Norbert Nelte, Multiples Sklerose, aus der Hölle zur neuen Geburt
Norbert Nelte, Multiples Sklerose, aus der Hölle zur neuen Geburt
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<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />
Multiple <strong>Sklerose</strong><br />
<strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong><br />
<strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong><br />
2008<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 1
Die Ungewissheit<br />
Ich bin 1945 geboren. 1972 bekam ich eine chronische Hepatitis B (Ansteckend), wegen <strong>der</strong><br />
ich 1 und 1/4 Jahr im Krankenh<strong>aus</strong> liegen musste. Die Leberwerte gingen von 300 nicht runter.<br />
Als ich am Ende mir sagte, dass ich selber aktiv sein muss, um meine Vorstellungen über die<br />
Welt mit zu realisieren, sanken die Werte ganz plötzlich und nach einer Woche wurde ich als<br />
gesund entlassen.<br />
Seit meiner Hepatitis 1972, also mit 27 Jahren, hatte ich eine Wetterfühligkeit. Immer, wenn<br />
am nächsten Tag das Wetter schön wurde, habe ich mich damals etwa 4 bis 5 mal im Jahr<br />
schlapp gefühlt. Die Schlaffheit trat immer häufiger auf.<br />
Dr. Hebener schreibt, dass »eine Reihe von äußeren Einflussfaktoren wie Hitze o<strong>der</strong> Kälte,<br />
körperliche Überbelastung, seelische Belastungen, Trauer und Freude, Erkältungen, Wetterwechsel<br />
u.a. bei MS-Patienten Symptome zu verursachen vermögen« 1 .<br />
Wenn man so wetterfühlig ist, dass man sich am Tag vor einer Hochdrucklage schlapp fühlt,<br />
ist das ein Merkmal für eine Entzündung, erklärte eine Ärztin in einer Gesundheitssendung. Ich<br />
nehme deshalb an, dass mindestens schon bei <strong>der</strong> Hepatitis <strong>der</strong> Anfang meiner Multiplen <strong>Sklerose</strong><br />
lag. Kurz nach <strong>der</strong> Hepatitis fing auch <strong>der</strong> Kopf an zu jucken, so, dass ich mein langes Haar<br />
und den Bart abschnitt.<br />
1992 nahm in Köln dann die Hautempfindlichkeit zu. Ich versuchte öfters, die Wohnung gegen<br />
Flöhe zu entseuchen, aber das Problem tauchte immer wie<strong>der</strong> auf. 1993 attestierte mir eine<br />
Hautärztin eine Katzenmilbenallergie.<br />
Ab 1994 fühlte ich mich öfters so schlapp, dass ich deshalb die Ärzte konsultierte, einmal<br />
auch einen Naturheilmediziner. Ich dachte, meine Schlaffheit resultierte von einem zu geringerem<br />
Fleischkonsum. Die Ärzte waren auch erst einmal hilflos. Sie wussten auch keine an<strong>der</strong>en<br />
Verdacht und gaben mir nur den Rat, mehr Fleisch zu essen.<br />
Ab 1995 bekam ich zuerst im rechten Fuß das Gefühl, dass er öfters einschlief. Erst dachte<br />
ich, dass die Ursache darin lag, dass ich im Bett auf <strong>der</strong> Computertastatur einige Texte korrigierte,<br />
wobei ich mich auf die linke Seite legte und mit dem aufgestützten rechten Arm die Tastatur<br />
bediente. Diese ungewöhnliche Haltung würde zu Verkrampfungen des Körpers führen.<br />
Ich konnte inzwischen nur noch kürzere Strecken <strong>zur</strong>ücklegen, dabei handelte es sich aber<br />
noch um mehrere Kilometer. Nach 5 km fing ich zu humpeln an bzw. hatte Schmerzen im rechten<br />
und linken Bauchbereich.<br />
Der H<strong>aus</strong>arzt hatte den Verdacht, dass beide Erscheinungen vom Rücken kommen. Er schickte<br />
mich zu einem Orthopäden und einem Neurologen, <strong>der</strong> erst eine Einklemmung eines Rückennervens<br />
und nach einer Tomographie des Rückens vage eine Verspannung eines Rückennervens<br />
diagnostizierte und mich jedes Mal beschimpfte, dass ich weniger trinken sollte.<br />
Meine Schlaffheit und die Gehschwäche nahmen zu. Mein H<strong>aus</strong>arzt schickte mich zu einem<br />
an<strong>der</strong>en Neurologen, <strong>der</strong> feststellte, dass ich total gesund sei.<br />
1<br />
11<br />
Dr. med. Olaf Rudolf Hebener: "Fundamente <strong>der</strong> Hoffnung", Verlag "The World of Books Ltd.", Friedrich-Ebert-<br />
Str. 80, 67549 Worms, 1996, S. 39<br />
2 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Den Orthopäden wechselte ich dann, wobei <strong>der</strong> Neue nach einer Maschinenmassage auch<br />
nicht mehr weiterwußte, und die Behandlung wegen Erfolglosigkeit ohne Alternative einstellte.<br />
Ich dachte erst, dass seine Behandlung mir helfen würde, da ich mit <strong>der</strong> Zeit schon besser die<br />
Treppe hochsteigen konnte im Gegensatz zum Anfang, wo ich nur noch japsend die Treppe in<br />
den 1. Stock hochkam. Zu dieser Zeit konnte ich nur noch 500 m gehen. Mit dem Treppensteigenfortschritt<br />
stieg auch mein Radius wie<strong>der</strong> auf 1-2 km an und ich dachte schon, dass ich meine<br />
Gangschwierigkeit überwunden hätte, bis mein Radius zwei Wochen später sich wie<strong>der</strong> auf 500<br />
m verkürzte.<br />
Anfang 1997 fing <strong>der</strong> Magen an zu schmerzen und mir wurde übel und schlaff. Der Magen<br />
fühlte sich manchmal an, als ob man ihn mit einem Messer einritzen würde. Ich wurde von einer<br />
Nachbarin <strong>zur</strong> Uniklinik Köln gebracht. Hier stellten sie in <strong>der</strong> Inneren Abteilung lei<strong>der</strong> nichts<br />
fest und schickten mich noch <strong>zur</strong> Neurologie. Obwohl ich dort dem diensthabenden Arzt meine<br />
Symptome - die Gangschwierigkeit, die allgemeine Schwäche, die Hautempfindlichkeit, die<br />
Übelkeit und die Magenbeschwerden - genau beschrieb, wusste <strong>der</strong> Neurologe auch keinen Rat<br />
und schickte mich wie<strong>der</strong> heim. Ich mache die weltweit bekannte neurologische Abteilung <strong>der</strong><br />
Uniklinik Köln mit daran schuldig, dass meine MS nicht frühzeitig erkannt wurde und dadurch<br />
nicht rechtzeitig ihr Voranschreiten abgebremst werden konnte.<br />
Erst nach dem Tagesbesuch <strong>der</strong> Klinik stellte mein H<strong>aus</strong>arzt Dr. Balg eine Gastritis fest und<br />
überwies mich zu einem Magenarzt, <strong>der</strong> mich zwei Mal gespiegelt hat und nur eine leichte Gastritis<br />
feststellte.<br />
Im Frühjahr, nachdem alle Ärzte mir nicht helfen konnten, versuchte ich gezwungenermaßen<br />
selber eine Diagnose zu erstellen. Ich nahm auf Grund <strong>der</strong> Hautempfindlichkeit an, dass ich<br />
Allergie hätte. Ich hatte eine Katze, bei <strong>der</strong> die Tierärztin Milben feststellte, die immer wie<strong>der</strong><br />
kamen. 1992 wurde mir auch eine Katzenmilbenallergie attestiert. Mit dem Milbenjucken kam<br />
auch immer eine große Schwäche.<br />
Einmal konnte ich mich sogar überhaupt nicht mehr bewegen und die Freunde riefen den Notarzt.<br />
2 junge Ärzte beschimpften mich, dass ich nicht soviel trinken solle (obwohl ich doch seit 5<br />
Jahren nur pro Monat ca. 1-2 Glas Bier trank) und gaben mir eine Spritze. Die Freunde trugen<br />
mich unter die Dusche, wo ich nach einer Wechselbr<strong>aus</strong>e dann wie<strong>der</strong> in die Gänge kam.<br />
Inzwischen weiß ich, dass ein Schub gleichzeitig meine Hautempfindlichkeit und meine<br />
Schwäche <strong>aus</strong>löste. Aber ohne das Wissen einer MS musste ich eben annehmen, dass die<br />
Schwäche von <strong>der</strong> Allergie, wie ich dachte, kam. Ich gab daher im Sommer meine Katze ab,<br />
auch deshalb, weil ich wegen <strong>der</strong> Schwäche kaum mehr ihr Futter besorgen konnte.<br />
Nun konnte ich nur noch mit P<strong>aus</strong>en 500m laufen. Im Herbst, als ich es nicht mehr <strong>aus</strong>hielt,<br />
ließ ich mich auf Anraten meiner Schwester in eine antroposophische Kurklinik überweisen, in<br />
<strong>der</strong> Hoffnung, dass ich dort richtig untersucht werde. Ich war lei<strong>der</strong> nicht richtig über den Charakter<br />
<strong>der</strong> Klinik unterrichtet. Sie untersuchten mich aber nicht weiter, obwohl ich mehrere konkrete<br />
Untersuchungen anfor<strong>der</strong>te, u.a. auf Allergie und Zecken, und schlossen sehr schnell auf<br />
eine psychische Ursache und verordneten mir nur Schwimmen und Musiktherapie.<br />
Nach 2 Wochen ließ ich mich fluchtartig von <strong>der</strong> Klinik nach H<strong>aus</strong>e schicken. Wenn ich untersucht<br />
worden wäre, dann hätte ich mich ja auf die psychische Gesprächstherapie eingelassen.<br />
Es war mir doch zu risikoreich, mich nicht untersuchen zu lassen. Mein H<strong>aus</strong>arzt bestätigte<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 3
lei<strong>der</strong> die Diagnose, dass meine Schwierigkeiten von einer psychischen Schwäche herleiten.<br />
Dann vergaß ich meinen Arzt und wusste keinen Rat mehr.<br />
Wegen <strong>der</strong> Hautempfindlichkeit ging ich zu einer Hautärztin. Sie konnte inzwischen keine Allergie<br />
mehr feststellen. Sie informiert mich aber, dass man Milben erst nach 3 Jahren <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />
Wohnung schaffen könnte.<br />
Darauf renovierten meine Freunde die Wohnung und die Katzenmilben gingen langsam r<strong>aus</strong>.<br />
Das Jucken blieb <strong>aus</strong>, aber meine Schwäche blieb.<br />
Meine Freunde machten bei einer <strong>neuen</strong> Neurologin einen Termin <strong>aus</strong>. Inzwischen vermutete<br />
ich eine Toxologie, weil ich auf einem Sperrholzbrett schlief, das mit einem hohen PCP und<br />
Formaldehyd-Anteil belastet war. Die Neurologin, Frau Dr. Kittler schickte mich <strong>zur</strong> AOK,<br />
damit <strong>der</strong> Kopf dort tomographiert wurde.<br />
Dabei stellten sie eine chronische Entzündung im Kopf fest. Die Neurologin überwies mich<br />
daraufhin in die Uniklinik. 10 Gage vor <strong>der</strong> Einweisung war ich bei einem Freund auf seiner<br />
<strong>Geburt</strong>stags-Fete und trank, weil es mir gut zu gehen schien, 3 Glas Kölsch. Danach ging es mir<br />
ganz schlecht und ich lag nur noch vor Schwäche und totaler Gehunfähigkeit im Bett. Im Krankenh<strong>aus</strong><br />
wurde dann im November 1997 die Multiple <strong>Sklerose</strong> (MS) festgestellt, eine Krankheit,<br />
die nicht mehr heilbar sei, son<strong>der</strong>n stetig bis zum Tod fortschreitet. Sicher, eine bösartige<br />
Krankheit, aber sie hatte endlich einen Namen und ich konnte gezielt eine Therapie suchen.<br />
Obwohl die MS <strong>zur</strong> Lähmung und <strong>zur</strong> gesellschaftlichen Isolation führt, war die Ungewissheit<br />
dennoch ein größerer Horror, als die Gewissheit des körperlichen Zerfalls.<br />
Im medizinischen Lexikon wird mir folgende Zukunft vor<strong>aus</strong>gesagt:<br />
4 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Mul lt ti ipl lee<br />
Skl leerrossee<br />
MS; primär entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems mit herdförmiger Entmarkung;<br />
tritt v.a. zwischen dem 20. und 40. (selten nach dem 50.) Lebensjahr gehäuft bei Frauen<br />
(w:m=1,2-2:1) auf, in ca. 3-4% fam. Häufung; Assoziation mit dem HLA-System (HLA-DR 2,<br />
HLA-DW 2); Ätiol.: unklar; möglicherweise Virusinfektion (Slow virus infection o<strong>der</strong> Viruspersistenz)<br />
o<strong>der</strong> Autoimmunisierung; Epidemiol.: Inzidenz in Europa nördlich des 46. und in<br />
Amerika nördlich des 38. Breitengrades ca. 30-60/100.000; im Süden sehr viel seltener; Pathol./Anat.:<br />
makroskopisch rötliche o<strong>der</strong> gelblich-graue, im gesamten Zentralen Nervensystem<br />
fleckförmig (v.a. periventrikulär) verteilte Herde unterschiedlicher Größe von <strong>der</strong>ber Konsistenz<br />
(<strong>Sklerose</strong>), histol. meist perivenös dichte, lymphoplasmazelluläre Infiltrate und selektive Entmarkung,<br />
später gliöse Narbenbildung; Klin.: Außer extrapyramidalen Symptome und Vor<strong>der</strong>hornsymptomen<br />
können alle zelebralen und spinalen Symptome auftreten, insbeson<strong>der</strong>e spastische<br />
Paresen, (umschriebene) Sensibilitätsstörungen und zerebellare Ataxie (sog. Charcot-Trias;<br />
Nystagmus, Intentionstremor und skandierende Sprache): zu Beginn in ca. 30% <strong>der</strong> Fälle Retrobulbärneuritis<br />
(siehe Neuritis Nervi optici) Hirnstamsymptome (Augenmuskellähmungen,<br />
Blickparesen, Dysarthrie, Schluckstörung) und spinale Symptome (Querschnittslähmung, Blasen-Mastdarm-störungen)<br />
führen oft zu ernsten Komplikationen, (Pneunomie, Dekubitus,<br />
Thrombose, Harnweginfektionen). Psychische Symptome (z.B. hirnorganisches Psychosyndrom,<br />
depressives Syndrom, Euphorie, reaktive Störungen, selten paranoide Psychose) treten v.a. in<br />
späten Krankheitsstadien auf. In ca. 80% ist <strong>der</strong> Verlauf primär schubförmig mit (partieller)<br />
Rückbildung <strong>der</strong> Symptome: chronisch progredienter Verlauf v.a. in höherem Lebensalter. Diagn.:<br />
klin Bild und Verlauf im Liquor cerebrospinalis typischerweise leichte Pleazytose (bis<br />
150/3 Zellen, überwiegend transformierte Lymphozyten und Plasmazellen), bei normalen o<strong>der</strong><br />
leicht erhöhten Gesamteiweiß in ca. 85% intrathekale IgG-Bildung (vgl. Eiweißquoten) und in<br />
ca. 95% oligoklonale IgG-Banden in <strong>der</strong> Liquorelekrophorese nachweisbar; neurophysiol. Diagnostik<br />
v. a. mit Hilfe visuell evozierter Potenziale; Computertomographie zum Ausschluß an<strong>der</strong>er<br />
Erkr.; Kernspintomographie <strong>zur</strong> genauen Darstellung <strong>der</strong> Entmarkungsherde; Ther.: wegen<br />
häufiger Spontanremission <strong>der</strong> Symptome sind therap. Erfolge nur sehr schwer zu beurteilen;<br />
als gesichert gilt die Wirksamkeit von ACTH und Glukokortikoiden <strong>zur</strong> Verkürzung <strong>der</strong><br />
Schubdauer und von Azathioprin <strong>zur</strong> Verringerung <strong>der</strong> Schubfrequenz. Der Effekt einer fettarmen<br />
Diät (Evers-Diät) ist umstritten. Neben <strong>der</strong> medikamentösen Behandlung von Inf., Blasenentleerungsstörungen<br />
und Spastik sind physik Therapie (insbes. Krankengymnastik), psvchosoziale<br />
Unterstützung und Selbsthilfegruppen von bes. Bedeutung. Progn.: abhängig von <strong>der</strong> Verlaufsform<br />
und auftretenden Kompl.; in ca. 20% <strong>der</strong> Fälle sog. gutartige Formen, bei denen die<br />
Diagn. meist zufällig gestellt wird, in ca. 5-10% sog. bösartige Form mit tödl. Verlauf in Mon.<br />
bis wenigen Jahren; mittlere Krankheitsdauer >25Jahre; bei ea. 30% <strong>der</strong> Pat auch nach längerem<br />
Verlauf keine wesentl. Behin<strong>der</strong>ungen. Vgl. Devic-Krankheit.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 5
Eine allgemeinverständlichere Krankheitsbeschreibung gibt das Pflegehandbuch für die "Praxis und<br />
Theorie <strong>der</strong> Gesundheits- und Krankenpflege" 2 :<br />
MMul<br />
lt ti ipl lee<br />
6 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />
Skl leerrossee<br />
Der Prozess krank werden, krank bleiben, bzw. behin<strong>der</strong>t/chronisch krank werden kann in <strong>der</strong><br />
Regel beim Multiple-<strong>Sklerose</strong>-Patienten ganz beson<strong>der</strong>s gut verfolgt werden. Die Dauer dieses<br />
Prozesses wie auch die Dramatik <strong>der</strong> Intensität ist jedoch von Situation zu Situation sehr unterschiedlich.<br />
Die Diagnose "multiple sklerose" ist denn auch für jeden Menschen ein sehr individuelles,<br />
nicht vor<strong>aus</strong>sehbares Schicksal. Die Etikettierung, »er/sie hat halt MS«, ist deshalb<br />
gerade hier verheerend und bewirkt nicht selten das, was die Psychologie als "Erfolgszwang"<br />
bezeichnet: Die Symptome werden sich, wenn man nur lange genug darüber nachsinnt, sicher<br />
einstellen. Trotzdem bedeutet diese Diagnose meist ein schweres Schicksal, das von den Betroffenen<br />
(Patient wie Angehörigen) ein hohes Maß an Bewältigungskraft verlangt.<br />
Nach einer Umfrage, welche die Schweizerische MS-Gesellschaft 1978 bei 2.250 Betroffenen<br />
in <strong>der</strong> ganzen Schweiz durchführte, stellen <strong>der</strong> zunehmende Verlust <strong>der</strong> Selbständigkeit bzw. die<br />
Zunahme <strong>der</strong> Abhängigkeit und die Ungewissheit über den Krankheitsverlauf für den MS-<br />
Patienten die psychisch belastendsten Faktoren dar. Das Erleben <strong>der</strong> allmählich o<strong>der</strong> plötzlich<br />
eintretenden großen Abhängigkeit, ja <strong>der</strong> Hilflosigkeit, ist umso schwerwiegen<strong>der</strong>, je mehr das<br />
Gespenst des allmählichen Zerfalls zum Begleiter wird. Solch schwere und fortschreitende<br />
Krankheiten konfrontieren den Betroffenen mit <strong>der</strong> Vergänglichkeit des Lebens und bedeuten<br />
schließlich auch hautnahe Auseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Sterben. Die Alternative zum Verdrängen<br />
und Ablehnen ist das Akzeptierenlernen, <strong>der</strong> Weg zum "Trotzdem-leben-Können".<br />
Im Folgenden finden Sie grundlegende Informationen zu diesem Problemfeld.<br />
23.7.1 Definition und Ursache<br />
Die multiple <strong>Sklerose</strong> (MS) ist eine herdförmige Erkrankung des Zentralnervensystems<br />
(ZNS), die Nervenfunktionsstörungen im ganzen Körper <strong>zur</strong> Folge haben kann. Im Rückenmark<br />
und Gehirn finden sich umschriebene Entzündungsherde oft in großer Zahl. Die Entzündung<br />
greift vor allem die Schutzhüllen <strong>der</strong> Nervenfasern (weiße Substanz = Myelin) an. Dies verursacht<br />
