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Weitreichende Änderungen im Genehmigungsrecht für bestehende<br />
und neue Biogasanlagen<br />
§<br />
Im Zuge des beschleunigten Atomausstiegs rief die<br />
Bundesregierung ein Programm zur Energiewende<br />
aus. Der Einstieg ins Zeitalter der erneuerbaren<br />
Energien soll dadurch konsequent beschritten werden.<br />
Als erste Maßnahme brachte sie im Dezember<br />
2011 ein Gesetzespaket auf den Weg, durch das<br />
bis zum Jahr 2020 der Anteil der erneuerbaren<br />
Energien auf 35 Prozent an der Gesamtstromproduktion<br />
anwachsen soll.<br />
Bisher nicht in nationales Recht überführte EU-<br />
Vorgaben fanden Eingang in das Gesetzespaket.<br />
Dies hat weitreichende Einflüsse auf die gesteckten<br />
Ausbauziele für die Erneuerbaren Energien. Insbesondere<br />
das am 29.02.<strong>2012</strong> verkündete Gesetz<br />
zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und <strong>Si</strong>cherung<br />
der umweltverträglichen Bewirtschaftung von<br />
Abfällen (KrWG) stellt den gesamten Bereich der<br />
Biomassenutzung vor neue Herausforderungen.<br />
Nach Ansicht der EU handelt es sich bei Gülle aus<br />
der Nutztierhaltung um Abfall, sobald diese zur Biogasproduktion<br />
eingesetzt wird. In diesem Zusammenhang<br />
sowie in Verbindung mit der Umsetzung<br />
der Industrie-Emissions-Richtlinie (IED) muss die<br />
Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen<br />
(4. BImSchV) angepasst werden. Die Verordnung<br />
wurde grundlegend aktualisiert, trat am 01.06.<strong>2012</strong><br />
in Kraft und ersetzt die bisherigen Regelungen. Die<br />
Konsequenzen betreffen nicht nur geplante Neubauten,<br />
sondern wirken auch auf Bestandsanlagen<br />
ein. Einen Bestandsschutz kennt diese Gesetzgebung<br />
nicht.<br />
Bereits immissionsschutzrechtlich genehmigte<br />
Biogasanlagen sind von den Auswirkungen<br />
weniger stark betroffen. Lediglich die Nachgenehmigung<br />
der bisher noch nicht erfüllten oder<br />
geänderten Tatbestände muss binnen drei Mona-<br />
ten nach Inkrafttreten der Verordnung durch den<br />
Anlagenbetreiber mitgeteilt werden. Das betrifft<br />
insbesondere den Bereich des Gülleeinsatzes und<br />
der Gärproduktlagerung.<br />
Weitaus stärker betroffen von den Änderungen<br />
sind nach Landesbaurecht genehmigte landwirtschaftliche<br />
Biogasanlagen, die derzeit mit einer<br />
Feuerungswärmeleistung kleiner 1.000 Kilowatt<br />
(z. B. 350 kW el mit einem Gasverbrauch von 172<br />
Nm³/h im Volllastbetrieb) knapp unter den Schwellen<br />
der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit<br />
liegen. Zukünftig fallen alle<br />
Biogasanlagen mit Gülleeinsatz und gleichzeitig<br />
einer jährlichen Gasproduktionsrate von mehr<br />
als 1,2 Millionen Normkubikmetern (entspricht<br />
bei 350 kW el einer Jahresauslastung von 80 Prozent)<br />
unter die Genehmigungsbedürftigkeit nach<br />
Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG).<br />
Innerhalb der Dreimonatsfrist ist durch den Anlagenbetreiber<br />
eine Anzeige nach BImSchG einzureichen.<br />
Mit dem Status einer immissionsschutzrechtlich<br />
genehmigungsbedürftigen Anlage sind strengere<br />
Anforderungen an den Anlagenbetrieb sowie<br />
gestiegene Betreiberpflichten zu beachten. Auf<br />
BImSchG-Anlagen werden Verordnungen und<br />
Richtlinien angewendet, die für nach Baurecht<br />
genehmigte Anlagen nicht zutreffen. Ebenfalls<br />
