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Supraleiter - IPHT Jena

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100 Jahre Supraleitung<br />

Hans-Georg Meyer,<br />

Institut für Physikalische Hochtechnologie,<br />

Albert-Einstein-Straße 9, <strong>Jena</strong> D-07749,<br />

Öffentliche Samstagsvorlesung<br />

<strong>Jena</strong>, den 29.01.2011


Gliederung<br />

� Heike Kamerlingh-Onnes - Pionier der Supraleitung<br />

� Vorgeschichte: Tiefe Temperaturen<br />

� <strong>Supraleiter</strong>: überraschende Effekte<br />

� Theorien und Geschichten<br />

� Josephson und die <strong>Supraleiter</strong>elektronik<br />

� Auf dem Weg zur „Hochtemperatur“-Supraleitung<br />

� Technische Erschließung der Supraleitung


Entdeckung der Supraleitung am 9. Juni 1911<br />

Supraleitungsübergang am<br />

Quecksilber. Kurz über 4,2 K<br />

auf einen unmessbar kleinen<br />

Wert (Messung Kamerlingh-<br />

Onnes und Holst)<br />

Heike Kamerlingh-Onnes<br />

und Diderik van der Waals<br />

im Labor in Leiden<br />

Kamerlingh-Onnes: “The experiment left no doubt<br />

that ... the resistance disappeared. At the same time<br />

something unexpected occurred. The<br />

disappearance did not take place gradually but<br />

abruptly [his underlining].''


Heike Kamerlingh-Onnes<br />

Heike Kamerlingh-Onnes (1853 - 1926)<br />

* 21. September 1853 in Groningen (NL)<br />

1870, Physikstudium in Groningen<br />

1871 bis 1873, Student bei Bunsen und Kirchhoff in Heidelberg<br />

1878-1879, Doktorarbeit über neue Beweismethoden der<br />

Erdrotation<br />

1881, Veröffentlichung einer allgemeinen Theorie der<br />

Flüssigkeiten<br />

1882, Ernennung zum Professor für Experimentalphysik und<br />

Meteorologie an der Universität Leiden, Aufbau des Kryolabors<br />

1908, erste Verflüssigung von Helium<br />

1911, Entdeckung der Supraleitfähigkeit<br />

1913, Nobelpreis für Physik<br />

† 21. Februar 1926 in Leiden


Gasverflüssigung - Schlüssel zu tiefen Temperaturen<br />

Michael Faraday (1791 – 1867)<br />

M. Faraday Verflüssigung von Gasen<br />

1823 Chlorgas Cl 2: T S = - 34ºC (T S = 239,1 K)<br />

1823 -1845<br />

Schwefeldioxid SO 2: T S = - 10ºC (263,2 K)<br />

Ammoniak NH 3: T S = - 33ºC<br />

Schwefelwasserstoff H 2S: T S = - 60,2ºC<br />

Stickstoffmonoxid NO: T S = - 152ºC (121,2 K)<br />

Faradays Apparatur zur Verflüssigung von<br />

Chlor, das erste Gas überhaupt, das<br />

verflüssigt wurde. Chlorhydrat wurde in<br />

einem V-förmigen Rohr eingeschlossen und<br />

an einer Seite erwärmt, an der anderen<br />

Seite in ein Kühlmittel getaucht.<br />

Chlorhydrat, Cl 2(H 2O) 6, zerfällt bei etwa<br />

10ºC in Chlor und Wasser.


Die „permanenten Gase“<br />

„Permanente Gase“ (CO, O 2, N 2, H 2, He, …)<br />

ließen sich Mitte 19. Jhd. nicht verflüssigen<br />

1869 Thomas Andrews, kritische Temperatur für<br />

Gasverflüssigung<br />

1877 Paul Caillitet/ M. Raoul Pictet unabhängig<br />

(20 Tage später)<br />

Sauerstoff O 2, T S = - 182,2ºC (90,2 K)<br />

1882 van der Waals, Zustandsgleichung für reale Gase<br />

1883 Sigmund v. Wroblewski und Karol Olszewski<br />

Stickstoff N 2, T S = - 195,8ºC (77,4 K)<br />

1898 James Dewar (in Konkurrenz zu HKO)<br />

Wasserstoff H 2, T S = - 252,9ºC (20,3 K)<br />

1899 J. Dewar damals niedrigste Temperatur<br />

fester Wasserstoff T S = - 259,1ºC (14 K)<br />

Druck<br />

Flüssigkeit<br />

Koexistenz<br />

Flüssigkeit<br />

Dampf<br />

Dampf<br />

kritischer<br />

Punkt<br />

Volumen<br />

T > T K<br />

T K<br />

T < T K<br />

Isotherme nach Andrews. Abhängigkeit des<br />

Drucks vom Volumen bei konstanter<br />

Temperatur. Unterhalb der kritischen<br />

Temperatur tritt ein Bereich auf, wo sich<br />

Druck und Temperatur nicht mit dem Volumen<br />

ändern. Hier koexistieren Gas und<br />

Flüssigkeit; am linken Ende ist das<br />

gesamte Gas verflüssigt.


