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Nationalpark-Atlas Hamburgisches Wattenmeer

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Vorwort<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

wollen Sie mal auf Schatzsuche gehen? Der <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ist ein Schatz ganz besonderer Art:<br />

ein Naturschatz, der vor unserer Haustür liegt. Tausenden von<br />

Wasservögeln dient er als Rückzugsgebiet und Rastplatz. Als Teil<br />

des weltweit einzigartigen Ökosystems <strong>Wattenmeer</strong> beherbergt er<br />

selten gewordene Pflanzen und Tiere. Kostbarkeiten, die man<br />

nicht genug schätzen kann – und deshalb umso mehr schützen<br />

muss.<br />

Für den Schutz des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

haben wir in den letzten 10 Jahren viel erreicht: 1990, nur vier<br />

Monate nach seiner Einrichtung, erfolgte die Ausweisung als<br />

Schutzgebiet gemäß der Ramsar-Konvention. 1992 folgte die<br />

Aufnahme in das weltweite Netz der Biosphärenreservate durch<br />

die UNESCO. 1998 hat der Hamburger Senat die Anmeldung als<br />

europäisch bedeutsames Schutzgebiet bei der EU-Kommission<br />

vorgenommen. Auch in Zukunft haben wir noch vieles vor: Die<br />

Hamburger Umweltbehörde will sich darum bemühen, die<br />

Anerkennung des <strong>Nationalpark</strong>s bei der UNESCO als Teil des<br />

Weltnaturerbes <strong>Wattenmeer</strong> zu erreichen.<br />

Bevor man einen Schatz hüten kann, muss man wissen, wo er verborgen<br />

liegt. Mit dem vorliegenden <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> kann man<br />

Natur und Geschichte dieses Gebiets entdecken: Zum ersten Mal<br />

erhalten wir einen umfassenden und aktuellen Überblick über das<br />

hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> und seine Entstehung, über die besonderen<br />

Naturschätze der Inseln Neuwerk, Scharhörn, Nigehörn und<br />

der freien Wattflächen. Besonderen Raum nimmt das Kapitel zur<br />

Insel Neuwerk ein, das über die Historie, die angestammten<br />

Nutzungen, über Fremdenverkehr und Hochwasserschutz infor-<br />

miert. Zahlreiche Bemühungen des Naturschutzes von der regionalen<br />

bis hin zur europäischen Ebene werden dokumentiert. Der<br />

Anhang gibt Auskunft über die räumliche Verteilung der Tier- und<br />

Pflanzenarten, die in den letzten Jahren im <strong>Nationalpark</strong> nachgewiesen<br />

wurden.<br />

Der <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> ist aber nicht nur ein umfassendes<br />

Kompendium. Er stellt auch eine unverzichtbare Grundlage für<br />

die weitere Entwicklung dieses Schutzgebiets dar. Die Erfassung<br />

des Status quo ist der erste Teil eines dreiteiligen <strong>Nationalpark</strong>plans,<br />

in dem die künftige Entwicklung auf der Grundlage des<br />

<strong>Nationalpark</strong>rechts skizziert werden soll. Im zweiten Teil soll<br />

gemeinsam mit den Neuwerker Bürgerinnen und Bürgern, dem<br />

ehrenamtlichen Naturschutz und den dortigen Behörden ein<br />

Leitbild für den <strong>Nationalpark</strong> erarbeitet werden. Der dritte Schritt<br />

gilt der Umsetzung dieses Leitbildes: den Konzepten und Maßnahmen,<br />

die die Ziele verwirklichen.<br />

Wenn der <strong>Nationalpark</strong> eine große Schatztruhe ist, dann ist der<br />

vorliegende <strong>Atlas</strong> ein Schmuckkästchen, das die vielen Juwelen<br />

der Natur vor uns ausbreitet. Bei Auswärtigen und Neugierigen<br />

weckt er Lust auf Schauen und Staunen vor Ort. Für Interessierte<br />

und Beteiligte ist er Dokumentation, Nachschlagewerk und Ratgeber<br />

in einem. Und selbst Kenner des <strong>Nationalpark</strong>s werden hier<br />

vielleicht noch etwas Neues entdecken. Ich wünsche dem<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> vor allem eine weite Verbreitung, denn: Wer<br />

die verborgenen Schätze kennt, wird sie gerne schützen.<br />

Alexander Porschke<br />

Umweltsenator der Freien und Hansestadt Hamburg


Einleitung<br />

Mit dem vorliegenden <strong>Nationalpark</strong>atlas wird seit der Gründung<br />

des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> die erste zusammenfassende<br />

Darstellung von naturkundlichen Gütern, aktuellen<br />

Nutzungen sowie historischen Ereignissen mit ihren bis heute<br />

erhaltenen Zeugnissen vorgelegt. Der <strong>Atlas</strong> soll einen aktuellen<br />

Überblick über den <strong>Nationalpark</strong> und seine bisherige Entwicklung<br />

verschaffen und Einblicke geben, wie es zu der jetzigen Entwicklung<br />

gekommen ist. Die inhaltliche Darstellung mit Hilfe<br />

zahlreicher und zum Teil umfangreich gestalteter Karten,<br />

Graphiken, Tabellen und Fotos soll helfen, die genaueren räumlichen<br />

und zeitlichen Umstände und die Verknüpfungen unterschiedlicher<br />

Faktoren möglichst leicht verständlich zu machen.<br />

Außerdem erleichtern sie auch das Nachschlagen von Informationen<br />

zu speziellen Fragestellungen.<br />

Die Inhalte des <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> basieren auf unterschiedlichsten<br />

Quellen. Besonders hervorzuheben sind die von Dannmeyer,<br />

Lehe und Rüther herausgegebene Monographie der Insel Neuwerk<br />

"Ein Turm und seine Insel" (1952), die wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Amt Strom<br />

und Hafenbau, zur Errichtung eines Tiefwasserhafens bei<br />

Scharhörn (z.B. Schriftenreihe Hamburger Küstenforschung, seit<br />

1973), die zahlreichen Einzelpublikationen des "Verein Jordsand"<br />

und seiner Mitglieder zur Natur und Vogelwelt im hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> und hier namentlich zu den Inseln Neuwerk (Lemke,<br />

1982, 1995) und Scharhörn (Schmid, 1988) sowie schließlich die<br />

zwischen 1995 und 1999 vom Institut für Angewandte Umweltbiologie<br />

und Monitoring (IfAUM, Wremen) im Auftrag der Umweltbehörde/<strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

erarbeiteten Grundlagen zur<br />

Erstellung eines <strong>Nationalpark</strong>plans.<br />

Zu einigen interessanten Detailfragen steuerten auch die<br />

Neuwerker Bürgerinnen und Bürger wichtige Informationen bei.<br />

Wertvolle Unterstützung bei der Bestandsaufnahme leisteten<br />

zudem das Landesamt für den <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-<br />

Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> in Tönning und die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> in Wilhelmshaven.<br />

Beide haben umfangreiche Daten zum Bestand von Seehunden<br />

sowie rastenden und mausernden Seevögeln beigesteuert.<br />

Ihnen allen sei an dieser Stelle für Ihre Hilfe herzlich gedankt.<br />

Die Zuordnung der einzelnen Beiträge orientiert sich im<br />

Wesentlichen an der räumlichen Gliederung des hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es. Vorangestellt sind die allgemeinen Einführungskapitel<br />

zum Naturraum <strong>Wattenmeer</strong> und im Besonderen zum hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>. Für eine integrierte zukunftsorientierte<br />

Gestaltung des Lebensraums <strong>Wattenmeer</strong> allgemein und des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im Besonderen sollten<br />

die bisherigen Bemühungen zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es und<br />

seiner besonders gefährdeten Arten und Lebensräume auf regionaler,<br />

nationaler und internationaler Ebene ausdrücklich Berücksichtigung<br />

finden. Die bereits eindrucksvollen Bemühungen in<br />

diese Richtung sind in den beiden letzten Kapiteln zusammengefasst.<br />

Die vorgelegte Darstellung zum <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt.<br />

Trotzdem ist nicht auszuschließen dass sich der eine oder andere<br />

kleine Fehler eingeschlichen hat. Für konstruktive Anregungen,<br />

Ergänzungen, Korrekturen und Verbesserungsvorschläge sind die<br />

Autorinnen und Autoren dankbar.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 3


4<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort 2<br />

Einleitung 3<br />

Inhaltsverzeichnis 4<br />

Naturraum <strong>Wattenmeer</strong>: eine Einführung 6<br />

Salzwiesen - Salzmarschen - Salzgrünländer 8<br />

Die freien Wattflächen 10<br />

Priele: die Verbindung zwischen Watt und Meer 12<br />

Dünen, Sandbänke und Strände 14<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> und die Vogelwelt 16<br />

Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong> 18<br />

Allgemeine Gebietsbeschreibung 20<br />

Entstehung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es 22<br />

Strömungen und ihre Auswirkungen 24<br />

Insel Neuwerk 28<br />

Bodenaufbau 30<br />

Wildlebende Säugetiere 32<br />

Neuwerker Inselchronik 34<br />

Die bauliche Entwicklung der Inselgemeinde 38<br />

Der Neuwerker Turm 40<br />

Zeugnisse der historischen Kulturlandschaft 42<br />

Fremdenverkehr 44<br />

Versorgung und Entsorgung 46<br />

Hochwasserschutz 48<br />

Pflanzenwelt und Vegetation im Binnengroden 52<br />

Die Brut- und Rastvögel im Binnengroden 54<br />

Die wirbellose Tierwelt im Binnengroden 58<br />

Nutzungen im Binnengroden 60<br />

Pflanzenwelt und Vegetation im Vorland 62<br />

Die Brut- und Rastvögel im Vorland 64<br />

Die Ringelgänse im Vorland 66<br />

Die wirbellose Tierwelt im Vorland 70<br />

Nutzungen im Vorland 72<br />

Auswirkungen der Viehbeweidung auf die Pflanzen- und Tierwelt im Vorland 74<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Die Insel Scharhörn 76<br />

Die Geschichte der Insel Scharhörn 78<br />

Lebensräume und Vegetation im Wandel der Entwicklung 80<br />

Die Insektenwelt der Inseln Scharhörn und Nigehörn 84<br />

Die Vogelwelt und ihre Entwicklung 86<br />

Brut- und Nahrungsbiologie der Fluss- und Küstenseeschwalben 90<br />

Die Müllbelastung im Mündungsbereich der Elbe 92<br />

Die Insel Nigehörn 94<br />

Die Aufspülung der Insel Nigehörn –<br />

ein Naturschutzgroßprojekt von nationaler Bedeutung 96<br />

Lebensräume und Vegetation im Wandel der Entwicklung 98<br />

Die Vogelwelt und ihre Entwicklung 100<br />

Gefährdete Brutvogelarten auf Nigehörn und Scharhörn 102<br />

Die Watt- und Wasserflächen 104<br />

Die Lebensgemeinschaften der Wattflächen und Priele 106<br />

Die Mausergebiete der Brandenten und Eiderenten 110<br />

Die Rast- und Überwinterungsgebiete der Vogelwelt 112<br />

Bestand und Entwicklung der Seehunde 114<br />

Die Wattwege im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> 116<br />

Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong> 118<br />

Grundlagen und Ziele von <strong>Nationalpark</strong>en 120<br />

Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es 122<br />

Europäische Naturschutzrichtlinien im <strong>Wattenmeer</strong> 124<br />

Biosphärenreservat: regionale Chancen nachhaltiger Ressourcennutzung 126<br />

Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 128<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> – Entstehung, Grundlagen und Ziele 130<br />

Forschung und Umweltbeobachtung 132<br />

Umweltkommunikation: die Natur verständlich machen 136<br />

Der <strong>Nationalpark</strong> in der räumlichen Planung 140<br />

Anhang 142<br />

<strong>Nationalpark</strong>-Steckbrief 144<br />

<strong>Nationalpark</strong>-Gesetz 146<br />

Verzeichnis der Arten 150<br />

Bestimmungsliteratur 161<br />

Literaturverzeichnis 162<br />

Schriftenreihe der Umweltbehörde 166<br />

Impressum 169


Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />

8<br />

Salzwiesen zählen zu den europaweit am stärksten gefährdeten Lebensräumen. Dabei gehören sie gemeinsam mit den<br />

offenen Wattenbereichen zu den wertvollsten Naturgütern des <strong>Wattenmeer</strong>es. Salzwiesen beherbergen speziell angepasste<br />

Lebensformen, die an die besonderen Lebensumstände im Übergang von Land und Meer hervorragend angepasst sind.<br />

Salzwiesen-Salzmarschen-Salzgrünländer<br />

Salzwiesen sind weltweit an vielen flachen Meeresküsten verbreitet,<br />

doch ist ihre räumliche Ausdehnung im <strong>Wattenmeer</strong> mit<br />

ca. 30.000 ha. einzigartig. Der Begriff Salzwiesen kann zu Irritationen<br />

führen, da das Deichvorland nur in wenigen Bereichen<br />

gemäht wird. Daher werden auch die Begriffe Salzmarschen,<br />

Salzrasen und Salzgrünländer verwendet. Alle diese Begriffe<br />

bezeichnen jenes Grünland, das sich etwa zwischen der mittleren<br />

Hochwasserlinie und dem Deich erstreckt und dessen Vegetation<br />

in fein abgestufter Aufeinanderfolge verschiedenartiger Vegetationsgürtel<br />

von Staudenfluren oder Gräsern dominiert wird.<br />

Die Pflanzen der Salzwiesen<br />

Wo im strömungsberuhigten Bereich Feinmaterial abgelagert<br />

wird, können bei Erreichen eines Niveaus von ca. 40 cm unter<br />

MThw erste Blütenpflanzen wie z.B. der Queller oder das<br />

Schlickgras dauerhaft Fuß fassen. Eine beschleunigte Sedimentation<br />

erhöht das Gelände, so dass die Anzahl der Überflutungen<br />

stetig abnimmt. Gleichzeitig sinkt der Salzgehalt im Boden, und<br />

die Durchlüftung verbessert sich entsprechend. In der Folge können<br />

sich weitere Pflanzenarten ansiedeln. Neben dem Andel ist<br />

dies z.B. die Strand-Salzmelde, der Strandflieder und die Strand-<br />

Sode. Innerhalb dieser sogenannten Andel-Zone ("Untere Salzwiese")<br />

bildet sich in natürlichen Beständen ein vielfältiges Vegetationsmosaik,<br />

in dem bereichsweise einige Arten zur Dominanz<br />

kommen können. Die Andel-Zone erstreckt sich etwa bis 35 cm<br />

über die mittlere Hochwasserlinie. Oberhalb dieses Bereiches<br />

schließt sich die Rot-Schwingel-Zone ("Obere Salzwiese") an, in<br />

welcher der namensgebende Salz-Rot-Schwingel dominiert.<br />

Diese Zone wird nicht häufiger als 50 mal pro Jahr vom Hochwasser<br />

überflutet. Neben dem Rot-Schwingel treten hier vermehrt<br />

auch die Strand-Grasnelke und der Strand-Wegerich auf.<br />

Viele Salzwiesen sind in ihrer Entwicklung maßgeblich durch den<br />

Menschen gefördert worden. Für Landgewinnung und Küstenschutz<br />

werden durch Lahnungsbau strömungsberuhigte Bereiche<br />

geschaffen, in denen Schlick sedimentiert. Dadurch erhöhen sich<br />

die Wattflächen. Nach Erreichen des Niveaus der Andel-Zone<br />

wird durch Entwässerungsmaßnahmen, wie dem Bau von<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Grüppen und größeren Gräben, die Entwässerung des Sedimentes<br />

und damit die Belüftung des Bodens gefördert, so dass auf der<br />

Bodenoberfläche eine stabile Grasnarbe entstehen kann.<br />

Die Artenzusammensetzung der Salzwiesen wird von weiteren<br />

Faktoren bestimmt. Auf den seltener vorkommenden sandigen<br />

Substraten entwickeln sich aufgrund der anderen Bodeneigenschaften<br />

abweichende Salzpflanzengesellschaften, in denen z.B.<br />

der Erdbeer-Klee auftreten kann. Neben der Bodenart ist der<br />

Salzgehalt der Bodenlösung bedeutsam. Aufgrund der Sedimenterhöhung<br />

und seltenerer Überflutung wird der Salzgehalt im<br />

Boden in den höheren Salzwiesenbereichen bereits herabgesetzt.<br />

Salzwiesen in Flussmündungen<br />

Sie sind die Besonderen unter den Einzigartigen. Im Bereich des<br />

Süßwassereinflusses der Flußmündungen verstärkt sich die Aussüßung<br />

des Bodens in besonderem Maße, so dass bereits in der<br />

Andel-Zone solche Formen gedeihen können, die keine besonderen<br />

Anpassungen der Salzresistenz entwickelt haben. So ist die<br />

Strandsimse in diesen Bereichen sehr viel stärker vertreten, bei<br />

noch geringerem Salzgehalt kommt auch Schilf auf.<br />

Die Tierwelt der Salzwiesen<br />

Die Kleintierfauna der Salzgrünländer ist sehr formenreich und<br />

im Vorkommen ganz überwiegend eng an den besonderen<br />

Lebensraum gebunden. Mehr als 2500 Tierarten der Insekten,<br />

Spinnen, Kleinkrebse und Würmer sind in den verschiedenen<br />

Ausprägungen nachgewiesen worden. Häufig ist ihre Lebensund<br />

Nahrungsgrundlage von einer einzigen Pflanzenart abhängig<br />

oder sie benötigen das eng verzahnte Nebeneinander von verschiedenen<br />

Lebensbedingungen der natürlichen Salzwiesen.<br />

Viel augenscheinlicher als die Kleintierfauna tritt jedoch die<br />

Vogelwelt der Salzwiesen hervor, auch wenn nur wenige<br />

Vogelarten ausschließlich an Salzgrünländer gebunden sind. Viele<br />

Vogelarten wie z.B. der Rotschenkel oder der Austernfischer können<br />

auch in anderen Biotopen brüten, in den Salzmarschen erreichen<br />

sie jedoch ihre höchste Brutdichte.<br />

Nutzungen in den Salzwiesen<br />

Salzwiesen dienen sowohl dem Schutz der Deiche als auch der<br />

Bewirtschaftung durch die Landwirtschaft. Auf den flach ansteigenden<br />

Vorländern laufen die Wellen schnell auf, brechen anschließend<br />

und verlieren so den größten Teil der Energie bereits<br />

bevor sie auf den Hauptdeich treffen. Die Landwirtschaft nutzt die<br />

Salzwiesen für die Beweidung durch Schafe, Rinder und auch<br />

Pferde.<br />

Eine intensive Beweidung wurde früher als unbedingt hilfreich<br />

angesehen, um die Festigkeit der Grasnarbe und damit die Haltbarkeit<br />

der Wiesen für den Küstenschutz zu gewährleisten. In<br />

neueren Untersuchungen hat sich jedoch herausgestellt, dass auch<br />

unbeweidete und extensiv beweidete Salzwiesen ausreichend Festigkeit<br />

besitzen und der Erosion ebenso gut widerstehen können.<br />

Die intensive Nutzung der Salzwiesen führt zu einem deutlichen<br />

Rückgang der natürlichen Artenvielfalt. Auf beweideten Flächen<br />

dominieren robuste, wenig verbissempfindliche Gräser wie Andel<br />

und Rot-Schwingel. Trittempfindliche Kräuter können nicht mehr<br />

gedeihen.<br />

Die Salzwiesen im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> sind Salzwiesen<br />

großflächig nur auf der Insel Neuwerk ausgebildet. Auf den<br />

Düneninseln Scharhörn und Nigehörn bestehen nur kleine Salzwiesenareale.<br />

Außerdem gehört ein kleiner Anteil der Festlandsalzwiesen<br />

an der Wurster Salzwiesenküste zum hamburgischen<br />

Staatsgebiet.<br />

Die Salzwiesen auf Neuwerk stellen etwas Besonderes dar, weil<br />

sie sich nicht einfach in das klassische Schema einordnen lassen.<br />

Im Bereich der ehemaligen östlichen Lahnungsfelder sind typische<br />

Salzwiesen entstanden, in denen sich auch der Unterschied<br />

zwischen beweideten und unbeweideten Salzwiesen deutlich<br />

zeigt.<br />

Hinter dem im Jahr 1925 errichteten Sommerdeich bestehen<br />

jedoch nur noch selten überflutete Salzwiesen, die sich im Übergang<br />

zu den von Süßgräsern dominierten Wiesengesellschaften<br />

befinden. Dennoch sind charakteristische Salzpflanzen der sandigen<br />

Küsten wie Erdbeer-Klee und Lücken-Segge immer noch<br />

verbreitet. In tieferen Bereichen dominiert die Rot-Schwingel-<br />

Zone und Andel. Im Vorland Neuwerks ist die Ausbildung und<br />

Verteilung der Salzwiesengemeinschaften sehr deutlich an das<br />

kleinräumig stark wechselnde Relief angepaßt.


Überflutungshäufigkeit<br />

Salzgehalt<br />

Sedimentart<br />

Überflutungsdauer<br />

Salzwiesen<br />

Vertritt<br />

Entwässerung<br />

Beweidung/<br />

Mahd<br />

Abb. 2:Wesentliche Faktoren, die zur Ausbildung<br />

und Struktur von Salzwiesen beitragen. Blaue<br />

Felder repräsentieren natürliche Faktoren, deren<br />

Auswirkung durch menschliche Einflüsse zusätzlich<br />

beeinflusst werden können. Gelbe Felder<br />

repräsentieren solche Faktoren, die durch Hochwasserschutz<br />

und Landwirtschaft die Entwicklung<br />

der Salzwiesen nachhaltig verändern.<br />

Abb. 3: Blühende Salzwiese im östlichen<br />

Vorland von Neuwerk (September 1996).<br />

Foto Janke.<br />

Queller<br />

Schlickgras<br />

Andel<br />

Strand-Salzmelde<br />

Strand-Dreizack<br />

Strand-Aster<br />

Milchkraut<br />

Strandflieder<br />

Queller-Zone Andel-Zone Priel<br />

Strand-Beifuß<br />

Rot-Schwingel<br />

Strand-Grasnelke<br />

Strand-Wegerich<br />

Salz-Binse<br />

Acker-Kratzdistel<br />

Rot-Schwingel-<br />

Zone Deich<br />

Abb. 4: Die Salzwiesenvegetation bildet in Abhängigkeit von der Überflutungshäufigkeit deutliche<br />

Zonen. Die Queller-Zone wird bis zu 700 ma/Jahr überflutet. Die höher gelegene Andel-Zone wird<br />

noch 250 mal jährlich überflutet. In der Rot-Schwingel-Zone beträgt die Überflutungshäufigkeit noch<br />

40 - 70 mal/Jahr. Der Deich wird nur noch bei Sturmflutereignissen erreicht.<br />

Bewirtschaftete<br />

Struktur<br />

Quellerzone<br />

Andel-Zone<br />

Rot-Schwingel-Zone<br />

Natürliche<br />

Struktur<br />

Meer<br />

Dünen<br />

Deich<br />

Abb. 5: Schematische Darstellung<br />

bewirtschafteter Salzwiesen (linke<br />

Bildhälfte) und natürlicher Salzwiesen<br />

(rechte Bildhälfte). Durch<br />

gezielte Entwässerung (Grüppung)<br />

und Beweidung wird die Struktur<br />

der Salzwiesen einheitlicher, die<br />

Wasserfläche wird zugleich vergrößert.<br />

In den unbewirtschafteten<br />

Salzwiesen stellt sich eine natürliche<br />

geomorphologische Struktur mit<br />

wassergefüllten Senken, Salzpfannen<br />

und kleinen Geländerücken ein. Die<br />

deutliche Grenze zwischen den verschiedenen<br />

Salzwiesen-Zonen löst<br />

sich auf.<br />

Abb. 1: Ausdehnung der Salzwiesen (grüne Flächen) im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 9


Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />

10<br />

Der „Lebensraum auf den zweiten Blick“ ist der Inbegriff des <strong>Wattenmeer</strong>es schlechthin. Dem geübten Blick des Wattwanderers<br />

erschließt sich in der scheinbar endlosen wüstenhaften Weite des freigelegten Meeresbodens ein dicht besiedelter<br />

Raum mit einer formen- und artenreichen Lebensgemeinschaft.<br />

Die freien Wattflächen<br />

Als freie Wattflächen werden die im Rhythmus der Tide trockenfallenden<br />

flachen Sandrücken bezeichnet, die von Rinnensystemen,<br />

den Prielen, Gats und Baljen, durchzogen sind. Dieser<br />

Lebensraum -gemeinhin als Watt bezeichnet - ist jener Bereich,<br />

der bei Hochwasser regelmäßig überflutet wird und bei Niedrigwasser<br />

trockenfällt.<br />

Wie und wann entstand das Watt?<br />

Die Entstehung des Watts nahm ihren Anfang nach dem Ende der<br />

letzten Eiszeit, als sich die Nordsee wieder nach Süden hin ausbreitete,<br />

etwa 5.500 Jahre vor unserer Zeitrechnung (siehe Seite<br />

22). Doch nicht nur nacheiszeitliche Ablagerungen, sondern auch<br />

die heutigen Strömungen und Winde sind am Aufbau und Abbau<br />

der Wattflächen maßgeblich beteiligt. Besonders drastisch verändern<br />

sich die Watten und Prielverläufe durch Sturmereignisse,<br />

aber selbst die den Boden mit ihrer Kriechspur einschleimenden<br />

Wattschnecken vermögen die Oberfläche und Beschaffenheit des<br />

Wattbodens nachhaltig zu verändern.<br />

Die Struktur der Wattflächen<br />

Watt ist nicht gleich Watt. Durch die gezeitenbedingte Dynamik<br />

in Verbindung mit den unterschiedlichen Strömungs- und<br />

Sinkgeschwindigkeiten der Sedimente entstehen drei verschiedene<br />

Watt-Typen. Die feinkörnigen Sedimente der Watten werden<br />

entsprechend ihrer Beschaffenheit unterschiedlich gut vom<br />

Wasser transportiert: In strömungsberuhigten Gebieten, das sind<br />

vor allem die hochliegenden, festlands- und inselnahen Bereiche,<br />

lagern sich feine Sedimente ab. Dies führt zur Bildung von<br />

Schlickwatt. Die feinen Sedimente bestehen zu über 50% aus Ton<br />

und Silt, ihr organischer Anteil macht bis zu 20% aus. Das<br />

Schlickwatt ist für den Wattwanderer an seinen plastischen<br />

Eigenschaften, die bei jedem Schritt zum Einsinken führen, deutlich<br />

erkennbar.<br />

In strömungsreicheren Gebieten bildet sich das Sandwatt mit<br />

deutlich gröberen Sedimentanteilen aus. Typisch für das Sandwatt<br />

sind die von der Wasserströmung erzeugten waschbrettähnlichen<br />

Rippelmarken auf der Bodenoberfläche. Sandwatt-Sedimente<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

bestehen überwiegend aus Feinsanden und besitzen einen Tonund<br />

Silt-Anteil von lediglich 10%.<br />

Das Mischwatt schließlich stellt eine Übergangsform zwischen<br />

den beiden oben genannten Watt-Typen dar.<br />

Leben im Watt<br />

Die drei Watt-Typen Sand-, Misch- und Schlickwatt unterscheiden<br />

sich nicht nur in ihrer Korngröße sondern auch in ihrem<br />

Wasser- und Sauerstoffgehalt. Diese Parameter beeinflussen<br />

ebenso wie die im Rhythmus der Tide schwankenden Faktoren<br />

Porenwasser, Gehalt an organischer Substanz, Temperatur,<br />

Wasserströmung, Wasserbedeckung, Lichtintensität und Salzgehalt<br />

den Lebensraum und damit die Besiedlung des Wattbodens<br />

durch Organismen. Diese zweimal täglich stattfindende grundlegende<br />

Veränderung des Lebensraums stellt außergewöhnliche<br />

Anforderungen an die Anpassungsfähigkeit seiner Bewohner. Von<br />

den rund 95.000 Organismenarten in Mitteleuropa können nur<br />

etwa 2.500 Arten unter den besonderen Bedingungen des<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es dauerhaft überleben.<br />

Die Lebensräume in und auf dem Wattboden sind überwiegend<br />

von Organismen besiedelt, die ihre Aktivitäten weitgehend auf<br />

den Grenzbereich zwischen Wasser und der obersten Bodenschicht<br />

beschränken (Benthos). Sie sind deshalb auch in besonderem<br />

Maße den Wechselwirkungen zwischen Sediment und<br />

Wasser ausgesetzt.<br />

Neben den frei umherwandernden Schnecken, Krebstieren und<br />

Würmern haben sich andere Wattbewohner an eine standorttreue<br />

Lebensweise angepasst. Diese Tiere bewohnen selbst gegrabene<br />

und zum Teil auch ausgekleidete Wohnröhrensysteme. Mit feinen,<br />

langen Armen und Tentakeln suchen sie bei hohen Wasserständen<br />

den Wattboden nach organischen Teilchen oder mikroskopisch<br />

kleinen Kieselalgen ab. Eine dritte Gruppe von Wattbewohnern<br />

hat sich darauf spezialisiert, die Nahrung aus dem<br />

Wasser herauszufiltrieren. So bilden die meisten im Boden eingegrabenen<br />

Muschelarten jeweils eine schlauchförmig verlängerte<br />

Ein- und Ausstromöffnung aus, mit deren Hilfe sie das Wasser<br />

heranstrudeln. Im Schaleninneren halten die fein gefiederten<br />

Kiemen selbst feinste Nahrungspartikel zurück und fächeln sie<br />

zum Mund.<br />

„Felsen“ im <strong>Wattenmeer</strong><br />

Ein besonderer Lebensraum des <strong>Wattenmeer</strong>es bilden die Bänke<br />

der Miesmuscheln. Diese schaffen es, sich mit Hilfe von festen<br />

Eiweißfäden in mehreren Etagen und nur einer kleinen festen<br />

Unterlage (z.B. eine Muschelschale oder ein angeschwemmter<br />

Holzbalken) fest auf dem Boden anzusiedeln. Das quasi „Felsenbiotop“<br />

im Watt lockt zahlreiche ansonsten im <strong>Wattenmeer</strong> seltene<br />

Lebensformen an. Alte Muschelbänke beherbergen Schwämme,<br />

Polypenkolonien, Blumentiere, Moostierchen, Seescheiden,<br />

Seepocken und verschiedene Tange. Eine ähnliche Besiedlung<br />

bildet sich auch an den Buhnen, Molenwänden und anderen festen<br />

Hochwasserschutzanlagen und sogar an den Schiffsrümpfen,<br />

wenn diese nicht ständig vom Bewuchs frei gehalten werden.<br />

Leben vom Watt<br />

Nicht nur im und auf dem Boden, sondern auch über dem Watt<br />

findet Leben statt. Für die Watvögel ist der Wattboden mit einer<br />

Produktion von 300 Gramm Biomasse/m 2 ein „reich gedeckter<br />

Tisch“. Um einer möglichen Nahrungskonkurrenz mit anderen<br />

Arten zu begegnen und zugleich das vorhandene Nahrungsangebot<br />

möglichst vollständig nutzen zu können, haben sich bei den<br />

Watvögeln beispielsweise spezielle Schnabelformen herausgebildet,<br />

die es ihnen erleichtern, ihre artspezifische Nahrung in diesem<br />

außergewöhnlichen Substrat ausfindig zu machen und zu<br />

ergreifen. So stochern die Pfuhlschnepfen gezielt in Wurmröhren<br />

und Muschelgängen, während die Brandenten vorwärts gehend<br />

ihren leicht geöffneten Schnabel flach in den Boden führen, um<br />

ihre Beute zu ertasten. Der Säbelschnäbler schwenkt seinen<br />

abwärts gebogenen, langen Schnabel durch die oberste Bodenschicht<br />

und durchkämmt sie nach Wattschnecken und Schlickkrebsen.<br />

Der Große Brachvogel kann mit seinem besonders langen,<br />

nach unten gebogenen Schnabel selbst die tief im Boden eingegrabenen<br />

Pfeffermuscheln und Seeringelwürmer erreichen. Der<br />

besonders kräftige Schnabel des Austernfischer ermöglicht es<br />

ihm, Herz- und Miesmuschelschalen aufzubrechen, während der<br />

Rotschenkel in der Lage ist, mit seinem relativ langen Schnabel<br />

auch Plattmuscheln zu erbeuten und Seeringelwürmer aus ihren<br />

Gängen im Wattboden zu ziehen. Der kurzschnäblige Sandregenpfeifer<br />

erbeutet Wattschnecken und pickt Krebse und Kleinschnecken<br />

von der Wattoberfläche ab.


