4 - Kulturnews
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Februar 2011 // Nr. 244 // kulturnews.de<br />
musik //<br />
Adele<br />
Prinz Pi<br />
Azure Ray<br />
Joan As<br />
Police Woman<br />
Cæcilie Norby<br />
Stefan Dettl<br />
Sara Bareilles<br />
Robin McKelle<br />
buch //<br />
„Nachrichten<br />
aus der Luft“<br />
von Nora Gomringer<br />
Ungeplant ins Glück<br />
Johannes<br />
Oerding<br />
40 Seiten magazin // platten // bücher // kino // dvds // tourtipps // citymag
"Humanology" -<br />
Tour 2011<br />
02.04.11 Oldenburg<br />
03.04.11 Berlin<br />
04.04.11Nürnberg<br />
06.04.11A-Wien<br />
07.04.11Stuttgart<br />
08.04.11Hannover<br />
Tour 2011<br />
“The Silver Lining” Tour 2011<br />
07.05.11 Bonn<br />
08.05.11 Aschaffenburg<br />
10.05.11 Bochum<br />
10.02.11Hamburg<br />
11.02.11Köln<br />
03.03.11Reutlingen<br />
04.03.11Trier<br />
"Reason to Believe" Tour 2011<br />
Special guest: Shawn Kellerman<br />
28.01.11Koblenz<br />
29.01.11Idstein<br />
30.01.11Freiburg<br />
10.02.11Augsburg<br />
15.02.11Tübingen<br />
16.02.11Nürnberg<br />
15.04.11Köln<br />
17.04.11Darmstadt<br />
18.04.11Mannheim<br />
19.04.11München<br />
20.04.11Freiburg<br />
Neues Album "Humanology"<br />
(BHM/ZYX)<br />
17.04.11Hamburg<br />
19.04.11Leipzig<br />
20.04.11 Köln<br />
Aktuelles Album "Este Mundo"<br />
(Cumbancha / Exil Musik)<br />
"Son Maldito" Tour 2011<br />
18.03.11Erlangen<br />
05.05.11Leipzig<br />
06.05.11Wilhelmshaven<br />
Aktuelles Album "Son Maldito" (GLM)<br />
13.05.11 Karlsruhe<br />
14.05.11 Bad Segeberg<br />
Aktuelles Album<br />
"Five by Five"<br />
(Hooters Music / NEO)<br />
17.02.11Plauen<br />
18.02.11Affalter<br />
19.02.11Berlin<br />
20.02.11Schwerin<br />
21.02.11Hamburg<br />
22.02.11Kiel<br />
“In Love” Tour 2011<br />
29.03.11 Recklinghausen<br />
30.03.11 LUX - Ettelbruck<br />
01.04.11 Erlangen<br />
02.04.11 Ludwigsburg<br />
03.04.11 Bremen<br />
05.04.11 Bielefeld<br />
15.03.11Aurich<br />
16.03.11Recklinghausen<br />
18.03.11Sehnde<br />
19.03.11Köln<br />
21.03.11Aschaffenburg<br />
22.03.11München<br />
Tickets gibt es hier:<br />
www.eventim.de<br />
01805-570 060<br />
(0,14 €/Min., Mobilfunkpreise max. 0,42 € /Min.)<br />
06.04.11 Münster<br />
07.04.11 Karlsruhe<br />
09.04.11 CH - Disentis<br />
10.04.11 Memmingen<br />
11.04.11 Krefeld<br />
12.04.11 Lüneburg<br />
Aktuelles Album<br />
“In Love”<br />
(Universal / Polydor)<br />
"Grovigli" Tour 2011<br />
21.02.11 Mainz<br />
22.02.11 München<br />
23.02.11 Berlin<br />
24.02.11 Hamburg<br />
25.02.11 Köln<br />
Aktuelles Album "Grovigli"<br />
(Sugar Music / Universal)<br />
RON<br />
SEXSMITH<br />
Live 2011<br />
27.04.11 Berlin<br />
03.05.11 Köln<br />
Neues Album<br />
"Long Player Late Bloomer”<br />
(Cooking Vinyl)<br />
"Catching Rays on<br />
Giant" Tour 2011<br />
Aktuelles Album “Catching Rays<br />
On Giant” (Universal)<br />
24.03.11Erfurt<br />
25.03.11Gießen<br />
27.03.11Halle/Saale<br />
28.03.11Duisburg<br />
30.03.11Hamburg<br />
31.03.11Berlin<br />
"Nah dran" Tour 2010<br />
20.03.11 Saarbrücken<br />
21.03.11 Worms<br />
22.03.11 Recklinghausen<br />
24.03.11 Potsdam<br />
25.03.11 Osnabrück<br />
26.03.11 Wuppertal<br />
28.03.11 Halle/Saale<br />
29.03.11 Lichtenfels<br />
30.03.11 Dresden<br />
02.04.11 Kempten<br />
03.04.11 Karlsruhe<br />
05.04.11 CH - Pratteln<br />
06.04.11 CH - Solothurn<br />
07.04.11 Ludwigsburg<br />
10.04.11 Nürnberg<br />
11.04.11 A - Salzburg<br />
13.04.11 A - Wien<br />
14.04.11 Passau<br />
15.04.11 A - Graz<br />
"Deaf Word Paradise" Tour 2011<br />
supported by John Watts & the Zedheads<br />
12.04.11Hannover<br />
13.04.11Freiburg<br />
14.04.11Karlsruhe<br />
Aktuelles Album “Nahaufnahme”<br />
(Universal)<br />
On Tour im März / April 2011<br />
Alle Tourdaten unter<br />
www.assconcerts.com<br />
Aktuelles Album<br />
"The Jimmy Bowskill Band - Live''<br />
(Ruf Records)<br />
17.04.11 Köln<br />
19.04.11 Hamburg<br />
20.04.11 Berlin
Tickets, News und das komplette Kinoprogramm: www.kulturnews.de<br />
musik //<br />
6 Johannes Oerding<br />
Ungeplant ins Glück<br />
8 Adele<br />
Mit voller Wucht<br />
10 Prinz Pi<br />
Rebell der Mittelklasse<br />
12 Joan As Police Woman<br />
Glücklich klug<br />
13 Stefan Dettl<br />
Lustvoll logisch<br />
14 Karel Gott<br />
Lebenslänglich<br />
15 Azure Ray<br />
Kein verflixtes Jahr<br />
16 Sara Bareilles<br />
Die Härte nach dem Hit<br />
18 Robin McKelle<br />
Im Rausch der Gefühle<br />
19 Cæcilie Norby<br />
Mit Absicht angeeckt<br />
news //<br />
4 Philip Koch<br />
Wim Wenders<br />
Marc-Uwe Kling<br />
Girl Talk<br />
Bela B.<br />
aktion //<br />
60 „Hot & New Country Music“:<br />
10 Sampler<br />
82 „Starbucks“:<br />
10 Tumbler<br />
71 Abo<br />
Foto: Beggars Banquet<br />
kulturnews 2/11 // inhalt 3<br />
Foto: Gary Isaacs<br />
live //<br />
20 Auf Tour<br />
Tipps und Interviews<br />
27 citymag<br />
Programm-Magazin Tipps und Termine<br />
platten //<br />
59–69 Pop, Rock + Dance<br />
Adele<br />
Amos Lee<br />
Anna Depenbusch<br />
Central Park<br />
Feist<br />
… und viele andere mehr<br />
Jazz + Classics<br />
Brad Mehldau<br />
bücher //<br />
70–73 Nora Gomringer:<br />
Kitsch mit Stil<br />
kino //<br />
Goran Petrovic<br />
Helene Tursten<br />
Katharina Hartwell<br />
74–77 „The King’s Speech“:<br />
Vom Stottern und vom Stolz<br />
„True Grit“<br />
„Another Year“<br />
„Hereafter – Das Leben danach“<br />
„I killed my Mother“<br />
dvds //<br />
78–81 „Kleine Wunder in Athen“<br />
„Exit through the Gift Shop“<br />
„Road Train“<br />
„Wall Street: Geld schläft nie“<br />
82 Impressum<br />
Foto: Thatcher Keats<br />
Das brandneue Studioalbum<br />
» Die Gunst der Stunde «<br />
ab 21. Januar erhältlich bei<br />
30 jähriges<br />
Bühnenjubiläum<br />
DIE GUNST DER<br />
STUNDE TOUR 2011<br />
Tag Termin Stadt Venue<br />
Sa. 19.03. Leipzig Haus Auensee<br />
Di. 22.03. Zwickau Ballhaus<br />
Mi. 23.03. Erfurt Stadtgarten<br />
Do. 24.03. Bochum Zeche<br />
Fr. 25.03. Köln Gloria<br />
So. 27.03. Cottbus Stadthalle<br />
Mo. 28.03. Dresden Alter Schlachthof<br />
Mi. 30.03. Rostock Sth./kleiner Saal<br />
Do. 31.03. Berlin Kesselhaus<br />
Fr. 01.04. Magdeburg Altes Theater<br />
Sa. 02.04. Wernesgrün Brauereihof<br />
Di. 05.04. Nürnberg HIRSCH<br />
Do. 07.04. Hannover Capitol<br />
Fr. 08.04. Bremen Aladin<br />
Di. 12.04. Osnabrück Rosenhof<br />
Mi. 13.04. Hamburg Große Freiheit<br />
Jetzt Tournee Tickets sichern!<br />
www.mawi-concert.de<br />
oder telefonisch unter<br />
0341 / 484000
4 news //<br />
Foto: movienet film/Wolfgang Heinz<br />
Bausch und Bogen<br />
„Wenn jemand das nicht<br />
sehen will, sagt das<br />
weniger aus über den Film<br />
als über denjenigen, der<br />
aus dem Saal geht.“<br />
Regisseur Philip Koch über die Gewaltdarstellung in<br />
seinem Jugendknastdrama „Picco“, Start: 3. 2.<br />
Lange waren sie befreundet:<br />
Wim Wenders und die legendäre<br />
Tanzchoreografin Pina<br />
Bausch. Sie planten sogar einen<br />
gemeinsamen Tanzfilm.<br />
Doch Wenders fand die technischen<br />
Möglickeiten des<br />
Kinos nie reif genug, um<br />
Bauschs Kunst angemessen auf die Leinwand zu bringen. 2007 sah Wenders<br />
dann einen Konzertfilm von U2 in 3D – und wusste: Diese visuelle Technik<br />
schlägt den Bogen zu Pina Bausch. Doch letztes Jahr starb die Choreografin.<br />
Wenders wollte das Projekt zunächst abbrechen, machte aber doch<br />
weiter. Im Februar startet nun „Pina“ in 3D; vorher läuft die Dokumentation<br />
auf der Berlinale (10.–20. 2.) – und Wenders hofft sicher, dass der Film dieselbe<br />
Wirkung auf die Zuschauer hat wie sein erster Besuch eines Bausch-<br />
Stücks 1985. Damals nämlich hat der „Himmel über Berlin“-Regisseur nach<br />
eigenen Worten „hemmungslos drauflosgeflennt“. (vs)<br />
Foto: Neue Road Movies/Donata Wenders<br />
„Weiß der Teufel!“<br />
Wen soll man noch wählen?<br />
Keine Ahnung, sagt der Musiker,<br />
Literat und Poetryslammer<br />
Marc-Uwe Kling – und<br />
kriegt dafür einen Preis.<br />
kulturnews: Herr Kling, Sie<br />
werden in diesem Jahr den<br />
Bayerischen Kabarettpreis erhalten,<br />
Sparte Senkrechtstarter.<br />
Begründung: Sie kritisierten<br />
nicht nur die Konservativen,<br />
sondern vor allem auch<br />
das rot-grüne Establishment …<br />
Marc-Uwe Kling: Dieser Eindruck<br />
entsteht vielleicht dadurch,<br />
dass es mir wichtig ist,<br />
zuerst vor der eigenen Haustür<br />
zu kehren, also mich mit der Partei meiner Eltern und nicht mit der Partei der<br />
ehemaligen Chefs meiner Eltern auseinanderzusetzen. Im Kern betreiben aber<br />
alle Parteien, sobald sie an der Macht sind, die selbe wahnsinnige Politik.<br />
kulturnews: Kommt es öfter zu solchen Missverständnissen?<br />
Kling: Na ja. Viele Menschen scheinen ein Art binäres Weltbild zu haben.<br />
Wenn jemand die SPD kritisiert, dann muss er CDU-Wähler sein!<br />
kulturnews: Sie sehen überall nur „Scheißvereine“, die Grünen sind Opportunisten,<br />
und Josef Ackermann kriegte schon auch mal eine Morddrohung per<br />
Song. Können Sie denn immer nur negativ sein?<br />
Kling: Es gibt ein wunderbares Gedicht von Erich Kästner, wo er darüber berichtet,<br />
dass er immer wieder von Leuten Briefe bekommt, in denen steht:<br />
„Aber Herr Kästner, wo bleibt das Positive?“ Seine Antwort: „Ja, weiß der Teufel,<br />
wo das bleibt!“ Interview: Jürgen Wittner<br />
Die CD „Marc-Uwe Kling & Die Gesellschaft“ mit neu eingespielten Songs aus Klings Bühnenprogrammen<br />
ist eben erschienen. Auf Tour ist Kling derzeit mit den Programmen<br />
„Das Känguru-Manifest“ und „Mein Leben“ sowie mit der Gruppe Die Lesedüne („Über<br />
Wachen und Schlafen“).<br />
VOM REGISSEUR VON<br />
KALENDER GIRLS<br />
SALLY HAWKINS BOB HOSKINS MIRANDA RICHARDSON<br />
WE WANT<br />
SEX<br />
AB 13. JANUAR IM KINO!<br />
WWW.WEWANTSEX-DERFILM.DE
Diebische Freude<br />
Was Gregg Gillis alias Girl Talk tut, hat enorme<br />
Sprengkraft – aber nichts explodiert.<br />
Sein neues Album „All Day“<br />
(kostenloser Download unter http://<br />
illegal-art.net/allday/) hat der<br />
28-jährige Pittsburgher nämlich<br />
aus Bruchstücken von 372 bekannten<br />
Songs zusammengebastelt,<br />
doch die von Gillis<br />
beklaute Musikindustrie<br />
ignoriert den<br />
begnadeten Bastler<br />
komplett. Möglicher<br />
Grund: Sie befürchtet<br />
einen Präzedenzfall. Gillis<br />
verlässt sich auf den USamerikanischenRechtsgrundsatz<br />
des „fair<br />
use“, der auch in seinem<br />
Fall gelten dürfte:<br />
Wenn jemand etwas<br />
Neues damit schafft und<br />
kein wirtschaftlicher Schaden<br />
für die Urheber entsteht,<br />
ist Sampeln legal.<br />
Während bei den Branchenjuristen<br />
also noch die Köpfe<br />
rauchen, versorgt Girl Talk mit<br />
diebischer Freude die Netzwelt<br />
mit seiner kostenlosen, virtuos<br />
verschmolzenen Collage – und<br />
das auch noch über eine Website<br />
namens Illegal Art. (mw)<br />
www.nonesuch.com // www.warnermusic.de<br />
Foto: Girl Talk<br />
www.nonesuch.com // www.warnermusic.de<br />
// news 5<br />
Düsseldorfer Glamour<br />
„Zeitgeist und Glamour“ klingt weltstäd–<br />
tisch – und ist doch nur eine Ausstellung,<br />
die ausgerechnet in Düsseldorf stattfindet.<br />
Vom 5. 2. bis 15. 5. zeigt das NRW-Forum<br />
Promi- und Modefotografie der 60er<br />
aus der Sammlung Nicola Erni.<br />
HAM.LITs zweite Runde<br />
Die Autorin Lucy Fricke (36) rettet als Veranstalterin<br />
des Literaturfestivals HAM.LIT<br />
erneut die Ehre Hamburgs. Wenn am 3. 2.<br />
(Uebel & Gefährlich, Terrace Hill) Autoren<br />
wie Markus Berges und Mariana Leky lesen,<br />
dürfte das sogar Besucher aus Berlin<br />
und anderswo anlocken.<br />
Benefiz mit Bela B.<br />
Zum 100. Geburtstag des FC St. Pauli gaben<br />
Fettes Brot, Bela B. u. a. ein Benefizkonzert.<br />
Auch die Erlöse der jetzt erschei–<br />
nenden Doppel-DVD, die das Ereignis do–<br />
kumentiert (Infos: www.fcstpauli100.com),<br />
werden komplett gespendet, und zwar an<br />
die Initiative Fanräume.<br />
� Tagesaktuelle News gibt<br />
es auf kulturnews.de
6 musik // Deutschpop<br />
Johannes Oerding<br />
Ungeplant ins Glück<br />
Sechs Flaschen Bier brauchte Songwriter Johannes Oerding (29),<br />
bis er sich im Fernsehen zu singen traute. Ein gutes Investment,<br />
wie sich jetzt herausstellt.<br />
kulturnews: Johannes, gerade hast du dein zweites Album aufgenommen,<br />
und das fällt im Gegensatz zu deinen Liveauftritten ganz schön leise aus.<br />
Bist du ein vorsichtiger Typ?<br />
Johannes Oerding: Nee, ich bin alles andere. Und leise finde ich das Album<br />
auch nicht gerade – außer vielleicht insofern, dass live schon alles ein bisschen<br />
brettiger arrangiert ist. Bei einer Produktion ist es mir in erster Linie<br />
wichtig, dass der Inhalt gut transportiert wird und die Musik dazu beiträgt,<br />
dass das, was ich sagen will, richtig ankommt. In manchen Momenten ist<br />
mir der Text wichtiger als die Musik. Live will man die Leute aber mitreißen, sie<br />
dazu bringen, mitzusingen. Da braucht man hier und da ein bisschen Druck.<br />
kulturnews: Was bist du denn jetzt, Schmuser oder Rocker?<br />
Oerding: Ein bisschen ist es vielleicht das Ausleben der jeweils anderen Seite.<br />
Aber man kann das, was man live macht, nicht einfach so auf Platte ban-<br />
kulturnews 2/11<br />
nen – und sollte es auch nicht. Ein Studioalbum ist für mich ein Studioalbum,<br />
und das darf dann auch anders klingen. Aber den Livecharakter, den<br />
die Stimme hat, den wollten wir auch auf der Platte haben. Deswegen habe<br />
ich die meisten Lieder in einem Take durchgesungen, und wir haben einfach<br />
alles drauf gelassen, auch wenn mal ein Fehler drin ist oder die Stimme bricht.<br />
kulturnews: Du hast einen ziemlich prominenten Fan: Ina Müller. Was hast du<br />
gedacht, als du – noch relativ unbekannt – in ihre Sendung „Inas Nacht“ eingeladen<br />
wurdest?<br />
Oerding: Ina Müller war mir aus den Zeiten, als sie noch Kabarett gemacht<br />
hat, ein Begriff. Mir war aber nicht klar, was das für eine Sendung war. Bis ich<br />
dann mal recherchiert habe und dachte: Oh Gott …!<br />
kulturnews: Andere denken: Was für ein Glück …<br />
Oerding: Ich war einfach extrem aufgeregt. Ich musste sechs Flaschen Bier<br />
trinken, bevor ich da überhaupt reingehen konnte.<br />
kulturnews: Am nächsten Tag führte deine Single die Downloadcharts an,<br />
und mit der Karriere ging es von da an nur noch nach oben. Hättest du das<br />
erwartet?<br />
Oerding: Dass es so einen Einschlag verursacht, hätte ich nicht gedacht. Am<br />
nächsten Tag haben alle großen Plattenfirmen angerufen und wollten was<br />
von mir. Und dann hat sich ergeben, dass ich nicht nur mit Ina Müller auf<br />
Tour gehen konnte, sondern auch noch mit anderen großen Bands, Ich +<br />
Ich und Simply Red. Es öffnete sich immer eine weitere Tür. Das habe ich<br />
nicht geplant. Ich plane eigentlich eh selten.<br />
kulturnews: Dafür scheinst du das Glück auf deiner Seite zu haben. Bevor du<br />
von Ina Müller eingeladen wurdest, hast du mit Michy Reincke im gleichen<br />
Haus gewohnt. Oder ist das nur ein Gerücht?<br />
Foto: Sony Music
Oerding: Ich habe wirklich im gleichen Haus gewohnt. Das erste Mal getroffen<br />
habe ich ihn aber in der Hochschule für Musik und Theater im Popkurs,<br />
wo ich ein kleines Konzert gespielt habe. Er hat mich gefragt, wer denn die<br />
Songs geschrieben hat, und als ich gesagt habe, „ich“, wollte er meine Nummer.<br />
Am nächsten Morgen gehe ich mit meinem Hund durchs Treppenhaus, und<br />
dann steht da: Michy Reincke. Das sind die Zufälle, die mit dazu beigetragen<br />
haben, dass ich die ersten Gehversuche hier in Hamburg gemacht habe. Diese<br />
Musikbranche, das ist einfach eine Glücksbranche. 50 Prozent mögen harte<br />
Arbeit und Talent sein. Die anderen 50 Prozent sind Glück.<br />
kulturnews: Glück hattest du – aber auch einen richtigen Plan?<br />
Oerding: Einen Plan: ja. Ob der richtig gewesen wäre …? Ich hätte versucht,<br />
so viel wie möglich live zu spielen.<br />
kulturnews: Bist du ein bisschen naiv rangegangen? Immerhin hast du nicht<br />
mal Musikunterricht gehabt.<br />
Oerding: Stimmt, Gitarrespielen, Klavierspielen, Gesangsunterricht: Das habe<br />
ich alles nach ein paar Wochen abgebrochen – und mir dann selber beigebracht.<br />
Ich bin auch nicht der klassische Schüler, der dasitzt und sich was<br />
beibringen lässt. Ich glaube, die Hochschule hätte mir ganz viel meiner Emotion<br />
genommen. Was das Handwerk anbelangt, bin ich sicher ein naiver Musiker.<br />
Aber was mir immer ein gutes Gefühl gegeben hat: dass ich wusste, ich<br />
bin engagiert, ich zeige Initiative. Ich wusste, ich würde immer eine Bühne<br />
finden. Na ja, und ein Umfeld zu haben, von dem man weiß, dass es einen<br />
auffangen würde, Freunde und Familie, die in der Not für einen da wären:<br />
Das hat meinen Entschluss, es als Musiker zu probieren, natürlich auch erleichtert.<br />
Am Anfang geht es ja vor allem darum, dass man irgendwie über<br />
die Runden kommt. Dass im Kühlschrank was zu essen ist.<br />
kulturnews: Apropos Kühlschrank: Du wohnst noch immer in einer WG. Wie<br />
hält dein Mitbewohner es denn mit dir aus, wo du ständig unterwegs bist?<br />
Oerding: Weil mein Mitbewohner meine Videos macht und auch sonst eng<br />
mit mir zusammenarbeitet, sind wir gleichermaßen unterwegs. Er muss mir<br />
also nicht hinterherputzen, wenn ich auf Tour bin. Wenn geputzt wird, dann<br />
machen wir das zusammen. Und wir haben beide eine relativ hohe Hemmschwelle,<br />
was Aufräumen anbelangt …<br />
kulturnews: Bist du ein Aufschieber? Du hast einen Songs namens „Morgen“<br />
darüber gemacht …<br />
Oerding: Total! Der Song ist übrigens auch quasi mit Hilfe meines Mitbewohners<br />
entstanden – oder zumindest aus einer lustigen Geschichte, die ich mit<br />
ihm erlebt habe. Ich habe vor zehn Monaten mit dem Rauchen aufgehört,<br />
und man sollte ja meinen, das wird mit der Zeit einfacher. Aber im Gegenteil:<br />
Ich verschmachte jeden Tag mehr. Und eines Abends saß ich mit ihm auf der<br />
Couch und habe gefragt, wie eigentlich der Tag heißt, an dem man mit dem<br />
Rauchen aufhört, ob es da einen Namen gibt, so eine Art Feiertag. „Nö“, sagt<br />
er da, „keine Ahnung. Morgen?“<br />
Interview: Katharina Behrendsen<br />
Tour 18. 3. Recklinghausen, 19. 3. Münster, 24. 3. Worpswede, 25. 3. Hannover,<br />
27. 3. Kassel, 28. 3. München, 30. 3. Frankfurt, 1. 4. Dresden, 2. 4. Berlin,<br />
5. 4. Geldern, 7. 4. Köln, 8. 4. Düsseldorf, 14. 4. Wilhelmshafen, 15. 4. Kiel,<br />
16. 4. Hamburg, 20. 4. Karlsruhe, 21. 4. Freiburg<br />
Boxer ist seit Ende Januar erhältlich.<br />
Deutschpop // musik 7<br />
kulturnews 2/11<br />
ULRIKE HAAGE<br />
I N : F I N I T U M<br />
“Kein e Ton T bbei ihr i ist i zu viel, e kein k Klang n nur u der d Gewohnheit G o h<br />
geschuldet: g h d die d Welt W t ist ihr Klang, K n viele i Klänge.” n ”<br />
(DIE ZEIT)<br />
952062<br />
TERMINE<br />
20 0 / 001 / 11 Hamburg a u (Schnittke c t AAkademie) d m<br />
02 2 / 002 / 11 Frankfurt a u (Raum a für KKultur) u<br />
25 5 / 002 / 11 Lübeck b k ( (Kolosseum) o s m)<br />
05 5 / 03 0 003 / 11 Berlin (Radialsystem)<br />
a s e<br />
06 6 / 03 0 003 / 11 Hamburg a u (Museum u u d dder der A AArbeit) Arbeit) i<br />
15 5 / 004 / 11 Dortmund u ( (IFFF/domicil) F m )<br />
29 9 / 004 / 11 Bremen e n (Jazzahead a h d /Schlachthof) c c o<br />
01 1 / 0 06 / 11 Bonn (Jazzfest a /KAH) H<br />
www.ulrikehaage.com
8 musik // Soulpop<br />
Adele<br />
Mit voller Wucht<br />
Dass man Liebe nicht kaufen kann, wussten schon die Beatles.<br />
Doch auch die britische Sängerin Adele kann ein Lied davon singen.<br />
Besser gesagt: elf.<br />
Ihr Leben – das gibt Adele Laurie Blue Adkins gerne zu – ist ein Traum. 2,2<br />
Millionen Exemplare hat die 22-Jährige von ihrem Debütalbum „19“ verkauft,<br />
zwei Grammys und einen Brit-Award eingeheimst, bei „Saturday Night Live“ und<br />
dem letzten Album der Raconteurs mitgewirkt und sich ein schickes Apartment<br />
im Londoner Stadtteil Notting Hill gekauft. „Ich teile es mit meiner Mutter“,<br />
lächelt Adele, „aber nur, weil es so verflucht groß ist, dass wir uns darin kaum<br />
begegnen. Und ich habe mir ein Auto gekauft. Gebraucht, aber immerhin.“<br />
Was ihr allerdings fehlt, ist der feste Mann an ihrer Seite. Stattdessen stolpert<br />
sie von einer unglücklichen Beziehung in die nächste. „Ich kann mir das<br />
nicht erklären, auch wenn ich natürlich verschiedene Theorien habe“, sagt<br />
Adele. „Die eine ist, dass ich meine Partner immer mit derart vielen Geschenken<br />
überschütte, dass es zwangsläufig zu Spannungen kommt. Außerdem<br />
bin ich extrem eifersüchtig – und auch sonst nicht gerade einfach.“<br />
In der Tat: Adele ist geballtes Adrenalin. Eine wuchtige, korpulente Frau,<br />
die Kette raucht, wie ein Wasserfall redet und Kraftausdrücke benutzt. Eher<br />
Kumpel als Dame. Und doch: Der Beziehungsfrust ist zugleich der Motor hinter<br />
ihren Songs. Sie kann nur über Herzschmerz und Drama schreiben – wie<br />
auf ihrem zweiten Album „21“, das zwar im sonnigen Kalifornien entstand (Produzent:<br />
Rick Rubin), aber sich doch nur um eine unerquickliche Romanze<br />
dreht. „Es geht um meine erste richtige Beziehung. Und darin war ich der<br />
Schwachpunkt – nämlich diejenige, die sich alles andere als reif und erwachsen<br />
verhalten hat.“ Das analysiert sie in zehn Stücken (und einem Cover<br />
kulturnews 2/11<br />
von The Cures „Lovesong“) aus allen erdenklichen Perspektiven und in unterschiedlichen<br />
Klangfarben. Sei es als verletztes Weibchen, das seinem Schmerz<br />
souligen Freilauf lässt, als kratzbürstige Countrylady oder Bluessängerin, mit<br />
der man sich besser nicht anlegt, weil ihre Antwort eine schallende Ohrfeige<br />
plus „Fuck you!“ ist.<br />
Die erste Single „Rolling in the Deep“ ist ein Ohrwurm mit sehr realem Hintergrund.<br />
„Es geht um den letzten Streit, den ich mit meinem Ex hatte“, erzählt<br />
Adele. „Er sagte zu mir, mein Leben sei ohne ihn total langweilig und einsam<br />
– und ich sei sowieso eine schwache Person, wenn ich es nicht mal schaffte,<br />
unsere Beziehung aufrecht zu erhalten. Dabei habe ich mich mit ihm schon<br />
lange mies gefühlt und kein bisschen wie ich selbst. Mein Herz hat also geradezu<br />
gepumpt, und ich werde wirklich nicht oft wütend. Aber wenn es passiert,<br />
kann ich mein Blut, meine Organe und meinen ganzen Körper spüren. Deshalb<br />
wollte ich einen Song, in dem es heißt: Verpiss dich aus meinem Haus,<br />
du Bastard!“<br />
Und obwohl sie gerade für Nick O’Malley, den Bassisten der Arctic Monkeys,<br />
schwärmt, will sie lieber erst mal eine Männerpause einlegen und sich voll<br />
und ganz ihrer Karriere widmen, die mit „21“ erst richtig Fahrt aufnehmen<br />
dürfte. Aber auch, um die Songs auf der Bühne mit dem nötigen Herzschmerz<br />
zu interpretieren – denn das, sagt sie, klappe nur, „wenn ich mich richtig<br />
scheiße fühle.“ Der kommende Lover soll denn auch im Idealfall gleich zum<br />
Ehemann und Vater ihrer Kinder taugen.<br />
„Mein nächstes Album veröffentliche ich erst nach meiner Scheidung“, tönt<br />
Adele. „Es trägt den Titel ,45’ oder eine andere Zahl, je nachdem, wie alt ich<br />
dann bin. Bis dahin schreibe ich halt Songs für die Spice-Girls-Reunion, Amy<br />
Winehouse und Motörhead. Ich weiß nämlich genau, was die brauchen.“ Sie<br />
lacht markerschütternd. Dann fällt ihr ein, dass Prinz Harry noch Single ist und<br />
man mit ihm bestimmt gut rumalbern kann, trotz der eher steifen Familie.<br />
Das sagt nicht irgendwer, sondern Adele Laurie Blue Adkins. Der Thronfolger<br />
sollte auf der Hut sein.<br />
Marcel Anders<br />
21 ist Ende Januar erschienen.<br />
Foto: Beggars Banquet
88697829332<br />
www.sonymusicclassical.de
10 musik // D-HipHop<br />
Prinz Pi<br />
Rebell der Mittelklasse<br />
Mit dem Berliner Rapper Prinz Pi kommt Stil in den deutschen<br />
HipHop. Pech für jene Möchtegerngangsta, die lange das<br />
Diskursniveau bestimmten: Sie sind jetzt endgültig Geschichte.<br />
kulturnews: Prinz Pi, wodurch ist dir eigentlich 2005 klar geworden, dass<br />
dein Künstlername Prinz Porno einer Weltkarriere im Weg steht …?<br />
Prinz Pi: Durch die Briefe von abgeschreckten Redakteuren, die mein Album<br />
ungehört mit bösen Verweisen zurückgeschickt haben. Ich konnte ihnen aber<br />
nicht verdenken, dass sie dachten, da einen weiteren von diesen sexistischen<br />
Rüpeln aus Berlin vor sich zu haben – was sollten sie auch denken bei<br />
solch einem Namen?<br />
kulturnews: Den Berliner Rapschulen, aus denen du hervorgegangen bist,<br />
ging es vor allem um den Import des US-Gangsta-Gehabes. Auf deinem neuen<br />
Album hingegen geht es vor allem um Liebesbeziehungen. Was wird dieses<br />
ungehörige Thema mit deiner street credibility machen?<br />
Prinz Pi: Ach, so was wie Straßencredibilität war mir immer egal. Und allen<br />
Musikern, die ich selber wertschätze, sicherlich auch. Ob die Beatles oder Bob<br />
Dylan sich um so was geschert haben?<br />
kulturnews: Im Song „Der neue iGod“ verrätst du sogar deinen bürgerlichen<br />
Namen, Friedrich Kautz. Wirkt das nicht entmystifizierend?<br />