Der Kampf ums flüssige Helium<br />

1895 W. Ramsey weist Helium in Pechblende (Urainit) nach<br />

nach 1899: J. Dewar wendet sich der He-Verflüssigung zu,<br />

Problem: ausreichende Gasmengen<br />

Konkurrenzsituation um 1900: Wroblewski verunfallt, Olszewski<br />

fehlen finanzielle Ressourcen� Dewar versus Kamerlingh-Onnes<br />

Dewar: aus Mineralwasser vonden Römischen Quellen in Bath<br />

(Somerset), Probleme: Verunreinigungen, Querelen mit Ramsey<br />

Kamerlingh-Onnes: aus Monazit, mit Hilfe seines Bruders<br />

tonnenweise aus North Carolina importiert (Gasvorrat 360 l);<br />

� systematisches Studium der Isothermen: T K ca. 6 K (T K ≈ 5 K)<br />

�„großtechnisches Konzept“: große Mengen an LH 2 und LN 2 in<br />

Leiden verfügbar<br />

10. Juli 1908: He-Verflüssigung<br />

Sir James Dewar, 1842 –1923)<br />

Helium: leichtestes Gas, zuerst<br />

entdeckt als Linie im<br />

Sonnenspektrum (J.P.C. Janssen<br />

und J.N. Locker, Sonnenfinsternis<br />

1869 in Indien,<br />

vom altgr. ἥλιος - hélios - die Sonne<br />

Vorkommen: Öl- und Gasquellen,<br />

radioaktive Mineralien (α-Teilchen)<br />

Monazit: seltenes Mineral,<br />

natürliches Phosphat aus Lanthan,<br />

Cer, Neodym und weiteren Seltenen<br />

Erden sowie u.a. Thorium (bis zu<br />

20%), Gadolinium, Praseodymium<br />

und Yttrium


Das „Großforschungszentrum“ Leiden<br />

Heliumverflüssigungslabor in Leiden so wie es von Kamerlingh-Onnes konzipiert und für viele<br />

Jahrzehnte betrieben wurde. Die Bereitstellung dieser Infrastruktur für die Grundlagenforschung ist einer<br />

der wichtigsten Verdienste von Kamerlingh-Onnes und ein erster Schritt in Richtung big science.


1 Kelvin und was nun?<br />

Matthiesen-<br />

Vorhersage<br />

Widerstand<br />

Thomson-<br />

Vorhersage<br />

Drude-Lorentz-<br />

Vorhersage<br />

0 20 40<br />

Absolute Temperatur [K]<br />

Heinrich Matthiesen, 1864 : Der<br />

elektrische Widerstand nähert sich<br />

einem endlichen Wert.<br />

William Thomson (später Lord<br />

Kelvin), 1902 : Nach Durchlaufen<br />

eines Minimums geht der Widerstand<br />

gegen unendlich; die Elektronen<br />

„frieren fest“.<br />

James Dewar, 1904 : Der Widerstand<br />

geht mit fallender Temperatur gegen<br />

Null; die Elektronenausbreitung wird<br />

nicht mehr durch Wärmebewegung<br />

des Kristallgitters gestört.


Die Entdeckung der Supraleitung<br />

Supraleitungsübergang in<br />

Quecksilber. Kurz über 4,2 K<br />

von 0,02 Ω auf einen<br />

unmessbar kleinen Wert,<br />

< 10 -6 Ω. Messung von Gilles<br />

Holst (Mitarbeiter von HKO).<br />

„Door meten tot weten.“<br />

Heike Kamerlingh-Onnes (HKO)<br />

mit LHe waren Temperaturen bis unter 1 K verfügbar<br />

1892 Dewar: “… complete the examination of the change<br />

of conductivity with diminished temperature for all the<br />

metals in a state of the greatest chemical purity.”<br />

hochreines Quecksilber (Hg) durch Mehrfachdestillation<br />

9. Juni 1911,<br />

Entdeckung der Supraleitung an Hg<br />

(Nobelpreis 1913)<br />

Kamerlingh-Onnes: “The experiment left no doubt that ...<br />

the resistance disappeared. At the same time something<br />

unexpected occurred. The disappearance did not take<br />

place gradually but abruptly [his underlining].''