Leitungsverzögerungen <strong>der</strong> Nervenimpulse, so dass als Funktionsstörung mannigfaltige<br />
Krankheitszeichen/Symptome auftreten können.<br />
23.7.2 Krankheitszeichen und Pflegeprobleme<br />
x Bewegungsstörungen einzelner o<strong>der</strong> mehrerer Gliedmaßen, oft als spastische Paresen mit<br />
erhöhtem Tonus und Reflexsteigerung (Bauchdeckenreflex erlischt sehr früh).<br />
x Koordinationsstörungen (zerebellare Ataxie) mit Intentionstremor. Unsicherheit in Hantieren,<br />
torkeln<strong>der</strong> Gang. Die Sprache wird undeutlich unartikuliert. Es besteht ein Nystagmus.<br />
x Blasenstörungen als lnkontinenz o<strong>der</strong> Retention.<br />
x Gesichtsfeldstörungen. Doppelsehen. Schleiersehen infolge Mitbeteiligung <strong>der</strong> Augennerven<br />
mit Augennmuskellähmung; Lähmung <strong>der</strong> mimischen Muskulatur.<br />
22 2<br />
J uu l ll i iia a nn e<br />
J uu c hh l ll i ii ,, , TT hh i iie e mme e - -- VV e r l llagg a , SS t tt uu t tt t ttg g a r t tt - -- NN e ww<br />
YY o rkk<br />
r
x Psychische Auffälligkeiten im Sinne einer organischen Wesensverän<strong>der</strong>ung. Oft "vernebelt"<br />
sie für den Patienten das Krankheitsbild (Euphorie), was das Akzeptieren <strong>der</strong> Krankheit erleichtert,<br />
aber gleichzeitig die Selbsthilfeaktivität einschränkt.<br />
x Verlauf in Schüben (häufig) o<strong>der</strong> langsam fortschreitend. Meist treten erst nach 10-20 Jahren<br />
erhebliche spastisch-zerebellare Ausfälle auf, die schließlich zum Leben im Rollstuhl o<strong>der</strong><br />
zu dauern<strong>der</strong> Bettlägerigkeit führen.<br />
23.7.3 Pflege- und Behandlungsplan<br />
Die Therapie ist symptomatisch, da es keine wirksame K<strong>aus</strong>albehandlung gibt. Im akuten<br />
Schub können Corticosteroide o<strong>der</strong> Pyramidon die Entzündungserscheinungen eindämmen.<br />
Neuerdings wird auch die Immuntherapie (Stärkung des Abwehrsystems) angewendet.<br />
Die Pflege richtet sich nach dem Zustandsbild und <strong>der</strong> Persönlichkeit des Kranken:<br />
x Die spastische Lähmung ist die häufigste Ursache einer zunehmenden Behin<strong>der</strong>ung. Die<br />
Spastik muß physiotherapeutisch angegangen und durch die Bobath-Methode beeinflusst werden.<br />
x Massagen. Packungen usw. können bei umschriebenen Funktionsstörungen gute Dienste<br />
leisten (sie haben aber wenig Einfluss auf die Spastik).<br />
x Die Ataxie (Unsicherheit beim Gehen und Agieren) ist durch entsprechende Hilfsmittel zu<br />
stabilisieren, z.B. durch geeignete Stützen beim Gehen, durch das Beschweren von Besteck o<strong>der</strong><br />
Geräten. Der Patient kann die zweihändige Arbeit o<strong>der</strong> Betätigung besser kontrollieren als die<br />
einhändige.<br />
x Der Intentionstremor (beson<strong>der</strong>e Form <strong>der</strong> Bewegungsunsicherheit mit Zittern) ist nur<br />
schwer zu beeinflussen. Bei schwerer Störung kommen operative Maßnahmen in Frage (stereotaktische<br />
Ausschaltoperationen).<br />
x Blasenfunktionsstörungen sind häufig und führen <strong>zur</strong> "sozialen Behin<strong>der</strong>ung" auch sind sie<br />
Mitursache von Harnwegsinfektionen. Frühzeitiges Blasentraining ist die beste Prophylaxe.<br />
x Störungen <strong>der</strong> Darmentleerung erstrecken sich von Zeichen imperativen (zwingenden)<br />
Dranges bis <strong>zur</strong> unwillkürlichen Entleerung. Auch hier kann durch das Einhalten bestimmter<br />
Entleerungszeiten korrigierend viel erreicht werden (<strong>der</strong> Darm ist 30 Minuten nach dem Frühstück<br />
am besten <strong>zur</strong> Entleerung disponiert). Im Übrigen gelten die Maßnahmen <strong>der</strong> Obstipationsprophylaxe.<br />
x Die psychischen Verän<strong>der</strong>ungen, die bei MS-Patienten immer zu erwarten sind, bedeuten oft<br />
eine enorme Belastung <strong>der</strong> zwischenmenschlichen Beziehungen. Eine frühzeitige Aufklärung<br />
des Patienten und <strong>der</strong> Angehörigen über die Krankheit kann viele Ängste und Probleme vermeiden<br />
helfen und die Verarbeitung erleichtern.<br />
x Die MS-Gesellschaften bieten Beratung, Kuren und Ferienprogramme, die diesem Ziel dienen,<br />
an. In schweren Situationen sind evtl. psychetherapeutische Behandlung o<strong>der</strong> Antidepressiva<br />
notwendig.<br />
x Schmerzen sind gelegentlich Ausdruck eines MS-Herdes in den sensiblen Nervenbahnen.<br />
Viel häufiger treten die Schmerzen als Folge von Fehlbelastungen des Bewegungsapparates auf.<br />
Hier hilft nur die physiotherapeutische Behandlung bzw. Vorbeugung. Neuralgische Schmerzen<br />
(z.B. Trigeminusneuralgie) und quälende Missempfindungen an den Extremitäten können<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 7
medikamentös beeinflusst werden (Z.B. durch Tegretol in ansteigen<strong>der</strong> Dosierung). Physikalisch<br />
wirken positiv die transkutane Elektrostimulation und die Hinterstrangstimulation.<br />
x Sensible Störungen an den Extremitäten, häufig an den Händen können ebenfalls Ursache<br />
für Funktionsbehin<strong>der</strong>ung sein. Eine direkte Beeinflussung gibt es nicht. Der Patient muss das<br />
Umgehen mit Sensibilitätsstörungen lernen (Vermeiden von Knöpfen an <strong>der</strong> Kleidung großgriffiges<br />
Besteck usw.).<br />
x Sexualstörungen werden erfahren z.B. als Gefühlsstörung in <strong>der</strong> Genitalregion, Potenz- o<strong>der</strong><br />
Sekretionsstörung. Sie treten auf bei Herdbildungen im Rückenmark. Häufiger sind die seelisch<br />
bedingten Reaktionen infolge Insuffizienzgefühlen, sozialer Min<strong>der</strong>wertigkeit o<strong>der</strong> Depression.<br />
Unter Umständen ist Fachberatung notwendig (Aufsuchen eines Gynäkolegen o<strong>der</strong> des H<strong>aus</strong>arztes).<br />
x Erhöhte Ermüdbarkeit ist eine immer vorhandene und belastende Situation, auch deshalb,<br />
weil sie von Angehörigen o<strong>der</strong> am Arbeitsplatz oft heruntergespielt wird. Hier helfen nur die<br />
entsprechende Information und die Akzeptanz dieser Einschränkung als einer echten Krankheitserscheinung.<br />
Eine Verbesserung <strong>der</strong> Leistung ist durch eine zweckmäßige Strukturierung<br />
des Tages möglich: mehr und längere P<strong>aus</strong>en, Eigenrhythmus ernst nehmen, größere Anstrengungen<br />
meiden.<br />
Die Prophylaxen sind <strong>aus</strong> <strong>der</strong> besprochenen Symptomatik ableitbar. Das Verhüten von Sekundärschäden<br />
ist ein Ziel sinnvoller Pflegeplanung:<br />
x Übergewichtigkeit reduzieren, um den Bewegungsapparat nicht zusätzlich zu belasten.<br />
x Harnwegsinfekte, die rasch zu aufsteigenden Blasen- und Nierenbeckenentzündungen<br />
führen. Prophylaxe: Trinkdisziplin und Blasen-Toilettentraining nach <strong>der</strong> Uhr. Bei Dauerkatheter<br />
ist sorgfältige Pflege unumgänglich.<br />
x Dekubiti und Kontrakturen. Früh genug mit Superweichlagerung und/o<strong>der</strong> Lagewechsel beginnen.<br />
Hautpflege konsequent durchführen.<br />
x Immobilität. So lange wie möglich die Mobilisation för<strong>der</strong>n, da Bettlägerigkeit zu Sekundärschäden<br />
führt. Osteoporose, Nieren- und Blasensteine, Thrombosen. Pneumonien.<br />
x Depression und Regression. Alles, was hilft. ist gut und richtig. Auch alternative Praktiken<br />
können Hilfe bringen (ob psychologischer o<strong>der</strong> organischer Art ist vielleicht gar nicht so<br />
wichtig). Viele Patienten reagieren positiv auf Farbtherapie, an<strong>der</strong>e auf Bach-Blüten o<strong>der</strong> Akupunktur.<br />
Autogenes Training kann Entspannung bringen, kreative Medien (Malen. Gestalten,<br />
Musiktherapie) können die Selbstheilungs- und Durchhaltekräfte för<strong>der</strong>n.<br />
Die Gesundheitsressourcen sollen so weit wie möglich <strong>aus</strong>geschöpft und das Sozialnetz miteinbezogen<br />
werden. Dabei ist daran zu denken, dass auch die Angehöngen Hilfe brauchen. Seit<br />
1968 gibt es die "Internationale Fö<strong>der</strong>ation <strong>der</strong> Multiple-<strong>Sklerose</strong>-Gesellschaft" (lFMSS), <strong>der</strong><br />
über 20 Län<strong>der</strong> angeschlossen sind (nationale und regionale MS-Gesellschaften). Sie bieten die<br />
folgenden Dienstleistungen an:<br />
x Zusammenarbeit mit Spezialkliniken, krankenh<strong>aus</strong>externen Gesundheitsdiensten u.a.;<br />
x Sozialdienst (Beratung in sozialmedizinischen und rechtsmedizinischen Fragen und Hilfeleistung<br />
bei Problemen);<br />
x Organisation von Ferienaktionen, Tagungen, Klubs mit fortbildenden o<strong>der</strong> therapeutischen<br />
Programmen;<br />
8 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
x Öffentlichkeitsarbeit (Mitteilungsblatt).<br />
Ich hatte öfters vor Schwäche, Schwindel und Unwohlsein in meiner Wohnung vor Verzweiflung<br />
geweint und for<strong>der</strong>te die Welt auf, mir zu helfen. Ich dachte, ich konnte meinen Körper - ob<br />
im Sitzen o<strong>der</strong> im Liegen - nicht mehr <strong>aus</strong>halten und dachte öfters daran, dass es besser wäre,<br />
meinem Leben ein Ende zu setzen. Deshalb konnte mich die Nachricht über die MS kaum berühren,<br />
obwohl ich inzwischen schon von dieser Krankheit und ihren schrecklichen Auswirkungen<br />
wusste.<br />
Die Ungewissheit war schlimmer als die endgültige Diagnose. Nun hatte wenigstens die <strong>Hölle</strong><br />
einen Namen und ich konnte gezielt nach Diagnosen suchen<br />
Ich wusste ja schon von <strong>der</strong> Alternativmedizin Dr. Fratzers und damit <strong>der</strong> Möglichkeit eines<br />
aktiven Lebens mit <strong>der</strong> MS-Krankheit.<br />
Aber mein Befund <strong>der</strong> Klinik sah schon beängstigend <strong>aus</strong>.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 9<br />
d
10 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Meei inee Krraankheei it t<br />
Im Januar 1998 wurde ich <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Uniklinik entlassen. Ich habe also eine Multiple <strong>Sklerose</strong><br />
mit einem progredienten chronischen Verlauf. Die Krankheit MS befindet sich im folgenden<br />
Fortschrittsverlauf:<br />
Schwäche und Ermattungszustände, Stehen nach 2 Minuten nur mit Festhalten, Gangstörungen<br />
- nach 50 Meter schleift das rechte Bein auf <strong>der</strong> Erde - nach 200 Meter kann ich mich kaum<br />
mehr aufrecht halten und brauche wegen <strong>der</strong> folgenden Ermattungszustände eine längere Liegeruhe<br />
<strong>zur</strong> Erholung, Schwindel, Konzentrationsschwäche, Orientierungslosigkeit, Gastritis, keine<br />
Kontrolle <strong>der</strong> Toilette (Blase und Stuhl), Inkontinenz und Blasenschwäche bzw. Schließmuskelstörungen,<br />
Leberschmerzen, Schlaflosigkeit, Schreibstörung, Störung <strong>der</strong> Motorik in <strong>der</strong> rechten<br />
Hand und langsam auch <strong>der</strong> linken bzw. des ganzen Körpers, Gedächtnisstörung - Wörter fallen<br />
mir oft nicht mehr ein - beson<strong>der</strong>s bei Ermattung, Atembeschwerden bei Ermüdung, Lustlosigkeit,<br />
Hautempfindlichkeit, beson<strong>der</strong>s gegen Milben, Kopfschmerzen und Druck im Gehirn, <strong>der</strong><br />
Druck führt oft zum Brennen im Gehirn. Pickelentwicklung auf dem Oberkörper und im Gesicht,<br />
Seh- und Hörschwäche bei Ermattung.<br />
Die verschiedenen Symptome häuften sich nach und nach, also nicht alle immer heftiger, son<strong>der</strong>n<br />
sie addierten sich nacheinan<strong>der</strong>.<br />
Im Krankenh<strong>aus</strong> erlebte ich eine Frau, die schon nicht mehr richtig atmen konnte, nur noch<br />
unter lautem Röcheln und Schnappen. Sie konnte nicht mehr selbständig essen und sprechen<br />
sowie keine Verrichtungen mehr tätigen. Die Ärzte legten ihr einen Atemschlauch in die Nase.<br />
Sie konnte noch ein wenig ihre Finger bewegen und zupfte den Schlauch immer wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong><br />
Nase. Zum Schluß banden sie <strong>der</strong> Frau die Hände fest. Aber all das nutzte nichts mehr, denn<br />
zwei Tage später verstarb die Frau und wurde von ihrem schweren Leid befreit<br />
Ich hatte zwar vor dem Krankenh<strong>aus</strong> noch auf eine Vergiftung getippt. Meine Neurologin, die<br />
mich tomographieren ließ, wies mich aber schon ca. 2 Wochen vor <strong>der</strong> Einweisung darauf hin,<br />
daß die festgestellte chronische Entzündung im Gehirn ähnlich wie bei einer MS war.<br />
Ich hatte deshalb schon aufmerksam Hinweise auf diese Krankheit verfolgt. Ein paar Tage vor<br />
meinem Krankenh<strong>aus</strong>aufenthalt trat bei <strong>der</strong> Sendung mit Fliege in <strong>der</strong> ARD zwei MS-Kranke<br />
auf, die nach <strong>der</strong> Methode eines Dr. Fratzers behandelt wurden. Eine ältere Frau, die nicht mehr<br />
gehen konnte, trat dort recht fit in den Beinen auf. Eine jüngere Frau, vielleicht um die 30, sagte,<br />
daß sie nicht mehr sprechen konnte und jetzt wie<strong>der</strong> langsam aber deutlich sprach. Die Arznei<br />
wurde aber nicht von <strong>der</strong> Krankenkasse übernommen, son<strong>der</strong>n die Patienten mußten selber ca.<br />
300,- DM im Monat zahlen.<br />
Nachdem im Krankenh<strong>aus</strong> die MS sich bei mir bestätigte, machte ich während des Aufenthaltes<br />
meine Freunde verrückt, näheres darüber in Erfahrung zu bringen und nachzuforschen, wo es<br />
diese Medizin zu kaufen gab.<br />
Sie kauften mir Bücher, besorgten eine Kopie des Buches von Dr. Fratzer, weil dies bereits<br />
vergriffen war, Unterlagen <strong>der</strong> MS-Zentrale in Düsseldorf und die Telefonnummer einer Frau in<br />
Nippes, die auch mit dieser Therapie wie<strong>der</strong> fit wurde. Die traditionellen Schulmediziner warnten<br />
vor Dr. Fratzer und seinen Anhängern. Dr. Krämer (Direktor <strong>der</strong> Epilepsie-Klinik in Zürich )<br />
und Dr. Besser (Direktor <strong>der</strong> Neurologischen Klinik Krefeld) warnten beispielsweise vor Dr.<br />
Fratzer und seinem Buch "Schach <strong>der</strong> MS", obwohl sie selber nichts anzubieten haben:<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 11
»Ein schlimmes Buch, vor dem wegen <strong>der</strong> unhaltbaren Versprechungen <strong>der</strong> Autoren, die MS<br />
u.a. durch zufälligerweise von ihnen selbst vertriebene Diätetika kontrollieren zu können, nur<br />
dringend gewarnt werden kann.« 3<br />
Wilde Versprechungen werden bei Dr. Fratzer gar nicht gemacht und er setzt sich dezidiert<br />
mit allen bisherigen Untersuchungen <strong>aus</strong>einan<strong>der</strong>. Und die seltsame Moral <strong>der</strong> Herren Traditionalisten,<br />
als ob sie kein gutes Geld verdienen.<br />
Die Alternativen sind fast noch schlimmer. Trotz eines immensen Arbeitsaufwandes, den man<br />
unternehmen soll, wird auch keine Besserung erreicht. Eine MS-Erkrankte schreibt, daß »die<br />
naturheilkundige Therapie bewirken, daß kaum noch o<strong>der</strong> überhaupt keine <strong>der</strong> gefürchteten<br />
"Schübe" auftreten.« 4 Kein Wort von Besserung.<br />
Die Alternativen bieten nur Möglichkeiten an, wie man mit <strong>der</strong> MS leben könnte, z.B. daß<br />
»Steine ein eigentümliches Fluidum entwickeln - und sei es "nur", daß sie das individuelle Bewußtsein<br />
stimulieren. 5 «<br />
Gleich nach dem Krankenh<strong>aus</strong> im Januar 1988 bestellte ich das Buch von dem Nachfolger von<br />
dem inzwischen verstorbenen Dr. Fratzer, Dr. Hebener: "Fundamente <strong>der</strong> Hoffnung" und bestellte<br />
dann die Medizin.<br />
Ich nehme seit dem 8.1.1998 die Arznei von Dr. Hebener und hoffe nun, daß ich endlich wie<strong>der</strong><br />
gesund werden kann.<br />
Dr. Hebener schreibt in seiner Patienten-Information, daß zwar »diese Therapie die MS nicht<br />
heilen [kann]!. Ziel <strong>der</strong> Therapie ist, einen Stillstand <strong>der</strong> Erkrankung zu erreichen! Dies gelingt<br />
bei ca. vier von fünf Patienten.« 6<br />
Und in seinem Buch sagt er über seine Beobachtung von 2.000 MS-Patienten: »Darunter befanden<br />
sich überwiegend chronisch-progrediente Krankheitsverläufe, <strong>der</strong>en "Schicksal" prognostisch<br />
besiegelt schien. Der Mehrzahl dieser Patienten wurde nachweislich und zweifelsfrei<br />
geholfen, ...« 7<br />
Ich denke doch, daß ich zu diesen 80% gehören werde und nicht zu den ganz Kranken. Es sind<br />
die fortgeschrittenen Kranken, die nicht mehr laufen und sprechen können, wo die Markscheiden<br />
schon so weit geschädigt sind, daß sie nicht mehr reparabel sind.<br />
Es wird für mich nach einiger Zeit <strong>der</strong> Einnahme notwendig, daß ich nun täglich meine Entwicklung<br />
beobachte, um eine eventuelle Genesung o<strong>der</strong> eine weitere Progredienz feststellen zu<br />
können.<br />
11 3 33<br />
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55<br />
12 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Tagebuch<br />
16.03.1998<br />
Morgens hintereinan<strong>der</strong> geduscht, rasiert und Zähne geputzt. Geruht. 1/2 Stunde am Computer<br />
gearbeitet und um 12 Uhr zum Arzt gefahren und Rezept geholt. Auf dem Rückweg gut gefahren,<br />
nur <strong>der</strong> rechte Fuß konnte nicht mehr richtig treten.<br />
Nachmittags Brot geholt und bei <strong>der</strong> Post Geld abgehoben und eingezahlt - mit Warteschlange.<br />