Prinz Pi: In Tagen des Internets, wo jeder Fan mit dir über Facebook verbunden<br />
ist, da ist der bürgerliche Name kein Mysterium mehr, das es zu schützen gilt.<br />
kulturnews: Du bezeichnest dich als Begründer des „Dandyrap“. Wie soll das<br />
gehen – die beiden Wörter Dandy und Rap verhalten sich doch wie Wasser<br />
und Öl …<br />
Prinz Pi: Eigentlich nicht – ein Dandy ist ja doch auch nur ein Angeber, der<br />
vor allem aus seinem eigenen Stilbewusstsein schöpft, während der stumpfe<br />
Proll mit seinem Geld oder Statussymbolen angibt. Ich würde übrigens<br />
sagen, Andre 3000 von Outkast ist ein richtiger Dandy, guck dir mal an, wie<br />
kulturnews 2/11<br />
der sich gibt – und das ist einer der wichtigsten Impulsgeber dieser Musikrichtung<br />
im letzten Jahrzehnt. Natürlich ist Angeberei an sich keine schöne<br />
Sache – aber es gehört zur Musik, ab und an auf seine Vorzüge hinzuweisen,<br />
auch wenn das bei mir nicht ganz ernst gemeint ist.<br />
kulturnews: Jedenfalls ist mit deinem Album die prollige Attitüde des deutschen<br />
HipHop wohl endgültig Geschichte, oder? Ich meine: Sogar Sido sitzt<br />
jetzt in Castingjurys!<br />
Prinz Pi: Na ja, diese Castingshows sind doch einer der Fixpunkte im Niedergang<br />
des Niveaus in der Fernsehlandschaft, oder? Da ich selber keinen Fernseher<br />
besitze, kann ich da nur aus Gelegenheitserfahrungen sprechen – aber<br />
das ist doch wirklich sehr lachhaft, was da vonstatten geht. Wie sich die<br />
Leute da von sich aus blamieren und alle das gerne sehen: Das ist doch traurig.<br />
kulturnews: Alle Welt ist auf allen Ebenen am Netzwerken, doch du ziehst dich<br />
aus den Szenen zurück und machst dein eigenes Label, dein eigenes Ding.<br />
Was überwiegt dabei für dich: Risiko oder Chance?<br />
Prinz Pi: Chance. Und ich ziehe mich keineswegs aus dem Netzwerken zurück<br />
– sondern nutze vielmehr die Möglichkeiten des Web 2.0 wie Facebook<br />
und Twitter als Nachfolger von veralteten Marketingmechanismen. Hier entscheidet<br />
nicht das Budget, mit dem man Anzeigen schaltet, sondern das Interesse,<br />
was dein Schaffen in der Community der Benutzer generiert – oder<br />
auch nicht.<br />
kulturnews: Dein neues Album heißt „Rebell ohne Grund“, nach einem James-<br />
Dean-Film. Dean wurde stets inszeniert als Projektionsfläche jugendlicher Sehnsüchte.<br />
Wäre das auch eine Rolle für dich?<br />
Prinz Pi: Definitv, daran ist der Titel angelehnt. Es geht aber auch um Folgendes:<br />
Als Mittelklassekind im noch immer reichen Deutschland, das nie diskriminiert<br />
oder verfolgt wurde, habe ich doch eigentlich keinen Grund, gegen<br />
irgendetwas zu rebellieren. Trotzdem habe ich dieses Bedürfnis seit meiner<br />
Jugend verspürt.<br />
kulturnews: Bis auf wieviele Stellen kennst du eigentlich deine Namensgeberin,<br />
die Kreiszahl Pi, auswendig?<br />
Prinz Pi: 3,14 – und ich weiß, dass am 14. März der Tag dieser Zahl ist. Ich<br />
mag den Kreis als Sinnbild einer Weltanschauung, die in jede Richtung sieht<br />
und eben nicht nur durch die Scheuklappen von zwei bis drei Medien.<br />
Rebell ohne Grund ist seit Ende Januar im Handel.<br />
Foto: Cem Guenes<br />
Interview: Matthias Wagner
K A R S T E N J A H N K E K O N Z E R T D I R E K T I O N G M B H<br />
support: Crocodiles<br />
25.02. Hamburg<br />
03.03. Berlin<br />
09.03. München<br />
21.03. Köln<br />
ELDAR<br />
LIZZ<br />
WRIGHT<br />
17.03. München - Muffathalle<br />
23.03. Mainz - Frankfurter Hof<br />
24.03. Düsseldorf - Savoy Theater<br />
DAVID<br />
RHODES<br />
The Solo-Project of Peter<br />
Gabriel‘s guitarist<br />
06.03. München<br />
07.03. Berlin<br />
08.03. Hamburg<br />
09.03. Köln<br />
10.03. Dresden<br />
THREE STORIES<br />
SOLO PIANO<br />
23.03. München - Allerheiligen-Hofkirche<br />
24.03. Bremen - Glocke, Kleiner Saal<br />
25.03. Berlin UdK - Georg-Neumann-Saal<br />
26.03. Hamburg-Laeiszhalle,KleinerSaal<br />
28.03. Düsseldorf - Theater an der Kö<br />
29.03. Stuttgart-Schloss,WeißerSaal<br />
30.03. Darmstadt - Centralstation<br />
Neues Album: „Three Stories (Solo Piano)“<br />
ab 25.02.2011 im Handel (Sony Classical)<br />
Neues Album im Handel:<br />
Fellowship (Verve/Universal Music)<br />
WOODY ALLEN<br />
& HIS NEW ORLEANS JAZZ BAND<br />
Musical Director: Eddy Davis<br />
29.03.11 München • 31.03.11 Frankfurt • 01.04.11 Köln<br />
www.woodyallenband.com<br />
Ich bin dann mal<br />
SCHLANK LIVE<br />
Die furiose Show zwischen Comedy,<br />
Kabarett und Gesundheitscoaching<br />
Ihr Reiseleiter<br />
im Ernährungsdschungel<br />
17.04 Hannover - Pavillon<br />
18.04. Hamburg - CCH<br />
19.04. Lübeck - MuK<br />
20.04. Bremen - Schlachthof<br />
21.04. Braunschweig - Stadthalle<br />
24.04. Kiel - Kulturforum<br />
26.04. Suhl - CCS<br />
27.04. Ulm - Roxy<br />
28.04. Kempten - Kornhaus<br />
29.04. Mannheim - Capitol<br />
30.04. Offenbach - Capitol<br />
02.05. Bonn - Haus der Springmaus<br />
03.05. München - Das Schloss<br />
04.05. Stuttgart - Theaterhaus<br />
05.05. Mainz - Frankfurter Hof<br />
06.05. Berlin - Postbahnhof<br />
07.05. Erfurt - Das Die<br />
08.05. Dresden - Wechselbad<br />
09.05. Sonneberg - Gesellschaftshaus<br />
11.05. Kaiserslautern - Kammgarn<br />
12.05. Soest - Stadthalle<br />
13.05. Bochum - Bahnhof Langendreer<br />
15.05. Düsseldorf - Savoy Theater<br />
16.05. Köln - Gloria<br />
www.patric-heizmann.de<br />
JOSH T.<br />
PEARSON<br />
04.04. Berlin<br />
05.04. Hamburg<br />
06.04. Köln<br />
07.04. Frankfurt<br />
JOHN<br />
GRANT<br />
07.04. Köln<br />
09.04. Hamburg<br />
10.04. Berlin<br />
12.04. Frankfurt<br />
13.04. Schorndorf<br />
17.06. Berlin - Zitadelle<br />
18.06. Hamburg - Stadtpark<br />
19.06. Mainz - Zitadelle<br />
20.06. Köln - Tanzbrunnen<br />
01.07. Dresden - Junge Garde<br />
02.07. Stuttgart - Jazzopen<br />
TICKETS: 01805-626280* und 040-4132260** www.karsten-jahnke.de und an allen bekannten Vorverkaufsstellen.<br />
*(� 0,14/Min. aus dem deutschen Festnetz, Mobilfunk max. � 0,42/Min.) **(Mo – Fr, 9.00 – 18.30 Uhr)
12 musik // Soulpop<br />
Joan As Police Woman<br />
Glücklich klug<br />
Als Joan As Police Woman verwandelt sie jeden Schicksalsschlag<br />
in Songs. Doch jetzt steht Joan Wasser vor einem Dilemma: Ihr<br />
geht es zu gut.<br />
„Ich bin unglaublich müde und weiß gar nicht, ob ich so früh am Tag schon<br />
einen geraden Gedanken zustande bringe“, entschuldigt sich Joan Wasser zwischen<br />
zwei gigantischen Gähnern, um dann aber doch loszupoltern. „Momentan<br />
bin ich auf Interviewtour durch Europa, und überall treffe ich Menschen,<br />
deren Bild von mir ich zerstören muss“, beschwert sie sich mit gespielter<br />
Empörung. Dann lacht sie auf, und zwar so laut, dass es vermutlich auch im<br />
entlegendsten Winkel des Hamburger Luxushotels zu hören ist. „Nichts ist<br />
anstrengender, als wenn du deinen Gesprächspartner freundlich anlächelst,<br />
er aber trotzdem nur die ganze Zeit auf deine Arme schaut, weil er damit<br />
rechnet, dass du dir gleich die Pulsadern aufschneidest.“<br />
Dabei sollte sie nun wirklich nicht überrascht sein, wenn sich die Welt<br />
Joan Wasser als fragil vorstellt. Immerhin sorgte sie zunächst als Sidekick der<br />
momentan wohl größten Dramakings für Aufmerksamkeit: Mit Antony Hegarty<br />
spielte sie als Mitglied der Johnsons dessen Erfolgsalbum „I am a Bird now“<br />
ein, und Rufus Wainwright nahm sie als Gastgeigerin mit auf Tour. Auch als<br />
sie kurz darauf mit Joan As Police Woman ihr eigenes Bandprojekt startete,<br />
setzte sie auf Moll. Und schließlich gibt es auch in ihrer Biografie ein ziemlich<br />
prominentes Drama: 1997 ertrank ihr damaliger Freund, der Musiker Jeff<br />
Buckley, nachdem er wegen einer Wette bei starker Strömung und Schiffsverkehr<br />
komplett bekleidet in den Mississippi gesprungen war.<br />
Da wird es sicher jeden Fan irritieren, wenn sie auf dem dritten JAPW-Album<br />
„The deep Fields“ jetzt wesentlich rockigere und vor allem soulige Töne<br />
anschlägt, um in den Texten uneingeschränkte Menschenliebe zu proklamieren.<br />
„I smile at strangers knowing it’s alright, and when they smile back at me,<br />
kulturnews 2/11<br />
I know we agree that good living requires smiling at strangers“, menschelt sie<br />
etwa im Song „Human Condition“.<br />
„Natürlich zähle ich eher zu den Menschen, die mehrmals täglich im großen<br />
Stil verzweifeln“, sagt die 39-Jährige. Trotzdem betrachtet sie die neue<br />
Glückseligkeit nicht als Quantensprung, sondern als logisches Ergebnis einer<br />
langen Entwicklung. „Schon meiner ersten Platte war eine vage Hoffnung auf<br />
Rettung eingeschrieben“, stellt sie klar, „und auf dem letzten Album ging es<br />
zwar vor allem um den Krebstod meiner Mutter – aber in erster Linie wollte<br />
ich mich mit dem Schicksal aussöhnen und den Schrecken verarbeiten.“<br />
Als Vorbild diente ihr ein Musiker, dessen Wahl überrascht: Stevie Wonder.<br />
Wie er wollte sie von persönlichen Erlebnissen ausgehen, um sie dann als<br />
universellen Optimismus auszuformulieren. Dahinter steht der Gedanke, dass<br />
manchmal nur das eigene Denken für das Glück verantwortlich ist. „Warum<br />
soll ich mir ein angenehmes Hier und Jetzt zerstören, indem ich ängstlich an<br />
die Zukunft denke und mir ständig Stachel ins Fleisch ramme wegen irgendwelcher<br />
Dinge, die ich sowieso nicht beeinflussen kann?“<br />
Die Texte sind ihr nicht leichtgefallen, monatelang hat sie immer wieder<br />
Zeilen gestrichen und umformuliert. „Wenn man optimistisch sein will, klingt<br />
es schnell kitschig, alles wird zum Klischee, und ständig hatte ich Angst,<br />
dumm rüberzukommen“, sagt Wasser. „Auch ich bin halt noch nicht ganz<br />
frei von dem populären Irrtum, Leute nur dann cool zu finden, wenn sie grübeln<br />
und schlecht drauf sind.“ Dabei schaut sie so traurig, als wäre ihr nur<br />
zu bewusst, dass sie ihrer Musik im Gespräch nicht gerecht werden kann.<br />
Was auf dem Album als majestätischer Soulhabitus funktioniert, verkommt<br />
hier nämlich zur Küchentischpsychologie. Das würde auch Wassers Überdrehtheit<br />
erklären, und vielleicht ist selbst ihre Müdigkeit nur vorgeschützt. „Klar“,<br />
prustet sie los, „als glückliche Musikerin bin ich uncool, und das ist nur in<br />
Ordnung, wenn mich das dann wenigstens müde macht!“<br />
Doch da irrt Joan Wasser. „The deep Field“ wäre nicht die wichtigste Hoffnungsbox<br />
fürs Frühjahr, wenn man ihr diese Müdigkeit wirklich anhören würde.<br />
Carsten Schrader<br />
kulturnews präsentiert<br />
Tour 22. 2. Köln, 26. 2. Hamburg, 27. 2. Berlin, 28. 2. Frankfurt<br />
The deep Field ist Ende Januar erschienen.<br />
Foto: Thatcher Keats
Stefan Dettl<br />
Lustvoll<br />
logisch<br />
Stefan Dettl (29) spielt mit LaBrassBanda<br />
Weltmusik, wendet sich solo aber dem<br />
Rock zu. Er hat nur ein Handicap –<br />
und das ist gar keins.<br />
kulturnews: Stefan, dein Werdegang ist recht schillernd:<br />
Eigentlich kommst du ja von der Klassik.<br />
Stefan Dettl: Ganz am Anfang habe ich Blasmusik<br />
gemacht, später in München klassische Trompete<br />
studiert, danach in Linz Barocktrompete. Ich habe<br />
dann ein Praktikum gemacht beim Symphonieorchester<br />
in Nürnberg und hätte auch dort bleiben<br />
können. Vom Studium her hatte ich genau auf so<br />
eine feste Stelle hingearbeitet. Mir war das dann<br />
aber zu wenig Innovation, ich fühlte mich mit 22<br />
zu jung für den Orchesterjob. Also bin ich nach<br />
Grassau zurück und habe dort mit Freunden die<br />
LaBrassBanda gegründet. Mit der Gruppe versuchen<br />
wir, möglichst viele Akzente in unsere Tanzmusik zu<br />
packen. Das ist quasi Weltmusik vom Chiemgau.<br />
kulturnews: Und wie passt dein facettenreiches<br />
Gitarrenrockalbum, auf dem du 50 Jahre Rockgeschichte<br />
zu verwursten scheinst, da hinein?<br />
Dettl: Für mich ergibt in der Musik eins das andere.<br />
Ich gehe auf einem Weg, dessen Abzweigungen<br />
ich so lustvoll wie logisch wähle. Die über-<br />
Gitarrenrock // musik 13<br />
schwänglichen Klänge der Barockmusik haben zu<br />
LaBrassBanda geführt, und jetzt hatte ich eben Bock<br />
auf Gitarre, Bock, auch mit Dialekt zu arbeiten.<br />
kulturnews: Apropos: Alle Nichtoberbayern dürften<br />
dich nur schwer verstehen.<br />
Dettl: Nicht schlimm. Außerhalb Oberbayerns<br />
achten die Leute auf Körpersprache, Musik und<br />
Stimmung. Ich finde es unheimlich schön, Menschen<br />
zu überzeugen, die kein Wort verstehen.<br />
kulturnews: Warst du deshalb mit LaBrassBanda<br />
schon in Sibirien, Simbabwe und Kiel auf Tour?<br />
Dettl: Wir spielen dort, wo man uns will. Eigentlich<br />
hatten wir anfangs gar nicht das dringende<br />
Bedürfnis, in die Welt rauszugehen, aber speziell<br />
die Münchner sind furchtbar arrogant und versnobt.<br />
Dort haben wir erst Auftritte bekommen,<br />
als wir schon in London und Hamburg waren.<br />
kulturnews: Wie kommt denn eine Band vom<br />
Chiemsee an Konzerte in London?<br />
Dettl: Über einen befreundeten Londoner Künstler.<br />
Er meinte, er besorgt uns Konzerte, wenn ich ihm<br />
ein Werk abkaufe. Jetzt habe ich diese Bleistiftzeichnung<br />
in der Küche hängen.<br />
kulturnews: Du singst sehr oft über dein „Dirndl“.<br />
Gemeint ist nicht dein Kleid, oder …?<br />
Dettl: (lacht) Nein, Dirndl ist entweder meine<br />
Tochter oder mein Mädchen. Da ist auch viel Ausgedachtes<br />
in den Texten – denn ein Kind habe ich<br />
noch nicht, und ein Mädchen auch nicht mehr; ist<br />
vor einer Woche abgehauen. Ich bin gerade zu verliebt<br />
in meine Musik, um eine vernünftige Beziehung<br />
führen zu können.<br />
Interview: Steffen Rüth<br />
Rockstar ist Anfang Februar erschienen.<br />
Foto: Gerald von Foris<br />
kulturnews 2/11<br />
CAROLINE<br />
HENDERSON<br />
KEEPER OF THE FLAME<br />
In Dänemark ist die Sängerin Caroline Henderson<br />
bereits ein Star, nun erobert sie Deutschland mit<br />
ihrer großartigen Stimme und präsentiert ein vielschichtiges<br />
Album mit Jazz-Standards (Cole Porter,<br />
Duke Ellington, Nina Simone), Songs von Künstlern<br />
wie Bob Dylan, Tom Waits & PJ Harvey sowie ihre<br />
Eigenkomposition „Evolution“.<br />
KONZERTE:<br />
18.2. OSNABRÜCK Lagerhalle<br />
19.2. KÖLN Altes Pfandhaus<br />
23.2. REGENSBURG Jazzclub<br />
24.2. HEIDELBERG Karlstorbahnhof<br />
26.2. HANNOVER Pavillion<br />
Robin McKelle<br />
Mess around<br />
Robin McKelle bekennt sich mit ihrem neuen Album<br />
zum Rhythm and Blues der 1960er Jahre. Songs von<br />
den Bee Gees, Leonard Cohen, Doc Pomus, Willie<br />
Dixon, den Beatles und vier eigene Songs in knackigen<br />
Arrangements voll Soul, Blues und Jazz bringen die<br />
Hüften zum Schwingen. Mit hochkarätiger Besetzung,<br />
u. a. dem Tenorsaxophonisten Houston Person.<br />
88697735072<br />
88697652182<br />
KONZERTE<br />
4.2. Stuttgart Bix 5.2. Minden Jazzclub<br />
6.2. München Unterfahrt 7.2. Hannover Jazzclub<br />
9.2. Berlin A-Trane 10.2. Kassel Kulturzentrum<br />
Schlachthof<br />
www.sonymusicclassical.de
JIMMY CLIFF<br />
PATRICE<br />
& THE SUPOWERS<br />
BEN L‘ONCLE SOUL<br />
LEE ´SCRATCH´ PERRY<br />
MADCON<br />
MAX ROMEO<br />
SAMY DELUXE<br />
& TSUNAMI BAND<br />
MARTERIA<br />
MUTABARUKA<br />
UND VIELE WEITERE<br />
TWO OPEN AIR STAGES<br />
DANCEHALL ARENA<br />
PROGRAMMINFO UND TICKETS:<br />
★ BAZAR<br />
CHILLOUT ZONE ★ CIRCUS CHANGHIGH<br />
SUMMERJAM.DE<br />
1. - 3. JULI 2011<br />
KÖLN - FÜHLINGER SEE<br />
TURBULENCE<br />
WARRIOR KING<br />
FOR THE EMPRESS<br />
TOUR 2011<br />
So. 27.02. Hamburg ★ Knust<br />
Di. 01.03. Berlin ★ C-Club<br />
Mi. 02.03. Dortmund ★ D. Keuning-Haus<br />
Do. 03.03. München ★ Backstage<br />
Fr. 04.03. Stuttgart ★ Universum<br />
LIVE IN STUTTGART<br />
& SKOOL BAND<br />
DUB INC.<br />
THE CONGOS<br />
KARAMELO SANTO<br />
IRIE RÉVOLTÉS<br />
AYO.<br />
ROOTZ UNDERGROUND<br />
Do. 10.03. Stuttgart ★ Universum<br />
MONO & NIKITAMAN<br />
Fr. 13.05. Stuttgart ★ Zapata<br />
Tickets an allen bekannten VVK-Stellen<br />
Tickethotline 0711 - 238 50 50 sowie unter<br />
www.contour-music.de / www.summerjam.de<br />
Foto: Murat Aslan<br />
14 musik // Schlagerpop<br />
Karel Gott<br />
Lebenslänglich<br />
Mit seinem neuen Album will Schlagerikone Karel<br />
Gott (71) beweisen, dass er mehr kann als „Biene<br />
Maja“. Schließlich hat er sogar schon Las Vegas<br />
aufgemischt.<br />
kulturnews: Herr Gott, die fünf neuen Stücke auf Ihrem<br />
Album sagen viel über Sie aus. Ist „Mit dir bin ich stark“<br />
eine Liebeserklärung an Ihre Frau?<br />
Karel Gott: Na ja, das wäre zu romantisch, wenn ich<br />
sagen würde, das Lied gehört nur meiner Frau. Ich hatte<br />
das Glück, dass ich mich durch den Gesang mehrmals<br />
im Leben verliebt habe. Deshalb hat Karel immer gesagt:<br />
Ich heirate nicht, denn ich brauche das Verliebtsein als<br />
Inspiration.<br />
kulturnews: 2008 haben Sie es aber doch getan.<br />
Gott: Wir waren in Las Vegas, da kamen diese wunderschönen<br />
Erinnerungen an mein Engagement hoch, das<br />
ich dort vor 40 Jahren hatte. Und ich habe zu Ivana gesagt:<br />
Wäre das nicht schön, wenn wir das hier machen, wo<br />
kulturnews 2/11<br />
schon Elvis und Frank Sinatra geheiratet haben? Jedes<br />
Hotel hat dort eine Kapelle, wo du blitzschnell Service<br />
bekommst. Da kann man ein Spinner sein.<br />
kulturnews: Wie bekam man denn 1968 als Tscheche<br />
einen Vertrag in Vegas?<br />
Gott: Ich habe vorgesungen und wurde sofort engagiert.<br />
Erst später begriff ich die Absicht dahinter. Jeden Abend<br />
wurde ich angekündigt mit: „Ladies and Gentlemen, we<br />
proudly present straight from the iron curtain …“ Ich<br />
sagte den Machern nach der Premiere, dass das unschön<br />
klänge – als würde man einen exotischen Affen<br />
ausstellen. Und die antworteten: „Karel, diese Stadt hat<br />
alles – aber du bist der erste Kommunist, der in Vegas<br />
auf der Bühne steht!“ (lacht)<br />
kulturnews: Ihr Publikum soll damals lauter gewesen sein<br />
als das von Tom Jones.<br />
Gott: Das weiß ich nicht. Anstatt Blumen haben die Frauen<br />
ihm immerhin die Hotelschlüssel auf die Bühne geschmissen.<br />
kulturnews: Ist dabei auch einer für Sie abgefallen …?<br />
Gott: Nein, aber ich habe viel gelernt. Und ich musste<br />
mich fragen: Sind die engen Hosen von Tom Jones was<br />
für mich? Wenn ich mit seinen<br />
erotischen Hüftdrehungen<br />
in Deutschland „Doktor<br />
Schiwago“ gesungen hätte,<br />
wäre das vermutlich<br />
schiefgegangen.<br />
kulturnews: Deshalb kennt<br />
man sie heute als Bote guter<br />
Nachrichten …<br />
Gott: Genau. Keine Protestlieder,<br />
keine Kampflieder! (lacht)<br />
kulturnews: Als was möchte Karel Gott in<br />
Erinnerung bleiben?<br />
Gott: Als Sänger, der ehrlich war und deswegen glaubwürdig.<br />
Der kein verlogenes Image präsentierte, indem<br />
er extra rührende Lieder sang. Der das Publikum und die<br />
Musik liebte und sich schon beim Aufstehen auf sein<br />
Konzert am Abend freute – ohne Lampenfieber.<br />
kulturnews: Natürlich sind Sie auch mit dem „Biene Maja“-<br />
Song in den Herzen der Menschen.<br />
Gott: Die Antwort darauf ist dieses Album! Alle sagen<br />
immer: Schau mal, da ist der Sänger von „Biene Maja“<br />
oder dem „Babicka“-Lied oder „Einmal um die ganze Welt“.<br />
Aber nie hat mal jemand auf der Straße gesagt: Das ist<br />
Karel Gott, der singt das wunderschöne Lied „Hinter der<br />
Sonne“.<br />
kulturnews: Deshalb die gleichnamige Platte.<br />
Gott: Genau. Es sind Vinylraritäten, auf die ich stolz bin<br />
– und die mit den Platten, auf denen sie gepresst waren,<br />
verschwanden. Wussten Sie übrigens, dass ich bei meiner<br />
Plattenfirma lebenslänglich habe?<br />
kulturnews: Klingt wie eine Strafe …<br />
Gott: Seit 43 Jahren bin ich schon dabei. Aber für den<br />
Fall, dass sie ein Foto abdrucken in Ihrer Zeitung: Bitte<br />
nehmen Sie ein aktuelles – kein altes mit langen Haaren<br />
und Koteletten!<br />
kulturnews: Wird gemacht, Herr Gott.<br />
Interview: Katja Schwemmers<br />
Hinter der Sonne – Lieder, die ich in meinem Herzen trage<br />
erscheint am 28. Januar.<br />
Foto: Murat Aslan
Azure Ray<br />
Kein<br />
verflixtes Jahr<br />
Nach langer Pause sind Orenda Fink und<br />
Maria Taylor alias Azure Ray zurück – weil<br />
sie endlich keiner mehr für cool hält.<br />
kulturnews: Orenda, in Beziehungen fürchtet man<br />
sich vorm verflixten siebten Jahr. Wollt ihr die mystische<br />
Bedeutung dieser Zahl ad absurdum führen,<br />
wenn ihr jetzt nach sieben Jahren Pause endlich<br />
ein neues Azure-Ray-Album veröffentlicht?<br />
Orenda Fink: Das ist uns erst im Nachhinein aufgefallen,<br />
und wir haben uns dann auch daran<br />
erinnert, dass wir vor langer Zeit mal einen Song<br />
namens „Lucky Sevens“ aufgenommen haben,<br />
der auf irgendeinem Sampler erschienen ist. Geplant<br />
war das natürlich nicht, es hat sich einfach<br />
ergeben. Maria war gerade nach Los Angeles gezogen,<br />
und weil ich mit Rilo Kiley auf Tour gehen<br />
wollte, war ich für die Proben oft in der Stadt. Wir<br />
hatten endlich mal wieder ausgiebig Zeit, zusammen<br />
abzuhängen. Irgendwann kam uns dann der<br />
Gedanke, dass wir es ja vielleicht auch mit der<br />
Musik wieder gemeinsam versuchen könnten.<br />
kulturnews: Viele Fans haben die lange Trennung<br />
nicht verstanden, weil sich eure Soloalben und<br />
auch alle anderen Projekte kaum vom Azure-Ray-<br />
Dreampop // musik 15<br />
Immer wieder Omaha: Maria Taylor und Orenda Fink<br />
Sound unterschieden haben …<br />
Fink: Sollten Fans nicht eher misstrauisch werden,<br />
wenn Musiker sich mit jedem Album neu erfinden?<br />
Uns hat es deshalb auch nicht überrascht,<br />
dass nun ein Album entstanden ist, das auch<br />
schon vor sechs Jahren möglich gewesen wäre.<br />
Vielleicht willst du mich jetzt auch noch fragen,<br />
ob wir Azure Ray nur aus finanziellen Gründen<br />
reaktiviert haben …?<br />
kulturnews: Ich würde eher im Gegenteil vermuten,<br />
dass ihr 2004 keine Lust mehr auf Azure Ray<br />
hattet, weil ihr plötzlich Teil der damals so coolen<br />
Indieszene um das Label Saddle Creek wart …<br />
Fink: Stimmt schon, wenn man in fast jedem Interview<br />
nicht über die eigene Musik, sondern über<br />
die Plattenfirma, das vermeintlich coole Szeneleben<br />
in Omaha und befreundete Bands wie Bright<br />
Eyes spricht, dann ist das nicht gerade ein Motivationsschub.<br />
Trotzdem sind wir immer noch bei<br />
Saddle Creek, und in Omaha leben auch noch viele<br />
Musikerfreunde.<br />
kulturnews: Wir müssen also nicht wieder sieben<br />
Jahre bis zur nächsten Platte warten?<br />
Fink: Gleich nach der Tour soll es noch eine EP<br />
geben, bevor sich Maria dann an eine neue Soloplatte<br />
macht; ich habe auch mehrere Projekte in<br />
Planung. Aber danach kommt wieder eine Azure-<br />
Ray-Platte. Es wird nicht wieder sieben Jahre<br />
dauern, versprochen!<br />
Interview: Carsten Schrader<br />
kulturnews präsentiert<br />
Tour 9. 2. Hamburg, 14. 2. Berlin, 15. 2. Leipzig,<br />
16. 2. Köln, 17. 2. Münster, 18. 2. Erlangen,<br />
19. 2. Frankfurt ,20. 2. München<br />
Drawing down the Moon ist bereits erschienen.<br />
Foto: Gary Isaacs<br />
kulturnews 2/11<br />
Fotot: ass concert<br />
Marla Glen<br />
präsentiert<br />
2. 4. // Oldenburg<br />
Kulturetage<br />
3. 4. // Berlin<br />
C Club<br />
4. 4. // Nürnberg<br />
Hirsch<br />
7. 4. // Stuttgart<br />
Theaterhaus<br />
8. 4. // Hannover<br />
Capitol<br />
15. 4. // Köln<br />
Gloria Theater<br />
17. 4. // Darmstadt<br />
Centralstation<br />
18. 4. // Mannheim<br />
Capitol<br />
19. 4. // München<br />
Muffathalle<br />
20. 4. // Freiburg<br />
Jazzhaus<br />
Tickets und mehr<br />
über Marla Glen<br />
auf kulturnews.de
16 musik // Songwriterpop<br />
Sara Bareilles<br />
Die Härte nach dem Hit<br />
Mit „Love Song“ schrieb sich Sara Bareilles 2008 den Frust über<br />
ihre Plattenfirma von der Seele und landete einen dicken Hit.<br />
Das Leben der 31-jährigen Kalifornierin geriet dadurch schwer<br />
durcheinander – was viel Stoff lieferte fürs zweite Album.<br />
kulturnews: Sara, du hast deinen melodiegetränkten Pianopop jahrelang in<br />
Cafés, Bars und Aulen aufgeführt. Was hat der plötzliche Welterfolg mit dir<br />
angestellt?<br />
Sara Bareilles: „Love Song“ hat mein Leben richtig in Fahrt gebracht. Natürlich<br />
war der Erfolg erst mal ein Segen für mich. Aber dann kam ich nach<br />
über zwei Jahren auf Tour nach Hause und konnte dabei zuschauen, wie ich<br />
wieder in Vergessenheit geriet, jeden Tag ein bisschen mehr. Ebbe und Flut<br />
sind Teil dieses Berufs als Künstlerin; das ist interessant, faszinierend und<br />
manchmal zum Verzweifeln.<br />
kulturnews: Woran bist du denn verzweifelt?<br />
Bareilles: Natürlich an der neuen Platte.<br />
kulturnews: Du sagst, die neuen Lieder zu schreiben, sei so angenehm gewesen<br />
wie Zähneziehen. Bisschen theatralisch, oder?<br />
Bareilles: Findest du? Offensichtlich hast du noch nie vor einem leeren Blatt<br />
gesessen und gedacht: Verdammt, was mache ich hier eigentlich!<br />
kulturnews: Doch. Ist mir aber immer noch lieber als ein Zahnarztbesuch.<br />