Kritisches Magnetfeld und kritischer Strom<br />

Temperatur am Eintrittspunkt der Supraleitung heißt kritische Temperatur T C<br />

1911 Kamerlingh-Onnes, Entdeckung weiterer <strong>Supraleiter</strong>: Zinn (T C = 3,7 K) und Blei (T C = 7,2 K)<br />

1914 Kamerlingh-Onnes, Supraleitfähigkeit kann durch Anlegen eines Magnetfeldes (kritisches<br />

Magnetfeld H C) oder durch einen Strom (kritischer Strom I C) zerstört werden<br />

B 0<br />

magnetische<br />

Induktion BC normalleitend<br />

supraleitend<br />

B<br />

�<br />

Temperatur T C<br />

C<br />

B<br />

0<br />

� � T<br />

�1-<br />

�<br />

�<br />

��<br />

�TC<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

2<br />

�<br />

�<br />

��<br />

Kritische magnetische Induktion als<br />

Funktion der Temperatur definiert eine<br />

Grenzkurve, die die supraleitende<br />

Phase von der normal-leitenden trennt.<br />

Der Verlauf ist nahezu parabolisch.


Dauerströme und „eingefrorener“ magnetischer Fluss<br />

1914 Kamerlingh-Onnes, Entdeckung der Dauerströme<br />

T > T C<br />

B a ≠ 0<br />

T < T C<br />

B a ≠ 0<br />

T < T C<br />

B a � 0<br />

Mit Hilfe eines äußeren Magnetfeldes kann in einen supraleitenden Ring ein Dauerstom<br />

„eingefroren“ werden (auch: „eingefrorener“ magnetischer Fluss)


Der Meissner-Ochsenfeld Effekt<br />

1933 Walter Meissner und Robert Ochsenfeld<br />

entdecken in Berlin die fundamentale<br />

Eigenschaft der <strong>Supraleiter</strong>, die Verdrängung<br />

äußerer Magnetfelder (idealer Diamagnetismus)<br />

Der supraleitende Zustand ist ein Zustand im<br />

Sinne der Thermodynamik, der Übergang<br />

zwischen Normalleitung und Supraleitung ist<br />

reversibel!<br />

SL<br />

B<br />

NL<br />

SL<br />

B a<br />

NL<br />

unabhängig von der Vorgeschichte ist<br />

das Innere eines <strong>Supraleiter</strong>s feldfrei<br />

A<br />

D<br />

B<br />

T<br />

D C<br />

C<br />

A


Lambdapunkt und Thermodynamik<br />

1932/34 W.H. Keesom und J.A. Kok, beim Übergang<br />

in den supraleitenden Zustand tritt keine<br />

Phasenumwandlungswärme (latente Wärme) auf,<br />

die Wärmekapazität ändert sich sprunghaft<br />

(Lambda-Punkt)<br />

Kennzeichen für Phasenübergang 2. Art<br />

1934 C. Gorter und H.B.G. Casimir,<br />

Thermodynamische Theorie der Supraleitung<br />

ΔS � S<br />

ΔC<br />

�<br />

C<br />

S<br />

S<br />

�S<br />

N<br />

� C<br />

N<br />

�<br />

�<br />

VB<br />

μ<br />

0<br />

0<br />

C<br />

VT<br />

μ<br />

dB<br />

dT<br />

�<br />

�B<br />

��<br />

C<br />

C<br />

2<br />

d B<br />

dT<br />

C<br />

2<br />

�<br />

� �<br />

�<br />

dB<br />

dT<br />

C<br />

spezifische Wärme<br />

C [mJ/mol�K]<br />

�<br />

�<br />

�<br />

2<br />

�<br />

�<br />

��<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0 0,5 1,0 2,5 2,0<br />

Temperatur T [K]<br />

B C(T)<br />

Phillips, N.E., Phys. Rev. 114, 676(1959)<br />

Aluminium<br />

C S<br />

SL<br />

C N<br />

ΔC<br />

T C<br />

NL<br />

T


Fritz und Heinz London<br />

1935 Fritz und Heinz London,<br />

Elektromagnetische Theorie der Supraleitung<br />

(bereits in Oxford)<br />

Zwei-Flüssigkeits-Modell,<br />

London-Eindringtiefe λ L, Abschirmstrom,<br />

Erklärung des Meissner-Ochsenfeld-Effektes,<br />

Flussquantisierung<br />

�<br />

jN<br />

�<br />

� σNE<br />

�<br />

jS<br />

1 �<br />

� E 2<br />

μ0λL<br />

�<br />

rotjS<br />

1<br />

� �<br />

μ λ<br />

0<br />

2<br />

L<br />

�<br />

B<br />

z<br />

B �<br />

a<br />

x<br />

Fritz London<br />

1900 – 1954<br />

e �<br />

x<br />

λ<br />

L<br />

Heinz London<br />

1907 – 1970<br />

<strong>Supraleiter</strong><br />

Elektrodynamische Begründung des Meissner-<br />

Ochsenfeld-Effektes. Magnetische Felder<br />

klingen im <strong>Supraleiter</strong> über die<br />

Eindringtiefe λ L ab.