Zu h<strong>aus</strong>e aber richtig kaputt, konnte kaum mehr das Fahrrad die Treppe hoch bringen.<br />
Der Magen fühlt sich leer an - wahrscheinlich vertrage ich wie<strong>der</strong> keine Gewürze und Salz.<br />
Schwindel nur noch leicht, aber auch beim Brot kaufen. Empfindlichkeit gegen Staubmilben<br />
kommt wie<strong>der</strong> leicht.<br />
17.03.1998<br />
Morgens Gymnastik und gedruckt. Dann rasiert, Zähne geputzt, Zahnarzt angerufen, 1/2 Std.<br />
geruht und auf dem Markt, Elstar-Äpfel und Hähnchenflügel gekauft und nach Pritt-Stiften geschaut.<br />
Danach kaputt und zu H<strong>aus</strong>e nur noch auf dem Boden lang gekrochen und den Eintrag<br />
gemacht. Danach Ruhe.<br />
Die Allergieempfindlichkeit nimmt wie<strong>der</strong> zu, nachts war sie sehr störend. Meine Vergeßlichkeit<br />
nimmt zu. Ich muß bei Erschlaffung lange nach einfachen Wörtern suchen.<br />
Um 14. 00 Uhr wie<strong>der</strong> ohne fest zu halten um die Häuser gegangen.<br />
19.03.1998 Weinen o<strong>der</strong> Lachen?<br />
Um 15 00 radikal abgebaut. 15 30 Uhr kann ich nur noch humpelnd gehen und <strong>der</strong> Schwindel<br />
nimmt zu. Nachts um ca. 2 00 Uhr wurde ich wie<strong>der</strong> fit. Daß ich morgends fit bin und nachmittags<br />
abbaue, ist eine neue Beobachtung. Vor 6 Monaten war es umgekehrt, wie bei depressiv<br />
Kranken. Ich habe das Gefühl, daß <strong>der</strong> Zeitraum, in dem ich fit bin, immer länger wird, und daß<br />
ich immer später abbaue.<br />
Der Zenit meines Übel Seins liegt bei 20 00 bis 21 00 Uhr. Um 22 00 Uhr wurde es mir schon besser.<br />
Gestern bei <strong>der</strong> Gymnastik mit <strong>der</strong> Krankengymnastin habe ich gelacht. Ich habe das Gefühl,<br />
daß ich mehr und mehr lustig bin und die Trauer über meine Behin<strong>der</strong>ung in den Hintergrund<br />
rückt. Ich kann mich kaum mehr an eine depressive Phase erinnern. Noch vor einem halben Jahr<br />
habe ich vor Verzweiflung ein paar Mal geweint und an Selbstmord gedacht, weil ich keinen<br />
Sinn mehr im Leben sah und die Ärzte und Angehörigen mir keinen Beistand gaben bzw. mir<br />
nur bestätigten, daß es immer weiter abwärts bis ins Pflegeheim mit mir gehen würde.<br />
Nun sehe ich immer mehr eine Perspektive. Ich kann mir jetzt schon vorstellen, mit dem momentanen<br />
Status lange leben zu können, wenn meine Freunde mir weiter für mich einkaufen.<br />
21.03.98<br />
Heute bin ich um 13 15 Uhr meine Runde (ca. 200m) gelaufen. Es ging wie<strong>der</strong> etwas schlechter,<br />
Der Fuß fing schon bei den Glascontainern (nach 30m) an zu schleifen. Um 18 30 Uhr ging es<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 13
mir aber bei <strong>der</strong> Gymnastik besser. Dieser wi<strong>der</strong>sprüchliche Verlauf zermürbt ganz schön. Man<br />
weiß nie, woran man ist.<br />
Heute bin ich ziemlich leer, <strong>aus</strong>gepumpt und lustlos. Manchmal geht die Krankheit über die<br />
Kraft. Geht es wirklich aufwärts?<br />
22.03.98<br />
Um 11 30 Uhr ging es ganz gut ohne festhalten um die Häuser. Aber noch im Oktober vor dem<br />
Krankenh<strong>aus</strong>aufenthalt konnte ich im Dauerlauf (o<strong>der</strong> Schnellschritt) um die Ecken laufen. Ich<br />
habe jetzt aber schon das Gefühl, die Kraft zu haben, im Sommer es bis in den Park zu schaffen.<br />
Heute wie<strong>der</strong> gut geschlafen, daß ich erst um 9 00 Uhr aufwachte. Jetzt kann ich schon seit 3<br />
Wochen wie<strong>der</strong> schlafen, manchmal noch schwierig, aber manchmal, wie heute, auch sehr gut.<br />
Immerhin.<br />
24.03.98 Wetterempfindlichkeit<br />
Die letzten zwei Tage gab es ein Schlechtwettergebiet. Heute gibt es ein Hoch. Schon seit<br />
meiner Hepatitis fühle ich mich vor Hochdruckgebiete total fertig, so, daß ich keinen Arm hoch<br />
bekomme o<strong>der</strong> meinen Körper. Genau so war es wie<strong>der</strong> die letzten 2 Tage.<br />
Jedes mal, wenn es mir schlechter geht, weiß ich nicht, ob das nur auf die Tagesform <strong>zur</strong>ückzuführen<br />
ist, wie jetzt, wo es das kommende Hochdruckgebiet Einfluß <strong>aus</strong>übt, o<strong>der</strong> ob dies darauf<br />
<strong>zur</strong>ückzuführen ist, daß ich wie<strong>der</strong> eine Verschlechterung meiner Krankheit erlebe, also, daß<br />
es ein neuer Sprung ist. Horror.<br />
26.03.98<br />
Als ich heute nacht um ca. 23 00 Uhr von <strong>der</strong> Veranstaltung weg ging, konnte ich viel besser<br />
gehen (Um 20 Uhr hin war es genau so schwierig, wie bisher). So gut konnte ich seit einem<br />
halben Jahr um diese Zeit nicht mehr gehen. Jetzt muß ich beobachten, ob dies auch nachhaltig<br />
ist, ob dies jetzt immer so bleibt. Das wäre schon ein riesen Geschenk und ich könnte wie<strong>der</strong> neu<br />
leben.<br />
29.03.98<br />
Gestern hatte ich von 13 00 bis 19 00 Uhr am Seminar teilgenommen. Es ging relativ gut, aber<br />
ich meine, etwas schlechter als vor einem Monat. Ich mußte ständig auf die Toilette und konnte<br />
kaum mehr stehen und gehen. War das eine Wetterfühligkeit?<br />
Heute bin ich wie<strong>der</strong> ohne festzuhalten um die Häuser gegangen. Sehr schnell. Danach füllte<br />
ich noch etwas in die Mülltonnen und als ich in die Wohnung kam, haute ich mich nicht sofort<br />
aufs Bett, son<strong>der</strong>n arbeitete noch im Stehen, heftete Broschüren und druckte etwa 10 Minuten<br />
etwas <strong>aus</strong>.<br />
Wenn ich 15 Minuten im Stehen gearbeitet habe, entsteht ein Druck o<strong>der</strong> Stau im Kopf. Ich<br />
denke so spastisch, wie meine Hand zerfahren und spastisch bewegt werden kann. Dann fällt mir<br />
es schwer, nachzudenken, ich suche nach einfachen Wörtern. Wenn ich etwas im an<strong>der</strong>en Zimmer<br />
erledigen will, habe ich dort oft vergessen, was ich eigentlich wollte.<br />
30.03.98 Einzelne Remissionen<br />
14 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Es sind mehrere Besserungen eingetreten, wobei ich aber nicht weiß, ob sie das Ergebnis meiner<br />
Fischöltherapie sind, o<strong>der</strong> nur Zufall bzw. eine Stabilisierung nach meinem Krankenh<strong>aus</strong>aufenthalt.<br />
Die totale Schwäche habe ich nicht mehr von vornherein, son<strong>der</strong>n nur nach einiger Zeit Arbeit.<br />
Das Brennen im Gehirn ist nur noch schwach, die Pickel auf <strong>der</strong> rechten Gesichtsseite sind<br />
kaum mehr zu sehen, mein Magen ist wie<strong>der</strong> in Ordnung, die Empfindlichkeit gegen die Milben<br />
nur noch ganz selten und sehr schwach. Die Leberschmerzen sind weg und ich kann gut schlafen.<br />
Die Therapie mache ich auch deshalb, weil mir eine Frau hier in Nippes diese empfohlen hat,<br />
mit <strong>der</strong> Bemerkung, daß sie chronisch-progredient belastet (200 m Gehstrecke) nach einem<br />
Monat wie<strong>der</strong> dem Bus nachrannte. Ich nehme jetzt seit 2 Monaten die Medizin, sehe aber an<br />
<strong>der</strong> Gangstrecke noch keine Besserung, nur bei den oben beschriebenen Symptomen. Ich gehe<br />
aber davon <strong>aus</strong>, daß bei mir die Krankheit schon lange <strong>zur</strong>ückliegt, bis zu <strong>der</strong> Hepatitis und<br />
vielleicht noch länger, daß <strong>der</strong> Heilungsprozeß entsprechend länger dauern muß. Es gibt aber<br />
diese Besserungen und sie sind hoffentlich Zeichen für eine gesamte Besserung.<br />
02.04.98 Das Wechselbad<br />
Gestern habe ich meinen Rentenbescheid bekommen. Endlich bin ich diese Sorge los. Ich<br />
kann ja nicht mehr seit einem Jahr beim Arbeitsamt auftauchen und mich arbeitssuchend melden.<br />
Nur mir größter Mühe konnte ich noch zum Arbeitsamt fahren und dann noch auf die Fragen<br />
<strong>der</strong> Sachbearbeiterin eingehen. Nur, indem ich mir ein Auto lieh, ging das noch. Ich hatte<br />
ständig Angst, daß ich den Anfor<strong>der</strong>ungen des Arbeitsamtes, auch plötzlich spontan dort auftauchen<br />
zu müssen, nicht mehr nachkommen konnte und damit mein Geld gestrichen wurde und<br />
meine Existenz gefährdet sei.<br />
Ich brauche mir also keine Sorgen mehr um das Geld machen. Schon meine ich, daß es auch<br />
nicht so schlimm sei, wenn die Krankheit so bliebe und nicht schlimmer wird. Für die eventuelle<br />
Genesung ist diese Einstellung sehr wichtig.<br />
Es ist wie<strong>der</strong> ein Hoch im Anmarsch und ich fühle mich vollkommen schlapp. O<strong>der</strong> ist diese<br />
Schlappheit ein Merkmal <strong>der</strong> grundsätzlichen Verschlechterung o<strong>der</strong> ein Merkmal, daß ich momentan<br />
wie<strong>der</strong> einen Kurvenhochpunkt einer tendenziell nach unten verlaufenden Kurve erlebe?<br />
Es ist sehr erdrückend, daß ich darüber - nach 2 Monaten Medizineinnahme - noch keine Gewißheit<br />
habe.<br />
Die Krankheit verläuft nicht linear, son<strong>der</strong>n in Kurven o<strong>der</strong> Sprüngen. Entsprechend sieht dies<br />
auch bei <strong>der</strong> Genesung <strong>aus</strong>. Grundsätzlich gibt es noch nach <strong>der</strong> Medikamenteneinnahme eine<br />
für 1-2 Monaten eine weitere Verschlechterung. Erst im dritten Monat verläuft die Tendenz <strong>der</strong><br />
Kurve nach unten, hat aber eben noch seine Kurvenhöhepunkte.<br />
Wahrscheinlich habe ich meine Krankheit schon sehr lange, so daß die Verschlechterung nach<br />
<strong>der</strong> Therapie bei mir noch länger verläuft. O<strong>der</strong> geht es mir von <strong>der</strong> gesamten Krankheit im<br />
Durchschnitt doch schon besser?<br />
Die Kurve von Dr. Fratzer zeigt sehr gut diesen Verlauf.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 15
Modell <strong>der</strong> Verlaufsform einer chronisch progredienten MS<br />
unter "neuer Therapie" 8<br />
Mein Schwindel und damit meine Konzentrationsschwäche haben wie<strong>der</strong> gegenüber vor 2<br />
Wochen zugenommen. Die Gangreichweite (morgends = 200m, nachmittags in Trippelschritten<br />
= 50m) ist gleich geblieben, also haben sich nicht verschlechtert.<br />
Ca. nachts ab 23 00 Uhr kann ich wie<strong>der</strong> besser laufen. Ich befürchte, daß sich die Uhrzeit, wo<br />
ich um 14 00 Uhr von dem guten Stadium zu dem schlechten überwechsle, auch nach vorne verschieben<br />
wird. Momentan ging es mir auch morgends schlechter. Liegt das an einem <strong>neuen</strong><br />
Kurvenhochpunkt o<strong>der</strong> am Wetter, an einer grundsätzlicheren Verschlechterung o<strong>der</strong> an dieser<br />
Fit-Schwäche-Zeitverschiebung?<br />
66<br />
8 88<br />
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16 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />
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d e r rr MM SS " "" ,, , MM üü nn c hh e nn 1 9 8 9 ,, , SS .. . 1 6 1
04.04.98<br />
Um 13 00 Uhr wie<strong>der</strong> gut um die Häuser gekommen, ohne mich einmal festzuhalten. Auch<br />
recht flink ging es und ich war daheim überhaupt nicht beson<strong>der</strong>s kaputt. Der Himmel ist verhangen,<br />
aber es regnet nicht.<br />
Ich meine auch, daß ich in <strong>der</strong> rechten Hand schon eine bessere Motorik habe und bereits besser<br />
schreiben kann. Das Kribbelgefühl hat sich im Handballen auf <strong>der</strong> linken Seite <strong>zur</strong>ückentwickelt.<br />
Heute nacht aber wie<strong>der</strong> überhaupt nicht geschlafen. Mein Stuhl war aber gut und weich.<br />
Ich fühle mich heute wohl.<br />
Nachmittags das große Zimmer aufgewischt, die Küche und den Flur. Danach war ich immer<br />
noch nicht geschlagen.<br />
Am Anfang <strong>der</strong> Therapie hatte ich noch das Gefühl, daß wenn ich körperlich arbeite, wie bei<br />
<strong>der</strong> Hepatitis, meine Krankheit zunehme. Deshalb tippte ich auch einmal auf eine Verschleppung<br />
<strong>der</strong> Hepatitis.<br />
Heute bin ich zwar ermattet. Ich habe aber im Gegenteil das Gefühl, daß eine Ermattung meinen<br />
Körper stärken wird.<br />
05.04.98<br />
Heute nacht habe ich wie<strong>der</strong> nicht geschlafen. Um 13 00 Uhr wie<strong>der</strong> gut um die Häuser gelaufen.<br />
Der Fuß fängt jetzt erst nach 100m an zu schleifen. Danach auf <strong>der</strong> Toilette mit weichem<br />
Stuhl.<br />
Ich meine, daß ich jetzt schon bis in den Park (300m) laufen könnte, dort <strong>aus</strong>ruhen und wie<strong>der</strong><br />
<strong>zur</strong>ück komme. Ich warte nur noch auf das gute Wetter, damit ich dort mich auch hinlegen o<strong>der</strong><br />
setzen kann.<br />
Ich habe von meiner Schwester Unterlagen einer Therapie von Dr. Kluge <strong>aus</strong> Halle zugeschickt<br />
bekommen. Eine MS-kranke Frau <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Verwandtschaft, die auch schon Schwindelgefühle<br />
hatte und kaum mehr ging, konnte nach vier Monaten wie<strong>der</strong> gehen. Wenn meine Therapie<br />
nichts helfen sollte, kann ich ja auf dieser <strong>zur</strong>ückgreifen.<br />
Die Diät ist fast die gleiche. Der Unterschied ist nur, daß Dr. Hebener schwarzes Brot und Dr.<br />
Kluge weißes Brot vorschlagen und Dr. Kluge den Verzehr von Nüssen empfiehlt und Dr. Hebener<br />
nicht. Es sind aber ganz an<strong>der</strong>e Ansätze. Dr. Fratzer und Dr. Hebener wollen die natürliche<br />
Linolzufuhr einschränken, da diese sich in die aggressive Arachidonsäure verwandelt, Dr.<br />
Kluge will »die Aminosäurezusammensetzung optimieren« 9 und die Amoniakzufuhr reduzieren.<br />
Aber auch wenn meine Medizin von Dr. Hebener bei mir nicht <strong>zur</strong> Rückbildung des klinischakuten<br />
Stadiums führt, so kann sie mein Voranschreiten zumindestens abbremsen. Vielleicht<br />
gibt es doch in <strong>der</strong> nächsten Zeit noch eine bedeutende Entwicklung <strong>zur</strong> MS-Heilung, denn<br />
»nicht zuletzt hat das kommerzielle Interesse <strong>der</strong> Pharmaindustrie in den letzten Jahren zu im-<br />
77<br />
9 99<br />
DD r .. . mme e dd RR a l ll f ff KKl ll uu g e ,, , UU hh l lla a nn dd s ss t ttr r .. . 6 ,, , HHa a l ll l lle e : :: " "" DD i iie e EE r rrn n ä h r rru u n g s ss p h ys yss<br />
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d e r rr MM u l ll t tt i iip p l lle e n<br />
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Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 17
mensen Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet <strong>der</strong> Multiplen <strong>Sklerose</strong> geführt und eine Fülle<br />
wertvoller Einzelbefunde hervorgebracht.« 10<br />
06.04.98 Schul- o<strong>der</strong> Naturmedizin?<br />
Meine Ärztin lehnte es ab, mir die Fischölkapseltherapie von Dr. Hebener zu verschreiben. Sie<br />
bezeichnete diese Therapie als nicht wissenschaftlich und bevorzugte, mich als Versuchskaninchen<br />
in eventuelle wissenschaftliche Studien hineinzubringen.<br />
Die traditionelle Schulmedizin hat mir keinerlei Medizin anzubieten. Auch, wenn die Fischölkapseltherapie<br />
nicht 80% <strong>der</strong> Patienten helfen sollte, wie Dr. Hebener schreibt, son<strong>der</strong>n nur 5%,<br />
wäre das schon mehr als die Traditionalisten anbieten. Es gibt keine interessanten Modelle.<br />
Trotzdem wird von den Traditionalisten die Fischölkapseltherapie und jede Diät abgelehnt.<br />
Geht es <strong>der</strong> Schulmedizin überhaupt noch darum, den Todkranken zu helfen, o<strong>der</strong> wollen sie<br />
mehr die Forschungen von Schering und Merck unterstützen? Nun muß ich meine Medizin für<br />
300,- DM im Monat weiter selber bezahlen, bis an mein Lebensende. Die Preise werden jetzt auf<br />
400,- DM erhöht.<br />
Die letzten Tage ging es mir nicht gut. Liegt das an <strong>der</strong> Wetterlage, o<strong>der</strong> was? Ich schwanke<br />
ständig zwischen Euphorie und Depression. Ich wünsche mir sehnlichst ein eindeutiges Zeichen<br />
für eine Besserung. Ich muß aber auch meinen <strong>der</strong>zeitigen Krüppel-Zustand akzeptieren. Nur<br />
mit einer Gelassenheit kann vielleicht eine Besserung eintreten.<br />
09.04.98<br />
Heute wie<strong>der</strong> gut um 11 00 Uhr um die Häuser gekommen. Mir geht es wie<strong>der</strong> besser. Die letzten<br />
Tage wechselte täglich das Wetter und dies zerriß mich förmlich. Ab heute scheint das Wetter<br />
stabil zu bleiben und entsprechend meine Tagesform - so hoffe ich, toi, toi, toi.<br />
Es macht mir wie<strong>der</strong> Spaß, zu schreiben. Die letzten Tage mußte ich ständig an meine Krankheit<br />
denken. Heute, wenn ich an an<strong>der</strong>en Dingen schreibe, kann ich die Krankheit total vergessen.<br />
Letzte Woche vergaß ich die Krankheit nur, wenn ich im Bett lag. Dann dachte ich, wenn<br />
ich jetzt r<strong>aus</strong>hüpfe, dann kann ich springen. Sobald ich aber einen Schritt r<strong>aus</strong> tat, fühlte ich die<br />
Erdanziehungskraft und meinen schweren, kranken Körper.<br />
Dadurch bin ich schon fast bettsüchtig geworden. Mein Aktionsradius bewegt sich dann nur<br />
zwischen Bett, Kühlschrank und Computer. Die Sehnsucht nach <strong>der</strong> Welt zwingt einem dann<br />
wie<strong>der</strong> ins Bett in <strong>der</strong> Hoffnung, den Ermattungszustand <strong>aus</strong>zukurieren.<br />
Immer wie<strong>der</strong> stoße ich auf die Unkenntnis über die MS, daß es normal ist, auf die Lähmung<br />
zuzusteuern. Für mich hieße das ein Pflegeheim, da ich keine Angehörigen habe. Die offizielle<br />