Bareilles: Mir nicht. Es war wahnsinnig stressig – auch deshalb, weil ich es<br />
mir total einfach vorgestellt hatte, endlich wieder zu schreiben. Ich hatte<br />
mich nach der langen Tourphase darauf gefreut, in aller Ruhe und mit viel<br />
Zeit im Kämmerchen am Klavier zu sitzen und zu komponieren. Doch dann<br />
kam: Müll. Nur Müll. Ich kriegte richtig Angst, dass mir nie wieder etwas einfallen<br />
würde. Die gute, alte Schreibblockade.<br />
kulturnews: Kannst du sagen, woran das lag?<br />
Bareilles: Ich war unsicher, habe mir Sorgen gemacht, was mit diesem nächsten<br />
Album passieren würde. Und habe immer alle Songentwürfe mit den tol-<br />
kulturnews 2/11<br />
len Erfahrungen verglichen, die ich beim Komponieren des ersten Albums gemacht<br />
hatte. Ich habe die neuen Lieder mit den alten verglichen. Böser Fehler.<br />
kulturnews: Manchmal hilft Ablenkung.<br />
Bareilles: Dachte ich auch. Statt zu schreiben, bin ich jeden Tag am Strand<br />
spazieren gegangen. Ich bin ja umgezogen, lebe jetzt in einem kleinen Häuschen<br />
in Venice bei Los Angeles, direkt am Meer. Ansonsten habe ich ständig<br />
selbst gekocht, das fehlt einem ja, wenn man unterwegs ist, und bin ständig<br />
mit Freunden Kaffee trinken gegangen.<br />
kulturnews: Wie hast du schließlich den Dreh gekriegt?<br />
Bareilles: Indem ich mich gezwungen habe, mich nicht länger selbst unter<br />
Druck zu setzen und endlich mit der Vergleicherei aufzuhören. Und indem ich<br />
mich von dem Glauben befreit habe, dass mir noch einmal so was wie „Love<br />
Song“ gelingen würde. Witzigerweise hat mich meine Plattenfirma dieses Mal<br />
in Ruhe gelassen. Es gab keinen Druck, eine fette Single zu liefern. Das Problem<br />
lag lange bei mir, ich scheute mich, meine neuen Songs dem Label vorzustellen.<br />
Die erste Single „King of anything“ dreht sich um dieses Dilemma. Manchmal<br />
kam eine positive Reaktion, manchmal eine ablehnende. Ich war mal wieder<br />
etwas übersensibel und deswegen beleidigt; so entstand dieser Song. „Uncharted“<br />
wiederum handelt konkret von meiner Furcht, nichts Interessantes<br />
mehr mitzuteilen zu haben. Dieses Kapitel meines Lebens war wirklich Neuland.<br />
kulturnews: Hast du aus Verzweiflung mit Pharrell Williams gearbeitet? Diese<br />
Aufnahmen sind jetzt nicht mal mehr drauf auf dem Album …<br />
Bareilles: Nein, nicht aus Verzweiflung. Ich wollte mich ausprobieren, neue<br />
Sachen testen. Beim ersten Album habe ich mich oft einengen lassen oder<br />
mich selbst eingeengt. Statt immer wieder Nein zu sagen, habe ich jetzt<br />
öfters ein Ja zugelassen. Manches hat funktioniert, anderes nicht.<br />
kulturnews: „Kaleidoscope Heart“ ist in den USA auf Platz eins der Albumcharts<br />
eingestiegen. Waren alle deine Ängste und Panikattacken also unnötig?<br />
Bareilles: Nein, das denke ich nicht. Die Auseinandersetzung mit mir selbst<br />
war wertvoll. Durch die Kämpfe und die Verzweiflung ist das Album ehrlicher<br />
und einfach besser geworden. Ich habe mich deshalb so sehr in meine<br />
Musik verbissen, weil sie mir wichtig ist, weil mir nichts egal ist.<br />
Kaleidoscope Heart erscheint Mitte Februar.<br />
Foto: Mark Fiore<br />
Interview: Steffen Rüth
das album<br />
inkl. „just the way you are“<br />
und „grenade“<br />
ab sofort<br />
LIVE 03.03. Berlin | 07.03. Stuttgart | 17.03. Köln | 18.03. München | 20.03. Hamburg<br />
MEHR INFOS UNTER WWW.BRUNOMARS.COM<br />
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09. 02. 11 Hamburger / Gruenspan<br />
14. 02. 11 Berlin / Comet<br />
15. 02.11 Leipzig / Schaubühne Lindenfels<br />
16. 02. 11 Köln / Gebäude 9<br />
17. 02. 11 Münster / Gleis 22<br />
18. 02. 11 Erlangen / E-Werk<br />
19. 02. 11 Frankfurt / Mousonturm<br />
20. 02. 11 München / Ampere<br />
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EXKLUSIVES DEUTSCHLANDKONZERT!<br />
präsentiert<br />
ELLA ENDLICH<br />
13.04.11 München / Ampere<br />
AUFGRUND<br />
DER GROSSEN<br />
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GRÖSSERE HALLEN<br />
VERLEGT!<br />
07. 04.11 Düsseldorf / Savoy Theater<br />
09.04.11 Chemnitz / Stadthalle<br />
10. 04.11 Dresden / Kulturpalast<br />
11. 04.11 Berlin / Admiralspalast<br />
12. 04.11 Erfurt / Kaisersaal<br />
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18 musik // Popjazz<br />
Robin McKelle<br />
Im Rausch<br />
der Gefühle<br />
Eigentlich ist die amerikanische Jazzsängerin<br />
Robin McKelle ziemlich selbstbewusst.<br />
Leonard Cohens Meinung fürchtet sie trotzdem.<br />
kulturnews: Robin, wieso ist Jazz auf deiner jüngsten CD<br />
deutlich in den Hintergrund getreten?<br />
Robin McKelle: Wer „Mess around“ hört, könnte denken:<br />
Krass, die Frau hat sich jetzt neu erfunden. Aber das stimmt<br />
so nicht! Ich bin mit R’n’B, Soul und Blues aufgewachsen.<br />
Darum war es für mich völlig normal, ein Album aufzunehmen,<br />
das sich irgendwo zwischen Ray Charles und<br />
Nina Simone bewegt.<br />
kulturnews: Du hast etliche Popsongs umarrangiert. Was<br />
hat dich an Leonard Cohens „Everybody knows“ gereizt?<br />
McKelle: Vor allem der Text. Dieses Stück passt eigentlich<br />
in keine Schublade. Es ist weder ein waschechtes Liebeslied<br />
noch eine eindeutig politische Nummer, obwohl es<br />
diese Elemente in sich trägt. Zuneigung wird ebenso thematisiert<br />
wie Krieg oder Hass. Im Original kommt dieser<br />
Titel ja düster und getragen daher, während ich ihm einen<br />
Motownsound verpasst habe.<br />
kulturnews: Was hat eigentlich Leonard Cohen dazu gesagt?<br />
McKelle: Bisher nichts. Vermutlich würde er das hassen.<br />
Künstler reagieren meist hypersensibel, wenn man ihr Werk<br />
kulturnews 2/11<br />
verändert. Darum will ich gar nicht wissen, was er denkt.<br />
Es sei denn, er könnte sich doch für meine Version begeistern<br />
…<br />
kulturnews: Mit „Cry me a River“ hast du dich an einen<br />
Klassiker gewagt, den etliche Legenden interpretiert haben.<br />
Hattest du keine Angst, daran zu scheitern?<br />
McKelle: Und wie! Wer will sich schon mit Billie Holiday<br />
oder Dinah Washington messen? Ich musste hart an mir<br />
arbeiten, bis ich eine ganz individuelle Fassung gefunden<br />
habe.<br />
kulturnews: Du kannst auch ein paar Eigenkompositionen<br />
vorweisen. Was steckt hinter „Angel“?<br />
McKelle: Ich habe dieses Lied unmittelbar nach dem 11.<br />
September geschrieben – sozusagen im Rausch der Gefühle.<br />
In mir war dieser Drang, mich ans Klavier zu setzen.<br />
Ich habe einfach drauflos gespielt und hatte nach einer<br />
Stunde das komplette Stück. Es geht da um Hoffnung:<br />
Man sollte nie aufhören, an das Gute zu glauben.<br />
kulturnews: Der Titelsong kommt dagegen vergleichsweise<br />
locker rüber.<br />
McKelle: Ist ja auch nichts dabei, wenn man eine Geschichte<br />
mal mit einem Augenzwinkern erzählt. In diesem Falle<br />
bildet sich ein Mann ein, seine Freundin würde ihn betrügen.<br />
Natürlich zu Unrecht! In Wirklichkeit geht die Frau<br />
gar nicht fremd.<br />
kulturnews: Ein autobiografisches Erlebnis …?<br />
McKelle: Sicher war das kein Neuland für mich. Aber ich<br />
bin ein gutes Mädchen, das seinen Freund niemals hintergehen<br />
würde …<br />
Interview: Dagmar Leischow<br />
Tour 4. 2. Stuttgart, 5. 2. Minden, 6. 2. München,<br />
7. 2. Hannover, 9. 2. Berlin, 10. 2. Kassel<br />
Mess around ist seit Ende Januar erhältlich.<br />
Foto: Lucille Reyboz
Cæcilie Norby<br />
Mit Absicht<br />
angeeckt<br />
Die dänische Jazzsängerin Cæcilie Norby (46)<br />
verbindet Jazz mit Pop und Klassik – und schert<br />
sich dabei wenig um kleingeistige Einwände.<br />
„Als ich ankündigte, ich wollte für mein achtes Album<br />
‚Arabesque‘ zu bekannten klassischen Stücken die Texte<br />
schreiben und sie dann ganz neu interpretieren, hielten<br />
mich viele für verrückt“, erzählt Cæcilie Norby. „Aber ich<br />
sehe nicht ein, dass ich eine hervorragende Pianistin<br />
sein muss, um mich Werken wie Claude Debussys ‚Clair<br />
de Lune‘ nähern zu können.“ Die vielfach preisgekrönte<br />
Musikerin, die schon mit der Jazzband Frontline und dem<br />
erfolgreichen Popjazzduo One Two arbeitete, wandelte<br />
Debussys Werk kurzerhand in „The Tears of Billy Blue“ um<br />
und verpasste ihm einen zeitgemäßen Touch.<br />
„Clair de Lune“ hat sie immer stark an Billy Strayhorns<br />
Jazzstandard „Lush Life“ erinnert. „Ich träumte davon, das<br />
Stück in eine Jazzballade umzuwandeln“, sagt Norby.<br />
„Ich wollte unbedingt eine romantische Geschichte zu dieser<br />
Melodie. Deshalb habe ich diese Frau erfunden, die<br />
nie den Mann bekommt, den sie liebt.“ Norby, die als<br />
Grande Dame der dänischen Jazzszene gilt und wegen<br />
ihres stilübergreifenden Ansatzes von Kolleginnen wie<br />
Vocal Jazz // musik 19<br />
Rebekka Bakken als Vorbild verehrt wird, überließ die<br />
Produktion des Albums ihrem Ehemann, dem Bassisten<br />
und Produzenten Lars Danielsson. Musikalische Unterstützung<br />
fand sie bei Größen wie dem norwegischen Pianisten<br />
Bugge Wesseltoft, der klassischen Pianistin Katrine<br />
Gislinge, dem Gitarristen Ulf Wakenius und dem Trompeter<br />
Palle Mikkelborg.<br />
Für ihre sehr eigene Interpretation von Maurice Ravels<br />
„Pavane für eine tote Prinzessin“ ließ sich die in Kopenhagen<br />
lebende Sängerin mit der facettenreichen Stimme<br />
von der ungewöhnlichen Vita der Künstlermäzenin Winnaretta<br />
de Polignac inspirieren. Die Tochter eines großen<br />
Nähmaschinenfabrikanten hatte mit ihrem geerbten Vermögen<br />
in den 1880er Jahren in ihrem Pariser Salon Künstler<br />
wie Ravel, Strawinski und Satie unterstützt. „Winnaretta<br />
war eine sehr interessante Frau“, erzählt Norby. „Sie<br />
war Lesbe und heiratete einen Homosexuellen, damit beide<br />
in Ruhe ihren Neigungen nachgehen konnten. Ich habe<br />
einen Text geschrieben, der ihre Fragilität und Verletzlichkeit<br />
und ihre melancholische Seite herausbringt.“<br />
Mit einem Song ihres Albums ehrt Cæcilie Norby ih–<br />
ren verstorbenen Vater, den Komponisten Erik Norby.<br />
Aus gutem Grund: Er hatte einst die Musik zu einem<br />
Werk von William Shakespeare geschrieben – und war<br />
damit ebenso angeeckt wie seine Tochter heute.<br />
Arabesque ist Ende Januar erschienen.<br />
Foto: Isak Hoffmeyer<br />
Christiane Rebmann<br />
kulturnews 2/11<br />
Chippendales ® Special 2011<br />
The Ultimate Girls Night Out! ®<br />
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Tony Joe White<br />
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Trans-Siberian Orchestra<br />
Beethoven’s Last Night 2011 Live<br />
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Harlem Globetrotters<br />
4 Times The Fun<br />
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Pam Ann<br />
'You F'Coffee' Tour 2011<br />
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Chippendales ® 2011<br />
Most Wanted 2011<br />
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Yes<br />
Live 2011<br />
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20 live // kulturnews präsentiert<br />
The Airborne Toxic Event<br />
1. 2. // Berlin, White Trash<br />
16. 2. // München, Ampere<br />
3. 2. // Münster, Gleis 22<br />
17. 2. // Köln, Luxor<br />
8. 2. // Berlin, White Trash<br />
22. 2. // Berlin, White Trash<br />
9. 2. // Hamburg, Uebel & Gefährlich<br />
15. 2. // Berlin, White Trash<br />
23. 2. // Frankfurt, Das Bett<br />
Hohe Erwartungen an die Texte der Indierocker<br />
von The Airborne Toxic Event sind durchaus<br />
angebracht. Immerhin schmiss Frontmann<br />
und Sänger Mikel Jollett extra für seine<br />
Band die Schriftstellerkarriere hin. Ein schweiß-<br />
Gretchen Peters<br />
10. 3. // Köln, Yard Club<br />
12. 3. // Berlin, Crystal Club<br />
13. 3. // Hannover, Bluesgarage<br />
14. 3. // Duisburg, Steinbruch<br />
In den USA ist Gretchen Peters schon längst<br />
ein Star und aus der Countrymetropole<br />
Nashville nicht mehr wegzudenken. Zu Beginn<br />
ihrer Karriere schrieb sie noch Songs<br />
für andere Künstler, inzwischen steht sie<br />
kulturnews 2/11<br />
Foto: Harper Smith<br />
triefendes Livekonzert bietet aber natürlich<br />
auch ganz andere Ausdrucksmöglichkeiten<br />
als ein paar gedruckte Zeilen. Inwieweit TATE<br />
diese Möglichkeit zu nutzen wissen, kann<br />
auch auf deutschen Bühnen erkundet werden.<br />
Amos Lee<br />
6. 3. // Berlin, Lido<br />
7. 3. // Hamburg, Stage Club<br />
Die Unterstützung von Norah Jones, in deren<br />
Vorprogramm er einst auftrat, hat Amos Lee<br />
längst nicht mehr nötig. Sein viertes Album<br />
„Mission Bell“ produzierte Joe Burns von<br />
Calexico, und Hochkaräter wie Lucinda<br />
Williams und Willie Nelson werkelten mit.<br />
Seine Songs waren schon Untermalung<br />
bei Serien wie „Grey’s Anatomy“ und „Dr.<br />
House“, jetzt präsentiert er sie auf gerade<br />
mal zwei Deutschlandkonzerten.<br />
15. 3. // Koblenz, Café Hahn<br />
23. 3. // Erfurt, Museumskeller<br />
24. 3. // Dresden, Tante Ju<br />
25. 3. // Hamburg, Downtown Blues Club<br />
Foto: Kristi Sparrow<br />
lieber selbst hinter dem Mikro. Nun gibt es<br />
erstmals auch in Deutschland die Möglichkeit,<br />
diese begabte Sängerin und Songwriterin<br />
zu sehen und zu hören – in intimen,<br />
kleinen Locations.<br />
Foto. Wilde + Schneider<br />
Scanners<br />
20. 2. // Berlin, Comet Club<br />
21. 2. // Frankfurt, Das Bett<br />
22. 2. // München, Ampere<br />
24. 2. // Köln, MTC<br />
25. 2. // Hamburg, Beatlemania<br />
26. 2. // Osnabrück, Glanz & Gloria<br />
Das Gezeichnete Ich<br />
12. 3. // Dresden, Beatpol<br />
20. 3. // Augsburg, Spectrum<br />
24. 3. // Hannover, Musikzentrum<br />
26. 3. // Bielefeld, Kamp<br />
„Es gibt nur zwei Dinge: Die Leere und das<br />
gezeichnete Ich“, schrieb eins Gottfried Benn.<br />
So kam das Kind zu seinem Namen. Der<br />
bürgerliche? Streng geheim! Denn das höchste<br />
Ziel des Brandenburger Bohemiens ist,<br />
3. 3. // Berlin, Astra Kulturhaus<br />
7. 3. // Stuttgart, LKA Longhorn<br />
17. 3. // Köln, Live Music Hall<br />
18. 3. // München, Theaterfabrik<br />
20. 3. // Hamburg, Uebel & Gefährlich<br />
28. 3. // Oberhausen, Lagerhalle<br />
31. 3. // Potsdam, Waschhaus<br />
15. 4. //<br />
16. 4. //<br />
Karlsruhe, Tollhaus<br />
Kaiserslautern, Kammgarn*<br />
neben der „Entzauberung der Liebe“, die<br />
Kunst über den Künstler zu heben, den<br />
Personenhype an die puren Chansons abzutreten.<br />
Das selbstbetitelte Debüt legt dazu<br />
den perfekten Grundstein. Eigen und schön.<br />
* Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights.<br />
Foto: Creative Talent<br />
Scanners, das sind nicht nur nützliche<br />
Büromaschinen zur Bildbearbeitung, sondern<br />
neuerdings auch eine Alternative-<br />
Rock-Band, die eine wilde Mischung<br />
aus Postpunk, Artrock und New Wave<br />
auf die Bühne bringt. Und dieser Mix<br />
ist überraschend dancefloortauglich.<br />
Wer sich ungern auf nur ein hippes<br />
Genre festlegt, schaut den Scanners<br />
am besten mal bei der Arbeit zu.<br />
Bruno Mars<br />
Foto: Neuland Concerts<br />
TV-Werbung, romantische Serienszenen,<br />
Einkauf im Supermarkt – „Just the Way<br />
you are“ von Bruno Mars kann man nicht<br />
mehr aus dem Weg gehen. Für den verschmitzten<br />
Hawaiianer läuft es blendend,<br />
denn sein Pop-R’n’B öffnet ihm derzeit<br />
alle nur erdenklichen Türen. An denen<br />
darf man auch einiges Gedränge bei der<br />
Deutschlandtour erwarten, trotz der Verlegung<br />
in größere Hallen. Ellbogen raus,<br />
der Kampf um die erste Reihe ist eröffnet.<br />
Foto: EMI Music Germany / Andreas Mühe
Asa<br />
16. 2. // Berlin, Postbahnhof<br />
17. 2. // Hamburg, Fabrik<br />
18. 2. // Bonn, Harmonie<br />
Die nigerianische Songwriterin Asa (28)<br />
hat eine gutgelaunte Retrosoul-CD hingelegt.<br />
Trotzdem gilt ihr selbstbewusster<br />
Hit „My Man“ in ihrer Heimat als Stein<br />
des Anstoßes.<br />
kulturnews: Asa, du bezeichnest dein<br />
zweites Album „Beautiful Imperfection“ als<br />
Ausdruck eines neugewonnenen Selbstbewusstseins.<br />
Bisher hatten wir aber<br />
nicht den Eindruck, du hättest da Defizite<br />
…<br />
Asa: Beide Alben stecken voller Energie<br />
und Selbstbewusstsein. Aber beim zweiten<br />
war ich inspiriert von Freude und<br />
Glück. Ich wollte nicht mehr traurig sein<br />
oder mich von der Situation in meiner<br />
Heimat runterziehen lassen. Ich wollte<br />
nicht zum wiederholten Mal Messagesongs<br />
schreiben, sondern eine zweite,<br />
andere Platte aufnehmen.<br />
kulturnews: Brauchtest du mehr Mut für<br />
die fröhlichen als für die politischen<br />
Songs?<br />
Asa: Ich brauchte nur Geld! (lacht) Das<br />
Wichtigste war: Ich wollte endlich fröhlich<br />
und gut drauf sein – und deswegen<br />
war ich es. Meine neugewonnene Freude<br />
wurde aus Traurigkeit geboren, aus Enttäuschung,<br />
manchmal sogar Schock.<br />
Irgendwann kommt der Zeitpunkt, in<br />
dem etwas in einem zerbricht – und<br />
man damit auch von etwas befreit wird.<br />
kulturnews: In „My Man“ singst du davon,<br />
heute Nacht Mamas Regeln zu brechen.<br />
// live 21<br />
20. 2. // Darmstadt, Centralstation<br />
21. 2. // München, Ampere<br />
Foto: Jean Baptiste Mondino<br />
Ist auch das persönlich …?<br />
Asa: Ich habe in meiner Jugend definitiv<br />
viele Regeln gebrochen – aber nicht<br />
unbedingt die von Mama.<br />
kulturnews: Wessen dann – die der<br />
nigerianischen Gesellschaft?<br />
Asa: Es gibt schon einen ganz bestimmten<br />
Platz für die Frau in Nigeria, und das<br />
ist ein grundlegend anderer als der des<br />
Mannes. Man wächst auf, geht zur<br />
Schule, heiratet und bekommt Kinder:<br />
So einfach ist das. Und sich wie in meinem<br />
Song „My Man“ als Frau einen Kerl<br />
auszusuchen, mit dem es vielleicht nicht<br />
mal klappt, und ihn dann auch noch<br />
selbst zu fragen, das ist total unüblich.<br />
Normalerweise ist es der Mann, der solche<br />
Dinge an- und ausspricht. Eine Weile,<br />
so von 18 bis Anfang 20, war ich wie<br />
jede andere nigerianische Frau, jedenfalls<br />
habe ich versucht, so zu sein. Ich habe<br />
gekocht, geputzt … Aber das war einfach<br />
nichts für mich. Ich musste da raus.<br />
kulturnews: Heute lebst du mal in Paris,<br />
mal in Lagos. Wenn du jetzt zurückkommst<br />
nach Nigeria, hast du als eine<br />
der bekanntesten Sängerinnen des Landes<br />
aber keine Probleme mehr damit,<br />
dass du unbedingt Ehe- und Hausfrau<br />
werden sollst, oder?<br />
Asa: Doch! (lacht) Es ist noch genau<br />
dasselbe! Als Frau musst du heiraten.<br />
Punkt. Aber dafür fühle ich mich nun<br />
wirklich noch nicht bereit.<br />
Interview: Katharina Behrendsen<br />
kulturnews 2/11<br />
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UND NOTEN ZUM AUSDRUCKEN<br />
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STANDARD VERSION<br />
2CD<br />
LIMITIERTES<br />
DIGIPAK<br />
ORIGINAL SOUNDTRACK<br />
LIMITED PREMIUM DIGIPAK<br />
+ BONUS CD
22 live // kulturnews präsentiert<br />
Christina Stürmer<br />
24. 3. // Potsdam, Das Waschhaus<br />
25. 3. // Osnabrück, Rosenhof<br />
26. 3. // Wuppertal, Live Club Barmen<br />
30. 3. // Dresden, Alter Schlachthof<br />
Christina Stürmer kennt man nicht nur aus<br />
dem Radio. Mit den ersten Chartserfolgen<br />
kamen Werbeverträge für große Firmen, und<br />
täglich ist eine ihrer Singles als Titelmusik<br />
im TV zu hören. Doch was die wenigsten<br />
Jamiroquai<br />
21. 3. // Hamburg, o2 World<br />
26. 3. // München, Olympiahalle<br />
6. 4. // Stuttgart, Porsche-Arena<br />
Der Mann mit den interessanten Kopfbedeckungen<br />
ist wieder da! Mit seiner Band<br />
Jamiroquai und einer unorthodoxen Mischung<br />
aus Soul, Funk, Disco und HipHop brachte<br />
Jay Kay in den Neunzigern jeden Dance-<br />
kulturnews 2/11<br />
Foto: Karsten Jahnke Konzertdirektion<br />
3. 4. // Karlsruhe, Festhalle Durlach<br />
7. 4. // Ludwigsburg, Scala<br />
10. 4. // Nürnberg, Löwensaal*<br />
wissen: Die Österreicherin nutzt die Publicity<br />
auch für den guten Zweck. Sie spielt<br />
Benefizkonzerte, engagiert sich in der Kinderkrebshilfe<br />
und gegen Armut. Da verzeiht<br />
man ihr doch alles andere.<br />
Lizz Wright<br />
17. 3. // München, Muffathalle<br />
23. 3. // Mainz, Frankfurter Hof<br />
24. 3. // Düsseldorf, Savoy-Theater<br />
8. 4. // Berlin, o2 World<br />
12. 4. // Oberhausen,<br />
König-Pilsener-Arena<br />
Foto: Ben Wolf<br />
Wer sie einmal gehört hat, ist süchtig: Lizz<br />
Wright hat eine der herausragendsten<br />
Stimmen des neuen Soul. Wie eine warme<br />
Decke aus Samt legt sie sich über uns,<br />
zum Hineinkuscheln oder Hinwegträumen.<br />
Ob jazzig, folkig oder soulig, die mittlerweile<br />
30-jährige Pastorentochter aus Georgia<br />
hat keine halbgaren Songs; bleibt stets<br />
authentisch und berührend. Auch auf<br />
„Fellowship“, ihrem vierten Studioalbum.<br />
floor zum Kochen. Zahlreiche Preise, Platinalben<br />
und Gerüchte, er wolle aus dem Musikbiz<br />
aussteigen, folgten. Doch Pustekuchen:<br />
Nach einer Pause sind Jamiroquai zurück<br />
und bereit, die Menge wieder anzuheizen.<br />
Foto: Max Vadukul<br />
Tina Dico<br />
21. 3. // Hamburg, Fliegende Bauten<br />
23. 3. // Düsseldorf, Savoy-Theater<br />
24. 3. // Mülheim, Stadthalle Mülheim<br />
25. 3. // Münster, Jovel<br />
Dänemark-Urlauber lieben an Aarhus<br />
besonders die harmonische Stimmung<br />
und die Nähe zur Natur. Qualitäten, die<br />
man ohne großes Suchen auch in der<br />
Musik der von dort stammenden<br />
Singer/Songwriterin Tina Dico entdecken<br />
Trombone Shorty<br />
17. 3. // Stuttgart, Die Röhre<br />
18. 3. // Freiburg, Jazzhaus<br />
19. 3. // Frankfurt, Brotfabrik<br />
20. 3. // Dresden, Beatpol<br />
21. 3. // Bonn, Harmonie<br />
Troy „Trombone Shorty“ Andrews zählt<br />
gerade mal 24 Lenze und spielt Posaune<br />
und Trompete – aber mit unfassbarer<br />
Perfektion und Virtuosität, die einfach<br />
jeden das Tanzbein schwingen lassen.<br />
Kein Wunder, schließlich spielte er<br />
schon mit fünf in New Orleans’ Brass-<br />
Bands Posaune. Daher übrigens auch<br />
der Name: Das Instrument war damals<br />
natürlich ein Stück größer als er selbst.<br />
„Superfunk Rock“ vom Feinsten!<br />
Ottmar Liebert<br />
& Luna Negra<br />
24. 3. // Freiburg, Jazzhaus<br />
27. 3. // München,<br />
Carl-Orff-Saal Gasteig<br />
28. 3. // Hannover, Pavillon<br />
29. 3. // Köln, Kulturkirche<br />
30. 3. // Mainz, Frankfurter Hof<br />
Ottmar Liebert kommt ursprünglich aus<br />
Köln, lebt aber inzwischen in Santa Fe.<br />
Von dort bringt er jede Menge musikalische<br />
Inspiration mit auf die deutschen<br />
Konzertbühnen. Mit seinem rasanten Gitarrenspiel<br />
und dem gekonnten Mix aus<br />
Flamenco, Jazz und Bossa Nova nimmt<br />
er die Zuschauer mit auf eine Reise voller<br />
Wärme und Leidenschaft. Mit im Gepäck:<br />
seine Band Luna Negra sowie das<br />
nagelneue Album „Petals on the Path“.<br />
* Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights.<br />
Foto: Verve Music Group<br />
27. 3. // Mainz, Frankfurter Hof<br />
28. 3. // Karlsruhe, Tollhaus<br />
29. 3. // Leipzig, Theaterfabrik<br />
30. 3. // Kiel, Kieler Schloss*<br />
Foto: A.S.S.<br />
kann. Dass aus dem Norden meist nur<br />
Hochkarätiges kommt, das wissen wir<br />
längst. Am besten genießt man also die<br />
private Konzertatmosphäre, bevor die<br />
ganze Welt von Dicos Songs bezaubert<br />
ist.<br />
Foto: Peter Rieger Konzertagentur
Ulrike Haage<br />
2. 2. // Frankfurt/M., Raum für Kultur<br />
25. 2. // Lübeck, Kolosseum<br />
4. 3. // Berlin, Radialsystem<br />
6. 3. // Hamburg, Museum für Arbeit<br />
Mit den Rainbirds revolutionierte sie<br />
einst den deutschen Pop. Nun verneigt<br />
sich Ulrike Haage vor dem zeitlosesten<br />
aller Instrumente: dem Klavier.<br />
kulturnews: Ulrike, es ist gleichermaßen<br />
erschütternd und überwältigend, wie<br />
wenig du brauchst, um unglaublich viel<br />
zu sagen …<br />
Ulrike Haage: Ich dachte schon immer,<br />
dass mit einem einzigen Ton genauso<br />
viel gesagt werden kann wie mit ganz<br />
vielen. Für mich ist der Flügel eins der<br />
zeitlosesten Instrumente. Jemand sagte<br />
mal, nichts zerreiße den Vorhang der<br />
Stille eindringlicher als Töne vom Klavier.<br />
Ich betrachte den Flügel als Instrument<br />
mit ganz vielen Resonanzräumen,<br />
das immer wieder wie ein zu zähmendes<br />
Tier vor mir steht.<br />
kulturnews: So zeitlos ist die CD doch<br />
gar nicht. Sie ist eher ein sehr bewusster<br />
Kommentar zur Zeit, eine bewusste<br />
Antithese zum Informationsoverkill.<br />
Haage: Mit zeitlos meinte ich das Instrument<br />
an sich. Mit Samplern arbeitet ja<br />
heute jedes Kind. Deswegen klingen<br />
viele Produktionen so formatiert und ähnlich.<br />
Das wird wie ein Lifestyle vorgegeben.<br />
Zu bestimmten Sounds gehören<br />
bestimmte Autos. Der Zugang zu sämtlichen<br />
Informationen auf der Welt ist so<br />
leicht geworden, man muss aber wissen,<br />
wie man eine persönliche Auswahl<br />
trifft. Mein Wunsch wäre es, den<br />
Menschen an seinen eigenen Gedächtnis-<br />
// live 23<br />
15. 4. // Dortmund, Internationales<br />
Frauenfilmfestival domizil<br />
