Methoden und Medien - Pädagogische Hochschule Weingarten
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Inhalt<br />
<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
1 Einleitende Bemerkungen ................................................................................. 1<br />
2 Begriffsbestimmungen ....................................................................................... 2<br />
3 Das <strong>Methoden</strong>repertoire des TU ...................................................................... 4<br />
3.1 Die methodischen Gr<strong>und</strong>formen ................................................................................................ 4<br />
3.2 Technisches Handeln vs. Unterrichtsmethode ........................................................................... 5<br />
3.3 Ein Ordnungsraster der <strong>Methoden</strong> des TU ................................................................................ 8<br />
4 Handlungstheoretische Betrachtung der <strong>Methoden</strong> des TU ..................... 10<br />
5 Weitere Formen technischer Bildung: vergessene <strong>und</strong> übersehene<br />
methodische Konzepten ................................................................................... 11<br />
5.1 Bildung durch Werkerziehung bei Wessels ............................................................................. 11<br />
5.2 Die Methode wechselnden Ausprobierens <strong>und</strong> gezielten Gestaltens bei Wiesenfarth ......... 13<br />
5.3 Bildung durch waches Anschauen bei Wiesmüller ................................................................. 15<br />
6 Empirische Daten zum aktiven <strong>Methoden</strong>repertoire von LuL ................. 16<br />
6.1 Daten zum Soll-Zustand ............................................................................................................ 17<br />
6.2 Daten zum Interesse der LuL .................................................................................................... 17<br />
6.3 Daten zum Ist-Zustand .............................................................................................................. 18<br />
7 <strong>Medien</strong> ................................................................................................................ 20<br />
7.1 Zur Begrifflichkeit ..................................................................................................................... 20<br />
7.2 Die <strong>Medien</strong>ordnung nach Schmayl .......................................................................................... 20<br />
1 Einleitende Bemerkungen<br />
Unterrichtsmethoden des TU werden oft als „gemähte Wiese“ dargestellt. Die LuL müssten ihre Ziele festlegen,<br />
dann in einem <strong>Methoden</strong>-Lehrbuch nachschlagen, die passende Methode auswählen <strong>und</strong> dann würde<br />
der Unterricht funktionieren. In Wirklichkeit sieht das aus verschiedenen Gründen komplizierter aus. Erstens<br />
ist sich die Didaktik nicht einig darüber, was genau eine Unterrichtsmethode ist. Als Antipoden können<br />
Schmayl <strong>und</strong> Hüttner gesehen werden.<br />
Zweitens sind sich die Erziehungswissenschaftler nicht einig, wie Unterrichtsmethoden eingeordnet <strong>und</strong><br />
bewertet werden sollen. Hier stehen sich emanzipatorische (<strong>Methoden</strong> stellen eine Gängelung des freien<br />
Schüler- <strong>und</strong> Lehrerwillens dar) <strong>und</strong> normierende Ansätze (<strong>Methoden</strong> weisen einen wohldurchdachten, erfolgversprechenden<br />
Weg durch den Lernprozess) gegenüber, aber auch puristische (Duncker: Methode als<br />
„die eine“ Form der Kulturaneignung; Schmayl: wenige methodische Gr<strong>und</strong>formen) <strong>und</strong> ausufernde („<strong>Methoden</strong>koffer“<br />
des BMP: für jeden Lehrertyp <strong>und</strong> jedes Kind eine eigene Methode).<br />
Ein interessantes Spannungsverhältnis ergibt sich aus einem Vergleich zwischen enger <strong>und</strong> weiter Auslegung.<br />
Schmayl beispielsweise schreibt zur sich immer weiter differenzierenden <strong>Methoden</strong>vielfalt: „Es blühen<br />
die Einfälle, die den Unterricht auflockern, ihn kurzweilig machen wollen. Sie tendieren dazu, den<br />
Schülern geistige Anstrengung zu ersparen <strong>und</strong> versprechen Lernerfolge, ohne den Ansprüchen des Gegenstandes<br />
genügen zu müssen.“ (Schmayl 2010, S. 200) Bei Röbe, Däschler-Seiler et al. heißt es dagegen:<br />
„Heute wissen wir, vor allem aufgr<strong>und</strong> der Ergebnisse der Unterrichtsforschung, dass es nicht generell ei-<br />
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nen Weg (Methode) gibt, der für alle Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler gleichermaßen geeignet ist. <strong>Methoden</strong>vielfalt<br />
<strong>und</strong> <strong>Methoden</strong>angemessenheit im Hinblick auf bestimmte Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler sind zentrale Bestimmungsfaktoren<br />
guten Unterrichts.“ (Esslinger-Hinz 2007, S. 147)<br />
Beachtung verdienen beide Standpunkte: Wenn eine Methode einen Lernweg weist, dann sollten für unterschiedliche<br />
Lerntypen auch verschiedene Wege vorhanden sein. Wenn aber jeder Weg erlaubt ist, inwiefern<br />
kann dann noch von <strong>Methoden</strong> gesprochen werden?<br />
Drittens besteht Uneinigkeit darüber, ob das <strong>Methoden</strong>spektrum des TU gut ausgearbeitet ist oder nicht.<br />
Auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für technische Bildung 2012 (Tagungsband im Druck; vgl.<br />
auch dgtb.de) wurde darüber heftig diskutiert.<br />
Für Lehramtsstudierende bieten Unterrichtsmethoden Chance <strong>und</strong> Herausforderung gleichermaßen: Sie<br />
stellen einen „Handlauf“ dar, entlang dessen man sich durch einen Teil der Unterrichtsplanung arbeiten<br />
kann. Das ist eine große Hilfe, <strong>und</strong> die etablierten Wege dürfen nicht einfach ignoriert, sollen aber auch<br />
nicht gedankenlos befolgt werden. Sie stellen eine Herausforderung dar, denn hinter einer Methode muss<br />
immer die bildungstheoretische Diskussion verstanden werden: Welches Menschenbild liegt unserem Bildungssystem<br />
zugr<strong>und</strong>e? Wie lernen Kinder am besten? Was bedeutet das Attribut „allgemeinbildend“ ganz<br />
konkret für Unterricht <strong>und</strong> für Unterrichtsplanung?<br />
2 Begriffsbestimmungen<br />
Was eine Methode ist, kann nicht scharf eingegrenzt werden. Etymologisch betrachtet beschreibt méthodos<br />
einen Weg oder ein Verfahren. Nun kann man im Dunkeln durch ein Dickicht stolpern – so ein Verfahren,<br />
einen Weg zu beschreiten, meint Methode nicht. Es sollte beim Zurücklegen des Weges hell sein, der Sich-<br />
Bewegende sollte am Ende sein Ziel erreicht haben (1) <strong>und</strong> den Weg kennen, den er zurückgelegt hat (2).<br />
Das heißt nicht, dass nicht Teile des Weges im Dickicht verlaufen können – gerade dort ist es manchmal<br />
besonders interessant. Aber beim Durchwühlen sollte man das Dickicht kennenlernen.<br />
In präziserer Formulierung: Eine Unterrichtsmethode ist ein kunstvolles, geregeltes Verfahren zur Erreichung<br />
eines Unterrichtszieles. Kunstvoll meint, dass den SuS eine Sache nicht einfach vorgelegt wird, so<br />
lernt niemand auf Dauer gerne. Es sollte, bildlich gesprochen, der Appetit angeregt werden, die Sache kann<br />
wie ein Geschenk verpackt werden, sodass die SuS es auspacken <strong>und</strong> erk<strong>und</strong>en wollen. Geregelt meint,<br />
dass Kinder der Lernweg möglichst effektiv zum Ziel führen sollte. Wichtig: Effektivität <strong>und</strong> Spannung<br />
sind keine Gegensätze, sondern Geschwister (dass Geschwister oft streiten, ändert nichts an ihren gemeinsamen<br />
Wurzeln).<br />
Duncker beschreibt Methode als die „Kunst des Hervorbringens <strong>und</strong> Fortschreibens von Kultur“ (Duncker<br />
1994, S. 65). Hier deutet sich an, dass Unterrichtsmethode mehr ist als bloß geschicktes Arrangieren von<br />
Lernstoff, sondern dass sie eine wichtige Aufgabe im Bildungsprozess hat. Duncker betont, dass SuS durch<br />
methodisch kunstvollen Unterricht die Fähigkeit erhalten, (1) die Welt lesen zu lernen (a.a.O., S. 85) <strong>und</strong><br />
(2) die Potentiale ihrer Persönlichkeit entwickeln können: Selbstkräfte, Wollen/Kennen/Können, Selbstvollendung<br />
der Seele, Qualität des Subjekts. Duncker schreibt: „Personalität kann [...] nur im Medium kultureller<br />
Beanspruchungen ausgebildet werden.“<br />
Diese Formulierung sollte nicht überlesen werden. Was bedeutet sie konkret? Ein Beispiel:<br />
Ihre SuS sollen einen CD-Ständer aus Kunststoff bauen. Sie lassen sie ein Experiment zu den<br />
temperaturabhängigen Eigenschaften von Thermoplasten machen. Warum? Weil sie herausfinden<br />
sollen … Weil Experimente auch in technischen Berufen… Weil Experimente gerade<br />
„in Mode“ sind…) Und die Kultur? Was ändert das Experiment bei Ihren SuS, sodass sie die<br />
(kulturell geprägte) Welt besser lesen lernen? Welche Potentiale der Persönlichkeiten werden<br />
