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Gruppenbezogene Menschenfeind - GEW

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BILDUNGSPOLITIK<br />

E&W-Leserreise<br />

nach Schweden:<br />

nicht nur Neuland<br />

entdeckt.<br />

24<br />

E&W 6/2005<br />

Die Philosophie macht<br />

den Unterschied<br />

E&W-Leserreise nach Schweden<br />

<strong>GEW</strong>-Lehrerinnen und -Lehrer auf<br />

Erkundungstour in der schwedischen<br />

Schullandschaft: Sie entdeckten viel<br />

Neuland, aber nicht nur. Manches<br />

war ähnlich, Vieles vergleichbar –<br />

doch Entscheidendes war ganz anders.<br />

Während in den hiesigen<br />

Breitengraden<br />

das Quecksilber erstmals<br />

die 20 Grad erreichte,<br />

machten<br />

sich in den Osterferien<br />

– angeregt durch eine Reiseausschreibung<br />

in E&W – 20 Pädagoginnen<br />

und Pädagogen auf den Weg in den<br />

noch immer eiskalten Norden. In Stockholm<br />

und Umgebung lernten sie das<br />

Bildungssystem kennen, nahmen am<br />

Unterricht teil, sprachen mit Kolleginnen<br />

und Kollegen, interviewten<br />

Schüler, diskutierten mit Kommunalpolitikern<br />

und erhielten Einblicke in die<br />

schwedische Lehrerbildung.<br />

Das Besuchsprogramm hatten Vertreter<br />

der schwedischen Bildungsgewerkschaft<br />

„Lärarförbundet“ zusammengestellt.<br />

Den Programmgestaltern war wichtig,<br />

dass die deutschen Gäste das schwedische<br />

Modell von der Pieke auf kennen<br />

lernen.<br />

Die Schule in Schweden will „so viele<br />

Jugendliche wie möglich zur Hochschulreife<br />

bringen, weil das Land sie<br />

braucht“, so Eva Hüll und Mats Norrstad<br />

von „Lärarförbundet“ in Stockholm<br />

und Huddinge, einer Gemeinde zirka<br />

20 Zugminuten vor der schwedischen<br />

Metropole.<br />

Auf den Anfang kommt es an<br />

Größten Wert legt das System auf den<br />

Anfang. Diesen bildet der Kindergarten,<br />

der hier „Vorschule“ heißt. Sie umfasst<br />

die Lebensjahre eins bis fünf, ist<br />

ganztägig, gehört aber nicht zum<br />

Pflichtschulbereich. Dennoch wird die<br />

Vorschule von rund 96,5 Prozent der<br />

Kinder besucht.<br />

Hier werden die Kleinen von Erzieherinnen<br />

mit Hochschulausbildung nach<br />

modernen Erkenntnissen der frühkindlichen<br />

Erziehung in enger Abstimmung<br />

mit den Eltern individuell gefördert.<br />

Von der ersten Stunde an werden persönliche<br />

Diagnosehefte, die „Reflexion<br />

Books“, geführt, in denen die Entwicklungsschritte<br />

eines jeden Kindes festgehalten<br />

werden. Im Anschluss bereitet<br />

die einjährige „Vorschul-Klasse“ die<br />

Sechsjährigen auf den reibungslosen<br />

Übergang zur Pflichtschule vor.<br />

Die Pflichtschule ist eine neunjährige<br />

ganztägige Gesamtschule. In den ersten<br />

Jahren gibt es jahrgangsübergreifende<br />

Klassen. Noten werden erstmals in der<br />

achten Klasse vergeben.<br />

In der fünften und achten Klasse werden<br />

Vergleichsarbeiten geschrieben, um zu<br />

sehen, wo die einzelnen Schüler stehen<br />

und wo nachgearbeitet werden muss.<br />

Sitzenbleiben gibt es nicht. In der<br />

Neunten steht die zentrale Abschlussprüfung<br />

an. Gut 95 Prozent der Schüler<br />

bestehen. Schweden ist ein „zentralistisches<br />

Land“, das heißt, die bildungspo-<br />

Foto: swl<br />

litischen Grundsatzentscheidungen fallen<br />

auf nationaler Ebene. Aber die Verantwortung<br />

für die Umsetzung liegt in<br />

den Gemeinden und letztlich in den<br />

weitgehend selbstständigen Kindergärten<br />

und Schulen. Die nationale<br />

Klammer bildet die Bildungsbehörde<br />

„Skolverket“. Sie fungiert als wissenschaftliche<br />

Planungs-, Beratungs- und<br />

Evaluationsagentur.<br />

Die Atmosphäre stimmt<br />

Vor Ort erleben die deutschen Besucher<br />

einen anderen Schulalltag als zu Hause.<br />

Im Vordergrund stehen das selbstständige<br />

Lernen und die individuelle Förderung.<br />

Weit verbreitet ist das „Log-Buch“: Eine<br />

Kladde, in die der Wochenplan des Lehrers<br />

pro Fach eingeklebt wird, versehen<br />

mit spezifischen Aufgaben für Schüler,<br />

die nachholen müssen oder mehr machen<br />

wollen. Damit wissen die Jugendlichen,<br />

was sie zu tun haben – mit und<br />

ohne Lehrer.<br />

Weit häufiger als bei uns arbeiten die<br />

Schüler alleine oder in Gruppen,<br />

während der Lehrer durch die Klasse<br />

geht und mal hier, mal da mitmacht.<br />

Natürlich gibt es auch Frontalunterricht.<br />

Dieser findet jedoch situationsbedingt<br />

und nur zwischendurch statt.<br />

Zwar sind die Klassen ungefähr so groß<br />

wie in Deutschland, aber aufgrund der<br />

sehr viel besseren Schüler-Lehrer-Relation<br />

(etwa 15 zu 1) können häufig kleine<br />

Lerngruppen gebildet werden.<br />

Die Schulen sind sauber, freundlich und<br />

zweckdienlich eingerichtet. Die Ausstattung<br />

beeindruckt die Besucher. Man<br />

merkt, dass Schweden mehr Geld als die<br />

Bundesrepublik für Bildung ausgibt.<br />

Auf Socken durch die Schule<br />

Von Schmierereien und Vandalismus<br />

keine Spur. Meist werden die Schuhe im<br />

Eingangsbereich oder vor dem Klassenzimmer<br />

ausgezogen. Man läuft auf<br />

Socken. Das macht Sinn – nicht nur für<br />

die Kleinen, die z. B. in der Björngardsskolan<br />

in Stockholm oft auf dem Fußboden<br />

spielen und lernen. Auch im<br />

Gymnasium Sjödalens in Huddinge<br />

bleiben Böden und Möbel sauber und<br />

die Jugendlichen gewöhnen sich daran,<br />

mit frischen Socken zur Schule zu kommen.<br />

Der Lärmpegel in den Fluren und Klassen<br />

ist für deutsche Verhältnisse traumhaft.<br />

Dennoch klagen einige Schüler, es<br />

sei zu laut für konzentriertes Arbeiten.<br />

Welch Wunder, dass man keine gestressten,<br />

genervten, ausgebrannten Lehrer<br />

sieht. Im Gegenteil: Lehrerinnen und<br />

Lehrer wirken locker und offen. Ihr Auf-

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