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Im Heft: ATB, Oliver Koletzki, SOLOLUM, UMAMI, Torsten ... - Partysan

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Bericht<br />

Vinyl<br />

Platten lügen nicht<br />

Der Umsatz von Vinyl ist von 2009 bis 2010 laut dem<br />

Bundesverband der Musikindustrie um mehr als 37,6 %<br />

gestiegen. <strong>Im</strong> digitalen Zeitalter, so paradox es klingt,<br />

löst das Alte das Neue ab.<br />

CDs können teilweise schon nach 15 Jahren nicht mehr<br />

gehört werden, der Qualitätsverlust ist groß. Bei Platten<br />

ist das anders. Diese können, vorausgesetzt ist auch<br />

hier die richtige Lagerung, selbst nach 60 Jahren noch<br />

gehört werden. Das Analoge besitzt etwas Handfestes<br />

und der Konsument hat hier seinen Erwerb noch fest<br />

im „Griff“. Da sieht man schnell drüber hinweg, wenn<br />

die Platte hier und da mal knistert. Auf der Tanzfläche<br />

im Club verbeugt man sich eher noch wenn die Platte<br />

springt oder minder auffällige „Stupser“ zu hören sind, als<br />

Lupenreines Track-by-Track Mixing und Chart-Gespiele.<br />

Der Umsatz von Vinyl am Gesamtmarkt liegt trotzdem<br />

immer noch unter einem 1 %. Weit an der Spitze schätzt<br />

der Verbraucher immer noch die CD. Das ist an und für<br />

sich nichts Neues. Nicht jeder Endverbraucher kauft sich<br />

einen Plattenspieler. Dafür ist der kommerzielle Markt,<br />

die riesigen Kaufhausketten mit kilometerlangen CD-<br />

Regalen, einfach zu gut ausgelegt. Und schließlich sind<br />

es hier die großen Majors, die den Absatz beherrschen.<br />

Jetzt gehen Herstellerfirmen von Platten gar einen<br />

Schritt weiter und ein Langspielplattencover wird jüngst<br />

mit einem Download-Code versehen. Hier wird das Neue<br />

mit dem Alten verbunden. Das Vinylgeschäft geht also<br />

Aufwärts. Es sind nicht nur die Sammler von einst, auch<br />

eine nahezu unbehagliche Schar von jungen Leuten<br />

greift auf das schwarze Gold zurück. Karsten Haupt, von<br />

einem der führenden Deutschen Plattenhersteller, Celebrate<br />

Records GmbH, bestätige diese Entwicklung. Er<br />

teilte uns mit, dass der Absatz von Vinyl derzeit keinen<br />

Einbruch erleide, ganz im Gegenteil meint er weiter, dass<br />

„…sich immer mehr kleine Labels für Vinyl entscheiden,<br />

um sich in der großen digitalen Welt hervorzuheben. Der<br />

Endverbraucher nimmt dies auch an. Saturn und Media<br />

Markt haben ihre Vinylabteilung wieder eingeführt“. Bis<br />

vor kurzem ist man davon ausgegangen, das Internet sei<br />

die einzige Alternative um langfristig die Musik zum Hörer<br />

zu bringen. Das Alles ist Schmarrn von gestern, genauso<br />

wie der Glaube mit digitalen Downloads weltweit<br />

mehr Promotion zu erhalten. Für junge und kleine Indie-<br />

Labels ist es immer noch das beste Aushängeschild<br />

eigene Platten, wenn auch nur in begrenzter Auflage,<br />

an den Konsumenten zu bringen. Modern ist auch das<br />

bilden kleiner Netzwerke in der NICHT-digitalen Welt.<br />

Wer hat schon Bock tausende „like´s“ oder „gefällt mir“ –<br />

Seiten zu kontrollieren. Das macht kein Auge langfristig<br />

mit. Große Plattenfirmen dienen eher der Promotion und<br />

Vermarktung. Kleinere hingegen widmen sich da eher<br />

dem eigentlichen, nämlich der Musik. Letztere bauen<br />

jahrelang Künstler auf, beweisen Geduld im Umgang mit<br />

finanziellen Mitteln und die Liebe zur Kunst.<br />

Ich wollte auch Wissen, was sich allein bei der Produktion<br />

von Platten geändert hat. Rede und Antwort bekam<br />

ich auch hier von Carsten Haupt, Celebrate Records<br />

GmbH, wie folgt:<br />

Haben sich die Anschaffungskosten zum Pressen<br />