dadurch gestärkt?<br />
Das sind sehr gr<strong>und</strong>sätzliche Fragen, <strong>und</strong> Sie merken als Anfänger im Lehramtsstudium vielleicht auch,<br />
dass Sie beim Beantworten in eine Rechtfertigungshaltung kommen. Es wird von Ihnen verlangt, dass Sie<br />
begründen können, warum Sie etwas genau so machen <strong>und</strong> nicht anders. Sie müssen sich dahingehend<br />
entwickeln, dass sie Ihre Entscheidungen zunehmend objektiver <strong>und</strong> mit Sachkenntnis unterlegt begründen<br />
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können.<br />
Schmayl definiert:„Hauptfunktion der Methode ist [...] die Strukturierung des Unterrichtsprozesses in eine<br />
zusammenhängende Folge von Denk- <strong>und</strong> Handlungsschritten, also von geistigen <strong>und</strong> konkreten Operationen<br />
im Sinne erfolgreichen Lernens“ (Schmayl 2010, S. 203). Dies beinhaltet:<br />
- Strukturierung: Ordnung des Unterrichts in Phasen <strong>und</strong> Bestimmung der Beziehung zwischen den<br />
Phasen (zeitliche Abfolge, „roter Faden“, logischer Zusammenhang);<br />
- Folge von Denkschritten (geistige Operationen): Logischer Aufbau der Inhalte, LuL müssen die<br />
Denkweise der SuS „kennen“;<br />
- Folge von Handlungsschritten (konkrete Operationen): Das Lernen muss von den SuS handelnd<br />
durchlaufen werden. Bloßes Nachvollziehen („Ich erkläre euch das jetzt mal.“) ist ineffektiv;<br />
- Erfolgreiches Lernen: Keine Beschäftigungstherapie, Spaß genügt nicht, sondern es muss etwas<br />
Konkretes dabei herauskommen, <strong>und</strong> zwar auf möglichst effektivem Weg.<br />
Schmayl argumentiert gegen die Tendenz, alles, was halbwegs geordnet abläuft, „Methode“ zu nennen. Er<br />
unterscheidet:<br />
- Methodische Gr<strong>und</strong>formen des TU: Sie stellen gr<strong>und</strong>sätzliche, fachtypische Wege dar, die technische<br />
Welt (d. h. die äußere technische Welt, also die Artefakte <strong>und</strong> Verfahren, <strong>und</strong> die innere technische<br />
Welt, also die Art <strong>und</strong> Weise der Kinder, technisch zu denken <strong>und</strong> zu handeln) zu erschließen.<br />
Eine methodische Gr<strong>und</strong>form erstreckt sich nach Schmayl über eine ganze Unterrichtseinheit,<br />
also über das „kleinste noch eine Planungseinheit bildende Unterrichtsstück“ (a. a. O., S. 203).<br />
- <strong>Methoden</strong>elemente: Kleinere Planungsentscheidungen innerhalb einer methodischen Gr<strong>und</strong>form,<br />
also Unterrichtsphasen wie Problematisierung, Kennenlernen von Werkzeugen, Sozialformen<br />
(Einzelarbeit, Partnerarbeit…), Tätigkeitsformen (z. B. nach Aebli: Erzählen, Vorzeigen, Anschauen,<br />
Lesen, Texte verfassen, einen Handlungsablauf erarbeiten…).<br />
- Methodische Modeerscheinungen: Kugellager, Aquarium…<br />
Es muss beachtet werden, dass es andere Auffassungen in diesem Bereich gibt. Schmalys Lehrer Wilkening<br />
beispielsweise hat mit Bedacht nicht von „Unterrichtsmethoden“ gesprochen, sondern von „Unterrichtsverfahren“,<br />
da der <strong>Methoden</strong>begriff das strenge Einhalten von Regularien beinhaltet, was einer schülerorientierten<br />
Auffassung von Lernprozessen widerspreche. Henseler et al. (1996)schließen sich dem an<br />
<strong>und</strong> sprechen von Unterrichtsverfahren, wo Schmayl den Begriff <strong>Methoden</strong> verwendet. Schmayl wiederum<br />
lehnt den Begriff des Unterrichtsverfahrens ab, weil er ihn an eine technische Verfahrensweise erinnert <strong>und</strong><br />
weil man Unterricht nicht als Verfahrenstechnik verstehen dürfe (so seine Begründung in einer Diskussion<br />
auf der Tagung in Wolfsburg). Beide Autoren diskutieren über denselben Sachverhalt, kommen aber zu<br />
entgegengesetzten Entscheidungen.<br />
Und am Ende eine weitere ungelöste Frage: Inwiefern unterscheiden sich in der technischen Bildung <strong>Methoden</strong><br />
von Inhalten? Inhalte sind nach Bienhaus „komplexe, übergeordnete Sachgesamtheiten [...], die<br />
aufgr<strong>und</strong> vorausgelaufener allgemein- <strong>und</strong> fachdidaktischer Analyse- <strong>und</strong> Entscheidungsprozesse als Bildungsinhalte<br />
identifiziert, taxiert, systematisiert <strong>und</strong> für den Lernprozess angeordnet werden.“ (Bienhaus<br />
1995, S. 130). Die Bereiche der Konstruktion, der Fertigung, der Nutzung, der Auflösung sind komplex,<br />
von „übergeordneter Bedeutung“ (damit ist gemeint: nicht nur für einen Teilbereich der Technik, sondern<br />
kulturell bzw. gesellschaftlich wichtig) <strong>und</strong> es handelt sich jeweils um einen begrenzbaren Bereich der<br />
Technik. Demnach wäre die Fertigung ein Inhalt technischer Bildung, sobald in der didaktischen Diskussion<br />
(Teil 2 der Definition von Bienhaus) ein Konsens besteht, dass es so sein soll. Wie kann etwas, so muss<br />
gefragt werden, gleichzeitig Inhalt <strong>und</strong> Methode sein? Hier gibt es keine Antwort, die Frage ist noch nicht<br />
einmal offiziell gestellt worden. Aber ein Eindruck drängt sich auf: Das vermeintlich so klar umrissene<br />
Feld der <strong>Methoden</strong> des TU ist in Wirklichkeit noch ziemlich <strong>und</strong>eutlich herausgearbeitet.<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
3 Das <strong>Methoden</strong>repertoire des TU<br />
Neben den Unterrichtsmethoden, die andere Fächer auch nutzen, gibt es Wege der Welterschließung<br />
(méthodos), die in dieser Weise nur im TU vorkommen. Z. B. spielen Artefakte (künstlich hergestellte Gegenstände)<br />
nur in der Kunst <strong>und</strong> in der Technik eine bedeutende Rolle, <strong>und</strong> auf eine Zweckerfüllung hin erf<strong>und</strong>ene<br />
<strong>und</strong> hergestellte Artefakte nur in der Technik. Das zweckorientierte „Erfinden“ heißt auch Konstruieren,<br />
das Herstellen heißt auch „Fertigen“.<br />
3.1 Die methodischen Gr<strong>und</strong>formen<br />
In langer didaktischer Diskussion <strong>und</strong> Erprobung (besonders durch Wessels, Mehrgardt, Wilkening,<br />
Schmayl <strong>und</strong> Sachs) haben sich methodische Gr<strong>und</strong>formen des TU herausgeschält. Da das technische Artefakt<br />
ein zentraler Gegenstand des TU ist, werden die <strong>Methoden</strong> 1 seit Wilkening nach dem Lebenszyklus eines<br />
Artefaktes geordnet. Die Phasen dieses Zyklus sind Entstehung, Verwendung <strong>und</strong> Auflösung.<br />
<strong>Methoden</strong> der Technikentstehung<br />
- Konstruktionsaufgabe: Ausgehend von einem Bedürfnis werden Möglichkeiten entwickelt, dieses<br />
Bedürfnis zu befriedigen. Dazu werden Anforderungen präzisiert <strong>und</strong> aufgelistet, Lösungsmöglichkeiten<br />
ausgedacht <strong>und</strong> überprüft, Skizzen zu Papier gebracht, Funktionsmodelle gebaut <strong>und</strong> getestet,<br />
Unterlagen für die Fertigung erstellt.<br />
- Fertigung: Wenn man sich aus den Varianten der Konstruktion im Abgleich mit den Anforderungen<br />
für eine Lösung entschieden hat, wird diese hergestellt. Aber sie wird nicht „irgendwie“ hergestellt,<br />
sondern nach den Regeln der Technik („Modus des guten Funktionierens“ ). Die verlangen<br />
eine möglichst effektive Fertigung, die zu guten Objekten führt. Zur Fertigungsaufgabe gehört die<br />
Organisation der Herstellung (1) <strong>und</strong> die Fertigung selbst (2).<br />
- Technisches Experiment: An vielen Stellen der Technikentstehung müssen Entscheidungen getroffen<br />
werden, für die keine Informationen verfügbar sind. Hier gibt es drei Lösungen: Handlung unterlassen,<br />
durchwursteln, Experimentieren. Ein Experiment ist ein systematisches (!) Fragestellen<br />
<strong>und</strong> Ausprobieren.<br />
<strong>Methoden</strong> der Technikverwendung<br />
- (Nutzungsaufgabe: Erst in der Nutzung erhalten Artefakte ihre Technizität. Nun ist technisches<br />
Nutzen aber nicht beliebig. Wer einen von Elektronik-Schraubendreher als Büchsenaufhebler verwendet,<br />
handelt nicht technisch (sondern, wenn Herr Mackeprang das sieht, lebensgefährlich). Wie<br />
man ein technisches Ding sachgerecht nutzt, müsste eine Nutzungsaufgabe beschreiben, die ist<br />
aber noch nicht entwickelt worden.)<br />
- Instandsetzungsaufgabe: Das Instandhalten (Wartung, Inspektion, Instandsetzung, Verbesserung)<br />
technischer Geräte <strong>und</strong> Anlagen wird in der Instandhaltungsaufgabe thematisiert.<br />
<strong>Methoden</strong> der Beschäftigung mit Technikfolgen<br />
- Recyclingaufgabe: Aus Gründen der Ressourcenknappheit, des Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Umweltschutzes<br />
werden Produkte so ent“sorgt“, dass möglichst wenig unangenehme Folgen <strong>und</strong> möglichst viel<br />
Nutzen entsteht. Die dazu erforderlichen Verfahren <strong>und</strong> entstehende Probleme werden in der Recyclingaufgabe<br />
zum Unterrichtsgegenstand gemacht.<br />
- (Studie zur Technikfolgenabschätzung: Auch hier fehlt eine Methode, die wichtig wäre <strong>und</strong> sich<br />
aus der Systematik der <strong>Methoden</strong> ergibt. Es gibt Lehrstühle für Technikfolgenabschätzung, aber<br />