Schulmedizin bietet nichts an. Die einzige Hoffnung ist die Fischöltherapie. Davon hängt für<br />
mich alles ab. Was soll ich im Pflegeheim. Da bin ich nur ein Zombie, ein leben<strong>der</strong> Toter.<br />
17.04.98 Zähne r<strong>aus</strong><br />
Gestern wurden mir 3 Zähne gezogen. Das hat mich total <strong>zur</strong>ückgeworfen. Sie mußten aber<br />
unbedingt r<strong>aus</strong>. Ein Zahn hatte eine Amalgam-Füllung und zwei waren locker. Dr. Hebener<br />
schreibt nämlich, daß<br />
88<br />
1 11 0 00<br />
DD r .. . HHe e bb e nn e r : :: " "" FF u n d a mme en n t tte e d e r rr HH o f ff f ffn n u n g " "" ,, , SS .. . 5<br />
18 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
»Schwermetallvergiftungen [Amalgam] Schäden am Nervensystem verursachen können ...<br />
Unbedingt ist die Sanierung chronischer Beherdungen zu empfehlen. Damit wird regelmäßig<br />
ein wichtiger Beitrag <strong>zur</strong> Beruhigung <strong>der</strong> Krankheitssituation geleistet.« 11<br />
Ich habe die Zahnsanierung jedenfalls hinter mir. Jetzt geht es mir erst einmal schlecht.<br />
Ich kann kaum mehr gehen, auch nach 11 00 Uhr, zu <strong>der</strong> Zeit, wo es mir schon recht gut ging.<br />
Das Blöde ist, daß ich nicht genau weiß, ob das von <strong>der</strong> Zahnbehandlung kommt, da es mir<br />
schon ein Tag vor dem Gang zum Zahnarzt sehr schlecht ging.<br />
Am Tag <strong>der</strong> Zahnbehandlung war schönes Wetter, und ich nehme erst einmal an, daß dies anfangs<br />
also von meiner Wetterfühligkeit kommt und meine jetzige Schwäche eben von <strong>der</strong> Zahnbehandlung.<br />
Ich habe nur keine Gewißheit, wie schon immer.<br />
24.4.198<br />
Mir ging es immer schlechter, meine Zahnschmerzen nahmen von Tag zu Tag zu. Mir geht es<br />
wie<strong>der</strong> so schlecht wie nach dem Krankenh<strong>aus</strong> am Anfang des Jahres. Auch morgens kann ich<br />
nur noch 50m gehen. Aber erst mal haut es auch gesunde Menschen um, wenn sie 3 Zähne auf<br />
einmal gezogen bekommen. Dann weiß ich von einem, daß nach <strong>der</strong> Ziehung eines Amalgam-<br />
Zahnes er 2 Wochen schwächer war. Das freigesetzte Gift führt immer zu einer vorübergehenden<br />
Schwächung. Bei mir hatte das sicher auf meine Entzündung im Gehirn verschlechternd<br />
gewirkt.<br />
Schub<strong>aus</strong>lösende Faktoren sind »...zahnärztliche Behandlungsmaßnahmen. ... banale Zahnwuzelentzündung<br />
... Schwermetallvergiftungen (häufiger im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Entsorgung<br />
von Amalgam.« 12<br />
Übrigens auch: »Erschöpfungszustände nach intensiven körperlichen Belastungen.« 13 im Gegensatz<br />
zu dem, was die traditionellen Schulmediziner mir immer gesagt haben.<br />
Die Frage ist nur die, ob die jetzige für mich unnormale Schwäche in den 2 Wochen vorüber<br />
ist o<strong>der</strong> ob ich insgesamt <strong>zur</strong>ückgeworfen wurde, also wie<strong>der</strong> von vorne mit <strong>der</strong> Therapie anfangen<br />
muß?<br />
Ich kann schlechter gehen, aber an<strong>der</strong>erseits ist das Kribbelgefühl im rechten Daumenballen<br />
fast verschwunden. Wie immer ein wi<strong>der</strong>sprüchlicher Prozeß.<br />
26.4.98<br />
Super, super. Eben bin ich wie<strong>der</strong> meine 200m-Strecke gelaufen, nur mit einem mal festhalten.<br />
Also war die Verschlechterung doch nur vorübergehend. Ich fühle noch ein wenig Zahnschmerzen,<br />
ganz leise, trotzdem fühle ich mich bereits fit genug für die Gymnastik.<br />
99 1 11 1 11<br />
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1100 1 11 2 22<br />
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1111 1 11 3 33<br />
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Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 19
Meine Welt besteht nur noch <strong>aus</strong> den 43m 2 meiner Wohnung. Meine Sehnsucht, mehr von <strong>der</strong><br />
Welt zu sehen und mitzunehmen steigt immer stärker. Ich hoffe, daß ich jetzt wie<strong>der</strong> mehr von<br />
ihr erleben kann.<br />
Morgen muß ich zu einem Nachtermin in die Uniklinik, ob sie eventuell doch eine Antwort für<br />
mich in einem Forschungsprogramm hätten. Die Antwort könnte aber nur Chemie sein. Ich<br />
glaube, meine jetzige Therapie wird meine Krankheit lin<strong>der</strong>n, mir helfen. Ich habe keinerlei<br />
Vertrauen in Merck und Schering. Was soll ich da überhaupt?<br />
Aber ich muß da hin wegen meiner Ärztin. Damit ich sagen kann, daß die Traditionalisten überhaupt<br />
nichts haben und sie mich eventuell doch bei meiner jetzigen Diätmedizin unterstützt.<br />
17.5.98<br />
Ich lasse mir wie<strong>der</strong> die Haare etwas länger wachsen, ohne daß mir ständig <strong>der</strong> Kopf wie blöd<br />
juckt. Ich hatte nach meiner Lebererkrankung mit 27 Jahren New York besucht und dabei großes<br />
Kopfjucken bekommen.<br />
Seither mußte ich die Haare relativ kurz tragen, um das Kopfjucken zu vermeiden. Mit dem<br />
Abbau <strong>der</strong> Pickel in meinem Gesicht verschwindet aber auch scheinbar mein Kopfjucken und<br />
ich kann die Haare ruhig wie<strong>der</strong> etwas länger tragen.<br />
Dies könnte auch ein Hinweis darauf sein, daß die MS etwas mit meiner alten Hepatitis zu tun<br />
hatte.<br />
31.5.98<br />
Meinen Computer mußte ich neu einrichten. Daher ergab sich eine längere P<strong>aus</strong>e. Natürlich ist<br />
nichts bei <strong>der</strong> Univorstellung r<strong>aus</strong> gekommen. Aber meine Ärztin verschreibt mir trotzdem nicht<br />
die diätische Fischölkapsel-Medizin.<br />
Vor 7 Tagen war ich in Kalk, das bedeutet Bus, Tram, Bus und 50 Meter zum gehen. Danach<br />
war ich total kaputt und erlebe dadurch momentan wie<strong>der</strong> einen Schub. Noch am Mittwoch<br />
abend habe ich mich gefreut, weil ich nachts um 11 00 Uhr doch besser gehen konnte. Am nächsten<br />
Tag aber ging mir es doch sehr schlecht.<br />
Der Schwindel ist unerträglich und ich gehe schon am Morgen wie vorher am abend um 8 00<br />
Uhr. Das Brennen im Gehirn ist wie<strong>der</strong> schwach eingetreten. Ich kann nur hoffen, daß ich möglichst<br />
schnell wie<strong>der</strong> den Stand vom Mittwoch erreiche. Wenn überhaupt.<br />
Mein Zustand am Mittwoch Nacht signalisierten mir, daß ich doch wahrscheinlich eine Besserung<br />
erreichen kann. Ich war schon guten Mutes. Nun bin ich erst einmal wie<strong>der</strong> an die Wohnung<br />
gefesselt. Momentan kann ich kaum r<strong>aus</strong> und die 200 Meter gehen. 50 Meter sind schon<br />
am Morgen alles.<br />
Eben war ich zum Test kurz draußen gewesen und habe gesehen, daß ich doch ganz gut laufen<br />
kann, aber natürlich noch keine Ausdauer habe. Vielleicht kann ich ja doch bald wie<strong>der</strong> in einigen<br />
Tagen um die Häuser laufen und <strong>der</strong> unerträgliche Schwindel läßt wie<strong>der</strong> nach.<br />
Die Hoffnung ist noch das Einzige, was mich aufrecht hält.<br />
03.06.98<br />
Also, langsam sollte ich mich schon darauf einrichten, daß ich nicht wie<strong>der</strong> fit werde. Heute<br />
war ich beim Arzt, um mein Gymnastik-Rezept zu holen, und konnte kaum mehr <strong>zur</strong>ück fahren.<br />
20 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Ich mußte auf halber Strecke im Park auf <strong>der</strong> Bank <strong>aus</strong>ruhen, um es überhaupt noch <strong>zur</strong>ück zu<br />
schaffen. Und in <strong>der</strong> Gymnastik dann konnte ich mich kaum mehr bewegen.<br />
Ich habe jetzt die Fischöl-Therapie nicht nur seit einem Monat gemacht, wie die Frau hier in<br />
Nippes, nicht seit vier Monaten, wie die Frau <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Verwandtschaft in Halle, nicht seit vier bis<br />
sechs Monaten, wie die Frau Dr. Hebener mir am Telefon sagte, son<strong>der</strong>n seit fünf Monaten<br />
durchgeführt, ohne daß sich die kleinste Besserung gezeigt hätte.<br />
So schlecht wie heute konnte ich noch nie Rad fahren. Mein rechter Fuß fängt auch schon an,<br />
zu zittern, und es ist nur doch die Frage von einigen Monaten, daß ich überhaupt nicht mehr Rad<br />
fahren kann. Es ist nur eine Verschlechterung eingetreten.<br />
Ein kleine Hoffnung habe ich noch, weil - trotz des kleiner werdenden Radius - im entspannten<br />
Zustand eine Besserung in <strong>der</strong> Gangsauberkeit eingetreten ist.<br />
Vielleicht brauche ich <strong>zur</strong> Besserung nicht 4 - 6 Monate, son<strong>der</strong>n 1 o<strong>der</strong> 2 Jahre.<br />
Der Schwindel, <strong>der</strong> nach meinem Besuch in Kalk, den Höhepunkt erlebt habe, läßt auch wi<strong>der</strong><br />
leicht nach. Dennoch ist es für mich weiterhin sehr schwierig, mich zu konzentrieren und im<br />
Erschöpfungszustand Zusammenhänge schnell zu erfassen.<br />
Ich muß in Zukunft körperlich Anstrengung vermeiden. Ich denke schon, daß mein <strong>der</strong>zeitiger<br />
schlechter Zustand von <strong>der</strong> Fahrt nach Kalk und <strong>der</strong> Standarbeit am 1. Mai über 6 Stunden herrührt.<br />
Dr. Hebener weist darauf hin. In einem Verweis auf Rosner und Ross schreibt er, daß »körperliche<br />
Anstrengungen und Erschöpfung Schübe <strong>aus</strong>lösen können.« 14<br />
Auch am Anfang <strong>der</strong> Krankheit - ich dachte noch an an<strong>der</strong>e Krankheiten - dachte ich, daß sich<br />
nach Erschöpfungen und Anstrengungen ähnlich wie bei <strong>der</strong> Hepatitis, bei <strong>der</strong> ja meine MS leise<br />
zutage trat, mein Zustand verschlimmerte. Diese Beobachtung deckt sich mit meinen momentanen<br />
Erfahrungen.<br />
Ich muß also körperliche Überanstrengungen noch mehr meiden. Das ist aber ungeheuer<br />
schwierig, wenn man alleine lebt. Aber ich muß, denn ich will wie<strong>der</strong> fit werden, ich will nicht<br />
ins Pflegeheim.<br />
09.06.98<br />
Juhu, Super, gestern und heute kann ich mindestens wie<strong>der</strong> so gut gehen wie vor meinem Besuch<br />
in Kalk. Mehr noch, ich laufe sehr sauber. Heute habe ich am Computer gearbeitet und bin<br />
locker um die Häuser gelaufen mit nur einer P<strong>aus</strong>e von 1/4 Stunde.<br />
Um 16 00 Uhr lief ich noch um die Häuser ohne mich auch nur einmal festzuhalten.<br />
Ich glaube, ich werde wie<strong>der</strong> fit. Es ist das erste mal, daß ich für mich eine Besserung feststellen<br />
kann, die so stark ist, daß ich jetzt an eine grundsätzliche Genesung bei mir glaube.<br />
Noch kann ich diese Überlegung nicht Jedem erzählen, weil die meisten Menschen dar<strong>aus</strong> falsche<br />
Schlüsse ziehen, und zwar daß ich auf alle Fälle wie<strong>der</strong> gesund werden würde.<br />
1122 1 11 4 44<br />
EE bb dd a .. ,, . , SS .. . 1 2 1<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 21
Allein, daß ich schon länger arbeiten kann ohne mich ständig aufs Bett legen zu müssen, ist<br />
schon ein Riesen-Erfolg. Die ständige Erdanziehungskraft bildet nicht mehr ein Hin<strong>der</strong>nis zum<br />
normalen Leben.<br />
Ich freue mich schon auf den Tag, wo ich wie<strong>der</strong> in den Park gehen kann und die größere<br />
Kurve um die Häuser laufen werde.<br />
17.07.98<br />
Jetzt habe ich schon über einen Monat nichts mehr von mir hören lassen. Ich habe einen <strong>neuen</strong><br />
Computer gekauft und brauchte sehr lange, um ihn ein<strong>zur</strong>ichten.<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite gibt es auch keine Verän<strong>der</strong>ungen mehr und ich weiß nichts mehr zu berichten,<br />
außer, daß es immer gewisser wird, daß ich doch nicht mehr fit werde.<br />
Ich kann bei nahen Läden auch immer schwieriger einkaufen. Ich bekomme schon das Zittern<br />
in den Beinen, kurz nachdem ich mit dem Fahrrad losgefahren bin.<br />
Schon wenn ich <strong>aus</strong> dem Bett <strong>aus</strong>steige, muß ich mich gähnend langstrecken. Dieses Gefühl<br />
des Langstreckens <strong>der</strong> Beine während des Gähnens habe ich dann permanent. Mein Körper steht<br />
dann ständig unter Spannung, und ich kann nicht mehr locker gehen.<br />
Ich konnte doch schon zum Schluß zwischen 2 Uhr nachts und 2 Uhr mittag kurz relativ sauber<br />
gehen. Mit dem Zittern aber ist auch dies vorbei.<br />
19.07.98<br />
Heute geht es mir unendlich schlecht. Nicht nur das Gehen wird schwieriger, son<strong>der</strong>n auch die<br />
Schwäche nimmt zu, was viel maßgeblicher ist, weil mir dann je<strong>der</strong> Handgriff schwerfällt und<br />
wehtut.<br />
Ich habe wie<strong>der</strong> unendliche Panik vor <strong>der</strong> Gebrechlichkeit. Ich will nicht in ein Pflegeheim.<br />
Nun stört mich das Junggesellendasein ganz gewaltig. Aber jetzt ist es auch zu spät, um eine<br />
Frau für mich zu gewinnen. Dazu bin ich schon viel zu krank und reif für die Anstalt.<br />
Blödes Spastikerdasein, verfluchte Schwäche. Was soll ich in einer Anstalt. Dann ist es doch<br />
besser, rechtzeitig abzutreten. Aber ich habe doch noch so viele Aufgaben.<br />
Naja, vielleicht ist es doch nur das Wetter, daß es mir so schlecht geht. Morgen soll es 38-39º<br />
heiß werden.<br />
25.07.98<br />
In <strong>der</strong> Tat, es war das Wetter. Mir geht es schon wie<strong>der</strong> besser und ich fahre wie<strong>der</strong> zum Einkaufen<br />
mit dem Fahrrad. Bleibt nur die Frage, ob diese Wetterbelastung bei mir eine Verschlechterung<br />
hinterläßt o<strong>der</strong> ob es wie<strong>der</strong> so wird wie vor dem Wetterwechsel.<br />
Noch habe ich eine kleine Schwäche. Ich stehe nicht mehr solange ein Treffen bei mir wie vor<br />
2 Wochen durch.<br />
Nun habe ich dieses Tagebuch durchgeschaut und dabei festgestellt, daß es mir doch früher<br />
ganz schön dreckig ging und vielleicht doch eine Besserung eingetreten sein muß.<br />
Ich kann mindestens feststellen, daß folgende Punkte auf alle Fälle besser geworden sind:<br />
1. Die Empfindlichkeit gegen die H<strong>aus</strong>staubmilben ist verschwunden.<br />
22 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
2. Das Brennen im Gehirn ist weg.<br />
3. Meine Pickel im Gesicht sind weg.<br />
4. Der Magen hat sich beruhigt - die akute Gastritis ist weg.<br />
5. Der Schwindel läßt nach.<br />
6. In einem <strong>aus</strong>geruhten Zustand kann ich schon prima gehen und tanzen<br />
- aber nur ganz kurz.<br />
Ist das Nichts? Lei<strong>der</strong> hat sich gestern in <strong>der</strong> <strong>aus</strong>wärtigen Gymnastik, nachdem ich im Liegen<br />
gearbeitet hatte und mich aufrecht hingesessen hatte, ein rasen<strong>der</strong> Kopfschmerz eingestellt. Die<br />
Lehrerin legte mir aber einen Eisbeutel um die Schulter und dann gingen sie schnell wie<strong>der</strong><br />
<strong>zur</strong>ück. Hoffentlich stellt sich in <strong>der</strong> Zukunft nicht immer dieser Kopfschmerz ein.<br />
29.07.98<br />
Cool - Nachdem es mir gestern wie<strong>der</strong> verdammt schlecht ging, fühl ich mich heute voll fit. In<br />
<strong>der</strong> Gymnastik um 11 Uhr hüpfte ich ganz lange - vielleicht 5 Minuten - auf dem Trampolin.<br />
Meine Krankengymnastin - sie war 4 Wochen in Urlaub - meinte, daß ich schon viel <strong>aus</strong>dauern<strong>der</strong><br />
als vor dem Urlaub bin. Und auch nach dem Trampolin zeigte ich eine große Ausdauer.<br />
Wir wollen dies über einen längeren Zeitraum beobachten, ob sich diese Beobachtung bewahrheitet.<br />
Schließlich könnte es ja auf eine ganz beson<strong>der</strong>s gute Tagesform <strong>zur</strong>ückzuführen<br />
sein. Aber es geschieht jedenfalls etwas.<br />
330.<br />
.07. .98<br />
Heute früh kam ich sauber und ziemlich zügig um die Häuser. Wenn das Wetter schön ist,<br />
werde ich zu Fuß bis in den Park gehen. Danach aber fuhr ich mit dem Fahrrad zum Markt und<br />
konnte da kaum mehr gehen. War ich schon zu kaputt vom Spazieren gehen? Es ist ganz schön<br />
wi<strong>der</strong>sprüchlich, mein Krankheitsverlauf, egal, ob positiv o<strong>der</strong> negativ.<br />
Ich saß dann 15 Minuten im Café und konnte danach trotzdem ich mich <strong>aus</strong>geruht hatte kaum<br />
mehr heim fahren. Werde ich bald nicht mehr Fahrrad fahren können? Ich weiß nicht, was mit<br />
mir los ist.<br />
001.<br />
.08. .98 Beet taafforron<br />
Die Zeiten haben sich wie<strong>der</strong> verschoben, aber diesmal zum Nachteil. Die Zeit, wo ich mich<br />
schlecht fühlte hat sich <strong>aus</strong>gedehnt. Bisher konnte ich zwischen 14 00 Mittag und 23 00 Nachts nur<br />
Trippelschritte laufen. Jetzt hat sich dieser Zeitraum von 11 00 Früh bis 2 00 Nachts erweitert.<br />
Vielleicht liegt das noch an dem Stress von dem Wetterwechsel. Gestern beim Sitzen habe ich<br />
auch festgestellt, daß es mir inzwischen auch nach einer Zeit <strong>der</strong> Belastung schwerfällt, beim<br />
Sitzen den Kopf aufrecht zu halten. Die Kraft in im Hals läßt auch nach.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 23
Eben bin ich um 11 30 Uhr um die Häuser gelaufen und das ging schon prima. Ich habe mich<br />
kein einziges Mal festgehalten und konnte bis zum Schluß stramm gehen. Danach habe ich mich<br />
sofort an den Computer gesetzt und gehe jetzt noch einmal vor das H<strong>aus</strong>, um junges Efeu, das<br />
frei hängt, anzukleben. Na, ist das nicht super? Bald gehe ich zu Fuß bis in den Park <strong>zur</strong> ersten<br />
Bank.<br />
Eine Freundin <strong>aus</strong> Frankfurt hat mir heute den Zeitungsartikel <strong>der</strong> Frankfurter Rundschau geschickt,<br />