29. 4. // Bremen, Jazzahead<br />
Foto: Thomas Nitz<br />
speicher zu erinnern, den er aktivieren<br />
muss. Er hat eine eigene Geschichte,<br />
die nicht mit tausend anderen Legenden<br />
zugeknallt werden darf. Dafür will ich<br />
mit meiner Musik Räume öffnen. Ich<br />
will Horizonte nicht verschließen, sondern<br />
freischaufeln.<br />
kulturnews: Über dem ganzen Album<br />
schwebt eine selten zu findende romantische<br />
Sachlichkeit.<br />
Haage: Romantik und Sachlichkeit sind<br />
genau die beiden Grundhaltungen auf<br />
dieser CD. Keiner der Titel hat eine Geschichte.<br />
Ich habe ganz bewusst jeglichen<br />
Pool an Geschichten und Gedanken<br />
ausgeklammert und bin mehr von<br />
einer Form ausgegangen. Diese Form<br />
muss aber wiederum mit Emotion und<br />
Hingabe gespielt werden.<br />
kulturnews: Woher kommt dieses<br />
Bekenntnis zur Einfachheit?<br />
Haage: Meine Verbündeten und ich berufen<br />
uns schon lange auf unsere europäischen<br />
Traditionen. Trotzdem kann man<br />
aber auch ein Gefühl für Rhythmus<br />
haben. Damit bin ich groß geworden.<br />
Die Plattensammlung meines Vaters bestand<br />
nun mal aus amerikanischem Jazz.<br />
Als ich anfing, Musik zu machen, war ich<br />
oft die Einzige, die sich keiner strengen<br />
Theorie – weder musikalisch noch ideologisch<br />
– unterwarf. Ich finde es viel eleganter,<br />
aufmerksam zu bleiben und auf<br />
seine Finger zu hören.<br />
Interview: Wolf Kampmann<br />
kulturnews 2/11<br />
präsentiert<br />
Mike &<br />
The Mechanics<br />
1. 6. // Duisburg<br />
Theater am Marientor<br />
2. 6. // Karlsruhe<br />
Brahmshalle<br />
4. 6. // Leipzig<br />
Parkbühne<br />
5. 6. // Berlin<br />
Admiralitätspalast<br />
6. 6. // Hamburg<br />
Laeiszhalle<br />
8. 6. // Niedernhausen<br />
Rhein-Main-Theater<br />
9. 6. // München<br />
Tonhalle<br />
Tickets und mehr über<br />
Mike & The Mechanics<br />
auf kulturnews.de<br />
Foto: Paddy Balls
24 live // kulturnews präsentiert<br />
Polarkreis 18<br />
27. 3. // Leipzig, Werk II<br />
4. 4. // Köln, Gloria<br />
5. 4. // München, Ampere<br />
6. 4. // Kaiserslautern, Kammgarn<br />
Wer versucht, das Phänomen Polarkreis 18<br />
nur auf ihren Überhit „Allein, allein“ herunterzubrechen,<br />
greift zu kurz. Denn das<br />
stets weiß gekleidete Sextett aus Dresden hat<br />
mehr zu bieten als eine einzige Hymne. Mit<br />
Killerpilze<br />
15. 4. // Kaiserslautern, Kammgarn<br />
16. 4. // Frankfurt, Nachtleben<br />
18. 4. // Leipzig, Moritzbastei<br />
19. 4. // Hamburg, Beatlemania<br />
„Lautonom“ – woraus sich der Titel des<br />
letzten Killerpilze-Albums zusammensetzt,<br />
ist sofort ersichtlich. Autonom sind sie inzwischen<br />
dank eigenem Plattenlabel. Und<br />
der Teil mit dem laut, der dürfte auch zu<br />
wuppen sein, selbst wenn die Burschen<br />
kulturnews 2/11<br />
Foto: Neuland Concerts<br />
11. 4. // Hamburg, Uebel & Gefährlich<br />
13. 4. // Bielefeld, Stereo<br />
14. 4. // Berlin, Huxleys Neue Welt<br />
15. 4. // Dresden, Alter Schlachthof*<br />
ihrem neuen Album „Frei“ haben die Jungs<br />
nun Franz Schuberts „Winterreise“ in die Neuzeit<br />
geholt und bringen den bombastischen,<br />
orchestralen Sound mit auf ihre große<br />
Deutschlandtour – Gänsehaut garantiert.<br />
José González<br />
27. 3. // Hamburg, Kampnagel<br />
28. 3. // Berlin, Admiralspalast<br />
29. 3. // München, Herkulessaal<br />
30. 3. // Stuttgart, Theaterhaus<br />
inzwischen nur noch zu dritt unterwegs sind.<br />
Ihre Livequalitäten haben darunter nicht gelitten,<br />
davon kann man sich auf der kommenden<br />
Tour getrost überzeugen. Unabhängigkeit<br />
will schließlich erspielt werden.<br />
Foto: Südpolmusic Foto: Four Artists<br />
Schwedens bester Singer/Songwriter-Export<br />
ist zurück von seinem Ausflug in (relativ)<br />
laute Gefilde. Mit seiner Band Junip spielte<br />
José González nicht nur vor schmusenden<br />
Pärchen und versunken meditativen Gesichtern,<br />
sondern ließ die Massen auch gerne mal<br />
zu saftigen Verstärkersalven tanzen. Jetzt ist<br />
er solo zurück, aber diesmal noch edler als<br />
sonst unterwegs – mit einem 20-köpfigen<br />
Streichorchester. So was gibt es nicht alle Tage,<br />
Tickets sollte man sich schnellstens sichern.<br />
20. 4. // Hannover, Musikzentrum<br />
26. 4. // Köln, Werkstatt<br />
27. 4. // Berlin, Comet Club<br />
30. 4. // München, 59:1*<br />
Chapel Club<br />
4. 4. // München, 59:1<br />
12. 4. // Köln, Die Werkstatt<br />
Chapel Club brüsten sich damit, dass ihre<br />
Konzerte meist so laut und atemberaubend<br />
seien, dass sie das Publikum förmlich<br />
überwältigten. Es sei dahingestellt, ob das<br />
der Wahrheit entspricht. Fest steht jedoch:<br />
Juli<br />
28. 3. // Recklinghausen, Vest Rena<br />
2. 4. // Ludwigsburg, Arena<br />
3. 4. // Bremen, Modernes<br />
5. 4. // Bielefeld, Ringlokschuppen<br />
6. 4. // Münster, Skaters Place<br />
7. 4. // Karlsruhe, Substage<br />
11. 4. // Krefeld, Kulturfabrik<br />
6. 5. // Wilhelmshaven, Asta Party*<br />
Lang, lang ist’s her, seit Juli auf der<br />
„Perfekten Welle“ in die Charts ritten.<br />
Es folgten zwei Alben, der erste Platz<br />
bei Raabs Bundesvision Song Contest und<br />
zahlreiche Ohrwürmer wie „Dieses Leben“<br />
und „Geile Zeit“. Ab 2008 wurde es<br />
erst einmal ruhig um die vier Hessen.<br />
Sie zogen sich zurück und begannen<br />
die Arbeit an ihrem dritten Album. Mit<br />
Erfolg! Denn „In Love“ ist rechtzeitig<br />
zur angesetzten Tour fertig geworden.<br />
In Extremo<br />
7. 4. // Köln, E-Werk<br />
13. 4. // München, Zenith<br />
15. 4. // Hannover, AWD-Hall<br />
16. 4. // Magdeburg, Stadthalle<br />
17. 4. // Bielefeld, Ringlokschuppen<br />
20. 4. // Bremen, Pier 2<br />
22. 4. // Berlin, C-Club<br />
28. 4. // Leipzig, Haus Auensee*<br />
„Sternenreisen“ ist dieser Tage im<br />
Kasten und In Extremo versprechen Großartiges<br />
für ihre neue Platte – und natürlich<br />
die kommende Tour. Versprochen ist<br />
mehr Kontakt zu den Fans, Bühnenpomp<br />
und Showeffekte sollen zu Hause<br />
bleiben. Löbliches Vorhaben einer Mittelalterrock-Band,<br />
die über die Jahre derart<br />
gewachsen ist, dass sie jeden<br />
Superlativ locker übertreffen könnte.<br />
* Auf kulturnews.de findet ihr im Musikportal die vollständigen Tourtermine für ganz Deutschland, Tickets und weitere Konzerthighlights.<br />
Foto: ASS Concerts<br />
13. 4. // Berlin, Lido<br />
19. 4. // Hamburg, Logo<br />
Foto: x-why-z Konzertagentur<br />
Diese fünf Jungs aus London wissen genau,<br />
was sie tun. Hemmungsloser Indiepop<br />
in der Tradition von My Bloody Valentine,<br />
New Order und Sonic Youth. Passt nicht<br />
zusammen? Schaut es euch an!<br />
Foto: Eric Weiss
Teitur<br />
23. 3. // Köln, Luxor<br />
24. 3. // Erlangen, E-Werk<br />
25. 3. // Wiesbaden, Schlachthof<br />
26. 3. // Heidelberg, Karlstorbahnhof<br />
Selbst sein Hund sorgt sich um Teitur.<br />
Dabei ist der Songwriter von den Färöern<br />
alles andere als der Trauerkloß, für<br />
den ihn alle halten.<br />
kulturnews: Teitur, dein neues Album<br />
hast du „Let the Dog drive home“ genannt.<br />
Wo ist denn momentan dein<br />
Zuhause?<br />
Teitur: Ich habe ein Haus auf den<br />
Färöern, ein kleines Haus in Paris und<br />
eine Wohnung in Kopenhagen. Aber ich<br />
reise immer noch verdammt viel. Ein<br />
Zuhausegefühl stellt sich eigentlich überall<br />
dort ein, wo ich mich mehrere Wochen<br />
am Stück aufhalte und Freunde<br />
habe. Es geht aber auf der Platte weniger<br />
darum, sich ein Haus zu kaufen und<br />
sesshaft zu werden. Der Titel bezieht<br />
sich aufs Ankommen bei sich selbst.<br />
kulturnews: Was hast du denn über dich<br />
rausgefunden?<br />
Teitur: Bisher war es oft so, dass ich das<br />
Gefühl hatte, etwas beweisen zu müssen.<br />
Für mich ist diese Platte ein Neubeginn,<br />
weil ich keine Angst mehr habe und<br />
mich nicht ständig frage, ob ich auch<br />
wirklich cool bin. Wer sich ständig überlegt,<br />
wie man etwas Angesagtes veröffentlichen<br />
kann, was möglichst niemand<br />
zuvor gemacht hat, der steckt meiner<br />
Meinung nach in einer künstlerischen<br />
Identitätskrise. Wenn mich ein Erlebnis<br />
beeindruckt hat, dann mache ich da–<br />
raus einen Song, ganz egal, wie banal<br />
vielleicht die Erkenntnis dahinter ist. Ich<br />
// live 25<br />
Foto: Edel<br />
27. 3. // München, Ampere<br />
29. 3. // Hamburg, Uebel & Gefährlich<br />
30. 3. // Berlin, Lido<br />
31. 3. // Haldern, Pop Bar<br />
vertraue darauf, dass die Art und Weise<br />
einzigartig ist, mit der ich von diesem<br />
Erlebnis erzähle.<br />
kulturnews: Aber bist du dann noch ein<br />
Künstler?<br />
Teitur: Erst jetzt ist aus dem verwöhnten<br />
Jungen einer geworden. Früher war ich<br />
nur ein manischer Songwriter und habe<br />
bei Alben auch mal aus den Augen verloren,<br />
was ich selbst eigentlich will und<br />
zu sagen habe. Ein Künstler muss Songs<br />
singen, die nur er singen kann.<br />
kulturnews: Dein neues Album ist wieder<br />
sehr humorvoll – was aber oft nicht<br />
wahrgenommen wird. Nervt es nicht<br />
manchmal, wenn du als melancholischer<br />
Singer/Songwriter gesehen wirst?<br />
Teitur: Ich bin immer wieder dankbar,<br />
wenn mir jemand Humor bescheinigt,<br />
weil ich manchmal schon Angst habe,<br />
dass nur ich selbst mich witzig finde.<br />
Vielleicht liegt es einfach an meiner<br />
Stimme, dass man mir immer Melancholie<br />
unterstellt. Wenn ich singe, nehme<br />
ich das sehr ernst. Große Konzentration<br />
und eine gewisse Intensität erwecken ja<br />
oft den Eindruck von Traurigkeit. Selbst<br />
mein Hund schaut mich manchmal ganz<br />
entsetzt an, wenn ich zu singen anfange.<br />
Aber dann schicke ich einfach einen giftigen<br />
und entnervten Blick zurück, den er<br />
mittlerweile auch ziemlich gut versteht.<br />
Der bedeutet: Spiel einfach weiter mit<br />
deinem Ball, bei mir ist alles in Ordnung.<br />
Interview: Carsten Schrader<br />
kulturnews 2/11<br />
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26 live // Entertainment<br />
Götz Alsmann<br />
Götz Alsmanns Herrenabend – Eine Lesung mit Musik und gewagten Bildern<br />
5. 2.–15. 7., Deutschlandtournee<br />
Auf Flohmärkten sammelt Götz Alsmann<br />
gerne alte Herrenmagazine. Solche aus<br />
den späten 40er- und den 50er-Jahren,<br />
als der Begriff Herrenmagazin noch nicht<br />
für Sexheftchen oder Porno stand. Als in<br />
Herrenmagazinen wie Neue Wiener Melange,<br />
Gondel, Toxi oder Paprika noch<br />
Richtlinien für den Lebemann standen.<br />
Die Weisheiten dieser Herrenmagazine –<br />
sie reichen von Mode- über Ausgehtipps-<br />
Lesedüne<br />
Lesedüne: Über Wachen und Schlafen 14.–23. 2.,<br />
Berlin, Leipzig, Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Mainz, Heidelberg, Stuttgart, Basel<br />
Das Dünenzuhause ist der Monarch tief<br />
in Berlins Kreuzberg. In der Dünenerklä–<br />
rung behaupten die Dünenmacher, ihr<br />
Leserkollektiv habe die erste Lesebühne<br />
mit systemrelevantem Humor gegründet.<br />
Diese Behauptung ist vermessen,<br />
aber „systemrelevant“ könnte<br />
stimmen. Das neue Dünenprogramm<br />
heißt „Über Wachen und Schlafen“ und<br />
geht erstmals auf Wanderschaft, und<br />
zwar in folgender Besetzung: Marc-Uwe<br />
kulturnews 2/11<br />
bis hin zu Tipps zu neuen Jazzplattenveröffentlichungen<br />
– sind schier unerschöpflich<br />
und finden ihren Höhepunkt<br />
in kulturkritischen Texten. Götz Alsmann<br />
trägt vor, seine Band liefert Auflockerungen<br />
durch Intermezzi. Gespielt werden<br />
selbstverständlich Stücke dieser Zeit. Versprochen<br />
wird eine sündig-exotische<br />
Mischung – in Text wie in Musik.<br />
Kling, Sebastian Lehmann, Maik<br />
Martschinowsky, Kolja Reichert. Die Vier<br />
kommen vom Poetry Slam und können<br />
auch Kabarett. Um es mal mit<br />
Understatement auszudrücken: Das<br />
Programm der Lesedüne ist empfehlenswert.<br />
Da die Lesedüne im Team eher<br />
selten auf Tour ist, sollten Interessierte<br />
außerhalb von Berlin nicht zweimal<br />
nachdenken, sondern kurzentschlossen<br />
hingehen.<br />
Stunk & Stunksitzung<br />
Stunksitzung Köln 2. 2.–8. 3., E-Werk, Köln<br />
Stunk in Neuss und Düsseldorf 4. 2.–7. 3., Große Wetthalle Neuss, Zakk Düsseldorf<br />
Es ist, als ob man Fußballfans aus Frankfurt<br />
und Offenbach in einen Raum sperren<br />
würde, und doch wagen wir es: Der<br />
Neuss-Düsseldorfer Stunk und die Köl–<br />
ner Stunksitzung werden in einem Text<br />
untergebracht. In Köln hat man wie immer<br />
ganz selbstbewusst kein Motto, klagt<br />
dafür aber über Nachwuchsprobleme –<br />
echt! Was die Jecken aber nicht davon<br />
abhält, einen wunderbar-wahren Lothar-<br />
Kabarettbundesliga<br />
Kabarettbundesliga 5. 2.–10. 6., ganz Deutschland<br />
14 nominierte Kabarettisten spielen auf<br />
13 Bühnen insgesamt 91 Begegnungen<br />
aus, und am Ende steht der Deutsche<br />
Kabarettmeister fest: Zwar läuft die Kabarettbundesliga<br />
schon seit September,<br />
die Rückrunde aber beginnt jetzt. Mit<br />
dabei sind so unterschiedliche Entertainer<br />
wie Michael Sens, der von der klassischen<br />
Musik kommt, und die mit dem<br />
Poetry Slam groß gewordenen Rampen-<br />
Matthäus-Vergleich zwischen Bundesaußenminister<br />
und Verteidigungsminister<br />
zu zimmern. Derweil will in Neuss<br />
und Düsseldorf Bürgermeisterin Knutsch<br />
den Karneval kaputtsparen, was zu einer<br />
kleinen Jeckenrevolte führt. Nur auf der<br />
Bühne, natürlich, und unter dem Motto:<br />
„Knutsch – Die Jecken, die ich rief“<br />
(Foto). Alle Termine unter kulturnews.de<br />
�<br />
säue Sebastian 23 und Tilman Birr (Foto).<br />
Letzterer führt mit nur drei gespielten<br />
Partien sogar die Bundesligatabelle an.<br />
Ob dies so bleibt, wird sich in den<br />
Auseinandersetzungen zeigen. Birr steht<br />
in diesem Monat in Bremen mit Axel<br />
Pätz und in Hannover mit Bernhard Westenberger<br />
auf der Bühne. Die einzelnen<br />
Termine gibt’s unter kulturnews.de
Platte des Monats<br />
Amos Lee<br />
Mission Bell<br />
FOLKPOP<br />
Capitol<br />
Im Zweijahrestakt teilt sich Amos Lee<br />
seit seinem 2004er Debüt seinem Publikum<br />
mit. Waren es bisher weitgehend die<br />
persönlichen emotionalen Pendelschläge,<br />
die die Stimmung seiner Alben prägten,<br />
gibt es jetzt einen stilistischen Quantensprung:<br />
Die ehedem schlichten Songstrukturen<br />
sind vergleichsweise schwelgerischen<br />
Bandarrangements gewichen. Dass<br />
Amos Lees große Erzählkunst sich darin<br />
nicht verliert, ist Verdienst von Joey Burns<br />
und John Convertino, die „Mission Bell“<br />
in ihrem Calexico-Studio aufnahmen. Die<br />
Reise nach Tucson war definitiv jeden Trop–<br />
fen Sprit wert, denn die Regler für Slidegitarren,<br />
Backgroundgesang oder Hammondakkorde<br />
fuhren nur dann hoch, wenn Lee<br />
Atem holte. Und es kommt noch besser:<br />
Illustre Gäste wie Lucinda Williams oder<br />
Willie Nelson adeln die aktuelle Produktion,<br />
die nur eine Frage offen lässt: Wie wird<br />
Amos Lee sich nach „Mission Bell“ noch<br />
künstlerisch weiterentwickeln können? (ron)<br />
Adele<br />
21<br />
SOULPOP<br />
Indigo<br />
Okay, es ist schon unfreiwillig komisch, wenn<br />
die grad mal 22-jährige Adele Adkins sich in<br />
„Rumour has it“ bei einem Kerl beschwert: „She is half your age“ … Aber Schwamm<br />
drüber. Wenn jemand das darf, dann eine, die so wenig teeniemäßig klingt wie diese<br />
Britin. Mit 19 veröffentlichte sie ihr Debüt und legte einen glatten Durchmarsch an<br />
die Chartsspitze hin, obwohl sie neben ihren stilistisch mehr oder weniger verwandten<br />
Mitstreiterinnen Duffy und Winehouse die graueste, bestgenährteste und skandalfreieste<br />
Britsoulerin war. Und mit ihrem zweiten Album beweist Adele nachhaltig,<br />
dass sie kein Hype ist, kein Quotendickerchen, sie beweist, dass eine XL-Stimme<br />
mehr zählt als ein XS-Hintern, Charisma mehr als Show. Gemächlich, aber kein<br />
bisschen leise arbeitet sich „21“ an souligem, bluesigem Pop ab, flirtet mit Folk und<br />
Country und geht runter wie Öl. Ihr größtes Kunststück: Mit jedem Hören scheinen<br />
die Songs noch besser zu werden. Kein Retrosoul mehr, sondern gleich ein<br />
Klassiker. (kab)<br />
-Bewertung<br />
Bart Davenport covert auf „Searching for …“ (Indigo)<br />
sehr respektvoll musikalische Helden wie<br />
David Byrne und Gil Scott-Heron.<br />
Anna Depenbusch<br />
Die Mathematik der Anna Depenbusch<br />
DEUTSCHPOP<br />
Sony<br />
Music<br />
5//<br />
1=grausig bis 6= genial<br />
5// 4//<br />
Anna Depenbusch singt sich die Welt,<br />
wie sie ihr gefällt; verdichtet sie zu musikalischen<br />
Collagen mit deutschen Texten.<br />
Benannt hat sie ihr zweites Album nach<br />
einem Buch, in der eine Frau die Formel<br />
für die ewige Liebe sucht. Depenbusch<br />
selbst sucht nach dem Glück und verpackt<br />
das in Reime und poetische Wahrheiten<br />
– mit der optimistischen Melancholie<br />
eines Cowboys, der gen Sonnenuntergang<br />
reitet. Festnageln lässt sich die<br />
Hamburgerin auch nicht gerne: Ihr Album<br />
klingt wie eine kunterbunte Reise. Mit<br />
Banjo und Pedalsteel ist der Liebste „Glücklich<br />
in Berlin”, über knackigen Beats sinniert<br />
sie „Wir sind Hollywood” und meint<br />
das keineswegs als Kompliment, ihre<br />
„Madame Cliquot” entführt uns in einen<br />
alten Agentenfilm, und in „Tanz mit mir”<br />
schunkelt sie sich in Seeräuber-Jenny-<br />
Manier dem Albumende entgegen. Und<br />
wenn sie zuletzt das „Kommando Untergang”<br />
ausruft und „Der Rausch ist vorbei”<br />
singt, mag man ihr gar nicht beipflichten,<br />
weil man selbst noch ganz beschwipst<br />
ist von der süßen Wehmut ihrer zwölf<br />
Songs. (kat)<br />
Pop, Rock + Dance // platten 59<br />
Bored Man Overboard<br />
Rogue<br />
INDIEFOLK<br />
Indigo<br />
Gretchenfrage: Wie soll man das finden,<br />
wenn eine junge Band sich ganz offensichtlich<br />
an etablierten Größen anlehnt?<br />
Antwort: Es kommt darauf an, wie gut sie<br />
es macht – und ob man selbst dazu bereit<br />
ist, den Second-Hand-Sound zu schlucken.<br />
Bored Man Overboard ist ein Kollektiv<br />
fünf aufstrebender Schweden, das<br />
nach „Tom Smith von den Editors singt<br />
bei Fanfarlo“ klingt – und die sind ja<br />
selbst schon die Arcade Fire 1.2. Auch<br />
hier gibt es also zuckrige, simple Streicherzüge<br />
zu arglosen, mal fidelen, dann wieder<br />
verschlafenen Folksongs. Sänger David<br />
Khans Raspelstimme im Tindersticks-Stil<br />
weiß in den ungestümeren Songs durchaus<br />
zu überzeugen. Die meisten Kompositionen<br />
der über Bord gegangenen Schweden<br />
wirken nur halt wohlbekannt; sie<br />
machen dabei technisch alles so sauber,<br />
dass man statt in Ablehnung in Gleichgültigkeit<br />
verfällt. Ist ja alles total nett.<br />
Und wo bleibt der Mut? (ms)<br />
Central Park<br />
Reflected<br />
PROGROCK<br />
Soulfood<br />
3//<br />
4//<br />
Die spätberufenen Münchner Progrocker,<br />
die erst knapp 25 Jahre nach Gründung<br />
ihr Debüt vorlegten (nämlich 2006),<br />
haben diesmal aufs Tempo gedrückt. Nur<br />
vier Jahre vergingen bis zum Zweitling.<br />
Der klingt nicht nur grimmiger; die Integration<br />
der Sängerin Jannine Pusch verändert<br />
das Klangoutfit komplett. Ihre<br />
Texte bringen ein mystisches Element in<br />
den dräuenden, mit Synthies, Streichern<br />
und Bläsern verdüsterten Sound. Rock<br />
mit zornigen Stirnfalten sozusagen.<br />
Gleichwohl schaffen es Central Park<br />
immer wieder, mit Rhythmus- und<br />
Stimmungswechseln den prägenden<br />
Kirchenorgelernst von Keyboarder Jochen<br />
Scheffter aufzubrechen – wie im elegant<br />
rhythmisierten „Free Fall“, das vor allem<br />
Drummer Artur Silber dominiert. „Reflected“<br />
bekennt sich zur Geschichte des<br />
Progrock, dessen Höhepunkt in den<br />
70ern und 80ern lag. Dass es trotzdem<br />
nicht angestaubt klingt, liegt an seiner<br />
Stilvielfalt. Das zentrale 21-minütige<br />
Triptychon „Vision of Cassandra“ bedient<br />
sich sogar beim Hörspiel und der Ästhetik<br />
von Horrorfilmsoundtracks. Und könnte<br />
Jannine Pusch ihren deutschen Akzent<br />
noch besser verbergen, würde Richie<br />
Blackmore sie wohl für seine Band Blackmore’s<br />
Night dienstverpflichten. (mw)<br />
Cold War Kids<br />
Mine is yours<br />
SOULROCK<br />
Universal<br />
Natürlich wäre es ungerecht, die Cold<br />
War Kids wegen ihrer christlichen Gesin–<br />
nung zu kritisieren. Sänger Nathan Willett<br />
missioniert ja nicht. Trotzdem nerven seine<br />
Alltagsgeschichten, mit denen er uns<br />
auf den rechten Weg und in die feste Beziehung<br />
führen will, vor diesem Hintergrund<br />
umso mehr. Und leider scheinen<br />
auch endgültig die Zeiten vorbei, in de–<br />
nen man sich der Musik zuliebe mit den<br />
Texten arrangieren möchte. Nachdem auf<br />
das grandiose Debüt ein schlechteres<br />
Vollplagiat folgte, haben die Kalifornier<br />
nun zwar eine musikalische Veränderung<br />
geschafft – nur ist die gnadenlose Verpoppung<br />
ihres Soulrocks alles andere als ein<br />
Schritt nach vorn. Die Elektrosprengsel<br />
bei „Sensitive Kid“ wirken aufgesetzt,<br />
„Royal Blue“ erinnert an einen Disney-<br />
Soundtrack, und der Titelsong ist sogar<br />
abstoßender als alles, was sich die Jonas<br />
Brothers bisher haben ausdenken lassen.<br />
Natürlich sind etwa bei „Skip the Charades“<br />
im Ansatz immer noch große Songmomente<br />
aufspürbar, und Willetts Stimme<br />
bleibt herausragend. Doch sie werden in<br />
der Zukunft einiges auffahren müssen,<br />
damit wir ihnen diese CD vergeben. (cs)<br />
Crystal Fighters<br />
Star of Love<br />
ELEKTROFOLK<br />
Rough<br />
Trade<br />
3//<br />
4//<br />
Das Promomärchen des Jahres hat das<br />
katalanisch-amerikanisch-britische Quintett<br />
aus London schon mal mindestens zu<br />
bieten: Sängerin Laure reist ins Basken-<br />
kulturnews 2/11
Aktion //<br />
Country auf dem Vormarsch!<br />
Was in Amerika seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Musikindustrie<br />
ist, schätzen in Deutschland bisher leider nur wenige<br />
Fans. Die CD „Hot & New Country Music, Volume 2“ zeigt, dass<br />
Country von heute viel mehr zu bieten hat als verstaubte<br />
Cowboyhüte. Die Compilation vereint mit Carrie Underwood,<br />
Uncle Kracker, der dieses Jahr dreifach Grammynominierten<br />
Miranda Lambert und vielen weiteren Künstlern Amerikas erfolgreichste<br />
Countrymusiker. Der Sampler beweist, dass Country und<br />
Nummer-eins-Hit sich längst nicht mehr widersprechen.<br />
kulturnews und agr Music verlosen 10 Sampler „Hot & New<br />
Country Music, Volume 2“ (AGR Television Records). Entdeckt<br />
Country für euch und ruft bis zum 23. Februar unsere<br />
Gewinnhotline 0137-989 89 80 (0,50 Euro/Anruf) an.<br />
Weitere Infos gibt es unter:<br />
www.agr-music.com<br />
60 platten // Pop, Rock + Dance<br />
land und findet im Nachlass ihres Opas<br />
eine unvollendete Oper. Also machen sich<br />
die Crystal Fighters an die Umsetzung<br />
und erlernen neue Instrumente wie Txalapartas<br />
– über einen Baumstamm gespannte<br />
Klanghölzer, die von zwei Musikern mit<br />
Holzklöppeln bearbeitet werden. Doch egal,<br />
ob die Geschichte erlogen ist: Der Mix<br />
aus traditionell baskischen Klängen und<br />
elektronischen Clubsounds funktioniert<br />
erstaunlich gut. Das folkige „Swallow“<br />
wird von einem Dubstepbass attackiert<br />
und wandelt sich in eine psychedelische<br />
Hymne, „I love London“ zitiert Gettofunk,<br />
und „Xtatic Truth“ wird bald jede Tanzfläche<br />
aufmischen – und im Tribalpopsong<br />
„I do it everyday“ bringen die Crystal<br />
Fighters sogar sehr stimmig Metalgitarren<br />
unter. (cs)<br />
Deckchair Orange<br />
The Age of the Peacock<br />
INDIEPOP<br />
Rough<br />
Trade<br />
Auch auf ihrem zweiten Album klingen<br />
Deckchair Orange, als kämen sie direkt<br />
von der britischen Insel: treibendes Schlagzeug,<br />
melodiöse Gitarren, verspielte Keyboards.<br />
Ihre deutsch-österreichischen Wur–<br />
zeln hört man den fünf Jungs nach wie<br />
vor nicht an – aber leider auch sonst<br />
nichts Unverkennbares. „The Age of the<br />
Peacock” macht innerhalb des Genres<br />
gleichwohl alles richtig und hat auch noch<br />
die eine oder andere interessante Geschichte<br />
auf Lager. Die Single „Dance with the<br />
Geeks” besticht mit Tanzbarkeit und der<br />
kryptischen Textzeile „We raise our fists in<br />
love of gravity”. Aber böse ausgedrückt:<br />
Deckchair Orange klingen immer ein wenig<br />
wie Musterschüler des Kurses „Britrock<br />
für Nachahmer”. Was okay ist, wenn man<br />
das Genre mag. (kat)<br />
Faust<br />
Something dirty<br />
KRAUTROCK<br />
Indigo<br />
Schon immer schwankten Faust-Alben<br />
zwischen Bedeutungslosigkeit und -huberei.<br />
Man wusste nie, was noch Dilettantismus<br />
war und was bereits kunstvolle Ver-<br />
kulturnews 2/11<br />
3//<br />
3//<br />
einfachung. Auch diesmal. „Tell the Bitch<br />
to go home“ etwa ist ein wild geprügelter<br />
instrumentaler Undergroundrocker, der um<br />
ein enervierendes Riff kreist wie der Macho<br />