Kiemenringelwurm<br />

Tiefe (cm)<br />

Bäumchenröhrenwurm<br />

5<br />

10<br />

15<br />

20<br />

als Erwachsener<br />

Sanderling<br />

Sandregenpfeifer<br />

Knull<br />

Wattschnecke<br />

Herzmuschel<br />

S a n d w a t t Mischwatt Schlickwatt<br />

Plattmuschel<br />

Seeringelwurm<br />

Pygospiowurm<br />

Herzmuschel<br />

Opalwurm<br />

Wattwurm<br />

Schlickkrebs<br />

Rotschenkel<br />

Plattmuschel<br />

Pfeffermuschel<br />

Wattwurm<br />

als Jungtier<br />

Klaffmuschel<br />

Pfuhlschnepfe<br />

Kotpillenwurm<br />

Pfeffermuschel<br />

Schlickkrebs<br />

Wattschnecke<br />

Abb. 3: Besiedlung der unterschiedlichen Watt-Typen durch wirbellose Tiere.<br />

Großer Brachvogel<br />

Seeringelwurm<br />

Abb. 2:Typische Schnabelformen als Anpassung an den Lebensraum<br />

der bevorzugten Beutetierart.<br />

Abb. 4: Bei niedrigen Wasserständen legt die Tide den größten Bereich<br />

des Meeresbodens im <strong>Wattenmeer</strong> frei. Foto Janke.<br />

Abb.1: Ausdehnung der freien Wattflächen (graue Flächen) im<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 11


Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />

12<br />

Priele und Prielströme stellen je nach Tidestand entweder das Flutungs- oder Entwässerungssystem des <strong>Wattenmeer</strong>es dar.<br />

In Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Untergrundes, der hydromechanischen und klimatologischen Grundbedingungen<br />

bilden sie sich in unterschiedlicher Formenvielfalt aus und unterliegen zugleich ständigen Veränderungen.<br />

Priele - die Verbindung zwischen Watt und Meer<br />

Das Ökosystem <strong>Wattenmeer</strong> umfaßt, neben den periodisch<br />

trockenfallenden Wattrücken, auch solche Bereiche, die ständig<br />

mit Wasser bedeckt sind. In dieser sogenannten Dauerflutzone, zu<br />

denen auch die Priele und Prielströme gezählt werden, regieren<br />

ganz eigenständige Umweltbedingungen, die diese Lebensräume<br />

deutlich von allen anderen unterscheiden und zu den typischen<br />

marinen Ökosystemen überleiten.<br />

Dabei verleihen vor allem die Ebb- und Flutströme dem <strong>Wattenmeer</strong><br />

seine charakteristische Dynamik und Gestalt. Während der<br />

Ebbe bzw. Flut erreicht das von den Wattflächen ausströmende<br />

bzw. in sie einströmende Wasser hohe Strömungsgeschwindigkeiten,<br />

die einen periodischen Sediment- und Nährstofftransport<br />

hervorrufen. Der Ebbstrom erreicht im allgemeinen eine<br />

größere Strömungsgeschwindigkeit als der Flutstrom.<br />

Die Priele<br />

Als Priele werden Wasserrinnen im Watt, also kleine Wattrinnen,<br />

bezeichnet, die auch zur Niedrigwasserzeit noch mit natürlichem<br />

Gefälle Wasser führen. Im Gegensatz zu den Prielströmen, in die<br />

sie entwässern, sind sie mit weniger als 1 Meter Tiefe meist nur<br />

flach. Priele werden vom Ebbstrom geprägt und daher als Ebbpriele<br />

bezeichnet. Im niedersächsischen Sprachgebrauch werden<br />

diese größeren Priele "Baljen" genannt. Baljen oder Ebbpriele<br />

unterscheiden sich durch ihre ständige Wasserführung von den<br />

Drainageprielen, die während der Ebbe vollständig leerlaufen.<br />

Aufgrund der im <strong>Wattenmeer</strong> durch Tide und Wind ausgelösten<br />

starken Stromkräfte mäandrieren Priele sehr stark und unterliegen<br />

ständigen Veränderungen. In den Kurven bilden sie Prall- und<br />

Gleithänge aus, ähnlich den naturbelassenen Bächen und Flüssen<br />

auf dem Festland. Am Prallhang erfolgt ein Abbruch, am<br />

Gleithang eine Anlagerung von Sedimenten. Dieser Prozeß führt<br />

zu einer Verlagerung des Priels. Im Mischwatt kann die<br />

Prielverlagerung 20 Meter bis 30 Meter pro Jahr betragen, im<br />

Sandwatt sogar bis zu 100 Meter pro Jahr.<br />

Auch der Querschnitt der Priele unterscheidet sich je nach Watt-<br />

Typ. Im Sandwatt gelegene Priele haben ein mehr oder weniger<br />

ebenes Bett ausgebildet, während Schlickwatt-Priele sich ein stei-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

leres, U-förmiges Profil gegraben haben.<br />

Die Priele sind in ihrem Sohlenbereich durch relativ starke Sedimentbewegung<br />

gekennzeichnet. Es wechseln sandige Abschnitte<br />

mit von Schill dominierten Bereichen ab. Nur in den strömungsberuhigten<br />

Flutbuchten dominieren dagegen feinere Sedimente.<br />

Prielströme<br />

Prielströme sind die Hauptentwässerungsrinnen des Watts. Sie<br />

durchschneiden die Wattflächen von der offenen See her bis zum<br />

Festland und führen ständig - also auch bei Niedrigwasser –<br />

Wasser mit mehr als einem Meter Tiefe. Im Vergleich zu den<br />

Prielen verändern die Prielströme ihre Lage nur langsam.<br />

In den großen Prielströmen können sehr hohe Strömungsgeschwindigkeiten<br />

erreicht werden. So wurden z.B. im nordfriesischen<br />

Prielstrom Norderhever Fließgeschwindigkeiten von bis zu<br />

Abb. 1: Ablaufender Priel zwischen Scharhörn und Neuwerk. Die Ansammlung<br />

der freigespülten Molluskenschalen wird als "Muschelgrab"<br />

bezeichnet. Foto: Janke.<br />

1,4 m/s gemessen. Diese hohen Strömungsgeschwindigkeiten<br />

führen zu großen Umlagerungsraten. Im Sohlenbereich lagern<br />

sich daher vornehmlich gröbere Sedimente ab (Grobsande, Schill<br />

oder Kies). Auf Teilstrecken können auch aus früheren Eiszeiten<br />

stammende grobe Ablagerungen angeschnitten werden, wodurch<br />

Steine und Kies zutage treten.<br />

Im Bereich zwischen den Rinnenabhängen und der MTnw-Linie<br />

befinden sich ständig überflutete (sublitorale) Flächen in unterschiedlicher<br />

Ausdehnung, in denen relativ strukturarme Vertiefungen<br />

ausgeformt sein können. Diese Bereiche werden als<br />

unterseeische Flutbuchten bezeichnet.<br />

Obwohl die Prielströme auch Gemeinsamkeiten mit den großen<br />

Strömen auf dem Festland aufweisen, gibt es zu ihnen auch gravierende<br />

Unterschiede: So wechselt z.B. die Strömungsrichtung<br />

periodisch viermal am Tag (zweimal pro Tideperiode).<br />

Seegats<br />

An den Ausgängen der Prielströme zwischen den Inseln und<br />

Außensänden wird der Strom stark verengt. In diesen Seegats<br />

herrschen sowohl bei Ebbe als auch bei Flut außerordentlich hohe<br />

Strömungsgeschwindigkeiten. Infolgedessen kommt es zur fortlaufenden<br />

Vertiefung der Rinnen, die bis über 35 Meter Tiefe<br />

erreichen können (z.B. im Lister Tief bei Sylt). Im seeseitigen<br />

Mündungsbereich zur offenen See, im sogenannten Ebbdelta,<br />

verringert sich die Strömungsgeschwindigkeit ganz abrupt, so<br />

daß gröbere Sedimente abgelagert werden. Stetig wechselnde<br />

Sedimentationsbedingungen führen zur Ausbildung sehr veränderlicher<br />

Sandbänke und Barren. Der wattseitige Mündungsbereich,<br />

das Flutdelta, ist dagegen weniger stark ausgebildet und<br />

einer wesentlich geringeren Dynamik ausgesetzt.<br />

Senken<br />

Ebenfalls zur Dauerflutzone können mehr oder weniger isolierte<br />

Senken und Vertiefungen auf den Wattflächen gezählt werden.<br />

Hier bleibt das Wasser während der Trockenzeit stehen und bildet<br />

so Wasserinseln. Auch künstliche Vertiefungen, wie etwa<br />

Sandentnahmestellen (z.B. das sogenannte Baggerloch im Osten<br />

Scharhörns), sind zu diesem Biotoptyp zu zählen und häufig tiefer<br />

als natürlich entstandene Senken. In diesen isolierten und z.T.<br />

nur sehr flachen Wasserlöchern herrschen Lebensbedingungen<br />

mit starken Schwankungen. Starker Regen kann den Salzgehalt<br />

deutlich verringern, Sonneneinstrahlung vermag ihn durch<br />

Verdunstung stark zu erhöhen und zugleich die Temperatur deutlich<br />

ansteigen lassen.<br />

Diese vom Wasser zeitweilig abgeschnittenenen Bereiche wirken<br />

als Sammlungsbecken für wasserlebende Organismen, die bei<br />

einsetzendem Niedrigwasser ihren Rückzug in die tieferen Priele<br />

nicht geschafft haben. Da die Organismendichte sich hier kurzfristig<br />

deutlich erhöht, nutzen viele Vögel (Möwen, Seeschwalben)<br />

diese Flächen als Jagdgebiete während der Zeit niedriger<br />

Wasserstände. Die beschriebenen Senken sind meist nur von<br />

begrenzter Dauer. Aufgrund ihrer speziellen hydrologischen<br />

Bedingungen versanden sie innerhalb kurzer Zeit wieder,<br />

während anderenorts neue entstehen.


Spritzwasserzone (Supralitoral):<br />

selten überflutete Bereiche der Küste, häufig nur noch von<br />

salzhaltigem Spritzwasser erreicht.<br />

Wechselflutzone (Eulitoral):<br />

periodisch im Wechsel von Ebbe und Flut trockenfallende<br />

bzw. überspülte Küstenbereiche; der Wechselflutraum entspricht<br />

dem Bereich zwischen der mittleren<br />

Springtideniedrig- und –hochwasserlinie.<br />

Dauerflutzone (Sublitoral):<br />

ständig unter Wasser bleibender Küstenabschnitt, höchstens<br />

noch bei Extrembedingungen trockenfallend; seine<br />

obere Grenze fällt etwa mit der mittleren Springtideniedrigwasserlinie<br />

zusammen.<br />

Abb. 3: Charakteristische Formenelemente des <strong>Wattenmeer</strong>s am Beispiel des Bakenlochs.<br />

Abb. 2: Priele (dunkelblau) und Dauerflutzone (hellblau) im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 13


Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />

14<br />

Sandige Küstenabschnitte mit Stränden und Dünen gehören zu den beliebtesten Erholungsräumen im <strong>Wattenmeer</strong>. Nur<br />

dort, wo relativ starke Strömungsverhältnisse herrschen, lagern sich die für ihre Bildung notwendigen grobkörnigen<br />

Sedimente ab. Die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt muss ständige An- und Ablagerungen, plötzliche Über- und<br />

Fortspülungen bis hin zur zumindest vorübergehende Unbewohnbarkeit ihres Lebensraumes ertragen.<br />

Dünen, Sandbänke und Strände<br />

Entstehung<br />

Im ganz überwiegenden Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es lagern sich feine<br />

Sedimente ab, die zur Bildung der Watten führen. Sandige<br />

Bereiche haben sich nur in sehr strömungsexponierten äußeren<br />

Wattenbereichen (Außensände) sowie den Barriere-Inseln der<br />

friesischen Inselketten etabliert. Auch im inneren Bereich der<br />

deutschen Bucht entstanden ausgeprägte Sandbänke, von denen<br />

der Große Knechtsand und die Scharhörnplate die bedeutendsten<br />

sind. Durch das Zusammenwirken von Brandung, Gezeiten und<br />

Driftströmungen sowie den Windverhältnissen werden die Sände<br />

bis wenige Dezimeter über der mittleren Tidenhochwasserlinie<br />

aufgeweht und gespült, bis sie schließlich nur noch durch den<br />

Wind und seltene, extreme Hochwasserereignisse weiter aufgebaut,<br />

umgelagert und wieder abgebaut werden können. Auch der<br />

Bewuchs mit Pflanzen kann eine weitere Entwicklung und<br />

Stabilisierung bewirken.<br />

Sandbänke und Strände zeichnen sich durch eine wüstengleiche<br />

Vegetationsarmut aus. Nur wenn winterliche Hochwässer Algenund<br />

Tangpakete anspülen und diese durch Sandüberwehung befestigt<br />

werden, können sich Substrate ausprägen, die die Bildung<br />

einer Vegetation überhaupt zulassen. Aus angespülten Samen<br />

können einige wenige Pflanzenarten im nährstoffreichen, aber<br />

salzhaltigen Treibgut austreiben. Nur selten entwickeln sich auf<br />

den Sandstränden mehrere Jahre überdauernde Strandwallsysteme.<br />

Diese gehören dann zu den bedeutendsten Brutplätzen<br />

der Seeregenpfeifer und der Zwergseeschwalben, auch wenn ihre<br />

Gelege den sommerlichen Hochwässern schutzlos ausgeliefert<br />

sind. Die Außensände sind von großer Bedeutung für die heimischen<br />

Robben. Hier liegen die wichtigsten Ruhe- und Säugeplätze<br />

für die Aufzucht des Nachwuchses.<br />

Für den Küstenschutz sind die Außensände deshalb so bedeutsam,<br />

weil sie bei schweren Sturmfluten die herannahende<br />

Dünung mit ihren enormen Kräften bereits im großen Maße brechen<br />

können.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Dünenbildung<br />

Sandbänke sind instabil. Fortwährend werden sie in ihrer Größe,<br />

Form und Ausrichtung verändert. Haben sie allerdings eine energetisch<br />

günstige Lage eingenommen und sind die klimatischen<br />

Bedingungen geeignet, können auf ihnen Dünen entstehen. Durch<br />

Sandanwehung erhöht sich im Ablagerungsbereich die Sandbank,<br />

wodurch sie zumindest im Sommer nur noch selten überflutet<br />

wird. Ausgangspunkt der Bildung von Primärdünen sind erste<br />

Pflanzen und/oder Treibselansammlungen. Hinter diesen kleinen<br />

Strandwällen und im Windschatten der einzelnen Pflanzenhorste<br />

der Binsen-Quecke lagert sich Sand ab. Die Pionierpflanzen sind<br />

in der Lage diesen lockeren, zumeist sehr nährstoffreichen Sand<br />

zu durchwachsen und mit ihrem Wurzelwerk festzuhalten. Die<br />

Quecke und wenige andere Pflanzenarten vermögen die fortlaufende<br />

Sandanhäufung und Übersandung auszugleichen, da sie<br />

ständig neu austreiben und quasi mit dem fortlaufend angewehten<br />

Sand in die Höhe wachsen. Diese Dünenformen bilden noch sehr<br />

lückenhafte Pflanzenbestände, die kaum mehr als 60% des<br />

Strandes bedecken, und durch Sturmfluten leicht wieder fortgeschwemmt<br />

werden können.<br />

Mit der zunehmenden Anhäufung von Sand entstehen in der weiteren<br />

Entwicklung sogenannte Weißdünen. Da ihnen der unmittelbare<br />

Einfluss des Salzwassers fehlt und durch die Niederschläge<br />

der Boden zusätzlich ausgesüßt wird, können weitere<br />

Pflanzen in den jungen, nur wenige Dezimeter hohen Dünen siedeln.<br />

Zu ihnen gehören die Strand-Platterbse und die Stranddistel.<br />

Die Besiedlung durch Strandhafer und Strandroggen führt zum<br />

Einfangen weiteren Dünensandes und damit zur weiteren<br />

Dünenbildung und Erhöhung bis zu mehr als 6 Meter Höhe.<br />

Alte Dünen<br />

Durch die zunehmende Vegetationsbedeckung wird der Dünensand<br />

dauerhaft befestigt. In dieser Phase setzen bodenbildende<br />

Prozesse ein, die sich in einer Graufärbung des Sedimentes<br />

andeuten. Gleichzeitig werden Nährstoffe in den Untergrund ausgewaschen,<br />

so dass im weiteren Verlauf nährstoffarme Graudünen<br />

entstehen. Hier dominieren trockenheitstolerante und<br />

bedürfnislose Pflanzen wie z.B. die Sand-Segge, das Silbergras,<br />

das Sandglöckchen und die Kriech-Weide, die allerdings nur<br />

wenig Salz ertragen.<br />

Im Laufe vieler Jahrzehnte entstehen aus den Graudünen durch<br />

fortlaufende Humusanreicherung mit Gebüschen bedeckte<br />

Braundünen, deren Vegetation den Boden nunmehr vollständig<br />

bedeckt. Zu ihren Charakterformen gehören die Krähenbeere und<br />

die Besenheide, in den feuchteren Dünentälern auch die Glockenheide,<br />

Moosbeere und der Rundblättrige Sonnentau.<br />

Sukzession<br />

Die jeweiligen Dünenformen sind nicht nur durch ihre charakteristische<br />

Pflanzendecke gekennzeichnet. Auch die tierische<br />

Besiedlung ist in den unterschiedlichen Dünen gänzlich verschieden.<br />

Dies liegt sowohl an den auftretenden Pflanzen als auch an<br />

der Struktur der Bestände. Dichte und Höhe der Pflanzendecke<br />

beeinflussen Lichteinfall, Wärme, Offenheit und Trockenheit des<br />

Bodens. Dies alles sind Faktoren, an denen sich die Standortwahl<br />

der Besiedler maßgeblich orientiert.<br />

Die geschilderte fortschreitende Dünenentwicklung ist jedoch<br />

von weiteren Faktoren abhängig. Störungen durch Veränderungen<br />

der Strömungsverhältnisse, durch klimatische Extremjahre oder<br />

durch Verletzungen der Bodenoberfläche – beispielsweise durch<br />

Vertritt - können sich verheerend auf die Dünenentwicklung auswirken<br />

bis hin zur völligen Abtragung.<br />

Menschlicher Einfluss<br />

Besonders die Dünen und Strände gehören zu den attraktivsten<br />

Naherholungsgebieten im <strong>Wattenmeer</strong>. Die meisten Sandstrände<br />

an der deutschen Nordseeküste werden als Badestrände genutzt<br />

und nur in streng geschützten Dünenbereichen kann der menschliche<br />

Einfluß weitgehend verhindert werden. Die Anwesenheit<br />

badender, sich sonnender und campierender Menschen führt zu<br />

weitreichenden Folgen für die Natur. Störungsempfindliche<br />

Vogelarten und Seehunde verlassen diese Strandabschnitte. Die<br />

stabilisierende, aber noch sehr empfindliche Vegetation der<br />

Dünen wird durch Vertritt zerstört. Diese Erkenntnis hat dazu<br />

geführt, dass Dünen, die besondere Schutzfunktionen für Tierarten<br />

oder für den Hochwasserschutz ausüben, für den Menschen<br />

gesperrt werden. Andererseits ist jedoch der beständige Auf- und<br />

Abbau von sandigen Substraten ein charakteristisches Kennzeichen<br />

des dynamischen <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />

Dünen- und Strandbereiche im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> bleiben<br />

im Wesentlichen auf die Inseln Scharhörn und Nigehörn<br />

beschränkt. Daneben bestehen kleinere flache Dünenareale in<br />

unmittelbarer Nähe der Neuwerker Ostbake.


Seeregenpfeifer<br />

Zwergseeschwalbe<br />

Brandseeschwalbe Brandseeschwalbe<br />

Küstenseeschwalbe<br />

Flußseeschwalbe<br />

Silbermöwe<br />

Brandente<br />

Sumpfohreule<br />

Karmingimpel<br />

Hänfling<br />

Strand Primärdüne Weißdüne Dünental Graudüne Dünental Braundüne<br />

Binsen-Quecke<br />

Salzmiere<br />

Strandhafer<br />

Strandroggen<br />

Rotschwingel<br />

Strand-Segge<br />

Kopfried<br />

Salz-Bunge<br />

Silbergras<br />

Sand-Segge<br />

Dünen-Veilchen<br />

Mauerpfeffer<br />

Glockenheide<br />

Sonnentau<br />

Sumpf-Bärlapp<br />

Krähenbeere<br />

Besenheide<br />

Weiden<br />

Sanddorn<br />

Abb. 2: Schematisierte Abfolge der Dünengesellschaften und der dort brütenden Vogelarten.<br />

Abb. 1: Ausdehnung der Dünenbreiche (gelbe Flächen) im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Abb. 3: Rund um die Inseln Scharhörn und Nigehörn bilden<br />

sich in unregelmäßigen Abständen kurzlebige<br />

Bestände des Meersenfes aus. Foto Janke.<br />

Abb. 4: Auf Scharhörn gehört der Strandroggen zur charakteristischen<br />

Besiedlung der Weißdünen. Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 15


Naturraum <strong>Wattenmeer</strong><br />

16<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> gehört zu den weltweit bedeutendsten Feuchtgebieten für rastende, mausernde und überwinternde Watund<br />

Wasservögel. Im Verbund mit den angrenzenden Salzwiesen, Kögen und Marschengrünländern ist es das wichtigste<br />

zusammenhängende Rast- und Nahrungsgebiet für Watvögel des Ostatlantischen Flugweges zwischen der Arktis und dem<br />

südlichen Afrika.<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> und die Vogelwelt<br />

Die enormen Vogelscharen, die zu bestimmten Zeiten das <strong>Wattenmeer</strong><br />

bevölkern, beeindruckten schon immer die Anwohner und<br />

Besucher der Region. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten war nur<br />

wenig über ihre tatsächliche Zahl, ihre Verbreitung im <strong>Wattenmeer</strong><br />

und ihre sonstigen Aufenthaltsorte zur Brutzeit und im<br />

Winter bekannt. Durch umfangreiche Untersuchungen wie z.B.<br />

Beringungen und wattenmeerweite Vogelzählungen auf den freien<br />

Wattflächen zur Rastzeit konnten jedoch unsere Kenntnisse<br />

über das <strong>Wattenmeer</strong> und seine Bedeutung für die Vogelwelt<br />

wesentlich erweitert werden.<br />

Internationale Zugvogelwege und Brutpopulationen<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> repräsentiert das bedeutendste zentrale Rastgebiet<br />

der Vögel auf ihrem ostatlantischen Zugweg von ihren arktischen<br />

und subarktischen Brutgebieten zwischen Nordsibirien<br />

und Nordostkanada in ihre südlichen Überwinterungsgebiete.<br />

Während einige Arten wie z.B. der Säbelschnäbler und der<br />

Austernfischer hauptsächlich an den Atlantikküsten von Frankreich<br />

bis Portugal und in Nordafrika überwintern, ziehen Knutt,<br />

Regenbrachvogel und Seeschwalben weiter, teilweise bis an die<br />

Küsten West- und Südafrikas. Den weitesten Zugweg aller Vogelarten<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> nimmt die Küstenseeschwalbe auf sich. Aus<br />

ihren Brutgebieten an den arktischen und mitteleuropäischen<br />

Küsten und natürlich auch aus dem <strong>Wattenmeer</strong> selbst zieht sie im<br />

Winterhalbjahr bis an den antarktischen Eisrand.<br />

Getrennte Brutpopulationen einiger Arten nutzen auch unterschiedliche<br />

Rast- und Überwinterungsgebiete. Eine Brutpopulation<br />

besteht aus einer Gruppe von Tieren einer Art, die über<br />

mehrere Generationen ein bestimmtes Brutgebiet aufsucht, das<br />

von anderen Brutgebieten deutlich getrennt ist. Beispielsweise<br />

überwintern die in Nordsibirien brütenden Knutts an den Küsten<br />

West- und Südafrikas, während die in Grönland und Nordostkanada<br />

brütenden in Westeuropa bleiben. Auch wenn beide<br />

Populationen das <strong>Wattenmeer</strong> aufsuchen, so vermischen sie sich<br />

nicht, weil sie sich stetig "verpassen". Sie erreichen und verlassen<br />

das gemeinsame Nahrungs- und Rastgebiet zu unterschiedlichen<br />

Zeiträumen.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Internationale Vogelzählungen im <strong>Wattenmeer</strong><br />

Durch gleichzeitige Zählungen, den sogenannten Synchronzählungen,<br />

in Dänemark, Deutschland und den Niederlanden wird<br />

seit 1980 der Gesamtbestand an Vögeln im <strong>Wattenmeer</strong> systematisch<br />

erfasst und der Zustand der einzelnen Artenbestände bewertet.<br />

Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass insgesamt<br />

etwa 10-12 Millionen Vögel im Laufe ihres Jahreszykluses das<br />

Gebiet des <strong>Wattenmeer</strong>es auf die eine oder andere Weise besuchen<br />

und nutzen. Zu ihnen gehören rund 2-2,5 Mio. Gänse und<br />

Enten, 6-7 Mio. Watvögel sowie 2-2,5 Mio. Möwen und Seeschwalben.<br />

Am häufigsten kommen die Alpenstrandläufer (1,2<br />

Mio.), Austernfischer (739.000), Knutts (433.000) ins <strong>Wattenmeer</strong>,<br />

aber auch von Silbermöwen, Pfuhlschnepfen und Pfeifenten<br />

können ebenfalls noch mehr als 300.000 Individuen im<br />

<strong>Wattenmeer</strong> erfasst werden.<br />

Trotz sehr sorgfältig organisierter und ausgeführter Beobachtungen<br />

können bei den internationalen Vogelzählungen doch einige<br />

Vogelarten nicht erschöpfend erfasst werden. So ist z.B. zu vermuten,<br />

dass weitaus mehr Möwen und Seeschwalben anwesend<br />

gewesen sind, da sie auf hoher See fressen oder häufig zwischen<br />

Binnenland und <strong>Wattenmeer</strong> wechseln. Wiesenbrüter wie Kiebitz,<br />

Kampfläufer oder Goldregenpfeifer halten sich in höheren Zahlen<br />

in den angrenzenden Marschen auf, so dass die Zählmenge aller<br />

Wahrscheinlichkeit nach geringer ist als der tatsächliche Bestand.<br />

Verteilung in Raum und Zeit: ein stetiges Kommen und Gehen<br />

Die meisten Arten erscheinen fast überall im <strong>Wattenmeer</strong>, dennoch<br />

kann man je nach Art ein unterschiedliches räumliches und<br />

zeitliches Verteilungsmuster erkennen, das von verschiedenen<br />

Faktoren bestimmt wird. Einige Arten suchen traditionell jedes<br />

Jahr dieselben Rastplätze auf (Ringelgans, Nonnengans), andere<br />

konzentrieren sich in großen Schwärmen dort, wo derzeitig die<br />

Nahrungsgründe am ergiebigsten sind (Knutt).<br />

Die höchsten Watvogelzahlen werden im Herbst mit ca. 2-2,6<br />

Mio. Tieren erreicht, wenn Alpenstrandläufer und Austernfischer<br />

sowie zahlreiche Gänse-, Enten- und Möwenarten gleichzeitig<br />

einfallen. In milden Wintern bleiben immerhin etwa 1 Million<br />

Watvögel im <strong>Wattenmeer</strong>. In kalten Wintern weichen die meisten<br />

von ihnen jedoch zumindest zeitweilig in den relativ milden niederländischen<br />

Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es oder die südlich angrenzenden<br />

Küstenabschnitte aus.<br />

Im Frühjahr konzentrieren sich viele arktische Watvögel und<br />

Gänse im nordöstlichen Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es. Die höchsten<br />

Dichten von Alpenstrandläufern werden beispielsweise in dänischen<br />

und schleswig-holsteinischen Gebieten erreicht. Mausernde<br />

Brandenten und Eiderenten erlangen die höchsten Konzentrationen<br />

im deutschen <strong>Wattenmeer</strong>. Neben Tradition, Klima, Nahrungsverfügbarkeit<br />

und Störungsarmut kann auch direkte Verfolgung<br />

zum Verteilungsmuster beitragen. Dies zeigt die Verteilung<br />

des Großen Brachvogel, der in Dänemark noch bis 1993 bejagt<br />

wurde und daher das dänische <strong>Wattenmeer</strong> fast vollständig mied.<br />

Funktionen des <strong>Wattenmeer</strong>es für die Vogelwelt<br />

Aufgrund ihrer speziellen Lebensweisen und Zugstrategien nutzen<br />

die verschiedenen Arten das <strong>Wattenmeer</strong> zu unterschiedlichen<br />

Zeiten und auf unterschiedliche Weise. Daher durchlaufen<br />

sie im <strong>Wattenmeer</strong> auch verschiedene Lebensabschnitte. Einige<br />

Arten (Austernfischer, Großer Brachvogel) verbleiben zu einem<br />

großen Teil im Winter (Überwinterer). Die meisten Arten sind<br />

jedoch echte Durchzügler, die lediglich während des Frühjahrs<br />

und Herbstes im <strong>Wattenmeer</strong> erscheinen.<br />

Kurzfristige Duchzügler, in der Regel extreme Langstreckenzieher,<br />

die in den arktischen Gebieten brüten und im tropischen<br />

Afrika überwintern, bleiben nur für wenige Wochen. Sie fressen<br />

sich im nahrungsreichen <strong>Wattenmeer</strong> die notwendigen Fettreserven<br />

für ihren Weiterzug in ihre Brutgebiete an und nutzen das<br />

<strong>Wattenmeer</strong> quasi als "Tankstelle". Besonders große Konzentrationen<br />

zeigt der Knutt, der bei einem Watt-Stopp von nur 3<br />

Wochen im Mittel 50% seines Körpergewichts zulegt.<br />

Andere Arten verbleiben während einer oder beider Zugperioden<br />

über längere Zeit im <strong>Wattenmeer</strong>. Sie nutzen das <strong>Wattenmeer</strong><br />

nicht nur zur Energieaufnahme, sondern zeitgleich auch häufig<br />

zur Mauser (Alpenstrandläufer, Kiebitzregenpfeifer). Im Spätsommer/Herbst<br />

mausern viele Enten- und Watvögel im <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Nahezu die gesamte nordeuropäische Population der Brandente<br />

mausert im Bereich der Elbmündung und auch für die Eiderente<br />

ist das deutsche <strong>Wattenmeer</strong> der bedeutendste Mauserplatz.<br />

Darüber hinaus stellt das <strong>Wattenmeer</strong> auch für viele Vogelarten<br />

wie z.B. Säbelschnäbler, Rotschenkel sowie die Brand- und<br />

Zwergseeschwalbe ein ungemein bedeutsames Brutgebiet dar.<br />

Ohne das <strong>Wattenmeer</strong> wäre der Bruterfolg dieser Arten langfristig<br />

nicht gesichert.