So viele Experimente, aber wie interpretieren?<br />

1900 Paul Drude, erste Theorie der Metalle (Erklärung des Wiedemann-<br />

Franz-Gesetzes)<br />

1900 Max Planck Quantentheorie<br />

1912 Peter Debye, Theorie der Kristallgitterschwingungen (Erklärung der<br />

Dulong-Petitschen Regel)<br />

bis in die 1920er Rolle der Metallelektronen unverstanden<br />

1925 Wolfgang Pauli, Pauli-Prinzip<br />

1925 Werner Heisenberg, Quantenmechanik<br />

1926 Erwin Schrödinger, Schrödinger-Gleichung<br />

1926 Enrico Fermi und Paul Dirac, Fermi-Dirac-Statistik (Pascual Jordan<br />

1925), Fermi-Niveau („Fermi-See“)<br />

1927 Arnold Sommerfeld, freies Elektronengas<br />

1928 Felix Bloch, Bloch-Funktion<br />

weiter im Dunklen: Supraleitungstheorie, ausgehend von ersten Prinzipien,<br />

„Bloch-Theorem“: Any theory of sperconductivity must be false.<br />

Petrus (Peter) J. W. Debye<br />

1884 – 1966<br />

Arnold J. W. Sommerfeld<br />

1886 - 1951


Neue Theorie, neue Experimente<br />

1950 V. L. Ginsburg und L. D. Landau, halbklassischphänomenologische<br />

Theorie der Phasenübergangs 2. Art,<br />

räumliche Variation der Dichte der Supraelektronen,<br />

Kohärenzlänge<br />

vereinheitlicht thermodynamische und elektrodynamische<br />

Theorie<br />

αψ �βψ<br />

2<br />

ψ �<br />

1<br />

2m<br />

� � � �<br />

� � � 2eA<br />

�<br />

� i �<br />

1950 E. Maxwell und (unabhängig davon) Reynolds,<br />

Serin, Wright und Nesbit Iosotopeneffekt: Die kritische<br />

Temperatur hängt von der Isotopenmasse des<br />

<strong>Supraleiter</strong>materials ab.<br />

Kristallgitter spielt wichtige Rolle beim<br />

Zustandekommen der Supraleitung<br />

(Elektron-Phonon-Wechselwirkung)<br />

2<br />

ψ � 0<br />

Sprungtemperatur<br />

log(T/TC) Vitaly L. Ginsburg<br />

1914 – 2009<br />

0,58<br />

0,57<br />

0,56<br />

-M -1/2<br />

Lew D. Landau<br />

1908 – 1968<br />

Zinn<br />

2,06 2,08 2,10<br />

Atommasse log(M/a.u.)