um die renitente Schlampe, die nach dem<br />
ordentlich absolvierten Blowjob einfach<br />
nicht abhauen will. Ist das schon postfeministisch<br />
oder noch frauenfeindlich? Verkörpert<br />
das dumpfe Ressentiments, oder<br />
ist das schon wieder ironisch in seinem<br />
anscheinend ungebrochenen (oder gar doppelt<br />
gebrochenen) Ernst? So lärmt sich die<br />
Hamburger Krautrocklegende durch diverse<br />
Deutungsmöglichkeiten, sie wühlt im<br />
Pathos, Jean Hervé Peron bramabasiert<br />
französische Textfetzen. „Herbststimmung“<br />
schraubt sich aus lyrischem Beginn hoch<br />
in eine epische Skulptur, als wollte es von<br />
Mogwai gecovert werden; „Lost the Signal“<br />
geriert sich als Psychoblues, der auch aufs<br />
erste Album von Ash Ra Tempel von 1971<br />
gepasst hätte. Alles wirkt unbehauen, skizzenhaft,<br />
dreckig – und simuliert dabei unablässig<br />
eine postrockistische Größe, die<br />
Eindruck schinden will, ohne dass man<br />
rausbekommt, ob wirklich etwas Großes<br />
dahintersteckt. Und wahrscheinlich will<br />
die Band das genauso haben. (mw)<br />
Feist<br />
Look at what the Light did now<br />
INDIEPOP<br />
Universal<br />
5//<br />
Nachdem die 85-minütige Doku über<br />
Feist bereits letztes Jahr in einigen wenigen<br />
Programmkinos zu sehen war, erscheint<br />
sie jetzt endlich auf DVD. Regisseur<br />
Anthony Secks hat die Entstehung<br />
des letzten Studioalbums „The Reminder“<br />
und die anschließende Tour mit der Kamera<br />
begleitet. Statt auf ansonsten für<br />
Musikdokus typische Szenen wie Tourexzesse,<br />
Streitereien und Backstageposereien<br />
zu setzen, vertieft sich Secks mit leisen<br />
Bildern und vielen Zeitsprüngen in das<br />
künstlerische Konzept der kanadischen<br />
Singer/Songwriterin. Was natürlich auch<br />
durch Feists Persönlichkeit befeuert wird,<br />
die sich immer wieder zurücknimmt und<br />
die Aufmerksamkeit auf ihre Lichtdesigne–<br />
rin Clea Minaker und vor allem auf die<br />
Produzenten Mocky, Gonzales und Jamie<br />
Lidell lenkt. Doch das ganz große Ablen–<br />
kungsmanöver gelingt ihr nicht – trotz<br />
grandioser Extras wie zwei Kurzfilmen mit<br />
Feist als Darstellerin oder Ideengeberin<br />
und vielem raren Archivmaterial, trotz
einer Bonus-CD mit dem bisher unveröffentlichten<br />
Titelsong „Look at what the<br />
Light did now“ und vielen Livemitschnitten.<br />
Denn seit mittlerweile fast vier Jahren<br />
warten wir sehnsüchtig auf ein neues<br />
Studioalbum; daran ändert auch diese<br />
DVD nichts. (cs)<br />
Gang Of Four<br />
Content<br />
Pop, Rock + Dance // platten 61<br />
POSTPUNK<br />
Rough<br />
Trade<br />
Würden Gang Of Four auf Karriereberater<br />
hören, sie hätten ihr Comebackalbum bereits<br />
vor knapp zehn Jahren veröffentlicht.<br />
Damals war britische Gitarrenmusik wieder<br />
einmal angesagt, und so ziemlich<br />
jede hippe Band von Bloc Party bis Franz<br />
Ferdinand nannte die britischen Postpunks<br />
als Vorbild und Inspirationsquelle. Inzwischen<br />
sind Spielereien mit Elektro in der<br />
Indieszene viel gefragter, doch weil sich<br />
das Quartett um die beiden Gründungsmitglieder<br />
Jon King und Andy Gill eben<br />
nicht für Trends interessiert, klingt „Content“<br />
lediglich ein bisschen gitarrenverliebter<br />
und rauer als ihr legendäres Debüt<br />
„Entertainment“ aus dem Jahr 1979.<br />
Beibehalten haben sie auch ihren politischen<br />
Scharfsinn, und wenn sie in den<br />
Texten die Ökonomie und unsere digitalen<br />
Spielzeuge kommentieren – dann sind sie<br />
eben doch voll und ganz auf Höhe der<br />
Zeit. „Who can steal when everything is<br />
free, who am I when everything is me“?,<br />
fragen sie im Refrain der Single „Who am<br />
I“, mit der sie den Indieclubs nach mehr<br />
als 30 Jahren endlich einen Nachfolger<br />
für den ewigen Klassiker „Damaged Goods“<br />
anbieten. Und diese grandiose Hookline<br />
hätte ihnen kein Karriereplaner durchgehen<br />
lassen. (cs)<br />
Greg Olliver & Wes Orshoski<br />
Lemmy<br />
THRASHROCK<br />
WVG<br />
Medien<br />
4//<br />
5//<br />
„Die Atombombe“, sagt ein Fan, „werden<br />
nur zwei Dinge überleben: Lemmy<br />
und die Kakerlaken.“ Diesen Tonfall der<br />
Verehrung machen sich auch die Regisseure<br />
dieses 105-Minuten-Films zu eigen.<br />
Dabei beginnt er mit Einblicken, die der<br />
ikonografischen Größe des unverwüstlichen<br />
Rockmonsters Lemmy Kilmister (65)<br />
zu widersprechen scheinen: Lemmy beim<br />
Daddeln in seiner Messiewohnung, Lemmy<br />
beim Kochen in der Junggesellenküche.<br />
Doch dann geht die Post ab: witzige Radioauftritte,<br />
Reisen zu seinen Wurzeln,<br />
Liveausschnitte mit seiner Band Motörhead<br />
und immer wieder Schwärmereien selbst<br />
blutjunger Fans. Und Lemmy weiß, was<br />
er seinem Ruf schuldig ist. „Stimmt es,<br />
dass du mit 2 000 Frauen im Bett warst?“,<br />
fragt ihn der geschniegelte Radiomann.<br />
„Nein, das hat dieses Blatt erfunden“, knurrt<br />
Lemmy. „Ich habe 1 000 gesagt.“ Überall<br />
Fallhöhen: Lemmy will nie mehr aus seiner<br />
Wohnung in Los Angeles ausziehen, weil<br />
sie nur 900 Dollar im Monat kostet und<br />
der Vermieter jährlich um maximal sechs<br />
Prozent erhöhen kann – die Rockikone als<br />
Sparfuchs. Allerdings tauscht er die Freundinnen<br />
mit seinem Sohn, und das rückt<br />
alles wieder gerade. Eine amüsante Hommage<br />
an einen der größten und konsequentesten<br />
Rocker aller Zeiten, mit über<br />
drei Stunden Bonusmaterial. (mw)<br />
Hercules & Love Affair<br />
Blue Songs<br />
DISCOHOUSE<br />
Universal<br />
5//<br />
Nicht wenige erwarten vom zweiten Album<br />
eine radikale Frischzellenkur für die<br />
seit dem Ed-Banger-Boom stagnierende<br />
Clubmusik. Immerhin konnte das New<br />
Yorker Projekt um Mastermind Andy Butler<br />
mit seinem Debüt 2008 ein Discorevival<br />
anschubsen, und das von Antony gesungene<br />
„Blind“ gehört auch heute noch zu<br />
jeder guten Party. Doch genau da lag auch<br />
Butlers Hauptproblem: Nach seinem weltweiten<br />
Erfolg fehlte Antony die Zeit, auch<br />
Nomi Ruiz konzentriert sich mittlerweile<br />
auf ihre Solokarriere mit Jessica 6. Von<br />
der alten Sängertruppe ist lediglich Kim<br />
Ann Foxman wieder dabei. Doch Butler<br />
schloss die Lücken mit grandiosen Neuentdeckungen:<br />
Er engagierte den Housesänger<br />
Shaun J. Wright aus Chicago und traf<br />
in Berlin die aus Venezuela stammende<br />
Opernsängerin Aerea Negrot. So kann er<br />
in zwei entgegengesetzte Richtungen gehen:<br />
Er legt Vocal-House-Stücke wie „My<br />
House“ oder „Falling“ vor, mit denen er<br />
noch cluborientierter ist als auf dem Debüt,<br />
während er beim Titelstück oder mit der<br />
kulturnews 2/11<br />
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62 platten // Pop, Rock + Dance<br />
Coverversion von „It’s alright“ sehr experimentelle<br />
und sphärische Kompositionen<br />
abliefert. Und so ist der Auftrag mit der<br />
Frischzellenkur auch gleich doppelt erledigt:<br />
Das Houserevival ist nicht mehr aufzuhalten,<br />
aber man muss gar nicht jede<br />
Nacht ausgehen. Denn „Blue Songs“ ist<br />
eins jener seltenen Dancealben, die auch<br />
zu Hause auf dem Sofa funktionieren. (cs)<br />
Imelda May<br />
Mayhem<br />
ROCK’N’ROLL<br />
Universal<br />
2//<br />
Imelda May ist in Irland schon ein Superstar,<br />
gilt als Antwort auf Amy Whinehouse,<br />
als Frau mit unverwechselbarem Stil zwischen<br />
Rockabilly und Jazz. Wäre dem<br />
nicht so: Was für eine Enttäuschung! Die<br />
Wahrheit liegt wie so oft dazwischen – und<br />
hier etwas darunter. Mays zweites Album<br />
repetiert Hundertmalgehörtes, bei dem<br />
auch Genrefans die Föhntolle nicht durchgepustet<br />
wird. Hübsch verpackt ist es<br />
allemal, gekonnt produziert und für jede<br />
Themenparty geeignet. Aber besonders<br />
die Texte der Irin gehen auf keine elektrische<br />
Bullenhaut. Darin ist sie entweder<br />
fürchterlich verliebt, oder sie besingt ihre<br />
fabelhaften Eigenschaften. Bescheiden<br />
und stolz ist sie also, ein richtig toller Fang,<br />
hat ewig nach der Ewigkeit gesucht und<br />
weiß, dass das Leben Höhen und Tiefen<br />
hat. So so. Gut, die Iren trinken ja auch<br />
mehr als wir: Tut man es ihnen gleich,<br />
hat auch „Mayhem“ seine Momente. (ms)<br />
Marianne Faithfull<br />
Horses and High Heels<br />
SONGWRITER-<br />
POP<br />
Indigo<br />
4//<br />
Marianne Faithfull kann sie alle haben:<br />
Exklusiv für ihr 23. Album hat der irische<br />
Dichter Frank McGuinness den Text zu<br />
„The old House“ geschrieben, Lou Reed<br />
greift mehrmals für die Diva zur Gitarre,<br />
auch Dr. John und Wayne Kramer (MC5)<br />
stehen auf der Gästeliste. Trotzdem überrascht<br />
Faithfull vor allem mit verstärktem<br />
DIY-Anteil: Während sie sich zuletzt auf<br />
Interpretationen fremder Kompositionen<br />
konzentrierte, sind diesmal auch vier<br />
Songs dabei, an denen sie zumindest als<br />
Koautorin beteiligt war. Vielleicht überzeugen<br />
eigene Stücke wie die Trennungshymne<br />
„Why did we have to part“, der<br />
Ohrwurm „Prussian Blue“ oder das optimistische<br />
„Eternity“ vor allem deshalb,<br />
weil sie bei den Coverversionen auch mal<br />
daneben greift. Allen Touissants „Back in<br />
Baby’s Arms“ bleibt öder Soulschmonz,<br />
und beim Bluesstampfer „No Reason“<br />
klingt sie sogar erstmals richtig gestrig.<br />
Doch wenn sie in „That’s how every<br />
Empire falls“ mit dem Älterwerden hadert,<br />
verzeiht man ihr jeden missglückten Flirt<br />
mit ollem Country und Blues. (cs)<br />
Max Raabe & Annette Humpe<br />
Küssen kann man nicht alleine<br />
CHANSONPOP<br />
Universal<br />
2//<br />
Die charmant-weiche, wachsbleiche<br />
Wohlfühlstimme von Max Raabe präsentiert<br />
sich hier in zwölf Liedern, die aus<br />
der gemeinsamen Feder von Raabe und<br />
NDW-Legende Annette Humpe kommen.<br />
Doch zu lahm und langweilig sind die<br />
kleinen „Reim dich, oder ich fress dich“-<br />
Geschichten über die Liebe und zu künstlich<br />
auf 20er-Jahre geschminkt. Denn die<br />
oft synthetisch klingenden Arrangements<br />
bedienen ausschließlich die Emotionalität<br />
moderner Schlagerbegleitung. „Küssen<br />
kann man nur alleine“ fehlt völlig der witzig<br />
instrumentierte und parodistische<br />
Unterton etwa von „Ich küsse Ihre Hand,<br />
Madame“. Gut möglich, dass bei Max<br />
Raabe wieder kein Schwein anruft wegen<br />
dieser Produktion. (jn)<br />
Mogwai<br />
Hardcore will never die, but you will<br />
POSTROCK<br />
Pias<br />
Weiterhin ist es eine bewegende Sache,<br />
sich einem Mogwai-Album auszusetzen.<br />
Vor allem deshalb, weil man immer Angst<br />
davor hat – und doch am Ende erschöpft<br />
und glücklich ist. Zum siebten Mal gön-<br />
01.05. ALTENMARKT<br />
03.05. AUGSBURG<br />
04.05. NÜRNBERG<br />
05.05. ULM<br />
06.05. HOF<br />
07.05. ESSENBACH<br />
08.05. BAYREUTH<br />
10.05. BREMEN<br />
11.05. MÜNSTER<br />
12.05. DÜSSELDORF<br />
13.05. KÖLN<br />
14.05. MAINZ<br />
15.05. ASCHAFFENBURG<br />
17.05. STUTTGART<br />
18.05. KEMPTEN<br />
19.05. PASSAU<br />
20.05. MÜHLDORF<br />
21.05. WEIDEN<br />
22.05. DRESDEN<br />
24.05. BERLIN<br />
25.05. HAMBURG<br />
26.05. HANNOVER<br />
27.05. KALRSUHE<br />
29.05. MÜNCHEN<br />
TICKETHOTLINE: 01805 - 57 00 35<br />
(0,14€/Min., Mobilfunkpreise max. 0,42€/Min.)<br />
In allen teilnehmenden MÜLLER Filialen mit<br />
Multimedia Abteilung erhältlich. Nur solange Vorrat reicht.<br />
4//
nen sie uns den Schauer, den Schrecken,<br />
das Vergnügen, ihnen dabei zuzuhören,<br />
wie sie Brücken schlagen zwischen dem<br />
Schönen und dem Brachialen. Im groovenden,<br />
fast schon Wilco-esk krautrockigen<br />
„Mexican grand Prix“ raunen, flüs–<br />
tern, zischeln Stimmen durcheinander,<br />
und weil es niemals ohne Saiten gehen<br />
wird bei den Schotten, mischt auch eine<br />
plappernde Vocodergitarre mit. „Rano<br />
Pano“ hingegen inszeniert mit schweren<br />
Metalbässen die Stimmung unter Wolken<br />
aus Blei, während „White Noise“, „Too<br />
raging to Cheers“ und „How to be a Werewolf“<br />
klassische Mogwai-Stilübungen sind –<br />
die hohe Kunst des Klangkathedralenbaus.<br />
Das siebte Album dieser singulären Band<br />
ist abwechslungsreicher als die Vorgänger,<br />
doch es deutet unsere Ära ähnlich wie<br />
bisher: als Zeit handgemachter, also ganz<br />
und gar säkularer Bedeutungsschwere.<br />
Hinter der Monströsität der Klänge lauert<br />
das Nichts, und je größer und gewichtiger<br />
diese Klänge sind, desto länger wird es<br />
uns gelingen, dieses Dahinter zu vergessen.<br />
Eskapismus von der Erhabenheit eines<br />
Wintergewitters. (mw)<br />
3...2...1... A Rocket Girl Compilation (Rough Trade)<br />
klingt wie 4AD fürs 21. Jahrhundert und schwankt<br />
zwischen Düsterwave (A Place To Bury Strangers)<br />
und sphärischen Meditationen (Robin Guthrie).<br />
Nathaniel Rateliff<br />
In Memory of Loss<br />
SINGER/<br />
SONGWRITER<br />
Universal<br />
4//<br />
Produzent Brian Deck trug im Studio wohl<br />
Gazehandschuhe, so bedächtig tupft er<br />
die Klangfarben für Nathaniel Rateliff hin.<br />
Der bärtige Balladensänger aus Missouri<br />
legt vor allem Wert auf intime Intensität,<br />
kann aber auch anders. Wie in „Early<br />
Spring till“, in dem seine Stimme überraschend<br />
hell wird, als sie unter Druck gerät.<br />
Hier schafft Deck die Balance mit<br />
einer verzerrten E-Gitarre, die den Hintergrund<br />
dominiert bis in die Ferne. Ein häufiges<br />
Stilmittel der Produktion: die Intimität<br />
des Vordergrundes zu kontrastieren und<br />
zu kommentieren mit Klängen tief im Raum<br />
– wie die angespannt summende Orgel in<br />
„Longing and losing“. Eigentlich benötigen<br />
Rateliffs Songs über Kämpfe und Kommunikation<br />
nur die trocken gezupfte Gitarre<br />
und seinen (oft gedoppelten) Gesang, der<br />
die Silben manchmal abgehackt serviert,<br />
als wolle er ihnen mehr Nachdruck verleihen.<br />
Doch Decks Ideen tun ihnen gut; sie<br />
Pop, Rock + Dance // platten 63<br />
holen den einsamen Wolf raus aus der<br />
Bretterbude. Rateliff wirkt wie eine introvertiertere<br />
Version des Folkberserkers Micah<br />
P. Hinson – und wie der Kollege aus<br />
Texas wird auch Rateliff immer ein Mann<br />
für die kleinen Clubs bleiben. Zumindest<br />
in dieser Welt. (mw)<br />
Pat Appleton<br />
Mittendrin<br />
SOULPOP<br />
Edel<br />
„What’s next?“: Bereits der Titelsong ihres<br />
Solodebüts von 2007 formulierte die Frage,<br />
wo es hingehen soll mit der De-Phazz-<br />
Sängerin. Der Nachfolger „Mittendrin“ gibt<br />
eine Antwort, die vielleicht überrascht:<br />
Frau Appleton singt jetzt deutsch. Und das<br />
wird nicht jedermanns Sache sein. Denn<br />
wo die Musik gewohnte Pfade zwischen<br />
Soul, Pop und Jazz beschreitet, die Stimme<br />
das Spektrum vom Sprechen übers<br />
Schmeicheln bis zum rockigen Röhren<br />
abschreitet, gehen die Texte ihre eigenen<br />
Wege und verrennen sich auch mal. „Grau<br />
ist elegant, Grau ist schlank, doch Grau<br />
kann der Hoffnung nichts beweisen“: Zeilen<br />
wie diese bleiben nebulös. „Englisches<br />
läuft gerne auch mal nebenbei“, sagt Appleton,<br />
„singt man aber auf Deutsch, hören<br />
die Leute zu.“ Man hört Appleton gern<br />
zu – aber nicht unbedingt wegen dem,<br />
was sie singt, sondern wie sie es singt. (kab)<br />
Patty Moon<br />
Mimi and me<br />
INDIEPOP<br />
3// Indigo 4//<br />
Nach einer japanischen Legende lebt auf<br />
dem Mond ein Reiskuchen stampfender<br />
Hase. Ähnlich flauschig gibt sich das neue<br />
Album von Patty Moon, also Sängerin/Songschreiberin<br />
Judith Heusch (alias Patty Moon)<br />
und Arrangeur/Produzent Tobias Schwab.<br />
Das Duo vermischt Orchestergrandeur mit<br />
klassischen Popkompositionen – wie eine<br />
optimistische Version von Soap & Skin mit<br />
einem Hauch Regina Spektor. Hier wird<br />
von großen Gefühlen gesungen, Edgar Allan<br />
Poe zitiert und sphärisch über dem<br />
Piano geschwebt, und zwar ohne sich in
64 platten // Pop, Rock + Dance<br />
Experimentellem zu verlieren. Die zarte<br />
Stimme Heuschs hat gerade genug Kraft,<br />
um knapp am Prädikat dünn vorbeizuschrammen,<br />
weiß sich jedoch gekonnt mit<br />
dem opulenten Hintergrund zu vermählen.<br />
Auch Kurzausflüge in Jazzgefilde oder Postrockminenfelder<br />
übersteht Patty so problemlos,<br />
dass wir den Reiz der Gefahr des Schei–<br />
terns zu vermissen beginnen. Ein tieferes<br />
Abtauchen in dunkle Gewässer bleibt leider<br />
aus, doch dann gibt es für Patty Moon<br />
halt in Zukunft noch eniges zu entdecken.<br />
Wir freuen uns drauf. (ms)<br />
Quicksand<br />
Economic Poetry<br />
LOUNGEPOP<br />
Edel<br />
3//<br />
De-Phazz-Gründer Pit Baumgärtner bedient<br />
ein schwieriges Spartenpublikum:<br />
intelligente, trendbewusste Menschen vom<br />
Typus des wertkonservativen Hipsters. Da<br />
muss die Melange frisch daherkommen,<br />
ohne Vertrautes auszuklammern. Der völlig<br />
unbemühte Umgang mit den bekann-<br />
ten Modulen ist die Stärke von „Economic<br />
Poetry“ – das gilt für den Griff zum jeweils<br />
stimmigen Instrumentalschnipsel ebenso<br />
wie für den rhetorischen Raubzug durch<br />
die Popsprache der zurückliegenden Jahrzehnte.<br />
Sandie Wollasch schnäbelt die<br />
feine Platitüdenpoesie mit dem blasiertnaiven<br />
Timbre einer Katie Melua oder<br />
einer Annett Louisan ins Mikro. Ihre Hauchstimme<br />
ergänzte sich bis dato immer am<br />
besten mit tieffrequenten Begleitern wie<br />
Hellmut Hattler oder Esperanza Spalding.<br />
Quicksand dagegen kommt leichtfüßiger<br />
daher, tut nirgendwo weh, passt irgendwie<br />
immer ins Ohr – ist aber auch genauso<br />
schnell wieder aus dem Ohr verschwunden.<br />
(ron)<br />
Schandmaul<br />
Traumtänzer<br />
FOLKROCK<br />
Edel<br />
4//<br />
Auf ihrem siebten Studioalbum versammeln<br />
Schandmaul all die Zutaten, die ihre<br />
Alben seit Jahren in die Charts bringen:<br />
eingängige, leicht mitsingbare Texte, tanzbare<br />
Riffs plus Einsprengsel von<br />
Schalmeien, Dudelsack, Geige, Flöte und<br />
Drehleier. Dabei kommen auf<br />
„Traumtänzer“ einige Songs rockiger daher<br />
als gewohnt, was dem Gesamtsound<br />
durchaus gut tut. Besonderes<br />
Schmankerl: Schandmaul durften exklusiv<br />
eine Passage aus dem kommenden Buch<br />
von Fantasyikone Wolfgang Hohlbein vertonen;<br />
der Meister ist großer Fan der<br />
Band. Vielleicht trifft man ihn ja auf<br />
einem der Konzerte, die Schandmaul im<br />
März durch ganz Deutschland führen<br />
werden. (es)<br />
Social Distortion<br />
Hard Times and Nursery Rhymes<br />
PUNKROCK<br />
Indigo<br />
5//<br />
Natürlich sind die Kalifornier über den<br />
Punk weit hinaus. Im 32. Bandjahr haben<br />
Mike Ness & Co. längst diverse Stile in<br />
ihren Sound integriert – von Country über<br />
Rockabilly bis (neuerdings) Soul – und<br />
Foto: Südpolmusic<br />
Killerpilze<br />
inszenieren ihren gitarrensatten Gruppenklang<br />
so ziel- und stilsicher, dass sich Sid<br />
Vicious im Grab umdreht. Ness’ Gesang<br />
hat noch immer die Eindringlichkeit einer<br />
Massage mit Schmirgelpapier – und er ist<br />
ein virtuoser Gitarrist, der bei Bedarf von<br />
Twang- bis Flageoletttönen alles drauf<br />
hat. Was die Band mit den Anfängen verbindet,<br />
ist ihr unverändert hohes Energielevel.<br />
Und Ness’ Händchen für Ohrwürmer<br />
wie das programmatische Schlussstück<br />
„Still alive“ will und will nicht nachlassen.<br />
Der Soulfuror von „California (Hustle and<br />
flow)“ mit seinen Backgroundbienen, die<br />
Lust an der schönen Melodie, die sich in<br />
einem euphorischen Punksetup verprügeln<br />
lassen muss („Gimme the Sweet and<br />
Lowdown“), das obligate Hank-Williams-<br />
Cover („Alone and forsaken“): All das macht<br />
das neue Album der Kalifornier, das frecherweise<br />
mit einem Instrumental beginnt,<br />
zum ungetrübten Vergnügen. Nur wenige<br />
sind würdig, die Fackel des Rock’n’Roll<br />
auch noch im 21. Jahrhundert hochzuhalten,<br />
So D gehören dazu, definitiv. (mw)<br />
Drive-By Truckers mischen auf „Go-Go Boots“<br />
(Rough Trade) Soul, Country und Rootsrock mit<br />
mehr Ernst als bisher – und glänzen mit einer<br />
transparenten Produktion, in der man am liebsten<br />
baden möchte.<br />
präsentiert<br />
15. 4. // Kaiserslautern Kammgarn<br />
16. 4. // Frankfurt Nachtleben<br />
17. 4. // Recklinghausen Vest Arena<br />
18. 4. // Leipzig Moritzbastei<br />
19. 4. // Hamburg Beatlemania<br />
20. 4. // Hannover Musikzentrum<br />
21. 4. // Marburg KFZ<br />
26. 4. // Köln Werkstatt<br />
27. 4. // Berlin Comet<br />
28. 4. // Reutlingen Franz K<br />
29. 4. // Augsburg Kantine<br />
30. 4. // München 59to1<br />
Tickets und mehr über<br />
Killerpilze auf kulturnews.de
The Go! Team<br />
Rolling Blackouts<br />
INDIEPOP<br />
Rough<br />
Trade<br />
Überraschen kann das Go! Team mit seinem<br />
durchgeknallten Stilmix aus Powerpop,<br />
frühem HipHop, Cheerleadergesang,<br />
Funk, Big Beat und Sampleorgien natürlich<br />
nicht mehr: Der nervöse Opener<br />
„T.O.R.N.A.D.O.“ mit Rapperin Ninja am<br />
Mikro vereint, was ihre früheren Hitsingles<br />
auszeichnete, das instrumentale „Bust-out<br />
Brigade“ ist wieder mal eine vermeintliche<br />
Auftragsarbeit für den „Shaft“-Soundtrack,<br />
und selbst beim Morricone-Gospelsong<br />
„The running Range“ werden Fans ohne<br />
Schulterzucken mitsingen. Doch das Sextett<br />
aus Brighton hat seinen Sound perfektioniert:<br />
Waren sie in der Vergangenheit<br />
eine klassische Singlesband, weil die Alben<br />
auf Dauer schlicht zu anstrengend waren,<br />
funktioniert „Rolling Blackouts“ auch am<br />
Stück. Nie zuvor klang die Band so gut<br />
produziert und aufs Songwriting fokussiert.<br />
Hits gibt’s trotzdem, vor allem dank der<br />
Gäste: Bethany Cosentino von Best Coast<br />
Ab 10.12. als CD,<br />
2CD Special Edition<br />
& Download!<br />
4//<br />
lässt beim Powerpopsong „Buy nothing<br />
Day“ die Sonne aufgehen. Und wenn<br />
Deerhoofs Satomi Matsuzaki den<br />
„Secretary Song“ singt, steht man selbst<br />
den schlimmsten Arbeitstag durch. (cs)<br />
The Windupdeads<br />
Army of invisible Men<br />
INDIEPOP<br />
Sony<br />
Music<br />
4//<br />
Es verwundert nicht, dass The Windupdeads<br />
so oft auf Seriensoundtracks landen.<br />
Ihre Poprockhymnen sind wie dafür<br />
gemacht, große Gefühle zu untermalen.<br />
Nach „Reverse of Shade” bei „Gossip Girl”<br />
wird ihre neue Ballade „Substitutes” bei<br />
„One Tree Hill” zu hören sein. Wenn die<br />
vier Schweden um Sänger Rickard Olsen<br />
ihre Gitarren in die Hand nehmen und<br />
lossingen, ist Pathos Programm. Unweigerlich<br />
denkt man da an Muse: The Windupdeads<br />
klingen ein wenig wie ein amerikanischer<br />
Cousin der Briten – jünger, glatter,<br />
aber alles andere als oberflächlich. Wie<br />
viele schwedische Bands schaffen sie es,<br />
Pop, Rock + Dance // platten 65<br />
Eingängigkeit und Unverkennbarkeit unter<br />
einen Hut zu bringen. „Don’t let go” besticht<br />
mit Weezer’scher Leichtigkeit, „Blood<br />
on her Hands” wird vom Schlagzeug angetrieben,<br />
und „Next Year” ist ein rückhaltloses<br />
Eingeständnis eigener Fehler.<br />
Zur Textzeile „I try to get better next year”<br />
lässt es sich wunderbar über gebrochene<br />
Vorsätze heulen. Die Windupdeads selbst<br />
haben mit „Army of Invisible Men” jedenfalls<br />
einen guten Start ins Jahr. (kat)<br />
Ton<br />
Diskussionen mit dem Eisberg<br />
GITARRENPOP<br />
Alive<br />
3//<br />
Während die Amerikaner in den 90ern<br />
ständig neue Poppunker ins MTV-Programm<br />
drückten, steuerte Deutschland<br />
nichts zu diesem Genre bei. Doch dann<br />
krawallten plötzlich Tobias Röger und Konsorten<br />
als The Wohlstandskinder rotzige<br />
Riffs und verworrene Texte heraus – war<br />
das toll! Inzwischen ist die Formation leider<br />
längst Geschichte, Ex-Frontmann<br />
Röger gibt es aber als Sänger der Kölner<br />
Band Ton immer noch zu hören. Allerdings<br />
haben sie die BPM-Zahl runtergedreht,<br />
texten klarer und sind sich für keine große<br />
Gefühlsgeste zu schade. Schon auf ihrem<br />
Debüt „Wir haben die Zeit, sie uns zu<br />
nehmen“ ließen’s die Jungs ordentlich<br />
triefen. „Diskussionen mit dem Eisberg“<br />
gelingt mit mehr Gitarreneinsatz und<br />
kreativeren Drumparts besser. Da kommen<br />
Fans von Silbermond und Wir Sind<br />
Helden bestimmt auf ihre Kosten; alle<br />
anderen müssen die Wohlstandskinder<br />
weiterhin schmerzlich vermissen. (mh)<br />
Wire<br />
Red barked Tree<br />
Der bahnbrechende neue Soundtrack von DAFT PUNK • 22 neue Tracks inkl. "Derezzed"!<br />
Ab Januar 2011 im Kino in 3D - Trailer & vieles mehr auf disney.de/tron/<br />
Join TRON on Facebook: facebook.com/Tron<br />
POSTPUNK<br />
Cargo<br />
5//<br />
Sie standen nie im Rampenlicht, doch<br />
sie warfen immer lange Schatten. Wire<br />
lieferten in 35 Jahren einen Setzkasten<br />
voller Innovationen, die eine Heerschar<br />
von Epigonen (z. B. Bloc Party) und Kopisten<br />
(Elastica) hervorbrachten. Nun, auf<br />
© Disney Enterprises, Inc.
