annalive - St. Anna-Hilfe gGmbH
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9 DaS thEMa<br />
timo Paplewski genießt die Zeit mit den Bewohnern im haus Magdalena.<br />
EHNINGEN – Jungen Menschen bringt die Arbeit<br />
mit alten Menschen oft einen persönlichen Gewinn:<br />
Timo Paplewski hat deswegen seinen Zivildienst im<br />
Haus Magdalena der Liebenau – Leben im Alter in<br />
Ehningen von sechs auf neun Monate verlängert.<br />
text/Foto: Sybille neth<br />
„Heute ess’ ich aber bloß ein Würstle. Ich hab doch<br />
ein bissle zugenommen“, kündigt Josef Dienes<br />
mehrfach an, und Timo Paplewski tätschelt ihm<br />
genauso beharrlich immer wieder die Hand und<br />
betont: „Aber Sie vertragen doch trotzdem zwei.<br />
Wenn Sie lieber zwei wollen, essen Sie zwei.“ An<br />
diesem Tag stehen Linsen mit Spätzle und Würstchen<br />
auf dem Speiseplan, und der Zivildienstleistende<br />
wird den Bewohnern des Hauses wie gewohnt<br />
das Mittagessen servieren. Wenn nötig,<br />
wird er auch beim Essen helfen.<br />
Mit Josef Dienes, der immer zu Späßen aufgelegt<br />
ist, versteht sich der 20-Jährige besonders gut,<br />
und Bekanntschaften wie diese, die er im Haus<br />
Magdalena bei Böblingen schloss, haben sein Leben<br />
verändert. So will er jetzt auf alle Fälle nach dem<br />
Zivildienst einen Beruf ergreifen, in dem er etwas<br />
Zivildienstleistender verlängert seinen Dienst<br />
Ich bin heute einfühlsamer<br />
mit Menschen zu tun hat: Vielleicht im Sozialbereich,<br />
vielleicht in der Beratung. Was es sein wird,<br />
weiß er noch nicht, aber „ich möchte keinesfalls<br />
einen reinen Büro-Job.“ Bevor Paplewski im Haus<br />
Magdalena anfing, war das noch anders.<br />
Die <strong>St</strong>elle hatte er sich selbst gesucht. Anfangs jedoch,<br />
gesteht er, sei es belastend für ihn gewesen,<br />
ständig mit Alter und Tod konfrontiert zu<br />
sein. Aber schnell habe sich das verändert, berichtet<br />
er: „Viele Menschen strahlen Lebensfreude<br />
aus, und es kommt soviel Dankbarkeit zurück. Eine<br />
Bewohnerin zum Beispiel isst sehr gerne Obst.<br />
Wenn ich ihr einen schönen Teller damit richte,<br />
dann ist sie glücklich.“ So wie Josef Dienes, der das<br />
kleine Geplänkel um die Anzahl der Würstchen, die<br />
er heute zu Mittag essen wird, sichtlich genießt.<br />
„Ich gehe auch manchmal einfach zu jemandem<br />
aufs Zimmer, um ein bisschen zu reden“, das<br />
macht Paplewski Freude, genauso wie der gemeinsame<br />
Einkauf mit den Heimbewohnern, „da kann<br />
ich die helfende Hand sein.“ Diese Rolle hat ihn<br />
selbst verändert: „Ich habe hier an mir selbst ganz<br />
neue Seiten entdeckt. Früher war ich eher verschlossen.<br />
Jetzt bin ich viel offener, viel verständnisvoller<br />
und einfühlsamer.“ Das macht sich auch<br />
im Alltag außerhalb des Zivildienstes bemerkbar:<br />
Sein Verhältnis zur Generation seiner Großeltern<br />
hat sich grundlegend gewandelt: Wenn er heute<br />
an der Ladenkasse oder am Fußgängerüberweg<br />
einen alten Menschen trifft, der unsicher wirkt,<br />
bietet er seine <strong>Hilfe</strong> an.<br />
Im Haus Magdalena begreift sich Paplewski als eine<br />
Art „Mädchen für alles“: Der tägliche Dienst im<br />
Speisesaal ist eine seiner festen Aufgaben, auch<br />
Zimmerdienste gehören dazu und die Begleitung<br />
beim Spazierengehen oder die Mithilfe bei Bewegungsspielen.<br />
Im Juli hatte er seinen Dienst angetreten und eigentlich<br />
wäre er im Januar zu Ende, doch kürzlich<br />
hat Paplewski auf neun Monat verlängert. Die Zeit<br />
im Haus Magdalena will Paplewski keinesfalls mehr<br />
missen. Sie habe ihm – sagt er nachdenklich – die<br />
Angst vor dem eigenen Altwerden genommen,<br />
weil er dadurch auch die Möglichkeiten eines erfüllten<br />
Lebens im Alter kennen gelernt habe. „Es<br />
ist eine sehr schöne Erfahrung, und auch nach<br />
dem Ende meines Zivildienstes, werde ich hier regelmäßig<br />
Besuche machen.“ ❑