Das <strong>Wattenmeer</strong> und der Vogelschutz<br />

Die besondere Bedeutung für die Vogelwelt hat zur Ausweisung<br />

der weitaus überwiegenden Bestandteile des <strong>Wattenmeer</strong>es sowohl<br />

als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung, als auch als<br />

europäisches Schutzgebiet gem. der EG-Vogelschutzrichtlinie<br />

geführt (siehe Seite 124 ff.). Die besondere Bedeutung als internationales<br />

Feuchtgebiet ergibt sich insbesondere daraus, dass 52<br />

Populationen von mindestens 41 Arten regelmäßig mit mehr als<br />

1% ihrer Vögel oder der eines definierten Zugweges zu irgendeinem<br />

Zeitpunkt ihres Jahreslaufes (Brut, Rast, Mauser, Überwinterung)<br />

das <strong>Wattenmeer</strong> nutzen.<br />

Von 18 der oben genannten Populationen sind mehr als die Hälfte<br />

und von 8 Populationen sogar nahezu alle Individuen, die in das<br />

<strong>Wattenmeer</strong> kommen. Dazu zählen die Populationen der russischen<br />

und baltischen Nonnengans, der dunkelbäuchigen Ringelgans,<br />

der nordeuropäischen Brandente ebenso wie die von Kiebitzregenpfeifer,<br />

sibirischem Knutt, westpaläarktischen Alpenstrandläufer<br />

und Pfuhlschnepfe. Von den meisten Populationen<br />

von Möwen und Seeschwalben erreichen bereits die Brutbestände<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> internationale Bedeutung.<br />

Mindestbestand im <strong>Wattenmeer</strong> Bestandsgröße Bestandsverteilung<br />

Alpenstrandläufer 1.200.000 1.394.000 2 Bestände: Europa/Asien; UK<br />

u. Ostsee<br />

Austernfischer 739.000 874.000<br />

Knutt 433.000 861.000 2 Bestände: W-Afrika 516.000<br />

O-Atlantik 345.000<br />

Pfuhlschnepfe 341.000 815.000 2 Bestände:W-Europa 115.000<br />

S-/W-Afrika 700.000<br />

Brandente 254.000 250.000<br />

Ringelgans 232.000 254.000 2 Brutbestände: Sibirien; Svalbard<br />

Großer Brachvogel 227.000 348.000<br />

Kiebitzregenpfeifer 140.000 168.000<br />

Nonnengans 116.000 120.000 2 Brutbestände: NW-Rußland; Ostsee<br />

Säbelschnäbler 44.600 67.000<br />

Sanderling 20.200 123.000 vermutlich ist die Anzahl im<br />

<strong>Wattenmeer</strong> höher als bislang gezählt<br />

Kurzschnabelgans 17.600 30.000<br />

Grünschenkel 15.000 19.000<br />

Abb. 1: Ostatlantischer Zugweg (East Atlantic Flyway): Neben dem<br />

<strong>Wattenmeer</strong> sind das Gebiet des Wash in England, das Rheindelta sowie<br />

die Küsten des Senegal und der Elfenbeinküste bedeutende Rastgebiete<br />

der Vögel des Ostatlantischen Zugweges. Im <strong>Wattenmeer</strong> konzentrieren<br />

sich jedoch im Frühjahr und Herbst die größten<br />

Vogelansammlungen.<br />

Tab. 1: Aufstellung von Wat- und Entenvögeln, von denen mehr als 50% das <strong>Wattenmeer</strong> als Rast-, Mauser oder<br />

Winterhabitat nutzen. Angegeben ist die maximale Anzahl der zu einem Zeitpunkt erfassten <strong>Wattenmeer</strong>vögel zwischen<br />

1980 und 1994.<br />

Abb. 2: Rastender Schwarm von Knutts im Watt vor Neuwerk.<br />

Foto Helm.<br />

Abb. 3: Räumliche und funktionale Nutzung des <strong>Wattenmeer</strong>es durch häufig auftretende Rast- und<br />

Brutvögel.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 17


Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

20<br />

Die besondere Lage im Inneren der Deutschen Bucht und der damit verbundene Einfluss von Weser und Elbe verleihen dem<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> eine Eigentümlichkeit, die das Gebiet von anderen Bereichen des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />

deutlich unterscheidet.<br />

Allgemeine Gebietsbeschreibung<br />

Das Hamburgische <strong>Wattenmeer</strong><br />

Der zum hamburgischen Staatsgebiet gehörige <strong>Wattenmeer</strong>bereich<br />

liegt in der naturräumlichen Region "Watten und Marschen". Zu<br />

dieser naturräumlichen Region zählt der gesamte Küstenbereich<br />

mit den Watten einschließlich der Ostfriesischen Inseln, der<br />

Seemarschen und der Flußmarschen von Ems, Weser und Elbe.<br />

Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> liegt mit einer<br />

Fläche von 11.700 ha zwischen den Mündungsgebieten von Elbe<br />

und Weser. Er wird im Westen und Osten vom Niedersächsischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> eingefaßt. Im Norden begrenzen ihn die unterseeische<br />

Rinne der Elbe und die Nordsee, im Südwesten ein Prielstrom,<br />

die Till und ein Priel, das Bakenloch. Insbesondere der<br />

Süßwasserzustrom aus der Elbe erniedrigt im hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> den Salzgehalt des Meerwassers gegenüber der freien<br />

Nordsee. Schließlich lässt der hohe Nährstoffeintrag durch die<br />

Elbe das Wattengebiet in deren Mündungsbereich zu einem<br />

Lebensraum mit hoher Nahrungsproduktion für die Lebensgemeinschaften<br />

in diesem Küstenabschnitt werden.<br />

Die Insel Neuwerk<br />

Die einzige bewohnte Insel im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> ist die etwa 8 km vom Festland entfernt liegende<br />

Insel Neuwerk. Der eingedeichte Inselkern umfaßt eine Fläche<br />

von ca. 120 ha (incl. Grundfläche des Deiches). Im Norden und<br />

im Osten schließen sich Vorländer mit einer Gesamtfläche von ca.<br />

182 ha an. Im Osten der Insel wurden in den dreißiger Jahren<br />

weitläufige Lahnungsfelder angelegt, die jedoch heute nicht mehr<br />

unterhalten werden.<br />

Die Scharhörnplate und andere Sände<br />

Die Sände und Platen stellen weitgehend vegetationslose, überwiegend<br />

ebene Flächen auf der Höhe des mittleren Tidehochwassers<br />

einschließlich darin gelegener Senken mit Wasserflächen dar.<br />

Die auffälligste Bildung im hamburgischen Bereich ist die etwa<br />

285 ha große Scharhörnplate mit einer Höhe bis etwa 70 cm über<br />

MThw. Die beiden hochwasserfreien Düneninseln Scharhörn und<br />

Nigehörn liegen direkt auf der Plate. In ihrem nördlichen Bereich,<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

etwa 6 km von Neuwerk entfernt, befindet sich Scharhörn mit<br />

einer aktuellen Größe von ca. 20 ha, Nigehörn, mit einer Ausdehnung<br />

von 34 ha, liegt ca. 1,5 km weiter südsüdwestlich. Beide<br />

Inseln verändern ausgelöst durch das Wechselspiel von Wasser<br />

und Wind beständig ihre Größe und Gestalt. Besonders deutlich<br />

erkennbar ließ sich dieser Prozess in den neunziger Jahren verfolgen,<br />

als sich an den östlichen Ausläufern beider Inseln ein lang<br />

gezogener Steert in Richtung Südost bildete. Die Entstehung und<br />

nähere Entwicklung von Scharhörn und Nigehörn wird auf den<br />

Seiten 78 ff. und 96 ff. beschrieben. Dort findet sich auch eine<br />

eingehende Darstellung der stetigen Verlagerung von Scharhörn.<br />

Westlich der Scharhörnplate auf Höhe Nigehörns haben sich zwei<br />

parallel liegende Brandungsbänke gebildet. Eine weitere, sich<br />

auch auf Luftbildern deutlich hervorhebende, Sandbank liegt auf<br />

dem Gebiet des Unteren Wittsands.<br />

Die Prielsysteme<br />

Prielströme, auch als Wattrinnen, Tiefs, Gats oder Baljen bezeichnet,<br />

durchschneiden die Wattflächen von der offenen See bis zur<br />

Küste und sind ständig mit mehr als einem Meter Tiefe wasserführend.<br />

Sie bilden zugleich die Hauptentwässerungs- und Hauptflutungsrinnen<br />

des <strong>Wattenmeer</strong>es. Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />

übernimmt diese Funktion für den südlichen Bereich die sogenannte<br />

Till, welche in ihrem Verlauf in Norder- und Ostertill<br />

differenziert wird. Im Norden übernimmt die Elbe diese Funktion.<br />

Die Priele wiederum zweigen von den Prielströmen ab. Sie werden<br />

von der Ebbe geformt und führen auch bei Niedrigwasser<br />

noch mit natürlichem Gefälle Wasser, wenn auch meist mit weniger<br />

als 1 m Tiefe.<br />

Auf dem Wattrücken des Neuwerker und des Duhner Watts verläuft<br />

eine Wasserscheide, die das nach Süden entwässernde<br />

Prielsystem der Till von dem der Elbmündung trennt. In die Till<br />

münden das Scharhörnloch, Wittsandloch und Neuwerker Loch.<br />

Das Muschelloch, Weser-Elbe-Wattfahrwasser und Sahlenburger<br />

Loch sind über das Bakenloch mit der Till verbunden. In die<br />

Elbmündung entwässern das Elbe-Neuwerk-Fahrwasser, welches<br />

im südlichen Teil noch den früheren Priel "Hundebalje" repräsen-<br />

tiert sowie die Eitzenbalje.<br />

Eine westlich am Elbe-Neuwerk-Fahrwasser gelegene Vertiefung<br />

("Baggerloch") zeugt von der Materialentnahme zur Aufspülung<br />

der Insel Nigehörn.<br />

In historischen Dimensionen betrachtet ist – wie überall im<br />

<strong>Wattenmeer</strong> – die Topographie der freien Watten mit ihren Prielsystemen<br />

lediglich eine Momentaufnahme, im hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> bleibt nur die eingedeichte Insel Neuwerk davon ausgenommen.<br />

Das gesamte Gebiet des <strong>Wattenmeer</strong>s mit all seinen<br />

Strukturen wie Priele und Sände ist einer starken wind- und strömungsbedingten<br />

Dynamik unterworfen. Dies lässt sich besonders<br />

eindrucksvoll an der noch vor wenigen Jahren nordwärts vorgelagerten<br />

Brandungsbank ("Kleines Riff") dokumentieren, die binnen<br />

weniger Jahre weitgehend zerschlagen wurde.<br />

Freie Wattflächen<br />

Das Neuwerker Watt teilt sich in das nördlich gelegene<br />

Scharhörner Watt und das südlich davon befindliche Neuwerker<br />

Inselwatt. Eine weitergehende Unterteilung geschieht durch die<br />

Benennung von sogenannten Sänden, wobei es sich allerdings<br />

nicht um echte Sände, sondern Gebietsbeschreibungen überwiegend<br />

sandwattdominierter Wattenbereiche handelt. Das Gebiet im<br />

Nordwesten, am Scharhörnloch, wird Robbenplate genannt. Nach<br />

Süden hin folgen Unterer und Oberer Wittsand, Schaafsand und<br />

Sahlenburger Watt. Nordöstlich der Insel Neuwerk liegt der<br />

Kleine Vogelsand.<br />

Im Hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> liegt überwiegend Sandwatt vor,<br />

nur vereinzelt, besonders um die Insel Neuwerk und die Priele,<br />

finden sich kleinere Mischwattflächen. Westlich des Wittsandes,<br />

im nördlichen Entwässerungsbereich des Wittsandlochs, nördlich<br />

und westlich der Robbenplate am Scharhörnloch und um das<br />

Baggerloch konnten sich Schlickwattbereiche ausbilden.<br />

Wege durchs Watt<br />

Durch das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> ziehen entlang der<br />

Wasserscheide zwei mit Buschwerk ("Pricken") bezeichnete<br />

Wattenwege. Der meistgenutzte Weg führt von Neuwerk nach<br />

Sahlenburg; von ihm zweigt, außerhalb des hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>gebietes, eine Verbindung nach Duhnen ab. Am<br />

Wattenweg von Sahlenburg nach Neuwerk bieten drei Rettungsbaken<br />

dem von der Flut überraschten Wattwanderer Zuflucht.<br />

Der andere Wattenweg führt von der Wattwagenauffahrt im<br />

Süden Neuwerks westlich an der Insel vorbei bis nach Scharhörn.


Seezeichen<br />

Bereits im frühen Mittelalter waren die Gewässer des Elbe-<br />

Mündungsbereiches bei den Seefahrern gefürchtet. Nördlich des<br />

Scharhörner Watts im Bereich des "Scharhörn-Riff" dokumentieren<br />

zahlreiche Wrackreste die Gefahren der auch heute noch<br />

Abb. 2: Blick von der Elbe nach Neuwerk. Foto: Janke.<br />

Abb. 3: Das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> zwischen<br />

Scharhörn (vorne) und und Neuwerk<br />

(Mitte). Im Hintergrund erkennt man die<br />

Küste Niedersachsens. Foto: Prokosch.<br />

Abb. 4: Ostbake im Vorland von Neuwerk. Foto: Janke.<br />

schwer einschätzbaren Untiefen und Strömungen. Bereits sehr<br />

früh wurden daher Seezeichen im hamburgischen Watt errichtet.<br />

Von diesen historischen Bauwerken sind neben dem Neuwerker<br />

(Leucht-) Turm (siehe Seite 40) noch zwei hölzerne Baken erhalten.<br />

Nordwestlich von Neuwerk steht die Nordbake in unmittel-<br />

barer Nähe des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers. Die Ostbake überragt<br />

das Neuwerker Ostvorland. Westlich der Scharhörnplate ist noch<br />

die Gründung der ehemaligen Scharhörnbake erkennbar. Der neue<br />

Radarturm am Westrand des Vorlandes von Neuwerk dominiert<br />

weithin die Landschaft und überragt sogar den Neuwerker Turm.<br />

Abb.1: Landschaftsprägende Elemente des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es Nähere Erläuterungen siehe Text.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 21


Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

22<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> gehört zu den weltweit jungen Landschaftsformen. Seine geologische Geschichte wurden von zahlreichen<br />

jüngeren erdgeschichtlichen Ereignissen, die insbesondere durch kurzfristige Klimaveränderungen hervorgerufen wurden,<br />

maßgeblich beeinflusst. Im Ergebnis entstand eine völlig verwandelte, neu geformte Landschaft.<br />

Entstehung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es<br />

Entstehung der Nordsee<br />

Das Gebiet der heutigen Nordsee ist uns wie selbstverständlich<br />

als große einheitliche Wasserfläche vertraut. Doch ein Blick zurück<br />

in die Erdgeschichte lehrt uns, dass hier zur Devonzeit, als<br />

Urfarne, die ersten Insekten und Fische die Erde bevölkerten,<br />

Festland vorlag. Während der darauffolgenden Karbonzeit hob<br />

sich der mitteleuropäische Gebirgsgürtel heraus und das nördliche<br />

Festland sank ab. Die Nord-Süd-Furche begann sich zu vertiefen,<br />

die Entstehung der Nordsee konnte ihren Lauf nehmen.<br />

Vom Ozean flutete Meerwasser ein, das im trocken-heißen Klima<br />

der Perm-Zeit verdunstete. So entstanden die norddeutschen Salzlager.<br />

Während der Kreidezeit, als bereits urtümliche kleine Säugetiere<br />

unter Laubhölzern lebten, kam es zu weiteren Überflutungen.<br />

Im Tertiär schließlich erlangte die Nordsee in etwa ihre heutige<br />

Ausdehnung.<br />

Die Eiszeiten<br />

Auch der weitere erdgeschichtliche Verlauf beeinflusste die<br />

Nordsee nachhaltig, denn sie lag im Bereich der großen Inlandeisgletscher.<br />

Alle drei norddeutschen Eiszeiten, Elster-, Saaleund<br />

Weichseleiszeit, ließen die Nordsee trockenfallen und bedeckten<br />

sie mit Inlandeis. Während der jüngsten Eiszeit bildeten<br />

die in die Nordsee mündenden Flüsse Weser- und Elbe-Urstrom,<br />

Rhein, Themse und Humber einen großen Schmelzwasserstausee,<br />

in dem Beckentone entstanden. Jede Eiszeit lieferte dem Nordseeboden<br />

Moränen- und Schmelzwassersedimente (Kiese, Sande,<br />

Tone). Am Ende der Weichseleiszeit schmolzen die Inlandeismassen<br />

ab, so dass der Meeresspiegel im gesamten Weltmeer anstieg.<br />

Die Nordsee dehnte sich wieder nach Süden aus und überflutete<br />

die Küstenlandstriche. Der Anstieg des Meeresspiegels vollzog<br />

sich nicht gleichmäßig; Perioden starken Anstiegs wechselten mit<br />

Stagnationsphasen. Das überflutete Land, welches sich durch<br />

weitläufige Moore, Sümpfe und Bruchwälder auszeichnete,<br />

wurde dabei mit Ablagerungen von Tonen und Sanden überschichtet.<br />

Die von den Sedimenten überlagerten Torfböden sind<br />

heute noch im Untergrund der Watten zu erbohren. Durch<br />

Altersbestimmung dieser Torfe kann das Vorrücken des Meeres<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

und damit der Beginn der Wattenbildung auf etwa 5.500 Jahre v.<br />

Chr. zurückdatiert werden.<br />

Die Gezeiten<br />

Auch die Gezeiten haben die Entstehung des <strong>Wattenmeer</strong>es entscheidend<br />

beeinflusst. Im Zusammenspiel mit dem eiszeitlich<br />

bedingten Sedimentüberschuss in der Nordsee, dem nacheiszeitlichen<br />

Anstieg des Meeresspiegels und Strömungen, die die<br />

Sedimente (Sand, Ton) aus der offenen See an die Küste verfrachteten,<br />

formten sie das <strong>Wattenmeer</strong> und die Marschengebiete<br />

in den strömungsberuhigten Randbereichen des Festlandes.<br />

Sobald die natürliche Aufschlickung eine bestimmte Höhe<br />

erreicht hatte, siedelte sich Vegetation an, die wiederum als<br />

Schlickfänger wirkte und eine weitere Sedimentation förderte.<br />

Mit dem Herauswachsen der Wattsedimente aus dem Bereich täglicher<br />

Überflutungen erfolgte der Übergang vom marinen Watt<br />

zur Salzmarsch. Gleichzeitig begannen bodenbildende Prozesse,<br />

die den Boden in seiner Struktur und seinen chemischen und physikalischen<br />

Eigenschaften tiefgreifend veränderten.<br />

Die Ausprägung der Küstenlinie wurde maßgeblich durch den<br />

Tidenhub bestimmt. In Gebieten mit einem mittleren Tidenhub<br />

zwischen 1,35 m und 2,90 m entstand ein System aus Wattflächen<br />

mit vorgelagerten Dünen- oder Barriere-Inseln, wie z. B. an der<br />

westfriesischen und ostfriesischen Küste. Überschreitet der mittlere<br />

Tidenhub die Marke von 2,90 m, was in der inneren<br />

Deutschen Bucht beobachtet wird, so fällt die Bildung der<br />

Barriere-Inseln aus, statt dessen werden offene Wattflächen seeseitig<br />

durch kleine, stark veränderliche Sandbänke begrenzt.<br />

Die Entstehung Neuwerks und der Sände<br />

Die ungeschützte Lage der Sände zur offenen Nordsee bewirkt<br />

deren fortwährende Veränderungen der Morphologie und Lage.<br />

Durch das Zusammenwirken von Brandung, Gezeiten- und Driftströmungen<br />

sowie der Windverhältnisse reichern sich Sedimente<br />

im hochgelegenen Kopfbereich der Wattrücken an. Mit der<br />

Bildung von Untiefen wird die Brandungsenergie herabgesetzt.<br />

Dadurch kann weiteres Material sedimentieren und schließlich<br />

die Sände über MThw aufhöhen. Durch Extremhochwässer und<br />

windbedingte Anlagerung weiterer Sedimente setzen sich<br />

Anlandungs-, Transport- und Sortierungsprozesse fort. Diese<br />

Erscheinungen können auch im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> festgestellt<br />

werden, wo sich die Scharhörnplate im exponierten<br />

Bereich des Wattrückens gebildet hat.<br />

Im Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>s liegt der Tidenhub<br />

bei etwa 3,0 m. Aufgrund der hohen Strömungsdynamik ist daher<br />

die Ausbildung von Barriere-Inseln, wie sie an den ostfriesischen<br />

Inseln vorliegt, hier nahezu unwahrscheinlich. Wie konnten im<br />

hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> dennoch drei Inseln entstehen?<br />

Bohrungen im Bereich Scharhörn/Neuwerk zeigen eiszeitliche<br />

Ablagerungen etwa in 20 bis 25 m Tiefe. Über ihnen liegen etwa<br />

7.700 Jahre alte dünne Torfschichten. Kleieschichten von wenigen<br />

Dezimetern Schichtdicke (bis max. 2,80 m) über den Torfen<br />

zeigen die relativ kurze Zeitspanne der Marschenbildung im<br />

Bereich des heutigen Neuwerk. Oberhalb dieser Schicht finden<br />

sich schichtungslose, kalkhaltige, graue Feinsande mit Muscheln,<br />

die diese Ablagerungen als Sedimente des Meeresbodens kennzeichnen.<br />

Auch auf Neuwerk ergaben Bohrungen beim Turm<br />

1908 eine identische Schichtfolge.<br />

Entgegen vielfach geäußerter Vermutungen ist Neuwerk daher<br />

keine Hallig, sondern eine sandige Insel, eher vergleichbar den<br />

jungen Inseln Mellum und Trischen. Durch das Zusammenspiel<br />

von winterlichen Extremhochwässern und sommerlichen<br />

Trockenperioden, durch Sandanflug und Sedimentanspülung ist<br />

die Insel vermutlich langsam in die Höhe gewachsen und wurde<br />

so dem Einflußbereich der täglichen Gezeitenbewegung entzogen.<br />

Aufgrund der hohen Strömungsdynamik am Standort haben<br />

sich vornehmlich grobkörnigere Bestandteile abgelagert. Davon<br />

zeugen Profilbohrungen der obersten Bodenschichten im Vorland<br />

Neuwerks, die deutliche Flutschichtungen und Horizontabfolgen<br />

sandiger und schlickiger Sedimente zeigen. Früher bestanden<br />

größere Dünenkomplexe auf Neuwerk, vornehmlich im Norden<br />

und Osten des Vorlandes.<br />

Auch auf Scharhörn sind ähnliche Prozesse zu beobachten: Im<br />

Südosten der Insel haben sich im Strömungsschatten Buchten<br />

gebildet, in denen Feinmaterial sedimentiert. Dennoch kann<br />

Scharhörn in seiner heutigen Ausprägung nicht als gänzlich natürlich<br />

bezeichnet werden, da die Entwicklung der auf der<br />

Scharhörnplate natürlich entstandenen Primärdünen in den zwanziger<br />

Jahren durch Errichtung von Sandfangzäunen und Bepflanzung<br />

gefördert und die entstandene Düneninsel auch weiterhin<br />

durch verschiedene Maßnahmen bis 1991 gesichert wurde (siehe<br />

S.78). Die Düneninsel Nigehörn ist nicht natürlicher Genese, sondern<br />

erst vor 1989 aufgespült worden (siehe Seite 96).


Nordsee<br />

Doggerbank<br />

Jütland-<br />

Bank<br />

Elbe<br />

Weser<br />

Abb. 1:Wahrscheinliche Gestalt der Nordsee am Ende der letzten Eiszeit. Dunkelbraun: heutiges Festland, hellbraun: versumpfte,<br />

vermoorte Haff- und Deltalandschaft, blau: damalige Ausdehnung der Nordsee.<br />

Nordsee Inseln Watten Marschen Geest<br />

Dünensande Wattensedimente<br />

Strandsande<br />

Prielsedimente<br />

Torfe<br />

Brackwassersedimente<br />

Abb. 2: Schematischer geologischer Schnitt von der Nordsee bis zum Geestrand.<br />

Abb. 3:Torfreste im Watt. Foto Janke.<br />

Pleistozäne<br />

Ablagerungen<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 23


Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

24<br />

Wind und Gezeiten sind die Motoren für die stetige Veränderung der Umweltverhältnisse im küstennahen <strong>Wattenmeer</strong>. Im<br />

Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es kommt auch dem Einfluss des großen Süßwasserzustroms durch die Elbe eine<br />

besondere Bedeutung zu.<br />

Strömungen und ihre Auswirkungen<br />

Über die Strömungsverhältnisse im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />

liegen - anders als zu anderen Bereichen des <strong>Wattenmeer</strong>es - umfangreiche<br />

Kenntnisse vor. Seit Mitte der sechziger Jahre wurden<br />

durch die Hamburger Wirtschaftsbehörde intensive Forschungen<br />

im Bereich der Außenelbe und des Neuwerker und Scharhörner<br />

Wattrückens mit dem Ziel durchgeführt, ein weitreichendes Verständnis<br />

der hydrologischen und ökologischen Bedingungen im<br />

Hinblick auf einen geplanten Tiefwasserhafen zu erlangen. Die<br />

Untersuchungen wurden bis Anfang der siebziger Jahre fortgesetzt<br />

und lieferten eine Vielzahl von grundlegenden Erkenntnissen<br />

über die hydrologischen Verhältnisse und ihre Auswirkungen<br />

in der Außenelbe und auf die angrenzenden Wattflächen.<br />

Strömungsregime im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />

Die dynamischen Prozesse im <strong>Wattenmeer</strong> werden überwiegend<br />

von den Gezeitenströmungen und dem vom Wind getriebenen<br />

Seegang ausgelöst. Die Bewegung des Wassers bewirkt einen<br />

umfangreichen Materialtransport und eine strömungsabhängige<br />

Verteilung von Schwebstoffen. Aufgrund der geringen Wassertiefe<br />

des <strong>Wattenmeer</strong>es und der spezifischen meteorologischen<br />

Bedingungen können sich jedoch nur selten Schichtungen unterschiedlicher<br />

Wasserkörper ausbilden.<br />

Die gegen den Uhrzeigersinn verlaufende Hauptstromrichtung in<br />

der südlichen Nordsee resultiert aus einer riesigen Gezeiten-<br />

Drehwelle, deren Mittelpunkt in der zentralen Nordsee liegt. Die<br />

durch diesen Strom erzeugte Hauptverlagerungsrichtung der<br />

Sedimente wird kleinräumig und periodisch von weiteren<br />

Faktoren überlagert. Zu besonders hohen Materialverlagerungsraten<br />

kommt es z.B. bei Sturmfluten. Unter Windeinfluss können<br />

oberflächennahe Triftströmungen entstehen, die insbesondere im<br />

flachen <strong>Wattenmeer</strong> von großem Einfluss auf den Sedimenttransport<br />

sind. Auf den Wattflächen erfolgt der Triftstrom im<br />

Allgemeinen in Windrichtung, in den tiefen Stromrinnen dagegen<br />

ergibt sich als Sekundäreffekt ein verstärkter Unterstrom entgegen<br />

dem Staugefälle.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Besonders auf dem flachen Watt kann der Einfluss des Windes<br />

den Tideeinfluss deutlich überlagern. Durch Windstau können die<br />

Wasserstände merkbar erhöht oder erniedrigt werden. Bei den<br />

vorherrschenden westlichen und südwestlichen Winden wird das<br />

Wasser in die Deutsche Bucht und damit auch in das hamburgische<br />

<strong>Wattenmeer</strong> gedrückt. Bei andauernden Winden aus östlicher<br />

Richtung können die Wattflächen dagegen für viele Tage<br />

dauerhaft trockenfallen. Wenn diese Wetterlage in den kalten<br />

Wintermonaten auftritt, kann es zum Gefrieren des Wattbodens<br />

und anschließendem Absterben der darin lebenden Tierwelt kommen.<br />

Sobald der Ostwind jedoch abflaut, kommt es häufig bereits<br />

innerhalb einer Tide zu einem kräftigen Rücklauf der Wassermassen,<br />

der sich in vergleichsweise hohen Hochwasserständen<br />

äußert.<br />

Im Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>s wird die Strömung<br />

maßgeblich von zwei einander überlagernden Faktoren beeinflusst,<br />

nämlich der Gezeitenströme der Nordsee und dem Süßwasserzufluss<br />

der Elbe. Bei Einstrom des Elbwassers ins Meerwasser<br />

entstehen durch die unterschiedlichen Salzgehalte ausgeprägte<br />

Dichteströmungen, die den Tidestrom der See überlagern.<br />

Wasserkörper unterschiedlichen Salzgehaltes besitzen bei<br />

annähernd gleicher Temperatur entsprechend verschiedene spezifische<br />

Dichten. Wenn sie aufeinandertreffen, können Schichtungen<br />

unterschiedlich salzhaltigen Wassers im Wasserkörper<br />

entstehen.<br />

Weiterhin lenkt die morphologische Bodenstruktur des Mündungsgebietes<br />

mit den verzweigten Prielsystemen und den Sandbänken<br />

die Strömungsverhältnisse in erheblichem Maße.<br />

Neben solchem, dem Triftstrom gegenläufigen, Unterstrom sind<br />

in den großen Stromrinnen des Watts die Gezeitenströmungen<br />

von maßgeblicher Bedeutung. Ebb- und Flutstrom prägen die<br />

Morphologie der Wattströme und verändern sie durch Erosion<br />

und Sedimentation fortlaufend.<br />

Ebbstrom und Flutstrom fließen nicht -wie man zunächst vermuten<br />

mag- unbedingt in genau entgegengesetzter Richtung, sondern<br />

sind um einige Grad versetzt. Dadurch werden die durch die<br />

Gezeitenströme ausgelösten Sedimentverlagerungen in den<br />

Prielen nicht im Rahmen einer Tide kompensiert. So wird der<br />

westliche Bereich der Till maßgeblich vom Flutstrom geprägt,<br />

während der östliche Bereich vom Ebbstrom geformt wird. In der<br />

Folge führt dies langfristig zu einer Sedimentbewegung entlang<br />

des Riffbogens am Scharhörnriff.<br />

Salzgehalt<br />

Den wesentlichsten, im Meerwasser gelösten Stoff, stellt<br />

Natriumchlorid (Kochsalz) dar, gefolgt von Magnesiumchlorid,<br />

Magnesiumsulfat und schließlich Kalziumsulfat. Unabhängig<br />

vom Salzgehalt des Meerwassers bleibt das Verhältnis der Salzkomponenten<br />

zueinander immer konstant.<br />

Der Salzgehalt des Meerwassers wird in Promille (‰) oder auch<br />

in Praktischer Salzgehalt (psu) ausgedrückt, wobei 1 ‰ einem<br />

Gramm Salz in 1 kg Wasser gelöst entspricht.<br />

Zusammensetzung von Meersalz bei 35 ‰<br />

Stoff Konzentration (g/kg)<br />

Chlor Cl- 19,34<br />

Natrium Na+ 10,77<br />

Sulfat So4≤- 2,71<br />

Magnesium Mg≤+ 1,29<br />

Calcium Ca≤+ 1,18<br />

Kalium K+ 0,40<br />

Hydrogencarbonat HCO3- 0,14<br />

Brom Br- 0,07<br />

weitere Elemente wie Strontium, Bor, Fluor in Spuren<br />

Der Salzgehalt des Meerwassers beträgt global etwa 35 ‰, die<br />

Nordsee hat einen mittleren Salzgehalt von 34 ‰ und für das<br />

<strong>Wattenmeer</strong> liegen die Werte bei 30 ‰. Der Salzgehalt kann aber<br />

örtlich, z. B. durch süßwasserführende Zuflüsse, wie beispielsweise<br />

die Elbe noch weiter herabgesetzt sein.<br />

Im Mittel fließen durch die Elbe etwa 20 Milliarden Kubikmeter<br />

Süßwasser in das <strong>Wattenmeer</strong> ein, wobei das Abflussregime<br />

sowohl jahreszeitlich als auch von Jahr zu Jahr stark schwankt.<br />

Die niedrigsten Abflussraten werden in der Regel im frühen<br />

Herbst verzeichnet, die höchsten in den meisten Jahren im März<br />

und April nach der Schneeschmelze. Der tatsächliche Verlauf der<br />

Linien gleichen Salzgehaltes (Isohalinen) im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> schwankt daher von Tag zu Tag in


Reststrom = Verbleibende Strömung<br />

an einem Punkt nach Abzug<br />

der Gezeitenbewegung<br />

Abb. 1: Reststrom bei mittlerer Tide im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Scharhörnloch<br />

