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Portrait über Dr. Fritz Müller

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Ausgabe 02/2010<br />

Der Zahlen-Kamerad<br />

Ein Mann vorschneller Entschlüsse ist <strong>Fritz</strong> <strong>Müller</strong> nie gewesen. Privat wie<br />

als Chef des Münchner Emissionshauses Conti hat er eher eine Fähigkeit<br />

zu bedachter Leidenschaft perfektioniert. Mit großem Erfolg.<br />

Nervöse Entscheidungen passen<br />

nicht zu seinem Naturell. <strong>Dr</strong>. <strong>Fritz</strong><br />

<strong>Müller</strong>, die graue Eminenz des<br />

nicht größten, aber wohl erfolgreichsten<br />

Schiffsfondsspezialisten Conti, ist ein<br />

Schwarzwälder Kaltblut, wie man die<br />

Pferde seiner Heimat nennt: „Stolz, unkompliziert,<br />

mit trockenem Fundament<br />

und schwungvoller Bewegung.“ Der heute<br />

73-jährige gebürtige Friedrichshafener<br />

ist immer noch kraftvoll und sensibel. Ein<br />

austarierter Mensch, ganz schwäbischer<br />

Kaufmann, der seine Waage akribisch einstellt,<br />

damit keiner <strong>über</strong>vorteilt wird, er<br />

selbst nicht und nicht seine Kundschaft.<br />

Ein fairer Mann – kein leichtfertiger, aber<br />

auch kein leichtlebiger.<br />

Die Zügel schießen lässt Friedrich <strong>Müller</strong><br />

nur beim Sport. Als Jugendlicher tut er<br />

sich im Mittelfeld des Fußball-Teams seines<br />

Internats hervor, spielt in der Studentenauswahl<br />

Deutschlands und halst sich später<br />

neben dem Fulltime-Job in der damaligen<br />

Cosima-Reederei noch acht Jahre lang den<br />

Posten des Vizepräsidenten des Fußballvereins<br />

1860 München auf. Auf ihn als Kameraden<br />

hat man immer zählen können.<br />

Verbindlichkeit an den Nahtstellen nach<br />

draußen war <strong>Fritz</strong> <strong>Müller</strong> vielfach wichtiger<br />

als Präsenz im unmittelbar Privaten. Seine<br />

Freundin – er lernte sie als 33-Jähriger in<br />

Düsseldorf kennen – musste 20 Jahre an der<br />

Seite des beruflich und sportlich eingespannten<br />

„Junggesellen“ durchhalten, ehe<br />

sie sich Frau <strong>Müller</strong> nennen konnte. Selbst<br />

der Umzug nach Hamburg nach dem Ausscheiden<br />

aus dem operativen Geschäft war<br />

keine rein private Sache. „Ich kann durch<br />

mein Netzwerk hier für die Conti und deren<br />

Anleger einfach mehr erreichen als in<br />

München“, sagt <strong>Müller</strong> bescheiden, obwohl<br />

seine Erfahrung für das Conti-Management<br />

ein wichtiges Asset ist.<br />

Engagement sieht <strong>Müller</strong> speziell in<br />

schwierigen Zeiten als Bringschuld – auch<br />

wenn in der aktuellen Schifffahrtskrise die<br />

Conti bisher glimpflicher davonkommt als<br />

die meisten anderen Schiffsspezialisten.<br />

Treu geblieben ist der Conti-Chef auch seinen<br />

Farben. Wenn es einen roten Faden in<br />

Friedrich <strong>Müller</strong>s Karriere gibt, müsste er<br />

eigentlich weiß-blau sein. Angefangen beim<br />

Wellenschlag des Bodensees, an dessen Ufer<br />

<strong>Müller</strong> 1937 geboren wird, <strong>über</strong> die Vereinsfarben<br />