in <strong>der</strong> Hoffnung, mir würde diese Nachricht Hoffnung geben. Nur ist die Nachricht das<br />
übliche <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Chemieindustrie. Anstatt mit 60 bist du mit 60¾ gelähmt und kriegst dazu noch<br />
10 an<strong>der</strong>e Krankheiten. Das ist das Ergebnis von <strong>der</strong> Arbeit aller weltweiten Forscher im Dienste<br />
des Chemiekapitals.<br />
Wenn man sich vergegenwärtigt, daß auch dieses wenig wirksame Medikament nur das zufällige<br />
Abfallergebnis einer an<strong>der</strong>en Forschung ist, weiß man, was man als MS-Kranker auch in<br />
Zukunft von <strong>der</strong> traditionellen Schulmedizin zu erwarten hat. Nicht viel.<br />
24 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
08.08.98<br />
Gestern gab es wie<strong>der</strong> eine Bullenhitze und ich konnten nur den ganzen Tag flach liegen. Heute<br />
haben wir auch eine Bullenhitze, aber gegen Mittag ging es mir schon ganz gut. Ich hatte mir<br />
sogar vorgenommen, die Hecken vor dem H<strong>aus</strong> zu schneiden - natürlich mit P<strong>aus</strong>en.<br />
Ab 16 00 Uhr ging es mir wie<strong>der</strong> schlecht, so daß ich nur Trippelschritte laufen konnte. Jetzt,<br />
um 21 00 Uhr kann ich wie<strong>der</strong> besser laufen, ich lasse aber meine rechte Hand beim Schreiben auf<br />
<strong>der</strong> Tastatur liegen. Das schwankende Wetter macht mich fertig. Hoffentlich bleibt es jetzt stabil.<br />
Mein Freund hat mir das Bett gebaut. Er schraubt für mich alles, was ich nicht mehr fertig<br />
bringe. Was ein Glück, daß er das noch macht. Er kauft mir auch ein. Hoffentlich noch lange.<br />
Ich gebe ihm dafür meine Gedanken, die von <strong>der</strong> Erfahrung des Lebens herrühren. So lange<br />
ich noch denken kann, werde ich mit <strong>der</strong> Krankheit also umgehen können. Wenn ich aber erschöpft<br />
bin, wird das Denken langsamer und das Sprechen fällt mir schwer. Wenn ich nicht<br />
mehr sprechen kann, was ist dann. Dann besteht das Leben nur noch <strong>aus</strong> TV schauen. Hoffentlich<br />
gibt es dann nicht nur blöde Seifen-Opern. Na ja, ich kann ja noch Computer lesen, den<br />
brauch ich nicht so hoch halten wie ein Buch.<br />
Aber neulich habe ich ja schon nachts, wo es mir gut ging, um 4 00 Uhr getanzt, also ohne die<br />
Füße groß zu heben. Ich will wie<strong>der</strong> tanzen und wan<strong>der</strong>n, Radfahrtouren unternehmen, zum<br />
Rhein fahren, auf Demos gehen, in Restaurant mich treffen. Besteht meine Zukunft nur <strong>aus</strong> lesen<br />
und TV?<br />
Ah, ich muß meine Tabletten nehmen, meine letzte Hoffnung.<br />
Meine tägliche Diätliste:<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 25
Lebensmittel G Li- Su Linol Fe Su Fett<br />
Roggenbrot<br />
ra<br />
mm<br />
5<br />
nol<br />
-<br />
mme<br />
Li<br />
-<br />
kum.<br />
0<br />
tt<br />
1<br />
mme<br />
F t<br />
0,5<br />
kum.<br />
0,5<br />
Magerquark 3 35 10, 10,5 0, 9 9,5<br />
Käse 20% Fett 2 300 75 85,5 1 3 12,5<br />
5<br />
2<br />
Corned Beef 2 240 48 133,5 6 1,2 13,7<br />
Butter 3 1.8 54 187,5 3<br />
Müsli - 5 Löffel 8<br />
00<br />
348 30 487,5<br />
9<br />
0,<br />
Joghurt<br />
0<br />
3 2,6<br />
0<br />
7,8 495,3<br />
7<br />
0,<br />
Kartoffeln (1= 100<br />
00<br />
30 495,3<br />
1<br />
0,<br />
gr )<br />
Seelachs (1<br />
9 495,3<br />
1<br />
0,<br />
P 400gr )<br />
Huhn 370 495,3<br />
8<br />
3,<br />
1<br />
Tomate 4 95 38 875,3 0,<br />
00<br />
0<br />
2<br />
Möhre 8 0,5 0,4 875,7 0,<br />
0<br />
2<br />
Birne 1 110 11 985,7 0,<br />
00<br />
0<br />
4<br />
Mandarine 1 45 45 1.030, 0,<br />
00<br />
7 2<br />
Apfel 1 100 12 1.150, 0,<br />
20<br />
0 7 6<br />
Banane 1 35 42 1.192,<br />
20<br />
7<br />
Summe 1.192,<br />
7<br />
Deerr<br />
Rol ll lsst tuhll<br />
26 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />
1,2 14,9<br />
0,6 15,5<br />
0,3 15,8<br />
15,8<br />
15,8<br />
15,8<br />
0,8 16,6<br />
1,6 18,2<br />
0,4 18,6<br />
0,2 18,8<br />
0,6 19,4<br />
0,2 19,6<br />
19,6
10. August 1999<br />
Im Oktober 1998 bekam ich plötzlich ich eine Erkältung. Ich konnte kein Fahrrad mehr fahren<br />
und nur noch 10m gehen. Seither kommt meine Gymnastiklehrerin zu mir nach H<strong>aus</strong>e. Das<br />
Schreiben fällt mir sehr schwer.<br />
Die Erkältung führte zu ständigen <strong>neuen</strong> Schüben. Ich rief Dr. Hebener an, <strong>der</strong> mir Vitamin C,<br />
Aspirin und eine Spritze empfahl. Aber auch das half nur vorübergehend. Zum Schluß, d.h. im<br />
Juli 99 stand dann doch <strong>der</strong> Rollstuhl da. Es ging nur noch abwärts mit mir, wozu solle ich da<br />
noch schreiben?<br />
Nun meldete ich mich in <strong>der</strong> Evers-Klinik in Sun<strong>der</strong>n an. Also, ein neuer Versuch. Als erstes<br />
wurde mir Blut abgenommen und festgestellt, daß ich Kalium-Mangel habe. Da hilft Kalinor.<br />
Nach 10 Tabletten war die Erkältungsanfälligkeit weg. Warum hat meine Neurologin mir kein<br />
Blut abgenommen? Dann hätte ich mir die ganzen Schübe sparen können.<br />
Bei Evers wurden mir Vitamine von Dr. Rath empfohlen. Die Evers-Leute sagen, daß sie mit<br />
Hebener darin einig sind, daß die Arachidonsäure das entzündungsför<strong>der</strong>nde Mittel sei. Linolsäure<br />
wird aber nach ihnen nicht in Arachidonsäure umgewandelt. Vielmehr sind nur die Lebensmittel<br />
mit einem direkten hohen Arachidonsäureanteil gefährlich, und die ist in allen<br />
Fleischsorten. Dr. Evers schreibt zu seiner Theorie folgendes (Auszug <strong>aus</strong> seinem Buch):<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 27
Klinik Dr. Evers Fachkrankenh<strong>aus</strong> für Multiple <strong>Sklerose</strong> u. an<strong>der</strong>e<br />
Nerven- u. Stoffwechselleiden<br />
59846 Sun<strong>der</strong>n, Sauerland<br />
Dr. med. Joseph Evers:<br />
Die Heilung <strong>der</strong> Stoffwechselkrankheiten durch die Evers-Diät als Beweis für die Richtigkeit<br />
dieser Therapie.<br />
In 45jähriger Tätigkeit als Arzt habe ich immer wie<strong>der</strong> feststellen können, daß durch Umstellung<br />
unserer Ernährung in mehr natürlichere Formen und durch weise Einschränkung<br />
unserer Genußmittel sämtliche Stoffwechselkrankheiten zu bessern bzw. zu heilen sind. Das<br />
ist ja auch eigentlich selbstverständlich. Denn wenn die Ursache einer Krankheit - hier die<br />
falsche Ernährung - beseitigt wird, dann muß <strong>der</strong> Körper von sich <strong>aus</strong> die Krankheit bessern<br />
bzw. wenn <strong>der</strong> Zerstörungsprozeß noch nicht zu weit vorangeschritten ist, die Krankheit heilen.<br />
Selbst Krankheiten, die bisher als "unheilbar" galten, konnten auf diese Art und Weise<br />
geheilt werden 15 . Man sollte an solchen Tatsachen doch nicht mit einer leichten Handbewegung<br />
vorübergehen und echte Heilungen, die viele Jahre <strong>zur</strong>ückliegen, mit dem Bemerken<br />
"Remission" o<strong>der</strong> "Fehldiagnose" abtun 16 .<br />
»Die klinische Prüfung ist ja nur eine, allerdings die letzte und entscheidende Kontrolle<br />
über Wert und Unwert eines jeden Heilmittels... Demnach ist <strong>der</strong> Heilerfolg das entscheidende<br />
Kriterium für die Bewertung eines Heilmittels« 17 .<br />
Jores 18 schreibt in seinem lesenswerten Buche "Die Medizin in <strong>der</strong> Krise unserer Zeit":<br />
»Der Maßstab, und zwar <strong>der</strong> einzige, <strong>der</strong> wirklich Gültigkeit hat für die Richtigkeit einer Medizin,<br />
ist <strong>der</strong> therapeutische Erfolg! Alle Medizin ist dazu da, kranke Menschen gesund zu machen.<br />
Alle medizinische Forschung hat letzten Endes einzig und allein dieses Ziel.«<br />
In den letzten 27 Jahren kamen praktisch nur Patienten in meine Praxis, die an Krankheiten<br />
litten, die gemeinhin als "unheilbar" galten. Ich gebe hier meine Erfahrungen betreffs Erfolge<br />
bzw. Mißerfolge nur bei denjenigen Krankheiten wie<strong>der</strong>, die ich selbst mit Evers-Diät<br />
behandelt habe. An ihrer Spitze steht die Multiple <strong>Sklerose</strong>, eine schwere Erkrankung des<br />
Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark), die den Menschen in <strong>der</strong> Blüte seines Lebens<br />
zwischen 20 und 40 Jahren befällt und ihn einem jahrelangen Siechtum entgegenführen<br />
kann.<br />
Die erste Multiple-<strong>Sklerose</strong>-Patientin kam 1940 in meine Behandlung. Sie war zwei Jahre<br />
krank gewesen, davon fünf Monate an Armen und Beinen gelähmt, so daß sie bettlägerig<br />
13Evers: Meine Therapie <strong>der</strong> multiplen <strong>Sklerose</strong>. Monatskurse für ärztl. Fortbildung vom 15. Okt. 1954<br />
14 16 Schuppien: Die Evers-Diät. Theorie und Praxis einer diätetischen Therapie <strong>der</strong> multiplen <strong>Sklerose</strong> und an<strong>der</strong>en<br />
Erkrankungen des Menschen. Stuttgart 1955, Hippokrates-Verlag<br />
15 17 Kanzow: Klinische Therapie-Prüfung. Ärztl. Mitt. vom 30.4.1960<br />
16 18 Jores: Die), Seite 67-69 Anmerkung: Das Buch ist vergriffen und wird nicht neu aufgelegt. Es Medizin in <strong>der</strong><br />
Krise unserer Zeit. Bern und Stuttgart 1961, Verlag Hans Huber<br />
17Dr. med. Joseph Evers: Warum Evers-Diät? Heidelberg: Karl F. Haug Verlag, 1989 (11. Auflagist aber in<br />
vielen Stadtbüchereien zu leihen.<br />
28 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
war und gefüttert werden mußte. Dabei war sie fast erblindet. Sie wurde gesund und ist heute<br />
(27 Jahre später) voll arbeitsfähig, trotzdem sie inzwischen drei Kin<strong>der</strong>n das Leben<br />
schenkte und jedes Kind fast ein Jahr lang gestillt hat. Der Erfolg sprach sich schnell herum<br />
und ein Patient nach dem an<strong>der</strong>en kam in meine Praxis. Bis heute (Sommer 1967) gingen<br />
über 12.000 Multiple-<strong>Sklerose</strong>-Patienten durch meine Praxis, wovon über 8.000 meine Diät-<br />
Kur durchschnittlich jahrelang unter meiner Aufsicht durchführten. Diese Zahl ist sehr groß,<br />
wenn man bedenkt, daß ich als Landarzt in seinem Leben einen, zwei o<strong>der</strong> höchstens drei<br />
Multiple-<strong>Sklerose</strong>-Patienten sehen würde. Der Weg dieser Patienten geht gewöhnlich vom<br />
H<strong>aus</strong>arzt über den Facharzt, die Klinik, zu mir. Mein Krankengut ist also ein verhältnismäßig<br />
schweres, das meistens jahrelang in ärztlicher Behandlung steht und bei dem die Diagnose<br />
durch fachärztliche Untersuchung fast immer gestellt ist.<br />
Noch nicht ein einziger Multiple-<strong>Sklerose</strong>-Patient auf <strong>der</strong> ganzen Welt ist durch irgendein<br />
Mittel für dauernd geheilt worden, abgesehen durch meine Diät-Kur.<br />
Heute kann ich auf Grund eines riesigen Krankengutes folgendes sagen:<br />
Wenn bald nach <strong>der</strong> ersten Feststellung einer multiplen <strong>Sklerose</strong> meine Diät-Therapie angewandt<br />
wird, dann kann man mit einer Heilung in fast allen Fällen rechnen. Es gibt einige<br />
wenige foudroyant verlaufende Erkrankungen, bei denen die Patienten bereits im ersten Jahre<br />
zugrunde gehen. Ihre Zahl dürfte aber 5% nicht überschreiten. Diese Fälle sprechen auch<br />
auf meine Diät-Therapie nicht an.<br />
Ist das Leiden weiter fortgeschritten, sinken natürlich die Erfolgs<strong>aus</strong>sichten. Wenn das<br />
Zentral-Nervensystem im Verlaufe <strong>der</strong> Jahre sklerosiert, also leblos ist, gibt es natürlich<br />
keine Heilung mehr. Man sollte aber nicht so leicht die Flinte ins Korn werfen. Kam doch<br />
erst kürzlich (Frühjahr 1967) ein Multiple-<strong>Sklerose</strong>-Patient, L. K. <strong>aus</strong> A., geboren am<br />
25.4.1908, zu mir in die Sprechstunde, <strong>der</strong> seit 1940 an multipler <strong>Sklerose</strong> erkrankt war. Die<br />
Diagnose "Multiple <strong>Sklerose</strong>" wurde in <strong>der</strong> Universitäts-Nervenklinik X 1940 und 1943 gestellt.<br />
Keine Therapie hatte Erfolg. Ab 1946 fuhr er im Rollstuhl. Im Frühjahr 1964 kam er<br />
zu mir in ärztliche Behandlung. Er führte streng die Diät-Kur durch und stellte sich halbjährlich<br />
in meiner Praxis vor. Ganz langsam besserte sich sein Zustand. Heute (März 1967) geht<br />
er nach dreijähriger Kur im Zimmer frei (ohne Stock) spazieren, nachdem er sich 20 Jahre<br />
lang nur im Rollstuhl fortbewegen konnte. Natürlich sind solche Fälle auch bei uns eine<br />
große Ausnahme. Aber sie zeigen doch, daß das Zentralnervensystem, wenn es noch nicht<br />
sklerosiert ist, trotz langer Krankheitsdauer sich noch regenerieren kann. Man soll also nicht<br />
so schnell verzagen.<br />
Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) vertritt im Gegensatz zu <strong>der</strong> traditionellen<br />
Schulmedizin die Haltung, daß MS-Kranke ihre Lebensqualität durch fettarme Ernährung<br />
verbessern können (Neue Westfälische 6.8.199):<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 29
Also, ab jetzt nur noch Rohkost vom Bioladen. Wenn ich dadurch wie<strong>der</strong> fit werde, nimmt<br />
man das gerne in Kauf. Ich habe früher zu viel Plastik gegessen, nun muß ich eben dafür büßen.<br />
11. August 1999<br />
Zusätzlich zu <strong>der</strong> Rohkost wird mir von Herrn Dr. Mir, dem Chefarzt, und Frau Dr. Stiedl, <strong>der</strong><br />
Patientenärztin Vitamine eines Dr. Rath <strong>aus</strong> Chemnitz empfohlen, dadurch wird das Umfeld <strong>der</strong><br />
MS stabilisiert, also gegen Erkältung und meinen Allgemeinzustand. Somit kann <strong>der</strong> klinische<br />
Zustand <strong>der</strong> MS besser <strong>zur</strong>ückgedrängt werden.<br />
Die Vitamine kostet 200,- DM. Vom Hebener nehme ich nur noch die Fischölkapseln, da die<br />
an<strong>der</strong>en Vitamine bei dem Rath-Mitteln enthalten sind. Die Fischölkapseln kaufe ich jetzt von<br />
30 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Amerika. Sie kosten dort nur ein Zehntel, nämlich 37,- für 3 Monate, also 13,- DM. Dann zahle<br />
ich statt jetzt 400,- DM nur 200,- plus 13,- gleich 213,- DM. Dann habe ich genug Geld eingespart<br />
für den Bioladen, welches <strong>der</strong> teurer wird.<br />
13. August 1999<br />
Wegen meines schlechten Schlafes wurde heute ein Schlafdiagramm erstellt. Ich habe mich<br />
mit Elekteroden auf dem Gehirn ins Bett gelegt:<br />
Es zeigt, daß ich 25 mal aufwache. Daher habe ich das Gefühl. daß ich überhaupt nicht schlafe,<br />
aber in <strong>der</strong> Tat schlafe ich 6 Stunden. Durch das Aufwachen alleine bin ich aber ganz schön<br />
geschlaucht. Schlaftabletten helfen nichts, also muß ich das Fernsehen einstellen, die einzige<br />
Möglichkeit, wie ich noch hintereinan<strong>der</strong> schlafen kann.<br />
Meines Erachtens rührt die Schlaflosigkeit von <strong>der</strong> Spastik. Ich habe das Gefühl, daß ich oft<br />
unter Spannung stehe, wie wenn man sich beim Gähnen streckt. Dabei kann man natürlich nicht<br />
schlafen. Ich muß auf alle Fälle tagsüber aktiver sein. Dazu muß aber die verdammte Erkältung<br />
weggehen. Vielleicht gelingt mir das jetzt mit <strong>der</strong> Vitamine.<br />
15. August 1999<br />
Jetzt nehme ich die Vitamine schon 10 Tage. Am ersten Tag war mir übel und ich war sehr<br />
schwach, am zweiten Tag nur noch schwach und am 3. Tag ging es mir super. Ich denke, daß ich<br />
weniger Kraft als vorher habe, das muß ich beobachten, auf alle Fälle hat sich mein Allgemeinzustand<br />
verbessert.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 31
Zur Zeit kann ich kaum mehr die Fingernägel schneiden und mich nicht mehr im Stehen rasieren.<br />
Die Leute hier in <strong>der</strong> Evers-Klinik sind sehr nett. Das Personal ist sehr liebevoll und die Patienten<br />
reden sich alle mit Du an. Es ist wie in einer Familie. Ich will hier 2 mal im Jahr eine Kur<br />
machen. Das hilft mit bestimmt sehr viel, die gute Rohkost und die Entspannung. Hoffentlich<br />
zahlt mir das die Krankenkasse.<br />
Hier laufen viele rum, die früher sehr schlimme MS hatten. Sie lagen nur noch auf dem Bett<br />
und können jetzt schon gut laufen. Die Schwester Margarethe hatte nach <strong>der</strong> totalen Lähmung in<br />
den 60er Jahren sogar eine Ausbildung gemacht, da kann man also nicht mehr von einer kurzfristigen<br />
Remission sprechen. Der Werner konnte nicht mehr schreiben und läuft jetzt schon<br />
prima rum. Ich muß ihn noch mal interviewen über seinen früheren Zustand.<br />
Also, <strong>der</strong> Werner nahm schon die Evers-Diät und sein Zustand verschlechterte sich dennoch 7<br />
Jahre lang. Er konnte nur noch lallen, er wurde die Treppe hoch getragen, seine Hände waren<br />
nur noch F<strong>aus</strong>tklumpen usw. Heute ist er immer lustig, geht gut am Rollator, spielt Karten und<br />
hilft viel seinem Freund Otto. Man kann also sagen, daß es auch nach <strong>der</strong> Diät noch weiter abwärts<br />
gehen kann. Trotzdem darf man nicht aufgeben und es kann auch dann wie<strong>der</strong> aufwärts<br />
gehen. Noch dazu esse ich jetzt die Vitamine und die Fischölkapseln, da müßte doch was dr<strong>aus</strong><br />
werden.<br />
Abends um 9. 30 Uhr kann ich schon wie<strong>der</strong> prima tanzen, obwohl mir tagsüber noch alles sehr<br />
schwer fiel. Das Wetter wird auch besser. Vielleicht wird es auch mit meinem Schwindel besser.<br />