noch keine Methode dazu. Anklänge finden sich in der technischen Studie oder im Planspiel.)<br />
Längsschnittmethoden<br />
Nicht alle methodische Gr<strong>und</strong>formen lassen sich in dieser Dreiteilung exakt verorten.<br />
- Produktanalyse: Weil etwas repariert werden soll oder weil man Technik besser verstehen möchte,<br />
macht es Sinn, ein Produkt genau zu analysieren. Varianten sind die Demontageanalyse oder die<br />
�<br />
1 Wenn in der Folge von „<strong>Methoden</strong>“ gesprochen wird, sind immer Unterrichtsmethoden gemeint <strong>und</strong> meistens die<br />
methodischen Gr<strong>und</strong>formen des TU.<br />
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Warentest-Aufgabe.<br />
- Lehrgang: Bei manchen technischen Handlungen ist es sinnvoll, einen wohldefinierten Weg vorzugeben.<br />
Gründe können Zeitnot, Sicherheitsbedenken, hohe Kosten usw. sein. In diesen Fällen<br />
zeigt ein Lehrgang den „one best way“. Lehrgänge können in allen drei Produktzyklusphasen<br />
sinnvoll sein.<br />
- Technisches Projekt: Ein Projekt umfasst die beiden ersten oder alle drei Phasen des Lebenszyklus.<br />
Oder: Es beschäftigt sich gar nicht mit einem Artefakt, sondern mit einem technisches Prozess<br />
oder den Folgen von Technik.<br />
- Erk<strong>und</strong>ung: Wenn man die technische Welt nicht in den Technikraum holen kann oder will, gehen<br />
die SuS mit ihrem Lehrer in die technische Welt hinaus <strong>und</strong> erk<strong>und</strong>en sie gezielt <strong>und</strong> problemorientiert.<br />
Eine Erk<strong>und</strong>ung ist kein „Schulausflug“, sondern arbeitet an einem Unterrichtsgegenstand.<br />
- Fallstudie: Eine reale gesellschaftliche Problemsituation, in der Technik eine bedeutsame Rolle<br />
spielt, wird untersucht, Fragestellungen herausgearbeitet <strong>und</strong> die Folgen möglicher Entscheidungen<br />
analysiert. Aktuelle Anlässe könnten Flugverbotsregelungen in der Nähe zur Schweiz sein, S<br />
21 u. ä. Die SuS sollen zu reflektierten, sachlichen Bewertungen geführt werden.<br />
- Planspiel: Das Planspiel hat große Nähe zur Fallstudie, folgt aber keinem realen Fall, sondern eine<br />
Lernspiel-Idee. Das Spiel simuliert einen soziotechnischen Konflikt. Ausgangssituation <strong>und</strong> Verhaltensregeln<br />
sind festgelegt. Im Spiel können die SuS Konfliktsituationen unmittelbar erfahren.<br />
3.2 Technisches Handeln vs. Unterrichtsmethode<br />
Bisher wurde nicht unterschieden zwischen Konstruktion <strong>und</strong> Konstruktionsaufgabe, zwischen Fertigen<br />
<strong>und</strong> Fertigungsaufgabe usw; dabei liegen unterschiedliche Bezugssysteme zugr<strong>und</strong>e. Konstruieren, Fertigen,<br />
Instandhalten usw. sind technische Handlungsfelder. Wenn Sie eine Modulprüfungsarbeit erstellen,<br />
handeln Sie im Bereich Technikentstehung. Wenn Sie eine Fahrkarte online buchen, handeln Sie im Bereich<br />
Technikverwendung. Wenn ihre SuS die Wertstoffe im Technikraum trennen, handeln sie im Bereich<br />
Technikfolgen-Bearbeitung. Eine Unterrichtsmethode ist dagegen etwas anderes. Dieser Problembereich<br />
soll am Beispiel des Konstruierens aufgezeigt werden.<br />
3.2.1 Das Konstruieren <strong>und</strong> Entwickeln<br />
Der lateinische Begriff constructio bedeutet „Bau“, construo bezeichnete ursprünglich das Aufschichten<br />
oder Aufhäufen von Steinen zu einer Behausung. Damit ist die Entstehung des Begriffs Konstruktion, genau<br />
wie der Begriff Technik selbst, eng mit dem Hausbau <strong>und</strong> dadurch mit der Sesshaftwerdung des Menschen<br />
verb<strong>und</strong>en (vgl. Fischer 2004, S. 11). Der Mensch greift gestaltend in seine Umwelt ein, sein Überleben<br />
ist nicht mehr so sehr von den natürlichen Bedingungen abhängig.<br />
Ab dem 15. Jahrh<strong>und</strong>ert etwa wird der Begriff überwiegend auf das Bilden eines Gedankengebäudes (geistiges<br />
Modells aus Begriffen <strong>und</strong> logischen Regeln) bezogen <strong>und</strong> erst in zweiter Linie auf das Fügen von<br />
Bauteilen zu einem materialen System (Holz 2000, S. 81). Wenn wir heute von Konstruktion <strong>und</strong> Entwicklung<br />
sprechen, tun wir dies fast ausschließlich in technischem Zusammenhang <strong>und</strong> denken schnell an die<br />
Konstruktionswissenschaften <strong>und</strong> an Lehrbücher wie „Dubbel“ oder „Hütte“. In einer Einführung in die<br />
Konstruktionslehre wird definiert: „Konstruieren ist die Überführung des Konstruktionsmodells (KM) n<br />
der Konstruktionsphase n in das Konstruktionsmodell n+1 der Konstruktionsphase n+1 unter Anwendung<br />
der <strong>Methoden</strong> n <strong>und</strong> der Produktdaten n, unter Erzeugung der Produktdaten n+1“ (Feldhusen Aachen, S.<br />
50). Dies ist eine stark formalisierte, beinahe inhaltsleere Definition. Banse hilft da weiter. Er sieht vier Bestimmungen<br />
von Entwurfsprozessen (Banse 2000, S. 55):<br />
- konstruierend: vom abstrakten Prinzip wird gestaltend, dimensionierend, bemessend <strong>und</strong> optimierend<br />
vorangeschritten;<br />
- suchend: planmäßiger, intuitiver, methodenbasierter oder heuristischer Suchprozess<br />
- basierend auf Informationsmangel: Weder Bedingungen noch Regeln des Handelns noch Wissen<br />
können vollständig bekannt sein;<br />
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- reduzierend: Komplexitätsreduktion ist Voraussetzung für die Operationalisierung der komplexen<br />
Handlungen r<strong>und</strong> ums Konstruieren.<br />
Ein kreativer Konstrukteur sollte über folgende Eigenschaften verfügen:<br />
- „ein angemessenes Wissen von Gegenständen <strong>und</strong> Prinzipien (Objektwissen), verfügbar für den<br />
einzelnen Problemlöser oder eine Gruppe;<br />
- für das Konstruieren umgearbeitetes geordnetes Wissen aus den Wissenschaften, damit das Auffinden<br />
verschiedener Ursachen für die erwünschte Wirkung erleichtert wird;<br />
- stilles (‚tacit‘) Wissens [sic], das in Erfahrungen, Heuristiken <strong>und</strong> Gefühlen vorhanden aber nicht<br />
eindeutig ausgedrückt ist;<br />
- ein Wissen über Prozesse (Prozesswissen), besonders ein Wissen<br />
o über Konstruktions- <strong>und</strong> problemlösende Prozesse [...]<br />
o über andere Arten des Modellierens von Gegenständen (Produkte <strong>und</strong> Prozesse) <strong>und</strong> über<br />
geeignete Wechselwirkungen mit diesen Modellen;<br />
- angemessenes Beurteilungsvermögen, ein Gefühl, über was [sic] vernünftigerweise unter den Umständen<br />
zu erwarten wäre;<br />
- eine geistig offene Haltung, eine Bereitwilligkeit, Vorstellungen, Ideen <strong>und</strong> Vorschläge (selbsterzeugt<br />
oder erzeugt bzw. vorgebracht durch Andere) anzunehmen <strong>und</strong> diese mit anderem Wissen<br />
zu verbinden, aber auch Sinn für Sorgfalt <strong>und</strong> Aufmerksamkeit für den Gegenstand der Betrachtung<br />
zwecks ‚Vortrieb‘ zu hervorragendem;<br />
- ausreichende Motivation einschließlich Selbstmotivierung (Inspiration) <strong>und</strong> äußerlich veranlasste<br />
Motivation (Belohnung);<br />
- Fähigkeit, die erzeugten Vorschläge (wörtlich, graphisch <strong>und</strong> symbolisch) mitzuteilen <strong>und</strong> sichtbar<br />
zu machen, um die Vorschläge in nützlichen Formen präsentieren zu können;<br />
- ein gewisses Maß an geistiger Belastung (Stress) einschließlich der Effekte des möglichen Zeitdrucks<br />
oder durch unpassenden Managementstil gestaltete Zustände;<br />
- Erkennung <strong>und</strong> ‚Eigenbesitz‘ der Existenz des Problems.“ (Eder 2000, S. 216)<br />
Es ist evident, dass diese Eigenschaften im allgemeinbildenden Unterricht nicht angestrebt werden können.<br />
In allgemeinbildenden Schulen wird keine Spezialbildung betrieben, <strong>und</strong> das professionelle technische<br />
Konstruieren ist ein Musterbeispiel einer Spezialdisziplin. Um Konstrukteure auszubilden, bräuchten Sie<br />
als LuL Lernende, die (1) ein hohes Abstraktionsvermögen mitbringen, (2) hervorragende mathematische<br />
Kenntnisse besitzen, (3) gute naturwissenschaftliche Kenntnisse mitbringen, (4) Erfahrungen im technischen<br />
Bereich mitbringen usw. Sie selber müssten diese Eigenschaften <strong>und</strong> eine mehrjährige Berufserfahrung<br />
in der Konstruktion besitzen. Es wäre vermessen, wenn wir glauben würden, wir könnten mit unseren<br />
bescheidenen Mitteln einen bedeutsamen Beitrag leisten. Und: Es stellt sich die Frage, ob Technikunterricht<br />
das überhaupt anstreben sollte.<br />
3.2.2 Ein allgemeinbildendes Modell der Konstruktion?<br />
Nach Klafki (der sich wiederum auf Comenius stützt) bedeutet der Wortbaustein „allgemein“ im Zusammenhang<br />
mit „bildend“ dreierlei:<br />
- Das, was gemacht wird, muss für alle SuS bedeutsam sein, also für Mädchen wie Jungen, für die<br />
späteren Hausmänner <strong>und</strong> Managerinnen <strong>und</strong> Frisöre <strong>und</strong> Lehrer <strong>und</strong> Konstrukteurinnen.<br />
- Es muss helfen, alle Anlagen der SuS zu fördern: die kognitiven, affektiven <strong>und</strong> motorischen; die<br />
ethisch-philosophischen <strong>und</strong> die ausdrucksstarken usw.<br />