<strong>Supraleiter</strong> 1. und 2. Art<br />

1936 L. V. Shubnikov, V. I. Khotkevich, G. D. Shepelev,<br />

Yu. N. Ryabinin, Entdeckung der <strong>Supraleiter</strong> 2. Art<br />

Shubnikov-Phase<br />

1952/1957 A. A. Abrikosov, findet Lösung der Ginsburg-Landau-<br />

Gleichungen mit negativer Oberflächenenergie magnetische<br />

Flussschläuchen mit quantisiertem magnetischen Fluss in<br />

einem regelmäßigen Gitter,<br />

magnetische<br />

Induktion BC B a<br />

Shubnikov-<br />

Phase<br />

Normal-Phase<br />

B c1<br />

Meissner-Phase<br />

B c2<br />

Temperatur T<br />

B �<br />

a<br />

Lev V. Shubnikov<br />

1901-1937?<br />

Alexei A. Abrikosov<br />

* 1928


„Some radically new ideas required…“ (J.B.)<br />

1950 Herbert Fröhlich, Elektron-Phonon-<br />

Wechselwirkung ist der mikroskopischer<br />

Mechanismus für das Zustandekommen der<br />

Supraleitung, Vorhersage des Iostopeneffektes<br />

1955 Leon Cooper, bei attraktiver Wechselwirkung<br />

können sich stabile Elektronenpaare, sog.<br />

Cooperpaare (Bosonen) bilden<br />

Cooper-Paar, vereinfachtes Modell:<br />

Anziehungskraft zwischen zwei<br />

Elektronen, vermittelt durch eine<br />

Verzerrung des Kristallgitters: Im<br />

Kielwasser der vorbeifliegenden<br />

Elektronen bildet sich eine positive<br />

Ladungswolke.<br />

Herbert Fröhlich<br />

1905 – 1991


BCS<br />

1957 John Bardeen, Leon Cooper, John Schrieffer,<br />

mikroskopische Theorie der Supraleitung auf<br />

Basis der Kondensation von Cooperpaaren,<br />

Begründung und Vereinheitlichung aller bisherigen<br />

phänomenologischen Theorien der Supraleitung<br />

kritische Temperatur,<br />

k<br />

B<br />

T<br />

C<br />

Energielücke<br />

� 1,14�ω<br />

D<br />

B C T k 1,76<br />

Δ(0)�<br />

e<br />

�<br />

2<br />

λD(E<br />

F<br />

)<br />

Zustandsdichte<br />

John Bardeen<br />

1908 – 1991<br />

D(E)<br />

D(E F)<br />

Leon N. Cooper John R. Schrieffer<br />

* 1930<br />

* 1931<br />

Energie E F<br />

2Δ(0)<br />

Ein kleiner Teil der Elektronen<br />

(10 -4 ) kondensiert zu Cooperpaaren.


Die Flussquantisierung<br />

1950 Vorhersage Fritz London: Ladung e<br />

1961 Nachweis Robert Doll und Martin Näbauer (zeitgleich und<br />

unabhängig davon) Bascom S. Deaver, Jr. und William M.<br />

Fairbank: Supraelektronen tragen die Ladung 2e!<br />

eingefrorener Fluss<br />

Φ [10 -15 Tm 2 ] L. Goodman, W.D. Willis, D.A. Vincent, B.S. Deaver, Phys. Rev. B 4, 1530 (1971)<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