19. August 1999<br />
Gestern hatte ich wie<strong>der</strong> eine leichte Erkältung gehabt. Nach <strong>der</strong> Massage war mir ganz<br />
schwindlig. Heute ist die Sache aber bereits überstanden. Vielleicht war das nur ein kleiner<br />
Nachzügler.<br />
Ich habe mich entschieden, im Dezember und in den nächsten Sommerferien wie<strong>der</strong>zukommen.<br />
Dann ist wenig bei uns in Köln los. Die Sozialarbeiterin, Frau Dahlmann, hat für mich<br />
Pflegestufe 2 und eine Erhöhung des Schwerbehin<strong>der</strong>ten<strong>aus</strong>weises beantragt.<br />
Mir gefällt es hier prima. Nicht nur das Essen, son<strong>der</strong>n auch das Personal und <strong>der</strong> Umgang<br />
<strong>der</strong> Patienten untereinan<strong>der</strong>. Ich werde in den Patientenverein eintreten, nicht, damit <strong>der</strong> mehr<br />
Geld hat - das sind nur 25 Mark im Jahr, also Peanuts - son<strong>der</strong>n weil dann mehr Patienten hinter<br />
dem Krankenh<strong>aus</strong> stehen und somit das nicht so schnell geschlossen wird.<br />
Überhaupt habe ich hier ein neues Verhähltnis zu mir selber bekommen. Im Krankenh<strong>aus</strong> hat<br />
man eine Situation, wo man außer den Anwendungen keinerlei Aufgaben hat. Der Alltag zuh<strong>aus</strong>e<br />
dagegen ist von zweckgerichteten Aufgaben bestimmt. Das führt dazu, daß man den Menschen<br />
unter <strong>der</strong> Erfüllung dieses Zweckes begegnet, also, daß die Menschen <strong>der</strong> Erfüllung dienlich<br />
sind o<strong>der</strong> nicht. Im Krankenh<strong>aus</strong> begegnet man aber dem Menschen ohne Leistungsgedanken,<br />
ganz spontan. Wenn dann noch, wie hier in <strong>der</strong> Eversklinik die liebevolle Betreuung des<br />
Personals und <strong>der</strong> lockere Umgang <strong>der</strong> Patienten hinzukommt, ist das schon sehr angenehm.<br />
23. August 1999<br />
Am Freitag hat es geklappt, daß ich aufs Pferd kam. Ich bin angenehm überrascht. Ich habe<br />
schon immer an <strong>der</strong> linken Leiste Schmerzen. Es ist noch kein Leistenbruch, son<strong>der</strong>n davor<br />
irgend etwas. Das Pferd hat meine Schmerzen vielleicht über meine Verkrampfungen bemerkt<br />
32 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
und lief langsamer, so, daß die Schmerzen aufhörten. Nachdem die Trainerin dem Pferd den<br />
Befehl gab, schneller zu laufen, lief es zwar schneller, als aber die Schmerzen bei mir wie<strong>der</strong><br />
auftraten, lief es sofort wie<strong>der</strong> langsamer und verweigerte sofort jeden Befehl, schneller zu laufen,<br />
mit lauten Schnauben.<br />
Ich war auch nach 20 Minuten Reiten und Rücken gerade machen, was ich auch erst nicht<br />
glaubte schaffen zu können, überhaupt nicht erschöpft. Nach dem Reiten war <strong>der</strong> Schwindel weg<br />
und ich konnte auch besser laufen. Dies war natürlich nicht nachhaltig. Lei<strong>der</strong> habe ich nur 2<br />
mal Hipporeiten während meines Aufenthaltes hier.<br />
Der Johannes und mein Nachbar, <strong>der</strong> Frank haben mir erzählt, daß sie entgiftet wurden. Dies<br />
war eine notwendige Maßnahme, bevor überhaupt jede Therapie durchschlägt. Frank hatte nach<br />
<strong>der</strong> Amalgam-Entsorgung seine starke Athaxie. Aber ihm wurden die Plomben entfernt und<br />
dabei das Quecksilber freigesetzt (Mir wurden die ganzen Zähne gezogen). Er bekommt, nachdem<br />
Tests auf Vergiftung bei ihm durchgeführt wurden, ein halbes Jahr lang jeden Tag 15 Stück<br />
(Die ersten 7 Tage = 30 Stück) Bioreurella <strong>aus</strong> Algen (300 Stück = 52,-). Hierbei wird aber das<br />
Quecksilber im Gehirn nur abgekapselt, nicht entsorgt, nur im Körper. Johannes meint, daß ein<br />
Dr. Jochem in Neunkirchen/Saar auch das Gehirn entsorgen würde. Dies sind aber 8 Medikamente,<br />
also dort anrufen. Ein verstärken<strong>der</strong> Faktor <strong>der</strong> MS ist ja die chemische Vergiftung. Als<br />
ich in Köln in <strong>der</strong> Uniklinik lag, hatte mein Nachbar mir erzählt, daß sein ersten Symptome<br />
auftraten, als er seinen Weinberg in Griechenland einspritzte. Auch <strong>der</strong> Johannes wohnt im Saarland<br />
bei Weinbergen, die mit dem Flugzeug gespritz werden. Ich selber vermutete ja auch erst<br />
eine Vergiftung durch die Spanplatte im Bett mit Formaldehyd. Ich muß heute meine Ärztin<br />
interviewen, was sie vom Entgiften denkt.<br />
Frau Dr. Stiedl meinte, daß die Patienten, die sich homöopathisch entgiftet haben, sich danach<br />
besser fühlten. Sie selber habe aber kein Fachwissen darüber. Vielleicht sollte hier im MS-<br />
Krankenh<strong>aus</strong> eine Entgiftung mit angeboten werden, wenn das positiv für die MS-Patienten ist..<br />
24. August 1999<br />
Heute in <strong>der</strong> Ergo-Therapie konnte ich schon ohne Probleme die Spielfiguren versetzen. Vielleicht<br />
ist das Gehen etwas schwieriger, aber mein Gesamtzustand bessert sich. Ich habe auch<br />
heute wenig Schwindel. Aber das Wetter ist auch sehr schön. Auch das Schreiben fällt mir<br />
leichter.<br />
28. August 1999<br />
Seit gestern fällt mir aber wie<strong>der</strong> alles schwer. Ist das <strong>der</strong> Wetterumschwung? Das Zittern<br />
nimmt zu. Ich kann nicht lange auf dem Stuhl sitzen.<br />
Tony <strong>aus</strong> Eschweiler gibt noch einen an<strong>der</strong>en Tip zum Entgiften. Mit einem Eßlöffel kaltgepreßtem<br />
Sonnenblumenöl 5 Minuten lang den Mund <strong>aus</strong>spülen. Dann wird Speichel entwickelt,<br />
<strong>der</strong> das Gift <strong>aus</strong> dem Körper zieht. Dann wird das Öl hochgiftig und nach 5 Minuten <strong>aus</strong>spucken.<br />
Das etwa ein halbes Jahr lang durchführen. Ich denke, ich werde diese Methode durchführen.<br />
Sie ist letztlich noch viel billiger.<br />
2. September 1999<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 33
Wie<strong>der</strong> Zuh<strong>aus</strong>e. Mein Allgemeinzustand ist viel stabiler. Ich kann länger an einem Stück arbeiten,<br />
vielleicht 3 Stunden. Das Gehen und die Kraft in den Händen ist erst mal nicht an<strong>der</strong>s.<br />
Ich muß dies mal genauer beobachten.<br />
Die Nase ist zu, aber ohne das mich das abschlafft. Ich habe schon gestern abend Besuch und<br />
Sitzung von 17 00 bis 22 00 Uhr durchgehalten.<br />
3. September 1999<br />
Der Kühlschrank ist voll mit Biogemüse. Holger hat schon einen prima Salat gemacht. Wenn<br />
das so geht, halte ich die Rohkost locker durch.<br />
Gestern abend das erste mal im Bürgerzentrum im Café gewesen und viel mich unterhalten<br />
und gelacht. Mein Allgemeinzustand ist wirklich viel besser geworden. Aber mit dem Gehen<br />
geht es gegen Null. Mir fällt das Laufen auch in <strong>der</strong> Wohnung immer schwerer.<br />
5. September 1999<br />
Gestern hatte ich wie<strong>der</strong> das erste mal Gymnastik gehabt. Frau Bartsch, die Lehrerin, meint,<br />
daß es viel besser geht als vor dem Krankenh<strong>aus</strong>. Ich kann auch wie<strong>der</strong> besser gehen. Das Rohkostessen<br />
bedeutet keine Schwierigkeit für mich. Im Gegenteil. Die Snacks zwischendurch<br />
brauche ich nicht mehr.<br />
Der Bioladen hat eine Gemüsetüte für 20,- DM mit gemischten Überraschungsgemüse. Er liefert<br />
ab 30,- DM nach H<strong>aus</strong>e. Genau das, was ich suche. Das Anmachen ist auch nicht mehr<br />
schwierig, beson<strong>der</strong>s am Vormittag.<br />
Sarah hat mich mit dem Rollstuhl in den Park gefahren. Endlich sehe ich mal was an<strong>der</strong>es als<br />
meine Wohnung.<br />
15. September 1999<br />
Ich hatte wie<strong>der</strong> in einem Aufwasch mich geduscht, rasiert und Zähne geputzt, ohne mich länger<br />
hinzusetzen. Die Erkältungsschübe können vielleicht doch noch überwunden werden. Seit<br />
einer Woche habe ich die Dr. Rath Vitamine nicht mehr. Die neue Lieferung ist noch nicht angekommen.<br />
Ich fühle wie<strong>der</strong> ganz leise die Hitze in meinem Körper. Hoffentlich kommt die<br />
Vitamine bald. Ich rechne mit jedem Tag.<br />
Aber meine <strong>neuen</strong> Erkältungserscheinungen sind auf alle Fälle <strong>der</strong> beste Beweis dafür, daß die<br />
Vitamine sinnvoll ist. Ich denke nicht, daß dies ein Placebo war. Die Erkältungen sind ja Folge<br />
des schwachen Immunsystems durch die MS. Wenn ein Placebo also die Erkältungen wegkriegen<br />
könnte, dann müßte es ja auch ein Placebo gegen MS geben. Also: Vitamine her, dann gibt<br />
es keine Schübe mehr.<br />
19. September 1999<br />
Am 16.9. sind die Vitamine gekommen. Die Hitze ist nicht mehr aufgetreten. Das spricht meines<br />
Erachtens für die Vitamine. Gestern hatte ich schon ca.. 1/2 Stunde lang einen Vortrag<br />
gehalten. Meine Stimme wurde ab und zu schwach. Sonst hatte ich keine Probleme.<br />
Das Kopfbrennen und das Magenunwohlsein sind auch nicht mehr aufgetreten. Vielleicht helfen<br />
die Vitamine mir ja, daß ich keine Schübe bekomme und so meine Entzündung sich wie<strong>der</strong><br />
beruhigen kann.<br />
21. September 1999<br />
34 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Heute geht es mir wie<strong>der</strong> schlechter. Meine allgemeine Stimmung ist nicht gut. Ich kann<br />
schlechter gehen und arbeiten. Das Wetter ist aber normal. Es wird Herbst, also nicht zu heiß,<br />
nicht zu kalt. Erkältung habe ich aber nicht. Ich muß daran denken, daß es mehrere Jahre<br />
schlechter gehen kann, und dann erst vielleicht besser. Nur wenn ich im Ruhezustand zittern<br />
sollte, werde ich doch gar nichts mehr machen können. dann ist doch in <strong>der</strong> Tat das Pflegeheim<br />
angesagt.<br />
Gestern trat in <strong>der</strong> ARD-Sendung "Fliege" ein Patient mit einer Nervenkrankheit auf - welche<br />
hatte ich nicht mehr mitbekommen - <strong>der</strong> auch spastische Zuckungen hat, die ihn nicht schlafen<br />
lassen. Er raucht daher Haschisch und kann damit sehr gut schlafen. Es gibt zwar eine Tablette,<br />
die ist aber sehr teuer, wird von <strong>der</strong> Krankenkasse nicht übernommen und hat nur eine sehr geringe<br />
Wirkung.<br />
Ich habe doch dazu einen Artikel <strong>aus</strong> <strong>der</strong> taz vom 24. März 1998:<br />
22. September 1999<br />
Heute geht es mir wie<strong>der</strong> etwas besser. Warum es mir die letzten 2 Tage schlechter ging, weiß<br />
ich nicht. Das Wetter war normal und meine Belastungen. Die MS ist oft unergründlich.<br />
Auch schulmedizinisch therapierte MS-Patienten haben oft Besserungen, leben 30 Jahre auf<br />
gleichem Level. Ist das nur Einbildung von mir, daß die Diät besser wäre? Sind die Fischölkapseln<br />
umsonst? Alles kommt so, wie es kommt, mal besser, mal schlechter.<br />
Egal, wie es ist, die Diät kann meinen Zustand nur besser machen, verkehrt ist es auf alle Fälle<br />
nicht. Das mit dem biologischen, also daß man nichts Gespritztes, keine Gifte ißt, hört sich auf<br />
alle Fälle logisch an. Und daß mir nach Alkoholgenuß schlechter wurde, diese Erfahrung habe<br />
ich selber gemacht. Keine Zigaretten und keinen Bohnenkaffee. Logisch. Noch dazu, fehlt mir<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 35
eim Essen nichts, ich ess Rohkost sogar gerne und es macht weniger Arbeit. Mein Bioladen<br />
liefert sogar ab 30,- DM nach H<strong>aus</strong>e. Was will ich mehr.<br />
23. September 1999<br />
Meine Stimmung ist heute sehr schlecht. Ich werde schon durchkommen. Heute ist die 3. Sendung<br />
<strong>der</strong> Vitamine gekommen. Wenigstens das klappt jetzt. Einer Bekannten ging es auch<br />
schlecht. Sie meinte, daß das schon am Wetter lag. Trotz schlechter Stimmung habe ich aber viel<br />
geschrieben und Büroarbeit erledigt. Also ich kann ich wie<strong>der</strong> länger arbeiten.<br />
Nur blöd, daß ich nicht <strong>aus</strong> dem H<strong>aus</strong> komme. Ich brauche unbedingt eine neue Wohnung.<br />
Jetzt will ich mir noch ein Honigbrot machen. Guten Appetit.<br />
25. September 1999<br />
Gestern bin ich mit <strong>der</strong> Krankengymnastin mit dem Rollstuhl gut 50m r<strong>aus</strong>gelaufen. Die Übung<br />
hatte ich aber auch immer in <strong>der</strong> Evers-Klinik unternommen, also nichts beson<strong>der</strong>es und<br />
was auf eine Besserung schließen läßt. Es ist nur bei meinem <strong>der</strong>zeitigen Unwohlsein beruhigend,<br />
daß an <strong>der</strong> Gangweite sich nichts geän<strong>der</strong>t hat. Lei<strong>der</strong> komme ich mit dem Stuhl nicht<br />
alleine wegen <strong>der</strong> 4 Stufen r<strong>aus</strong> und kann diese Übung nicht alleine machen.<br />
Wenn <strong>der</strong> Rollator kommt, dann werde ich alleine r<strong>aus</strong> können. Hoffentlich kommt er bald.<br />
Jetzt ist noch was am Computer kaputt. Grrrr.<br />
229.<br />
. S Seeptteembeerr 1999<br />
Jetzt habe ich trotz Vitamine doch noch ein Erkältung bekommen. Es war mir wie<strong>der</strong> leicht<br />
heiß und das Zahnfleisch war entzündet, so daß ich das Gebiß wegen <strong>der</strong> Schmerzen nicht tragen<br />
konnte.<br />
Die Erkältung kam aber nicht wie bisher aufgrund meiner Immunschwäche, son<strong>der</strong>n weil ich<br />
in <strong>der</strong> Tat das Fenster hab aufstehen lassen und im Schlaf die Füße <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Bettdecke r<strong>aus</strong>gesteckt<br />
hatte. Aufgrund meiner Hautempfindlichkeit merke ich auch bei kleineren Temperaturschwankungen<br />
nicht, ob es kalt o<strong>der</strong> warm ist. Das Thermometer sank von 20 auf 15° und nachts<br />
dann vielleicht auf 5, da muß man auch als gesun<strong>der</strong> Mensch krank werden.<br />
Da ich selber mit meiner Haut mit <strong>der</strong> Temperatur so unempfindlich bin, muß ich mir unbedingt<br />
ein Zimmerthermometer kaufen, um mich dann bei Kälte besser warm zu halten. Mit was<br />
man nicht alles bei <strong>der</strong> MS zu tun hat.<br />
66.<br />
. Okt tobeerr 1999<br />
Die AOK hat meinen Antrag auf Übernahme <strong>der</strong> Vitamine abgelehnt. Dagegen habe ich einen<br />
Wi<strong>der</strong>spruch eingelegt mit einem Begleitschreiben von Dr. Mir, dem Chefarzt <strong>der</strong> Evers-Klinik:<br />
<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>, Xantener Str. 3b, 50 733 Köln<br />
36 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
�0221 - 760 41 00 - Email: nc-nelteno@netcologne.de<br />
AOK<br />
Köln-Nippes<br />
Neusser Str. 342<br />
50733 Köln<br />
7. Oktober 1999<br />
Betr. Wi<strong>der</strong>spruch zum Kostenerstattungsbescheid zu <strong>der</strong> Vitamine<br />
"Zellular Medizin Formula" vom 6.9.1999 - Versicherten Nr.<br />
918778934.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
ich lege zu ihrem ablehnenden Bescheid Wi<strong>der</strong>spruch ein. Vitamine<br />
sind zwar nicht in <strong>der</strong> normalen Kostenerstattung vorgesehen, sie haben<br />
aber zumindest bei mir die Wirkung wie eine übliche Medizin.<br />
Ich habe MS und seit Oktober 1998 werde ich auf Grund meiner<br />
schwachen Immunkräfte unter normalen Umständen trotz Sommerwärme<br />
von einer Erkältung nach <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en befallen. Dies führt dazu, daß<br />
ich ständig schlechter gehen konnte und am Ende stand im August 1999<br />
<strong>der</strong> Rollstuhl. Meine Neurologin Dr. Kittler und meine H<strong>aus</strong>ärztin Dr.<br />
Boese konnten mir mit einer normalen Medizin nicht helfen und stellten<br />
fest, daß sie da lei<strong>der</strong> nichts gegen machen könnten.<br />
Nun nehme ich dieses Vitamine seit Anfang August 1999 und habe inzwischen<br />
die Immunkräfte soweit aufgebaut, daß ich nicht mehr unter<br />
normalen Umständen von Erkältungen befallen werde. Einen Beleg für<br />
den Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Einnahme <strong>der</strong> Vitamine und meinen<br />
Erkältungen habe ich dadurch bekommen, daß im Anfang September die<br />
weitere Lieferung auf Grund einer fehlerhaften Bestellung stockte und ich<br />
nach <strong>der</strong> Einnahme von 1 Monat für 10 Tage mit <strong>der</strong> Einnahme zwangsweise<br />
<strong>aus</strong>setzte. Prompt stellte sich nach 4 Tagen bei mir wie<strong>der</strong> die<br />
Erkältung ein, bemerkbar durch die Hitze im Körper, einem entzündlichen<br />
Anschwellen meines Zahnfleisches und letztlich einer verstärkten<br />
Gangschwäche.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 37
Kaum war nach 10 Tagen die neue Lieferung eingetroffen, traten die<br />
Ausfallerscheinungen nach 2 Tagen wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong>.<br />
Ich hatte auch schon vor <strong>der</strong> Erkältung durchschnittlich jeden zweiten<br />
Tag über Unwohlsein geklagt, was entwe<strong>der</strong> auf schlechtem Wetter,<br />
persönlichem Biorhythmus o<strong>der</strong> sonstigen Einflüssen <strong>zur</strong>ückzuführen ist.<br />
Inzwischen bleibt mein Gesamtzustand ziemlich konstant und stabil und<br />
ich klage seit 2 Wochen nicht mehr über beson<strong>der</strong>s schlechte Zustände.<br />
Mit meinen fortlaufenden Erkältungen und folgenden Schüben in <strong>der</strong><br />
MS hätte es nicht mehr langen gedauert, daß ich zu einem totalen Pflegefall<br />
werden würde und für teures Geld in einem Pflegeheim gelandet<br />
wäre. Auf Grund meines stabilen Zustandes durch die Einnahme <strong>der</strong><br />