- Es muss bedeutsam sein für uns alle, für die sozio-politische Gemeinschaft in ihrer kulturellen<br />
Identität also.<br />
Nun stellt sich die Frage, was (z. B.) am Konstruieren bedeutsam im Sinne dieser drei Varianten ist. Hier<br />
eine Vorschlagsliste:<br />
- Im E/K-Handeln müssen zweckrationale Ausgangsüberlegungen auf ihre Folgen befragt <strong>und</strong> bewertet<br />
werden, sonst wird darüber erst diskutiert, wenn es bereits zu spät ist. Nach Hubig liegt hier<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
ein für die Gesellschaft <strong>und</strong> für die Technik zentrales Problem, nämlich die Frage, was instrumentelles<br />
Handeln von zweckrationalem unterscheidet (Hubig 2011).<br />
- Schmayl et al. betonen die Bedeutung der Fähigkeit zur Antizipation von Lösungsideen, die in der<br />
Konstruktionsaufgabe entwickelt werden kann (Schmayl et al. 1994, S. 150). Diese Fähigkeit ist<br />
begrenzt durch die endliche kognitive Kapazität des Menschen. In der Technik wird darauf mit<br />
Verobjektivierungen reagiert: mit Skizzen, Wirkmodellen, Prototypen oder Teilmodellen. Im<br />
Wechselspiel zwischen intuitivem <strong>und</strong> systematischem Vorgehen bei einer Konstruktion können<br />
Kinder das üben. Die Funktion der genannten Verobjektivierungen hat Bedeutung weit über das<br />
technische Handeln hinaus. Sie stellt eine gr<strong>und</strong>sätzliche Strategie der Bewältigung großer Informationsmengen<br />
dar. Ihre allgemeine Nützlichkeit sollte im Rahmen einer Konstruktionsaufgabe<br />
herausgestellt werden.<br />
- Musterlösungen (z. B. Konstruktionskataloge) sind ein wichtiges Mittel professioneller Konstruktion,<br />
aber auch des alltäglichen Problemlösens. Wie sieht aber ein „allgemeinbildender Konstruktionskatalog“<br />
aus? Er kann nicht auf dem abstrakten Niveau angesetzt sein wie technische Kataloge.<br />
Wie aber dann?<br />
- Das Differenzieren eines Zwecks in eine Liste formulierter Anforderungen ist von eminenter, auch<br />
methoden- <strong>und</strong> fachübergreifender Bedeutung. Hier sollten nicht nur alle drei Dimensionen von<br />
Technik berücksichtigt werden, der Ausgang eines K/E-Prozesses von der humanen Dimension<br />
her muss konstituierend sein.<br />
- Der Nutzen von Variantenplanungen wird erfahrbar.<br />
- Das Gefühl, Neues geschaffen oder rekonstruiert zu haben, bestätigt sich mit dem Blick auf die<br />
funktionierende Lösung. Das Konstruieren ohne anschließendes Herstellen (Bewährung im Gebrauch)<br />
sollte vermieden werden. Erst in der ausprobierenden Nutzung kann bewertet werden, ob<br />
die Konstruktion funktioniert oder nicht.<br />
Auf die fragende Kapitelüberschrift gibt es leider nur eine Antwort: Nein, die Technikdidaktik hat noch<br />
kein allgemeinbildendes Modell einer Technikentwicklung erarbeitet (= entworfen <strong>und</strong> erprobt).<br />
3.2.3 Verallgemeinert: Was bedeutet das für Lehramtsstudierende?<br />
Sie müssen in Ihrem Studium Ihr zunächst auf impliziten Theorien beruhendes Handlungsrepertoire professionalisieren.<br />
Ihr persönliches Bildungsprogramm könnte folgenden Leitlinien folgen:<br />
Fachwissenschaftliches Wissen: Sie müssen in Ihrem Studium die großen technischen Handlungsfelder<br />
(Technikentwicklung, -entstehung, Technikfolgen-Bearbeitung) möglichst intensiv kennenlernen. Betrachten<br />
Sie einmal Ihre Modulprüfungsarbeiten von dieser Warte aus: Sie müssen ein Problem konkretisieren,<br />
einen Anforderungskatalog erstellen, die Arbeit planen, Versuche <strong>und</strong> Experimente durchführen, das Objekt<br />
sachgemäß herstellen, das Ergebnis mit den Anforderungen vergleichen <strong>und</strong> bewerten.<br />
Fachliches Können: Sie müssen so viel Können aufbauen, dass Sie im Unterricht wissen, wovon Sie Ihren<br />
SuS abraten müssen <strong>und</strong> wo Sie sie laufen lassen können. Gerade weil die methodischen Gr<strong>und</strong>formen so<br />
schlecht ausgearbeitet sind, ist das besonders wichtig. Wer wenig kann, führt die Kinder „am Nasenring“<br />
hinter sich her.<br />
Nachdenken über Technik: Wenn Sie nicht wissen, was Gegenstand des Faches Technik ist, können Sie<br />
auch nicht entscheiden, wie Sie Lernprozesse <strong>und</strong> Unterrichtsgegenstand (Entwickeln, Fertigen, Experimentieren…)<br />
zusammenbringen. Wer nicht darüber nachdenkt, was das Spezifische am technischen Weltzugang<br />
ist, wird besonders bei der Umsetzung von <strong>Methoden</strong> scheitern. Denn hier kann kein Wissen oder<br />
keine Fertigkeit aufgelistet werden, hier muss ein Lernprozess in Gang gebracht <strong>und</strong> geregelt werden.<br />
Nachdenken über Bildung: Wer nicht darüber (wissensbasiert) nachdenkt, was Bildung ist <strong>und</strong> wie sie sein<br />
soll <strong>und</strong> warum sie gerade so ist, wie sie ist <strong>und</strong> was man ändern sollte, kann auch kaum Verbesserungen<br />
bewirken. Das Lehramtsstudium ist die Zeit, in der Sie die Frage nach dem Warum dessen, was gelernt<br />
wird, stellen müssen.<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
3.3 Ein Ordnungsraster der <strong>Methoden</strong> des TU<br />
Dies alles muss bedacht werden, um Schmayls Ordnung methodischer Gr<strong>und</strong>formen des TU verstehen zu<br />
können. Sein Bemühen ist, dass verstanden wird, wie die einzelnen <strong>Methoden</strong> untereinander <strong>und</strong> mit Bildung<br />
überhaupt zusammenhängen.<br />
3.3.1 Die Ordnungskriterien<br />
Ausgangspunkt ist die als „didaktisches Dreieck“ bekannte Beziehung zwischen<br />
den zentralen Bezugspunkten von Unterricht. Die wichtigste Ecke<br />
sind die SuS. Jeder einzelne soll seine Fähigkeiten entwickeln <strong>und</strong> so zu einer<br />
starken, verantwortlich <strong>und</strong> kompetent handelnden Persönlichkeit in unserer<br />
Gesellschaft werden.<br />
LuL sollen den Unterricht so gestalten, dass der vorhergehende Satz in Erfüllung<br />
geht. Der Gegenstand (Unterrichtsinhalt) ist mit der <strong>Methoden</strong>orientierung<br />
der 80er-Jahre <strong>und</strong> der Kompetenzorientierung der späten 90er-<br />
Jahre aus dem Blickfeld geraten. Man weiß dagegen schon lange, <strong>und</strong> kann<br />
es mittlerweile auch empirisch belegen, dass Bildung ohne die Auseinan-<br />
Lehrer<br />
Schüler Gegenstand<br />
Abbildung 1: Das<br />
didaktische Dreieck<br />
dersetzung mit einem „Gegenstand“ nicht funktioniert. Daher ist dieses Feld von Unterricht nach wie vor<br />
von zentraler Bedeutung.<br />
Technik als Gegenstand des Lernens<br />
Was ist Technik? Ropohls Antwort:<br />
- Die technischen Artefakte, z. B. das Smartphone.<br />
- Die Handlungen mit den Artefakten, z. B. das Fotografieren, das Surfen im Internet, das Musikhören,<br />
das sich heimlich Orten- <strong>und</strong> Ausspähenlassen, das Sich-Präsentieren („Ich bin schick, weil<br />
mein Smartphone schick ist!“ „Ich bin souverän, weil ich nicht rot werde, wenn andere sehen, dass<br />
mein Handy aus der Zeit vor Bell stammt.“), das Simsen <strong>und</strong> Telefonieren usw.<br />
- Die Handlungen, die dazu führen, dass das Smartphone überhaupt vorhanden ist, also das Konstruieren<br />
usw. (s. o.).<br />
- Das technische Wissen, also alles Wissen, das im Artefakt <strong>und</strong> in den Handlungen mit dem Artefakt<br />
„verkörpert“ ist. (vgl. Tondl et al. 2003)<br />
Diese Bereiche bilden den Gegenstand technischer Bildung. Schmayl ordnet sie nach anderen Kriterien als<br />
Ropohl. Er unterscheidet einen Blick auf Technik, der überwiegend das Artefakt ins Auge nimmt (Sachdimension<br />
erschließend), von einem Blick, der überwiegend den Menschen betrachtet (Humandimension erschließend).<br />
In der Humandimension sind alle Handlungen vereinigt, also die mit den Artefakten <strong>und</strong> die,<br />
die zu den Artefakten führen.<br />
Nun steckt in dieser Aufteilung eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Sie besteht darin, dass man glauben<br />
könnte, es gebe eine sinnvolle Betrachtung von Technik, die ausschließlich von der Sache aus gedacht<br />
werden kann. Das ist ein Trugschluss. Ein Beispiel:<br />
Sie kaufen einen Router für einen schnellen Netzzugang. Sie schließen zuhause den neuen Router<br />
ein. Dann starten Sie Ihren Rechner <strong>und</strong> verzweifeln, weil Sie nicht mehr ins Internet kommen. Sie<br />
rufen der Hotline an, die in der Bedienungsanleitung genannt ist <strong>und</strong> erfahren, dass Sie zuerst die<br />
Software hätten installieren müssen, bevor Sie das Gerät anschließen. „Sie müssen halt die Bedienungsanleitung<br />
lesen!“ Jemand, der meint, Technik könne rein von der Sache her betrachtet werden<br />
(bei Ropohl die naturale Dimension), wird behaupten, das Ding würde funktionieren, der Nutzer sei<br />
der Technik nicht gewachsen. Aus der humanen <strong>und</strong> sozialen Perspektive betrachtet sollen technische<br />
Objekte von Menschen genutzt werden. Wenn ein Artefakt für Laien gedacht ist, muss man es<br />
so entwickeln, dass Laien es auch bedienen können.<br />
Was bedeutet das für Schmayls Ordnungskriterium der Erschließung des Gegenstands von TU:<br />