von Vinyl verteuert, die zwangsläufig an den<br />

Auftraggeber weiter gegeben werden?<br />

Die Anschaffungskosten für Materialen steigen zurzeit<br />

rasant an. Wir können die Kosten nur leicht an unsere<br />

Kunden weitergeben und müssen innerbetriebliche Kosten<br />

einsparen.<br />

Gibt es besondere Ansprüche die der Auftraggeber<br />

stellt, im Gegensatz zu früher?<br />

Die Ansprüche an ein Vinyl sind enorm hoch. Eine<br />

schwarze Scheibe mit Musik langt dem Kunden nicht<br />

mehr. Wir produzieren immer mehr 7-, 10-inch und Picture-Vinyle<br />

mit allen Farben. Gravuren, Downloadcodes<br />

und Einleger gehören bei Celebrate zum Tagesgeschäft.<br />

Wir sehen dennoch positiv in die Zukunft und werden die<br />

Vinylscheibe immer etwas weiterentwickeln.<br />

Mit physischen Produkten (CD, Vinyl) werden laut dem<br />

Bundesverband der Musikindustrie noch immer 86 %<br />

der Gesamtumsätze aus dem Musikverkauf erwirtschaftet.<br />

Das geht aus dem Jahr 2010 hervor und gilt für<br />

den Deutschen Raum. Zum ersten Mal wurde auch die<br />

Musikkassette von der Vinyl-Schallplatte überholt, was<br />

aber eher dem weiter schrumpfenden Marktanteil der<br />

Kassette zuzurechnen ist. Dennoch, der Vinyl-Umsatz<br />

blieb beständig und gerade die Single erfreut sich großer<br />

Beliebtheit. Wie komplex die Zusammenhänge im Musikbusiness<br />

sind, wird hier in einem Video verdeutlicht:<br />

http://www.youtube.com/watch?v=PG-EwYAvW_A<br />

Was ein erfahrener Musikvertrieb über die derzeitige<br />

Absatzpolitik meint, haben wir in einem Interview mit<br />

Frank Schreiner von Music Mail/Dig Dis erfahren:<br />

Gibt es besondere Ansprüche die der Endverbraucher<br />

stellt, im Gegensatz zu früher?<br />

Denke noch schnellere Verfügbarkeit des physischen<br />

Produktes. Nur wer Artikel sofort lieferbar hat, verkauft<br />

noch. Deshalb sind Online-Geschäfte auf Grund ihrer<br />

größeren sortimentstiefe im Vorteil.<br />

Wie hat sich in euren Augen die Preis-Politik im<br />

letzten Jahrzehnt geändert?<br />

Eigentlich sehr wenig. Die Preise sind seit Jahren recht<br />

stabil. Was auf Grund der gestiegenen Fixkosten beim<br />

Label und Vertrieb, auf Grund der geringeren<br />

Absatzzahlen, zu Problemen führt. Auf der anderen Seite<br />

darf man das physische Produkt auch nicht noch teuerer<br />

machen, gegenüber der überall verfügbaren<br />

digitalen Konkurrenz.<br />

Welche Unterschiede gibt es beim Kaufverhalten<br />

im Inland und Ausland?<br />

Der Auslandsmarkt ist bis auf ganz wenige Länder sehr<br />

geschrumpft. In manchen Ländern geht so gut wie gar<br />

kein Vinyl (Spanien/USA) mehr.<br />

Haben junge und/oder unbekannte Platten-Labels<br />

überhaupt noch eine Chance Schallplatten<br />

zu verkaufen?<br />

Wenn sie nicht über einen bekannten Artist-Stamm verfügen<br />

und sehr viel in Marketing investieren ist es sehr<br />

schwierig ein junges Label nach vorne zu bringen<br />

und entsprechend Vinyl zu verkaufen.<br />

Musik darf keine billige Wegwerfware werden, auch<br />

dann nicht, wenn täglich neue, tausende Musikstücke im<br />

Download-Verfahren angeboten werden. Platten stehen<br />

im Regal, sind sichtbar für das Auge und man erfreut<br />

sich an dessen Erwerb. Digitale Musik hingegen wirkt<br />

scheinbar unsichtbar, gelagert auf unendlichen Festplatten,<br />

die ständig neu aktualisiert werden müssen.<br />

Täglich kommen neue Stücke hinzu und der Bezug zum<br />

hauptsächlichen schwindet. Hier gilt nur: Die Musik von<br />

gestern wird mit den Reizen von heute überlagert. Und<br />

das wollen wir doch nicht, oder?<br />

Text: Silvio Müller<br />

Rubrik<br />

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