66 platten // Pop, Rock + Dance // Jazz + Classics<br />
ihrem zwölftem Studioalbum, geben sich<br />
die Londoner Artpunkpioniere zeitlos wie<br />
eh und je. Das scheinbar ziellos vor sich<br />
hin treibende „Please take“ gewinnt aus<br />
seiner Entrücktheit Momente geradezu na–<br />
iver Schönheit, doch sofort folgt eine monotone<br />
Punkminiatur, die von „Chairs missing“<br />
stammen könnte. Das Werk revolutionierte<br />
1978 den Punk und führte ihn<br />
aus der kreativen Sackgasse. „Red barked<br />
Tree“ ist nun ein eindrucksvoller Relevanzbeweis<br />
– und gibt einer neuen Generation<br />
die Chance, Wire zu entdecken. (nek)<br />
Archiv + Repertoire<br />
Eva Cassidy<br />
Simply Eva<br />
FOLK<br />
Rough<br />
Trade<br />
Erst nach ihrem Krebstod 1996 wurde<br />
die Washingtoner Sängerin Eva Cassidy<br />
weltberühmt. Die Unplugged-Zusammenstellung<br />
„Simply Eva“ gehört zu den besten<br />
dieser posthumen Veröffentlichungen.<br />
Cassidy singt ihre (Cover-)Standards zur<br />
selbstgezupften Akustikgitarre – mit unvergleichlich<br />
klarer und doch alles andere<br />
als aseptischer Stimme, die von Folk bis<br />
Jazz stets die songadäquate Koloratur<br />
trifft. Die zwölf Aufnahmen – darunter mit<br />
Jesse Fullers „San Francisco Bay Blues“<br />
auch ein bisher ungehörtes Stück aus<br />
Cassidys Repertoire – klingen gut produziert;<br />
wenn es Demos waren, dann haben<br />
die Remasterer tolle Arbeit geleistet. Manches,<br />
was bisher von Cassidy erschien,<br />
litt unter allzu zuckrigen Arrangements.<br />
Dieses Problem hat „Simply Eva“ zum<br />
Glück nicht. Wir hören hier den reinen<br />
Klang einer Stimme, die alles konnte, doch<br />
dies der Welt tragischerweise niemals zeigen<br />
durfte. (mw)<br />
George Michael<br />
Faith – Special Edition<br />
MAINSTREAM-<br />
POP<br />
Sony<br />
Music<br />
Die Kirchenorgel am Anfang bereitete einen<br />
keineswegs vor auf das, was folgen<br />
sollte: auf den Schmiss, die Energie, die<br />
pure Poplust, die das Solodebüt des da-<br />
kulturnews 2/11<br />
5//<br />
5//<br />
mals 24-jährigen George Michael zu einem<br />
der erfolgreichsten Alben aller Zeiten werden<br />
lassen sollten. Das Titelstück überzeugt<br />
mit kackfrecher Akustikökonomie,<br />
die Überballade „Father Figure“ bietet alles<br />
an episch-elektronischen Sounds auf, was<br />
1987 en vogue war, und bleibt dennoch<br />
so transparent wie ein Seidentuch. So geht<br />
es weiter: Jeder Song eine neue Klangidee,<br />
ein neuer Beat, ein neuer Arrangementeinfall.<br />
Und am Ende summierte sich das<br />
alles zum Popmeisterstück, das sich bis<br />
heute über 20-millionenmal verkaufte und<br />
den Mann, der sich das alles ausgedacht<br />
hatte, zum Superstar machte. Mit der remasterten<br />
Neuauflage im mattschwarzen<br />
Pappschuber liegt nun endlich eine Fassung<br />
vor, welche die Dynamikmängel der<br />
ersten CD-Auflage behebt. Dazu gibt es<br />
eine Bonus-CD mit Raritäten und Instrumentals<br />
sowie (in der „Special Edition“)<br />
eine DVD mit Interviews und Videoclips.<br />
In allen Konfigurationen natürlich enthalten:<br />
der libertinäre, hedonistische Kampfruf<br />
„Sex is natural, sex is fun!“ (mw)<br />
Wir Sind Helden<br />
Tausend wirre Worte – Deluxe Edition<br />
DEUTSCHPOP<br />
Sony<br />
Music<br />
4//<br />
Wir Sind Helden im Veröffentlichungswahn:<br />
Erst im Sommer erschien das Comebackalbum<br />
„Bring mich nach Hause“, noch im<br />
November machten Sängerin Judith Holofernes<br />
und Schlagzeuger Pola Roy mit dem<br />
Nebenprojekt Per Anders in Flüsterfolk, und<br />
schon legen sie mit einer Werkschau auf<br />
DVD und zwei CDs nach. Dabei muss man<br />
es dem konsumkritischen Quartett aber<br />
anrechnen, dass es sich mit einer Veröffentlichung<br />
im Februar wohl bewusst aus<br />
dem Weihnachtsgeschäft raushält. Zumal<br />
„Tausend wirre Worte“ nicht nur das Erwartbare<br />
bietet: Zusätzlich zu allen Videoclips<br />
bekommt man auch ein 45-minütiges<br />
„Heldendokumentationsvideo“, und vor<br />
allem gibt es neben den Singlehits auch<br />
eine Zusammenstellung mit B-Seiten, Livemitschnitten<br />
und Raritäten. Die „Alphamännchen“<br />
von der allerersten EP, die chinesische<br />
Version von „Kaputt“ für das „Poptastic<br />
Conversation China“-Projekt und<br />
sogar die von Holofernes mehr gekrächzte<br />
als gesungene Coverversion des Ton-Steine-<br />
Scherben-Klassikers „Halt dich an deiner<br />
Liebe fest“ rechtfertigen den Kauf – nicht<br />
nur für die treuesten Fans. (cs)<br />
Jazzplatte des Monats<br />
Ulla Haesen<br />
Love, Tears & Joy<br />
BRASILJAZZ<br />
Cargo<br />
Herrlich luftig startet Ulla Haesen in ihr<br />
Album, nämlich mit dem von Peter Fessler<br />
geschriebenen und charmant begleiteten<br />
„Postcard from Brazil“ und zwei stimmungsvollen<br />
brasilianischen Standards. Doch<br />
dann: Was haben Blood, Sweat & Tears<br />
auf diesem Album verloren? Nach sechs<br />
Takten schleicht sich das Gefühl ein, dass<br />
nicht jeder Song eine Sambaisierung verträgt.<br />
„Spinning Wheel“ ist definitiv so<br />
eine Nummer, die nach New Yorks drekkigem<br />
Regen schmecken sollte und nicht<br />
nach Sonne, Sand und Caipis. Einen nachhaltig<br />
störenden Eindruck hinterlässt dieser<br />
kleine Missgriff in die Coverkiste, denn<br />
so richtig mag man sich danach auch<br />
nicht mehr mit „Ella elle Lá“ oder „Aisha“<br />
anfreunden, obwohl das nun wirklich<br />
dankbare Tracks für die akustische Beset–<br />
zung und für Ulla Haesens Stimme sind.<br />
Das alles am Ende doch irgendwie zu mögen,<br />
ist dennoch nicht schwer: „Spinning<br />
Wheel“ mit der Skiptaste wegdrücken, bei<br />
„Unchain my Heart“ kurz auf den Balkon<br />
gehen und ansonsten die wunderschönen<br />
Gitarrenmomente sowie die rhythmische<br />
Legerezza genießen. (ron)<br />
Brad Mehldau<br />
Live in Marciac<br />
PIANOJAZZ<br />
Warner<br />
Der ungebremste Solist Brad Mehldau steht – will man einen Punkt auf der Skala<br />
zwischen Jazz und Klassik festlegen – der klassischen Moderne von Bártók und Prokofiew<br />
näher als den swingenden, singenden Kleinformen des Modern Jazz. Auch<br />
diese beherrscht er allerdings gekonnt in Titeln von Cole Porter („It’s all right with me“),<br />
Rodgers/Hammerstein („My favourite Things“) und Fain Webster („Secret Love“). Rockinspiration<br />
holt er sich bei Radiohead, Kurt Cobain und Lennon/McCartney. Man merkt<br />
die Freude, wenn der versierte Sideman einmal ganz allein das machen darf, was er<br />
will: beißende Klangflächen, rasende Cluster und minimalistische Ostinati. So entsteht<br />
eine faszinierende Sammlung alter und neuer Soloklavierideen, die über zwei CDs<br />
hinweg für den, der Ohren hat zu hören und Zeit zu lauschen, keine Langeweile aufkommen<br />
läßt. (jn)<br />
-Bewertung<br />
1=grausig bis 6= genial<br />
Kraan<br />
Diamonds<br />
FUSION<br />
Broken<br />
Silence<br />
5//<br />
3// 4//<br />
Kraan gibt es jetzt schon 40 Jahre lang,<br />
und noch immer sitzt die Band zwischen<br />
allen Stühlen; mit voller Absicht natürlich.<br />
Kraan sind keine Rockband, keine Jazzcombo,<br />
erst recht keine Krautrocktruppe.<br />
Sondern von allem ein bisschen. Ihr Groove<br />
ist geradeaus, die Improvisationen jazzig,<br />
der Sound superb. Hellmut Hattler (b)<br />
und die Wolbrandt-Brüder (Jan Fride, dr;<br />
Peter, g, synth, voc) fusionieren all ihre<br />
Einflüsse so ätherisch wie kraftvoll. Ihre<br />
Musik schimmert verchromt, sie ist so<br />
räumlich, dass sie an allen Ecken widerhallt,<br />
und manchmal kommt sogar ein echtes<br />
Rockriff vor wie in „Ring my Bell“,<br />
doch Peter Wolbrandts verfremdeter Gesang<br />
löst dann schnell wieder das Tau<br />
vom Boden. Ihr Wildern quer durch die<br />
Genres ist von Lust und Laune geprägt,<br />
hat inzwischen aber nicht mehr jenen<br />
Spontihumor, der ihren Alben in der<br />
Krautrockära oft eigen war. Übrigens<br />
bringt Hellmut Hattler parallel eine CD auf<br />
den Markt; sie ist weit technoider, sauberer.<br />
Kraan hingegen haben sich jene organische<br />
Klangfarbe bewahrt, die wohl nur<br />
entsteht, wenn eine echte Band interagiert.<br />
Und das darf sie gern auch in den<br />
kommenden 40 Jahren tun. (mw)
NUR FORT<br />
„Das hier ist erwachsener Jazzpop<br />
mit hohem Charmefaktor.“ Brigitte, 01.2011<br />
ON TOUR<br />
28.01. Elmau · 11.02. Karlsruhe* · 12.02. Mannheim* · 14.02.<br />
Stuttgart* · 15.02. München* · 16.02. Bonn* · 17.02. Dortmund*<br />
18.02. Düsseldorf* · 19.02. Mainz* · 21.02. Berlin* · 24.02.<br />
Kaiserslautern* · 25.02. Darmstadt* · 26.02. Hamburg* · 27.02.<br />
Lübeck* · 07.04. Bremen · 09.06. Pforzheim · 10.06. Wittlich<br />
11.06. Freiburg (* Doppelkonzert mit Jacky Terrasson im Rahmen<br />
der Jazz Today Tour)<br />
Minor Music CD MM 801140 LP MM 1140<br />
Neues Album „Nur Fort“<br />
www.lisa-bassenge.de · www.minormusic.de · www.x-act-event.de · www.karsten-jahnke.de
68 platten // Jazz + Classics<br />
Cæcilie Norby<br />
Arabesque<br />
VOCAL JAZZ<br />
Edel<br />
Mit ihrem achten Soloalbum debütiert<br />
die dänische Sängerin nun beim Münchner<br />
Label Act. An ihrer Seite eine prominent<br />
besetzte Band, unter anderen Ulf<br />
Wakenius (g), Bugge Wesseltoft (p) sowie<br />
am Bass und als Mitproduzent ihr Gatte<br />
Lars Danielsson. Die meisten der 15 Songs<br />
haben selbstgeschriebene Texte und basieren<br />
auf klassisch-impressionistischem<br />
Material. Das funktioniert meist tadellos<br />
und in einem Fall sogar exzellent: „No<br />
Phrase“, das auf Satie gründet, wartet mit<br />
stählernen Bluesklängen und einem Gesangsvortrag<br />
erster Güte auf, der beinahe<br />
dem Genius eines Tom Waits nahekommt.<br />
Bis auf die dämliche, psychedelisch funkende<br />
Version von „Bei mir bist du schön“<br />
ist es ein gut gemachtes, behutsam arrangiertes<br />
Album, das Norby als Singer/Songwriterin<br />
präsentiert, die sich auf Texte,<br />
Stimme und sparsame Klangarchitektonik<br />
verlassen kann. (jan)<br />
Caroline Henderson<br />
Keeper of the Flame<br />
VOCAL JAZZ<br />
Es ist bereits das neunte Album der 1962<br />
in Schweden geborenen und in Dänemark<br />
lebenden Sängerin. Sie begann ihre<br />
Karriere mit Popmusik und näherte sich<br />
zunehmend dem Jazz an, der ihrer Stimme<br />
mehr Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet.<br />
Die Songs auf dem neuen Album<br />
stammen von Cole Porter, Duke Ellington,<br />
Nina Simone, Bob Dylan, Tom Waits, PJ<br />
Harvey und anderen. Doch muss man<br />
keinesfalls befürchten, dass sich Henderson<br />
in den Sujets verirrt. Das verhindern<br />
die Arrangements und der gereifte Personalstil<br />
der Künstlerin. So klingen neun der<br />
zwölf Songs so frisch und selbstverständlich<br />
nach Caroline Henderson, dass man<br />
– wüsste man es nicht besser – sofort<br />
vermuten würde: Das sind ihre Songs. Es<br />
sind grandiose Interpretationen – in „Yesterday<br />
is here“ gibt es Passagen, die sind<br />
so schön, dass das unschöne Wort kongenial<br />
wahr wird. (jan)<br />
Nifty’s<br />
Naftularasa<br />
KLEZMER<br />
Nifty’s verwandeln Tradition in Avantgarde<br />
– indem sie Klezmer mit Metalgitarren<br />
mixen. Zwei Gitarren, Trompete, Bass und<br />
Schlagzeug: Mehr brauchen die fünf Musiker<br />
aus Österreich nicht für ihre Schöpfungen,<br />
die stilistische Abkömmlinge des<br />
verehrten Namensgebers sind. Der New<br />
Yorker Naftule „Nifty“ Brandwein galt einst<br />
als König des Klezmer und war ein Meister<br />
der Improvisation. Und die wird auch<br />
auf „Naftularasa” großgeschrieben. Ohne<br />
Gesang, aber mit vielen Ideen jammen<br />
sich Nifty’s durch die acht Songs der Platte,<br />
streuen (wie in „Octopussicat”) immer<br />
mal wieder Drumsoli ein oder lassen die<br />
Trompete die erste Geige spielen, bevor<br />
die Gitarren dem Klezmer den Garaus<br />
machen. Alles höchst elaboriert, aber ähnlich<br />
wie Freejazz nur für Gourmetohren<br />
bekömmlich. (kat)<br />
Ulrike Haage<br />
In:Finitum<br />
AVANTGARDE-<br />
JAZZ<br />
Sony<br />
Sunny<br />
4// Music 5// Moon 4// Indigo 5//<br />
Was die Pianistin und Komponistin<br />
Ulrike Haage auszeichnet: Sie widersteht<br />
Gewohnheiten. Ihre Schönheit kommt<br />
ohne Firlefanz daher, ihr Interesse gilt<br />
dem Klang an sich. Wohl pflegt sie auch<br />
eine besondere, mithin sonderbare Spiritualität,<br />
was sich jedoch in ihrer Tonsprache<br />
lediglich in einem Axiom manifestiert:<br />
Thema und Klang sind die allein gültigen<br />
Instanzen. Damit übertrifft sie den Jazz<br />
noch, neigt sie sich zur Avantgarde. So<br />
zelebriert Haage das Tonmaterial am Bechstein-Fügel,<br />
exploriert Repetitionen auf<br />
bisweilen messianisch meditative Weise;<br />
aber mehr noch geht es ihr um Konzentration,<br />
um eine gewissermaßen metaphysische<br />
Restauration. „In:Finitum“ könnte<br />
das Werk einer postmodernen Impressionistin<br />
sein, die sowohl mit Keith Jarrett<br />
als auch mit Pierre Boulez auszukommen<br />
weiß. (jan)<br />
info@blixstreet.co.uk<br />
Eva Cassidy<br />
G2-10199<br />
simply<br />
OUT NOW<br />
12 unveröffentlichte<br />
Solo Akustik Songs<br />
inklusive<br />
Over the Rainbow,<br />
Time After Time,<br />
Songbird und<br />
True Colours
Verneri Pohjola<br />
Aurora<br />
KAMMERJAZZ<br />
Edel<br />
4//<br />
Die vielleicht wichtigste Lektion, die Verneri<br />
und Ilmari Pohjola von ihrem 2008<br />
gestorbenen Vater Pekka gelernt haben,<br />
ist der kritische Blick auf Konventionen.<br />
Die zweitwichtigste: Sei so virtuos wie<br />
möglich, um deiner Kreativität keine technischen<br />
Grenzen zu setzen. Und die drittwichtigste:<br />
Sprich in musikalischen Bildern.<br />
Verneri Pohjola beherzigt all dies,<br />
und er verzichtet konsequent darauf, sich<br />
auf einen hohen Wiedererkennungsfaktor<br />
festlegen zu wollen. Eher ist es so, dass<br />
die Musik den Ton macht: Im Spannungsbogen<br />
zwischen kammermusikalischem<br />
Ernst, tänzerischen Eskapaden<br />
und nordischem Traditionalismus findet<br />
der Finne den jeweils stimmigen Ansatz.<br />
Vergleiche mit Miles Davis scheut Pohjola<br />
nicht, sonst hätte er kaum Rodrigos „Concierto<br />
de Aranjuez“ zwischen die Eigenkompositionen<br />
platziert: Das ist Davis, das<br />
bin ich, lautet die glasklare Ansage. (ron)<br />
Lang Lang<br />
Gran Turismo 5<br />
SOUNDTRACK<br />
Sony<br />
Classical<br />
Die elf Tracks dieser CD spielt Lang Lang<br />
keineswegs schlechter als bisher; was die<br />
Freude am Spiel des großen Virtuosen verändert,<br />
ist das Sammelsurium von Einzelnummern,<br />
die eine Verbindung zwischen<br />
klassischer Klaviermusik und dem<br />
Soundtrack zum populären Videorennspiel<br />
„Gran Turismo 5“ herstellen. Außer<br />
Stücken von Liszt, Bach, Beethoven und<br />
Chopin hat sich auch eine romantisch<br />
aufgemotzte Interpretation von Joplins<br />
„Entertainer“ eingeschlichen. Am schnittigsten<br />
gelingt dem chinesischen Klavierkünstler<br />
Prokofiews „Precipitato“, der<br />
noch besser im Zusammenhang der ganzen<br />
Sonate auf seiner „Vienna Live“-CD<br />
rüberkommt. Ob sich Gamer nun beim<br />
Spielen auch dem klassischen Hörgenuss<br />
hingeben? Und ob es klassische CD-Hörer<br />
jetzt hinüberzieht zum Videorennspiel?<br />
Abwarten und Tee trinken … (jn/mw)<br />
Jazz + Classics // platten 69<br />
Midori Seiler<br />
J. S. Bach: Partiten für Violine<br />
VIOLIN-KON-<br />
ZERT<br />
Sony<br />
Classical<br />
4// 5//<br />
Die Tochter einer japanischen Pianistin<br />
und eines bayerischen Pianisten spielt auf<br />
ihrem wunderbaren Guaneri-Instrument<br />
ebenso wunderbar leicht, flüssig und selbstverständlich<br />
das, was zum Schwersten der<br />
Gattung gehört. Die Professorin für Barockvioline<br />
und Barockviola in Weimar bringt<br />
auch die (bei aller Abstraktion) wichtigen<br />
tänzerischen Elemente überzeugend zur<br />
Geltung und besticht durch einen klaren,<br />
eleganten und sehr sauberen Ton, der mit<br />
seinem Vibrato sparsam und brillant umgeht.<br />
Ein Höhepunkt ist natürlich die berühmte<br />
Chaconne, deren vielstimmiger<br />
Klangreichtum von Midori Seiler hörenswert<br />
umgesetzt wird – übrigens im klangschönen<br />
Konzertsaal von Köthen, jener Stadt,<br />
in der Bach 1720 seine Suiten komponierte.<br />
(jn)<br />
Gilad Atzmon &<br />
The Orient House Ensemble<br />
The Tide has changed<br />
WORLDJAZZ<br />
Harmonia<br />
Mundi<br />
5//<br />
Das Orient House Ensemble wurde 2000<br />
in London gegründet und nach dem Hauptquartier<br />
der Palästinenser in Jerusalem<br />
benannt. Der zehnte Geburtstag bietet<br />
Anlass zum Rückblick auf die Entstehung<br />
einer eindrucksvollen Jazzsprache, die<br />
Fronten überwinden will. Die CD beginnt<br />
mit einer vielstimmigen Weill’schen Orgie,<br />
verfällt in Bluesmelancholie, vergewaltigt<br />
Ravels Bolero („Bolero at Sunrise“), kehrt<br />
aber zwischen London und Gaza auch<br />
immer wieder zu arabischen Klängen, Anklängen<br />
und Melodien zurück. Damit wird<br />
diese musikalische Reise zu einem originellen<br />
weltläufigen Jazztrip voller Powerplay,<br />
verborgener Schönheiten und interkultureller<br />
Begegnungen, der kunstvollfolkloristisch<br />
mit einer Fiesta endet („We<br />
laugh“). (jn)<br />
KOSTBARKEITEN AUS DER ZEIT DES VINYL - ERSTMALS AUF CD - KOMBINIERT MIT FÜNF NAGELNEUEN<br />
TITELN AUS DER JETZTZEIT. EINE REISE DURCH DAS LEBENSWERK VON KAREL GOTT<br />
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auf kulturnews.de<br />
70 bücher // Neue Literatur<br />
Nora Gomringer<br />
Kitsch mit Stil<br />
Was früher cool war, kann morgen schon<br />
kitschig sein. Nora Gomringer ist trotzdem<br />
keines ihrer Gedichte peinlich – nur die<br />
Videos dazu.<br />
kulturnews: Nora, wie schafft man es, dass Lyrik nicht kitschig<br />
wird?<br />
Nora Gomringer: Man muss Kitsch auf jeden Fall in Betracht<br />
ziehen. Er ist ein gewaltiges Stilmittel, und wenn man<br />
sich dessen bewusst ist, kann man ganz gut mit ihm arbeiten.<br />
Überhaupt muss doch nicht alles, was Kitsch ist,<br />
zwingend wertlos sein. He-Man ist mittlerweile auch kitschig,<br />
obwohl er während meiner Kindergartenzeit der Gott<br />
war. Und wenn du mit dieser Frage darauf hinaus willst,<br />
dass ich kitschig bin, will ich das Gespräch lieber beenden.<br />
kulturnews: Kitschig finde ich dich ja gar nicht. Viel eher:<br />
lustig.<br />
Gomringer: Das ist auch so ein Problem: Das Lustige wird<br />
rezipiert. Dabei ist vielleicht ein Drittel von dem, was ich<br />
mache, lustig. Bei Lesungen mache ich das schon klar zum<br />
Punkt, dass ich nicht nur die Spaßnudel und die lustige<br />
Henne bin. Da lese ich dann auch meine Holocaust-Texte.<br />
kulturnews 2/11<br />
kulturnews: Aber kann man bei Poetry Slams mit ernsten<br />
Texten überhaupt noch was reißen?<br />
Gomringer: In den letzten Jahren hat sich die Poetry-Slam-<br />
Szene schon sehr vehement dem Humor verschrieben. Da<br />
gibt es kaum noch Unterschiede zur Comedy- und Standup-Bühne.<br />
Aber deshalb müssen sich gute Slammer nicht<br />
einbilden, sie wären gute Comedy-Leute. Und genauso warne<br />
ich davor, zu denken, dass Poetry Slam irgendetwas<br />
mit Literatur zu tun hat. Klar hört man da immer mal einen<br />
lyrisch ansprechenden Text. Aber bis zum Buch oder<br />
zum verhandlungsfähigen Text, mit dem man sich argumentativ<br />
auseinandersetzen kann, ist es ein weiter Weg.<br />
kulturnews: Auf YouTube gibt’s dich auch in Lyrikclips zu<br />
sehen. Versuchst du damit einen neuen Vertriebskanal für<br />
deine Kunst zu etablieren?<br />
Gomringer: Diese Videos mache ja nicht ich, das sind<br />
meist Filmstudenten, die meine Texte illustrieren. Das verstehen<br />
viele Leute nicht: Zwar lese ich in den Filmen vor,<br />
das eigentliche Kunstwerk, nämlich den Film, machen<br />
aber andere. Übrigens sind mir diese Sachen manchmal<br />
schon sehr peinlich.<br />
kulturnews: Warum lässt du sie dann nicht löschen?<br />
Gomringer: Vielleicht gucke ich mir die mit 80 noch mal<br />
an und denke: Du magst nicht immer schön gewesen<br />
sein, aber du hast mal viel Energie gehabt und warst mal<br />
gesund. Schön, dass du dabei warst … Aber lassen wir<br />
das, das ist dir jetzt wahrscheinlich wieder zu kitschig.<br />
Interview: Mark Heywinkel<br />
Nachrichten aus der Luft ist bei Voland & Quist erschienen.<br />
Foto: Anny Maurer
Buch des Monats<br />
Helene Tursten<br />
Der im Dunkeln wacht<br />
KRIMI<br />
Aus d. Schwed. v.<br />
Lotta Rüegger u.<br />
Holger Wolandt<br />
btb, 2010<br />
320 S.<br />
19,99 Euro<br />
Der im Dunkeln wacht, beobachtet Irene<br />
Huss. Und hat nichts Gutes im Sinn, denn<br />
wie kurze Einblicke in die Psyche des Verwirrten<br />
offenbaren, ist sein Geist alles andere<br />
als gesund. Und so hat die Ermittle–<br />
rin, auch nachdem die Töchter aus dem<br />
Reihenhaus sind und ihr Mann von seinem<br />
Burnout genesen ist, kaum eine ruhige Minute.<br />
Helene Turstens zehnter Band um<br />
die Göteborger Polizistin hingegen ist durchaus<br />
gemächlich, auch wenn ein paar ältere<br />
Damen ihr Leben lassen müssen und ihre<br />
Leichen in Plastik eingeschlagen auf Friedhöfen<br />
auftauchen. Tursten liebt es realistisch,<br />
und so beruht Huss’ Ermittlungsarbeit eben<br />
auch auf Routine und Zufällen und läuft<br />
in Sackgassen. Wer ohne zünftigen Kugelhagel<br />
und wilde Verfolgungsjagden nicht<br />
auskommt, wird Tursten also sterbensöde<br />
finden. Alle anderen – und Schwedenfans<br />
im Besonderen – werden die subtile Span–<br />
nung zu schätzen wissen. (kab)<br />
Neue Literatur // bücher<br />
Goran Petrović<br />
Die Villa am Rande der Zeit<br />
ROMAN<br />
Aus d. Serb. v. Susanne Böhm-Milosavlievic<br />
dtv, 2010<br />
384 S., 14,90 Euro 5//<br />
Spätestens nach der „Unendlichen Geschichte“ hat<br />
jeder schon mal davon geträumt, mit seiner Lektüre<br />
zu verschmelzen und bewusst durch ein grenzenloses<br />
Fantasia zu streifen. Der Student Adam besitzt diese<br />
Fähigkeit, in jedem Text sprichwörtlich zu verschwinden – und er vermag sogar, Stellen<br />
der Geschichte nach seinem Willen umzuschreiben. Diese Fähigkeit wird ihm jedoch<br />
bald zur Last, als er von einem geheimnisvollen Ehepaar beuaftragt wird, Änderungen<br />
in einem Roman vorzunehmen, in dem es keine Handlung, sondern lediglich<br />
die detaillierte Beschreibung einer Villa gibt. Denn an diesem merkwürdigen Ort<br />
jenseits jeder Zeitmessung leben weitere Lesende, die die Villa aus unterschiedlichen<br />
Gründen als ihren Rückzugsort nutzen und unbedingt behalten wollen: eine Familie,<br />
weil sie dem Krieg vor ihrer Haustür entkommen will, eine alte Dame, weil sie in der<br />
realen Welt ihr Gedächtnis zu verlieren droht und ein Mann, der für sein Morden Sühne<br />
tun möchte. Goran Petrović beleuchtet tiefenscharf die Ursachen für den Eskapismus<br />
der Lesenden und liefert in einem Zug eine umfangreiche Chronik der serbischen<br />
Geschichte ab. Ganz groß! (mh)<br />
-Bewertung<br />
1=grausig bis 6= genial<br />
Donald Windham<br />
Zwei Menschen<br />
ROMAN<br />
Aus d. Amerik. v.<br />
Alexander Konrad<br />
Lilienfeld, 2010<br />
200 S.<br />
19,90 Euro<br />
4// 5//<br />
Donald Windham war ein enger Freund<br />
von Tennessee Williams und Truman Capote,<br />
er schrieb mehrere Romane und verstarb<br />
letzten Sommer im Alter von 89 Jahren in<br />
New York. Aus unerklärlichen Gründen<br />
bekommt Windham hierzulande erst jetzt<br />