Till<br />

Wittsandloch<br />

Elbe<br />

Scharhörn<br />

Nigehörn<br />

Wattweg<br />

Neuwerker Loch<br />

Bakenloch<br />

Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />

Nordbake<br />

Ostbake<br />

Neuwerk<br />

Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

1 0 3 km<br />

Eitzenbalje<br />

Sahlenburg<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 25


Naturraum hamburgisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

26<br />

Abhängigkeit vom Tidegeschehen ebenso wie vom jahreszeitlichen<br />

Geschehen und letztendlich auch von Jahr zu Jahr. Der<br />

Tidestrom drängt das Süßwasser der Elbe im Laufe des Tages<br />

zweimal zurück bis weit in den Unterlauf der Elbe. Bei Ebbe<br />

erstreckt sich die Süßwasser-"Fahne" bis weit über das<br />

Scharhörnriff seewärts hinaus.<br />

Die Durchmischungszone zwischen Salzwasser und Süßwasser<br />

wird als Brackwasser bezeichnet. Im allgemeinen wird ein<br />

Salzgehalt von weniger als 25 ‰ als brackig angesehen.<br />

In der Elbmündung und auf den Wattflächen des hamburgischen<br />

<strong>Nationalpark</strong>s ist der Salzgehalt durch den Süßwasserzustrom<br />

deutlich verringert. So werden etwa 24 bis 29 ‰ erreicht.<br />

Auch der Salzgehalt im Wattboden ist Schwankungen unterworfen.<br />

Das Wasser auf den Wattflächen weist gegenüber dem<br />

Wasser in den Prielen oder der Tiefwasserzone eine andere<br />

Charakteristik auf. Wasserverdunstung bei Ebbe mit starker<br />

30‰<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Scharhörnloch<br />

Till<br />

28‰ 26 ‰<br />

Sonneneinstrahlung, starken Windstau verursachende lang anhaltende<br />

Winde und starke Eisbildung beeinflussen den Salzgehalt<br />

maßgeblich. Beispielsweise können Pfützen auf dem trocken<br />

gefallenen Watt einen wesentlich höheren Salzgehalt aufweisen<br />

als normales Seewasser, bei Starkregen jedoch treten durch den<br />

Süßwasserniederschlag binnen weniger Minuten deutlich erniedrigte<br />

Werte auf.<br />

Die stark schwankenden Salzgehalte des Meerwassers im Bereich<br />

des <strong>Wattenmeer</strong>es stellen besondere Anforderungen an die<br />

Organismen bezüglich ihres Stoffwechsels. Nicht nur das rhythmische<br />

An- und Ablaufen des Wassers, also das periodische<br />

Trockenfallen des Wattbodens, sondern auch die starken<br />

Strömungen und damit zeitweilig verbundenen stark schwankenden<br />

Salzgehalte dieses Lebensraums erfordern deshalb besondere<br />

Anpassungsstrategien der hier lebenden Pflanzen und Tiere.<br />

Nigehörn<br />

Wittsandloch<br />

Scharhörn<br />

Neuwerker Loch<br />

Bakenloch<br />

Abb. 2: Salzgehaltslinien an der Oberfläche bei MThw; Interpolationen aus langen Meßperioden.<br />

Nordbake<br />

Muschelloch<br />

Elbe<br />

Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />

Neuwerk<br />

24 ‰<br />

Ostbake<br />

Wattweg<br />

Eitzenbalje<br />

Weser-Elbe-Wattfahrwasser<br />

Sahlenburger Loch<br />

Sahlenburg<br />

Salzgehalt in den Prielen des Neuwerker Vorlandes<br />

Im Sommerhalbjahr 1996 wurden Salzgehaltsmessungen in den<br />

Prielen des Neuwerker Vorlandes durchgeführt.<br />

Durch das Vorland von Neuwerk verlaufen derzeit zwei Prielsysteme<br />

natürlicher Entstehung, die in früheren Zeiten in das<br />

Gewässersystem der Elbe entwässerten. Heute ist kein direkter<br />

Anschluss an die großen Elbzuflüsse mehr zu erkennen und die<br />

Verbindung der Wattflächen mit dem Vorland wurde durch<br />

Bauwerke weitgehend verhindert. Die Priele sind durch selbsttätig<br />

schließende Siele gegen die freien Wattflächen in der Weise abgeschottet<br />

worden, dass sie nur noch einen geregelten Wasserabfluss<br />

23<br />

23<br />

14<br />

24<br />

19<br />

21<br />

17<br />

14<br />

20<br />

20<br />

20<br />

Messpunkte 1996<br />

100 m 500 m<br />

21<br />

25<br />

24<br />

25<br />

Abb. 3: Mittlere Salzgehalte der Priele im Vorland Neuwerks.<br />

Meßkampagne der <strong>Nationalpark</strong>-Verwaltung vom 18.07. – 13.08.1996.<br />

Die Zahlen bei den Probenstandorten beschreiben den jeweils gemessenen<br />

Salzgehalt (in ‰).


aus dem Vorland zulassen. Durch die weitgehende Schließung der<br />

Siele bei Hochwasser ist nur noch ein eingeschränktes Tidegeschehen<br />

auf den Flächen des Vorlandes möglich. Eine Salzzufuhr<br />

für den Boden ist praktisch nur noch bei hoch auflaufenden Tiden<br />

möglich, wenn der Sommerdeich überflutet wird. Dennoch belegen<br />

Salzgehaltsmessungen, die während mehrerer Tideperioden<br />

im Juli 1996 durchgeführt wurden, dass immer noch mit der Flut<br />

Meerwasser in die Priele hineingedrückt wird. In den sielnahen<br />

Bereichen wurden Schwankungen von 27,1 bis 23,1 psu gemessen,<br />

in deichnahen Bereichen immerhin noch 15,6 bis 16,9 psu.<br />

Schwebstoffe<br />

Als Schwebstoffe werden im Wasser treibende Teilchen bezeichnet,<br />

die größer als 0,43 Mikrometer sind. Sie bestehen aus kleinsten<br />

mineralische Körnchen, Resten abgestorbener Organismen<br />

und pflanzlichem Plankton wie z. B. Kieselalgen und andere Mikroorganismen.<br />

Schwebstoffe werden sowohl mit dem Küstenstrom,<br />

als auch mit den Flüssen in das Watt transportiert, aber<br />

auch auf dem Luftweg sind Einträge möglich.<br />

Durch die starken Bindungseigenschaften der Schwebstoffteilchen<br />

lagern sich an und in ihnen auch giftige Substanzen und<br />

Spurenstoffe ab. Schwermetalle und organische Moleküle werden<br />

an diese Teilchen gebunden und sind daher dort in vergleichsweise<br />

hohen Anteilen messbar. Auch Nährstoffe können gebunden<br />

werden.<br />

Schwebstoffe sind am Aufbau des Watts beteiligt, sie stellen darüber<br />

hinaus eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Wattorganismen<br />

dar. Bei Stillwasser sinken sie in flachen Ablagerungszonen<br />

zeitweilig zu Boden und werden erst bei einsetzendem<br />

Tidestrom oder starkem Seegang wieder aufgewirbelt. Durch die<br />

Ablagerung der Schwebstoffe und damit der an sie gebundenen<br />

Schad- und Nährstoffe auf den hochgelegenen Wattrücken wirken<br />

diese quasi als Schmutz- und Nährstoff-Falle. Mit der Aufnahme<br />

als Nahrungspartikel werden die Nähr- und Schadstoffe in den<br />

Stoffkreislauf des <strong>Wattenmeer</strong>s eingeschleust und in jahreszeitlich<br />

geprägten Stoffkreisläufen remineralisiert und gelangen so nach<br />

Erosionsereignissen in konzentrierter Form wieder in den<br />

Wasserkörper.<br />

Der Gehalt an Schwebstoffen hängt von vielen Einflussgrößen ab.<br />

Zu den wichtigsten zählen Strömungsgeschwindigkeit, Turbulenz,<br />

Korngröße, Salzgehalt und Temperatur. Auch der jahreszeitlich<br />

stark schwankende Anteil an pflanzlichem Plankton (Phytoplankton)<br />

wirkt sich aus.<br />

Durch die Abhängigkeit von solch vielen Größen sind allgemeine<br />

Voraussagen und Berechnungen kaum möglich, dennoch konnten<br />

im Bereich der Außenelbe wichtige Erkenntnisse gewonnen wer-<br />

‰<br />

27<br />

23<br />

19<br />

Knechtsand<br />

Till Elbe<br />

Till<br />

Bakenloch<br />

Wattenquerschnitt (schematisch)<br />

den. Deutlich zeigte sich, dass die durch die Gezeitenbewegung<br />

ausgelöste Umlagerungen im Ästuar für den Schwebstofftransport<br />

bedeutender sind als die Ein- und Ausfuhr aus dem Ästuar. Der<br />

Transport der feinen Partikel in der Außenelbe erfolgt überwiegend<br />

mit den Gezeitenströmen. Dabei transportiert der Flutstrom<br />

im südlichen Bereich weniger Schwebstoffe als der Ebbstrom im<br />

nördlichen Bereich. Daher sind in den nördlichen Bereichen des<br />

Ästuars, sowohl bei Ebbe mit fast 80%, als auch bei Flut (65%)<br />

die höchsten Transportraten und Schwebstoffgehalte festzustellen.<br />

Auch in Bezug auf die Schwebstoffe lassen sich saisonale<br />

Schwankungen feststellen. So sind die Transportraten der<br />

Schwebstoffe im Winter rund 5 mal so groß sind wie im Sommer.<br />

Einflußbereich<br />

der Eitzenbalje<br />

Flaches Watt<br />

Abb. 4: Querschnitte des Oberflächen-Salzgehaltes über das Watt zwischen Till und Elbe bei MThw.<br />

11.6.1968<br />

11.4.1968<br />

Buchtloch<br />

Elbe<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 27


Insel Neuwerk<br />

30<br />

Der Bodenaufbau prägt als Grundlage für die darauf wachsende Vegetation in besonderem Maße den Charakter einer<br />

Landschaft. Neben der natürlichen Bodenentwicklung bestimmt darüber hinaus auch die Nutzung den Aufbau des Bodens.<br />

Die Insel Neuwerk zeigt für beide Phänomene eindrucksvolls Beispiele.<br />

Bodenaufbau<br />

Der Bodenaufbau beschreibt die oberste, belebte Schicht der Erdoberfläche.<br />

Er entsteht aus mineralischen und organischen<br />

Bestandteilen durch physikalische, chemische und biologische<br />

Prozesse. Je nach Ausgangsmaterial und Bodenbildungsprozessen<br />

bilden sich unterschiedliche Böden mit typischen Schichtabfolgen<br />

heraus. Auch Nutzungen beeinflussen die Bodenbildung<br />

und deren weitere Entwicklung.<br />

Ausgangspunkt für die Bodenbildung ist geologische Entwicklung.<br />

Bohrungen im Bereich Scharhörn/Neuwerk belegen, dass<br />

dort eiszeitliche Ablagerungen in etwa 20 bis 25 m Tiefe liegen.<br />

Über ihnen liegen etwa 7.700 Jahre alte Torfschichten von geringer<br />

Mächtigkeit. Auf den Torfen lagert Klei in einer Schichtdicke<br />

von wenigen Dezimetern bis max. 2,80 m. Darüber finden sich<br />

ungeschichtete, kalkhaltige graue Feinsande mit Muscheln, die<br />

diese Ablagerungen als Meeressedimente kennzeichnen.<br />

Durch die Ablagerung der Sedimente entstanden Sandbänke.<br />

Lagen diese Sandbänke hoch genug und erreichten sie eine ausreichende<br />

Flächengröße, so konnte der Ostwind bei gleichzeitig<br />

niedrigen Wasserständen den Boden austrocknen und den Sand zu<br />

Dünen aufwehen. Die Ansiedlung von Dünenpflanzen, vor allem<br />

von Gräsern, begünstigte diese Entwicklung noch. So begann die<br />

Entwicklung der Insel Neuwerk ähnlich wie die in jüngerer<br />

Vergangenheit gewachsene Insel Scharhörn. Im Schutz der<br />

Düneninsel entstanden beruhigte Bereiche, in denen sich auf<br />

Schlickablagerungen auch Salzwiesen bilden konnten. Noch heute<br />

finden sich auf Neuwerk Reste der ursprünglichen Dünen (an<br />

der Nordspitze, bei der Ostbake und der Ostschleuse), in deren<br />

Schutz sich Schlicklagen geringer Mächtigkeit über den<br />

Meeressanden ablagerten (insbesondere im Ostvorland).<br />

Entgegen anderslautender Darstellungen ist Neuwerk nicht als<br />

Hallig anzusprechen, d.h. als eine Insel, die über ehemaligem, im<br />

Mittelalter verlorengegangenem Kulturland aufschlickte. Die<br />

Hauptbodenarten auf Neuwerk sind Sand und sandiger Lehm,<br />

nicht Tone wie auf den Halligen. Auch gibt es auf Halligen anders<br />

als auf Neuwerk keine Dünen.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Vorland<br />

Das Vorland von Neuwerk weist als Feinbodenarten überwiegend<br />

Feinsand und Lehm auf, die in Schichten sedimentiert sind.<br />

Tonige Ablagerungen sind dagegen nur in geringer Mächtigkeit<br />

entlang der Priele verbreitet. In einzelnen Linsen treten sie auch<br />

in größeren Bodentiefen auf. Auffällig ist der hohe Sandanteil im<br />

Oberboden. Besonders im Nordvorland kann sich diese sandige<br />

Deckschicht bis in über 1 Meter Tiefe erstrecken.<br />

Der Ursprung Neuwerks als Düneninsel führt dazu, dass die<br />

Böden der Insel in weiten Bereichen durch Dünenprofile gekennzeichnet<br />

sind, die durch Flugsandablagerungen entstanden sind.<br />

Sie weisen einen humusreichen Auflagehorizont von lediglich<br />

wenigen Zentimetern Stärke über grobsandigem Unterboden auf.<br />

Weit verbreiteter Bodentyp im Vorland ist der Marschboden mit<br />

der charakteristischen Horizontabfolge. Unter dem humusreichen<br />

Auflagehorizont (Ah) liegen grundwasserbeinflusste Horizonte<br />

mit Rostflecken (Go), auf die in größerer Bodentiefe Horizonte im<br />

Grundwassereinfluss mit reduzierenden Verhältnissen folgen (Gr).<br />

Eine Unterscheidung in relativ unreife Kalkmarsch oder reifere<br />

Klei-Marsch ist nicht deutlich zu treffen, zumal durch die Wasserund<br />

Sedimentzufuhr bei winterlichen Hochwässern die Bodenbildungsprozesse<br />

noch nicht abgeschlossen sind und immer wieder<br />

neu in Gang gesetzt werden. Auf den höheren Vorlandflächen<br />

können sich nur gröbere Sandpartikel ablagern, während es in tieferen,<br />

strömungsberuhigten Bereichen zur Sedimentation von<br />

feinsten Bestandteilen kommen kann. Die deutliche Horizontbildung<br />

mit wiederholter Abfolge von sandigen und feineren Substraten<br />

ist charakteristisch für Überflutungsböden (Sturmflutschichtung).<br />

Im Vorland sind diese Horizontabfolgen noch<br />

deutlich ausgeprägt, was sie als relativ junge Böden kennzeichnet.<br />

Für Deichbau- und -unterhaltungsmaßnahmen werden Gemenge<br />

von Feinbodenanteilen benötigt, die bestimmte physikalische und<br />

chemische Eigenschaften aufweisen müssen. Als gut geeignet<br />

erweisen sich in der Regel schluffige Lehme und schluffige Tone<br />

mit einem Tonanteil von 15-30% (Klei). Boden mit geringeren<br />

Tonanteilen (bis 10%) oder höheren Tonanteilen (über 30%) sind<br />

im allgemeinen aufgrund zu geringer Bindigkeit bzw. zu starker<br />

Schrumpfung bei Austrocknung weniger gut geeignet.<br />

Profilbohrungen zeigen den kleinräumigen Wechsel verschiedener<br />

Schichtfolgen (Abb. 3). Aufgrund der Geländestruktur sind<br />

strömungsberuhigte und strömungsexponierte Bereiche mosaikartig<br />

miteinander verzahnt. Dies führt zu Ablagerungen unterschiedlicher<br />

Korngrößen in benachbarten Bereichen. Eine auf die<br />

Fläche bezogene Vorhersage der Bodenart und Bodenschichtung<br />

ist daher nur bedingt möglich. Entgegen der Erwartung erlaubt<br />

die Geländestruktur somit auch keine Rückschlüsse auf das<br />

Vorkommen abbaubarer Klei-Linsen z.B. in Senken, wie entlang<br />

ehemaliger Priele oder Boden- und Sodenentnahmeflächen.<br />

Insgesamt konnten sich im Vorland von Neuwerk durch Ablagerung<br />

feiner Sedimente nur geringe Kleischichten bilden. In Bodentiefen<br />

ab ca. 30 cm unter Geländeoberfläche finden sich Klei-<br />

Linsen in Schichtdicken von durchschnittlich 30 cm bis 50 cm.<br />

Diese Klei-Vorkommen sind z.T. bereits für Deichbaumaßnahmen<br />

und für Zwecke der Deichunterhaltung abgebaut worden<br />

(siehe Abb. 1).<br />

In einigen Profilbohrungen finden sich sogenannte Verbraunungshorizonte<br />

(Bv), die vermutlich den Sommerdeich oder<br />

andere Aufschüttungen (ehemalige Wegetrassen) kennzeichnen.<br />

Binnengroden<br />

Im Binnendeichsgelände wird bereits seit mehreren Jahrhunderten<br />

landwirtschaftliche Nutzung durch Beweidung und<br />

Ackerbau betrieben. Große Bereiche des Bodens im Binnengroden<br />

sind daher bereits landwirtschaftlich überprägt und weisen<br />

charakteristische Bearbeitungsspuren (Pflugspuren und Vermischung<br />

der Horizonte) in ihren oberen Bodenschichten auf.<br />

Ehemalige, inzwischen abgebaute Kleilager befinden sich z.B.<br />

neben der Turmwurt und östlich des Mittelweges, wo in mehr<br />

oder weniger tiefen Senken Erlen wachsen. In dem Erlenwäldchen,<br />

das sich nordwestlich an die Turmwurt anschließt, sind<br />

noch die alten Gräben ("Pütten") früherer Deichbaumaßnahmen -<br />

vermutlich für die Turmwurt - vorhanden.<br />

Im Ostteil der Insel sind auch heute noch alte Prielverläufe<br />

erkennbar, in deren Randbereichen Ablagerungen feinerer<br />

Bodenbestandteile vermutet werden können. Allerdings sind auch<br />

hier durch Bewirtschaftungsmaßnahmen die natürlichen<br />

Bodenverhältnisse verändert.


Abb. 2: Bodenprofil mit<br />

Dünenprofil-Bohrstockeinschlag<br />

im Vorland von<br />

Neuwerk. Foto Körber.<br />

0<br />

50<br />

100<br />

150<br />

200<br />

A B C D E<br />

Grasnarbe z.T. Acker,<br />

Mutterboden<br />

Feinsand humos, grau<br />

Feinsand<br />

graugelb bis grau<br />

Feinsand humos, grau<br />

bis braungrau, Feinschichtung<br />

durch Schluffstreifen<br />

(Sturmflutschichtung)<br />

Fein- bis Mittelsand, gelbgrau<br />

bis hellgrau, z.T.<br />

überwehte alte Grasnarben<br />

(vermutlich Flugsand)<br />

Abb. 3: Bodenprofil mit<br />

Sturmflutschichtung-<br />

Bohrstockeinschlag in<br />

Vorlandsalzwiese von<br />

Neuwerk. Foto Körber.<br />

Klei, braungrau,<br />

stark verokert<br />

Klei, braun bis dunkelgrau,<br />

abnehmende Verokerung<br />

Mittel- bis Feinsand,<br />

gelbgrau bis hellgrau<br />

Fein- bis Mittelsand,<br />

grau bis dunkelgrau<br />

(Wattsockel)<br />

Abb. 4: Bodenprofile von Neuwerk. Nach Bohrungen des<br />

Geologischen Landesamtes (1977).<br />

D<br />

A<br />

NORDVORLAND<br />

Turmwurt<br />

C<br />

B<br />

Stärke der Sandschicht unter Geländeoberfläche<br />

1 - 24 cm<br />

25 - 49 cm<br />

50 - 74 cm<br />

> 75 cm<br />

Lage der Profilbohrungen (1 m Tiefe)<br />

Lage der Bohrstellen für die Bodenprofile<br />

des Geologischen Landesamts<br />

Kleientnahmestellen<br />

OSTVORLAND<br />

100 0 300 m<br />

E<br />

Abb. 1: Bodenaufbau von Neuwerk<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 31


Insel Neuwerk<br />

32<br />

Neuwerk wird nur von wenigen wildlebenden Säugetierarten bewohnt oder besucht. Sie sind entweder als Irrgäste auf die<br />

Insel gelangt, unbeabsichtigt eingeschleppt oder gezielt angesiedelt worden.<br />

Wildlebende Säugetiere<br />

Eine Insel wie Neuwerk ist aufgrund der deutlichen Entfernung<br />

zum Festland erwartungsgemäß arm an wildlebenden Säugetieren.<br />

Der etwa 8 km weite und wegen der ständigen Überflutungsgefahr<br />

gefahrvolle Weg über das Watt ist ein fast unüberwindbares<br />

Hindernis. Trotzdem leben auf der Insel wildlebende<br />

Säugetiere. Ihre Siedlungsgeschichte ist jedoch sehr unterschiedlich,<br />

teilweise beruht sie auf Spekulationen.<br />

Wanderungen<br />

Die meisten Säugetierarten in Mitteleuropa sind relativ sesshaft.<br />

Sie beanspruchen ein bestimmtes Revier, das sie allein oder<br />

gemeinsam mit Artgenossen bewohnen. Doch manchmal unternehmen<br />

einzelne Tiere oder kleine Gruppen weite Wanderungen.<br />

Als besondere Gründe für die Ortsveränderungen, die damit zur<br />

Ausbreitung von Arten oder Ausweitung ihres Lebensraumes beitragen,<br />

kommen insbesondere in Frage:<br />

• Veränderungen des Klimas,<br />

• Nahrungsmangel in ihrem angestammten Lebensraum,<br />

• gravierende Umwälzungen im Lebensraum nach<br />

Naturkatastrophen oder menschlichen Eingriffen.<br />

Da solche Wanderungen nicht zielgerichtet sind und die landlebenden<br />

Arten den Weg über das offene Watt oder durch das<br />

Wasser scheuen, erreichen erwartungsgemäß nur wenige Arten<br />

selbstständig die Insel Neuwerk.<br />

Einführung durch den Menschen<br />

Viel eher werden Säugetiere auf Inseln eingeschleppt, z.B. als<br />

"blinde Passagiere" in der Fracht. So sind auf vielen Inseln Nagetiere<br />

durch den Menschen unabsichtlich eingeführt worden, häufig<br />

mit katastrophalen Auswirkungen für die heimische Tier- und<br />

Pflanzenwelt. Auch im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> gibt es dafür<br />

Beispiele: So gelangten 1949 Ratten mit Buschwerk nach<br />

Scharhörn und vernichteten in den Folgejahren nahezu die<br />

gesamte Bodenbrut der Vögel. Es bereitete große Mühe, die Ratten<br />

wieder von der Insel zu entfernen.<br />

Einige Arten werden auch gezielt von Menschen angesiedelt.<br />

Neben den Haustieren sind dies vor allem jagdbare Wildtiere. In<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

den sechziger Jahren wurden von den Neuwerker Jägern Fasane,<br />

Hasen und Rebhühner ausgesetzt.<br />

Heimisch gewordene Säugetierarten auf Neuwerk<br />

Gelangen Tiere nach Neuwerk, sei es absichtlich oder zufällig,<br />

muss die Insel die für die jeweilige Art geeigneten Lebensräume<br />

aufweisen, um eine längerfristige oder dauerhafte Ansiedlung zu<br />

ermöglichen. Bisher gelang es nur wenigen Arten auf der Insel<br />

Fuß zu fassen. Eine erfolgreiche Ansiedlung gelang Anfang der<br />

sechziger Jahre z.B. mit dem Feldhasen, der neben den ebenfalls<br />

eingeführten Fasanen das einzige jagdbare Wild auf der Insel darstellt.<br />

Der auf der "Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands"<br />

bereits als gefährdet eingestufte Feldhase ist auf dem Festland<br />

Abb. 1: Feldhasen im Neuwerker Vorland. Foto Hecker.<br />

insbesondere durch die fortschreitende Intensivierung in der<br />

Landwirtschaft, durch die Flurbereinigung und durch den Einsatz<br />

von Pestiziden im Bestand rückläufig. Nach der erfolgreichen<br />

Ansiedlung bewohnt er heute mit einer Dichte von über zwei<br />

Tieren pro Hektar im Inselkern die kleinräumig strukturierten<br />

landwirtschaftlich genutzten Flächen und darüber hinaus auch das<br />

Vorland bis hinunter zur Wattkante. Erst in den letzten Jahren ist<br />

Abb. 2: Schermaus. Foto Limbrunner<br />

deutlich erkannt worden, dass unbeweidete Salzwiesen einen<br />

idealen Lebensraum für Feldhasen darstellen. Man nimmt sogar<br />

an, dass Salzwiesen inzwischen zu den am dichtesten besiedelten<br />

Hasenbiotopen in Deutschland gehören. Die in den Salzwiesen<br />

lebenden Hasen sind jedoch im besonderen Maße durch<br />

Sturmfluten gefährdet, da sie ganz offensichtlich bei schnell einsetzenden<br />

hohen Wasserständen die Orientierung verlieren und<br />

ertrinken, obwohl sie gute Schwimmer sind.<br />

Auch die Hausmaus, eine weltweit verbreitete Art, ist zu den auf<br />

Neuwerk heimischen Säugern zu zählen. Zeitweise tritt sie sogar<br />

massenhaft auf der Insel auf. Sie gehört sicherlich zu den unbeabsichtigt<br />

auf Neuwerk eingeschleppten Arten.<br />

Die Waldspitzmaus ist der einzige Insektenfresser unter den<br />

Säugetieren, der Neuwerk erobert hat. Weitere Insektenfresser<br />

wie Igel, Maulwurf und andere Spitzmausarten fehlen auf<br />

Neuwerk. Die Waldspitzmaus ist mit einer stabilen Population,<br />

aber weitaus weniger zahlreich als die Hausmaus, auf der Insel<br />

vertreten.<br />

Als häufigste Säugetierart Neuwerks ist die Schermaus zu nennen.<br />

Sie ist mit Ausnahme der ursprünglich nur in Nordamerika<br />

beheimateten und zu Beginn unseres Jahrhunderts in Europa ausgesetzten<br />

Bisamratte, die größte europäische Wühlmausart. Die<br />

Schermaus ist im Neuwerker Vorland besonders häufig anzutreffen<br />

und wird, sobald sie Schäden an den Deichanlagen verursacht,<br />

im Rahmen der Unterhaltung der Hochwasserschutz-


anlagen intensiv bekämpft.<br />

Vermutlich ist auch die Feldmaus auf Neuwerk beheimatet.<br />

Nachgewiesen wurde dieser Kleinsäuger allerdings bis jetzt noch<br />

nicht lebend, sondern lediglich in Eulengewöllen auf Neuwerk. Es<br />

ist aber nicht absolut sicher, dass die Eulen ihre Beute auf<br />

Neuwerk gefangen haben. Es könnte sich unter Umständen um<br />

auf dem Festland lebende Mäuse gehandelt haben.<br />

Abb. 3: Feldmäuse an ihrem Bau. Foto Limbrunner<br />

Man könnte annehmen, dass flugfähige Säugetierarten es leichter<br />

hätten, nach Neuwerk zu gelangen. Bislang ist jedoch erst eine<br />

Fledermausart, die Breitflügelfledermaus auf der Turmwurt nachgewiesen<br />

worden. Diese Art wird auf der "Roten Liste gefährdeter<br />

Tiere Deutschlands" auf der Vorwarnliste geführt. Sie ist damit<br />

noch nicht gefährdet, aber es steht zu befürchten, dass sie innerhalb<br />

der nächsten 10 Jahre gefährdet sein wird, wenn bestimmte<br />

Faktoren weiterhin wirken. Die Breitflügelfledermaus ist typisch<br />

für dörfliche Gebiete und könnte in den alten Gebäuden und<br />

großen, alten Bäumen auf der Turmwurt einen ihr zusagenden<br />

Sommer- und auch Winterlebensraum finden. Trotzdem ist sie auf<br />

Neuwerk bislang nur selten beobachtet worden, doch stehen<br />

regelmäßige Untersuchungen hierzu noch aus.<br />

Kurzzeitige Besucher der Insel<br />

Auch die Verschleppung einzelner Tiere auf die Insel ist belegt. So<br />

wurde z. B. im Jahr 1993 ein Hermelin gesichtet, das sich während<br />

des Sommers im Innen- und Außengroden, an der Wattkante und<br />

den Buhnen aufhielt. Das Hermelin gilt als guter Schwimmer. Man<br />

vermutet, dass es mit Prickenladungen per Schiff, gewissermaßen<br />

als "Blinder Passagier", auf die Insel gelangte.<br />

Weitere Besonderheiten sind einzelne Rehe und eine Bisamratte,<br />

die sich nach Neuwerk verirrten und so als sogenannte Irrgäste für<br />

wenige Stunden oder Tage auf der Insel beobachtet werden konnten.<br />

Diese beiden Arten sind damit wohl die einzigen, die selbstständig<br />

nach Neuwerk gelangen konnten, haben hier aber keinen<br />

geeigneten Lebensraum gefunden.<br />

Beutegreifer, wie z. B. Fuchs, die eine Gefahr für die Vogelwelt<br />

darstellen können, fehlen auf Neuwerk gänzlich. Da auch andere<br />

Nesträuber wie Igel nicht auf der Insel heimisch sind, sind die<br />

großen Seevogelkolonien relativ ungefährdet. Auch die Aufzuchtsrate<br />

der Hasen dürfte vom Fehlen der Beutegreifer profitieren. An<br />

die Stelle standorttreuer natürlicher Beutegreifer treten auf<br />

Neuwerk neben durchziehenden Greifvögeln auch wildernde<br />

Hauskatzen, die zumindest binnendeichs auch Vögel erbeuten. Die<br />

wildernden Katzen werden im Rahmen der Verpflichtung zur<br />

Ausübung des Jagdschutzes während der Jagdausübung zur Bestandsregulierung<br />

der Hasen regelmäßig geschossen.<br />

Abb. 4: Breitflügel-Fledermaus. Foto Limbrunner<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 33


Insel Neuwerk<br />

34<br />

Die frühe Verbindung der Insel Neuwerk mit der Stadt Hamburg und ihre besondere Bedeutung für den aufstrebenden<br />

Hafen der Hansestadt als Vorposten in der Elbe-Mündung haben dazu geführt, dass das Schicksal der Insel und die Begebenheiten<br />

um sie herum vergleichsweise umfangreich dokumentiert sind. Der vorliegende Ausschnitt aus der Chronik<br />

Neuwerks zeigt, wie sehr das Schicksal der Insel einerseits mit der hamburgischen Geschichte und andererseits mit den<br />

Sturmfluten der Nordsee bis in die jüngste Zeit verbunden ist.<br />

Neuwerker Inselchronik<br />

Um 950 Der erste sächsische Geschichtsschreiber<br />

Widukind beschreibt die Besiedlung des Landes<br />

,,Hadolaun” durch die Sachsen.<br />

1286 Erstmalige Erwähnung der ,,0”, die dem Land<br />

Hadeln zugeordnet wird.<br />

Die unbedeichte zu Land Hadeln gehörige Insel<br />

wird während der Heringsfangzeit von Kaufleuten<br />

aus Bremen, Stade und Hamburg als Fischmarkt<br />

aufgesucht. Erste Erwähnung des Planes der Errichtung<br />

eines Seezeichens durch Hamburg.<br />

1299 1. Nov.: Die Herzöge von Sachsen-Lauenburg geben<br />

als Landesherren von Hadeln der Stadt<br />

Hamburg die Erlaubnis, auf der Insel ein ,,Werk”<br />

zur Kennzeichnung der Elbmündung zu errichten.<br />

Die entscheidenden Verhandlungen finden in<br />

Mölln statt.<br />

Abb. 1: Elb-Karte von Melchior Lorich, 1568, Staatsarchiv der Freien und Hansestadt Hamburg.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