Wenn von „Sachdimensionen erschließend“ gesprochen wird, ist gemeint, dass schwerpunktmäßig auf die<br />
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naturale Dimension geachtet wird, dass aber<br />
selbstverständlich sein muss, dass der<br />
Mensch der einzige Anlass <strong>und</strong> der Verursacher<br />
von Technik ist. Wenn die Rede von<br />
„Humandimension erschließend“ ist, dann<br />
heißt das nicht, dass Technik nur aus dem<br />
Menschen <strong>und</strong> seiner Befindlichkeit <strong>und</strong> aus<br />
sozialen <strong>und</strong> politischen Strukturen besteht,<br />
sondern dass hier schwerpunktmäßig auf<br />
solche Aspekte geachtet wird. Wer diese<br />
Untrennbarkeit der verschiedenen Dimensionen<br />
von Technik nicht berücksichtigt, hat<br />
ein verkürztes Verständnis von Technik.<br />
<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
Ecke B: Die Schüler als Zentrum des Lernprozesses<br />
Hier blickt Schmayl auf die Art der „Mitwirkung des Schülers beim Erarbeiten des Unterrichtsinhalts“<br />
(Schmayl 2010, S. 215). Er unterscheidet <strong>Methoden</strong>, bei denen die SuS…<br />
- im Verlauf ihres Handelns das entwickeln, was sich am Ende für sie als Lerngegenstand entpuppt.<br />
Schmayl verwendet den Begriff des „genetisch-produktiven Lernens“ (Synonym: problemlösendes/handlungsorientiertes/produktives<br />
Lernen);<br />
- dem Gegenstand nachvollziehend folgen, indem sie ihn genau untersuchen <strong>und</strong> dabei lernen, ihn<br />
besser zu verstehen, oder indem sie einer Anleitung folgen, <strong>und</strong> dabei durch das Nachahmen eines<br />
guten Weges selber lernen, diesen Weg zu beschreiten. Schmayl fasst dies unter dem Begriff „instruierend-analytisches<br />
Lernen“ zusammen.<br />
3.3.2 Darstellung in einer Matrix<br />
Schmayl ordnet die methodischen Gr<strong>und</strong>formen in dieses Ordnungsraster ein:<br />
Gegenstandsdimensionen <br />
Sachdimensionen<br />
erschließend<br />
Humandimensionen<br />
erschließend<br />
Lernrichtungen<br />
genetisch-produktives Lernen instruierend-analytisches Lernen<br />
Experiment<br />
Konstruktionsaufgabe<br />
Fertigungsaufgabe<br />
Instandhaltungsaufgabe<br />
Recyclingaufgabe<br />
Projekt<br />
Fallaufgabe<br />
Planspiel<br />
Technik: Das Handy <strong>und</strong> die Handlungen mit dem Handy.<br />
Blick auf die Sachdimension: Schwerpunktmäßig das Artefakt,<br />
aber nie vergessend, dass es ohne den Menschen nutzlos<br />
ist.<br />
Lehrgang<br />
Produktanalyse<br />
Erk<strong>und</strong>ung<br />
Technikstudie<br />
Tabelle 1: Ordnung methodischer Gr<strong>und</strong>formen des TU (Schmayl 2010, S. 214)<br />
Blick auf die Humandimension: Schwerpunktmäßig auf die<br />
Handlungen mit dem Artefakt, auch auf die unerwünschten<br />
Folgen, aber<br />
nie vergessend, dass das Artefakt selbst auch in seiner materiellen<br />
Existenz stimmig sein muss, dass das Material sich gut anfühlen<br />
muss, dass es ordentlich verarbeitet sein muss usw.<br />
Die Gegenstandsdimensionen bei Schmayl<br />
Wichtig sind in dieser Matrix die gestrichelten Zellbegrenzungen zwischen den beiden Gegenstandsdimensionen<br />
<strong>und</strong> den beiden Lernrichtungen. Sie symbolisieren, dass hier zu analytischen Zwecken Aspekte, die<br />
in der Realität ausschließlich verb<strong>und</strong>en vorkommen, getrennt dargestellt werden.<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
3.3.3 Eine kritische Betrachtung<br />
Die Diskussion auf der Tagung der DGTB zu Unterrichtsmethoden (2012 in Wolfsburg) hat gezeigt, dass<br />
an den <strong>Hochschule</strong>n die Erfahrung gemacht wird, dass das Kriterium der Gegenstandsdimensionen von<br />
Studierenden in zweifacher Weise missverstanden wird.<br />
Problembereich Begriffsverwechslung: Der Begriff „Gegenstandsdimension“ wird auf materielle Gegenstände,<br />
also auf die technischen Artefakte bezogen. Dies ist ein Missverständnis, weil es hier um den Unterrichtsgegenstand<br />
geht (die eine Ecke des didaktischen Dreiecks). Unterrichtsgegenstand kann z. B. die<br />
Verkehrssituation an einer Schule für fahrradfahrende Schüler sein. Hier ist ein immaterieller Gegenstand<br />
im Fokus des Unterrichts.<br />
Problembereich Technikverständnis: Die Unterteilung zwischen Humandimension <strong>und</strong> Sachdimension<br />
wird als Trennung verstanden <strong>und</strong> nicht als Aufzeigen einer Verbindung (s. o.).<br />
Darüber hinaus gibt es einige Ungereimtheiten:<br />
Zuordnung der einzelnen <strong>Methoden</strong>: In der Spalte des genetisch-produktiven Lernens sind die <strong>Methoden</strong><br />
entlang des Lebenszyklus eines technischen Artefaktes angeordnet. Dies führt dazu, dass die Konstruktionsaufgabe<br />
den Sachdimensionen zugeordnet wird, weil sie im Lebenslauf eines Produktes am Anfang<br />
steht. Bei genauem Hinsehen müsste sie m. E. aber zu den Humandimensionen-erschließenden <strong>Methoden</strong><br />
zählen. Jede Konstruktion geht von einem menschlichen Bedürfnis aus <strong>und</strong> sucht nach Möglichkeiten, dieses<br />
Bedürfnis zu befriedigen. Im Konstruktionsprozess müssen Kriterien gef<strong>und</strong>en werden, anhand derer<br />
das Artefakt am Ende bewertet wird. Hierbei müssen ethische Aspekte berücksichtigt werden, z. B. die<br />
Folgen der Nutzung. Im Vordergr<strong>und</strong> stehen, zumindest lange Zeit, humane <strong>und</strong> soziale Aspekte, denen<br />
sich die naturalen unterordnen.<br />
Lernrichtungen: In der Spaltengliederung leuchtet die Verbindung von instruierendem (eigentlich müsste es<br />
heißen: „instruiertem“, da die SuS einer Instruktion folgen <strong>und</strong> sie nicht selbst erteilen) <strong>und</strong> analytischem<br />
Lernen nicht ein. Eine Analyse besteht aus einer (zumindest teilweise) vom Lernenden selbst zu leistenden<br />
Unterscheidung von Elementen, Verknüpfungen, Ordnungen. Im instruierenden Lehrgang folgen die Lernenden<br />
einer fertigen Struktur. Witzenbacher beispielsweise betrachtet das elementhaft-synthetische Lehrverfahren<br />
<strong>und</strong> das ganzheitlich-analytische geradezu als gegenläufige Verfahren: Das synthetische Verfahren<br />
(nach Witzenbacher auch ein Lehrgang) baut aus Elementen Schritt für Schritt die Vorstellung eines<br />
Ganzen zusammen, beim analytischen wird ein zunächst als diffuses Ganzes wahrgenommener Sachverhalt<br />
Schritt für Schritt in seine Elemente aufgeteilt, sodass er am Ende als gegliedertes Ganzes aufgefasst<br />
werden kann (Witzenbacher 1983, S. 75).<br />
4 Handlungstheoretische Betrachtung der <strong>Methoden</strong> des TU<br />
Lernen ist immer auch Handeln. Der Lernende bewegt sich von seinem Ausgangszustand zielgerichtet auf<br />
einen (hoffentlich besseren) Endzustand zu.<br />
Ein Vergleich zwischen den <strong>Methoden</strong>darstellungen bei Schmayl et al. (1995), Henseler (1996) <strong>und</strong> Hüttner<br />
(2002) ergibt ein vergleichbares Schema der dort entwickelten Lernwege. Es ist durch die Reihenfolge<br />
„Denken – Handeln – Denken“ geprägt. Ein Vergleich der Unterrichtsphasen ergibt folgendes Bild:<br />
1 Erkennen des<br />
Problems<br />
2 Eingrenzen<br />
des Problems<br />
3 Planung durch<br />
Informationsbeschaffung<br />
Abbildung 2: Schema des Lernwegs der <strong>Methoden</strong> des TU<br />
4 Planung durch<br />
handelnde<br />
Vorbereitung<br />
5 Ausführung<br />
6 Reflexion,<br />
Bewertung,<br />
Übertragung<br />
Grau sind handelnde Phasen gekennzeichnet. Es zeigt sich die Vorstellung einer von theoretischem Wissen<br />
angeleiteten Handlung. Dies ist eine sachlogische Struktur der Methode, aber keine lernpsychologisch haltbare.<br />
Kinder sollen nach dieser Vorstellung zu einem Zeitpunkt Informationen suchen, zu dem sie die Reichweite<br />
des Problems noch gar nicht erkannt haben. Sie können daher wichtige von unwichtigen Informationen<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
noch nicht unterscheiden. Eine typische Reaktion wäre das Zusammensuchen beliebiger, auch nicht passender<br />
Informationen. Lernen ist ein regressiver Prozess, kein linearer. Das wird von der <strong>Methoden</strong>-<br />
Forschung bisher nur unzureichend berücksichtigt.<br />
5 Weitere Formen technischer Bildung: vergessene <strong>und</strong> übersehene<br />
methodische Konzepten<br />
Zum Abschluss wird der Blick geweitet auf in Vergessenheit geratene oder gering gewürdigte Konzepte<br />
technischer Bildung.<br />
5.1 Bildung durch Werkerziehung bei Wessels<br />
1966 publizierte Wessels „Die Werkerziehung“. Das Buch wurde im Zuge der Umgestaltung vom Werkunterricht<br />
zum Technikunterricht für nicht mehr zeitgemäß gehalten, weil da vom Hantieren, vom Basteln<br />
<strong>und</strong> vom Werken gesprochen wird. Wer Kinder bei diesen Tätigkeiten beobachtet, merkt jedoch schnell,<br />
dass das Urformen technischen Handelns sind, wenn auch in der Begrifflichkeit der Zusammenhang zur<br />
Technik als Kulturbereich nicht klar wird.<br />
5.1.1 Technische Bildung als Entwicklungsprozess<br />