0 1 2<br />

Magnetische Induktion B [µT]<br />

� �<br />

Φ � � B �df<br />

�<br />

Φ<br />

Φ<br />

B �<br />

0<br />

0<br />

Σ<br />

n �<br />

h<br />

2e<br />

h<br />

� � 2,068 nT � mm<br />

2e<br />

magnetisches<br />

Flussquantum<br />

Σ<br />

2


Josephsoneffekte<br />

1960 I. Giaver, Quasiteilchentunnelung durch eine Barriere<br />

zwischen Normal- und <strong>Supraleiter</strong>, weist Energielücke nach<br />

1962 Brain Josephson, quantenmechanischer Tunneleffekt<br />

von Copperpaaren durch Isolatorbarrieren: Gleichstrom-<br />

Josephsoneffekt<br />

Grundlegung der <strong>Supraleiter</strong>elektronik<br />

Josephsonkontakt = „Transistor“<br />

1963 P. W. Anderson, J. M. Rowell, experimenteller<br />

Nachweis des Gleichstrom-Josephsoneffektes<br />

1963 S. Shapiro, indirekter experimenteller Nachweis des<br />

Wechselstrom-Josephsoneffektes , Entstehung von<br />

Shapirostufen<br />

1965 I. K. Yanson, W. M. Svistunov, I. M. Dmitrenko und<br />

unabhängig R. E. Eck, D. J. Scalapino, B. N. Taylor,<br />

Langenberg, experimenteller Nachweis des Wechselstrom-<br />

Josephsoneffektes, Messung der Mikrowellenabstrahlung<br />

Querschnittspräparation<br />

Dünnfilm-Josephsonkontakt<br />

U<br />

Φ<br />

0<br />

Brain D. Josephson<br />

*1940<br />

n<br />

� n�<br />

Φ<br />

�<br />

h<br />

2e<br />

0<br />

�<br />

Tunnelstrom<br />

Grundlegung der Quantenmetrologie<br />

�f,<br />

n<br />

�<br />

0, 1, 2, ...<br />

μV<br />

2,608...<br />

GHz


Ein wirklich dicker Fisch …<br />

Strom I S<br />

1964 R. C. Jaklevic, J. Lambe, A. H. Silver,<br />

J. E. Mercerau Entdeckung des SQUID-Prinzips<br />

(Supraleitender Quanteninterferenz Detektor),<br />

Grundlegung Quantenmagnetometrie<br />

B �<br />

I 1<br />

Magnetfeld B<br />

I 2<br />

Josephsonkontakte<br />

I S<br />

I S 2 ~ cos 2 (πΦ/Φ0)<br />

Quanteninterferenz<br />

am Sn-SnO-Sn-SQUID<br />

Umgebungsfelder<br />

Erdmagnetfeld<br />

Urbanes<br />

Rauschen<br />

Auto in<br />

50m Abstand<br />

Schraubendreher<br />

in<br />

5m Abstand<br />

Transistor,<br />

IC in 2m Abstand<br />

Transistor<br />

(Chip) in<br />

1m Abstand<br />

μT<br />

nT<br />

pT<br />

fT<br />

10 -4<br />

10 -5<br />

10 -6<br />

10 -7<br />

10 -8<br />

10 -9<br />

10 -10<br />

10 -11<br />

10 -12<br />

10 -13<br />

10 -14<br />

10 -15<br />

Biomagnetische<br />

Felder<br />

Lungenpartikel<br />

Herz<br />

Muskeln<br />

Fötusherz<br />

Auge<br />

Hirn,<br />

α-Welle<br />

Hirn<br />

Antwortsignal<br />

magnetische Induktion (Tesla)


<strong>Jena</strong>er Meriten<br />

1977 J. Richter, K. Blüthner, H.-J. Köhler, G. Albrecht,<br />

erstes vollintegriertes Dünnschicht-SQUID<br />

technologischer Durchbruch zur kommerziellen<br />

Anwendung der Quantenmagnetometrie<br />

um 1970 Zimmermann-SQUID, Niob-Vollmaterial<br />

um 1975<br />

Vollmaterial-Dünnschicht-Hybrid<br />

1984 SQUID-Legendes UJ 111, FSU <strong>Jena</strong><br />

Vollintegriertes Dünnschicht-SQUID mit Bleischirm<br />

2004 SQUID-Stromsensor,<br />

Supracon AG <strong>Jena</strong>


Einzelflussquantenelektronik<br />

1985 IBM (Yorktown Heights) stoppt das Programm<br />

für den supraleitenden Supercomputer<br />

positives Resultat: Niobtechnologie entwickelt<br />

1985 K. K. Likharev, O. A. Mukhanov, V. K. Semenov<br />

supraleitende Digitalelektronik auf der Basis von<br />

magnetischen Flussquanten<br />

Einzelflussquantenelektronik<br />

Analogon zur Halbleiterelektronik: magnetische<br />

Flussquanten anstatt elektrische Ladungen<br />

h<br />

ΔΦ = �<br />

V(t)dt � Φ0<br />

� � 2.07mV � ps<br />

2e<br />

Spannung [μV]<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

magnetisches<br />

Flussquantum<br />

0 20 40 60 80<br />

Zeit [ps]