1300–1310 Der Rat der Stadt Hamburg lässt unter finanzieller<br />

Beihilfe Lübecks auf der Insel den heute noch<br />

stehenden Turm zur Kennzeichnung der Elbmündung<br />

als Seezeichen und zugleich Festungswerk<br />

errichten.<br />

1316 April: Der hamburgische Rat schließt zum Schutze<br />

des Turmes mit den Ratgebern der friesischen<br />

Marsch Land Wursten ein Verteidigungsbündnis.<br />

1319 22. Juni: Der noch heute bestehende Friedhof der<br />

Insel wird durch einen Bischof und drei Geistliche<br />

geweiht.<br />

1349 2. Febr.: Die Edelherren Lappe, Burgherren zu<br />

Ritzebüttel und Grundherren in den Hadeler<br />

Kirchspielen Altenwalde und Groden, verpflichten<br />

sich gegen Hamburg, die Schifffahrt auf der<br />

Niederelbe zu beschirmen. Der Vertrag wird in<br />

Neuwerk Ritzebüttel<br />

den folgenden Jahren mehrmals erneuert.<br />

1376-1379 Ein Brand verursacht am Holzwerk und Dach des<br />

Neuwerker Turmes größeren Schaden. Nach<br />

Besichtigung durch zwei Hamburger Ratsherren<br />

werden größere Reparaturarbeiten ausgeführt.<br />

Neben dem Turm werden Viehställe, ein<br />

“Haubarg” und eine Windmühle gebaut.<br />

1393 12. Juli: Nach einem Überfall der Ritter Lappe auf<br />

die Insel erneuert der Hamburger Rat das mit den<br />

Ratgebern des Landes Wursten geschlossene<br />

Bündnis gegen sie. Gemeinsam erobern<br />

Hamburger und Wurster deren Burg Ritzebüttel.<br />

1394 1. Aug.: Beim Friedensschluss nach der Fehde treten<br />

die Edelherren Lappe ihre Grundherrschaft in<br />

den Hadeler Kirchspielen Altenwalde und Groden<br />

mit der Burg Ritzebüttel an Hamburg ab. Aus der<br />

Gerichts- und Grundherrschaft der Lappes bildet<br />

Hamburg das Amt Ritzebüttel. Dem hamburgischen<br />

Ratsherrn und Amtmann zu Ritzebüttel<br />

wird die Insel Neuwerk unterstellt. Seit etwa 1400<br />

ist ein Vogt dort sein Vertreter.<br />

1431 22. Febr.: In der Fehde zwischen Hamburg und<br />

Dithmarschen wegen Radelef Kersten überfallen<br />

und plündern die Dithmarscher Neuwerk, ohne<br />

den Turm zu erobern.<br />

1460/1461 Durch bauliche Instandsetzung des Turmes und


der übrigen Gebäude entstehen größere Ausgaben<br />

für die Hamburger Kämmerei. Bleidecker,<br />

Schmiede, Ziegler und andere Handwerker arbeiten<br />

bis zu dreizehn Wochen auf der Insel unter<br />

Aufsicht des Vogtes Ludekin van Rode.<br />

1536 Der Neuwerker Vogt Bernd Beseke wird wegen<br />

schweren Seeraubs mit dreien seiner Knechte in<br />

Hamburg enthauptet. Als sein Nachfolger wird<br />

Ratsherr Willehad Wiese durch den Ratsherrn<br />

Dithmar Koel in Neuwerk als Amtmann eingeführt.<br />

1554/55 Neben dem Turm wird eine neue Viehtränke mit<br />

erhöhtem Wall (,,Soot”) gegen die Meeresflut<br />

unter Aufwand von 636 lübischen Pfund durch die<br />

hamburgische Kämmerei angelegt.<br />

1556 - 1559 Unter Aufsicht des hamburgischen Bürgermeisters<br />

Memo von Eitzen und des Neuwerker Vogtes<br />

Joachim Schröder entsteht der erste Deich der die<br />

Insel, für dessen Bau die Kämmerei in drei Jahren<br />

hohe Summe von etwa 6134 lübischen Pfund aufbringt.<br />

1568 Auf der im Auftrage des Rates durch den Maler<br />

Melchior Lorichs hergestellten Elbkarte ist zum<br />

ersten Male die Außenelbe mit der Insel Neuwerk<br />

dargestellt.<br />

1572 Das eingedeichte Land und die Graserei des<br />

Außendeiches werden durch die hamburgische<br />

Kämmerei je zur Hälfte dem Vogt Sebastian Ruhe<br />

und den drei Erbpächtern Nanne Heerßen,<br />

Helmcke Schmidt und Hinrick Joelssen verpachtet,<br />

die bis Ostern 1574 ihre Hofwurten am Norddeich<br />

fertigzustellen haben.<br />

1575 Bei der Südwestecke des Deiches werden zwei<br />

Fischerhäuser errichtet. Die Bewohner versehen<br />

auch den Lotsendienst in den Gewässern bei der<br />

Insel.<br />

1625 21. Jan., 10. u. 16. Febr.: Hohe Sturmfluten mit<br />

Eisgang, die auf der Insel gewaltige Schäden<br />

anrichten.<br />

1626 30. Juli: Die Insel wird durch Söldner des Markgrafen<br />

Christian Wilhelm von Brandenburg, der<br />

das Schloss Ritzebüttel besetzt hat, gebrandschatzt,<br />

jedoch der Turm nicht eingenommen.<br />

1628 Sept.: Die Absicht des kaiserlichen Generals Tilly,<br />

dessen Kriegsvolk das Amt Ritzebüttel besetzt<br />

hält, auch Neuwerk einzunehmen, wird durch<br />

Nebel vereitelt.<br />

1644 Auf dem nördlichen Deichvorland wird eine hölzerne<br />

Feuerblüse zur Aufnahme eines Kohlenfeuers<br />

erbaut, das in den Winternächten als<br />

Leuchtfeuer brennt.<br />

1717 24./25. Dez.: Die Weihnachtsflut überflutet die<br />

Insel und richtet am West- und Norddeich schwere<br />

Schäden und Deichbrüche an. Zwölf Einwohner<br />

kommen in den Fluten um. Alles Vieh<br />

ertrinkt. Claus Tiedemanns Mittelhof und Claus<br />

Höpckes Fischerhaus werden ,,weggespület”.<br />

1718 25. Jan./25. Febr.: Erneute Sturmfluten; zum<br />

Schutz wird ein Notdeich um die Hochstelle<br />

Abb. 2: Leuchtfeuer auf dem Neuwerker Turm. Foto Körber.<br />

gebaut. Anschließend erfolgt die Wiederherstellung<br />

der Deiche mit Hilfe der hamburgischen<br />

Kämmerei, des Amtes Ritzebüttel und durch<br />

kirchliche Kollekten.<br />

1723 Dez.: Ein Schwarm von 18 Walen verendet auf<br />

Watt und Sänden bei Neuwerk; sie werden von<br />

Neuwerker, Duhner, Blankeneser und Altonaer<br />

Fischern abgespeckt.<br />

1751 11. Sept.: Bei einer schweren Sturmflut bricht der<br />

Neuwerker Deich an der Südwestecke beim<br />

Fischerhaus; zu beschleunigter Ausbesserung<br />

werden vom Ritzebüttler Amtmann Einwohner<br />

der Küstendörfer Duhnen, Döse und Stickenbüttel<br />

mit Sturzkarren dorthin geschickt.<br />

1756 7. Okt.: Bei schwerem Sturm wird die Insel überschwemmt;<br />

im Süddeich entsteht ein Grundbruch;<br />

das Turmdach verliert 1300 Ziegel; viele Häuser<br />

werden beschädigt.<br />

1791 22. März u. 1792, 11. Dez.: Schwere Sturmfluten<br />

verursachen bedeutende Schäden auf der Insel, die<br />

in den nächsten Jahren ausgebessert werden.<br />

1795-1797 Zum Schutz des Deiches wird an der Südwestecke<br />

beim Fischerhaus eine 900 m lange eichene Pfahlwand<br />

erbaut. 1795 wird für Wattschiffe südlich<br />

von Neuwerk durch die Kinderbalje infolge häufigen<br />

Verkehrs von Weser Jade und Ems auch die<br />

durch Stickers Gatt unfern der Duhner Küste in<br />

das Elbwasser führende Fahrrinne mit Buschbaken<br />

besteckt.<br />

1814 Nach Abzug der Franzosen beziehen die<br />

Neuwerker ihre Wohnstellen wieder.<br />

1814 20. Dez.: Auf dem Turm brennt zuerst das durch<br />

die Hamburger Optische Anstalt von Joh. G.<br />

Repsold eingerichtete Laternenfeuer als Nachtsignal.<br />

Daneben brennt noch das alte Kohlenfeuer<br />

der Blüse, für die ein besonderer Kohlenhafen die<br />

aus Schottland eingeführte Kohle aufnimmt.<br />

1815 Für die bisherige Feuerblüse wird am Norddeich<br />

ein kleiner Leuchtturm errichtet. Die durch die<br />

Feuer des großen und kleinen Turms bezeichnete<br />

nordwestliche Linie gibt den einsegelnden Schiffen<br />

den Kurs auf die Elbmündung. Für beide<br />

Feuer werden je zwei Blüsener angestellt.<br />

1816 Auf der lnsel leben 42 Menschen. Der Viehbestand<br />

beträgt: 30 Pferde, 132 Rinder, 5 Schweine<br />

und 136 Schafe.<br />

1825 3./4. Febr.: Die Sturmflut bricht und beschädigt<br />

den äußeren und inneren Deich, insbesondere an<br />

der Nordseite. Während die Bewohner sich auf<br />

den Turm retten können, kommt alles Vieh in den<br />

Fluten um. Nur ein Haus bleibt bewohnbar. Alle<br />

Brunnen sind voll Schlamm und Salzwasser. Hilfe<br />

für Neuwerk erfolgt durch hohe Sammlungsspenden<br />

aus Hamburg und England.<br />

1827 12. Juni: Ein neben dem Turm erbautes kleines<br />

Schulhaus, dessen Schulstube auch als Betsaal<br />

dient, wird durch Pastor Weiß aus Döse eingeweiht.<br />

1839 Die Insel erhält ein staatliches Rettungsboot.<br />

1867 Es wird eine neue Bergungsordnung für Neuwerk<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 35


Insel Neuwerk<br />

36<br />

erlassen, die in fünf Sprachen für die Schiffsführer<br />

bekanntgemacht wird.<br />

1870 30. Juli: Über das von Cuxhaven/Duhnen nach<br />

Neuwerk gelegte Telegraphenkabel wird die erste<br />

Depesche durchgegeben.<br />

1873 1. Dez.: Die Insel wird eine Landgemeinde mit<br />

einem Ortsvorstand von drei Personen nach der<br />

Hamburgischen Landgemeindeordnung.<br />

1875 Die Einwohnerzahl beträgt 54. Der Osthof wird<br />

in zwei Halbhöfe aufgeteilt.<br />

1885 4. Juni: Das 1815 eingerichtete Feuer des kleinen<br />

Leuchtturms wird eingestellt.<br />

1905 Das am Ostdeich erbaute Hotel ,,Zur Meereswoge”<br />

gewährt Badegästen Aufenthaltsmöglichkeit.<br />

Neuwerk wird Erholungsort und Seebad.<br />

1906 12.u. 13. März: Eine hohe Sturmflut schlägt<br />

Wellen über die Deiche, die standhalten, jedoch<br />

Beschädigungen aufweisen. Alle Gräben und<br />

Tränken, mit Ausnahme des Turmteiches, füllen<br />

sich mit Seewasser.<br />

1911 Die Außenmauer des Leuchtturms wird mit einem<br />

Kostenaufwand von 17000 Reichsmark durch<br />

Hamburg gründlich ausgebessert und erneuert.<br />

1912 Juli: Das mit einem Kostenaufwande von 30 000<br />

Reichsmark errichtete Schulgebäude am Norddeich<br />

wird in Benutzung genommen. Es liegt an<br />

der Stelle des früheren kleinen Leuchtturms, dessen<br />

Wärterhaus seit 1887 als Schule diente.<br />

1914-1918 Während des ersten Weltkrieges ist die Insel<br />

militärisch besetzt. Nach dem Kriege erbaut die<br />

Kriegsmarine an Stelle von Holzständen vier<br />

Beobachtungsstände in Ziegelstein am Deich.<br />

1916 13. Jan. u. 16. Febr.: Hohe Sturmfluten treiben auf<br />

Neuwerk die Wogen über die Deiche.<br />

1925 Für hamburger Schulkinder, die vorher behelfsmäßig<br />

im Turm untergebracht waren, wird das bisherige<br />

Vorwerksgebäude als Schulheim eingerichtet.<br />

1926 Ein mit einem Windmotor betriebenes Elektrizitätswerk<br />

für die Insel wird in Betrieb genommen,<br />

das auch an Stelle des Petroleumglühlichts<br />

Strom für das Leuchtfeuer des Turmes liefern<br />

kann.<br />

1926 Erste Naturschutzmaßnahmen (Sandfangzäune<br />

und Anpflanzungen) zur Sicherung der Dünen<br />

plate Scharhörn (initiiert durch das Bemühen des<br />

Insellehrers Gechter).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

1931 Der steinerne Ring um das Vorland des Deiches<br />

wird vollendet. Der hamburgische Staat hat darin<br />

vier Schleusen zum Durchlass der Hauptpriele<br />

erbauen lassen.<br />

1932-45 Ein Barackenlager des Arbeitsdienstes befindet<br />

sich auf der Insel. Die Arbeitsmänner helfen bei<br />

Uferschutzarbeiten, Erdarbeiten am Außendeich<br />

und bei Landgewinnungsarbeiten auf dem Watt im<br />

Südosten der Insel. Nach dem Abbruch der Arbeiten<br />

im Jahre 1945 verfallen die Anlagen zur Aufhöhung<br />

des Watts.<br />

1934 Die in den Jahren 1795 bis 1797 errichtete Eichenpfahlwand<br />

vor der Südwestecke der Insel wird<br />

erneuert und erweitert.<br />

1937 1. April: Die Insel wird mit Cuxhaven und dem<br />

Amt Ritzebüttel durch das Groß-Hamburg Gesetz<br />

im Austausch anderer Gebiete von Hamburg an<br />

Preußen abgetreten. Sie wird damit ein Ortsteil<br />

der Stadt Cuxhaven.<br />

1939 1. Dez.: Verordnung über das NSG Vogelfreistätte<br />

Scharhörn (betreut vom Verein Jordsand zum<br />

Schutz der Seevögel e.V.).<br />

1939-1945 Im zweiten Weltkrieg wird auf der Insel eine Flakbatterie<br />

eingerichtet. In den Jahren 1944 bis<br />

1945 werden am nördlichen Deich durch die<br />

Kriegsmarine schwere, in Betonstände eingemauerte<br />

Küstenfestungsgeschütze eingebaut. Nach der<br />

Kapitulation erfolgt die Sprengung durch die britische<br />

Besatzungsmacht. Auf Scharhörn befindet<br />

sich eine Flakbeobachtungsstelle.<br />

1946 Auf dem Turm wird eine Vogelschutzstelle der<br />

Vogelwarte Helgoland eingerichtet, ebenso auf<br />

Scharhörn.<br />

1947 1. Jan.: Seit der Bildung des Landes Niedersachsen<br />

nach Auflösung Preußens gehört die Insel<br />

zu Niedersachsen.<br />

1949 April: Die im Gewölbe des Leuchtturms eingrichtete<br />

Turmschänke wird eröffnet. Ab 1949 verkehrt<br />

wieder regelmäßig ein Motorboot zwischen der<br />

,,Alten Liebe” in Cuxhaven und der Insel.<br />

1952 28. Juni: Bundespräsident Heuß besucht die Insel<br />

in Begleitung des niedersächsischen Ministerpräsidenten<br />

Kopf und des Cuxhavener<br />

Oberbürgermeisters Olfers.<br />

1958 Aug./Sept.: Neuwerk wird an das E-Netz angeschlossen.<br />

Mit einem durch das Watt verlegten<br />

Kabel wird die Insel jetzt vom Überlandwerk-<br />

Nord Hannover AG ständig mit Strom versorgt.<br />

Das Windkraftwerk wird stillgelegt und später<br />

demontiert.<br />

1962 16./17. Febr.: Eine der schwersten Sturmfluten seit<br />

Jahrzehnten mit einem Wasserstand von 3,60 m<br />

über Normalnull. Starke Ausspülungen außen- und<br />

binnendeichs der Insel an mehreren Stellen, vor<br />

wiegend im Nordwest-Bereich, an einigen Stellen<br />

auch Deichkronen-Ausspülungen. Bis auf einige<br />

höher gelegene Stellen und den Wurten, auf denen<br />

die Höfe stehen, wird die gesamte Insel überflutet.<br />

1962 5. Okt.: Ratifizierung des Staatsvertrages zwischen<br />

Hamburg und dem Lande Niedersachsen<br />

über den Geländeaustausch Neuwerk-Scharhörn<br />

gegen hamburgisches Hoheitsgebiet im<br />

Cuxhavener Fischereihafengelände durch<br />

Hamburgs Bürgermeister Dr. Nevermann und dem<br />

niedersächsischen Ministerpräsidenten Dr.<br />

Diederichs. Neuwerk, Scharhörn und das umliegende<br />

Wattengebiet (insgesamt 95 Quadratkilometer)<br />

fallen an Hamburg, das in diesem<br />

Gebiet den Bau eines Tiefwasserhafens plant. Das<br />

Land Niedersachsen erhält als Gegenleistung eine<br />

ca. 200 ha große Fläche für die Erweiterung des<br />

Cuxhavener Fischereihafengeländes.<br />

1963 6. Mai: Offizielle Übergabe der Insel Neuwerk<br />

von Niedersachsen an Hamburg hinsichtlich des<br />

fiskalischen Gebiets und der Gebäude gem. Staatsvertrag<br />

vom 5.10.62. Die Übertragungsurkunden<br />

werden am 7.5. in Cuxhaven ausgehändigt.<br />

1966 Indienststellung des Motorschiffes ,,Nige Ooge”<br />

durch die Reederei W. Schaal, Cuxhaven, die<br />

zuletzt mit MS ,,Christiane” den Neuwerk-Dienst<br />

durchführte. Die ,,Nige Ooge” (Länge 30 m,<br />

Breite 6,5 m, Tiefgang 1,40, 450 PS, Geschwindigkeit<br />

10,7 Kn.) kann ca. 250 Personen befördern<br />

und ist damit das größte aller bisher im Neuwerk-<br />

Verkehr eingesetzten Schiffe.<br />

1967 14.Juni/07.Aug.: Das Durchführungsabkommen<br />

zum Staatsvertrag zwischen der Freien u. Hansestadt<br />

Hamburg und dem Lande Niedersachsen<br />

wird geschlossen.<br />

1967 11. Juli: Das niedersächsische Kabinett billigt die<br />

Vorlage für das Durchführungsabkommen zum<br />

Neuwerk-Vertrag vom 5.10.62. Damit wird der


Flaggenwechsel auf der Insel Neuwerk vollzogen.<br />

1967 26. Sept.: Verordnung über das NSG Scharhörn.<br />

1968 12. Juni: Die Insel wird an das Wassernetz des<br />

Festlandes angeschlossen. Eine durch das Watt<br />

verlegte Leitung sichert von nun an die Trinkwasserversorgung.<br />

1969 1. Okt.: Der Staatsvertrag Niedersachsen-<br />

Hamburg tritt in Kraft. Mit dem Austausch der<br />

Ratifizierungsurkunden geht das Gebiet Neuwerk-<br />

Scharhörn von Niedersachsen in den Besitz der<br />

Freien- und Hansestadt Hamburg über.<br />

1970 30. Mai: Hamburgs Bürgermeister Prof.<br />

Weichmann weilt zur Begrüßung der neuen hamburgischen<br />

Bürger auf Neuwerk und vollzieht die<br />

symbolische Übernahme der Insel aus der niedersächsischen<br />

bzw. Cuxhavener Obhut in die der<br />

Freien- u. Hansestadt Hamburg.<br />

1971 11. Febr. Die hamburgischen Voruntersuchungen<br />

für das Vorhafenprojekt durch die Forschungsgruppe<br />

Neuwerk werden nach 8 Jahren abgeschlossen.<br />

1976 3. Jan.: Eine ,,Jahrhundertsturmflut” mit 10,12 m<br />

über Pegel-Null. Sie steigt noch 16 cm höher als<br />

die Februarflut von 1962.<br />

1976 20./21.Jan.: Eine zweite Sturmflut innerhalb eines<br />

Monats. 9,70 m über Pegel-Null werden in<br />

Cuxhaven gemessen. Diese beiden Fluten zerschlagen<br />

die Dünenkette an der Nordwestseite von<br />

Scharhörn.<br />

1978 Das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> wird als ein Teil<br />

des Elbe-Weser-Dreiecks durch den internationalen<br />

Rat für Vogelschutz/Sektion Deutschland als<br />

Europa-Reservat für Vögel anerkannt.<br />

1981 Auf Grund einer Anfrage in der Hamburger<br />

Bürgerschaft erklärt der Hamburger Senat, das<br />

Tiefwasserhafenprojekt zunächst nicht mehr weiter<br />

betreiben zu wollen.<br />

1982 Der Hamburger Senat stellt die Insel Neuwerk<br />

unter Landschaftsschutz, z. T. unter Naturschutz.<br />

Mit dieser Regelung wird auch der der Insel im<br />

Norden und Osten vorgelagerte ,,Kleine Vogelsand”<br />

unter Natur-, Vogel- und Landschaftsschutz<br />

gestellt.<br />

1986 Das Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven<br />

errichtet an der Westküste Neuwerks einen 52 m<br />

hohen Antennenträger zur besseren Überwachung<br />

des Schiffsverkehrs in der Elbmündung.<br />

1986 28. Okt.: Verordnung über das NSG Neuwerker<br />

und Scharhörner Watt sowie Verordnung über das<br />

NSG Insel Neuwerk/Kleiner Vogelsand.<br />

1989 Sept.: Aufspülung der Insel Nigehörn .<br />

1990 9. April: Die Hamburger Bürgerschaft verabschiedet<br />

das Gesetz zur Einrichtung eines <strong>Nationalpark</strong>s<br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

1990 22. Aug.: Anerkennung des <strong>Nationalpark</strong>s als<br />

,,Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung”<br />

gemäß Ramsar-Konvention.<br />

1991 01. Okt.: Gründung der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung.<br />

1992 10. Nov.: Anerkennung des Hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es als Biosphärenreservat durch die<br />

UNESCO.<br />

1994 18. Okt.: Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit, Prof. Dr. Klaus<br />

Töpfer, besucht die Insel Scharhörn.<br />

1996 Okt.: Auf Scharhörn wird eine neue Vogelwärterhütte<br />

eingerichtet. Die neue Unterbringung wird<br />

auf Lärchenpfählen gegründet. Die sechs Wohn-<br />

Container-Elemente werden von einem Hubschrauber<br />

nach Scharhörn eingeflogen.<br />

1997/1998 Erneuerung des Staatsanlegers.<br />

1998 24. März: Der Senat empfiehlt der Bundesregierung<br />

die Anmeldung des <strong>Nationalpark</strong>es<br />

gemäß EG-Vogelschutzrichtlinie gegenüber der<br />

Europäischen Kommission.<br />

1998 22. Dez.: Der Senat empfiehlt der Bundesregierung<br />

die Anmeldung des <strong>Nationalpark</strong>es gemäß<br />

der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gegenüber der<br />

Europäischen Kommission als Bestandteil des<br />

europäischen Schutzgebietssystems ,,Natura<br />

2000”.<br />

1999 Mai – 15. Juli: Ausbaggerung des Elbe-Neuwerk-<br />

Fahrwassers auf eine Tiefe ± 0 m Seekarten-Null<br />

und Verspülen der Baggermassen an das Deckwerk<br />

der Insel (Bereich Nordende der hölzernen<br />

Pfahlwand bis südlicher Anleger – ca. 750 m).<br />

1999 14./15. Juli: Der Erste Bürgermeister der Freien<br />

und Hansestadt Hamburg, Ortwin Runde, besucht<br />

Neuwerk aus Anlass des Jubiläums ,,700 Jahre -<br />

Hamburg verbunden mit Neuwerk”. Bei einem<br />

Treffen mit den Neuwerker Bürgern tragen diese<br />

ihren Wunsch nach einem <strong>Nationalpark</strong>haus für<br />

die Insel vor.<br />

2000 4. Juli: Der Senat beschließt die Errichtung eines<br />

<strong>Nationalpark</strong>hauses für die Öffentlichkeitsarbeit<br />

und Umweltbildung auf der Insel Neuwerk.<br />

2000 12. Dez.: Der Senat der Freien und Hansestadt<br />

Hamburg verabschiedet einen Gesetzentwurf zur<br />

Änderung des hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>rechts<br />

einschließlich der seewärtigen Erweiterung des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s um ca. 2050 ha.<br />

2001 26. März: Umweltsenator Alexander Porschke<br />

präsentiert der Öffentlichkeit mit dem <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> die erste<br />

umfassende Darstellung des hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es und seiner Inseln seit fast 50<br />

Jahren.<br />

2001 5. April: Die Bürgerschaft verabschiedet das<br />

Gesetz zur Änderung des hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>rechts<br />

(Senatsvorlage vom 12.Dezember 2000).<br />

Quellen:<br />

° Ferdinand DANNMEYER, Erich VON LEHE & Heinrich<br />

RÜTHER (Hrsg.): Ein Turm und seine Insel - Monographie<br />

der Nordseeinsel Neuwerk. Verlag Rauschenplat Cuxhaven,<br />

1952 (unveränd. Nachdruck mit ergänzter Chronik, 1982).<br />

° Rolf HEINOLD (1982): Neuwerk ist eine Reise wert.<br />

° Gerhard SAGERT (Erscheinen unbekannt): Dünen-Insel<br />

° Berichtswesen der Umweltbehörde Hamburg, National-<br />

Eigenverlag Hamburg.<br />

Scharhörn. Robinson-Eiland zwischen Cuxhaven und<br />

Helgoland. Selbstverlag Hannover.<br />

parkverwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 37


Insel Neuwerk<br />

38<br />

Bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts, als sich Hamburgs zu einem bedeutenden Handelszentrum entwickelte und die<br />

Unterelbe als Verkehrsweg immer größere Bedeutung erlangte, errichtete die Hansestadt zwischen 1301 – 1310 zur Sicherung<br />

ihres Schifffahrtsweges in den Hafen auf einer fünf Meter hohen Wurt den Wehrturm von Neuwerk (näheres siehe<br />

Seite 40-41).Von dort begann auch die ständige Besiedlung der Insel.<br />

Die bauliche Entwicklung der Inselgemeinde<br />

Die historische Besiedlung<br />

Die im Turm eingesetzten Bewacher aus Hamburg (Ratsherren)<br />

waren die ersten ansässigen Bewohner der Insel. Zuvor diente die<br />

Insel den Festlandbewohnern ausschließlich als Fischumschlagplatz<br />

und Sommerweide. Die Überlieferungen der Ereignisse um<br />

den Turm herum, der die Begehrlichkeiten der Nachbarn vom<br />

Festland und die der Seeräuber immer wieder abwehren konnte,<br />

ist allerdings erheblich besser dokumentiert als das Leben auf der<br />

Insel und die Umstände, unter denen die Inselbewohner wirtschafteten.<br />

Sicherlich standen schon bald nach der Turmerrichtung<br />

weitere einzelne Stallgebäude in unmittelbarer Anbindung,<br />

um das Vieh zumindest zeitweilig vor Witterung und hohen<br />

Wasserständen zu schützen. Es ist anzunehmen, dass sie entsprechend<br />

den damaligen Gewohnheiten in Ständerbauweise errichtet,<br />

das Fachwerk mit Weidengeflecht verfüllt und anschließend<br />

mit Lehm verstrichen wurden. Eine Füllung mit Backstein dürfte<br />

zunächst die Ausnahme gewesen sein. Von dieser Tradition zeugt<br />

heute nur noch die Vogtscheune am Fuße des Turms. Ihr<br />

Ständerwerk ist heute noch im Inneren und auf der Ostseite deutlich<br />

zu erkennen.<br />

Eine weitläufigere Besiedlung konnte erst nach Abschluss der<br />

Inseleindeichung (1556 -1568) ermöglicht werden. Hierdurch<br />

wurde die Voraussetzung für eine dauerhafte Besiedlung auf der<br />

Insel auch außerhalb der Turmwurt und ohne die ständige Gefahr<br />

vor Sturmfluten geschaffen. Die Eindeichung machte auch eine<br />

bis dahin nicht praktizierte Ackerwirtschaft möglich. Hamburg<br />

vergab im Norden der Insel drei Erbpachthöfe (Westhof,<br />

Mittelhof, Osthof), die auf Wurten direkt hinter dem Deich errichtet<br />

wurden, und räumte darüber hinaus drei Jahre später auch zwei<br />

Fischerfamilien im Süden der Insel ein Erbpachtrecht ein. Die<br />

Struktur dieser ersten dauerhaften Besiedlung auf der Insel ist bis<br />

heute erhalten geblieben, über die damaligen Baulichkeiten wissen<br />

wir jedoch wenig Spezielles. Die neuen Bewohner, Bauern<br />

und Fischer, waren gleichzeitig verpflichtet den Lotsendienst zu<br />

tätigen, Schiffbrüchige zu bergen, Strandgut einzusammeln und<br />

beim Deichschutz anzupacken. Im ständigen Kampf mit den<br />

widrigen Wetterverhältnissen und Sturmfluten, die besonders<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

nach dem großen Deichbruch im Jahr 1717 Behausungen, Vieh<br />

und Hof vernichteten, konnten auf Neuwerk keine prächtigen,<br />

dauerhaften Hofbauten und damit eigenständige Bauformen entstehen,<br />

zumal die Bewohner erst im 18. Jahrhundert ihre Pachthöfe<br />

auch als Eigentum erwerben konnten. Über Jahrhunderte<br />

musste die Bautätigkeit gegenüber dem Kampf gegen die Fluten<br />

(Erhaltung des Bestands, Deichschutz) und die weitere Sicherung<br />

für die Schifffahrt (Errichtung von Blüsen/ Baken, Leuchtfeuer)<br />

zurücktreten. Es kann daher nicht verwundern, dass aufgrund der<br />

harten Lebensbedingungen die Bevölkerungszahl selten mehr als<br />

50 Einwohner betrug.<br />

Seit Anfang dieses Jahrhunderts hat sich Neuwerk zum<br />

Erholungsort und Ausflugsziel für die Städter entwickelt. Neben<br />

der Errichtung der in rotem Backstein geklinkerten Leuchtturmwärterhäuser<br />

im Nordbereich der Turmwurt im Jahr 1904 (heute<br />

<strong>Nationalpark</strong>station und Inselladen) wurde 1905 das erste Hotel<br />

"Haus Meereswoge" als schlichter Einzelbau im Osten der Insel<br />

in Betrieb genommen (heute Schullandheim). Die touristische<br />

Entdeckung der Insel zog weitreichende Veränderungen für den<br />

Broterwerb der Einwohner nach sich, die auch zu Veränderungen<br />

der Baulichkeiten führte. Schrittweise trat die Landwirtschaft als<br />

Haupterwerb in den Hintergrund, die Höfe wurden im Dienste der<br />

Gastwirtschaft umgebaut und erweitert.<br />

Zum Baubestand sind in diesem Jahrhundert u.a. neu hinzugekommen<br />

das "neue" Schulgebäude (1911/12), das Haus "Rose"<br />

(1928), das Feuerwehrhaus (1981) sowie die Kläranlage auf der<br />

Nordspitze (1989/90); sie alle liegen in direkter Anbindung an den<br />

Deich im Norden. Nur wenig vom Deich zurückliegend wurde<br />

zuletzt 1998/99 der Pensionsbetrieb "Zum Anker" & "Nigehus"<br />

erweitert. An der Turmwurt baute der Landschaftsmaler Brodkorb<br />

nach Ende des 2. Weltkrieges ein kleines Holzhaus, welches nach<br />

einem Brand 1996 wieder neu errichtet wurde.<br />

Auch die über Jahrhunderte vom alten Wehrturm dominierte<br />

Silhouette hat sich verändert. 1988 wurde vor der Insel ein rund<br />

54 m hoher Radarturm gebaut, der wichtige Funktionen für die<br />

Verkehrssicherheit in der Elbmündung wahrnimmt. Das histori-<br />

sche Bild der Insel ist hierdurch jedoch nachhaltig gestört worden.<br />

In der Rückschau der Ereignisse lässt sich festhalten, dass bis<br />

heute die extremen Sachzwänge auf der Insel sich auch im bauliche<br />

Pragmatismus auf der Insel widerspiegeln. Diese Tradition<br />

begann mit der Errichtung des Turms selbst. Das Bauen auf<br />

Neuwerk ist durch die Schlichtheit in seiner Notwendigkeit und<br />

nicht durch einen hohen gestalterischen Anspruch geprägt. Auch<br />

die in den sechziger Jahren errichteten Verwaltungsbauten für den<br />

Deichschutz und die Planungsgruppe des Tiefwasserhafens auf<br />

bzw. dicht an der Turmwurt legen hiervon Zeugnis ab.<br />

Heutiges Bauen auf Neuwerk<br />

Die aktuelle Genehmigungspraxis wird durch das <strong>Nationalpark</strong>gesetz<br />

mit seinem allgemeinen Bauverbot sowie dem<br />

Baugesetzbuch mit seinen weit eingeschränkten Bauerlaubnissen<br />

im Außenbereich bestimmt.<br />

Es ist das gemeinsame Ziel der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung und des<br />

Bezirksamtes,<br />

• die ökologischen Erfordernisse des Naturschutzes mit den<br />

ökonomischen Interessen der ansässigen Inselbevölkerung<br />

möglichst miteinander zu vereinbaren und hierzu insbesondere<br />

die vorhandene Struktur der vorhandenen Familienbetriebe<br />

zu erhalten und zu fördern,<br />

• den mehrtägigen, "sanften Tourismus" zu fördern, und dafür<br />

den Erhalt und die Weiterentwicklung von entsprechenden<br />

Einrichtungen zu unterstützen,<br />

• dem Tagestourismus in seinem jetzigen Umfang Rechnung<br />

zu tragen und seine notwendige Versorgung zu unterstützen.<br />

In diesem Sinne wurden in den vergangenen Jahren eine Reihe<br />

von Baugenehmigungen erteilt und realisiert, allerdings auch einige<br />

Anfragen zurückgewiesen (z.B. Bau von Windkraftwerken,<br />

Wochenendhäuser, etc.).<br />

Bauliche Maßnahmen werden generell einer Einzelfallbetrachtung<br />

unterzogen und beurteilt, um so das Panorama und die ortstypische<br />

Gestaltung zu pflegen und zu halten.<br />

Hierbei wird insbesondere Wert gelegt auf:<br />

• die Erhaltung der Turmdominanz im Panorama,<br />

• der Verzicht auf die Bebauung bislang unbebauter Flurstücke,<br />

• die Vermeidung von Neubauten zugunsten von Anbauten,<br />

• begrenzte Baugeschossigkeit,<br />

• die Ausführung von Giebeldächern,<br />

• die Nutzung hergebrachter witterungsfester Materialien wie<br />

z.B. roter Backstein,<br />

• den Erhalt der Turmwurt entsprechend den Richtlinien der<br />

Denkmalpflege.


