Potsdam 2010 - Gartenstadt Drewitz
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irgendeine Armee sein, es sollte eine preußische Mustertruppe<br />
werden. Aus ganz Europa wurden die „langen Kerls“ angeworben,<br />
die gleichermaßen für Bewunderung und Spott sorgten. Die<br />
Garnisonsstadt <strong>Potsdam</strong> war geboren. Von den <strong>Potsdam</strong>ern war<br />
wieder einmal Toleranz gefordert – zwei bis drei Grenadiere<br />
musste jeder Haushalt aufnehmen und versorgen. Die Belastung<br />
der Bürger war groß. Der König dankte es seinen Untertanen,<br />
indem er neue Stadtteile erschließen ließ und die Soldaten als<br />
Handwerker zum Häuserbau verpflichtete.<br />
Trifft Geist bald Macht<br />
Das Vorwärtsstreben, ein Überschreiten von Auffassungen<br />
und Bräuchen der Zeit charakterisiert Friedrich II., dessen wahr<br />
gewordener Traum des Schlosses Sanssouci bis heute ehrfürchtiges<br />
Staunen hervorruft. Sans souci, „ohne Sorge“, ungetrübt<br />
von lästigen Regierungsgeschäften wollte er hier seinen<br />
musischen Neigungen im geselligen Kreise berühmter Gelehrter<br />
und Aufklärer nachgehen. Der König baute zwar das Militärwesen<br />
seines Vaters weiter aus und führte folgenreiche Kriege,<br />
doch in <strong>Potsdam</strong> herrschten Glanz und schöngeistiges Leben.<br />
Zahllos sind die Namen berühmter Besucher – allen voran<br />
Voltaire, der bekannte Philosoph der französischen Aufklärung –<br />
Künstler, Musiker, Architekten und Gelehrte aus ganz Europa,<br />
die sich hier versammelten und der Stadt zu ihrem einzigartigen<br />
Gepräge verhalfen. Friedrich der Große nahm die Toleranzgedanken<br />
seiner Vorgänger auf und setzte sie fort, die Religions-<br />
freiheit und wirtschaftliche Anreize lockten viele ausländische<br />
Handwerker nach <strong>Potsdam</strong>.<br />
Prägend für das Stadtbild und insbesondere die Gesamtanlage<br />
<strong>Potsdam</strong>s wurde im 19. Jahrhundert die Berufung des Architekten<br />
Karl Friedrich Schinkel und des großen Landschaftsgärtners<br />
Peter Joseph Lenné. Sie konnten hier ihre Vorstellungen von<br />
Landschaft, Städtebau und Gärten im Auftrag der preußischen<br />
Könige umsetzen. Immer neue Schlösser und Landhäuser umkränzten<br />
die Stadt. Der Park von Sanssouci und der Neue<br />
Garten wurden in Tradition und Stil englischer Landschaftsgärten<br />
umgestaltet. Weite Blickachsen verbanden fortan die schönsten<br />
Ein „russisches Idyll“:<br />
Dachelement eines Blockhauses<br />
in der Kolonie Alexandrowka (oben)<br />
Wieder im neuen Glanz erstrahlt:<br />
Das Holländische Viertel (unten)<br />
Punkte der Stadt miteinander. Aus der Zusammenarbeit der<br />
beiden Künstler stammt auch die Struktur der Russischen<br />
Kolonie Alexandrowka, einer bis heute erhaltenen Attraktion<br />
<strong>Potsdam</strong>s. Ein „russisches Idyll“ mit Kirche und Popenhaus<br />
wurde geschaffen, benannt nach dem befreundeten Zaren<br />
Alexander.<br />
In den polnischen Teilungen im 18./19. Jahrhundert, noch heute<br />
polnisches Erinnerungsgut, wurden Teile des in der frühen<br />
Neuzeit machtpolitisch schwachen polnischen Staates zu Preussen<br />
geschlagen. Diese Grenzbewegung wurde im 20. Jahrhundert<br />
durch die Westverschiebung Polens umgekehrt.<br />
Auf dem Weg in die Moderne<br />
Die Freiheitsbewegung und die Revolution von 1848 gingen<br />
an Preußen und insbesondere <strong>Potsdam</strong> fast unmerklich vorbei,<br />
führten aber doch zu einem innenpolitischen Schritt von höchster<br />
Tragweite: Friedrich Wilhelm IV. unterzeichnete in Sanssouci<br />
die Verfassung, die Preußen in eine konstitutionelle Monarchie<br />
umwandelte.<br />
Untrennbar von den gesellschaftlichen Veränderungen ist die<br />
revolutionäre Wirkung der beginnenden Industrialisierung, der Entdeckungen<br />
und Neuerungen in Technik und Wissenschaft.<br />
<strong>Potsdam</strong> war Dank der königlichen Interessen auch hier besonders<br />
fortschrittlich: Bereits 1816 im Jahr fuhr das erste Dampfschiff<br />
Deutschlands zwischen Berlin und <strong>Potsdam</strong>, 1838 wurde<br />
der Eisenbahnverkehr zwischen Berlin und <strong>Potsdam</strong> aufgenommen,<br />
1832 errichtete die Berliner Telegrafenanstalt eine optische<br />
Telegrafenstation in <strong>Potsdam</strong>, an deren Stelle später das erste astro-<br />
physikalische Observatorium der Welt entstand. Ein geodätisches<br />
und ein meteorologisches Institut verstärkten diesen wissenschaftlichen<br />
Schwerpunkt, der schließlich mit dem Einsteinturm<br />
von 1920/21 zu einem Wissenschaftspark ausgebaut wurde.<br />
Die politischen Veränderungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts,<br />
die Gründung des Deutschen Reiches und die Kaiserkrönung<br />
Wilhelm I. stärkten das politische, internationale Gewicht