Ausgabe 30 - VFB Hachenburg
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derungen ist der einzelne beeinträchtigte Mensch<br />
wesentlich mehr in den Mittelpunkt geraten und<br />
gestaltet sein Leben mit.<br />
Es ist kein wirklicher Trend in der Behindertenhilfe,<br />
den ich bedauere, es wird durch die erwähnten Veränderungen<br />
lediglich deutlicher, dass wir ein „Töpfedenken“<br />
der unterschiedlichen Kostenträger haben.<br />
Durch die Diskussion der Zuständigkeiten werden<br />
umsetzbare Dinge unnötig erschwert. Ein kurzes<br />
Beispiel: Das Budget für Arbeit könnte schon viel<br />
weiter fortgeschritten sein, wenn sich die Agentur für<br />
Arbeit und die Kostenträger der Eingliederungshilfe<br />
geeinigt hätten. Zur Zeit finanziert die Agentur das<br />
max. 27 Monate andauernde Eingangsverfahren in<br />
einer WfBM. Erst danach, bei endgültiger Aufnahme<br />
geht die Kostenträgerschaft an die Eingliederungshilfe<br />
über. Dadurch kann das Budget für Arbeit, welches<br />
über die Eingliederungshilfe finanziert wird, erst<br />
nach den erwähnten max. 27 Monaten in Anspruch<br />
genommen werden.<br />
Momentmal!: Wenn Sie einen weiten Blick in die<br />
Zukunft werfen – sagen wir einmal in das Jahr 2017<br />
– wie meinen Sie, wird sich die Nachfrage von<br />
Menschen mit Behinderung nach Dienstleistungen<br />
verändert haben?<br />
Frank Kröller: Menschen mit ganz unterschiedlichen<br />
Beeinträchtigungen sind in die Gesellschaft integriert.<br />
Mit den ihnen zur Verfügung gestellten Budgets<br />
kaufen sie sich die Hilfen bei Leistungsanbietern<br />
ein. Arbeitgeber finden es „normal“ Menschen mit<br />
Handicap einzustellen und bieten Betreuungsmöglichkeiten<br />
vor Ort an.<br />
Dienstleistungen einzukaufen wird für beeinträchtigte<br />
Menschen zum Alltag gehören. Diese schauen nicht<br />
nur auf den Preis sondern berücksichtigen Qualität<br />
und Professionalität des Leistungserbringers.<br />
Die Leistungserbringer verstehen ihre Arbeit als<br />
moderne Dienstleister und wollen ihre Kunden<br />
(Hilfeempfänger) zufrieden stellen. Dies bedeutet,<br />
dass die Hilfsangebote permanent auf die individuellen<br />
Bedürfnisse des einzelnen angepasst werden<br />
müssen.<br />
Ambulant vor stationär wird konsequent umgesetzt,<br />
d.h. beeinträchtigte Menschen nutzen stationäre<br />
Einrichtungen nur vorübergehend, bis andere Unterstützungsstandards<br />
realisiert sind und somit andere<br />
Hilfsmechanismen greifen.<br />
Momentmal! | <strong>Ausgabe</strong> <strong>30</strong> | Januar 2007<br />
Verein für Behindertenarbeit e.V.<br />
Momentmal!: Welche Anforderungen ergeben<br />
sich daraus an die Dienste und Einrichtungen, den<br />
sogenannten Leistungserbringern, für Menschen mit<br />
Handicap?<br />
Frank Kröller: Zunächst einmal müssen Leistungserbringer<br />
sich selbst fragen, weshalb sollte ein Hilfeempfänger<br />
gerade bei uns sich seine Hilfe einkaufen<br />
wollen. Daraus ergibt sich schon der Paradigmenwechsel.<br />
Der Beeinträchtigte ist nicht mehr Bittsteller<br />
sondern wird Kunde, Auftraggeber. Der Kunde ist<br />
König, heißt es und dies bedeutet, dass Leistungserbringer<br />
flexibel und mit viel Phantasie den Wünschen<br />
und Bedürfnissen der Menschen mit Handicap<br />
begegnen müssen. Bei der Vielzahl von unterschiedlichen<br />
Bedürfnissen ist der Aufbau von Netzwerken<br />
für den Leistungserbringer in Zukunft eine Pflicht.<br />
Die Vernetzung sollte nicht ausschließlich im sozialen<br />
Bereich stattfinden, sondern auch außerhalb, z.B.<br />
mit diversen Wirtschaftunternehmen. Wir kennen<br />
es von uns selbst, als Kunde haben wir gerne den<br />
Service aus einer Hand, einen Ansprechpartner,<br />
egal ob sich unser beauftragtes Unternehmen eines<br />
Subunternehmers bedient oder die Arbeiten selbst<br />
ausführt.<br />
MitarbeiterInnen müssen geschult und begleitet<br />
werden, damit der Aufbau eines modernen Dienstleistungsunternehmen<br />
gelingt und die Sensibilität für<br />
Marktgeschehen mit allen betriebswirtschaftlichen<br />
Konsequenzen erreicht wird.<br />
Momentmal!: Zum Schluss eine persönliche Frage:<br />
Wie sieht Ihr Ausgleich zu Ihrer anspruchsvollen,<br />
beruflichen Tätigkeit aus?<br />
Frank Kröller:<br />
Ich versuche jeden Tag zu genießen, treibe regelmäßig<br />
Sport, höre gerne Musik, koche gerne im Kreise<br />
der Familie und schreibe Märchen und Gedichte.<br />
Momentmal!: Herr Kröller, wir danken Ihnen für das<br />
Gespräch.<br />
Frank Kröller<br />
(46 Jahre),<br />
Dipl.-Sozialarbeiter, Betriebswirt,<br />
u.v.m., ist Geschäftsführer<br />
der AWO Gemeindepsychiatrie<br />
gGmbH,<br />
Bad Marienberg.