Westhof<br />

Fischerhaus<br />

Mittelhof<br />

Turmwurt<br />

Osthof<br />

bis 1905 (Bestand)<br />

bis 1960 (Erweiterung)<br />

bis 1980 (Erweiterung)<br />

bis 1999 (Bestand)<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 39


Insel Neuwerk<br />

40<br />

Seit nunmehr fast 700 Jahren überragt das Wahrzeichen Neuwerks, der mächtige Wehrturm oder ganz einfach “Dat Werk”<br />

genannt, weithin das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong>. Dieses älteste noch in seiner ursprünglichen Form erhaltene Gebäude an<br />

der deutschen Nordseeküste hat der Insel ihren Namen gegeben und zugleich ihre Geschichte bestimmt. Aus der noch im<br />

13. Jahrhundert bezeichneten “Nige O” (neue Insel) wurde “Nige Werk” (Neues Werk).<br />

Der Neuwerker Turm<br />

Entstehungsgeschichte und Errichtung<br />

Die Umstände, die zum Bau des Turms führten, sind gut bekannt,<br />

waren sie doch für die bereits zum Ende des 13. Jahrhundert aufstrebende<br />

Stadt Hamburg von vitalem Interesse. Um die Mündung<br />

der Elbe und damit den ungehinderten Zugang zum Handelshafen<br />

Hamburgs zu gewährleisten, sicherte sich die Hansestadt<br />

durch einen 1299 in Mölln geschlossenen Vertrag mit den<br />

Herzögen von Lauenburg als Landesherren der Region Hadeln,<br />

das Recht ein ,,Werk” auf der Insel ,,Nige O” zu errichten, um die<br />

Elbmündung sowohl mit einem Seezeichen als auch durch eine<br />

militärische Präsenz zu sichern.<br />

Der Bau des Turms selbst wurde schon in den Jahren 1300-1310<br />

auf der höchsten Stelle der Insel und mit bedeutender finanzieller<br />

Unterstützung der hanseatischen Partnerstadt Lübeck durchgeführt.<br />

Der fast 30 m hohe und mit rotem Backstein verblendete<br />

Bau erinnert in der Ausführung und ursprünglichen Ausstattung<br />

gemeinsam mit dem auf dem gegenüberliegenden Festland<br />

Ritzebütteler Schlossturm deutlich an die im Mittelalter in Mitteleuropa<br />

weithin üblichen normannischen Turmhäuser (sogenannte<br />

,,Donjons”), die als wehrhafte Burgen errichtet wurden. Beide<br />

Türme zählen in ihrer besonderen Ausführung zu den ältesten und<br />

noch erhaltenen abendländischen Burganlagen.<br />

Der Neuwerker Turm ruht in rund 4,5 m Tiefe auf einem 3 m<br />

mächtigen Fundament aus unbehandelten Felsblöcken, die wiederum<br />

auf einem hölzernen Schwellrost gelagert wurden. Durch<br />

eine Kantenlänge von 13,8 m und der sich nach oben von 2,8 m<br />

bis 1,5 m verjüngenden Mauerdicke entstanden über sechs teilweise<br />

sehr unterschiedlich ausgestattete Etagen Nutzflächen mit<br />

einer Größe von 65 bis 90 m 2. Die beiden unteren Geschosse wurden<br />

jeweils als 2,5 m bzw. 3,5 m hohe Kreuzgewölbe in der<br />

Deckenkonstruktion erstellt. Sie dienten wahrscheinlich ursprünglich<br />

zur Unterbringung von Strand- und Handelsgut, das<br />

untere Geschoss vielleicht auch als Gefängnis. Die darüber liegenden<br />

Etagen wurden mit Holzdecken, die auf mächtigen<br />

Balken ruhten, ausgestattet und dienten teilweise der Unter-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Abb. 1: Zeitgenössische Darstellung Neuwerks. Stahlstich von Paul<br />

Ahrens (ca. 1845) nach einer Zeichnung von Johann Heinrich Sander.<br />

Privatbesitz.<br />

bringung der (mindestens zehn Mann starken) Turmbesatzung,<br />

die bis ca. 1400 nicht nur den Turm bewachte, sondern auch für<br />

Hamburg den von den vorbeifahrenden Schiffen zu erbringenden<br />

Wegezoll (,,werktolen”) eintrieb. In den mittleren Etagen residierten<br />

die Hamburger Ratsherren, wenn sie die Insel besuchten.<br />

Sie werden deshalb bis heute ,,Senatsetagen” genannt und zeichnen<br />

sich im Vergleich zum dritten und sechsten Geschoss durch<br />

eine großzügigere Deckenhöhe aus.<br />

Das flache Dach des Turmes wurde ursprünglich überspannt von<br />

einem bleiernen, ab 1474 kupfernen und seit dem 16. Jahrhundert<br />

mit einem vom roten Ziegel gedeckten Zeltdach, welches den flachen<br />

Deckenboden an der gemauerten Brüstung aussparte. Damit<br />

war eine Rundumbegehung und –ausschau für die Turmbewacher<br />

in allen Himmelsrichtungen möglich.<br />

Das gesamte Gebäude war - abgesehen von den mächtigen<br />

Mauern - als wehrhafte Bastion ausgelegt. So wurde, um den<br />

Turm auch mit einer vergleichsweise kleinen Mannschaft wirkungsvoll<br />

verteidigen zu können, der Eingang in die luftige Höhe<br />

des dritten Geschosses verlegt. Der Zutritt war damit zunächst<br />

nur über eine einfache und im Notfall wohl auch einziehbare<br />

Leiter möglich. Die für den Lebensunterhalt notwendigen<br />

Warenwurden wahrscheinlich mit Hilfe eines außen angebrachten<br />

Windengestells durch eine (bis heute erhaltene) als doppelte<br />

Flügeltür genutzte Öffnung ins fünfte Geschoss transportiert.<br />

Zwischen 1372-75 wurde der Turm durch einen Feuerbrand<br />

beschädigt und in den darauf folgenden Jahren bis 1379 wieder<br />

hergestellt. Inwieweit er durch diese Baumaßnahmen verändert<br />

wurde, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Die älteste erhaltene<br />

Darstellung des Turms findet sich in der von Melchior Lorichs im<br />

Jahr 1568 gefertigten Elbkarte (siehe Seite 34).<br />

Der Wehrturm wird zum Leuchtturm<br />

Über die Jahrhunderte stieg die Bedeutung der Elbe als<br />

Handelsweg für das Hinterland, insbesondere für die Stadt<br />

Hamburg und weitere am Strom liegende Städte stetig an, so dass<br />

man sich gezwungen sah, in der Elbemündung Seezeichen für die<br />

Sicherheit der Handelsschiffe einzurichten. Dazu gehörten nicht<br />

nur Tonnen oder Pricken, sondern auch in der Nacht beleuchtete<br />

Zeichen. Seit 1644 wurde deshalb im Neuwerker Vorland ein in<br />

der Nacht weithin sichtbares offenes Seezeichenfeuer auf einem<br />

erhöhten Holzgestell - eine sogenannte ,,Blüse” - betrieben. 1814<br />

wurde der Turm selbst dann in seiner Funktion zum Leuchtturm<br />

umgebaut und löste die Blüse in ihrer Funktion ab. Das Zeltdach<br />

wurde abgebaut und statt dessen ein 12 m hoher Leuchtfeuer-<br />

Aufbau (ohne Windrose) mit einem Metallreflektor installiert.<br />

1892 erhielt der Turmkopf nach weiteren Umbauten eine mannshohe<br />

Fresnel-Glaskörperlinse, die bis heute das Licht über 30 km<br />

weit streut. Mit dem Fortschritt der Technik wurde auch mehrfach<br />

die Lichtquelle verändert. Seit 1942 wird das Leuchtfeuer mit<br />

elektrischem Strom betrieben. Seit 1971 erfolgt der Betrieb über<br />

eine Fernsteuerung. Die unterhalb des Turms gelegenen ehemaligen<br />

Leuchtturmwärterhäuser wurden um 1904 errichtet. Sie<br />

beherbergen heute die <strong>Nationalpark</strong>station und den Inselladen.<br />

Die Bedeutung als Wehrgebäude ging mit der neuen Funktion als<br />

Leuchtturm endgültig verloren. Der hoch gelegene Eingang wurde<br />

mit einem komfortablen und später sogar vollständig überdachten<br />

Treppenaufgang ausgestattet. Doch als Nachtseezeichen<br />

sollte ,,Dat Werk” nicht lange von Bedeutung sein: Zwar wird das<br />

Leuchtfeuer noch immer in seiner ursprünglichen Funktion unterhalten,<br />

doch Satellitennavigation im modernen Schiffsverkehr<br />

und die seit 1980 am Fahrwasser eingerichteten Navigationsbaken<br />

am Elbe-Fahrwasser haben ihn längst an Bedeutung weit<br />

überflügelt.


Vom Leuchtturm zum beliebten Ausflugsziel<br />

Mit dem Einsetzen des Fremdenverkehrs an der deutschen<br />

Nordseeküste hat der Neuwerker Turm, ohne dass dies je vorgesehen<br />

war, an Bedeutung gewonnen. Die mächtige Silhouette zog<br />

regelmäßig Gäste von dem aufstrebenden Seebad Cuxhaven an.<br />

1905 wurde auch auf Neuwerk das erste Hotel (das heutige Haus<br />

“Meereswoge”) eröffnet. Mit dem Fremdenverkehr änderte sich<br />

auch die Nutzung des Turms. Seit 1949 befindet sich im oberen<br />

Geschoss mit Kreuzgewölbe eine Gastwirtschaft, das ehemalige<br />

Verlies wird als deren Lager genutzt. 1952 wurde auf der<br />

Nordseite des Turms eine mit Glas eingefasste Wendeltreppe<br />

erbaut, um der Öffentlichkeit ohne größere Probleme den Zugang<br />

zum Aussichtsrundgang zu ermöglichen. Der Weg über die 138<br />

Abb. 2: Der Neuwerker Turm von Westen gesehen mit dem von<br />

Pferdewattwagen besuchten Turmplatz (Juli 2000). Links die<br />

Vogtscheune aus dem Jahr 1854. Foto Janke.<br />

Treppenstufen lohnt sich: Von dem Ausguckumlauf der alten<br />

Turmmannschaft öffnet sich ein weiter Blick über das gesamte<br />

hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> einschließlich der Inseln Scharhörn<br />

und Nigehörn, die nahe Festlandsgrenze und die Außenelbe mit<br />

ihrem regen Schiffsverkehr. Auch die Senatsetagen wurden in<br />

ihrer Zweckbestimmung den Zeiten des Fremdenverkehrs angepasst.<br />

Seit 1997 werden sie zur Unterbringung von Inselgästen<br />

frei vermietet. Der ,,Turmbesatzung” bleiben das dritte Geschoss<br />

als Unterbringung für die den Turm und Senatsetagen betreuenden<br />

Familie sowie das sechste Geschoss zur Unterbringung des in<br />

der Gastwirtschaft tätigen Personals.<br />

Abb. 3: Dachstuhl und Laterne des Neuwerker Turms in seiner heutigen<br />

Gestalt (August 2000). Foto Janke.<br />

Abb. 4: Unterer Bereich des Neuwerker Turms (Geschoss 1-3) in der<br />

Außenansicht von Westen gesehen (Mai 1995). Der hölzerne Aufgang<br />

mit dem vorgebauten Eingangsbereich wurde erst im letzten Jahrhundert<br />

überdacht. Darunter befindet sich seit 1949 der Zugang zur<br />

"Turmschenke", rechts davon das alte hamburgische Turmwappen.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 5: Längsschnitt durch den Neuwerker Turm (von Süden gesehen,<br />

verändert nach Dannmeyer et al, 1952)<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 41


Insel Neuwerk<br />

42<br />

Die Insel Neuwerk wird zum ersten Mal im Jahre 1286 als “O”schriftlich erwähnt. Nach dem Bau des Wehrturms, dem "Werk", setzt<br />

sich der Name “Nyge Werk” durch, woraus schließlich Neuwerk wurde. Aus dieser Zeit sind bis heute einige Landschaftsbestandteile<br />

erhalten geblieben, die von einer früheren Bewirtschaftung zeugen.<br />

Zeugnisse der historischen Kulturlandschaft<br />

Die Turmwurt und ihre frühe Besiedlung<br />

Das für den Besucher Neuwerks auffälligste historische Zeugnis<br />

der Insel Neuwerk ist der Turm. Er steht seit 1924 unter<br />

Denkmalschutz. Sein Bau wurde 1310 fertiggestellt. Als Leuchtturm<br />

nahm er erst ab Dezember 1814 seinen Dienst auf. Der<br />

Wehrturm wurde auf der damals noch deichlosen Wurt (auch<br />

Hochstelle genannt), der heutigen Turmwurt, errichtet. Die auf<br />

ihnen errichteten Gebäude wurden nur noch bei schweren<br />

Sturmfluten vom Wasser erreicht. Erst 1718 wurde die Turmwurt<br />

von einem Wall umgeben, um nach den schweren Sturmfluten<br />

1717/18 wenigstens eine halbwegs vor hohen Fluten sichere<br />

Stelle auf der Insel zu haben, bevor der in Teilen zerstörte<br />

Hauptdeich wieder geschlossen und weiter erhöht wurde. Heute,<br />

nach Eindeichung der gesamten Insel, hat dieser kleine Deich<br />

jedoch seine Funktion verloren. Die Deichscharte, also die Zufahrt<br />

zum Turmgelände, ist noch heute vorhanden. Der Turm, der<br />

auch als letzter Zufluchtsort bei Sturmfluten diente, wurde damals<br />

als “Nige Werk” oder "Nyge Werk" bezeichnet und damit späterhin<br />

namensgebend für die ganze Insel Neuwerk, die zur damaligen<br />

Zeit “Nige O”, “Nyge O” oder “Nige Ocht” (“Neue Insel”)<br />

genannt wurde.<br />

Auf der Turmwurt befanden sich in früherer Zeit (Ende des 14.<br />

Jhdt. erwähnt) mehrere Neben- und Wirtschaftsgebäude, wie z. B.<br />

ein "Hauberg" (ein vom Erdboden aufgeschichteter Heustapel mit<br />

Strohdach), Viehscheune, Windmühle, Schafstall, Brauanlage<br />

und Brunnen, die nicht bis in die heutige Zeit erhalten geblieben<br />

sind. Die Vogtscheune, die anno 1854 erbaut wurde und heute als<br />

Schullandheim und Natur-Informationszentrum genutzt wird und<br />

die ehemaligen Leuchtturmwärterhäuser, eines ist die heutige<br />

<strong>Nationalpark</strong>station, sind noch heute zu bewundern und stehen<br />

zusammen mit der gesamten Turmwurt seit 1971 unter<br />

Denkmalschutz<br />

Der Süßwasserteich (Soot) auf der Turmwurt wurde vermutlich<br />

schon im 14. oder zu Beginn des 15. Jahrhunderts als Viehtränke<br />

angelegt und hatte die Funktion, das Regenwasser zu sammeln.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Im Jahre 1554 wurde er vergrößert und zum Schutz gegen<br />

Hochwasser (Versalzung der Viehtränke) mit einem Wall umgeben,<br />

der noch heute erkennbar ist. Dennoch ist er mehrfach durch<br />

eindringendes Salzwasser unbrauchbar geworden. Heute ist der<br />

Salzeinfluß allerdings nicht mehr meßbar.<br />

Auch der “Friedhof der Namenlosen” ist bis heute erhalten<br />

geblieben und steht unter Denkmalschutz. Er liegt nahe der heutigen<br />

Wattwagenauffahrt. Auf diesem Friedhof wurden die unbekannten<br />

Opfer des Meeres bestattet, die die Wellen hier ans Land<br />

gespült hatten. Ein hohes Holzkreuz, auf Steinen errichtet, bildet<br />

den Mittelpunkt der Begräbnisstätte, die bereits im Frühsommer<br />

1319 von einem Bischof geweiht wurde.<br />

Hochwasserschutz<br />

Zur Hansezeit war die Insel noch nicht eingedeicht. Erst zwischen<br />

1556 und 1559 wurde aus öffentlichen Mitteln des Hamburger<br />

Staates ein Deich erbaut. Damit wurde die Dauerniederlassung<br />

von Familien möglich. Mit der teilweisen Eindeichung der Insel,<br />

die vorher hauptsächlich als Viehweide genutzt wurde, war auch<br />

der Ackerbau möglich geworden.<br />

Die bereits erwähnte sogenannte Weihnachtsflut von 1717 verursachte<br />

große Deichschäden. Der im Nordosten der Insel gelegene<br />

Weiher (Brack) zeugt noch heute von den damaligen Deichschäden<br />

dieser Flut. Nach einem Deichbruch spülte das einströmende<br />

Wasser einen tiefen Kolk aus, der sich mit den damaligen<br />

technischen Mitteln nicht überdeichen ließ. Der Deich wurde seewärts<br />

des Bracks wieder in einer charakteristischen Ausbuchtung<br />

geschlossen, um für den Deich einen standfesten Boden zu<br />

gewährleisten. Auch die zum Schutz der Insel in den Jahren 1795<br />

bis 1797 am südwestlichen Ufer errichtete Eichenpfahlwand ist<br />

als ein historisches Zeugnis anzusehen und in dieser Funktion und<br />

Form an der Nordseeküste wohl einzigartig. Sie wurde 1826 verlängert<br />

und 1934 erneuert. Sie wird heute noch gepflegt, ggf. in<br />

Teilen ersetzt und bleibt ein wesentlicher Bestandteil der<br />

Hochwasserschutzanlage.<br />

Landwirtschaft<br />

Nach der vollendeten Eindeichung wurden drei Vollhöfe als<br />

Siedlungsschwerpunkte geschaffen: Westhof, Mittelhof und<br />

Osthof. Zwischen den drei Hofstellen und dem Turmvogt ist die<br />

Bewirtschaftung des Landes und die Pflicht zur Deichunterhaltung<br />

aufgeteilt worden. Der Osthof wurde später in zwei Halbhöfe<br />

geteilt. Zwei der alten Hofstellen sind heute noch erhalten,<br />

ebenso wie die ehemalige Fischerstelle (siehe Seite 39).<br />

Allerdings sind die ursprünglichen Wurtanlagen heute nicht mehr<br />

erkennbar.<br />

Die binnendeichs in Deichnähe befindlichen, mehr oder weniger<br />

runden, Weiher sind vermutlich bereits in historischer Zeit angelegt<br />

worden. In diesen künstlichen Süßwasserauffangbecken sollte<br />

sich Regenwasser für das Vieh sammeln, ähnlich wie der Soot<br />

auf der Turmwurt. Heute sind einige von ihnen nur noch verschlammte<br />

oder schilfbestandene Tümpel.<br />

Im östlichen Teil der Insel ist, besonders nach starken<br />

Regenfällen, noch heute ein alter Prielverlauf als Senke im<br />

Grünland zu erkennen. Seit der Eindeichung der Insel steht er<br />

nicht mehr in Kontakt zur See. Bei diesem alten Prielverlauf handelt<br />

es sich vermutlich um die Kleibalje, einen von der<br />

Kinderbalje abzweigenden Priel, der von Osten in die Mitte der<br />

Insel führte. Hier soll auch ein Hafen gelegen haben, über den zur<br />

Flutzeit Baumaterialien zur Insel transportiert wurden.<br />

Um die binnendeichs gelegenen Flächen landwirtschaftlich nutzbar<br />

zu machen, wurden sie schon in früher Zeit regelmäßig<br />

begrüppt. Diese parallel verlaufenden Grüppen, flachen Gräben<br />

ähnlich, dienen der Entwässerung der Flächen. Sie sind noch heute<br />

bereichsweise vorhanden.<br />

Seefahrt<br />

Ein bereits seit Mitte des 17. Jahrhunderts regelmäßig begangener<br />

Weg war der “Blüsenpadd”, der noch heute diesen Namen trägt.<br />

Er zweigt nördlich der Turmwurt vom Mittelweg in Richtung<br />

Westen ab und führt dann in Richtung Norden, wo im nördlichen<br />

Außendeichsgelände von 1644 bis 1815 die Blüse stand. Das war<br />

ein auf einem 70 Fuß (ca. 21 Meter) hohes Holzgerüst stehendes<br />

Kupferbecken in dem ein offenes Kohlenfeuer als Seezeichen für<br />

die Schiffahrt brannte. Der Blüsenmeister oder Blüsener, der auf<br />

der Turmwurt wohnte, hatte mit seinen zwei Knechten für die<br />

Unterhaltung des Feuers zu sorgen.<br />

Als “technisch-historische Sachzeugen von besonderer<br />

Bedeutung” werden die Nord- und die Ostbake geführt. Die<br />

Nordbake ist bereits auf Karten von 1650 als “Große Bake”, die<br />

Ostbake seit 1750 als “Klapmützenbake” verzeichnet. Heute<br />

besitzen beide keine Funktion als Seezeichen mehr.


Nordbake<br />

Abb. 2: Die Nordbake. Foto Janke.<br />

Abb. 3: Herrengarten an der Turmwurt mit der historischen<br />

Viehtränke (“Soot”). Foto Krüger-Hellwig.<br />

Westhof<br />

Blüsenpadd<br />

Fischerstelle<br />

NORDVORLAND<br />

Mittelhof<br />

Turmwurt<br />

Friedhof der Namenlosen<br />

Abb. 1: Zeugnisse historischer Landnutzungen auf der Insel Neuwerk.<br />

Ostbake<br />

OSTVORLAND<br />

“Blüsenpadd”<br />

Brack (Wehl)<br />

Friedhof d. Namenlosen<br />

Historischer Priel<br />

“Soot”<br />

Turmwurt<br />

Viehtränke<br />

Wall<br />

100 0 300 m<br />

Abb. 3: Brack am Norddeich. Der Radarturm wurde<br />

zwischenzeitlich abgebaut. Foto Körber.<br />

Abb. 4: Friedhof der Namenlosen. Foto Graack.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 43


Insel Neuwerk<br />

44<br />

Neuwerk ist nach Jahrhunderten in einer wirtschaftlichen Randlage aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und hat sich<br />

zu einer der großen Besucherattraktionen an der Küste zwischen Weser und Elbe gemausert. Der Ausflugsverkehr nach<br />

Neuwerk und Scharhörn stellt das größte wirtschaftliche Standbein für die <strong>Nationalpark</strong>bevölkerung dar.<br />

Fremdenverkehr<br />

Entwicklung des Fremdenverkehrs<br />

Noch um 1880 galt Neuwerk als die am wenigsten bekannte<br />

bewohnte Nordseeinsel. Der Mangel an pittoresken oder landschaftlichen<br />

Reizen sowie die schlechte Erreichbarkeit (“ein<br />

schmutziger Schlick- und Wattenpfad”) seien der Grund dafür.<br />

Das änderte sich mit der Wertschätzung für die romantische<br />

Stimmung der Wattenlandschaft und der zunehmenden Erkenntnis<br />

der positiven gesundheitlichen Wirkung des Reizklimas. Im<br />

Aufwind des Bädertourismus setzte auch auf Neuwerk eine touristische<br />

Entwicklung ein, allerdings in bescheidenem Rahmen.<br />

Mit der Errichtung eines Hotels auf Neuwerk (1905) und mit der<br />

Eröffnung eines Landschulheimes zuerst (1920) im Turm, ab<br />

1925 in der Vogtscheune auf der Turmwurt, wurden wichtige<br />

historische Weichen für die weitere Entwicklung gestellt.<br />

Der Fremdenverkehr bildet bereits seit Jahrzehnten die beständige<br />

Einkommensquelle der Bevölkerung, ohne dass allerdings die<br />

Ansprüche eines Massentourismus mit ihren negativen Auswirkungen<br />

auf Umwelt, Landschaftsbild und Sozialstruktur<br />

befriedigt werden mussten. Die Insel hat ihr ursprüngliches<br />

Gesicht trotz hohen Besucherandrangs nicht verloren. Die<br />

Strukturen des Fremdenverkehrs auf Neuwerk haben sich jedoch<br />

über die Jahrzehnte verändert.<br />

Grundlagen<br />

Unter den Besuchern des <strong>Nationalpark</strong>s sind zwei Gruppen zu<br />

unterscheiden: der übernachtende Fremdenverkehr und der<br />

Tagesausflugsverkehr. Letzterer umfasst dabei alle Gäste, die sich<br />

weniger als 24 Stunden im Gebiet aufhalten und keine Übernachtung<br />

in Anspruch nehmen. In der touristisch attraktiven Küstenregion<br />

spielt der Ausflugsverkehr traditionell eine bedeutende<br />

Rolle und stellt einen wesentlichen Anteil an der Wertschöpfung<br />

dar. Auf Neuwerk tritt heute, zumindest in seinen Auswirkungen<br />

und Erscheinungen, der übernachtende Fremdenverkehr hinter<br />

dem Tagesausflug zurück.<br />

Die Schlüsselstellung im gesamten Sektor Naherholung/<br />

Fremdenverkehr nimmt bereits seit Jahren das Fahrgastschiff MS<br />

“Flipper” der Cuxhavener Reederei Cassen Eils ein, da das Schiff<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

einen wesentlichen Anteil des Ausflugsverkehrs von und nach<br />

Neuwerk bewältigt und über den Transport verschiedener<br />

Versorgungsgüter sowie von Übernachtungsgästen eine elementare<br />

Funktion in der Fremdenverkehrswirtschaft ausübt. Die<br />

Abfahrtszeiten und die Saison des Schiffes bestimmen den<br />

Tagesablauf und die Saison auf Neuwerk. Das Fahrgastschiff legt<br />

in Cuxhaven etwa ein bis drei Stunden nach Niedrigwasser ab.<br />

Nach einer Fahrtzeit von ca. 1 Stunden beträgt der Inselaufenthalt<br />

bis zu drei Stunden. Kurz nach Einsetzen des Hochwassers wird<br />

die Rückfahrt nach Cuxhaven angetreten. Die Kapazität des<br />

Schiffes umfaßt 500 Passagiere.<br />

Die einzige weitere Möglichkeit, Neuwerk zu erreichen, besteht<br />

über den Wattweg von Sahlenburg oder Duhnen, entweder zu Fuß<br />

oder mit einem Wattwagen. Von den Neuwerker Betrieben werden<br />

11 Pferdefuhrwerke eingesetzt. Von Unternehmern aus<br />

Cuxhaven wird die Insel mit Wattwagen angefahren, die noch in<br />

derselben Niedrigwasser-Periode zurückkehren müssen. Daher<br />

bleibt den Ausflugsgästen maximal 1 Stunde Aufenthalt auf der<br />

Insel. An manchen Tagen, wenn bei günstigen Tidebedingungen<br />

das Niedrigwasser morgens und abends bei guten Lichtverhältnissen<br />

eintritt, wird die Insel auch zweimal angefahren.<br />

Touristisch genutzte Räume<br />

Der Fremdenverkehr im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

konzentriert sich auf die Insel Neuwerk. Von wesentlicher<br />

Bedeutung sind weiterhin der ausgewiesene Wattweg und das für<br />

die Schiffspassage genutzte Elbe-Neuwerk-Fahrwasser. Wandermöglichkeiten<br />

bestehen zudem auf dem “Kleinen Vogelsand”.<br />

Scharhörn besitzt eine Sonderrolle, da nur angemeldete Wattwanderer<br />

die Insel besuchen dürfen. Jährlich werden etwa 2000<br />

Besucher Scharhörns gezählt, die vom dortigen Vogelwart betreut<br />

werden.<br />

Die von Cuxhaven angebotenen Schiffsfahrten zu den “Seehundsbänken”<br />

betreffen Medemgrund und Mittelgrund, außerhalb<br />

des Hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>s.<br />

Ausflugsverkehr<br />

Die Gesamtbesucherzahlen im <strong>Nationalpark</strong> unterliegen unterschiedlichen<br />

Schwankungsfaktoren. So zeichnete sich nach<br />

einem starken Anstieg zu Beginn der 1990er Jahre ein deutlich<br />

abnehmender Besuchertrend ab. Die Ursachen für die besonders<br />

hohen Besucherzahlen in den Jahren 1991/1992 sind aller<br />

Wahrscheinlichkeit nicht in erster Linie auf die Einrichtung des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s zurückzuführen. Vielmehr fällt in diesen Zeitabschnitt<br />

ein durch die Wiedervereinigung Deutschlands verstärkter<br />

innerdeutscher Reiseverkehr.<br />

Übers Jahr gesehen besuchen über 60.000 Urlauber mit dem<br />

Fahrgastschiff die Insel. Etwa ein Drittel aller Fahrgäste nutzen<br />

das Schiff für Hin- und Rückfahrt und haben, je nach Fahrplan,<br />

Abb1: MS Flipper. Foto Graack.<br />

demnach etwa 1,5 bis 3 Stunden Aufenthalt auf der Insel.<br />

Zumindest in den Hochsommermonaten nutzen die meisten Ausflügler<br />

jedoch die Möglichkeit, nur eine Tour mit dem Schiff<br />

zurückzulegen. Die Rückreise erfolgt dann entweder zu Fuß oder<br />

mit dem Wattwagen über den Wattweg nach Sahlenburg. Aufgrund<br />

der Abhängigkeit von den Tideverhältnissen ist eine starke<br />

Konzentration auf einige besonders günstige Tage zu beobachten,<br />

an denen dann das Fahrgastschiff zwei Fahrten an einem Tag<br />

anbietet, um alle Passagiere befördern zu können. An Tagen mit<br />

günstigen Niedrigwasserzeiten können dann über 2.000 Tagesgäste,<br />

zumindest für wenige Stunden, die Insel besuchen. Auch an<br />

weniger gut besuchten Tagen sind 1.000-1.600 Gäste keine<br />

Seltenheit.<br />

Übernachtender Fremdenverkehr<br />

Übernachtungen werden nur auf Neuwerk angeboten. Insgesamt<br />

stehen etwa 170 Betten in Gästezimmern, Ferienwohnungen und<br />

Appartements zur Verfügung. Dazu kommen einfache Strohlager<br />

mit rund 240 Plätzen sowie Möglichkeiten zum Campen.<br />

Weiterhin werden zwei Jugendzeltlager sowie zwei Landschulheime<br />

dauerhaft auf Neuwerk unterhalten.