die mehr als verdiente Aufmerksamkeit:<br />
Vor zwei Jahren kam endlich mit „Dog Star“<br />
sein Roman über den Weg eines 15-jährigen<br />
Unterschichtjungen in die Selbstauslöschung,<br />
im Original bereits ein Jahr vor<br />
„Der Fänger im Roggen“ erschienen. Nicht<br />
weniger grandios ist auch der zweite Roman,<br />
der jetzt erstmalig in deutscher Übersetzung<br />
vorliegt. In „Zwei Menschen“ erzählt<br />
Windham eine ungewöhnliche Liebesgeschichte<br />
in den 50ern: Eigentlich war<br />
der amerikanische Broker Forrest mit seiner<br />
Frau auf Europareise, doch nach einer<br />
Beziehungskrise reist sie vorzeitig ab und<br />
lässt ihn allein in Rom zurück. Hier begegnet<br />
Forrest dem 17-jährigen Marcello, der<br />
gegen Geld mit Männern schläft, um sich<br />
kulturnews 2/11<br />
12 x kulturnews + Geschenk nach Wahl<br />
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72 bücher // Neue Literatur<br />
aus seinem autoritären Elternhaus zu befreien. Hochsensibel<br />
und frei von jedem Kitsch entwirft Windham zwei<br />
Charakterstudien, die er zum Psychogramm einer fragilen<br />
und absehbar endlichen Beziehung zusammenführt. Und<br />
nebenbei fallen intelligente Reflexionen über Selbstzweifel,<br />
Identität und das Wesen der Zweisamkeit ab, die auch nach<br />
50 Jahren nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben. (cs)<br />
Sabrina Janesch<br />
Katzenberge<br />
kulturnews 2/11<br />
ROMAN<br />
Aufbau, 2010<br />
304 S.<br />
19,95 Euro<br />
Ist das jetzt Roadtrip, Ahnenforschung oder doch ein Märchen?<br />
Klar zuordnen lässt sich Sabrina Janeschs Erstling<br />
nicht, vielmehr verbindet „Katzenberge“ diese drei Elemente<br />
gekonnt zu einem eindringlichen Roman. An dessen<br />
Anfang steht die Beerdigung von Nele Leiberts Großvater.<br />
Nele, Journalistin, Tochter einer Polin und eines Deutschen,<br />
führt dieses Ereignis fast zwangsläufig dazu, der Geschichte<br />
des Großvaters und seiner Familie nachzuspüren, die<br />
geprägt ist von Vertreibung, der Frage nach der Heimat<br />
und alten, dämonischen Flüchen. Schließlich reist Nele auf<br />
abenteuerliche Weise an Großvaters Heimatort in Galizien,<br />
um am scheinbaren Ende der Welt alle Unklarheiten zu<br />
beseitigen. Dank übersinnlicher Themen durchzieht eine<br />
mystische Grundstimmung den Roman, der zielbewusst<br />
zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her pendelt.<br />
So ist er vor allem ein Aufruf gegen das Vergessen.<br />
Denn: „Wenn man vergisst, begeht man die gleichen<br />
Fehler wieder und wieder, alles wiederholt sich.“ (ml)<br />
Katharina Hartwell<br />
Im Eisluftballon<br />
ERZÄHLUNGEN<br />
Poetenladen, 2011<br />
144 S.<br />
15,80 Euro<br />
4//<br />
5//<br />
Bis auf eine lobende Erwähnung ging Katharina Hartwell<br />
beim Open Mike 2010 leer aus. Trotzdem: Die 1984 in<br />
Köln geborene Studentin gehört unbedingt in die A-Liga<br />
der deutschen Autoren, denn sowohl ihr Stil als auch ihr<br />
Ideenreichtum können lückenlos mit denen von Zeh, Kehlmann<br />
oder Rammstedt mithalten. In ihrem Debüt „Im Eisluftballon“<br />
entwirft eine namenlose Erzählerin zwölf fabelhafte<br />
Alltagskosmen, deren herrlich melancholischem Sog<br />
man sich nach nur ein paar Zeilen nicht mehr entziehen<br />
kann. Man will einfach wissen, was beispielsweise der<br />
Schüler Sebastian seiner Nanny eigentlich sagen will, wenn<br />
er ihr von seinem Vorhaben berichtet, einen Roboter für<br />
die Unendlichkeit bauen zu wollen. Und man ist verzaubert<br />
von der poetischen Art, auf die Hartwell die Geheimnisse<br />
ihrer kleinen Welten lüftet – oder eben nicht. (mh)<br />
Karen Duve<br />
Anständig essen<br />
SACHBUCH<br />
Galiani Berlin, 2011<br />
280 S.<br />
18,85 Euro<br />
Wie originell: Da erkennt eine Romanautorin, dass die<br />
Lebensmittelindustrie ein ganz übles Gewerbe ist, entschließt<br />
sich, ihr Essverhalten nach moralischen Maßstäben<br />
neu zu organisieren und macht aus dieser Neuorganisation<br />
einen Selbstversuch. Denkt doch jeder, dass<br />
Karen Duves „Anständig essen“ ein hilfloses Me-too-Produkt<br />
ist, nach Jonathan Safran Foers letztjährigem Bestseller<br />
„Tiere essen“, oder? Naja, wenn man davon absieht,<br />
dass „Anständig essen“ nicht als Plädoyer für den Vegetarismus<br />
stehen bleibt, sondern auch vegane und fruta–<br />
rische Ernährung zumindest anreißt. Nur: So missionarisch,<br />
besserwisserisch, nervtötend Foer in seiner Suada<br />
gegen den Fleischverzehr auch ist, sein Buch sagt einem<br />
etwas. Duve hingegen holt einen dort ab, wo man ohnehin<br />
schon ist, und bringt einen kaum ein nennenswertes<br />
Stück weiter: Ja, Massentierhaltung ist übel. Ja, man sollte<br />
sich anders ernähren. Ja, das ist manchmal ein<br />
schwieriges Unterfangen. Duves Buch ist das sympathischere,<br />
sicher, aber es ist auch das schlechtere.<br />
Immerhin: ein Zusatzpunkt für das Titelbild. (fis)<br />
Rocko Schamoni<br />
Tag der geschlossenen Tür<br />
ROMAN<br />
Piper, 2011<br />
256 S.<br />
16,95 Euro<br />
3//<br />
4//<br />
„Jung und nutzlos zu sein ergibt eine sinnige Paarung,<br />
aber wenn man älter wird, muss man sich irgendwann<br />
für eine Funktion entschieden haben.“ Doch Anpassungsfähigkeit<br />
zählt noch immer nicht zu den Stärken von<br />
Michael Sonntag. Nach „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“<br />
lässt Rocko Schamoni den übellaunigen Enddreißiger<br />
ein zweites Mal durch St. Pauli slacken. Eine<br />
Kolumne für die Stadtzeitung ist seine einzige geregelte<br />
Arbeit, ansonsten lässt sich Sonntag noch immer von<br />
Freund Novak zu bekloppten Geschäftsideen überreden<br />
und terrorisiert Verlage, indem er ihnen sinnfreie Manu–<br />
skriptideen schickt. Doch immerhin ist da noch Marion
Vossreuther, die Verkäuferin in einem O2-Shop in der Innenstadt,<br />
nach der sich Sonntag in heimlicher Liebe verzehrt<br />
und die ihn sogar zum Handykauf treibt. Überra–<br />
schen kann Schamoni mit „Tag der geschlossenen Tür“<br />
nicht, dafür ist sein Held viel zu ausdefiniert und gegen<br />
Persönlichkeitsentwicklungen resistent. Doch wie schon<br />
beim Vorgängerroman schafft genau das einen absurd-ko–<br />
mischen Text, der mit kritischer Nachdenklichkeit durchsetzt<br />
ist. Wer etwa pointierte Wahrheiten über Gentrifizierung<br />
will, muss nur Michael Sonntag aufs Maul schauen. (cs)<br />
Rolf Lappert<br />
Auf den Inseln des letzten Lichts<br />
ROMAN<br />
Hanser, 2010<br />
544 S.<br />
24,90 Euro<br />
Der Titel klingt erst mal nach Selbstfindung und Esoterik.<br />
Und ganz frei davon ist der Roman auch nicht. Die Geschwister<br />
Megan und Tobey irren richtungslos durchs Leben:<br />
Sie war militante Tierschützerin, er wollte Rockmusiker<br />
werden. Beide haben wenig gemeinsam und empfinden<br />
dennoch viel füreinander. Weil er Megan finden<br />
will, landet Tobey letztendlich auf einer halb verschollenen<br />
Insel im Pazifik. Hier befindet sich eine wissenschaftliche<br />
Primaten-Forschungsstation, um die sich ziemlich zwielichtige<br />
Geschichten ranken. Und auf unerwartete Weise<br />
endet hier auch Tobeys Suche nach seiner Schwester. Rolf<br />
Lappert erzählt sehr subtil die Geschichten der zwei verlorenen<br />
Seelen nach. Doch bei aller Erzählkunst, die man<br />
dem Schweizer unterstellen darf, geht er stellenweise zu<br />
sehr ins Detail. Die Art, Spannungsbögen zu brechen und<br />
auf fesselnde Situationen mit ausladenden Passagen zu<br />
reagieren, muss man mögen. Nichtsdestotrotz geht die Atmosphäre,<br />
die Lappert kreiert, insbesondere gegen Ende<br />
des Romans unter die Haut. (ml)<br />
Elizabeth George<br />
Wer dem Tode geweiht<br />
KRIMI<br />
Aus d. Engl. v.<br />
Charlotte Breuer u. Norbert Möllemann<br />
Blanvalet, 2010<br />
832 S.<br />
24,99 Euro<br />
Inspector Lynley ist zurück! Wahrscheinlich standen unzählige<br />
Leserinnen kurz vor dem spontanen Herztod, als<br />
der smarte Ermittler nach dem Tod seiner Frau den Dienst<br />
quittierte. Doch die Hilfebitte einer Exkollegin kann Lynley<br />
natürlich kaum abschlagen: Isabelle Ardery soll seine<br />
Stelle übernehmen und stolpert in ein Haifischbecken<br />
voller skeptischer Kollegen und ergebnisorientierter Vor-<br />
Neue Literatur // bücher<br />
3//<br />
4//<br />
gesetzter – und in einen höchst undurchsichtigen Mordfall,<br />
der sich bald zur Beinahekatastrophe entwickelt. Ach<br />
ja: Ein kleines Alkoholproblem hat die Gute auch noch.<br />
Keine Frage also: Thomas Lynley muss ran. Trotz vieler<br />
menschlicher Verwicklungen schafft es Elizabeth George<br />
wieder einmal, einen faszinierenden Kriminalfall zu entwickeln,<br />
der bis kurz vor Schluss spannend bleibt. (es)<br />
Ann Granger<br />
Ein Mord von bessrer Qualität<br />
KRIMI<br />
Aus d. Engl. v. Axel Merz<br />
Lübbe, 2010<br />
368 S.<br />
18,99 Euro<br />
„Ein Mord von bessrer Qualität“ muss zwar nicht zwangsläufig<br />
auch einen Krimi von bessrer Qualität abgeben,<br />
aber Ann Granger erweist sich auch im dritten Buch ihrer<br />
Reihe um Lizzie Martin und Benjamin Ross als Routineautorin,<br />
die Solides abliefert. Zwar müssen sich ihre Figuren<br />
von einem Historienklischee zum nächsten bewegen,<br />
aber wenn man mit der Verklemmtheit des Genres<br />
leben kann, bekommt man mit Lizzie und Benjamin, mittlerweile<br />
verheiratet, ein sympathisches Ermittlerpaar. Und<br />
bedenkt man, dass sich der Mord an Allegra Benedict,<br />
der schönen jungen Frau eines Kunsthändlers, in einem<br />
nebligen Park im London des Jahres 1867 abspielt und<br />
nicht im Mittelalter, ist Lizzie als willensstarke Frau, die<br />
auch mal Widerworte gibt und auf eigene Faust versucht,<br />
Licht ins Dunkel zu bringen, einigermaßen glaubhaft. (kab)<br />
Arno Strobel<br />
Das Wesen<br />
THRILLER<br />
3//<br />
Gelesen v. Sascha Rotermund<br />
Argon, 2011<br />
6 CDs<br />
19,95 Euro<br />
73<br />
4//<br />
Arno Strobel kann, was andere Thrillerkoryphäen längst<br />
verlernt haben: überraschen. Denn wer nach „Der Trakt“<br />
eine weitere nervenzehrende Hatz erwartet hat, wird enttäuscht<br />
– und das, obwohl „Das Wesen“ keineswegs enttäuschend<br />
ist. Nur spielt die Geschichte vom verurteilten<br />
Kindsmörder Dr. Lichner, der nach seiner Entlassung wieder<br />
in einen Vorfall verwickelt zu sein scheint, auf einer<br />
anderen Klaviatur als der Vorgänger. Gerade die Hörbuchversion<br />
verwirrt mit ihren Zeitwechseln anfänglich mehr<br />
als dass sie fesselt. War der Psychologe Lichner vor 15<br />
Jahren vielleicht wirklich unschuldig, wie er immer beteuert<br />
hat? Wieso ist Kommissar Menkhoff so besessen von<br />
seinem Hass gegen Lichner? Und welche Rolle spielt Nicole,<br />
die erst mit Lichner, dann mit Menkhoff liiert war? Menkhoffs<br />
Kollegen Seifert kommen Zweifel, die die Spannung<br />
langsam aber sicher aufbauen. Und am Ende gibt es<br />
dann – ganz Strobel – doch noch einen großen Knall. (kab)<br />
kulturnews 2/11<br />
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Deutsch von Hannes Thiess<br />
432 Seiten € 9,95<br />
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Der Albtraum einer Frau.<br />
Ein dämonischer Psychothriller.<br />
Der erste Fall für Carl Mørck<br />
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»[…] die Sprache, der unterkühlte<br />
Humor: sie machen diesen Thriller<br />
zu einem Ereignis.« NDR<br />
Deutsch von Hannes Thiess<br />
Deutsche Erstausgabe<br />
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464 Seiten € 14,90<br />
ISBN 978-3-423-24787-0<br />
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Was wa .. re, wenn dir nur<br />
72 STUNDEN bleiben,<br />
um alles zu retten was du liebst?<br />
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„The King’s Speech“<br />
Vom Stottern<br />
und vom Stolz<br />
Der König stammelt, lang lebe der König?<br />
Dieser eindrucksvolle Oscar-Kandidat handelt<br />
vom englischen Thronfolger, der Würde<br />
und Größe fürs Amt mit-, nur leider kein<br />
Wort gerade herausbringt.<br />
Tausende von Zylindern und Damenhüten erheben<br />
sich, Stille füllt das weite Rund des Wembley-<br />
Stadions. Albert, Herzog von York (Colin Firth),<br />
Sohn des Königs von England, tritt ans Mikrofon,<br />
um die Abschlussrede der Empire-Ausstellung zu<br />
halten, der größten Messe der Welt. Seine Worte<br />
sollen über das Radio in die ganze Welt hinausgetragen<br />
werden. Doch nach den ersten Worten hallen<br />
nur noch abgehackte Laute und Fetzen von<br />
Sätzen aus den Lautsprechern. Der Herzog stottert<br />
und spricht unter Anspannung so flüssig wie<br />
Wasser durch ein verstopftes Rohr fließt.<br />
König Georg V. ist genervt, Albert ratlos. Seine<br />
Frau Elizabeth (Helena Bonham Carter) vermittelt<br />
ihm einen Sprachtrainer nach dem anderen und<br />
landet schließlich bei dem unorthodoxen australischen<br />
Therapeuten und Shakespeare-Liebhaber<br />
Lionel Logue (Geoffrey Rush). Edward willigt ein,<br />
wehrt sich aber gegen Logues formlose Art.<br />
„Kennen Sie einen Witz“, fragt der den Blaublütler,<br />
den er respektlos Bertie nennt. „Ti-Timing, ge-gehört<br />
nicht zu mei-meinen Stärken“, antwortet der genervt.<br />
Doch mit der Zeit beginnt Logues Arbeit<br />
Früchte zu tragen, und als 1936 der König stirbt,<br />
kulturnews 2/11<br />
Edwards älterer Lebemann-Bruder Edward (Guy<br />
Pearce) wegen einer Liebschaft rasch wieder abdankt<br />
und Krieg mit Nazi-Deutschland vor der Tür<br />
steht, muss Bertie, nun auf dem Thron, zu einer<br />
Rede an die Nation vors Mikro …<br />
Verantwortung, Pflicht, Mut – das sind die eigentlich<br />
schweren und pathosschwangeren Themen<br />
dieses Films. Doch Regisseur Tom Hooper, in der<br />
filmischen Aufarbeitung historischer Stoffe erfahren<br />
durch englische TV-Produktionen, walzt die<br />
auf Fakten basierende Geschichte nicht weit über<br />
ihren dramaturgischen Rand hinaus aus und konzentriert<br />
sich auf das Verhältnis zwischen Bertie<br />
und Logue. In von dunklem Holz dominierten<br />
Räumen erzieht der gewitzte Sprachlehrer seinen<br />
aristokratischen Schützling, der sich gegen die<br />
psychotherapeutischen Methoden wehrt und zwischen<br />
Wutanfällen, verdrängten Demütigungen<br />
aus der Kindheit und der Angst vor der Bürde des<br />
Königsamtes schwankt. Firth verleiht seiner Rolle<br />
Verletzlichkeit und Stolz, Rush kann sich als Lehrmeister<br />
so gut in Szene setzen, dass man sich<br />
einen logopädischen Defekt fast wünscht. In einer<br />
der bemerkenswertesten Szenen fordert Logue<br />
Bertie auf, seine Wut in unflätigen Worten hinauszuschreien.<br />
Was folgt, ist der schönste Schwall an<br />
„Ficken!“, „Scheiße!“, Pisse!“ und „Arschloch!“, den<br />
das Kino in jüngster Zeit erlebte.<br />
Man kann Hooper vorwerfen, dass er Edward eindimensional<br />
als champagnersüffelnden, unmoralischen<br />
Feigling inszeniert, der wegen seiner Liebe<br />
zu einer geschiedenen Frau das Vaterland im<br />
Stich lässt. Auch hätte ein kritischer Blick auf die<br />
Monarchie nicht geschadet. Aber letztlich erzählt<br />
„The King’s Speech“ keine politische, sondern vor<br />
allem eine kleine, recht persönliche Geschichte:<br />
die Geschichte eines Mannes, der seine Stimme<br />
(wieder)findet – und der zufällig König von England<br />
ist.<br />
Volker Sievert<br />
The King’s Speech startet am 17. Februar.
Film des Monats<br />
True Grit<br />
Another Year<br />
KOMÖDIE<br />
GB 2010, 129 Min.<br />
R: Mike Leigh<br />
D: Lesley Manville , Jim Broadbent, Ruth Sheen<br />
ab 27. 1. (Prokino)<br />
Poppy ist zurück. Die Heldin aus Mike Leighs Komödie<br />
„Happy-go-lucky“ (2008) ist um rund 25 Jahre gealtert,<br />
heißt Mary (Lesley Manville), arbeitet im Sozialamt und<br />
ist ebenso hemmungslos gut drauf wie ihre Vorgängerin.<br />
Nur dass dieses Gut-drauf-sein einen Zug ins Verbitterte,<br />
auch ins Böse bekommt, der sich in zu tiefen Ausschnitten<br />
und zu viel Weißwein äußert. Mary sucht einen Partner,<br />
Mary lässt sich von einem älteren Paar bekochen, Mary<br />
nervt. Damit ist die Handlung von Leighs „Another Year“<br />
schon umrissen: vier Jahreszeiten, vier Kapitel, vier Essenseinladungen.<br />
Ganz nüchtern zeichnet der Pionier des<br />
// kino 75<br />
WESTERN<br />
USA 2010, 110 Min.<br />
R: Joel Coen, Ethan Coen<br />
D: Jeff Bridges, Matt Damon, Hailee Steinfeld<br />
ab 24. 2. (Paramount Pictures) 5//<br />
„Nichts ist umsonst, außer Gottes Gnade.“ Die 14-jährige Mattie Ross (Hailee Steinfeld) meint das ernst, wenn<br />
sie es sagt. Der Blick entschlossen, die Zöpfe zwei Ausrufezeichen neben ihrem Gesicht, drängt sie den einäugigen<br />
US-Marshal Rooster Cogburn (Jeff Bridges) dazu, den Mörder ihres Vaters zu finden. Umtanzt von Schneeflocken,<br />
reiten Mattie, Cogburn und Texas Ranger LaBeouf (Matt Damon) durch die eisgrauen Landschaften Arkansas’ des<br />
Jahres 1877. Nur selten scheint die Sonne auf dieser wortreichen Menschenjagd, und wenn sie es tut, hört sie<br />
genauso unvermittelt wieder auf, wie die Gewalt aus den Figuren heraus und mittels der Kugel in ihren Revolvern<br />
in die Körper ihrer Kontrahenten eindringt … Nach mehreren Quasi-Western ist dieses Remake des John-Wayne-<br />
Klassikers „Der Marshal“ von 1969 der erste echte Western der Coen-Brüder – und sie atmen dem Genre eine<br />
Glaubwürdigkeit und Ruhe ein, die im Gegenwartskino insgesamt selten geworden ist. Bridges spielt sein Raubein<br />
gezielt um Nuancen neben dem Klischee, Neuling Steinfeld hält mit Entschlossenheit dagegen. (vs)<br />
Start 27. 1.<br />
-Bewertung<br />
4//<br />
1=grausig bis 6= genial<br />
New British Cinema dieses Milieu am Rande der Wohlstandsgesellschaft<br />
und findet dafür unaufgeregte, klare<br />
Bilder. Bilder, bei deren Formwillen der Soundtrack leider<br />
nicht mithalten kann: Allzu oft kleistern kitschige Streicher<br />
die stillen Szenen zu. Mit der fürs New British Cinema<br />
typischen Politik aber hat „Another Year“ rein gar nichts<br />
mehr zu tun: Es geht hier nicht mehr um Marxismus<br />
oder Kapitalismus, es geht um Menschlichkeit. (fis)<br />
Hereafter – Das Leben danach<br />
MYSTERYDRAMA<br />
USA 2010, 129 Min.<br />
R: Clint Eastwood<br />
D: Matt Damon, Cécile de France, Bryce Dallas Howard<br />
ab 27. 1. (Warner Bros.)<br />
3//<br />
Dass ein 80-Jähriger einen Film übers Sterben macht, okay.<br />
Dass aber ausgerechnet Clint Eastwood, der wortkarge<br />
kulturnews 2/11<br />
Silberner Leopard Locarno<br />
BESTER DARSTELLER<br />
Neu auf DVD!<br />
präsentiert:<br />
Nach »Kleine Verbrechen«<br />
der neue Komödienhit aus Griechenland!<br />
Kleine Wunder<br />
in Athen<br />
Ein Film von Filippos Tsitos<br />
„Eine Perle in der Komödienlandschaft“ (Bayer. Rundfunk)<br />
„Ein Meisterwerk des skurrilen Humors.“ (die tageszeitung)<br />
„Schräg, hintersinnig und komisch.“ (Süddeutsche Zeitung)<br />
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76 kino //<br />
Einzelgänger und Erst-Schießer-dann-Frager<br />
des US-Kinos einen Film über das Leben<br />
nach dem Tod macht, überrascht. Eastwood<br />
verknüpft die Geschichte von Mary (De<br />
France), die beim Tsunami 2004 eine Nahtoderfahrung<br />
macht, mit dem kleinen<br />
Marcus, der seinen Bruder bei einem Unfall<br />
verliert und dem Ex-Medium George<br />
(Damon), der seine Gabe, mit den Verstorbenen<br />
sprechen zu können, als Fluch betrachtet.<br />
In ruhigen, drinnen von Schatten,<br />
draußen von Herbstgrau dominierten<br />
Bildern erzählt Eastwood, wie die Figuren<br />
ihr Wissen mitteilen (Mary), mit den Toten<br />
sprechen (Marcus) oder vom Tod loskommen<br />
(George) wollen und am Ende zusammentreffen.<br />
Doch denkt man letztlich:<br />
wozu? Die Frage, wohin wir am Ende unseres<br />
Lebens gehen, ist viel zu metaphysisch,<br />
um sie in einem Film beantworten<br />
zu können. Vermutung: Eastwood hat<br />
keine Lust auf den Tod – und malt sich in<br />
aller Öffentlichkeit seine Version des<br />
Jenseits aus. (vs)<br />
Start 3. 2.<br />
I killed my Mother<br />
JUGENDDRAMA<br />
CA 2009, 100 Min.<br />
R: Xavier Dolan,<br />
D: Xavier Dolan, Anne Dorval,<br />
Francois Arnaud<br />
ab 3. 2. (Kool Film)<br />
Er ist das, was man ein Wunderkind<br />
nennt: Xavier Dolan, 19 Jahre alt, Kanadier<br />
und einer der jüngsten Regiedebütanten<br />
der Filmgeschichte. Sein Drama über den<br />
aggressiven, verletzlichen Teenager Hubert<br />
(Dolan selber), der sich endlose Wortduelle<br />
voller Hass und Verletzungen mit seiner<br />
Mutter liefert, ist vor allem eins: intim.<br />
Huberts herausgebrüllte Verachtung für<br />
seine allein erziehende Mama, die Dolan<br />
in grobkörnigen, statischen Aufnahmen<br />
von Vorstadtspießigkeit, sprengt alle<br />
Dimensionen. Die Dialoge (Drehbuch:<br />
Dolan) und Konflikte sind realistisch,<br />
Huberts Verhalten aber nur vage mit der<br />
Scheidung der Eltern und seiner Homosexualität<br />
erklärt. Und so fühlt man sich<br />
schnell, als wohne man dem schonungslosen<br />
Seelenstriptease eines fragilen<br />
James-Dean-Epigonen bei, einem filmischen<br />
Therapieprozess, nach dem man<br />
eins ganz sicher tun möchte: mal wieder<br />
seine Mutter umarmen. (vs)<br />
kulturnews 2/11<br />
3//<br />
Start 10. 2.<br />
Die Kinder von Paris<br />
DRAMA<br />
F 2010, 115 Min.<br />
R: Rose Bosch<br />
D: Hugo Leverdez, Mélanie Laurent,<br />
Jean Reno<br />
ab 10. 2. (Constantin)<br />
Rose Boschs Film über die in Frankreich<br />
lange Zeit unter den Tisch gekehrte Kollaboration<br />
der französischen Regierung mit<br />
den Nazis bei der Auslieferung und Deportation<br />
nicht-französischer Pariser Juden<br />
1942 ist ein seltsamer Film. Hat man ihn<br />
gesehen, ist man bedrückt. Je mehr Abstand<br />
man gewinnt, desto mehr Schwächen<br />
sieht man. Und dann wieder die Stärken.<br />
Der Film verfolgt das Schicksal des elfjährigen<br />
Jo (Leverdez), der zusammen mit<br />
Tausenden anderer Juden in einem Velodrom<br />
eingepfercht und in ein Zwischenlager<br />
gebracht wird und flieht, während<br />
seine Familie in Auschwitz vergast wird.<br />
Bosch verzichtet auf verbürgte, explizite<br />
Grausamkeiten und lässt die Krankenschwester<br />
Annette (Laurent, „Inglourious<br />
Basterds“) als Gewissen stellvertretend für<br />
den oft betulichen, oberflächlichen Film<br />
die Frage stellen: Warum haben alle mitgemacht?<br />
Dieser Aspekt ist es, der „La Rafle“<br />
(Originaltitel) seine Wucht verleiht. Dass<br />
er ohne große Dramatisierungen und Hektik<br />
zeigt, wie 4 000 Kinder systematisch<br />
zusammengetrieben und ermordet werden –<br />
und keiner hilft. (vs)<br />
Start 17. 2.<br />
127 Hours<br />
ABENTEUERDRAMA<br />
USA/GB 2010, 94 Min.<br />
R: Danny Boyle<br />
D: James Franco, Amber Tamblyn,<br />
Kate Mara<br />
ab 17. 2. (20th Century Fox)<br />
4//<br />
5//<br />
Regisseur Danny Boyle schickt seine Hauptfiguren<br />
gerne an fabelhafte und berau–<br />
schende Orte, die sich früher oder später
als Hölle entpuppen. Nach thailändischen<br />
Trauminseln („The Beach“), dem Weltraum<br />
(„Sunshine“) und der Müll-Megacity Mumbai<br />
(„Slumdog Millionär“) zieht es ihn für<br />
diese auf Tatsachen beruhende Geschichte<br />
an ruhigere Orte. Aron Ralston (James<br />
Franco) klettert alleine in den Bergen von<br />
Utah – bis sich ein Felsbrocken löst, ihn<br />
in eine Felsspalte schleudert und seinen<br />
Arm einquetscht. Fünf Tage lang versucht<br />
Ralston, freizukommen. Dann zückt er sein<br />
