Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge
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in der Off enen Tür angesiedelt bleiben. Den Betroff<br />
enen muss also kein Stellenwechsel zugemutet<br />
werden. Es ist auch für viele Klienten wichtig,<br />
bei einer Einrichtung zu sein, die sich speziell mit<br />
Suizid befasst. Dies allein bewirkt oft schon, dass sie<br />
sich ernst genommen und entlastet fühlen. Neben<br />
der akuten Krisenberatung nimmt die Nachsorge<br />
nach einem Suizidversuch einen breiten Raum ein.<br />
In vertrauensvoller Zusammenarbeit wurde mit<br />
der Institutsambulanz der Klinik am Europakanal<br />
in Erlangen und der Ambulanz der Psychiatrischen<br />
Klinik der Universität Erlangen ein „Kooperationspapier“<br />
entwickelt. Das ermöglicht den<br />
Mitarbeitern der Brücke, bereits in der Klinik<br />
Kontakt mit den Betroff enen aufzunehmen. Zum<br />
einen ist es von besonderer Bedeutung, einen Patienten<br />
nach einem Suizidversuch möglichst bald<br />
in diesem aufgewühlten Zustand zu erreichen,<br />
bevor der Versuch relativiert oder bagatellisiert<br />
werden kann. Zum anderen hat sich das „Brücke“-<br />
Modell in der Begleitung für die ersten Schritte<br />
nach „draußen“ als sehr hilfreich erwiesen. Im<br />
persönlichen, authentischen Kontakt gelingt es<br />
eher, die ja oft weiter bestehende Suizidgefährdung<br />
zu überwinden. Außerdem steht der Stelle<br />
ein Arzt aus der Ambulanz der Psychiatrischen<br />
Klinik konsiliarisch zur Seite. Das ist für die Mitarbeiter<br />
eine große Beruhigung, auch wenn es um<br />
die Einschätzung des aktuellen Suizidrisikos geht.<br />
Wenn wir die Möglichkeit zu einer ersten Kontaktaufnahme<br />
in der Klinik haben – das geschieht<br />
nur auf Wunsch des Patienten – geht es im ersten<br />
Gespräch darum, eine vertrauensvolle, persönliche<br />
und tragfähige Beziehung aufzubauen. Gerade<br />
Menschen nach einem Suizidversuch sind sehr<br />
wach in ihrer Wahrnehmung und spüren sofort,<br />
wenn ihr Gegenüber unsicher oder „professionell“<br />
ist. Es ist wichtig, ein klar defi niertes „Arbeitsbündnis“<br />
einzugehen, in dessen Verlauf die akute<br />
Suizidalität gemeinsam eingeschätzt wird.<br />
Die Änderung der Lebenssituation und von Einstellungen<br />
sind langwierige Prozesse, manchmal<br />
sind sie auch gar nicht zu erarbeiten. Aber der Klient<br />
ist aus seiner Isolation getreten und hat einen<br />
Menschen gefunden, dem er vertraut. Und damit<br />
ist die Chance, in einer späteren Krise Hilfe von<br />
außen zu holen und anzunehmen, um einiges größer<br />
als vorher.<br />
Wie lange Klienten nach einem Suizidversuch in<br />
die „Brücke“ kommen, ist sehr unterschiedlich.<br />
Der Kontakt wird einvernehmlich beendet, wenn<br />
die mit dem Suizidversuch verbundenen Gefühle<br />
aufgearbeitet sind und sich alternative Lösungsstrategien<br />
abzeichnen. Manchmal ist nicht mehr<br />
als eine Stabilisierung des Betroff enen möglich.<br />
Er hat die Sicherheit, sich jederzeit in schwierigen<br />
Situationen wieder an die „Brücke“ wenden zu<br />
können.<br />
Zwei Monate nach Abschluss der Beratung fi ndet<br />
noch ein Gespräch statt, mit den Fragen: Was hat<br />
sich in der Zeit verändert? Wie bewähren sich die<br />
erarbeiteten Strategien? Was brauche ich jetzt noch<br />
an Hilfen?<br />
4.3 | Praxisfelder 12/2009