Anders als in den <strong>Methoden</strong> des TU, die sich immer so lesen, als ob Kinder unter entsprechender Anleitung<br />
zu professionellen technischen Handlungen gebracht werden können, beschreibt Wessels die Entwicklung<br />
aus, die Kinder durchlaufen müssen. „Bildung kann nur zustandekommen, wenn dem zu Bildenden in den<br />
Zeiten seiner optimalen Bildsamkeit die ihm gemäßen Bildungsinhalte nahegebracht werden.“ (Wessels<br />
1969, S. 140) Unter Berücksichtigung der Forschungen der Entwicklungspsychologie entwirft er ein Stufenmodell<br />
technischer Bildsamkeit:<br />
Die Hantierstufe: Sie beginnt, ab einem Alter von etwa 2 Monaten, mit einem starken Tätigkeitsdrang. Alles<br />
wird genommen, befühlt, beklopft, aufgestellt, hin- <strong>und</strong> hergetragen. Zunächst bewegt das Kleinkind<br />
sich selbst mit größtem Vergnügen (Bühler: Funktionslust) <strong>und</strong> dann alle Gegenstände, die das zulassen.<br />
Danach beginnt es, regelrechte Experimente mit Materialien anzustellen. Sand wird angehäuft, geschaufelt,<br />
begossen. Klötze werden aufgetürmt, angelehnt, Papier gefaltet, geknittert, gerissen, zum Schweben gebracht.<br />
Erst wenn das „ausgekostet“ ist, wird Material zu neuen Formen gestaltet, nicht mehr einfach in<br />
seiner gegebenen Form hingenommen.<br />
Die Bastelstufe: Allein das Wort Basteln lässt jeden Techniklehrer erschaudern. Wessels denkt pragmatischer<br />
<strong>und</strong> benennt mit Basteln eine „tätige Weise des Verstehens“ (a. a. O., S. 153). Über die Hantierstufe<br />
geht die Bastelstufe hinaus, indem der Hang zur Realitätsentsprechung <strong>und</strong> zum Werkzeuggebrauch zunimmt.<br />
In allem, was das Kind in diesem Alter (zu Beginn der Schulzeit) in die Hand bekommt, wird ein<br />
Anlass zur Gestaltung gesehen. Dabei kommt es zunächst nicht auf wirkliche Gebrauchstüchtigkeit an,<br />
sondern das Gestaltete muss einer Vorstellung des Abgebildeten entsprechen. Am Ende der Bastelstufe<br />
wird dann zunehmend Wert auf Funktionstüchtigkeit gelegt. Es sollen keine Spielsachen mehr entstehen,<br />
sondern „echte“ Dinge, die zu gebrauchen sind.<br />
Die Werkstufe: Mit der Pubertät kommt eine Phase, in der, laut Wessels, zunehmend Ansprüche von außen<br />
gestellt werden können <strong>und</strong> müssen. Unter Werken versteht er: „planmäßige, material- <strong>und</strong> werkgerechte<br />
Herstellung eines Gegenstandes aus Rohmaterial.“ (A. a. O., S. 160) Aus dem anfänglichen Befolgen von<br />
Anweisungen wachsen langsam die Fähigkeit zur Analyse gegebener technischer Artefakte <strong>und</strong> die Fähigkeit<br />
zur Synthese, also zum Einsetzen gelernter Fähigkeiten, um Neues zu schaffen.<br />
Wir wissen heute, dass die Vorstellung, im frühen Jugendalter müssten die SuS zuerst einmal nachmachen,<br />
damit sie die Fähigkeiten zum kompetenten Selbermachen entwickeln, nicht erfolgversprechend ist. Auch<br />
Wessels Gleichsetzen gestalterischer Bildung mit dem Herstellen ist eine Verkürzung der Fähigkeiten von<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
SuS <strong>und</strong> der Vorstellung von Technik. Sinnbild der Werkpädagogik Wessel´scher Prägung ist die um die<br />
Werkbank sich versammelnde Schülergruppe, die dem Lehrer aufmerksam zuschaut, damit sie das Demonstrierte<br />
danach ausprobieren kann. Aber im Gegensatz zur heute immer wieder geäußerten Sicht<br />
(Höpken: Technikunterricht produziert Späne – Holzspäne, Kunststoffspäne, Metallspäne) ist bei Wessels<br />
ein sensibles Beobachten (Empirie!) <strong>und</strong> Verstehen des natürlichen Handelns von Kindern erkennbar.<br />
5.1.2 Die <strong>Methoden</strong> bei Wessels<br />
Wessels Verständnis von <strong>Methoden</strong> ist von Erich Weniger geprägt, der sie nach zwei „Bestimmungsorten“<br />
definiert: Der eine ist der sachlich gegebene Weg, der andere der „infolge der menschlichen Anlagen <strong>und</strong><br />
Begabungen oder Neigungen <strong>und</strong> Interessen gegebene Weg“ (a. a. O., S. 168). Besonders der zweite Bestimmungsort<br />
wird im aktuellen <strong>Methoden</strong>verständnis m. E. ausgeblendet.<br />
Wessels sieht die Aufgabe der LuL darin, den natürlich ablaufenden Entwicklungsprozess in Gang zu bringen<br />
<strong>und</strong> sich dann nur noch einzuschalten, wenn sonst die Entwicklung stagnieren würde. „Die ‚Artikulation‘,<br />
wie wir sie anstreben, soll möglichst wenig in die Werktätigkeit, in das ‚Machen‘ eingreifen. Hier, in<br />
der Kommunikation mit dem konkreten Objekt, mit Werkstoff <strong>und</strong> Werkzeug <strong>und</strong> mit dem entstehenden<br />
Werkstück, in der ‚auto-praxis‘, wird der Werkende immer so etwas sein – <strong>und</strong> bleiben müssen – wie ein<br />
‚Auto-didakt‘.“ (a. a. O., S. 170) Aufgabe der LuL ist das Organisieren des Lernprozesses <strong>und</strong> das Beobachten<br />
<strong>und</strong> die Diagnose der Lernwege <strong>und</strong> –schritte.<br />
Wessels entwirft eine „Phasenkette“ von <strong>Methoden</strong>. D. h. auch auf dem Gebiet der <strong>Methoden</strong>kompetenz<br />
geht er von einer natürlichen Entwicklung der Kinder aus. Diese verläuft über die Stationen Spiel � Gestaltung<br />
� Reflexion � Arbeit.<br />
Phase des Spiels: Sie öffnet die SuS für die Beschäftigung mit dem Lernstoff, sie ist die Phase des<br />
„Warmwerdens“, des Probierens, des Erk<strong>und</strong>ens, aber auch des Einübens von Regeln <strong>und</strong> der Entwicklung<br />
der Lust daran, sich nicht mit einer Lösung zufrieden zu geben, sondern nach weiteren zu suchen.<br />
Zwei Einwürfe: Oft habe ich schon erlebt, dass Studierende Kinder den Umgang mit Werkzeug erproben<br />
lassen wollen. Wenn ich sie frage, um welche Methode es sich dabei handle, stoßen sie meistens<br />
auf das Experiment. Sie experimentieren, wie sich die Säge in diesem Holz verhält. Wozu? Damit<br />
sie ein Gefühl für das Material bekommen. Dass es sich dabei garantiert um kein Experiment<br />
handelt, schmälert nicht die Bedeutung dieses Handelns für das Lernen der SuS. Ein spielerisches<br />
Erk<strong>und</strong>en, ein Ausprobieren hat die Funktion des Warmmachens, des Appetitanregens, des hungrigen<br />
Beschäftigens mit dem Gegenstand. Und zweitens: Wenn jemand diese Wertschätzung des Spiels<br />
nicht teilen sollte, verweisen Sie ihn darauf, was Eder über die Eigenschaften eines guten Konstrukteurs<br />
schreibt (s.o.: 3.2.1).<br />
Phase der Gestaltung: Wenn SuS den spielerischen Zugang ausgekostet haben, beginnen sie, so Wessels,<br />
von sich aus mit gezieltem Gestalten. Das Gestalten erfolgt unter zuvor festgelegten Einschränkungen. „Alle<br />
Einschränkungen haben methodisch eine Wirkung [...]: Sie geben Anregung <strong>und</strong> Stütze <strong>und</strong> gewährleisten<br />
die Verobjektivierung des Vorgangs.“ (A. a. O., S. 183) Leider versteht Wessels unter „Einschränkung“<br />
fast nur Materialeigenschaften (der plastische Ton, das grob fasernde Weichholz, das spröde PMMA).<br />
Führt man seinen Gedanken weiter in Richtung auf das Bestimmen eines Zweckes, auf das Festlegen von<br />
Anforderungen <strong>und</strong> auf Kriterien zur Erfüllung, findet man sich mitten in technische Problemstellungen.<br />
Wessels betont, dass im Lösen der Probleme, die durch die Einschränkungen entstehen, Gr<strong>und</strong>sätzliches<br />
gelernt wird: Es handelt sich um eine „Weise des Verstehens“ (a. a. O., S. 181). Wer das nicht lernt, versteht<br />
die Welt nicht so, wie er könnte (� Legitimation technischer Bildung).<br />
Phase des Reflektierens: Beim Reflektieren geht die Aufmerksamkeit der SuS vom Einzelfall weg auf allgemeingültigere<br />
Aussagen. Es hat zwei Aufgaben: „ein Lösen von der Starrheit äußerer Anschauung, aber<br />
auch eine Dynamisierung ‚innerer‘ Gestaltvorstellungen“ (a. a. O., S. 192). Würde es beim konkreten Einzelfall<br />
bleiben, bliebe das Kind an der Oberfläche des Lerngegenstands. Nichts muss so sein, wie es ist<br />
(sonst wären alle Brücken <strong>und</strong> alle Autos <strong>und</strong> alle Smartphones gleich), sondern immer sind andere Lösun-<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
gen denkbar. Die SuS sollen in einer Lösung (Wäscheklammer mit Wendelfeder) die Möglichkeit zu anderen<br />
Varianten (Wäscheklammer, die durch Materialspannung an einem Einschnitt klemmt) erkennen. Für<br />
das Reflektieren braucht es Unterrichtsgespräche. Anlass muss das konkret durchlaufene Problem sein, Hilfen<br />
zur Reflektion sollten nicht nur die Werkstücke der Kinder sein, sondern etwas, das auf dem halben<br />
Weg zwischen Werkstück <strong>und</strong> Gedanken ist: Ergebnisse von Versuchen, <strong>und</strong>: Skizzen. Die technische<br />
Zeichnung ist die Sprache der Techniker.<br />
Das Reflektieren besteht aus gemeinsamem Anschauen (S. 195), Erfahrungsaustausch (S. 196), es werden<br />
dabei Urteile gebildet (S. 197), gemeinsam getestet (S. 198), analysiert (S. 200), bewertet (S. 200f.), es<br />
werden wichtige Verknüpfungen vollzogen <strong>und</strong> dadurch Orientierung hergestellt (S. 204) <strong>und</strong> Folgerungen<br />
für die weitere Arbeit gezogen (S. 206f.).<br />