Fremdenverkehr und Jahreszeiten<br />

Der Fremdenverkehr im <strong>Nationalpark</strong> wird in hohem Maße von<br />

den Jahreszeiten geprägt. Die Saison richtet sich im Wesentlichen<br />

nach dem Fahrplan des Fahrgastschiffes, das von Ende März bis<br />

Ende Oktober verkehrt. Damit beträgt die Saison etwa 240 Tage.<br />

Eine winterliche Nebensaison wird auf Neuwerk nicht angeboten.<br />

Innerhalb der Saison liegt das Schwergewicht in den (Ferien-)<br />

Sommermonaten Juli und August. In einzelnen Jahren wurden<br />

auch im Juni hohe Besucherzahlen verzeichnet.<br />

Neben der saisonalen Schwankung kann auch eine kurzzeitigere<br />

Rhythmik festgestellt werden: Abhängig von günstigen Tidezeiten<br />

liegen etwa vierzehntäglich günstige Termine für eine<br />

kombinierte Wattwanderung/Schiffspassage. In den dazwischenliegenden<br />

Wochen ist dagegen die Besuchszeit der Seehundsbank<br />

für die Ausflügler attraktiver.<br />

Fremdenverkehr und <strong>Nationalpark</strong><br />

Die Motivation für einen Besuch Neuwerks hat sich gegenüber<br />

früher geändert. Wie im gesamten <strong>Wattenmeer</strong> überwiegt heute<br />

auch hier der Wunsch nach Ruhe, Erholung und Naturerleben.<br />

Die Bedeutung der gesundheitsfördernden Wirkung des<br />

Reizklimas tritt demgegenüber zurück. Von relativ geringer<br />

Bedeutung für Neuwerk ist auch der Wunsch nach sportlicher<br />

Betätigung, da die Insel hier nur geringe Möglichkeiten bietet.<br />

Für den Ausflügler und den nur wenige Tage bleibenden<br />

Kurzzeitgast ist die wichtigste Motivation jedoch eine andere:<br />

Hier geht es um das Erlebnis der Reise an sich. Die Kombination<br />

der Schiffsreise, die Wanderung über das Watt und die damit verbundene<br />

Wahrnehmung der ungehemmten Natur, das Sammeln<br />

von Watt-”Schätzen” oder die Fahrt mit dem Pferdewagen, alles<br />

das macht den besonderen Reiz für einen Besuch der Inseln<br />

Neuwerk und Scharhörn im <strong>Nationalpark</strong> aus.<br />

Jahressumme<br />

140000<br />

120000<br />

100000<br />

80000<br />

60000<br />

40000<br />

20000<br />

0<br />

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997<br />

Abb.3: Entwicklung des Ausflugsverkehrs zur Insel Neuwerk und den<br />

Seehundsbänken in der Elbe zwischen 1988 und 1997<br />

(nach Angaben der Reederei Cassen Eils).<br />

Abb. 2: Besucherströme im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Abb.4: Wattwagen auf dem Weg zum Festland.<br />

Foto Körber.<br />

Anzahl der Fahrgäste<br />

30000<br />

25000<br />

20000<br />

15000<br />

1000<br />

5000<br />

0<br />

Jan.<br />

Feb. Mai Juni Juli Aug. März Sep. Okt. Nov. April Dez.<br />

Abb. 5: Saisonales Fahrgastaufkommen im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong>: Monatssummen der Fahrgäste im 10jährigen Mittel<br />

(1988-1997; nach Angaben der Reederei Cassen Eils)<br />

Anzahl der Fahrgäste<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

Kalenderwoche 15 18 21 24 27 30 33 36 39<br />

Abb. 6: Wöchentliche Schwankungen im Aufkommen des Ausflugsverkehrs<br />

sind abhängig von günstigen Tidezeiten für die Wattwanderung.<br />

Aufgetragen sind die Wochensummen der Passagiere des<br />

Fahrgastschiffes; aus den Fahrkarten für eine einfache Fahrt kann der<br />

Anteil an Nutzern des Wattweges errechnet werden.<br />

(Datengrundlage: 13. bis 43. Kalenderwoche 1997; nach Angaben der<br />

Reederei Cassen Eils).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 45


Insel Neuwerk<br />

46<br />

Unbedingte Voraussetzungen für ein geordnetes Leben auf Inseln ist eine funktionierende Ver- und Entsorgung.Was auf<br />

dem Festland normal und selbstverständlich erscheint, erfordert auf den Inseln oftmals spezielle Lösungen. Die Insel<br />

Neuwerk gibt hierfür ein gutes Beispiel und leistet hierdurch einen wichtigen Beitrag zur Förderung der <strong>Nationalpark</strong>ziele.<br />

Versorgung und Entsorgung<br />

Wasserversorgung<br />

Ursprünglich erfolgte die Wasserversorgung inseltypisch aus<br />

Zisternen oder “Fethingen”, in denen das Regenwasser bei den<br />

Höfen aufgefangen wurde. Später gelangte das Trinkwasser mit<br />

einem Wasserboot nach Neuwerk. Seit 1967 wird das Trinkwasser<br />

vom Festland durch eine Leitung nach Neuwerk gepumpt.<br />

Der Jahreswasserverbrauch auf Neuwerk liegt bei etwa 14.000 m 3<br />

und ist seit 1976 relativ konstant (Abb. 2). Ein besonders hoher<br />

Wasserverbrauch tritt u.a. in Jahren auf, in denen die Bewässerung<br />

des Deiches notwendig ist.<br />

Zuständig für die Wasserversorgung ebenso wie für die Abwasserentsorgung<br />

ist die Hamburger Wirtschaftsbehörde, vertreten<br />

durch das Amt Strom- und Hafenbau/Stackmeisterei Neuwerk.<br />

Abwasserentsorgung<br />

Die häuslichen Abwässer werden auf Neuwerk über eine<br />

Druckentwässerung zentral gesammelt und im Klärwerk am<br />

Nordhamm aufbereitet. Die Kläranlage ist mit einer Belebtschlamm-Anlage<br />

mit Absetzbecken, einem Schlammdepot, zwei<br />

Folien-Schönungsteichen und einem dritten Teich ohne Folie ausgerüstet.<br />

Der letzte Teich sowie der anschließende Graben dienen<br />

als Vorflut. Das Wasser wird über den Hauptsammelgraben am<br />

Mittelweg und das Deichsiel ins Vorland abgeleitet, wo es in das<br />

Prielsystem des Ostprieles mündet.<br />

Die Abwassersituation ist durch zwei Besonderheiten geprägt:<br />

• Die saisonal stark schwankenden Abwassermengen, hervorgerufen<br />

durch hohe Besucherzahlen im Sommer und geringer<br />

Einwohnerzahl im Winter, erfordert eine aufwendige Steuerung<br />

der Belebtschlamm-Anlage.<br />

• Gegenüber den Vergleichswerten von Anlagen am Festland liegen<br />

die CSB- und Phosphat-Werte deutlich höher. Als Ursache ist<br />

zum einen der vergleichsweise geringe Anteil von Haushaltsabwässern<br />

gegenüber den Toilettenabwässern bei starkem<br />

Besucheraufkommen anzusehen. Darüber hinaus spülen Nieder-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

schläge größere Mengen Vogelkot z.B. von den Dächern in die<br />

Kanalisation.<br />

Das Fahrgastschiff MS “Flipper”, das die Insel anläuft, ist mit<br />

einem Fäkalientank ausgestattet. Die Abwasserentsorgung erfolgt<br />

in Cuxhaven.<br />

Versorgungsgüter des täglichen Bedarfs, Materialtransporte<br />

Grundsätzlich stehen für Transporte von und nach Neuwerk der<br />

Wattweg und der Schiffsweg zur Verfügung. So werden Baustoffe<br />

(z.B. für Deich- und Wegeunterhaltung) in der Regel mit dem<br />

Schiff angefahren. Die Versorgung der Insel mit Gütern des täglichen<br />

Bedarfs erfolgt über den Wattweg, da Neuwerk regulär nur<br />

vom Fahrgastschiff MS “Flipper” angelaufen wird, das keine<br />

größeren Frachtkapazitäten hat und auch nur i.d.R. von Ende<br />

März bis Ende Oktober verkehrt. Somit kommt den Versorgungsfahrten<br />

mit Traktor-Gespannen die entscheidende Versorgungsfunktion<br />

für die Inselbewohner und deren Gäste zu.<br />

Abfallentsorgung<br />

Bis 1989 wurde der Abfall in einer Abfallgrube beim Klärwerk<br />

entsorgt. Seitdem liegt die Abfallentsorgung auf der Insel in der<br />

Zuständigkeit des Amtes Strom- und Hafenbau. 1989 wurde mit<br />

der getrennten Erfassung von Glas begonnen. Ab 1993 erfolgte<br />

auf privatwirtschaftlicher Basis die Mülltrennung in Restmüll,<br />

Glas, Leichtverpackungen und Papier/Pappe/Karton nach den<br />

Anforderungen des Dualen Systems Deutschland (DSD “Grüner<br />

Punkt” Abb. 3 und Abb. 4).<br />

Die einzelnen Müllsorten werden nach Trennung in den<br />

Haushalten auf der Anlage beim Klärwerk bis zur Abholung<br />

durch das Entsorgungsschiff zwischengelagert. Grünabfälle werden<br />

in hauseigenen Kompostanlagen entsorgt. Sondermüll wird<br />

in Spezialbehältern gesammelt und ebenfalls vom Entsorgungsschiff<br />

abgeholt (Abb.4).<br />

Das gesamte Abfallaufkommen schwankt zwischen 90<br />

Tonnen/Jahr (1995) und 123 Tonnen/Jahr (1993), wobei auf<br />

Restmüll etwa 70 - 90 Tonnen/Jahr entfallen. Der Abfallanfall<br />

zeigt durch das hohe Besucheraufkommen im Sommer eine aus-<br />

geprägte Saisonalität.<br />

Im öffentlichen Bereich werden Abfälle ebenfalls getrennt<br />

gesammelt (Behälter für Restmüll, Wertstoffe, Glas). Sondermüll,<br />

der z.B. bei Ölunfällen oder Chemikalienfunde im Spülsaum<br />

anfällt, wird in der Regel bis zur fachgerechten Entsorgung auf<br />

Neuwerk zwischengelagert. Das Mähgut von Deichen und<br />

Grünanlagen sowie Klärrückstände werden bei der Kläranlage<br />

kompostiert.<br />

Energieversorgung<br />

Zur Hausfeuerung und Warmwassergewinnung werden auf<br />

Neuwerk Ölheizung, Sonnenenergie, Strom und/oder Feststoffheizung<br />

sowie Wärmerückgewinnung eingesetzt.<br />

Seit 1996 wird die Insel ausschließlich per Schiff mit Heizöl versorgt,<br />

das in einem am Westdeich befindlichen Tank gelagert<br />

wird. Die Auslieferung des Heizöls erfolgt durch das Amt Stromund<br />

Hafenbau. Der Gesamtverbrauch an Heizöl beträgt etwa<br />

105.000 Liter pro Jahr.<br />

Die Stromversorgung begann 1926 mit einer Windturbine, unterstützt<br />

durch ein Dieselaggregat. 1958 wurde als Ersatz ein erstes<br />

6 kV-Seekabel verlegt und die Insel mit einem Freileitungsnetz<br />

versorgt. 1992 wurden ein neues 20 kV-Seekabel verlegt und die<br />

Freileitungen auf Erdkabel umgestellt. Die Stromversorgung<br />

erfolgt heute durch die Energieversorgung Weser-Elbe (EWE<br />

AG), vormals Überlandwerke Nord-Hannover (ÜNH).<br />

Mit ersten Projekten rationeller Energieverwendung durch<br />

Wärmerückgewinnung oder Einsatz von erneuerbaren Energiequellen<br />

wird auf Neuwerk der Bedarf an Öl und Strom bereits<br />

verringert. Neben der Solaranlage zur Brauchwassererwärmung<br />

in der <strong>Nationalpark</strong>station (seit 1998) hat 1998/99 ein Betrieb<br />

eine Solaranlage in seine Energieversorgung integriert.<br />

Erneuerbare Energieträger nutzen auch die Feststoffheizungen,<br />

die mit Holz (z.B. ehemaliges Bauholz und Treibholz) betrieben<br />

werden. Eine zukünftige Windenergienutzung scheidet aus<br />

Gründen des Naturschutzes und des Landschaftsbildes aus.


m 3/Jahr<br />

Abb. 2: Jahreswasserverbrauch von 1976 bis 1997.<br />

Nach Angaben vom Amt Strom- und Hafenbau.<br />

TonnenJahr<br />

Abb. 3: Wertstoffaufkommen ("Grüner Punkt") auf<br />

Neuwerk von 1993 bis 1997. PPK=Papier/ Pappe/<br />

Karton, LVP=Leichtverpackungen.<br />

Nach Angaben vom Amt Strom- und Hafenbau.<br />

TonnenJahr<br />

Abb. 4: Restmüllaufkommen auf Neuwerk im Jahresverlauf<br />

1997. Nach Angaben vom Amt Strom- und Hafenbau.<br />

nach Scharhörn<br />

NORDVORLAND<br />

Turmwurt<br />

vom Festland<br />

OSTVORLAND<br />

Abb. 1: Karte der Ver- und Entsorgungseinrichtungen auf Neuwerk.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 47


Insel Neuwerk<br />

48<br />

Der dauerhafte Erhalt der Insel Neuwerk ist ohne die bereits seit Jahrhunderten durchgeführten Maßnahmen insbesondere<br />

zum Schutz vor Sturmfluten undenkbar. Der Hochwasserschutz und seine Einrichtungen haben das Gesicht der Insel maßgeblich<br />

mit geprägt.<br />

Hochwasserschutz<br />

Geschichtliches<br />

Die maßgeblichen Entwicklungen im Hochwasserschutz für die<br />

Insel Neuwerk sind über die Jahrhunderte gut dokumentiert worden.<br />

Sie sind insbesondere geprägt von der Darstellung katastrophaler<br />

Naturereignisse und deren Folgen für die Insel und deren<br />

Erhalt. Bis zur Hansezeit konnte die Insel wegen der ständigen<br />

Sturmflutgefahren nur als Sommerweide und Fischplatz genutzt<br />

werden. Erst mit dem Bau des über 40 m hohen Wehrturms in den<br />

Jahren 1300 – 1310 begann die Besiedlung der Insel, da der Turm<br />

auch ausreichenden Schutz vor Hochwassern bot. Mit seinem<br />

festen Gemäuer hat dieses weithin sichtbare Wahrzeichen viele<br />

Sturmfluten überstanden.<br />

Die ersten ständigen Bewohner waren der Turmvogt und sein<br />

Gesinde. Dennoch berichtet die Inselchronik von Sturmflutkatastrophen,<br />

bei denen Bevölkerung und Vieh ertranken. Von<br />

1556 bis 1559 entstand der erste Ringdeich, der zunächst kaum<br />

höher und breiter als ein Sommerdeich war. Ab 1560/61 wurden<br />

bereits weitere Erhöhungsmaßnahmen vorgenommen. Direkt<br />

dahinter wurden im Norden der Inseln einzelne Hochstellen<br />

("Wurten") aufgeworfen, auf denen wenige Jahre später die<br />

Gehöfte errichtet wurden. Durch diese Maßnahmen konnte eine<br />

ganzjährige Besiedelung und Bewirtschaftung der Insel durch<br />

Fischer und Bauern ermöglicht werden.<br />

In der Nacht vom 24. auf den 25. 12.1717 hielten die Deiche im<br />

Norden und Westen der schweren "Weihnachtsflut" nicht mehr<br />

stand und brachen an mehreren Stellen, so dass die gesamte Insel<br />

überflutet wurde. Dieses Ereignis hat bis heute zwei deutliche<br />

Spuren hinterlassen. Bevor nämlich mit der umfangreichen und<br />

zeitraubenden Wiederherstellung des Hauptdeichs begonnen werden<br />

konnte, errichtete man zunächst zur Sicherheit vor weiteren<br />

Sturmfluten einen kleinen Ringdeich um die Hochstelle am Turm,<br />

die heute als Turmwurt bezeichnet wird. Bei den Sicherungsmaßnahmen<br />

am Hauptdeich wurde der durch den Deichbruch entstandene<br />

tiefe Kolk nahe der Nordspitze nicht verfüllt sondern –<br />

wie auch in den Elbmarschen üblich - der Deich um das neue entstandene<br />

Brack-Gewässer seewärts herum vorverlegt. Nach einer<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Serie sehr schwerer Sturmfluten Ende des 18. Jahrhunderts musste<br />

der immer noch zu schwache Ringdeich erneut entscheidend<br />

verstärkt werden. Außerdem wurde die Sturmflutsicherheit<br />

dadurch erhöht, dass man in den Jahren von 1795-1797 eine zunächst<br />

900 Meter lange Eichenpfahlwand um die Südwestspitze<br />

errichtete, die als Wellenbrecher gegen mittelhohe Sturmfluten<br />

diente. Bereits 28 Jahre später nach einer weiteren schweren<br />

Sturmflutwurde der 4 km lange Deich 1825 erneut aufgehöht und<br />

auch die Pfahlwand konnte 1826 um weitere 155 Meter nach<br />

Norden verlängert werden. Der erhöhte Deich geriet dadurch,<br />

dass er am Fuß nicht verbreitert wurde, sehr steil in den<br />

Böschungen. Die Neuwerker waren sich dieser Schwäche bei<br />

Wellenangriff oder gar Wellenüberlauf durchaus bewusst. Noch<br />

mehr Boden für einen besseren Deich heranzukarren, überforderte<br />

aber offensichtlich ihre Kräfte. Außerdem gab es zum<br />

Ausgleich des letzten Risikos nach wie vor den Turm.<br />

Vor der West- und Südseite der Insel erneuerte Hamburg 1934,<br />

zwei Jahre vor Übergabe der Insel an Niedersachsen, die<br />

Eichenpfahlwand.<br />

Abb. 1: Eichenpfahlwand. Foto Graack.<br />

Abb. 2: Flut bis zur Krone des Sommerdeiches. Foto Körber.<br />

Bis in jüngste Jahrzehnte wurde über die laufende Ausbesserung<br />

von Schäden hinaus an Neuwerks Deich gearbeitet. Nach den<br />

Erfahrungen der Holland-Sturmflut 1953 verstärkte das damals<br />

zuständige Land Niedersachsen den 4 km langen Ringdeich und<br />

brachte ihn auf Höhen zwischen NN + 5,50 und 6,20 m. Diese<br />

Höhen sind nach Lage und Windrichtung entsprechend den örtlich<br />

erkannten Notwendigkeiten gestaffelt.<br />

Während der Februar-Sturmflut 1962, die in Hamburg viel<br />

Schaden anrichtete und 315 Menschenleben forderte, geriet auch<br />

Neuwerks Deich an den Rand eines Bruches und wurde schwer<br />

beschädigt. Die überschlagenden Wellen überspülten die Insel bis<br />

auf höher gelegene Bereiche und die Wurten.<br />

Am 3. Januar 1976 lief nicht nur für Hamburg, sondern auch für<br />

Neuwerk die bisher höchste Sturmflut an der deutschen Nordseeküste<br />

auf. Die Wellen schlugen vor allem im Süden und Südwesten<br />

große Löcher in den Deich. Die Schäden wurden in einem<br />

Gemeinschaftseinsatz des Hamburgischen Hafen- und Bauamtes<br />

und der Neuwerker Einwohner mit rd. 30.000 Sandsäcken ausgebessert.<br />

Als 18 Tage später eine zweite Sturmflut heranrollte und<br />

erneut Deichbruchgefahr bestand, sorgten Hubschrauber der<br />

Bundeswehr für den Transport von Sandsäcken, Strohmatten und<br />

Stackpfählen, um schnell eine provisorische Schadensausbesserung<br />

zu ermöglichen.


Abb. 4: Hauptdeich im Norden von Neuwerk. Foto Janke.<br />

Verdunkelungsbake<br />

Kohleblüse<br />

Fischer<br />

haus<br />

Westhof<br />

Osthof<br />

Mittelhof<br />

Turm<br />

Ostbake<br />

Ehemaliges Vorland<br />

Heutiges Vorland<br />

Binnengroden<br />

Hauptdeich<br />

Steinuferwerk<br />

Eichenpfahlwand<br />

Abb. 3: Die Ausdehnung Neuwerks im 18. Jhdt. zeigt die verlorengegangenen Vorlandbereiche<br />

im Norden,Westen und Süden. Nach einer historischen Karte von 1751.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 49


Insel Neuwerk<br />

50<br />

System des Hochwasserschutzes auf Neuwerk<br />

• Der Ringdeich<br />

Hamburg hat in einem mehrjährigen Programm den Hochwasserschutz<br />

seiner Insel Neuwerk an der Außenelbe verbessert.<br />

Es zog damit Konsequenzen aus den stetig steigenden und immer<br />

häufiger auflaufenden Sturmfluten an der Nordsee. Doch nicht<br />

neue und höhere Deiche sind das Ergebnis der eingehenden<br />

Untersuchungen und Planungen. Der in seiner mehr als 400jährigen<br />

Geschichte mehrfach verstärkte Ringdeich wurde statt dessen<br />

in gleicher Form weiter verbessert. Damit der Deich jedoch weniger<br />

schadensanfällig wird, wurde rundherum ein mindestens 20 m<br />

breiter Vorlandstreifen, die sogenannte Deichfußvorlage, direkt<br />

vor dem Deich aufgehöht. Dieser bremst den Wellenschlag und<br />

wirkt somit einer Zerschlagung des eigentlichen Deichkörpers<br />

entgegen. Eine Überströmung des Ringdeiches durch den schweren<br />

Seegang bei sehr hohen Sturmfluten wird weiterhin nicht ausgeschlossen.<br />

Deswegen bleibt der Turm im Mittelpunkt der Insel<br />

für die Neuwerker die letzte Zuflucht. Er ist ihnen nach wir vor<br />

der zentrale Zufluchtspunkt.<br />

Ein Deich nach den Richtlinien des Küstenausschusses Nord- und<br />

Ostsee aus dem Jahre 1972 kann auf Neuwerk nicht gebaut werden.<br />

Nach den für die Festlandküste geltenden Profilen und<br />

Höhen würde er mindestens 60 m breit werden und damit fast<br />

doppelt soviel Platz einnehmen wie der derzeitige Deich. Das<br />

Landschaftsbild der kleinen, halligartigen Insel wäre dann nachhaltig<br />

gestört. Außerdem ist auf der Insel geeigneter Klei als<br />

Baumaterial nur begrenzt vorhanden. Überlegungen, alle Häuser<br />

der Insel wie auf den Halligen mit standsicheren Fluchtzellen zu<br />

versehen, scheiterten an der vorhandenen Bausubstanz und einem<br />

zu hohen Aufwand.<br />

Die Deichbauten auf Neuwerk nehmen viel Rücksicht auf die<br />

besondere Ökologie der Insel. Jede Kleientnahme im Vorland und<br />

jeder Kleitransport störte die Tier- und Pflanzenwelt und verhinderte<br />

über viele Jahre hinweg kleinräumig die natürliche Entwicklung<br />

der Grasnarbe im Vorland. Daher müssen insbesondere<br />

Einwirkungen im Kleientnahmebereich so gering wie möglich<br />

gehalten werden. Ab dem Jahr 2000 sollen größere Kleientnahmen<br />

aus dem Vorland nicht mehr vorgenommen werden.<br />

• Das aufgehöhte Vorland<br />

Die Vorlandaufhöhung ist 1990 fertig geworden. Mittlere<br />

Sturmfluten erreichen den Deich nicht mehr. Der Ringdeich hat<br />

eine Sollhöhe zwischen NN + 5,90 m und 6,20 m, je nach Lage<br />

zu Wellen, Wind und schützendem Vorland.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

• Der Sturmflutwarndienst<br />

Die Bevölkerung wird rechtzeitig vor höheren Sturmfluten<br />

gewarnt. Das vom Amt Strom und Hafenbau insbesondere für<br />

Hamburgs Hafen und Hamburgs Marschen entwickelte WADI-<br />

Verfahren (WADI = SturmflutWArnDIenst) gewährt auch den<br />

Neuwerkern eine Sturmflutvorhersage. Schon fünf Stunden vor<br />

dem Höchstwasserstand erreicht die erste Meldung Neuwerk.<br />

• Fluchtwege, Turm und Turmdeich<br />

Auf Fluchtwegen können die Inselbewohner dann zum Turm<br />

gelangen. Die Wege sollen einheitlich erhöht werden, so dass sie<br />

durchweg höher liegen als die benachbarten Wiesen und Äcker.<br />

Dadurch können die Neuwerker auch dann noch den Turm erreichen,<br />

wenn durch überschwappende Wellen bereits Wasser in die<br />

Insel gelangt ist.<br />

Abb. 5: Über den erhöht angelegten und in der Nacht beleuchteten<br />

Mittelweg kann die Inselbevölkerung im Norden nach einem Deichbruch<br />

noch die vor Hochwasser sichere Turmwurt (im Hintergrund)<br />

sicher erreichen. Foto Janke.<br />

• Der Sommerdeich<br />

Ein Sommerdeich schützt das Vorland vor niedrigen Sommerfluten<br />

bis zu einer Höhe von 1,5 Meter über Normalnull und<br />

ermöglicht so eine fortlaufende Beweidung des Vorlandes von<br />

April bis Oktober, er schränkt zugleich die natürliche Versalzung<br />

des Bodens ein.<br />

• Das Seedeckwerk<br />

Zum Schutze der Insel vor den hohen Brandungen der Nordsee<br />

reicht der Deich allein nicht aus. Ein überwiegend aus<br />

Natursteinen gepacktes schweres Seedeckwerk sichert daher im<br />

Westen und Süden der Insel die Abbruchkante zur See. Das<br />

anschließende Vorland bildet, zumal wenn es im Deichbereich<br />

aufgehöht wird, einen Wellendämpfer. Es hält darüber hinaus<br />

Wellenangriffe bei kleineren Hochwassern vom Deich fern.<br />

• Der Deichverband<br />

Die Eigentümer der durch den Ringdeich geschützten Grundstücke<br />

bilden einen Deichverband. Er verwaltet sich selbst und<br />

steht als Körperschaft des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht<br />

des Staates. Seine Aufgabe ist die Stärkung und das Wachhalten<br />

des Gefahrenbewusstseins sowie die Unterstützung Hamburgs<br />

beim Schutz vor Gefahren. Der Deichverband begeht anlässlich<br />

einer "Deichschau" mindestens zweimal im Jahr (im Frühling und<br />

Herbst) die Hochwasserschutzanlagen, um ihren Zustand zu überprüfen<br />

und ggf. Ausbesserungsarbeiten zu beantragen.<br />

• Deichverteidigung<br />

Ebenso wie die Unterhaltung liegt auch die Verteidigung der<br />

Deiche in staatlicher Hand. Dafür sind ständig Mitarbeiter der<br />

Wirtschaftsbehörde/Amt Strom- und Hafenbau auf der Insel<br />

stationiert.<br />

Kosten für den Hochwasserschutz<br />

Die Mittel für die Hochwasserschutzsicherung werden vom Bund<br />

und von Hamburg aufgebracht. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe<br />

"Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur und<br />

des Küstenschutzes” trägt der Bund dabei bis zu 70 % der förderungsfähigen<br />

Kosten.<br />

Sommerdeich Hauptdeich<br />

Abb. 6: Schematischer Querschnitt durch das Vorland und den Hauptdeich von Neuwerk (nicht maßstabsgetreu).


