen beim Lenkungsausschuss Nummer 24, dass ab jetzt
an keiner Zahl mehr gezweifelt werden darf – beziehungsweise es darf gezweifelt werden,
es darf auch falsch sein. Aber es muss die Basis sein für Entscheidungen – dann werden Sie
in der Lenkungsausschusssitzung 48 erfahren, dass die Zahlen aus der 24. Quatsch waren,
obwohl eigentlich die Autorität da war. Man muss mit mehr formaler Kompetenz an solche
Dinge herangehen, sonst ist es ganz schwierig, belastbare Zahlen auch für Entscheidungen
und Entscheidungsgrundlagen für andere, die Entscheidungen treffen sollen, vorzubereiten.
Dr. Manfred Beck: Als Überzeugungstäter in Sachen Metropolentwicklung wäre mir
unmittelbar in Anknüpfung an Herrn Dr. Ochsenbauer ein Punkt wichtig. Und das ist ein
Stück weit Antwort auf die Frage, die Herr Rohrberg vorhin gestellt hatte. Ich glaube auch,
dass es notwendig ist, dass die Kommunen Kompetenzen abgeben. Das können aber nicht
die Verwaltungen tun, sondern der Appell muss dringend an die Regional- und
Landesstrukturen der Parteien gehen. Arbeiten Sie daran, denn nur, wenn es politisch
getragen ist, können wir es umsetzen.
Dr. Dieter Nellen: Herr Dr. Beck, das ist ein so wunderbares Schlusswort für einen
Regionalverband und jede weitere Bemerkung von mir würde diesen Eindruck jetzt nur
mindern. Herzlichen Dank!
51
MASTERPLAN SPORT RUHR
52
MASTERPLAN SPORT RUHR
WORKSHOP BÄDER 2009
55 Teilnehmer - Räumliche Verteilung
WORKSHOP BÄDER O9
§ RVR
§ Bäderbetriebe Berlin
§ IAKS Sportwissenschaft
WES
TEILNEHMER > > >
OB
DU MH
BOT
§ Innenministerium NRW
§ Medien § Deutscher Städtetag
E
GE
RE
HER
BO
EN
Kommunalverwaltung Bäderbetreiber
Sportselbstverwaltung
DO
HA
UN
HAM
§ Deutsche Gesellschaft für das
Badewesen
§ Schwimmverband NRW
§ Olympia-Stützpunkt Rhein-Ruhr
§ Landessportbund NRW
§ Stadt- und Kreissportbünde
§ Städtenetzwerk NRW
Bädermetropole Ruhr
TEILNEHMER DES WORKSHOPS
Dr. Manfred Beck Stadt Gelsenkirchen
Tobias Bolsmann WAZ Rhein-Ruhr
Wolfhard Brüggemann Bottroper SportBund
Wilfried Cleven Mülheimer SportService
Klaus Diekmann Rat der Stadt Essen
Siegfried Döring Bayer News Channel
Dr. Barbara Duka Stadt Marl
Franz Dümenil Revierpark Nienhausen
Jana Dutschke "Niederrhein-Therme" Duisburg
Dr. Johannes Eulering Verbandsversammlung Regionalverband Ruhr
Dietmar Fritzsche Projektbüro Kusch
Dieter Funke Regionalverband Ruhr
Dietmar Galla Sport- und Bäderbetriebe Essen
Dr. Bernhard Graf von Schmettow Essener Sportbund
Michael Gustrau Regionalverband Ruhr
Achim Haase LandesSportBund NRW
Martina Hadlich Sport- und Bäderamt Bochum
Andrea Hamm idr informationsdienst Ruhr
Jens Hapke Regionalverband Ruhr
Franz Hering Stadtsportbund Duisburg
Klaus Hinnenkamp Regionalverband Ruhr
Dirk Hohensträter Sport- und Bäderbetriebe Moers
Axel Bernhard Hoppe Regionalverband Ruhr
Dr. Eva Maria Hubbert Regionalverband Ruhr
Christian Hülsmann Stadt Essen
Isabell Hütten "Atlantis" Dorsten
Dietmar Ingenerf Stadt Oberhausen
Heinz-Gerd Janssen DuisburgSport
Rudolf Jelinek Rat der Stadt Essen
Birgit Kahlert Freizeitbad Neukirchen-Vluyn
Martina Kalthoff Regionalverband Ruhr
Wolfgang Kern "Platsch" Ennepetal
Roland Kettler Stadtwerke Osnabrück
Gerd Kießlich Stadt Bottrop
Heinz-Dieter Klink Regionalverband Ruhr
Christoph Köther Hagenbad
Paul Lawitzke Regionalverband Ruhr
Dr. Klaus Lipinsky Berliner Bäder-Betriebe
Heinz Moseler Mülheimer SportService
53
MASTERPLAN SPORT RUHR
Dr. Christoph Müllmann Stadt Kamp-Lintfort
Dr. Dieter Nellen Regionalverband Ruhr
Jana Neumann Sport- und Bäderamt Bochum
Dr. Christian Ochsenbauer Deutsche Gesellschaft für das Badewesen
Reinhard Plettenberg "Atlantis" Dorsten
Arnd Pricibilla Städtenetzwerk NRW
Wolfgang Rohrberg Essener Sportbund
Inta Rose Regionalverband Ruhr
Frank Rose Prova Unternehmensberatung
Dr. Rudolf Salmen Schwimmverband NRW
Stefanie Schindelbauer Stadt Hagen
Günter Schlesinger IAKS
Bernd Schmidt-Knop Grün und Gruga Essen
Jan Schmitz Freier Journalist
Klaus Scholz Essener Sportbund
Niclas Stucke Deutscher Städtetag
Frank Tusche Innenministerium NRW
Ulla Wiederhold Olympiastützpunkt Rhein-Ruhr
Martin Wirtz Regionalverband Ruhr
54