Supraleitende Supercomputer?<br />

Energie pro Bit [J]<br />

Heisenbergsche<br />

Unschärferealtion<br />

E=1.000ħ/Δt<br />

Energie-Schaltzeit-Produkt<br />

1p<br />

100f<br />

10f<br />

1f<br />

100a<br />

10a<br />

1a<br />

0,1a<br />

10 -27 Js<br />

10 -30 Js<br />

0,35µm<br />

22nm<br />

CMOS 250nm<br />

90nm<br />

35nm<br />

SFQ *) 2µm<br />

0.1p 1p 10p 100p 1n 10n<br />

Schaltzeit [s]<br />

thermisches Rauschen<br />

E=1.000k BT (T=300K)<br />

thermisches Rauschen<br />

E=1.000k BT (T=4,2K)<br />

Courtesy Th. Ortlepp, University of<br />

California Berkeley<br />

*) Single Flux Quantum<br />

NSA Study on Superconducting<br />

Technology Assessment, 2005


Erneut Goldgräberstimmung<br />

CuO 2-Ebenen<br />

CuO-Ketten<br />

Keramisches Material YBa 2Cu 3O 7<br />

mit komplexerer Einheitszelle.<br />

Supraleitung in den CuO 2-Ebenen.<br />

Y<br />

Ba<br />

Cu<br />

O<br />

Alex Müller<br />

*1927<br />

Georg Bednorz<br />

*1950<br />

1986 J. G. Berdnorz und K. A. Müller entdecken die<br />

keramischen <strong>Supraleiter</strong> (LaBa-Cu-O-Systeme) mit<br />

T C > 30 K<br />

sog. Hochtemperatur-<strong>Supraleiter</strong><br />

Nobelpreis 1987<br />

1987 Maw-Kuen Wu, … und Paul Chu entdecken<br />

YBCO (YBa 2Cu 3O 7-x), Sprungtemperatur bei 92 K<br />

1993 S. N. Putilin, E.V. Antipov, O. Chmaissem, M.<br />

Marezio und A. Schilling, M. Cantoni, J. D. Guo, H. R.<br />

Ott finden das Quecksilbersystem Hg-1223<br />

(HgBa 2Ca 2Cu 3O 1+x ), Sprungtemperatur bei 133 K


Entdeckungsgeschichte der supraleitenden Materialien<br />

Temperatur [Kelvin]<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

40<br />

═<br />

═<br />

TlBaCaCuO<br />

BiSrCaCuO<br />

YBaCuO, 1987<br />

HgBaCaCuO@30 GPa<br />

RbCsC 60<br />

HgTlBaCaCuO<br />

HgBaCaCuO<br />

Cs 3C 60@1,4 GPa<br />

Kalenderjahr<br />

MgB 2<br />

FeAs<br />

Mondnacht<br />

flüssiger<br />

Stickstoff<br />

Plutooberfläche<br />

LaBaCuO<br />

30<br />

flüssiges<br />

BKBO YbPd2B2C Neon<br />

Nb3Ge PuCoGa<br />

20<br />

5 flüssiger<br />

Nb<br />

NbN, 1941<br />

3Sn, 1954<br />

Wasserstoff<br />

K<br />

V 3C Li@33 GPa<br />

60<br />

CNT<br />

3Si<br />

CNT<br />

PuRhGa3 10 Pb Nb,1930<br />

CaC6 CeCu UBe13 UPd2Al3 CeColn YbC flüssiges<br />

5<br />

6<br />

Hg<br />

2Si2 UPt3 0<br />

CNT diamond Helium<br />

1900 1940 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010<br />

═<br />

═<br />

Courtesy of U.S. Department of Energy –<br />

Basic Energy Sciences


Technische Anwendungen der Supraleitung<br />

großtechnisch<br />

magnetische Lager<br />

Kabel<br />

Magnete<br />

Energiespeicher<br />

Strombegrenzer<br />

Energietechnik<br />

Medizintechnik<br />

SMES<br />

Flywheel


Technische Anwendungen der Supraleitung<br />

sensorisch/<br />

elektronisch<br />

Magnetometrie<br />

Radiometrie<br />

Kommunikation<br />

Superrechner?<br />

Medizintechnik<br />

Geophysik<br />

Röntgen<br />

Terahertz<br />

VIS/IR<br />

Magnetik<br />

Magnetotellurik<br />

TEM<br />

MIP<br />

MASD<br />

Gesteinsmag.<br />

mag. Ortung


Supraleitende Drähte und Kabel<br />

1962 Fa. Westinghouse, erste kommerziell<br />

verfügbare <strong>Supraleiter</strong>drähte auf Niob-Titan-Basis<br />

2001 erste kommerzielle Anwendung von<br />

supraleitenden Kabeln in einer Umformstation in<br />

Detriot<br />

2008 Nexans, American Superconductor<br />

Corporation (AMSC), Air Liquide, erster Einsatz<br />

eines HTSL-Kabels in einem kommerziellen<br />

Stromnetz<br />

138-kV-Stromverbindung,600 m lang , bis zu 574<br />

MVA (300.000 Haushalte)<br />

äußerer<br />

Schutzmantel<br />

HTS-Bandleiter<br />

Kern<br />

Hochspannungs-<br />

Dielektrikum<br />

HTS-Schirm<br />

Cu-Schirm<br />

Stabilisierung<br />

flüssiger Stickstoff<br />

innere<br />

Kryostatenwand<br />

äußere<br />

Kryostatenwand<br />

Holbrook substation on Long Island, New York


Supraleitende Drähte und Kabel<br />

Vom Draht zum Kabel …<br />

heliumdichter<br />

Stahlmantel<br />

40 mm Durchmesser<br />

Helium-<br />

Strömungskanal<br />

Querschliff Nb 3Sn-Einzelleiters;<br />

Durchmesser ca. 1 mm, mehr als<br />

20.000 Nb 3Sn-Filamente in Cu-<br />

Matrix, Fa. EAS GmbH, Hanau<br />

isolierte<br />

Unterstränge<br />

1.000 verseilte Nb 3Sn<br />

Einzelstränge<br />

Die 112 t Versuchsanordnung<br />

des KIT für den Test der<br />

ITER-Toroidalfeld-Modell-<br />

Spule (TFMC)<br />

Kernfusionsprogramm ITER („der<br />

Weg“)