Taschenmesser … Kindliches Staunen, jugendlicher<br />
Rausch, erster Sex, große Abenteuer:<br />
In Rückblicken lässt Boyle die besten<br />
Erinnerungen seiner Figur hochleben und<br />
verhandelt auf emotionale und packende<br />
Weise den unbändigen Lebenswillen eines<br />
vermeintlich Todgeweihten. Ähnlich wie<br />
Sean Penns „Into the Wild“ ist das ein Film<br />
von überbordender humanistischer Kraft,<br />
Reife und Naturgewalt. Allein die Luftaufnahmen<br />
der Bluejohn Canyons sollten<br />
Grund genug sein, dem Tod ins Gesicht<br />
zu spucken. (ds)<br />
Freundschaft plus<br />
KOMÖDIE<br />
USA 2010, 107 Min.<br />
R: Ivan Reitman<br />
D: Ashton Kutcher, Natalie Portman,<br />
Kevin Kline<br />
ab 17. 2. (Paramount Pictures)<br />
5//<br />
Nur Spaß, keine Verpflichtungen? Klingt<br />
doch wie der Traum eines jeden Mannes –<br />
insbesondere, wenn die Sexfreundin so ein<br />
süßes Ding ist wie Emma (Natalie Portman)<br />
und der Vorschlag, alles ganz locker zu<br />
handhaben, von ihr kommt. Für Adam<br />
(Ashton Kutcher) wird die Bettbeziehung<br />
aber bald zur Belastungsprobe, denn eigentlich<br />
will er mehr, und Emma stellt sich als<br />
unerklärlich bindungsscheu heraus. Aber<br />
nicht nur von der Angebeteten bekommt er<br />
eine Breitseite nach der anderen verpasst,<br />
auch Vater Alvin (Kevin Kline) macht Adam<br />
das Leben schwer, indem er eigentlich immer<br />
bekifft ist, niemanden außer sich selbst zu<br />
lieben scheint und mit Adams Ex schläft.<br />
Man könnte richtig Mitleid haben mit Adam –<br />
aber natürlich ist diese romantische Komödie<br />
wie alle anderen, Happy End inklusive. Nur<br />
mit besseren Dialogen, witzigeren Nebenfiguren<br />
und zwei schon unanständig sexy<br />
und charmanten Hauptdarstellern. (kab)<br />
Start 24. 2.<br />
// kino 77<br />
Der ganz große Traum<br />
DRAMA<br />
D 2011, 105 Min.<br />
R: Sebastian Grobler<br />
D: Daniel Brühl, Burghart Klaußner,<br />
Justus von Dohnányi<br />
ab 24. 2. (Senator)<br />
4//<br />
Als Konrad Koch 1874 erster Englischlehrer<br />
am Braunschweiger Gymnasium Katharineum<br />
wird, hat er sich den Einstand wohl<br />
einfacher vorgestellt. Von den so nationalistischen<br />
wie brutalen Kollegen belächelt<br />
und von den Schülern verspottet, steht der<br />
junge Mann mit seinem aus England importierten,<br />
gewaltlosen Erziehungskonzept<br />
alleine da. Nur Schuldirektor von Merfeld<br />
(Burghart Klaußner) hält zu ihm – noch.<br />
Koch, von Daniel Brühl mit leicht ironischer<br />
Note gespielt, greift zum letzten Mittel: Er<br />
bringt den Jungs das Fußballspielen bei …<br />
Regisseur Sebastian Grobler hat in seinem<br />
Erstlingswerk die Geschichte des Mannes,<br />
der den Fußball nach Deutschland brachte,<br />
mit sehr vielen Freiheiten verfilmt. Das<br />
Ergebnis ist eine Art „Fliegendes Klassenzimmer“<br />
im Deutschen Kaiserreich. Der<br />
Film zeigt uns Fußball, wie wir ihn gerne<br />
hätten: als sinn- und gemeinschaftsstiftenden<br />
Sport. Dass er das nie war und heute<br />
schon gar nicht ist, wissen wir alle. Und<br />
doch funktioniert „Der ganz große Traum“,<br />
so wie jedes Wochenende auch die Fußballspiele<br />
funktionieren – als leicht<br />
gespielte Illusion. (jw)<br />
... und außerdem online<br />
Noch mehr Rezensionen und<br />
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Im Februar gibt’s dort auch unsere<br />
Kritiken folgender neuer Filme:<br />
Tron Legacy 5 //<br />
Action in der Computerwelt mit Jeff Bridges //<br />
ab 27. 1.<br />
Picco 5 //<br />
Bedrückendes Knastdrama aus Deutschland //<br />
ab 3. 2.<br />
Gullivers Reisen 1 //<br />
Schlimme Verfilmung mit Jack Black // ab 10. 2.<br />
kulturnews 2/11<br />
Bester<br />
frankophoner Film<br />
Lumière<br />
Prix<br />
Regards Jeunes<br />
Cannes<br />
Preis der<br />
Arthouse-Kinos<br />
Cannes<br />
Auch Du hast einmal Deine Mutter gehasst.<br />
Stimmt’s, Mama?<br />
I KILLED MY MOTHER<br />
EIN FILM VON XAVIER DOLAN<br />
I-KILLED-MY-MOTHER.DE<br />
AB 3. 2. IM KINO!<br />
Bester<br />
kanadischer Film<br />
Vancouver
„Süßes Roadmovie mit Romantikflair<br />
für Irlandfans und Heiratswütige!“ JOLIE<br />
AMY ADAMS MATTHEW GOODE<br />
Eine hinreißende Liebeskomödie<br />
voller Schlaglöcher, überraschender<br />
Umwege und dem unvergleichlichen<br />
Charme der grünen Insel!<br />
Ab 03.02.<br />
auf DVD und Blu-ray<br />
Kinowelt Home Entertainment - A division of Kinowelt GmbH·Karl-Tauchnitz-Str.10·04107 Leipzig·www.kinowelt.de<br />
78 dvds //<br />
DVD des Monats<br />
Faule Rassisten in Athen: Stavros sitzt täglich<br />
mit den Kumpels vor seinem Kiosk und lässt<br />
den lieben Gott einen guten Mann sein. Von der<br />
Mutter dominiert, von der Frau verlassen, am Tag depressiv und schlaflos in der<br />
Nacht, treibt er als 50-jährige Karikatur eines Erwachsenen durchs Leben. Das<br />
aber wird plötzlich aufgemischt. Albanischen Immigranten errichten im Auftrag der<br />
Stadt ein Denkmal für interkulturelle Solidarität, und schräg gegenüber eröffnen<br />
Chinesen einen Klamottenladen. Dann der endgültige Schlag in die Magengrube: Der<br />
Albaner Merengelen behauptet, Stavros’ Bruder zu sein … Regisseur Filippos Tsitos<br />
gelang mit „Kleine Wunder in Athen“ eine Komödie mit unendlich vielen skurriltraurigen<br />
Momenten. Liebevoll und doch streng rechnet er ab mit einer Generation,<br />
die nach der griechischen Diktatur Mitte der 1970er-Jahre ihre linken Utopien verfolgte,<br />
inzwischen aber nur noch demotiviert und voller Ressentiments vor sich hin<br />
lebt. (jw)<br />
Film 5<br />
Extras Making-of, Trailer<br />
Buffalo Soldiers 44 –<br />
Das Wunder von St. Anna<br />
KRIEGSDRAMA<br />
USA/I 2008<br />
R: Spike Lee<br />
D: Laz Alonso,<br />
Derek Luke,<br />
Omar Benson Miller<br />
Vö: 17. 2.<br />
(Pandastorm)<br />
Spike Lees Kriegsepos ist ein Film, der<br />
an seiner eigenen Komplexität leidet. Der<br />
Plot: Erst ein Mord in der Gegenwart<br />
bewirkt, dass man sich intensiv an den<br />
großflächigen Einsatz afroamerikanischer<br />
Soldaten im zweiten Weltkrieg erinnert.<br />
In „Buffalo Soldiers 44“ werden sie von<br />
rassistischen Vorgesetzten im Kampf gegen<br />
die Wehrmacht in Italien regelrecht verheizt.<br />
Lees Blick auf den amerikanischen<br />
Rassismus erreicht etwas, das Kriegsfilme<br />
über den Zweiten Weltkrieg selten angehen:<br />
den Sinn des Krieges vor dem Hintergrund<br />
fragwürdigster Einsätze und Entscheidungen<br />
zu hinterfragen. Anstelle eines heldenhaften<br />
Kampfes à la Spielberg zeigt er uns<br />
den dreckigen Mehrfrontenkampf der Soldaten<br />
Hector, Stamps, Bishop, und Sam,<br />
die in einem italienischen Bergdorf ihren<br />
eigenen Befehlen genauso misstrauen<br />
kulturnews 2/11<br />
-Bewertung<br />
Kleine Wunder in Athen<br />
KOMÖDIE<br />
GR/D 2010<br />
R: Fillipos Tsitos<br />
D: Antonis Kafetzopoulos,<br />
Anastasis Kozdine, Yorgos Souxes<br />
Vö: 28. 1.<br />
(good movies!)<br />
1=grausig bis 6= genial<br />
müssen wie den Partisanen, mit denen sie<br />
zusammenarbeiten. Dass Spike Lee mit<br />
dem Zweieinhalbstünder zu viel stemmen<br />
wollte, zeigen die schlechten Dialoge<br />
deutscher Wehrmachtsangehöriger und die<br />
oft unmotivierte Schauspielerei des italienischen<br />
Personals. Wer den dennoch sehenswerten<br />
Film genießen will, muss also in<br />
eine Qualitätsachterbahn steigen. (jw)<br />
Film 3<br />
Extras Deleted Scenes, historisches Essay,<br />
Trailer<br />
auch als Blu-ray<br />
Exit through the Gift Shop<br />
DOKUMENTATION<br />
UK/USA 2010<br />
R: Banksy<br />
D: Banksy,<br />
Shepard Fairey,<br />
Thierry Guetta<br />
Vö: 25. 2. (Alive AG)<br />
Frage: War „Exit through the Gift Shop“<br />
vor einem halben Jahr a) eine Dokumentation<br />
über den britischen Streetart-Künstler<br />
Banksy, b) eine herrlich überdrehte Satire<br />
auf den Ausstellungsbetrieb c) ein wüster<br />
Spaß oder d) eine voll durchkommerziali
sierte Mockumentary, quasi Borat in der<br />
Kunstszene? Antwort: alles richtig. Banksys<br />
Kinodebüt raste durch die Kontexte, haute<br />
einem Spielszene auf Interview auf Dokupassage<br />
um die Ohren, dazu ein dröhnender<br />
Soundtrack, und am Ende war man<br />
unterhalten/klüger/kopfschmerzgeplagt.<br />
Und vielleicht hatte man tatsächlich etwas<br />
verstanden vom anarchischen Charme<br />
dieses halblegalen Kunstgenies, das bis<br />
zum Ende des Films anonym bleibt. (fis)<br />
Film 4<br />
Extras Deleted Scenes, Kurzfilm, Featurette,<br />
Doku<br />
auch als Blu-ray<br />
Road Train<br />
HORRORTHRILLER<br />
AU 2010<br />
R: Dean Francis<br />
D: Xavier Samuel,<br />
Sophie Lowe,<br />
Bob Morley<br />
Vö: erschienen<br />
(Sony Pictures)<br />
Die Story ist natürlich klassisch, aber<br />
immer wieder gut: Zwei junge Pärchen<br />
machen Abenteuerurlaub im australischen<br />
Outback. Plötzlich taucht ein riesiger Lastwagen<br />
auf und rammt die vier Freunde,<br />
ihr Wagen überschlägt sich, es gibt erste<br />
Verletzte, und der Truck hält in einiger<br />
Entfernung vom Unfallort … Leider mutet<br />
Regisseur Dean Francis der Story seines<br />
Langfilmdebüts schon bald einige psychedelische<br />
Wendungen zu viel zu. Vielleicht<br />
hat er aber auch ganz bewusst vier absolut<br />
nervtötende Arschlochkids als Personal<br />
gewählt, damit man als Zuschauer immerhin<br />
per Genugtuung auf seine Kosten<br />
kommt, wenn der Kampf mit dem Truck<br />
immer blutiger wird. (cs)<br />
Film 3<br />
Extras Entfallene Szenen,<br />
Audiokommentar, Trailer<br />
Five Minutes of Heaven<br />
DRAMA<br />
GB 2009<br />
R: Oliver Hirschbiegel<br />
D: Liam Neeson,<br />
James Nesbill, Barry<br />
McEvoy<br />
Vö: erschienen (Koch<br />
Media)<br />
Wenige Minuten in den 70er-Jahren reichen<br />
aus, um zwei Menschen noch im Jahr<br />
2008 in zerstörerischer Weise aneinanderzuketten.<br />
Alistair (ganz reduziert und introvertiert<br />
gespielt von Liam Neeson) hat als<br />
jugendlicher Protestant einen Katholiken<br />
erschossen. Dessen kleiner Bruder Joe<br />
musste den Mord mitansehen und hat<br />
Rache geschworen. Als Joe (grandios in<br />
der Rolle des depressiven Zynikers: James<br />
Nesbitt) von einem irischen Fernsehsender<br />
gefragt wird, ob er sich mit dem Mörder<br />
seines Bruders treffen will, sagt er zu –<br />
nicht ohne sich vorher zu bewaffnen. Regisseur<br />
Oliver Hirschbiegel („Der Untergang“,<br />
„Das Experiment“) gelingt es mit<br />
wenigen Mitteln, vieles gekonnt zu vereinen:<br />
„Five Minutes to Heaven“ ist Psychothriller,<br />
Drama und zugleich ein Lehrstück<br />
über das Vergeben. Das wird nicht nur<br />
von Neeson und Nesbitt gestemmt; grandiose<br />
Dialoge, eine Kamera, die auf die<br />
Gesichter hält, und der Mut zu langen Einstellungen<br />
schaffen Momente, die erschaudern<br />
lassen. Und am Ende Erlösung,<br />
wie auch immer die aussieht … (jw)<br />
Film 5<br />
Extras Interviews, Trailer<br />
auch als Blu-ray<br />
The American<br />
// dvds 79<br />
THRILLER<br />
USA 2010<br />
R: Anton Corbijn<br />
D: George Clooney,<br />
Thekla Reuten,<br />
Violante Placido<br />
Vö: 24. 2.<br />
(Universal Pictures)<br />
Die Geschichte: ein alter Hut (Killer/letzter<br />
Auftrag/eine Frau) – doch wenn Anton<br />
Corbijn die Sache in die Hand nimmt, wird<br />
ein Schuh draus. Und zwar ein nicht nur<br />
optisch herausragender: Jack (Clooney)<br />
verschlägt es in eine Kleinstadt in den<br />
Abruzzen, wo er in der blaugrauen Einsamkeit<br />
seines Zimmers Waffen zusammenbaut<br />
und Patronen zurechtschleift. Er ist<br />
ein alternder Handwerker des Todes, der<br />
mit Tarnidentitäten lebt und darüber sich<br />
selbst verloren hat. Eine Prostituierte verliebt<br />
sich in ihn, ein Priester nötigt ihm Gespräche<br />
über Schuld und Sühne auf, und<br />
ganz allmählich verwandelt sich die Idylle<br />
des Bergdorfes in eine klaustrophobische<br />
Albtraumwelt: Männer in dunklen Anzügen<br />
schleichen übers Kopfsteinpflaster, immer<br />
wieder wirft die Kamera misstrauische<br />
Blicke durch Fensterscheiben, Feldstecher,<br />
Zielfernrohre. Ein kunstvoll entschleunigter<br />
Thriller, der seine Spannung weniger<br />
aus den wohldosierten Actionszenen bezieht<br />
als aus dem Porträt eines Mannes,<br />
der im Schatten lebt. (arm/kab)<br />
Film 4<br />
Extras Making-of, Audiokommentar, unveröffentlichte<br />
Szenen, Interviews, Trailer<br />
auch als Blu-ray<br />
kulturnews 2/11<br />
Ein Mystery-Thriller mit<br />
MADS MIKKELSEN<br />
(WALHALLA RISING, CASINO ROYAL)<br />
„Endlich mal<br />
gelungenes Genre-Kino<br />
aus Deutschland.“<br />
KulturSPIEGEL<br />
„Starbesetzt<br />
und bis zum Ende<br />
spannend.“<br />
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KOCH MEDIA TELEPOOL LIONSGATE UND RELATIVITY MEDIA, LLC PRÄSENTIEREN EINE SIGHVATSSON FILMS RELATIVITY MEDIA, LLC MICHAEL DE LUCA PRODUCTIONS, INC., PRODUKTION EIN JIM SHERIDAN FILM<br />
TOBEY MAGUIRE JAKE GYLLENHAAL NATALIE PORTMAN „BROTHERS“ SAM SHEPARD CLIFTON COLLINS, JR. UND MARE WINNINGHAM BESETZUNG AVY KAUFMAN MUSIK THOMAS NEWMAN „„WINTER“ GESPIELT VON U2<br />
SCHNITT JAY CASSIDY, A.C.E. SZENENBILD TONY FANNING KAMERA FREDERICK ELMES, ASC KO-PRODUZENT KENNETH HALSBAND KO-AUSFÜHRENDER PRODUZENT JEREMIAH SAMUELS AUSFÜHRENDE PRODUZENTEN TUCKER TOOLEY<br />
ZACH SCHIFF-ABRAMS PRODUZIERT VON RYAN KAVANAUGH SIGURJON SIGHVATSSON MICHAEL DE LUCA DREHBUCH DAVID BENIOFF REGIE JIM SHERIDAN<br />
AB 27. JANUAR IM KINO<br />
WWW.BROTHERS-DERFILM.DE<br />
Abenteurer?<br />
Nein. Vom Kajak aus vermessen Wissenschaftler<br />
per Radar einen grönländischen Gletscher, um<br />
wichtige Daten über sein Schmelzen zu erhalten.<br />
Expeditionen wie diese sind nur durch die dauerhafte<br />
Unterstützung unserer Fördermitglieder<br />
möglich. Machen auch Sie mit unter<br />
www.greenpeace.de / arktis<br />
© 2009 Brothers Productions, LLC. All Rights Reserved.<br />
iamrogue.com<br />
(c) Cobbing / Greenpeace<br />
80 dvds //<br />
Kindsköpfe<br />
KOMÖDIE<br />
USA 2010<br />
R: Dennis Dugan<br />
D: Adam Sandler,<br />
Kevin James,<br />
Chris Rock<br />
Vö: erschienen<br />
(Sony Pictures)<br />
Mehr Comedians gleich mehr Spaß? Leider<br />
nicht, wenn Adam Sandler, Chris Rock,<br />
Kevin James, David Spade und Rob Schneider<br />
in diesem Flachfilm aufeinandertreffen,<br />
zielsicher jede Handlung verhindern und<br />
sich fast jede Pointe um Brüste dreht. (kab)<br />
Extras Verpatzte Szenen, Die Besetzung<br />
von Kindsköpfe. Auch als Blu-ray<br />
M – eine Stadt<br />
sucht einen Mörder<br />
THRILLER<br />
D 1931<br />
R: Fritz Lang<br />
D: Peter Lorre,<br />
Gustav Gründgens,<br />
Otto Wernicke<br />
Vö: 25. 2.<br />
(Universum)<br />
„M“ feiert Jubiläum. Als einer der ersten Tonfilme<br />
schrieb Fritz Langs Thriller internationale<br />
Kinogeschichte. Der Vorkriegsklassiker<br />
über einen flüchtigen Kindermörder, der eine<br />
ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt,<br />
erscheint genau 80 Jahre nach seinem<br />
Kinodebüt als Deluxe-DVD und Blu-ray. (mn)<br />
Extras Audiokommentar, Dokumentationen,<br />
Featurette, Bildergalerie, Booklet<br />
Auch als Blu-ray<br />
Mammut<br />
DRAMA<br />
SE/DK/D 2009<br />
R: Lukas Moodysson<br />
D: Gael Garcia<br />
Bernal, Michelle<br />
Williams,<br />
Marife Necesito<br />
Vö: 25. 1. (MFA)<br />
Regisseur Lukas Moodysson zeigt die bizarren<br />
Folgen der Globalisierung. „Mammut“<br />
erzählt die ineinander verwobenen Geschichten<br />
des überarbeiteten New Yorker<br />
Ehepaars Leo (Bernal) und Ellen (Williams)<br />
und ihres Kindermädchens Gloria, die<br />
ihre beiden Söhne auf den Philippinen<br />
zurücklassen musste. (mn)<br />
Extras Interviews (Bernal, Moodysson),<br />
Trailershow. Auch als Blu-ray<br />
kulturnews 2/11<br />
Stieg Larsson Millennium –<br />
Director’s Cut<br />
THRILLER<br />
D/SE/DK 2008/2009<br />
R: Niels Arden Oplev/<br />
Daniel Alfredson<br />
D: Michael Nyqvist,<br />
Noomi Rapace,<br />
Lena Endre<br />
Vö: 10. 2. (NFP)<br />
Stieg Larssons Millennium-Trilogie<br />
gehörte zu den Abräumern der vergangenen<br />
Jahre, zuerst in Buchform, dann als<br />
Filmversion. Letztere nahm auch den kulturnews-Award<br />
2010 mit und kommt<br />
erneut auf DVD und Blu-ray heraus, diesmal<br />
als Director’s Cut. (kab)<br />
Extras 99 Minuten mehr Laufzeit<br />
Auch als Blu-ray<br />
The Resident<br />
ACTIONTHRILLER<br />
USA 2010<br />
R: Antti Jokinen<br />
D: Hilary Swank,<br />
Jeffrey Dean Morgan,<br />
Christopher Lee<br />
Vö: 10. 2.2011<br />
(Constantin)<br />
Die attraktive Ärztin Juliet (Hilary Swank)<br />
hat sich von ihrem Mann getrennt und beginnt<br />
ihr neues Leben in einem scheinbar<br />
perfekten New Yorker Loft. Die Traumwohnung<br />
entpuppt sich allerdings schnell als<br />
gruselige Horrorfalle und ihr anfänglich charmanter<br />
Vermieter Max als psychisch gestörter<br />
Stalker, der es auf Juliet abgesehen<br />
hat. (mn)<br />
Extras Darstellerinfos. Auch als Blu-ray<br />
In schwarzer Haut<br />
DRAMA<br />
ZA 2009<br />
R: Anthony Fabian<br />
D: Sophie Okonedo,<br />
Sam Neill,<br />
Alice Krige<br />
Vö: 25. 1.<br />
(Ascot Elite)<br />
Sandra Laing (Sophie Okonedo) kommt im<br />
Afrika der 1950er-Jahre mit einer seltenen<br />
Pigmentstörung als schwarzes Kind weißer<br />
Eltern zur Welt. Die Verfilmung einer wahren<br />
Geschichte beleuchtet die Folgen der<br />
Rassenideologie im Apartheidstaat: Sandra<br />
verbringt ihr Leben zwischen Schwarz<br />
und Weiß, ausgegrenzt und entfremdet<br />
sogar von der eigenen Familie. (mn)<br />
Extras Trailer, Interviews, Featurette
Die Tür<br />
MYSTERY-THRILLER<br />
D 2009<br />
R: Anno Saul<br />
D: Mads Mikkelsen,<br />
Jessica Schwarz,<br />
Thomas Thieme<br />
Vö: 4. 2.<br />
(Universum)<br />
Düster. Das beschreibt diese deutsche<br />
Produktion mit einem fantastischen Mads<br />
Mikkelsen in der Hauptrolle wohl am<br />
besten. Und: spannend. Denn als David<br />
(Mikkelsen) fünf Jahre nach dem Unfalltod<br />
seiner Tochter eine mysteriöse Tür im<br />
Wald entdeckt, die ihn in die Vergangenheit<br />
bringt, hat das nicht nur angenehme<br />
Folgen. Das Kind kann er retten, aber auch<br />
sein Leben? Was ist mit der Beziehung zu<br />
Maja (Jessica Schwarz), die in der Welt<br />
vor dem Zeitsprung längst zerbrochen ist?<br />
Drama und Mysterythriller werden von<br />
Anno Saul nach Akif Pirinçcis Romanvorlage<br />
intelligent und überraschend verwoben.<br />
(kab)<br />
Film 4<br />
Extras Audiokommentare, Interviews,<br />
Making-of, Deleted Scenes, Trailer<br />
auch als Blu-ray<br />
Renn, wenn du kannst<br />
DRAMA<br />
D 2010<br />
R: Dietrich<br />
Brüggemann<br />
D: Anna Brüggemann,<br />
Jacob Matschenz,<br />
Robert Gwisdek<br />
Vö: 4. 2. (Zorro Film)<br />
Ben (Robert Gwisdek), der seit einem<br />
Unfall im Rollstuhl sitzt, und sein neuer<br />
Zivi Christian (Jakob Matschenz) verlieben<br />
sich in dieselbe Frau. Obendrein ist<br />
die Cellistin Annika (Anna Brüggemann)<br />
unentschlossen, knutscht zuerst mit<br />
Christian und landet dann mit Ben im<br />
Bett. Die emotionalen Verwirrungen stellen<br />
die Freundschaft der drei auf eine harte<br />
Probe … Regisseur Dietrich Brüggemann<br />
nutzt die Dreiecksgeschichte gekonnt und<br />
zeigt fernab aller Klischees auf, mit welchen<br />
Herausforderungen ein<br />
Rollstuhlfahrer konfrontiert wird. Obwohl<br />
der Film das überwiegend in realitätsnahen<br />
Bildern tut, scheut er nicht davor<br />
zurück, auch mal ins Träumerische abzudriften.<br />
Robert Gwisdek legt dabei einen<br />
bösen Sarkasmus an den Tag, der<br />
Lachen und Beklemmung provoziert. So<br />
ist „Renn, wenn du kannst“ eine Tragikomödie<br />
von seltener Qualität, die von Respekt<br />
und Selbstachtung, von Freundschaft<br />
und Liebe erzählt. (jul/kab)<br />
Film 5<br />
Extras Castingszenen, 35 Minuten „Die<br />
lustige Version“, Audiokommentar,<br />
Animationsfiguren<br />
Wall Street: Geld schläft nicht<br />
DRAMA<br />
USA 2010<br />
R: Oliver Stone<br />
D: Michael Douglas,<br />
Shia LaBeouf,<br />
Carey Mulligan<br />
Vö: 18. 2.<br />
(20th Century Fox)<br />
Die gleiche Geschichte zweimal erzählen?<br />
Kein Problem für Oliver Stone: Bud, ein<br />
junger Börsenmakler, verrät seinen Vater,<br />
um mit dem Investmentguru Gordon Gekko<br />
(Michael Douglas) ins Geschäft zu kommen<br />
und wird von ihm über den Tisch gezogen.<br />
Das war 1987. Man tausche Bud gegen<br />
Jake (Shia LaBeouf) und dessen Vater<br />
gegen seine Verlobte, schon haben wir<br />
2010. Mit dem Unterschied, dass Gekko<br />
// dvds 81<br />
nun nicht in den Knast wandert, sondern<br />
von dort entlassen wird. Völlig deplatzierte<br />
Montagevariationen von der Lochblende<br />
bis zum Splitscreen stellen indes die Frage:<br />
Ist Stone nun selbstironisch, geschmacklos<br />
oder einfach nur verkokst? Heraus kam<br />
jedenfalls unterhaltsamer, größenwahnsinniger<br />
Mist über eine größenwahnsinnige<br />
Branche, die ständig Mist baut. (rk/kab)<br />
Film 3<br />
Extras Featurette<br />
auch als Blu-ray<br />
AUSSERDEM NEU<br />
Happiness –<br />
Glück ist, wenn<br />
man trotzdem<br />
lacht<br />
Vö: erschienen<br />
(Eurovideo)<br />
Weitere aktuelle DVD-Kritiken<br />
gibt es im Magazin<br />
mein Kinoprogramm<br />
Erhältlich im Kino!
82 aktion //<br />
Richtig in den Tag starten<br />
Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages – da sind sich sowohl der<br />
Volksmund als auch der Hausarzt einig. Und: Möglichst ausgewogen soll es sein.<br />
Deshalb bietet Starbucks jetzt mit Croissants, Bagels und Muffins süße und herzhafte<br />
Angebote für jeden Frühstückstyp an. Wer sich nicht entscheiden kann, findet<br />
einfach auf Facebook heraus, welches Frühstück zu ihm passt:<br />
http://apps.facebook.com/fruehstueckstyp/<br />
Übrigens: Starbucks bietet auch wiederverwendbare Warmhaltebecher in allen Coffee<br />
Houses an. In den Tumblern bleibt das Lieblingsgetränk nicht nur länger heiß – die in<br />
unterschiedlichen Designs erhältlichen Becher gehen auch glatt als modisches<br />
Accessoire zum Arbeitsoutfit durch. Und das Beste: Wer im Besitz eines der praktischen<br />
Tumbler ist, bekommt bei Starbucks 30 Cent Rabatt auf sein Getränk.<br />
Impressum //<br />
kulturnews erscheint monatlich und wird herausgegeben<br />
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kulturnews 2/11<br />
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KUNST + THEATER Falk Schreiber (fis)<br />
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LIFESTYLE Ellen Stickel (es)<br />
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TERMINE UND PROGRAMM siehe citymag, S. 3<br />
WEITERE BEITRÄGE DIESER AUSGABE<br />
Marcel Anders, Ron Haller (ron),<br />
Wolf Kampmann, Kathrin Kaufmann (kat),<br />
Ralf Krämer (rk), Dagmar Leischow, Marten<br />
Lorenzen (ml), Alexander Rolf Meyer (arm),<br />
Jörg A. Noll (jan), Dr. Justus Noll (jn),<br />
Christiane Rebmann, Juliane Rusche (jul),<br />
Steffen Rüth (sr), Axel Schock (ascho),<br />
Michael Schock (ms), Katja Schwemmers,<br />
David Siems (ds), Tom Winkler (to)<br />
Praktikantinnen und Praktikanten:<br />
Nico-Elliot Kälberer (nek), Meike Nießen (mn)<br />
Lust, den Frühstückskaffee länger heiß zu genießen?<br />
kulturnews und Starbucks verlosen 10 Tumbler. Einfach bis zum 23. Februar unsere<br />
Gewinnhotline 0137-989 89 81 (0,50 Euro/Anruf) anrufen und mit etwas Glück<br />
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ART DIRECTION Nils Heuner<br />
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