der Fußballer von 1860 bis zum<br />

lediglich rot unterstrichenen Conti-Logo (mit<br />

einem gelben statt schwarzen Löwen) geht die<br />

Liebe nahtlos auf im Weiß-blau der Ozeane<br />

und der Geschäfte mit Schifffahrt unter<br />

weiß-blauem Himmel.<br />

Eigentlich war <strong>Müller</strong> ja für einen ganz<br />

anderen Beruf vorgesehen gewesen. Der<br />

Vater betrieb eine Großschlachterei in<br />

Friedrichshafen. Er hatte sich vom nicht erbberechtigten<br />

Bauernsohn hochgearbeitet<br />

und nannte den Erstgeborenen gleich vorsorglich<br />

wie sich selbst. Das war in dieser<br />

Generation nicht selbstverliebt, sondern<br />

sparsam und kaufmännisch gedacht – damit<br />

der Sohnemann später Briefpapier und<br />

Rechnungsblöcke weiterbenutzen kann.<br />

Der Krieg und die schweren Fliegerangriffe<br />

auf Friedrichshafen – hier wurden<br />

Dornier-Flugzeuge, Maybach-Motoren und<br />

Getriebe und Kugellager gebaut – machten<br />

den schönen Plan zunichte. Der Vater war<br />

im Krieg, die Mutter schickte den Sohn und<br />

die nach und nach dazukommenden Geschwister<br />

ins Hegau zu den Großeltern –<br />

aufs sichere Land. Später kehrte Friedrich<br />

junior an freien Wochenenden mit dem<br />

Vater dorthin zurück. Auch das hauptsächlich<br />

geschäftlich: Dann wurden bei den Bauern<br />

Schweine, Rinder und Ochsen eingekauft<br />

– und impulsiv um Preise gefeilscht.<br />

Schaffe, schaffe, Werte schaffe, war im<br />

Elternhaus immer die Devise gewesen. Die<br />

drei Buben und ihre Schwester wurden eingespannt,<br />

wo es nur ging. „In den Ferien haben<br />

wir immer gearbeitet“, erinnert sich<br />

<strong>Müller</strong>. „Putzen, aufräumen, die Bestellungen<br />

für die Gaststätten zusammenstellen<br />

und ausliefern. Alles halt, was man einem<br />

Halbwüchsigen aufhalsen kann.“ Denn<br />

weil der Vater erst spät aus der russischen<br />

Kriegsgefangenschaft nach Hause kam, war<br />

die Mutter die treibende Kraft der Großschlachterei<br />

<strong>Müller</strong>. „Zu Hause hatten wir<br />

eine Haushälterin, eine alte Ordensfrau, die<br />

nach unseren Hausaufgaben und auch sonst<br />

nach uns sah“, erzählt der heutige Conti-<br />

Chef. Ein allzugroßer Bruch war es daher<br />

für den heranwachsenden <strong>Fritz</strong> wohl nicht,<br />

dass er 1948 ins Schwarzwälder Jesuitenkolleg<br />

St. Blasien geschickt wurde – dafür<br />

die erste große Chance seines Lebens.<br />

„Im Grunde waren meine Eltern selbst<br />

schuld, dass aus der Betriebs<strong>über</strong>nahme später<br />

nichts wurde“, erzählt er. „Mit dem Abitur<br />

in der Tasche hat man einfach andere Interessen.“<br />

Seine Internatszeit im Schwarzwald<br />

jedenfalls habe er ganz gut <strong>über</strong>standen.<br />

„Sport war bei den strengen Patres hoch angesiedelt.<br />

Nur wenn man da ein bisschen her-<br />

Fotos: Frank Siemers<br />

-


-<br />

Ausgabe 02/2010<br />

ausragte, konnte man auch am Wochenende<br />

einmal rauskommen.“ Sonst war man „fest<br />

eingebunden“, also praktisch kaserniert.<br />

Friedrich wurde ein guter Fußballer. „Als<br />

unverzichtbarer Mittelfeldspieler der Kollegmannschaft<br />

konnte ich immer wieder dem Alltagstrott<br />

in St. Blasien entkommen“, fügt er lachend<br />

hinzu. Bitterkeit oder Groll hat <strong>Müller</strong><br />

aus seiner Zeit fern des heimatlichen Bodensees<br />

nicht entwickelt, er betont sogar die positiven<br />

Aspekte: „Die Rackerei meiner Eltern<br />

hatte auch gute Seiten. Die karge Nachkriegskost<br />

wurde alle zwei Wochen aufgebessert. Da<br />

bekam ich immer einen Korb mit Wurstwaren,<br />

auf den sich die ganze Klasse gestürzt hat.“ Gemeinsam<br />

angestürmt sind die Klassenkumpane<br />

denn auch auf den „wirklich echten Lederfußball,<br />

den ich damals als Erster bekommen<br />

hatte“, erinnert sich <strong>Müller</strong>.<br />

Wieder zurück zu Hause absolvierte der<br />

frischgebackene Abiturient erst einmal ein<br />

halbjähriges technisches Praktikum beim<br />

Motorenhersteller Maybach. „Ursprünglich<br />

wollte ich ja Wirtschaftsingenieur werden“,<br />

erläutert <strong>Müller</strong>. Er sei aber dann lieber zum<br />

Diplom-Kaufmannstudium nach München<br />

gegangen. Als Praktikum habe er sich etwas<br />

anderes erwartet, als U-Eisen herunterfeilen<br />