Großtechnische Anwendungen der Supraleitung<br />

1954 G. B. Yentma, erster supraleitender Magnet noch<br />

mit Niobdraht, Felder bis 0,7 T<br />

1960 S. Autler MIT, supraleitender 2,5 Tesla Magnet<br />

900 MHz-NMR-Spektrometer der Fa. Bruker mit<br />

supraleitenden 21 T Magneten<br />

Ganzkörper-NMR-Tomograph der Fa. Siemens mit<br />

supraleitendem 3-Tesla-Magnet<br />

„Die Röhre“


Großtechnische Anwendungen der Supraleitung<br />

2008 AMSC, erster supraleitender Motor (HTS)<br />

für den Schiffsantrieb, 36.5 MW<br />

Cu-Motor, 21 MW<br />

150 U/min, 6,6 kV<br />

180 t<br />

HTS-Motor, 36,5 MW<br />

120 U/min, 6,6 kV<br />

< 75 t


The latest AMSC motor advance: 36.5 MW HTS Ship Propulsion Motor<br />

Großtechnische Anwendungen der Supraleitung<br />

LHC: supraleitender Dipolmagnet<br />

1983 erster supraleitender Beschleunigerring am Fermi National<br />

Accelerator Lab mit 774 Dipolmagneten zu je 6 m und 210<br />

Quadrupolmagneten<br />

Teilchenbeschleuniger mit supraleitenden Magneten, Large Hadron<br />

Collider (LHC) in Cern<br />

Supraleitender Magnetischer Energiespeicher SMES speichern<br />

Energie in einem durch Gleichstrom in einer supraleitenden Spule<br />

erzeugten Magnetfeld. System aus 10 NbTi-Spulen, Durchmesser 36<br />

cm, Speichervolumen 420 kJ<br />

LHC: Blick in den Ringtunnel


Messung biomagnetischer Felder<br />

1963 G. M. Baule, R. McFee, erste Herzfeldmessung<br />

(MKG) mit SQUID<br />

1970/72 D. Cohen, E. A. Edelsack, J. E. Zimmerman, erste<br />

SQUID-basierte MEG<br />

nach 1985 Beginn der Entwicklung kommerzieller SQUID-<br />

Multikanalsysteme für MEG und MKG<br />

gemitteltes Fötus-MKG<br />

Echtzeit Mutter- und Fötus-MKG<br />

Bild Supracon AG <strong>Jena</strong><br />

Aufnahme eines fötalen MKG in<br />

ungeschirmter Umgebung an der<br />

Frauenklinik <strong>Jena</strong>


SQUID Archäometrie<br />

2001 erste SQUID-basierte manuelle Bodenscanner<br />

2005 motorisierte SQUID-Bodenscanner<br />

SQUID-Bodenscanner im Einsatz<br />

Neolithischer Doppelkreisgraben bei Wien.<br />

Magnetogramm und Visualisierung an Hand<br />

der Rekonstruktion eines ähnlichen<br />

Erdwerkes.


Geologische Exploration Magnetogramm G ZZ<br />

Potgietersrust, Südafrika<br />

Fläche 6�7,5km 2<br />

1975 J. E. Zimmermann, W. H. Campell erste<br />

geomagnetische Messungen mit SQUID<br />

1974 M. W. Wynn, C. P. Fram, P. J. Carroll, R. H. Clark, J.<br />

Wellhorner, M. J. Wynn SQUID-basierte magnetische Ortung<br />

um 1990 Beginn der Entwicklung kommerzieller<br />

geophysikalischer SQUID-Messsysteme<br />

SQUID Volltensorsystem des<br />

<strong>IPHT</strong> <strong>Jena</strong> zur hochgenauen<br />

tensoriellen Vermessung des<br />

Erdmagnetfeldes<br />

SQUID Gradiometer des<br />

<strong>IPHT</strong> <strong>Jena</strong><br />

Magnetogramm<br />

Rotationsinvariante I1<br />

Courtesy of AngloAmerican<br />

Skala<br />

±3nT<br />

Courtesy of AngloAmerican


Coole Sicherheit<br />

Supraleitende Terahertz-Sicherheitskamera<br />

Fixpunkt<br />

„Thermometer“<br />

T<br />

T 0<br />

Absorber<br />

Isolation<br />

Sensormodul und<br />

Einzelpixel<br />

Supraleitungsübergang<br />

elektrisches<br />

Kühlsystem<br />

Sensor,<br />

Temperaturauflösung<br />

von 50mK<br />

Objektiv,<br />

Ortsauflösung 1,5cm


Ende<br />

Supraleitung ist cool<br />

Supraleitung ist hot

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