zu beachten sind seit 2009 geltende und speziell<br />
auf BImSchG-Anlagen abzielende Passagen des<br />
Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien<br />
(EEG), die wiederum die Voraussetzungen für die<br />
Vergütung bilden.<br />
Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind<br />
bestehende, nach Baurecht genehmigte Biogasanlagen<br />
mit großen offenen Gärproduktlagern,<br />
die nunmehr als BImSchG-Anlage in der Pflicht<br />
stehen, diese Lager gasdicht abzudecken und an<br />
das Gassystem anzuschließen. Beträgt der dabei<br />
entstehende Gasraum in der Gesamtanlage 7.700<br />
Kubikmeter oder mehr, werden durch das vorhandene<br />
Biogas die Mengenschwellen nach Störfall-<br />
Verordnung überschritten. Zum Gasraum werden<br />
die Speichereinrichtungen, Rohrleitungen und die<br />
maximal entleerten Lager gezählt.<br />
Mit der behördlichen Feststellung, dass eine Biogasanlage<br />
unter die Bestimmungen der Störfall-<br />
Verordnung fällt, sind weiterführende Reglementierungen<br />
für den Anlagenbetreiber verbunden<br />
und die Zuständigkeit liegt bei der oberen Verwal-<br />
5<br />
tungsbehörde. Zentraler Aspekt bei der Neu- oder<br />
Nachgenehmigung ist der Schutz der Umwelt und<br />
Bevölkerung vor den Auswirkungen von Störfällen.<br />
Anlagen-, Betriebs- und <strong>Si</strong>cherheitskonzepte sind<br />
auf diese Anforderungen hin anzupassen oder<br />
zu erstellen und im Anlagenbetrieb anzuwenden.<br />
Gleichzeitig nimmt die Überwachung der betroffenen<br />
Anlagen durch die Behörden zu, die zum Teil<br />
auf Zuarbeiten von <strong>Si</strong>cherheitssachverständigen<br />
zurückgreifen.<br />
Aktuelle Schätzungen gehen bundesweit von<br />
800 Anlagen aus, auf die durch die Änderungen<br />
der Gesetzesgrundlagen die höheren Anforderungen<br />
in dargestellter Weise anzuwenden sind.<br />
Der Fachbereich Genehmigungsverfahren ist für<br />
die anstehenden Aufgaben gerüstet und kann betroffene<br />
Biogasanlagenbetreiber umfassend unterstützen.<br />
Durch Fortbildungen wurden im Vorgriff<br />
auf die bevorstehenden Entwicklungen gezielt<br />
Kenntnisse im Genehmigungs- und Planungsrecht<br />
erworben. Gleichzeitig wurde ein Planungstool für<br />
Nassfermentationsanlagen erstellt, um die individuelle<br />
Genehmigungsbedürftigkeit von bestehenden,<br />
zu erweiternden oder geplanten Biogasanlagen zu<br />
ermitteln. Erfasst werden die tägliche Einsatzstoffmenge<br />
und -zusammensetzung mit überschlägiger<br />
Berechnung der Gasproduktion anhand von allgemein<br />
anerkannten Kennwerten des KTBL (Kuratorium<br />
Technik und Bauen in der Landwirtschaft), die<br />
Behältergrößen mit Angaben zum Faul-, Lager- und<br />
Gasraum sowie Kennwerte der Biogasverwertung.<br />
Danach wird ausgewertet, ob eine Neugenehmigung<br />
oder Änderung bestandskräftiger Genehmigungen<br />
nach BImSchG erforderlich sind.<br />
Aufgrund zahlreicher, erfolgreich abgeschlossener<br />
Projekte greift der Fachbereich Genehmigungsplanung<br />
auf eine umfangreiche Erfahrung bei der<br />
Erarbeitung von Anzeigen- und Antragsunterlagen<br />
sowie der Begleitung der Genehmigungsverfahren<br />
zurück.<br />
Ansprechpartner<br />
GICON – Großmann Ingenieur Consult GmbH,<br />
Tiergartenstr. 48, 01219 Dresden,<br />
Dipl.-Ing. (FH) Cornelia Domschke,<br />
Fachbereichsleiterin Genehmigungsplanung,<br />
T +49 351 47878-34, c.domschke@gicon.de;<br />
Dipl.-Geogr. Dirk Richter,<br />
T +49 351 47878-762, d.richter@gicon.de