zu müssen – die damals übliche Lehrlingsschinderei.<br />

Im Studium lernte er Ernst Willner kennen,<br />

den Junior eines großen Ingolstädter Autohauses.<br />

Während <strong>Müller</strong> in die Geschäftsleitung<br />

eines Stuttgarter Metallverarbeiters<br />

mit Dependancen in Düsseldorf, Mailand<br />

und London geht, wird Willner Verkaufschef<br />

beim bis heute größten Münchner Opel-<br />

Händler. Er erkennt das Potenzial von Schiffsbeteiligungen,<br />

die damals der Bruder des<br />

Fotos: Frank Siemers<br />

„Als Conti haben wir<br />

nie spekulativ gekauft<br />

und nie alles Verdiente<br />

sofort ausgekehrt.“<br />

Opel-Haus-Inhabers als hochattraktives Steuersparprodukt<br />

verkaufte. Zusammen mit drei<br />

bayerischen Unternehmern gründet Willner<br />

1970 kurzerhand die Cosima-Reederei – und<br />

verkaufte Schiffe aus erster Hand.<br />

Mit Kapitaleinwerbung und Schiffserwerb<br />

war man erfolgreich – zumal der Name Willner<br />

manche Türen öffnete. Es gab einen Namensvetter<br />

im Vorstand einer angesehenen<br />

norddeutschen Traditionsreederei, Horst<br />

Willner. Den spekulativen Schiffskäufen<br />

folgt aber keine wirtschaftlich sinnvolle Beschäftigung.<br />

Die Cosima gerät durch einbrechende<br />

Schiffsnachfrage ins Schlingern.<br />

Willner holt sich 1972 Hilfe bei seinem Studienkumpan<br />

<strong>Müller</strong>. Der lässt sich nicht lange<br />

bitten und hilft, die bayerische Reederei durch<br />

schwierige Zeiten zu schippern. 1979 ist die<br />

Cosima durch das Gröbste durch und <strong>Müller</strong><br />

<strong>über</strong>nimmt zusammen mit seinem Kollegen<br />

<strong>Dr</strong>. Franz Wagner Willners Anteile. Zusammen<br />

mit den Altgesellschaftern Karl Beck,<br />

Franz Fraundienst und Gerhard Ragaller grün-<br />

den sie die Conti-Reederei und werfen sich von<br />

Anfang an mächtig ins Geschirr. Das Gesicht<br />

der Conti nach außen <strong>über</strong>nimmt Franz Wagner<br />

und <strong>Müller</strong> sorgt dafür, dass im Maschinenraum<br />

der Zahlen alles rund läuft.<br />

135 Conti-Schiffe haben seither die Ozeane<br />

durchpflügt, 89 davon sind noch in Fahrt.<br />

Zusammen mit ein paar – vergleichsweise<br />

weniger attraktiven – (Ost-)Immobilieninvestments<br />

haben die Münchner für 6,3<br />

Milliarden Euro Sachwerte gekauft und es<br />

dabei jedenfalls bei Schiffen zu einer Leistungsbilanz<br />

gebracht, um die sie jeder in der<br />

Branche beneidet. Per Ende 2008 standen<br />

die Conti-Fonds insgesamt um 398 Millionen<br />

Euro besser da als prospektiert.<br />

Sein Erfolgskonzept erklärt <strong>Müller</strong> eher<br />

bescheiden. Er habe die Lektion mit Bestellungen<br />

auf Verdacht schon in den 70er-Jahren<br />

gründlich gelernt. „Als Conti haben wir<br />

nie spekulativ gekauft, immer für eine Langzeitbeschäftigung<br />

gesorgt und nie alles ausgekehrt.“<br />

Die Tilgungsvorsprünge, langfristige<br />

Charterverträge und Poolbeschäftigungen<br />

sind jetzt ein Segen. Damit kann Conti<br />

auch 2010 ausschütten und platzieren.<br />

„Das Eigenkapital für unsere Bulker – wir<br />

haben uns rechtzeitig umorientiert – lässt sich<br />

etwas langsamer platzieren als früher“, sagt<br />

<strong>Müller</strong>, „aber die Fonds lassen sich platzieren.“<br />

Kunststück! Sind doch die Anleger bei<br />

Conti fast eine Fangemeinde. 70 Prozent gehen<br />

an Altzeichner. <strong>Müller</strong> ist stolz darauf<br />

und achtet peinlich, sie nicht mit Nachforderungen<br />

zu erschrecken. Er prahlt als echter<br />

Schwabe aber auch nicht mit Erfolg. „Nichts<br />

g’sagt ist g’lobt g’nug“, sagt man dort – als ob<br />

all die treuen Conti-Anleger ebenfalls so viel<br />

Kaltblut aufbringen würden. { Ludwig Riepl<br />

Vita<br />

<strong>Dr</strong>. Friedrich <strong>Müller</strong>, geb.<br />

1937, studierte in München<br />

Betriebswirtschaft und promovierte<br />

in Karlsruhe. Er startete<br />

seine Karriere in der Metallindustrie<br />

und kam dann als<br />

Sanierer zur Cosima­Reederei.<br />

1979 in Conti umbenannt,<br />

gehört der Schiffsspezialist zu<br />

den ältesten und erfolgreichsten<br />

Anbietern.<br />

<strong>Müller</strong> ist seit 1972 Geschäftsführer<br />

der Conti.

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