Vitamine kann also eine Menge Geld eingespart werden, weshalb sich<br />
auch u.a. die Mannheimer Krankenversicherung AG zu einer Kostenübernahme<br />
<strong>der</strong> Vitamine entschlossen hat.<br />
Ich möchte sie um eine wohlwollende Überprüfung meines Antrages<br />
bitten. Wenn, wie in meinem Fall, schulmedizinische Präparate nicht<br />
vorhanden sind, kann doch die Krankenkasse auch ein Naturpräparat<br />
übernehmen, noch dazu, wenn eine positive Wirkung bereits vorliegt.<br />
In <strong>der</strong> Anlage lege ich das Gutachten von Herrn Dr. Mir bei.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
<strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong><br />
05. . N Noveembeerr 1999<br />
Jetzt nehme ich seit drei Monaten die Vitamine und ich habe kaum mehr Anzeichen für eine<br />
Erkältung. Ich fühle meinen Gesamtzustand voll stabil. Ich muß mich nur gut und warm anziehen.<br />
Dies wie<strong>der</strong>um hat Rückwirkungen auf meinen MS-Verlauf. Ich habe keine weiteren Schübe,<br />
was erst mal in dieser kurzen Zeit nicht viel heißen soll. Heute morgen um 9 00 Uhr bin ich<br />
aber wie seit einer Woche mit dem Gehrollator gut 100 Meter gelaufen.<br />
Diese Strecke lief ich schon im Krankenh<strong>aus</strong>, aber hier wurde ich von je<strong>der</strong> Arbeit entlastet<br />
und hier laufe ich, ohne daß eine Hilfe in <strong>der</strong> Nähe wäre. Jedenfalls fühl ich mich überhaupt<br />
nicht mehr heiß und den ganzen Tag schwach.<br />
Die Wohnraumberatung informierte mich, daß ich als Schwerbehin<strong>der</strong>ter 500,- DM von meinem<br />
Einkommen absetzen kann. So bekomme ich doch einen Wohnberechtigungsschein und<br />
habe eine rollstuhlgerechte Wohnung in Aussicht. Dann kann ich einen E-Rolli benutzen und<br />
wie<strong>der</strong> selbständig einkaufen und in die Stadt fahren. Das wäre schon prima. Wir hatten ja Britta<br />
in Oberh<strong>aus</strong>en, die ich von <strong>der</strong> Klinik kannte, besucht, die auch so eine schöne Wohnung hat,<br />
das steigert schon die Lebensqualität.<br />
38 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Vielleicht finde ich auch eine hier im Kölner Norden. Ich bekomme auch von <strong>der</strong> Wohnraumberatung<br />
die Adressen <strong>der</strong> Wohnbaugesellschaften mit solchen Wohnungen zugeschickt,, dann<br />
finde ich diese bestimmt noch schneller.<br />
6. Dezember 1999<br />
Ich laufe schon wie<strong>der</strong> jeden Tag gut 100m. Aber das ist noch sehr unterschiedlich, je nachdem<br />
ich mich fühle, laufe ich mal gar nicht, einmal lief ich sogar 200m. Aber mit dem Gehrollator.<br />
Vor <strong>der</strong> Erkältung bin ich ja noch 200m freihändig gelaufen. Wenn es sehr kalt ist, fühle ich<br />
mich schon noch leicht erkältet. Aber nur so, daß die Nase zu ist, nicht so hart, wie im letzten<br />
Jahr, wo ich noch heiße Füße hatte.<br />
Die Vitaminfirma hat mich <strong>aus</strong> Holland angerufen, daß sie mir eine Klage zahlen würde, wenn<br />
die AOK nicht zahlt, was wahrscheinlich ist. Die haben auch Anwälte, daß ich mich um wenig<br />
kümmern brauche.<br />
Das Sozialamt von Zahra hat jetzt mitgeteilt, daß das Pflegegeld nicht angerechnet wird bei<br />
<strong>der</strong> Sozialhilfe. Damit ist meine Pflege besser gesichert.<br />
Am Dienstag fahre ich wie<strong>der</strong> in die Evers-Klinik. Ich freue mich schon auf die Hypo-<br />
Therapie.<br />
16. Dezember 1999<br />
Ich bin wie<strong>der</strong> im Krankenh<strong>aus</strong>. Die letzten Tage wurde alles wie<strong>der</strong> viel schlapper. Heute<br />
kam die Sonne r<strong>aus</strong> und mir geht es wie<strong>der</strong> gut. Die Ausdauer wurde besser, aber die Spastik hat<br />
verteufelt zugenommen. Ich wollte in die Gymnastik rollen und muß dabei 10 m einen Steige<br />
hochgehen. Es war so kalt und danach waren die Beine völlig steif. Ich konnte danach das linke<br />
Bein nicht mehr auf den Rollstuhltritt bekommen, obwohl mir Dr. Mir Arzt helfen wollte. Durch<br />
die Kälte konnte ich nicht entspannen.<br />
Bei <strong>der</strong> Streckspastik bin ich im Ruhezustand locker, aber sobald ich selber aktiv was machen<br />
will, tritt die Starre ein. Ebenso bei <strong>der</strong> Kälte. Hier auch kann ich nicht entspannen und die Starre<br />
bleibt. Die Streckspastik erschwert auch das Gehen, weil ich das Bein nicht vom Boden wegkriege.<br />
Jetzt probiert Frau Dr. Stiedl mit Sirdalud die Spastik wegzubekommen.<br />
Im Deutschlandfunk wurde gemeldet, daß an <strong>der</strong> Universität Würzburg ein Mittel entdeckt<br />
wurde, daß die entzündeten Zellen fressen kann, o<strong>der</strong> so ähnlich, was eventuell für die MS-<br />
Therapie hilfreich sein könnte. Vielleicht finden die ja doch noch ein Mittel.<br />
19. Dezember 1999<br />
Etwa einmal in <strong>der</strong> Woche fühle ich schon noch glühende Augen, aber immer geringer. Auf<br />
alle Fälle trage ich schon hintereinan<strong>der</strong> seit 4 Wochen mein Gebiß. Im Juli noch konnte ich es<br />
überhaupt nicht mehr tragen, weil mein Zahnfleisch ständig entzündet war und das Gebiß darauf<br />
drückte und schmerzte. Also weiter Vitamine und mein Allgemeinzustand wird besser.<br />
Das leichte Brennen im Gehirn ist wie<strong>der</strong> ganz weg. Auch stört meine Hautempfindlichkeit<br />
nicht mehr. Es wurden hier in <strong>der</strong> Klinik im Blutbild noch Eosinofile gemessen, also die Hautempfindlichkeit<br />
o<strong>der</strong> sogar Allergie, wie Frau Dr. Stiedl sich <strong>aus</strong>drückte.<br />
Also doch etwas Objektives. Es steigen und fallen die Werte mit meiner Tagesform. Soll ich<br />
deshalb einen Aufstand beim Hautarzt machen? Ich glaube, ich lasse es, es ist zu anstrengend.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 39
Hier liegt Schnee und ich bin schwach. Ich warte auf Besserung auf Grund meines Klinikaufenthaltes<br />
und auf Grund, daß es wie<strong>der</strong> wärmer wird. Nur, das wird noch dauern. Jedenfalls<br />
freue ich mich morgen auf die Gymnastik, die hält mich lebendig.<br />
20. Dezember 1999<br />
Im Spiegel 51/20.12.199 las ich folgenden Artikel<br />
Nun las<br />
ich zum<br />
ersten Mal, daß sich auch neue Nervenschaltungen entwickeln können, wenn <strong>aus</strong>dauernd Gymnastik<br />
und Ergotherapie durchgeführt wird, das konnte mir doch keiner richtig erklären. Nun<br />
drücke ich den ganzen Tag auf einen Ball und hoffe, daß ich wie<strong>der</strong> schreiben kann. Aber mein<br />
40 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
kaputtes Gehirnteil ist noch da, nur Matsch, nicht abgestorben wie beim Schlaganfall, funktioniert<br />
das dann auch<br />
22. Dezember 1999<br />
Wolfgang <strong>aus</strong> Göttingen, mein Tischnachbar, hat Zahnarzt studiert und sich auch mit <strong>der</strong> Biochemie<br />
beschäftigt. Er konnte mir die Rohkostdiät wissenschaftlich erklären, so daß ich mehr<br />
Gewißheit darüber habe und wenn ich mal schwach werde, mich eher daran halten kann:<br />
Das Essen regelt die Säure im Körper. Die Meßlatte für den Säuremeßwert (Wasserstoffionen)<br />
wird gemessen mit dem PH-Wert, <strong>der</strong> sollte normal 7,0-7,2 betragen. Dann ist er neutral.<br />
Bei zu hoher Säure beträgt er 0-7,02, zu wenig beträgt er mehr als 7,2 (basisch )<br />
Durch Fleisch und zu viel Süßem (auch Honig) und Jogjurt wird <strong>der</strong> Körper übersäuert. Kaffee<br />
hat auch zu viel Säure o<strong>der</strong> Arachidonsäure.<br />
Bei Übersäuerung, wenn ständi g zu viel Säure besteht, fühlen sich die Mikroorganismen,<br />
die den Menschen schaden, sehr wohl. Auch die Entzündung im Gehirn.<br />
Je saurer <strong>der</strong> Körper ist, bei Übersäuerung werden die Myelin-Scheiben, die Isolation für die<br />
Nervenbahnen, angegriffen. Die Myelin-Scheiben wickeln sich um die Nerven-Stränge und<br />
schützen sie.<br />
Rohkost wirkt basisch und neutralisiert die zu hohe Säure.<br />
Durch die Entzündung wie<strong>der</strong>um steigt die Säurhaltigkeit, womit auch wie<strong>der</strong>um die Entzündung<br />
verstärkt wird - es steigert sich gegenseitig hoch.<br />
Bei einem optimalen Säureh<strong>aus</strong>halt geht de Entzündung <strong>zur</strong>ück.<br />
Den Säurewert kann man mit Lakmus-Papier messen. (Apotheke).<br />
Basika-Tabletten helfen auch gegen Übersäuerung.<br />
03. Januar 2000<br />
Erika hat <strong>aus</strong> Amerika einen Brief erhalten. Dort gibt es wie<strong>der</strong> ein neues Verfahren: "Plasma<br />
Exchange". Sicher ist das wie<strong>der</strong> eine Sache, die sich als Luft her<strong>aus</strong>stellt und nur bei einigen<br />
Leuten sich auf Grund <strong>der</strong> natürlichen Remission eine Besserung eingestellt hat.<br />
Jeden Tag wechselt das Wetter, einen Tag schneit es, den nächsten Tag taut es wie<strong>der</strong>. Genau<br />
so auf und ab geht es momentan mit meiner Kraft. Aber ich bin jetzt schon öfters mit dem Gehrollator<br />
im Fernsehraum gewesen und gehe grundsätzlich <strong>zur</strong> Massage und <strong>zur</strong> Anmeldung mit<br />
ihm. Ist das eine langanhaltende Besserung? Wichtig ist, daß meine Entzündung <strong>zur</strong>ückgeht.<br />
Die Spiegel-Notiz hat mich sehr beeindruckt. Nun sehe ich, daß es doch einen positiven<br />
Einfluß <strong>der</strong> Gymnastik auf das Gehirn gibt. Es werden neue Nervenbahnen <strong>aus</strong>gebildet, die die<br />
entzündete Zone übernehmen. Ich drücke ständig den Ball und trainiere meine Arme und Beine.<br />
Vielleicht sieht man in 5 Jahren einen Erfolg. Es ist schon mühsam.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 41
07.01.2000<br />
Jetzt gibt es schon seit 5 Tagen ein Hoch und es sieht <strong>aus</strong> wie im Frühling. Heute bin ich wie<strong>der</strong><br />
mit dem Rollstuhl in die Ergotherapie gefahren. Ich warte wie<strong>der</strong> darauf, daß es kälter wird<br />
o<strong>der</strong> zumindestens gleich bleibt. Aber heute nacht habe ich prima geschlafen, von 24 bis 7 Uhr<br />
früh.<br />
Durch die Antispastik-Tablette Sirdalud war ich ständig müde. Ich konnte nur eine halbe Seite<br />
lesen und schlief dann ein. Aber ich bekomme jetzt eine neue Tablette auf biologischer Basis<br />
gegen die Spastik: Petadolex. Mal sehen, ob die hilft und ich nicht mehr so müde bin.<br />
13.01.2000 Spastik<br />
Wie<strong>der</strong> zuh<strong>aus</strong>e. Die Müdigkeit ist weg. Aber die Spastik ist noch da, wie bei dem chemischen<br />
Produkt auch. Beide haben nicht geholfen. Beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Kälte macht sich die Spastik bemerkbar<br />
und ich kriege die Füße nicht vom Boden weg.<br />
Holger hat mir einen Dusch-Stuhl eingebaut, weil ich nur noch mit Stuhl duschen kann. Heute<br />
habe ich bereits abgestrahlt und bin jetzt wie<strong>der</strong> sauber. Meine Gymnastik, 200 Kniestützen und<br />
Streckübungen habe ich hinter mir. Die Hautempfindlichkeit gegen die Staubmilben nimmt<br />
wie<strong>der</strong> zu.<br />
Meine Rundfunkbefreieung ist durch. Ich hatte sie beantragt, weil ich nicht mehr bei öffentlichen<br />
Veranstaltungen teilnehmen kann. Erst wurde sie abgelehnt, aber nachdem ich Wi<strong>der</strong>spruch<br />
einlegte mit <strong>der</strong> Begründung <strong>der</strong> Inkontinenz und des Schwindels war es jetzt erfolgreich.<br />
Der Mann von <strong>der</strong> Rollstuhlfirma war da und will mir nächste Woche einen <strong>neuen</strong> bringen.<br />
Vielleicht klappt das ja jetzt.<br />
07.01.2000<br />
Jetzt gibt es schon seit 5 Tagen ein Hoch und es sieht <strong>aus</strong> im Frühling. Heute bin ich wie<strong>der</strong><br />
mit dem Rollstuhl in die Ergotherapie gefahren. Ich warte wie<strong>der</strong> darauf, daß es kälter wird o<strong>der</strong><br />
zumindestens gleich bleibt. Aber heute nacht habe ich prima geschlafen, von 24 bis 7 Uhr früh.<br />
Ich bekomme eine neue Tablette auf biologischer Basis gegen die Spastik: Petadolex. Mal sehen,<br />
ob die hilft und ich nicht mehr so müde bin.<br />
01.06.2000<br />
Ich habe eine Rollstuhlwohnung bekommen. Sie ist sehr schön und groß, 81m 2 . Jetzt kann ich<br />
endlich den eleektriischen Rollstuhl beanntragen, damiit ich wie<strong>der</strong> was von <strong>der</strong> Stadt sehe. Ich<br />
habe mich also an den Rollstuhl gewöhnt. Hoffentliich kann ich noch recht lange den E-Rolli<br />
nutzen.<br />
42 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 43
44 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
17.07.2000<br />
In Pro7 wurde in <strong>der</strong> Sendung "Planetopia" berichtet, daß Wissennschaftler jetzt entdeckt hatten,<br />
dass de MS von einem Virus verursacht wird. Der Körper will sich gegen diesen Virus wehren,<br />
aber greift irrtümlich sich selber an und zerstört das Immunsystem.<br />
Nun hätte man eigentlich ein Ziel und könne mit Hochdruck in dieser Richtung forschen.<br />
Heute fällt mir das Schreiben schwer. Nur mit einem Finger, den ich kaum von den Tasten<br />
hoch bekomme.<br />
Ichwill mir Noni und Weihrauch bestellen. Mal sehen, wie das wirkt. Sabine von Berlin erzäählte<br />
mir, daß nach 8 Monaten Weihrauch-Kur ihre Ataxie und Gehschwäche <strong>zur</strong>ückging.<br />
Vorher saß sie im Rollstuhl und danach konnte sie wie<strong>der</strong> freihändig gehen. Vielleicht war das<br />
ja auch nur eine normale Remission?<br />
Die Evers-Klinik hat mir jetzt den E-Rolli verschrieben.<br />
19.07.2000 - Myofeedback<br />
Heute bekam ich Myofeedback., das sieht sehr vielversprechend <strong>aus</strong>. Hier wiird das Gehirn<br />
<strong>aus</strong>getrickst. Wissenschaftller haben festgestellt, daß diie Nervennzelleen im Gehirn wie<strong>der</strong><br />
nachwachsen..<br />
Man kann also das Gehirn trainieren, daß es wie<strong>der</strong> neue Muster lernt. Aber wie? Wenn ich<br />
den Arm heben will, kommt nur Schrott durch die Nervenbahnen und das Geirn bekommt nur<br />
die Rückmeldung, Schlaffheit, Spastik o<strong>der</strong> Ataxie. Also denke ich mir nur, den Arm zu heben<br />
und ein Computer, <strong>der</strong> mit Elektroden bei mir angeschlossen ist, meldet dem Gehirrn <strong>zur</strong>ück, als<br />
ob das wirklich geschehen sei. Nun können wie<strong>der</strong> neue saubere Muster entstehen. Ich bekomme<br />
diesen Apparar für zu H<strong>aus</strong>e verschrieben und kann dann jeden Tag 10 Minuten damit arbeiten.<br />
Danach muß ich dann Krafttraining durchführen, damit das Neuerlernte auch bleibend<br />
wirkt. Lei<strong>der</strong> geht das nur mit den bewußten Beweggungenn, also es kann nicht gegen meine<br />
allgemeine Schwäche angewandt werden.<br />
23.7.2000<br />
Nach 3 Myofeedback-Anwenndungenn kann ich schon besser schreiben. Vorher konnte ich<br />
nur 3 Wörter schlaff hinwerfen, jetzt kriege ich schon 3 Zeilen mit Druck hin. Lei<strong>der</strong> muß ich<br />
erst 2 Monate nach dem Krankenh<strong>aus</strong> warten, bis ich das Gerät bekomme. Wenn <strong>der</strong> rechte Arm<br />
wie<strong>der</strong> einigermaßen funktioniert, will ich das rechte Bein trainieren. Damit würde sich auch die<br />
Spastik lösen und ich kann wie<strong>der</strong> schlafen.<br />
10. 8.2000<br />
Das Noni und <strong>der</strong> Weihrauch sind gekommen. Mal sehen, ob das was hilft. Der Himmel hängt<br />
voller Wolken und ich kann immer schlechter gehen. Ich fahre <strong>zur</strong> Zeit nur mit dem Rolli<br />
14. Oktober 2000 Dauerspastik<br />
Vor 3 Tagen hatte ich eine Grippe mit 38,5 Grad Fieber. Ich konnte keinen Finger mehr bewegen.<br />
Das Fieber ist jetzt weg, aber die Schwäche ist geblieben. Gleichzeitig hat die Spastik zugenommen.<br />
Dadurch konnte ich trotz Cannabis nicht mehr schlafen.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 45
Nachdem keine Tablette mich zum Schlafen brachte, nehme ich seit vorigen Monat Kekse mit<br />
0,2g Haschich. Daraufhin war die Spastik weg und ich konnte endlich wie ein Murmeltier schlafen.<br />
Wie<strong>der</strong> eine Medizin, die ich selber bezahlen muß. Aber nach <strong>der</strong> Grippe war erst mal<br />
nicht's mit dem Schlaf, obwohl ich die Dosis auf 0.5g erhöhte.<br />
Es kommt noch hinzu, dass ich von meinem Pfleger Holger ständig angesteckt werde. Er ist<br />
selber psychisch krank und dadurch ist seine Immunabwehr geschwächt, so dass er eine Dauererkältung<br />
mit sich herum trägt und mich damit ständig ansteckt.<br />
27. November 2000<br />
Der Elektrorollstuhl ist immer noch nicht gekommen, obwohl er doch schon im Juli rezeptiert<br />
wurde. Das Myofeedback wurde auch abgelehnt. Dies Gerät ist mir aber so wichtig, dass ich mit<br />
einem ärztlichen Gutachten von Dr. Mir Wi<strong>der</strong>spruch eingelegt hatte.<br />
Obwohl ich die Dosis des Kekses auf 0,5g erhöht habe, kann ich seit <strong>der</strong> Grippe kaum schlafen.<br />
Na ja ich komme ja jetzt am 19.12. in's Krankenh<strong>aus</strong>, dort werde ich die Restgrippe sicher<br />
überwinden.<br />
16. Januar 2001<br />
Der Aufenthalt in <strong>der</strong> Evers-Klinik war prima. Die Erkältung ist ganz <strong>zur</strong>ück gegangen. Gegen<br />
die Spastik bekam ich Shiatsu-Massage. Dabei hat Frau Kemper festgestellt, dass <strong>der</strong> Leistenschmerz<br />
in <strong>der</strong> linken Leiste die Spastik im linken Bein verfestigt. Sie versuchte, den Leistenschmerz<br />
