Interview
Sie waren im Jahr 2004 Präsident der EU-
ROHORCs. Was sind Ihrer Meinung nach
die größten Erfolge für Forschung und Forschungsförderung
in Europa während Ihrer
Amtszeit?
Als erstes ist dabei das gemeinsame Programm
EURYI (European Young Investigator)
Award zu nennen. In diesem Programm wurden
kürzlich erstmals Preise an 25 Nachwuchswissenschaftler
in Stockholm verliehen. Diesen
Preis haben alle Forschungsorganisationen zusammen
organisiert. Er wird allein auf Basis
wissenschaftlicher Exzellenz, ohne „juste retour“,
vergeben. Ein solches Vorgehen braucht
Übung auf der Ebene des Managements Committees
und auf unserer Ebene, der der EURO-
HORCs. Aber es scheint gelungen, und seit dem
1. September läuft die zweite Ausschreibung.
Als zweites ist die Ausweitung von „Money Follows
People“, also der Möglichkeit, seine Gelder
bei einem Umzug ins Ausland mitzunehmen.
Das ging bisher nur zwischen Schweiz,
Österreich und Deutschland. Mittlerweile haben
aber zwölf weitere Länder zugestimmt. Das
ist ein wichtiger Beitrag zur Mobilität in Europa.
Besonders aus dem Blickwinkel, dass die EU-
ROHORCs, in der ich glaube 37 Organisationen
schätzungsweise 18 Milliarden Euro ausgeben,
ein entscheidender Player im europäischen Forschungsraum
sind. Das ist viermal soviel wie
die 4,5 Milliarden, die die Europäische Kommission
für Forschung ausgibt.
Das dritte waren die erfolgreichen Gespräche
mit der Kommission auf gleicher Augenhöhe
über das European Research Council (ERC). Der
Einfl uss dieses Councils liegt auf ganz verschiedenen
Ebenen. Es wird ganz wesentlich die Universitätsstrukturen
in Europa beeinfl ussen. Denn
die Forscher an den Universitäten müssen ja im
Wettbewerb arbeiten können, und auch im europäischen
Wettbewerb. Das heißt sie brauchen
einen Standort, an dem sie entsprechend ausgestattet
sind und arbeiten können. Ein Standort,
der solche Fördergelder entgegennehmen
kann. Das heißt, wichtig sind beispielsweise die
Qualität der Studenten und die vergrößerte Autonomie.
Dann wird das ERC Einfl uss nehmen auf die nationalen
Förderorganisationen. Das fängt damit
an, dass die Länder, in denen es keine nationalen
Förderorganisationen gibt, wie Frankreich,
Spanien, Italien, solche Organisationen gründen.
Herr Raffarin hat kürzlich angekündigt, er wolle
eine französische Förderorganisation wie die
DFG gründen. In den anderen Ländern wird Ähnliches
vermutlich auch geschehen. Das fördert
den Wettbewerb und die Übung damit.
Und schließlich wird es die Zusammenarbeit zwischen
den nationalen Förderorganisationen dramatisch
verändern. Eben waren die Stichworte
EURYI und „Money Follows People“, inzwischen
werden wir gemeinsame Begutachtung, gemeinsame
„Peer Reviews“ durchführen und auf diese
Weise die Standards der Begutachtung heben.
Bislang war das kein Problem, weil die Europäische
Union sich nicht explizit mit Grundlagenforschung
befasst hat, und daher diese Frage nicht
so zur Debatte stand. Obwohl es erstaunlich ist,
dass die nationalen Organisationen nicht schon
vorher intensiver zusammengetan haben.
Eine weitere Erfolgsgeschichte, in diesem Fall
nicht für die EUROHORCs aber für Europa,
ist sicher das European Science Open Forum
(ESOF). Diese Initiative hat jetzt schon, wie an
dem Treffen im September 2004 sichtbar, Erfolg
und führt zu mehr Erfolg. Und so etwas kann nur
TITELTHEMA
Professor Dr. Ernst-Ludwig Winnacker
Der Präsident der DFG und ehemaliger Präsident der EUROHORCs (European Heads of Research Councils), Professor Dr. Ernst-Ludwig Winnacker, über
das Zusammenwachsen des europäischen Forschungsraums.
gut sein. Die Offenheit, mit der das in Stockholm
gemacht worden ist, war außerordentlich beeindruckend.
Der Medienresponse auch. Die DFG
wird die weiteren Schritte dieses Unternehmens
weiterhin intensiv unterstützen. Bei diesem Treffen
stellte die DFG zwei Sessionen, das kann
man ausweiten. Die DFG lädt in diesem Zusammenhang
die „Scientifi c Community“ herzlich
zum nächsten ESOF ein, um ein Fest der Wissenschaft
zu feiern, zumal das nächste Treffen
2006 in München ist, direkt nach der Fußballweltmeisterschaft.
Welche vordringlichen Aufgaben sehen Sie für
Ihren Nachfolger auf dem Posten des Präsidenten
der EUROHORCS? Welche Schwerpunkte
möchten Sie ihm besonders ans Herz
legen?
Die große Aufgabe ist, gemeinsam mit der Kommission
das European Research Council aus der
Taufe zu heben. Es gibt bereits ein gemeinsames
Papier mit operationellen Details. Das muss weiter
ausgearbeitet werden. Die Basis muss erweitert
werden. Es müssen die richtigen Kontakte
mit der Industrie geknüpft werden, in der auch
geforscht wird und zum Teil gut geforscht wird,
wenn auch zu wenig. Und es müssen gemeinsam
mit der „Scientifi c Community“ die richtigen
Rahmenbedingungen für dieses Opus geschaffen
werden.
Aber es gibt noch viel mehr. Die Kommission
wird ihre European Research Area-Aktivitäten
(ERA) ausbauen, und da werden die EURO-
HORCs eine große Rolle spielen, weil sie eben
wissen, wie man Geld im Wettbewerb verteilt.
Da werden sie sich zur Verfügung stellen.
Welcher Aufgaben müssen sich die anderen
europäischen Entscheider annehmen?
Eine große Verantwortung haben natürlich
E.I.Q
II/2007
28