Die Phase des Arbeitens: Hier denkt Wessels an eine vorberufliche Werkstatterfahrung. Die Erfahrungen<br />
aus 20 Jahren zeigen, dass hier die Grenzen zur beruflichen Bildung überschritten sind.<br />
5.1.3 Kritische Würdigung<br />
Wessels bleibt an vielen Stellen zu sehr an einer bestimmte Vorstellung von Kindsein, die von der sittlichen<br />
Kraft reiner Materialerfahrung überzeugt ist, verhaftet. Auch dass er als Ziel technischer Bildung die Bewährung<br />
im handwerklichen Beruf sieht, kann als überholt betrachtet werden. Dass er aber nicht nur von<br />
der Sache aus denkt (Konstruieren, Fertigen, Experimentieren, einem Lehrgang folgen, Demontieren…),<br />
sondern auch vom Kind aus (Ausprobieren, Erfahrungen sammeln, Interesse entwickeln, Lösungen finden…),<br />
ist sehr bedenkens- <strong>und</strong> erinnernswert. In manchen seiner Gedanken ist Wessels direkter bei technischer<br />
Bildung, als das für viele der heutigen didaktischen Ansätze gilt.<br />
5.2 Die Methode wechselnden Ausprobierens <strong>und</strong> gezielten Gestaltens<br />
bei Wiesenfarth<br />
Wenn eine Unterrichtsmethode einen Lernweg definiert, dann sollte eine erfolgreiche Methode danach<br />
streben, zu wissen, welchen Lernweg Kinder leichter zurücklegen können. Der derzeitige Entwicklungsstand<br />
der <strong>Methoden</strong> baut auf einem kognitiven Modell von Problemlöseprozessen auf. Problem klären, Informationen<br />
suchen, Handlung planen, Handlung ausführen, Bewerten. Dass das nicht der Weg von Kindern<br />
ist (<strong>und</strong> von vielen Erwachsenen in unbekannten Situationen auch nicht), weiß jeder, der selbst einmal<br />
Kind war. Das Argument, das wiederholt vorgebracht wird, lautet sinngemäß so: Man kann kein Problem<br />
lösen, bevor man Informationen über die Lösung gesammelt hat. Hier müssten sich die Kinder dem Sachverhalt<br />
anpassen (Assimilation bei Piaget), sonst würde der Sachverhalt verfälscht. Diese Argumentation<br />
wäre vergleichbar einer, die beispielsweise im Lese- <strong>und</strong> Schreiblehrgang Buchstaben (<strong>und</strong> vielleicht auch<br />
Wörter?) nach dem Alphabet einführen wollte. Ein Gegenmodell entwirft Wiesenfarth.<br />
5.2.1 Zwei Formen von Probehandeln<br />
In technischen Handlungen lässt sich nach Wiesenfarth das gesamte Repertoire des Problemlösehandelns<br />
einüben: Probleme erfassen, Ziele festlegen, auf Barrieren reagieren, Entscheidungen treffen. Die „Buchschule“<br />
geht seiner Überzeugung nach zu oft den falschen Weg beim Aufbau von Wissen, indem sie dem<br />
Handeln eine nachrangige Bedeutung zuweist. Wiesenfarth geht von Freuds Vorstellung aus, Denken sei<br />
Probehandeln mit geringerem Aufwand. Er unterscheidet äußeres von innerem Probehandeln (Wiesenfarth<br />
1995, S. 54). Äußeres Probehandeln ist das provisorische Ausprobieren: Was passiert, wenn man A macht?<br />
Dazu zählt auch das Nachahmen: Man beobachtet <strong>und</strong> probiert dann aus, ob das Nachahmen zum selben<br />
Ergebnis führt wie das Vorbild. Das innere Probehandeln ist die gedankliche Vorwegnahme der Handlung<br />
im Denken.<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
5.2.2 Die kindgemäße Methode zur Problemlösung<br />
� Begonnen werden sollte, so oft das möglich ist, mit dem äußeren Probehandeln. Dabei wird die Situation<br />
erk<strong>und</strong>et <strong>und</strong> Probleme lokalisiert.<br />
� In Gesprächen über die Beschaffenheit der Probleme wird der Blick geschärft, in welcher Richtung eine<br />
Lösung versucht werden könnte.<br />
� Darstellendes Probehandeln (spielerisches „so tun als ob“ bei kleineren Kindern, Skizzen) helfen beim<br />
provisorischen Planen <strong>und</strong> Entwerfen.<br />
� Es folgt die Ausführung. Dabei werden Auswirkungen des Handelns beobachtet <strong>und</strong> mit der Zielvorstellung<br />
verglichen. Bei hartnäckigen Problemen kann reagiert werden durch a) Entwickeln von Handlungsvarianten<br />
<strong>und</strong> b) durch Erk<strong>und</strong>en (Versuche, Experimente, Recherche).<br />
� Erfahrungen aus solchen Probehandlungen führen dazu, dass allmählich eine Trennung von Planung<br />
<strong>und</strong> Ausführung geleistet werden kann. Das innere Probehandeln wird mit zunehmender Erfahrung<br />
immer wichtiger.<br />
Und im Überblick:<br />
Abbildung 3: Übersicht über Wiesenfarths Modell der Probehandlung<br />
5.2.3 Kritische Würdigung<br />
Wiesenfarth entwirft ein gr<strong>und</strong>legendes Konzept von Lernprozessen im TU, das am konsequentesten nach<br />
den kindlichen Zugängen zu technischen Handlungen fragt. Sein Modell der technischen Elementarhandlungen<br />
übertrifft an Beschreibungskraft kindlichen Handelns alles, was sonst aus der Didaktik bekannt ist.<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
5.3 Bildung durch waches Anschauen bei Wiesmüller<br />
Wiesmüller dockt in gewisser Weise an Wessels an. Sein ständiger Einwurf in die didaktische Diskussion<br />
ist, dass dort eine wichtige menschliche Sphäre vergessen wird.<br />
5.3.1 Die wache Anschauung als vergessenes Prinzip technischer<br />
Bildung<br />
Nach Wiesmüller vergessen wir im TU, dass man manchmal ganz ruhig <strong>und</strong> ausdauernd etwas wach anschauen<br />
<strong>und</strong> dabei still <strong>und</strong> leise wahrnehmen <strong>und</strong> denken <strong>und</strong> v. a. empfinden muss. Wie eigentümlich<br />
wirkt dieser Gedanke in der „harten“ <strong>und</strong> „kalten“ Technik. Sie wird doch bestimmt von Kosten-Nutzen-<br />
Überlegungen, von Ingenieuren, von Effektivität <strong>und</strong> Tabellenbüchern, oder nicht? Wiesmüller sagt: Eigentlich<br />
überhaupt nicht, aber in der beruflichen Realität leider allzu oft. Er verweist auf den allgemeinbildenden<br />
Auftrag von TU <strong>und</strong> fordert eine stärkere Besinnung auf den Menschen. Warum entscheiden wir<br />
uns für ein bestimmtes Fahrrad? Wie stehen wir zur Technik<br />
allgemein? Gibt es nicht Leute, die ihrem Auto einen<br />
Namen geben? Manchmal weinen SuS, wenn sie löten<br />
sollen (z. B. im TP in Berg). Wir lieben eine heiße Dusche<br />
in einem sauberen Bad. Manche Computermaus liegt gut<br />
in der Hand, während eine andere sich eigenartig leicht<br />
<strong>und</strong> wertlos anfühlt. Wie aber kommen wir im TU an diese<br />
Haltungen <strong>und</strong> Wertvorstellungen der SuS Technik gegenüber<br />
heran? Wiesmüller strukturiert zunächst das Problemfeld,<br />
indem er das didaktische Dreieck um eine vierte<br />
Dimension erweitert (vgl. Abbildung 5: Wiesmüller 2006,<br />
S. 276). Der Vorteil des Tetraeders: Von jeder Ecke<br />
kommt man ohne Zwischenschritt zu jeder anderen. Beim<br />
Gebrauchen von Technik schauen wir uns selber zu, wir<br />
rationales<br />
Überlegen<br />
waches Anschauen<br />
können aber auch darüber reflektieren. Waches Anschauen kann den Herstellungsprozess beeinflussen<br />
usw.<br />
Herstellen<br />
Gebrauchen<br />
Abbildung 4: Tetraeder gr<strong>und</strong>legender didaktischer<br />
Dimensionen<br />
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<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
5.3.2 Neue methodische Elemente<br />
In unserem Kontext interessiert, ob es zu dieser wachen Anschauung bewährte Wege gibt. Wiesmüller<br />
schlägt vor (a. a. O., S. 282ff.):<br />
- Die Technikbiographie: „Trage im Arbeitsbogen ein, an welche Technik in welchem Lebensalter<br />
du dich erinnerst. Wann hast du sie bewusst wahrgenommen, erfolgreich oder nicht erfolgreich<br />
benutzt, wann hast du diese Technik für dich persönlich ‚erobert‘?“ Probieren Sie das einmal aus,<br />
an sich selbst <strong>und</strong> mit Kindern. Sie werden auf Interessantes stoßen, <strong>und</strong> v. a. muss gefragt werden,<br />
wo diese Dinge bleiben, wenn sie nicht zur Sprache kommen.<br />
- Die Techniktypologie: Aus einer Reihe von Bildern technischer Gegenstände wählt jeder Schüler<br />
ein Bild aus <strong>und</strong> hält fest: Was weiß ich über das Artefakt? Was bedeutet es für mich? Was würde<br />
es für mich bedeuten, wenn es das Artefakt nicht gäbe? Habe ich eine Zukunftsvorstellung von<br />
diesem Artefakt? Einige Techniktypen, die sich aus den Antworten erkennen ließen: Tüftler, Skeptiker,<br />
Liebhaber, Nutzanwender, Zerstörer.<br />
- Kleines Technikmuseum: SuS legen fest, welche Artefakte sie in einem Technikmuseum (allgemeingefasst<br />
wie beim „Deutschen Museum“ in München oder spezialisiert, etwa ein „Museum für<br />
Telekommunikation“) sammeln würden.<br />
- Der Technolog: Analog zum Dialog ist der Technolog zu verstehen. Jeder Schüler wählt einen<br />
technischen Gegenstand aus <strong>und</strong> beschreibt ihn in einer Art Steckbrief. Aber nicht wie im<br />
Deutschaufsatz, sondern assoziativ. Was bedeutet er für mich? usw. ( s. Techniktypologie). Ein<br />
Vorschlag, der in Wolfsburg gemacht wurde: Lassen Sie Ihre Schüler einen kleinen YouTube-<br />
Film drehen. Dann schreiben die Kinder vielleicht auf, was sie sagen wollen, ohne gleich an Aufsätze<br />
zu denken. Das Anschauen des Videos ist vermutlich witziger als das Vorlesen, <strong>und</strong> es<br />