"wegzudrücken", war aber nur noch 2 Tage vor ihrem Urlaub da. Das langte natürlich<br />
nicht.<br />
Dafür bekam ich Ultraschall und nach 10 Tagen war <strong>der</strong> Leistenschmerz weg. Lei<strong>der</strong> ist das<br />
nicht nachhaltig und ich muss in Köln von meiner Krankengymnastin ihn immer wi<strong>der</strong> wegdrücken<br />
lassen.<br />
Am Anfang in <strong>der</strong> Klinik habe ich noch wegen <strong>der</strong> Spastik nachts aufrecht im Bett gesessen.<br />
Die Dauerspastik fühlt sich an wie 1.000 Klammern, die an deinen Nerven zerren und ich weiss<br />
nicht, in welche Richtung ich ziehen soll, um mich <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Umklammerung zu lösen. Hinzu<br />
kommt noch das unregelmässige Zappeln <strong>der</strong> Beine, was mich immer wie<strong>der</strong> <strong>aus</strong> meinem Schlaf<br />
holt.<br />
In 2 Wochen aber war die Erkältung weg und die Kekse haben wie<strong>der</strong> langsam gewirkt, so<br />
daß ich in <strong>der</strong> 2. Hälfie des Klinikaufenthaltes <strong>aus</strong>reichend geschlafen habe.<br />
Auch bekam ich wie<strong>der</strong> Anwendungen mit dem Myofeedbackgerät mit sensationellen Erfolgen.<br />
Diesmal bekam ich die Anwendung am linken Bein. Ich bin doch tatsächlich beim ersten<br />
Mal eingeschlafen. Die Übung drängte schnell die Spastik <strong>zur</strong>ück, so dass sich das Schlafbedürfnis<br />
sofort durchsetzte. Nach einer Woche konnte ich schon wie<strong>der</strong> den Gang (20m) mit dem<br />
Rollator laufen. Mit dem linken Bein konnte ich einen Riesenschritt vollführen, mit dem rechten<br />
dagegen konnte ich aber nur schlurfen, so, wie mit beiden Beinen vor <strong>der</strong> Anwendung.<br />
Ich muss diese Anwendung unbedingt zu H<strong>aus</strong>e machen, sie sieht sehr vielversprechend <strong>aus</strong>.<br />
Ich bekomme jetzt auch ein Rollstuhltrainingsfahrrad verschrieben - auch eine Aktivität, die die<br />
Spastik <strong>zur</strong>ückdrängt. Ich werde doch wohl mit beiden Übungen die starke Spastik <strong>zur</strong>ückdrängen<br />
und dadurch wie<strong>der</strong> normal schlafen können.<br />
46 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Meine Krankengymnastin bemerkt, dass es mir wie<strong>der</strong> viel besser geht. Ich kann am Gehrollator<br />
wie<strong>der</strong> einigermassen gut durch die Wohnung laufen und bin bei <strong>der</strong> Gymnastik viel aktiver.<br />
Der Krankenh<strong>aus</strong>aufenthalt hat mir sehr gut getan.<br />
2. Ferbruar 2001 Dauererkältung<br />
Die Erkältung hat mich wie<strong>der</strong> eingeholt. komme ich dann nie mehr von ihr weg? Die Ärztin<br />
von Holger, meinem Betreuer, hat festgestellt, dass bei ihm aufgrund seiner psychichen Schwäche<br />
auch die lmmunabwehr geschwächt ist und er dadurch eine Dauerkältung hat. Die Verdrängung<br />
o<strong>der</strong> Verarbeitung nimmt soviel Kraft, dass für die Immunabwehr keine mehr bleibt.<br />
Obwohl er immer in meiner Wohnung einen Mundschutz trägt, hat er mich dennoch angesteckt.<br />
Ich erhole mich zwar immer wie<strong>der</strong> leicht bis zu seinem nächsten Kommen, wenn er aber<br />
wie<strong>der</strong> geht, bin ich wie<strong>der</strong> fertig. Jedesmal geht es mir schlechter und ich kann fast wöchentlich<br />
einen Handgriff o<strong>der</strong> eine Beinbewegung weniger durchführen. Ich bau merklich ab und mit<br />
regelmässigen Schlaf ist wie<strong>der</strong> nichts.<br />
Wir haben uns <strong>aus</strong>gemacht, dass wir noch den Sommer zusammen bleiben. Er macht momentan<br />
gute Fortschritte in <strong>der</strong> Therapie, so dass es sein kann, dass er bis nächsten Winter auch<br />
durch den Sport die Erkältung weg bekommt. Falls er dies nicht schafft, werde ich mir nächsten<br />
Winter einen <strong>neuen</strong> Betreuer suchen müssen.<br />
Es ist schon sehr tragisch. Wir haben uns gerne und sind voneinan<strong>der</strong> abhängig. Ich brauche<br />
ihn, weil er neben <strong>der</strong> normalen Pflege auch die Reparaturen und den Wohnungseinbau vornimmt.<br />
Er braucht mich, weil er sich von meinen politischen Erfahrungen lernen will. Wir brauchen<br />
uns gegenseitig, machen uns dabei krank und müssen uns wie<strong>der</strong> trennen. Hoffentlich<br />
schafft es Holger, seine lmmunabwehr zu stärken und so seine Erkältung loszuwerden.<br />
4. März 2002 Elektro-Rollstuhl<br />
Jetzt ist endlich <strong>der</strong> Elektro-Rollstuhl gekommen und ich bin schon selbständig zwei mal<br />
r<strong>aus</strong>gefahren. Endlich kann ich meine Umgebung erforschen und damit steigt meine Lebensqualität<br />
für mich unendlich. Blöd nur, dass er zu <strong>der</strong> Zeit erst kam, als ich schon Erkältung hatte.<br />
Nach einer halben Stunde schmerzt so die Hand und es fällt mir schwerer, den Joystick zum<br />
Gasgeben und Lenken zu drücken. Am Anfang gibt es beim Lenken noch Unsicherheiten, da im<br />
Gegensatz zum Auto die hinteren Rä<strong>der</strong> gelenkt werden, aber als alter Staplerfahrer kommt man<br />
da schnell rein.<br />
Die Griffe im Bad sind auch schon installiert. Ein Griff an <strong>der</strong> Dusche und 2 Klappgriffe links<br />
und rechts neben dem Clo sowie ein Duschklapphocker. Das hat 3.000,- DM gekostet, wovon<br />
die AOK-Pflegeverischerung 90% übernahm. Beantragen musste das aber <strong>der</strong> Pfleger, weil die<br />
Haltegriffe ja angeblich zum normalen Hauhalt zählen. Das Sitzkissen mit einem Keil für meinen<br />
Schieberollstuhl ist jetzt auch bestellt. Das Keilkissen ist dafür da, damit die Knie beim<br />
Sitzen nicht zusammen fallen, sonst fällt mir eine gerade Gehhaltung immer schwerer. Wenn die<br />
AOK es mimacht, läuft doch alles prima und ich vergesse fast meeine MS. Jetzt fehlt nur noch<br />
das Myofeedbackgerät, das Rollstuhlfahrrad und die Übernahme für die Vitamine. Dann geht es<br />
noch 20 Jahre weiter.<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 47
3. Mai 2000<br />
Juhuu, das Trainingsrad ist auch schon gekommen<br />
und ich fahre jeden Tag 20 Minuten damit. Ich glaube,<br />
die Spastik ist damit schon <strong>zur</strong>ück gegangen.<br />
Juni 2000<br />
Mist, jetzt habe ich Blasen-Entzündung bekommen.<br />
Nun laufe ich auch nicht mehr in <strong>der</strong> Wohnung mit<br />
dem Gehrollator, nur noch für die Gymnastik 0 bis<br />
5m. Meine Schreibkunst tendiert gegen Null und ich<br />
muss ständig in die Toilette rollen.<br />
Februar 2002<br />
Seit einem halben Jahr suchen mich Entzündung<br />
heim. Erst wie<strong>der</strong> 4 Wochen lang eine Blasen-<br />
Entzündung, dann 4 Monate eine Magen-<br />
Schleimhautentzüng. dann 5 Wochen eine Harnwegsentzündung<br />
und zum Schluss eine Erkältung.<br />
Nun kann ich überhaupt nicht mehr gehen und ab 14 00<br />
Uhr nicht meht schreiben. Das Stehen geht nur noch<br />
10 Sekunden lang. Und weil das noch nicht genug ist, habe ich mir höllische Schulterschmerzen<br />
durch eine Nervenverklemmung zugezogen. Was soll ich da antworten auf die Frage "Wie<br />
gehts"? Überhaupt nicht mehr. Ich kann kaum noch stehen.<br />
Leichte Hoffnungen habe ich noch in die Stammzellenforschung. Professor Brüstli von <strong>der</strong><br />
Uniklinik Bonn hatte den Antrag auf den Import von embryonalen Stammzellen beantragt und er<br />
forschte bis zum positiven Bundestagsbeschluss am 31.1.2001 schon in Amerika. Er spritzte<br />
einer M<strong>aus</strong> eine eigene Stammzelle ins Gehirn und es entstanden neue Myelin-Schichten. Er<br />
meinte in dem Interview mit dem Deutschlandfunk im Dezember 2001, dass dieses Verfahren<br />
leicht auf den Menschen zu übertragen sei und er schätze, dass er in fünf Jahren gegen die MS<br />
ein Verfahren habe. Ich muss unbedingt dann in die Studie, sonst muss ich noch mal 5 Jahre<br />
warten und dann ist es sicherlich zu spät.<br />
Scheinbar machen sie jetzt doch mehr für die MS-Forschung. DPA meldet 2001:<br />
»Erst vor sechs Jahren sei die MS-Forschung aufgeblüht ... Weil überwiegend junge Menschen<br />
betroffen sind, die später früh verrentet werden müssen, sind die Krankheitskosten sehr<br />
hoch«, berichtete Oschmann (Mediziner <strong>der</strong> neurologischen Klinik Giessen). »So werden für<br />
die 120.000 Patienten in Deutschland pro Jahr etwa 4 Milliarden Euro <strong>aus</strong>gegeben«.<br />
Bei mir überschlagen sich die Nebenkrankheiten und durch die Schmerztropfen verliiere ich<br />
langsam die Übersicht, mein Leben alleine zu organisieren. Ich glaube, das Pflegeheim ist nicht<br />
mehr weit und das Leben entschwindet <strong>aus</strong> meinem Gedächtnis.<br />
2007 zeigte man einen Film auf Phoenix über neue vielversprechende MS-Therapien mit einem<br />
Antituberkuloseimpfstoff eines Dr. Salvetti in <strong>der</strong> Universitätsklinik Rom. 14 Probanden<br />
wurden im Blindversuch getestet und die Zunahme <strong>der</strong> MS ging um die Hälfte <strong>zur</strong>ück, also<br />
keine Heilung. Der ungefährlichen Antituberkuloseimpfstoff kann nach Dr. Salvetti ein geeigneter<br />
Partner für unser Imunsystem sein und das greift dann somit nicht mehr den eigenen Körper<br />
an. Aber bis <strong>zur</strong> Tablettenreife wird das noch 10 Jahre dauern.<br />
48 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>
Veerrssöhnl li icchee Peerrsspeektti ivee 2009<br />
Seit 2004 sehe ich meine Krankheit nicht mehr als eine Krankheit an, son<strong>der</strong>n als Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung,<br />
einer speziellen Art des Lebens. Alle Hoffnungen haben sich nicht bestätigt aber ich<br />
habe etwas an<strong>der</strong>es entdeckt. Glücklicherweise wurde genau in <strong>der</strong> Zeit meines körperlichen<br />
Zerfalls <strong>der</strong> Computer weiterentwickelt.<br />
Als ich nicht mehr auf <strong>der</strong> Tastatur tippen konnte, integrierte Microsoft die Bildschirmtastatur,<br />
(WindowsXP/Zubehör/Eingabehilfen) und als ich auch die nicht mehr anklicken konnte, wurde<br />
auf dem Markt eine Kopfm<strong>aus</strong> entwickelt, die erst 1.700 Euro<br />
koststete, 2009 aber mit Klicksoftware nur noch ca. 300 Euro.<br />
Sie ist auch für Ataxiebetroffene <strong>der</strong> Hände anwendbar, lei<strong>der</strong><br />
nicht für die Patienten mit einer Ataxie des Kopfes o<strong>der</strong> auch<br />
Blinde. Der Kopfm<strong>aus</strong>-Scnner befindet sich über dem<br />
Bildschirm und scannt einen Punkt in <strong>der</strong> Mitte meiner Brille<br />
und den Cursor, <strong>der</strong> M<strong>aus</strong>zeiger, bewege ich dann mit dem<br />
Kopf. Wenn ich an einer Stelle länger als eine Sekunde (je<br />
nach Einstellung) ruhig stehen bleibe, klickt er. So kann ich auch bei <strong>der</strong> Klicksoftware einstellen,<br />
ob sie doppelklicken o<strong>der</strong> ziehen soll.<br />
Man kann das in 1-2 Tage lernen. Diesen Text schreibe ich damit, ebenfalls setze ich die Grafik<br />
und schreibe auch als Redakteur in <strong>der</strong> Linken Zeitung. Ein ganzes Buch habe ich in dieser<br />
Art geschrieben und bin im Internet sehr aktiv. Jedenfalls langweilig ist mir das überhaupt nicht<br />
und von einem Siechtum bin ich meilenweit entfernt.<br />
Natürlich ist es klar, dass nicht je<strong>der</strong> Bücher o<strong>der</strong> Artikel schreiben kann o<strong>der</strong> will, aber es<br />
gibt viel Bücher im Internet zu lesen und man kann mit Selbsthilfegruppen o<strong>der</strong> Hobbygruppen<br />
chatten und kann auch recherchieren, nachforschen. Zur P<strong>aus</strong>e klick ich den Computer-TV an,<br />
also als Dahinsiechen<strong>der</strong> fühle ich mich wirklich nicht.<br />
Ich habe auch einen guten Freund, <strong>der</strong> mir den Computer einrichtet. Ohne ihn ginge das gar<br />
nicht. Daas Amt für Senioren und Behin<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Stadt, das meine Pflegedifferenz bezahlt, hat<br />
mir auch angeboten, was ich für den Computer und <strong>der</strong>en Einrichtung bräuchte, zu übernehmen.<br />
Hier könnte man auch Computerkurse für Senioren beantragen. Es ist in <strong>der</strong> Tat damit statt<br />
Siechtum ein fast normales Leben möglich, welches <strong>der</strong> Würde des Menschen entspricht und<br />
darauf haben auch wir MS-Kranke ein Recht.<br />
Ich musste lei<strong>der</strong> das Behin<strong>der</strong>tenfahrrad und das Myofeedbackgerät aufgeben, da ich nicht<br />
mehr daran angeschnallt werden bzw. es mir nicht mehr angelegt werden konnte.<br />
2005 setzte ich mit dem Cannabis <strong>aus</strong>, weil man grundsätzlich damit alle 2 Jahre für ein viertel<br />
Jahr <strong>aus</strong>setzen muss, damit die Dosis nicht ständig ansteigen muss und man wie<strong>der</strong> mit einer<br />
kleinen Dosis anfangen kann. Bei <strong>der</strong> P<strong>aus</strong>e 2005 aber hat sich gezeigt, dass die Langzeitwirkung<br />
von dem Cannabis dazu geführt hat, dass ich von selber schlafen kann. Zwar schlafe ich im<br />
Durchschnitt nur von 21 bis 3 Uhr morgens, aber das sind auch immerhin sechs Stunden und<br />
langt scheinbar <strong>aus</strong>.<br />
Ab 3 Uhr in <strong>der</strong> Nacht schaue ich Fernsehen. Dadurch ist es mir nicht möglich, in die Klinik<br />
zu gehen, weil ich ja als Kassenpatient kein Einzelzimmer habe und nur die Mitpatienten stören<br />
Multiple <strong>Sklerose</strong>, <strong>aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Hölle</strong> <strong>zur</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Geburt</strong>? - 49
würde. Der Schlaf wird schon weniger, aber ich habe jetzt auch niemand, <strong>der</strong> mir das besorgen<br />
könnte, <strong>der</strong> Staat lässt es ja auch nicht zu und verlangt von mir, dass ich ohne Schlaf bleiben<br />
soll, wenn es nur mit Cannabis geht.<br />
Meine Stimme setzt schon mal <strong>aus</strong>. Wenn ich mit dem Computertelefon beispielsweise anrufe,<br />
muss ich erst mal tief Luft holen, um sprechen zu können. Dann geht es aber ganz gut. Wenn <strong>der</strong><br />
Pflegedienst in die Wohnung kommt und Guten Tag wünscht, kann ich dieses nicht spontan<br />
erwi<strong>der</strong>n und nicke nur mit lächelnd mit dem Kopf. Aber nachdem ich mich gesammelt habe<br />
und 2/3 mal etwas sagte, geht es schon ganz gut, aber nur, wenn alle an<strong>der</strong>en still sind. Ich halte<br />
sogar noch Referate in größeren Räumen, nur die Decke darf nicht wegen des Resonanzraumeshöher<br />
als 2,50m sein. Dafür habe ich einen Lautsprecher hinter dem Rollstuhl mit einem<br />
Kopfset. Nur im Freien kann ich überhaupt nicht reden<br />
Ich gehe o<strong>der</strong> besser rolle (werde gerollt) nicht nur als politischer Mensch auf Veranstaltungen,<br />
son<strong>der</strong>n auch auf Demonstrationen o<strong>der</strong> besuche Museen o<strong>der</strong> Zoos.<br />
Ich habe dafür einen Renault-Kastenwagen, in dem ich von hinten reinfahren kann und dafür<br />
das Auto hinten tiefer gebockt wird. Das Auto habe ich gebraucht im Internet für 6.000 Euro mit<br />
Behin<strong>der</strong>tenumbau (4.000 €) günstig erstanden. In Köln ist es ja für einen Rollstuhlfahrer unmöglich,<br />
mit <strong>der</strong> Tram bzw. U-Bahn zu fahren, es gibt kaum Rolli Aussteige- o<strong>der</strong> Umsteigemöglichkeiten,<br />
da braucht man schon ein Auto.<br />
Die Kosten <strong>der</strong> DRK-Pflege für morgens <strong>aus</strong> dem Bett holen und Müsli anrichten und –<br />
reichen, Mittagessen anreichen und abends Brote machen Essen und ins Bett legen und den<br />
H<strong>aus</strong>haltsdienst für Waschen, Gemüsesuppe kochen für eine Woche sowie einen Beitrag von<br />
240 Euro für meinen Betreuer Holger (Einkauf, Computer, Autowerkstattbetreuung, Behördengänge<br />
usw.) zahlt aber das Amt für Behin<strong>der</strong>te <strong>der</strong> Stadt Köln ohne Probleme.<br />
Es gab immer Probleme bei Unterschriften mit den Ämtern, dass Holger für mich unterschreibt<br />
o<strong>der</strong> dass er bei Arztbesuchen dabei sein kann. Nun habe ich eine Patientenverfügung<br />
beim Notar nie<strong>der</strong> gelegt.<br />
Obwohl ich keine Familie habe, kann ich ein normales Leben führen. Ich unternehme alles<br />
nach wie vor im Leben wie Schreiben, Diskussionen, Demonstrationen, was ich vor meiner<br />
Lähmung auch gerne unternommen habe, nun bin ich auch kein Fußballer gewesen. Hier muss<br />
man sich ein neues Betätigungsfeld suchen wie Kritiken o<strong>der</strong> Veranstaltungszettel schreiben für<br />
den Verein o<strong>der</strong> Spieler suchen, wichtig ist nur, dass man sich Hobbygruppen, Gärtnervereine<br />
o<strong>der</strong> Sportvereine sucht, wo man aktiv werden kann und dann empfindet man die MS nicht als<br />
Katastrophe, son<strong>der</strong>n als Her<strong>aus</strong>for<strong>der</strong>ung.<br />
Wir Behin<strong>der</strong>te haben auch eines den Gehfähigen vor<strong>aus</strong>. Wir können unsere Umwelt <strong>aus</strong> einem<br />
gewissen Abstand beobachten und so fällt uns eher etwas auf, was Menschen, die direkt an<br />
<strong>der</strong> Sache beteiligt sind, gar nicht auffallen kann. Vielleicht hat mir dieser Abstand zu <strong>der</strong> Hektik<br />
des Alltags auch bei meinen Büchern geholfen, dann wäre meine Krankheit auch ein Vorteil.<br />
50 -: <strong>Norbert</strong> <strong>Nelte</strong>