kommt dasselbe dabei heraus.<br />
5.3.3 Kritische Würdigung<br />
Wiesmüller entwirft nicht unbedingt neue <strong>Methoden</strong>, eher <strong>Methoden</strong>elemente. Manche könnten zur Problematisierung<br />
oder zur Einführung genutzt werden, andere sind Formen einer Technikstudie. Aber alle<br />
zeichnen sich dadurch aus, dass sie der für die meisten Menschen so wichtigen emotionalen Bindung an<br />
Technik Raum geben. Wenn Sie das einmal ausprobiert haben, wollen Sie es nicht mehr missen.<br />
6 Empirische Daten zum aktiven <strong>Methoden</strong>repertoire von LuL<br />
Bleher untersuchte 1998, wie TU methodisch gestaltet wird. Diese Studie ist gerade für das Lehramtsstudium<br />
überaus interessant, weil sie ein Licht darauf wirft, was aus dem Studium in die Unterrichtspraxis hinübergerettet<br />
wird.<br />
Er untersuchte u. a., welche <strong>Methoden</strong> von den Lehrern eingesetzt werden, was sie über die <strong>Methoden</strong> wissen<br />
<strong>und</strong> welchen Stellenwert sie der methodischen Planung im Unterrichtsalltag zuordnen.<br />
Stand: Oktober 2012 Binder 22 Seiten - 16
6.1 Daten zum Soll-Zustand<br />
<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
Tabelle 2: Häufigkeit der während des Studiums bzw. in der Fortbildung kennengelernten <strong>Methoden</strong> (S. 230)<br />
Abbildung 5: Publikationshäufigkeit zum Thema <strong>Methoden</strong> (S. 53)<br />
6.2 Daten zum Interesse der LuL<br />
Tabelle 3: Wunschthemen für Lehrerfortbildungen (S. 254)<br />
Stand: Oktober 2012 Binder 22 Seiten - 17
<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
Abbildung 6: Bevorzugt gelesene Beiträge in Fachpublikationen (S. 221)<br />
6.3 Daten zum Ist-Zustand<br />
Tabelle 4: Häufigkeit der eingesetzten <strong>Methoden</strong> (nach Handlungsweisen der SuS ermittelt; S. 269)<br />
Stand: Oktober 2012 Binder 22 Seiten - 18
<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
Abbildung 7: Häufigkeit der bevorzugt eingesetzten <strong>Methoden</strong> aus der Sicht der LuL (S. 233)<br />
Tabelle 5: Richtige Zuordnung zwischen <strong>Methoden</strong>begriff <strong>und</strong> Merkmalen (S. 230)<br />
Tabelle 6: <strong>Methoden</strong>kenntnis nach Ausbildung (S. 281)<br />
Stand: Oktober 2012 Binder 22 Seiten - 19
<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
7 <strong>Medien</strong><br />
<strong>Medien</strong> sind von großer Bedeutung dafür, wie ein Unterricht verläuft. Meine Beobachtung aus dem TP ist,<br />
dass Studierende oft gut brauchbare, schöne, interessante <strong>Medien</strong> herstellen, mit großem Zeit- <strong>und</strong> Geldaufwand,<br />
<strong>und</strong> dass sie diese dann in ihrem AUE nicht einmal erwähnen. Wenn sie <strong>Medien</strong> nicht schätzen<br />
würden, hätten sie sich nicht solche Mühe gegeben. Warum stellen sie dann ihre konzeptionellen Gedanken<br />
nicht heraus? Eine vorsichtige Deutung: Sie denken nicht daran. Sie wollen den Unterrichtsfortschritt darstellen,<br />
<strong>und</strong> da sie sich so intensiv mit dem Medium beschäftigt haben, denken sie, dass jeder andere sofort<br />
erkennt, wie das Medium gestrickt ist. In gewisser Weise haben sie damit das Medium in seinem Wesen<br />
verstanden.<br />
7.1 Zur Begrifflichkeit<br />
Ein Medium ist ein Vermittler. Es vermittelt zwischen den SuS <strong>und</strong> dem Unterrichtsgegenstand.<br />
Wenn LuL den Unterricht von sich weg verlagern wollen,<br />
wenn sie befürchten, dass sie selbst zu dominant werden, dann können sie<br />
<strong>Medien</strong> einsetzen, um das zu verhindern. Nicht übersehen werden darf, dass<br />
Medium <strong>und</strong> Unterrichtsgegenstand nicht dasselbe sind. Wenn der Zweitakt-<br />
Motor behandeln werden soll <strong>und</strong> die SuS arbeiten an einem Schnittmodell<br />
eines Zweitakters, dann dient das Medium dazu, den SuS ein realistisches Bild<br />
eines Motors zu vermitteln. Sie können den Überstromkanal sehen, den Geruch<br />
von Getriebeöl aufnehmen. Lerngegenstand ist aber nicht das Modell,<br />
sondern das, was im Unterricht beabsichtigt wird. Im Medium kristallisieren<br />
die unterrichtlichen Intentionen aus.<br />
Ein Medium hat instrumentelle Funktion. Es dient als „Mittel zur Verwirklichung bestimmter Unterrichtsziele“<br />
(Schmayl 2010, S. 227). Es bringt „den geistigen Inhalt in sinnlich erfahrbarer Weise, in konkreter<br />
materieller Gestalt vor die Schüler“ (ebd.). Es erleichtert die handelnde Beschäftigung der SuS mit der Sache.<br />
Es macht, wenn es Realtechnik ist, den Lerngegenstand zugänglich (Klafki: Zugänglichkeit). Oben<br />
wurde behauptet, dass im Nicht-Beschreiben des Mediums im AUE seinem Wesen entsprochen wurde.<br />
Hier liegt die Lösung: <strong>Medien</strong> haben instrumentellen Charakter, sie sollen eigentlich nicht im Mittelpunkt<br />
stehen, weil sie zu etwas dienen. Ein gutes Medium wird in gewissen Hinsicht unsichtbar.<br />
7.2 Die <strong>Medien</strong>ordnung nach Schmayl<br />
Medium<br />
Schüler Gegenstand<br />
Abbildung 8: Das didaktische<br />
Dreieck mit Medium<br />
Schmayl entwickelt ein Ordnungssystem für <strong>Medien</strong>, das nach ihrer Instrumentalität im Lernprozess fragt.<br />
7.2.1 Ordnungskriterium „Repräsentanz“<br />
Unter dem Gesichtspunkt der Repräsentanz schlägt er vor, <strong>Medien</strong> danach einzuteilen, wie sie zu verorten<br />
sind zwischen den Polen Realität <strong>und</strong> Symbol. Am Beispiel des Motors: Wenn den SuS ein Einblick gegeben<br />
werden soll, wie ein Motor in Wirklichkeit aussieht, dann ist ein Medium geeignet, das direkt aus der<br />
Realität stammt: Der Motor direkt am Mofa. Jetzt wissen die SuS, wie ein Motor aussehen kann, wie er<br />
riecht, wie laut er sein kann. Wenn das Ziel aber sein sollte, dass die SuS das Wirkprinzip des Motors beschreiben<br />
können, dann ist das Realobjekt denkbar ungeeignet, weil man da nicht reinschauen kann <strong>und</strong><br />
weil „alles“ gleichzeitig abläuft <strong>und</strong> auch etwas zu schnell. Jetzt hilft ein Medium, das abstrakter angelegt<br />
ist, bei dem Details weggelassen werden, damit man das Beabsichtigte besser sehen kann. Stark symbolisierte<br />
<strong>Medien</strong> sind Zeichnungen, Tabellen, Sprache. Wer sich dessen bewusst ist, was er mit einem Medium<br />
erreichen möchte, kann in Schmayls Ordnung (s. u.) gezielt suchen.<br />
7.2.2 Ordnungskriterium Aneignung<br />
Nachdem das Kriterium der Repräsentanz stärker vom Lerngegenstand aus gedacht ist, orientiert sich das<br />
zweite Kriterium am Schüler (wieder zu entdecken: das didaktische Dreieck): Wie kann er sich das Medi-<br />
Stand: Oktober 2012 Binder 22 Seiten - 20
<strong>Methoden</strong> <strong>und</strong> <strong>Medien</strong> des TU<br />
um aneignen? Produktiv, reproduktiv oder rezeptiv? Wieder zum Motor: Bei Wiki findet sich eine Animation<br />
eines 4-Takters. Gut reduzierte Darstellung, alles bewegt sich, man kann die Prozesszusammenhänge<br />
gut erkennen. Aber: Man kann die Animation nicht kontrolliert anhalten <strong>und</strong> damit lässt es sich vielleicht<br />
zur veranschaulichenden Wiederholung nutzen, aber kaum zur Erarbeitung. Es handelt sich um ein Musterbeispiel<br />
eines Mediums, das sich nur für die rezeptive Aneignung eignet (Rezeption: Aufnahme, Aneignung,<br />
Wahrnehmung).<br />
7.2.3 Die <strong>Medien</strong>ordnung im Überblick<br />
Abbildung 9: <strong>Medien</strong>ordnung des TU (Schmayl 2010, S. 237)<br />
Abbildungsverzeichnis<br />
Abbildung 1: Das didaktische Dreieck ............................................................................................................... 8<br />
Abbildung 2: Schema des Lernwegs der <strong>Methoden</strong> des TU ............................................................................ 10<br />
Abbildung 3: Übersicht über Wiesenfarths Modell der Probehandlung ......................................................... 14<br />
Abbildung 5: Tetraeder gr<strong>und</strong>legender didaktischer Dimensionen ................................................................. 15<br />
Abbildung 5: Publikationshäufigkeit zum Thema <strong>Methoden</strong> (S. 53) .............................................................. 17<br />
Abbildung 6: Bevorzugt gelesene Beiträge in Fachpublikationen (S. 221) .................................................... 18<br />
Abbildung 7: Häufigkeit der bevorzugt eingesetzten <strong>Methoden</strong> aus der Sicht der LuL (S. 233) .................. 19<br />
Abbildung 9: Das didaktische Dreieck mit Medium ........................................................................................ 20<br />
Abbildung 9: <strong>Medien</strong>ordnung des TU (Schmayl 2010, S. 237)....................................................................... 21<br />
Stand: Oktober 2012 Binder 22 Seiten - 21
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Däschler-Sailer, Siegfried; Röbe, Waltraud (2007): Guter Unterricht als Planungsaufgabe. Ein Studien- <strong>und</strong><br />
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Stand: Oktober 2012 Binder 22 Seiten - 22