Der Hauptdeich:<br />

Er schützt die landwirtschaftlichen Anbauflächen<br />

im Binnengroden.<br />

Eichenpfahlwand:<br />

1795 wurden die ersten 900 m errichtet.<br />

Erst 1934 wurde<br />

diese zum ersten Mal erneuert.<br />

Abb. 7: Elemente des Hochwasserschutzsystemes auf Neuwerk<br />

Das Vorland:<br />

Er mindert den Wellenangriff auf<br />

den Hauptdeich.<br />

Hochstelle am Turm:<br />

Sie wurde 1718 mit einem<br />

Notdeich zusätzlich gesichert.<br />

Kolk :<br />

Er entstand 1717 durch<br />

einen Deichbruch.<br />

Seedeckwerk:<br />

Es sichert seit 1925 die<br />

Insel gegen Abbrüche und<br />

legt so die heutige Form fest.<br />

Sommerdeich:<br />

Er schützt seit 1925<br />

die Weiden des Vorlandes.<br />

Hauptfluchtwege zumTurm:<br />

Sie wurden Mitte der 80er<br />

Jahre neu ausgebaut.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 51


Insel Neuwerk/Binnengroden<br />

52<br />

Mit knapp 100 ha, von denen etwa 80 % landwirtschaftlich genutzt werden, umfasst der Binnengroden von Neuwerk noch<br />

nicht einmal 1% der Fläche des gesamten <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Dieser Bereich nimmt jedoch eine<br />

Sonderstellung ein, da dies der einzige Bereich im gesamten Schutzgebiet ist, der dauerhaft bewirtschaftet wird und<br />

zugleich von extremen Hochwassern nicht mehr erreicht wird.<br />

Pflanzenwelt und Vegetation im Binnengroden<br />

Die Vegetationsverhältnisse im Binnengroden werden kaum vom<br />

Salzwasser beeinflusst. Obwohl noch vor wenigen Jahrzehnten -<br />

zuletzt 1976 - extreme Hochwasser über die Deiche schwappten<br />

und nicht nur die Gewässer versalzten, sondern auch eine Reihe<br />

von Gehölzen zum Absterben brachten, sind von diesem Einfluss<br />

bis auf die abgestorbenen Bäume keine Auswirkungen mehr zu<br />

erkennen.<br />

Landwirtschaftlich genutzte Flächen<br />

Der Binnengroden wird von Grünland dominiert, das als Wiese<br />

und Weide bewirtschaftet wird. Die Ackerflächen umfassen weniger<br />

als 10 ha, auf ihnen wird Hafer und Gerste für den Eigenbedarf<br />

- zur Fütterung der Wattwagen- und Pensionspferde -<br />

angebaut.<br />

Ein Rückblick in die Historie der Inselbewirtschaftung zeigt, dass<br />

sich die landwirtschaftliche Nutzung auf Neuwerk im Laufe der<br />

Jahrhunderte mehrfach geändert hat. Vor der Eindeichung<br />

Neuwerks konnte nur Grünlandwirtschaft betrieben werden. Mit<br />

dem Schutz vor Hochwässern wurde auf den sandigen Böden<br />

Ackerbau möglich. In großen Teilen der Insel wurde Gerste,<br />

Roggen und Hafer angebaut. Erst in den letzten Jahrzehnten sind<br />

viele Ackerflächen wieder in Grünland umgewandelt worden.<br />

Diese "jungen" Grünländer - insbesondere im Westen der Insel -<br />

zeichnen sich durch eine Armut an Arten und Vegetationsstrukturen<br />

aus. Dominierend sind typische Weidelgras-Weißklee-<br />

Weiden mit den namengebenden Arten. Trotzdem sind die<br />

Flächen im Vergleich mit intensiv genutzten Grünländern des<br />

angrenzenden Festlandes relativ artenreich, wenn auch häufige<br />

und anspruchslose Arten dominieren.<br />

Im östlichen Teil der Insel, wo das Grünland wahrscheinlich über<br />

Jahrhunderte nicht umgebrochen wurde, ist ein struktur- und<br />

artenreicheres Grünland verbreitet. Auf den Weiden und Wiesen,<br />

die extensiv bewirtschaftet werden, ist die Wiesen-Flockenblume<br />

heimisch; die nährstoffärmsten Wiesen im Norden, südlich der<br />

Kläranlage, werden vom Kleinen Klappertopf in leuchtendes<br />

Gelb getaucht. Diese Pflanze, die auf den Wurzeln von Gräsern<br />

parasitiert, ist auf dem Festland bereits sehr selten geworden und<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

wird auf den "Roten Listen” als gefährdete Art geführt. In den<br />

östlichen Grünländern treten Schilf, verschiedene Seggen,<br />

Knick-Fuchsschwanz und Flatterbinse auf und kennzeichnen die<br />

Wiesen und Weiden als feucht und nährstoffarm. In diesen<br />

Flächen ist auf dem Luftbild sogar noch ein alter Prielverlauf<br />

erkennbar, der aus der Zeit vor der Eindeichung stammt und zum<br />

Turm führte. Im Gelände treten die Prielreste jedoch nur nach<br />

starken Regenfällen als flache Rinnen in Erscheinung. Lediglich<br />

an einigen tieferen Stellen sind Reste der Priele als kleine Tümpel<br />

oder Röhrichtbestände erhalten geblieben.<br />

Gewässer<br />

Im Neuwerker Binnengroden existieren keine nartürlichen<br />

Fließgewässer, sondern lediglich Grabensysteme zur Entwässerung<br />

des Inselkerns. Die Gräben fallen im Sommer überwiegend<br />

trocken. Lediglich der Hauptabzugsgraben führt ständig<br />

Wasser und weist eine Schwimmpflanzendecke aus Kamm-<br />

Laichkraut auf. An den meisten Grabenrändern stehen Röhrichte<br />

aus Schilf, das an einigen Gräben auch mit der Strandsimse vermischt<br />

ist. Typische, ansonsten häufige Begleitarten der<br />

Röhrichte, wie Blutweiderich, Gilbweiderich oder Ufer-<br />

Wolfstrapp treten in ihrem Vorkommen auf Neuwerk zurück.<br />

Die Stillgewässer im Binnengroden haben sich sehr unterschiedlich<br />

entwickelt. Viele der kleineren, ehemals als Viehtränke<br />

genutzten Weiher am Deich sind inzwischen weitgehend verlandet<br />

oder von dichten Schilfröhrichten bestanden. Auch das Brack,<br />

der Überrest eines Deichbruches aus dem Jahr 1717, verlandet<br />

zusehends. In dem inzwischen ausgesüßten Wasser (2 ‰<br />

Salzgehalt) breiten sich Bestände von Strandsimse, Sumpfsimse<br />

und Einspelziger Nadelsimse bereits bis annähernd zur<br />

Weihermitte aus.<br />

Andere kleine Gewässer sind dagegen noch nicht so weit verlandet.<br />

Neben den vielen kleinen und jungen Gartenteichen, ist auch<br />

der "Soot” auf der Turmwurt als vermutlich das älteste Gewässer<br />

der Insel nur randlich von einem kleinen Röhricht aus Schilf und<br />

Kalmus bestanden. Seine gesamte Wasserfläche wird vom Zarten<br />

Hornblatt bedeckt. Diese in Hamburg stark gefährdete Art ist<br />

auch in anderen kleinen Gewässern vertreten, z.T. vergesellschaftet<br />

mit Teichfaden, Tausendblatt und Schwimmendem Laichkraut.<br />

Gehölze<br />

Im Norden und Süden der Insel sowie um die Turmwurt sind einige<br />

Gehölze aufgewachsen. Manche wurden als Windschutzpflanzungen<br />

mit z.T. gebietsfremden Arten wie z.B. Silber- und<br />

Grau-Pappel angelegt, andere, v.a. um die Turmwurt, entsprechen<br />

Hofgehölzen mit ihrer für die Marsch charakteristischen Artenzusammensetzung<br />

aus Esche, Silberweide und Eiche. Kleine<br />

Wäldchen aus Erlen, Eschen und Weiden sind auch selbsttätig in<br />

historischen Kleientnahmestellen und auf ehemaligen Hofstellen<br />

entstanden.<br />

Lediglich im Ostteil der Insel bestehen kleine Hecken, vornehmlich<br />

aus verschiedenen Weiden-Arten. Dort, wo sie als Windschutz<br />

angepflanzt wurden, sind auch Rosen, Mehlbeeren und<br />

Holunder in der Strauchschicht vertreten.<br />

Abb.1: Kleinräumige Vegetationsvielfalt in der Kulturlandschaft im<br />

Osten des Neuwerker Binnengrodens. Foto Janke, August 1999.<br />

Kleinräumige Nutzflächen<br />

Überall verstreut auf der Insel sind kleinere Flächen mit Vegetationsgesellschaften<br />

bestanden, die sich nach einer mehr oder<br />

weniger nachhaltigen Störung der natürlichen Verhältnisse entwickelt<br />

haben. Ablagerungsplätze für Mist oder verdorbenes Heu,<br />

Deponieplätze für Deichbaumaterialien wie Klei, Sand oder Split,<br />

Wegränder und häufiger gemähte Grabenränder tragen je nach<br />

Bodenverhältnissen verschiedene Gesellschaften, die entweder<br />

Magerrasen mit z.B. Thymianblättrigem Sandkraut und Steinklee,<br />

Flutrasen (mit verschiedenen Binsenarten) oder Hochstau-


denfluren mit Disteln, Pastinak, Wilder Möhre und anderen Arten<br />

ähneln. Die relativ große Artenvielfalt und der zumeist langanhaltende<br />

Blütenreichtum dieser Bestände bietet vielen Insekten<br />

sowie samenfressenden Vögeln Nahrung.<br />

Siedlungsbereiche<br />

Die Siedlungsbereiche bestehen aus Hof- und Gartenflächen, die<br />

ähnlich wie in Siedlungen auf dem Festland angelegt sind.<br />

Naturnah gestaltete Gärten mit hohem ökologischen Wert haben<br />

auf der Insel bislang kaum Einzug gefunden. Ihre Einrichtung<br />

und dauerhafte Unterhaltung wird allerdings auch durch die rauhen<br />

klimatischen Verhältnisse erheblich erschwert.<br />

Abschließende Bewertung<br />

Der Binnengroden von Neuwerk weist eine Vielzahl von artenreichen<br />

Pflanzengemeinschaften und gefährdeten Pflanzen auf.<br />

Die beobachtete Vielfalt beruht maßgeblich auf der gegenüber<br />

dem Festland geringeren Nutzungsintensität in der Landwirtschaft.<br />

Die Einbeziehung des Binnengrodens in den <strong>Nationalpark</strong><br />

eröffnet die Möglichkeit, die alte, historisch gewachsene Landschaft<br />

und ihre jahrhundertealte Vegetationsstruktur durch entsprechende<br />

Bewirtschaftungsformen zu erhalten und zu fördern.<br />

Abb. 3: Der Kleine Klappertopf wächst auf den<br />

Wiesen im östlichen Binnengroden.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 2: Biotoptypen im Binnengroden von Neuwerk (Stand 1999).<br />

Abb. 4: Unmittelbar hinter dem nördlichen Hauptdeich<br />

liegt in direkter Anbindung an den Mittelweg ein kleiner<br />

Erlenhain, der einen teilweise mit Schilf umstandenen<br />

Teich umgibt. Foto Janke.<br />

Grünland<br />

Deich<br />

Grünflächen<br />

Gehölze<br />

Ackerland<br />

Landwirtsch. Lagerfläche<br />

Kraut-/Staudenflur<br />

Aufschüttungsflächen<br />

Sumpf<br />

Stillgewässer<br />

Fliessgew sser<br />

Siedlung/Gewerbe<br />

Ver- und Entsorgungsflächen<br />

Verkehrsflächen<br />

Gebäude<br />

100 0<br />

300 m<br />

Abb. 5: Direkt am Mittelweg steht eine alte Erle, die maßgeblich<br />

von den Kräften des Windes geformt wurde. Im<br />

Hintergrund das Haus Meereswoge. Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 53


Insel Neuwerk/Binnengroden<br />

54<br />

Die Vogelwelt im Binnengroden der Insel Neuwerk ist seit vielen Jahren durch den dörflichen und landwirtschaftlichen<br />

Charakter der Insel geprägt. Gleichzeitig macht sich der Einfluss des umgebenden <strong>Wattenmeer</strong>es auf ihre Zusammensetzung<br />

deutlich bemerkbar.<br />

Die Brut- und Rastvögel im Binnengroden<br />

Zigtausende von rastenden und nahrungssuchenden Watvögeln<br />

machen Neuwerk zu einem sehr beliebten Ausflugsziel für<br />

Vogelkundler. Obwohl deren Beobachtung im Vordergrund steht,<br />

wird auch die Entwicklung der Vogelwelt des Binnengrodens mit<br />

Interesse verfolgt.<br />

Brutvögel<br />

Die individuenreichste Brutvogelgemeinschaft wird von den<br />

Arten der Dörfer gestellt. Haussperlinge bevölkern fast alle landwirtschaftlichen<br />

Gehöfte, Rauch- und Mehlschwalbe sowie Star,<br />

Hausrotschwanz, Hänfling und Bachstelze sind regelmäßige<br />

Bewohner der Gebäude und der umgebenden Gehölze.<br />

Auch die Gewässer der Insel stellen wichtige Lebensraumelemente<br />

dar. Teichhuhn, Bläßhuhn, Löffelente und die heimliche<br />

Knäkente nutzen die Gewässer und ihre Randvegetation als Nistund<br />

Nahrungsraum. Zwei weitere Entenarten brüten regelmäßig<br />

im Neuwerker Binnengroden, wobei die Stockente v.a. am Rande<br />

der die Wiesen durchziehenden Gräben nistet, während die<br />

Brandente Höhlungen in dichter Grabenvegetation, Ruderal- und<br />

Ablagerungsflächen, ja sogar hohle Bäume und Verrohrungen für<br />

ihre Gelege nutzt.<br />

Die bedeutendste Brutvogelgemeinschaft des Binnengrodens<br />

wird jedoch von einer charakteristischen Brutvogelgemeinschaft<br />

der küstennahen Seemarsch gebildet. Austernfischer, Rotschenkel<br />

und Kiebitz prägen mit ihren auffälligen Balzflügen und dem<br />

markanten Revierverhalten das Bild des Inselkerns. Immerhin<br />

zusammen mehr als 70 Brutpaare dieser drei Arten begannen mit<br />

der Brut im Binnengroden, die meisten im östlich des Mittelweges<br />

liegenden Bereich. Hinzu kommen als typische Vögel der<br />

landwirtschaftlichen Flächen Feldlerche und Wiesenpieper. Die<br />

Feldlerche zeigt allerdings in den letzten Jahren deutliche<br />

Bestandseinbußen. Die Bestandsrückgänge des Binnenlandes<br />

scheinen sich damit auch auf Neuwerk zu zeigen. Einige Arten<br />

aus dieser Gemeinschaft, wie z.B. die Bekassine und der<br />

Kampfläufer, die früher noch auf der Insel gebrütet haben, sind<br />

mittlerweile verschwunden, für die meisten anderen Arten ist ein<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

stetig fallender Bruterfolg festzustellen. So gaben 1996 von<br />

anfänglich 12 Kiebitzpaaren 8 Paare die Brut frühzeitig auf und<br />

wanderten teilweise in das Vorland ab, weil die Landwirtschaft<br />

mit ihrer frühen Flächenbestellung keine Überlebenschance für<br />

die Küken ließ.<br />

Extensivierung in der Landwirtschaft: ein Beitrag zum<br />

Artenschutz<br />

Das seit Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s von der Stadt Hamburg<br />

begonnene Extensivierungsprogramm in der Landwirtschaft ist<br />

Abb. 1: Bevorzugte Nistplätze der Brutvögel im Neuwerker Binnengroden.<br />

ein Versuch, einerseits die Belange der Landwirtschaft zu berücksichtigen<br />

und andererseits durch gezielte Bewirtschaftungsvereinbarungen<br />

mit den Bauern die Lebensbedingungen von<br />

Wiesenvögeln entscheidend zu verbessern. Seit 1999 werden<br />

mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen im<br />

Binnengroden von Neuwerk unter besonderen Extensivierungsauflagen<br />

derart bewirtschaftet, dass die Landwirtschaft einen<br />

Beitrag zur Steigerung des Bruterfolgs der Wiesenvögel leisten<br />

kann. Dies geschieht insbesondere durch einen Verzicht auf<br />

Schleppen, Walzen und Mähen auf den für die Vögel wertvollen<br />

Brutflächen vor Abschluss der Brutsaison Ende Juni eines jeden<br />

Jahres. Alternativ kann auch auf anderen Flächen eine sehr extensive<br />

Beweidung den bedrohten Wiesenvögeln helfen, ihren<br />

Nachwuchs erfolgreich großzuziehen.<br />

Die Gehölze sind, wohl aufgrund ihres recht geringen Alters und<br />

des Fehlens geeigneter Höhlen, nur von einem eingeschränkten<br />

Artenspektrum besiedelt. Wenige Exemplare der Kohlmeise und<br />

einige Stare teilen sich die wenigen Höhlungen. Ringeltauben, die<br />

allerorten ihre schnell zusammengebauten Nester errichtet haben,<br />

Innerer Ring:<br />

Verteilung der<br />

Nistplätze auf<br />

die Lebensraumelemente;<br />

Äußerer Ring:<br />

Verteilung der<br />

Brutvogelarten auf<br />

die Lebensraumelemente;


Abb. 2: Regelmäßige Rastplätze im Binnengroden von Neuwerk.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 55


Insel Neuwerk/Binnengroden<br />

56<br />

sind die auffälligsten Brutvögel der Gehölze. In dichteren<br />

Gehölzen sind Zaunkönig, Gelbspötter und Heckenbraunelle vertreten.<br />

Weitere zu erwartende Arten, z.B. Rotkehlchen,<br />

Gartenrotschwanz oder Feldsperling fehlen jedoch derzeitig auf<br />

Neuwerk.<br />

Besonderheiten, die erst in den letzten Jahren als Brutvögel auf<br />

Neuwerk in Erscheinung getreten sind, sind u.a. Waldohreule,<br />

Karmingimpel und Birkenzeisig.<br />

Abb. 3: Der in seinem Bestand bedrohte Kiebitz brütet auf den Feuchtwiesen<br />

von Neuwerk. Am Ende des Sommers sammeln sich die<br />

Kiebitze, um in kleinen Schwärmen in den Süden zu fliegen.<br />

Foto Hecker.<br />

Rastvögel<br />

Nicht nur für die Brutvögel , sondern auch für viele Rastvögel ist<br />

der Binnengroden von zentraler Bedeutung. In jedem Jahr treten<br />

regelmäßig zahlreiche Singvogelarten als Durchzügler auf, andere<br />

sind nur gelegentliche Gäste. Manche Arten wie z.B. die<br />

Bekassinen werden kaum bemerkt und bleiben unauffällig, da<br />

von ihnen immer nur einige Exemlare zufällig aus dichter<br />

Vegetation aufgescheucht werden, andere Arten bilden auffällige<br />

Pulks und sogar Schwärme. Einige Arten singen schon während<br />

des Zuges, z.B. Gelbspötter, Teich- und Sumpfrohrsänger, andere<br />

fallen dadurch auf, dass sie schlagartig und in so großen Mengen<br />

auftreten, dass man überall auf sie aufmerksam wird (z.B.<br />

Rotdrosseln, Wintergoldhähnchen).<br />

Neben der Bedeutung als Rast-, Schlaf- und Freßplatz stellt<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Neuwerk einen wichtigen Orientierungspunkt und eine Landmarke<br />

für ziehende Vogelschwärme dar. So konnten z.B. während<br />

Zugvogelplanbeobachtungen von August bis September 1992 fast<br />

200.000 durchziehende Vögel nachgewiesen werden. Der zahlenmäßig<br />

größte Anteil wurde von Wiesenpieper, Rotdrossel,<br />

Buchfink und Star gestellt.<br />

Der Binnengroden wird auch von vielen Seevögeln als hochwassersicherer<br />

Rastplatz aufgesucht. Austernfischer, Lach- und<br />

Silbermöwen sind in großen Schwärmen bei Hochwasser auf dem<br />

kurzrasigen Grünland oder den noch offenen Ackerflächen häufig<br />

zu beobachten. Andere Arten suchen auch im Binnengroden nach<br />

Nahrung, z.B. Goldregenpfeifer, Brachvögel, Pfeifenten und<br />

Ringelgänse. Letztere stellen aufgrund ihrer intensiven Nutzung<br />

einiger Grünlandflächen ein nicht zu unterschätzendes Problem<br />

für die Landwirtschaft dar. Die Brandenten nutzen einige<br />

geschützte Grünlandflächen nur als Balzplatz, und die Gewässer<br />

der Insel dienen zahlreichen Möwen als Badeplatz und zur<br />

Gefiederpflege. Viele der auf Neuwerk vorkommenden Arten nutzen<br />

den Binnengroden zwar als Brutraum, sie suchen ihre<br />

Nahrung aber auch oder sogar ausschließlich in den Wattflächen<br />

oder im Vorland. Dies trifft besonders für wasserliebende Arten<br />

wie die Limikolen und Brandenten, aber z.B. auch für Bachstelze<br />

und Turmfalke zu.<br />

So zeigt die Vogelwelt des Binnengrodens von Neuwerk auf vielfältige<br />

Weise, welche engen funktionalen Beziehungen zu den<br />

übrigen Biotoptypen im Vorland Neuwerks und sogar zu den<br />

umgebenden Wattflächen bestehen.<br />

Abb. 4: Der Teichrohrsänger ist ein regelmäßiger Bewohner an den<br />

Gewässern von Neuwerk. Foto Hecker.<br />

Abb. 5: Der Zaunkönig ist ein typischer Brutvogel der Neuwerker<br />

Gehölze. Foto Hecker.<br />

Zu Abb. 6:<br />

Nistplätze im südöstlichen Binnengroden von Neuwerk<br />

(Stand 1996)<br />

Abkürzungen:<br />

A Amsel<br />

Af Austernfischer<br />

B Buchfink<br />

Ba Bachstelze<br />

Be Brandente<br />

Bhf Bluthänfling<br />

Bz Birkenzeisig<br />

Do Dohle<br />

Fn Fasan<br />

Gg Gartengrasmücke<br />

Gs Gelbspötter<br />

Hsp Haussperling<br />

Ki Kiebitz<br />

Km Kohlmeise<br />

Loe Löffelente<br />

Mg Mönchsgrasmücke<br />

Rs Rotschenkel<br />

R Ringeltaube<br />

S Star<br />

Sr Sumpfrohrsänger<br />

Ste Stockente<br />

Th Teichhuhn<br />

Tr Teichrohrsänger<br />

Wo Waldohreule<br />

Zi Zilpzalp<br />

Zk Zaunkönig


Abb. 6: Nistplätze im südöstlichen Binnengroden von Neuwerk (Stand 1996).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 57


Insel Neuwerk/Binnengroden<br />

58<br />

Nicht nur die unberührte Natur, sondern auch die vom Menschen geschaffenen Kulturlandschaften können wertvolle Lebensräume<br />

für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt darstellen. Erst in diesen Kulturlandschaften konnten einige Arten geeignete<br />

Lebensbedingungen finden und sich hier dauerhaft ansiedeln. Auch im Binnengroden hat die kleinräumig strukturierte,<br />

von der Landwirtschaft geprägte, Landschaft zu einer reichhaltigen Artenvielfalt in der wirbellosen Tierwelt geführt.<br />

Die wirbellose Tierwelt im Binnengroden<br />

Der Binnengroden von Neuwerk wird überwiegend landwirtschaftlich<br />

genutzt und bietet weithin das Bild einer traditionellen<br />

intakten Kulturlandschaft. Die Nutzungsintensität der binnendeichs<br />

gelegenen Flächen Neuwerks ist im Vergleich zu den landwirtschaftlichen<br />

Flächen auf dem benachbarten Festland vergleichsweise<br />

gering. Ackerbau auf kleinen Schlägen, zweischürig<br />

genutzte Wiesen und relativ dünn besetzte Weiden (ca. 2<br />

Tiere/ha) ohne intensive mineralische Düngung kennzeichnen die<br />

in Teilbereichen extensive Landwirtschaft. Kleine Gehölze,<br />

Gräben und Stillgewässer, blütenreiche Hausgärten und<br />

Wegränder sowie Gartenteiche stellen einen vielfältigen und<br />

abwechslungsreichen Lebensraum für wirbellose Tiere - und hier<br />

insbesondere für die Insekten - dar. Obwohl diese Biotope im<br />

Grunde ausreichende Lebensbedingungen für eine artenreiche<br />

wirbellose Tierwelt bereitstellen, ist das Artenspektrum der<br />

Wirbellosen vergleichsweise gering. Die Insellage Neuwerks<br />

erschwert oder verhindert sogar die Einwanderung von vielen<br />

Tierarten. Größere Arten wie z.B. einige Großlibellen und<br />

Wanderfalter sind in der Lage, im Zuge ihrer Ausbreitungsflüge<br />

die Insel durch aktiven Flug zu erreichen, während die kleineren<br />

Arten mit dem Süd-West-Wind auf die Insel verdriftet, vom Meer<br />

angespült oder im Vogelgefieder transportiert werden können.<br />

Auch die Schiffsverbindung von Cuxhaven nach Neuwerk wird<br />

von manchen Insekten als Passage genutzt, ebenso kann ein<br />

Transport mit den Wattwagen oder Versorgungstraktoren für kleine<br />

und heimliche Arten vermutet werden.<br />

Libellen<br />

Libellen gehören zu den auffälligen und sehr ausbreitungsfreudigen<br />

Insekten. Daher verwundert es, wenn im Gegensatz zu der für<br />

Libellen nicht besiedelbaren Insel Scharhörn, nur sehr vereinzelte<br />

Beobachtungen von Libellen auf Neuwerk vor der Einrichtung<br />

des <strong>Nationalpark</strong>s bekannt waren. Eine systematische Libellenerfassung<br />

an den Binnengewässern Neuwerks im Jahr 1995 zeigte<br />

jedoch, dass ein Arteninventar von sechs Großlibellen- und drei<br />

Kleinlibellenarten dort lebt. Alle beobachteten Arten traten nur in<br />

geringer Häufigkeit auf. Eine Ausnahme bildete die Große Pech-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

libelle, die in großer Anzahl an allen untersuchten Gewässern<br />

nachgewiesen wurde. Zwei der angetroffenen Arten gelten im<br />

Bundesgebiet als "gefährdete" bzw. "stark gefährdete" Art: die<br />

Gefleckte Heidelibelle, die in vegetationsreichen Kleingewässern<br />

ihren Hauptlebensraum hat und der Spitzenfleck, der im Norden<br />

Deutschlands nur sehr lokal und weit versprengt an Gewässern<br />

mit Röhrichten vorkommt.<br />

Die letzten Überspülungen des Deiches und Versalzungen des<br />

Bodens und der Gewässer liegen weniger als 25 Jahre zurück.<br />

Daher scheint es plausibel, dass die auf Neuwerk vorkommenden<br />

Arten brackwassertolerant sein mußten. So erträgt die Larve der<br />

Großen Pechlibelle einen Salzgehalt von 5 bis 11 ‰ und auch die<br />

Gemeine Binsenjungfer toleriert immerhin noch eine Salinität<br />

von 2 ‰. Von der Großen Königslibelle ist bekannt, dass sie auch<br />

an Meeresstränden vorkommt und die Gemeine Heidelibelle erträgt<br />

bis zu 9,4 ‰. Allerdings zeigte sich entgegen den Erwartungen,<br />

dass im Binnengroden im Erfassungsjahr keine brackigen<br />

Wasserverhältnisse mehr vorlagen (maximal 0,8 ‰ Salzgehalt).<br />

Die Große Pechlibelle und die Hufeisen-Azurjungfer konnten<br />

1995 als bodenständig auf Neuwerk nachgewiesen werden, da<br />

sowohl Paarungen beobachtet als auch Larven dieser Arten<br />

gefunden werden konnten. Auch die Vierflecklibelle und die<br />

Gemeine Heidelibelle wurden bei der Fortpflanzung beobachtet<br />

und könnten somit bodenständig sein.<br />

Heuschrecken<br />

Zu den charakteristischen Artengruppen einer Kulturlandschaft<br />

zählen die Heuschrecken. Viele dieser Arten benötigen als Lebensraum<br />

die von der Landwirtschaft geschaffenen Wiesen,<br />

Weiden und Brachen, andere siedeln gern in Gehölzen, auch um<br />

Häuser und Gehöfte. Einige Arten, wie das Heimchen , haben ihre<br />

Lebensstätte sogar in den Wohnungen und Ställen gefunden.<br />

Eine umfassende Erfassung der Heuschreckenfauna Neuwerks<br />

fand im Jahr 1995 statt. Von den insgesamt 7 auf Neuwerk nachgewiesenen<br />

Arten (siehe Seite 59) war die häufigste Art der<br />

Weißrandige Grashüpfer. Er ist sehr zahlreich und in nahezu allen<br />

Lebensräumen des Neuwerker Binnengrodens zu finden. Der<br />

Braune Grashüpfer dagegen kommt nur sehr vereinzelt vor und<br />

ist fast ausschließlich auf die gering bewachsene und stark<br />

besonnte Deichbefestigung beschränkt.<br />

Die Kurzflügligle Beißschrecke und die Kurzflüglige Schwertschrecke<br />

bleiben in ihrem Vorkommen auf die Begleitflora der<br />

binnendeichs gelegenen Gräben beschränkt. Beide Arten werden<br />

inzwischen als "gefährdet" eingestuft: die Schwertschrecke in der<br />

Roten Liste der Bundesrepublik und die Beißschrecke in der des<br />

deutschen <strong>Wattenmeer</strong>raumes. Der in den letzten Jahren allgemein<br />

verzeichnete starke Bestandsrückgang dieser Arten beruht<br />

auf einem flächendeckenden Lebensraumverlust. Die für sie unverzichtbaren<br />

Feuchtwiesen und vegetationsreichen Gräben fallen<br />

einer immer intensiver betriebenen Landwirtschaft zum Opfer.<br />

Das Große Grüne Heupferd und die Eichenschrecke sind typische<br />

Bewohner der Gebüsche bzw. der Gehölze. Sie haben ihre Hauptvorkommen<br />

auf der gehölzreichen Turmwurt.<br />

Der Gesang des Heimchens konnte mehrere Jahre hindurch regelmäßig<br />

auf einem großen Komposthügel an der Kläranlage vernommen<br />

werden.<br />

Vier der auf Neuwerk vorkommenden Arten sind langflüglig, drei<br />

Arten jedoch kurzflüglig. Dies überrascht deshalb, weil die kurzflügligen<br />

Arten nur über ein eingeschränktes Flugvermögen verfügen<br />

und auf einer Insel wegen der zu überwindenden großen<br />

Entfernung zum Festland hauptsächlich sehr mobile Tiere zu<br />

erwarten sind.<br />

Schmetterlinge<br />

Den weitaus größten Anteil an tagaktiven Großschmetterlingen<br />

stellt die Gruppe der Wanderfalter, zu denen der Distelfalter und<br />

der Admiral zählen. Diese vermögen aufgrund ihrer sehr guten<br />

und ausdauernden Flugfähigkeit die Insel bei ruhigeren Wetterlagen<br />

aktiv anzufliegen. Andere Arten werden durch den Wind<br />

verdriftet oder wurden bei einer "Schiffspassage” nach Neuwerk<br />

beobachtet. Diese "Passagiere” wie z.B. Zitronenfalter und<br />

Kleiner Kohlweißling werden vermutlich durch Abfallbehälter<br />

und Kioske auf dem Schiff angelockt.<br />

Unter den Falterarten auf Neuwerk gibt es nur sehr wenige Arten,<br />

die an bestimmte Lebensräume oder ein sehr eng begrenztes<br />

Spektrum von Futterpflanzen gebunden sind. Die überwiegende<br />

Zahl ist statt dessen wenig spezialisiert und kann daher viele<br />

unterschiedliche Lebensräume und Pflanzen für ihre Ernährung<br />

nutzen. Besonders nektarreiche Blütenpflanzen und Raupenfutterpflanzen<br />

finden die Falter an den blütenreichen Wegrändern,<br />

in den kleineren Ruderalflächen und in manchen Hausgärten.<br />

In diesen Bereichen lassen sich die Falter deshalb auch<br />

besonders häufig beobachten.


Abb. 1: Die Gemeine Heidelibelle (ein Weibchen) lebt an<br />

den Tümpeln auf der Insel. Foto Janke.<br />

Abb. 2: Die Große Pechlibelle ist die häufigste Libellenart<br />

auf Neuwerk. In der Nähe der Gewässer kann sie bei der<br />

Fortpflanzung beobachtet werde. Foto Hecker.<br />

Abb. 3: Der Weiher auf der Turmwurt ist ein typischer Lebensraum<br />

für Libellen der Stillgewässer. Foto Krüger-Hellwig.<br />

Wissenschaftlicher Deutscher Name<br />

Artenname<br />

Großlibellen:<br />

Anax imperator Große Königslibelle<br />

Aeshna cyanea Blaugrüne Mosaikjungfer<br />

Libellula fulva Spitzenfleck<br />

Libellula quadrimaculata Vierfleck<br />

Sympetrum flaveolum Gefleckte Heidelibelle<br />

Sympetrum vulgatum Gemeine Heidelibelle<br />

Kleinlibellen:<br />

Coenagrion puella Hufeisen-Azurjungfer<br />

Ischnura elegans Große Pechlibelle<br />

Lestes sponsa Gemeine Binsenjungfer<br />

Heuschrecken:<br />

Acheta domestica Heimchen<br />

Chorthippus albomarginatus Weißrandiger Grashüpfer<br />

Chorthippus brunneus Brauner Grashüpfer<br />

Conocephalus dorsalis Kurzflügl. Schwertschrecke<br />

Metrioptera brachyptera Kurzflüglige Beißschrecke<br />

Tettigonia viridissima Grünes Heupferd<br />

Meconema thalassinum Gemeine Eichenschrecke<br />

Abb. 4: Der Weißrandige Grashüpfer gehört zu den charaktieristischen<br />

Heuschrecken der Grünlander im<br />

Neuwerker Binnengroden. Foto Borsch.<br />

Abb. 5: Das Heimchen nutzt auf Neuwerk besonders die<br />

landwirtschaftlich genutzten Gebäude als Lebensraum.<br />

Foto Hecker.<br />

Abb. 6: Die auffälligen Admirale besuchen Neuwerk häufig<br />

auf ihren ausgedehnten Wanderungen. Foto Hecker.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 59


Insel Neuwerk/Binnengroden<br />

60<br />

Auch in <strong>Nationalpark</strong>en kann eine naturverträgliche Landnutzung in eng begrenzten Räumen und zum Zweck von besonderen<br />

Erhaltungsmaßnahmen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten oder zum Erhalt der alten hergebrachten Lebensformen<br />

der dortigen Einwohner gestattet sein, soweit diese den <strong>Nationalpark</strong> als Ganzes nicht nachhaltig beeinträchtigen.<br />

Nutzungen im Binnengroden<br />

Die Internationale Naturschutzunion (IUCN), die 1948 gegründete<br />

Dachorganisation aus Regierungen und Nichtregierungsorganisationen<br />

zum Schutz der Natur, hat weltweit gültige Definitionen<br />

für die Ausweisung und das Management von <strong>Nationalpark</strong>en<br />

verabschiedet, die heute überall als verbindliche Richtlinien gelten.<br />

Danach sind Nutzungen in einem <strong>Nationalpark</strong> nicht grundsätzlich<br />

auszuschließen, sie dürfen allerdings den Zielen des<br />

<strong>Nationalpark</strong>es nicht abträglich sein und nur auf geringem<br />

Flächenanteil stattfinden. Da, wie im <strong>Nationalpark</strong>gesetz festgelegt,<br />

die wirtschaftliche Existenz der auf der Insel Neuwerk<br />

lebenden Bevölkerung gewährleistet bleiben soll, dient der eingedeichte<br />

Binnengroden als Wohn- und Wirtschaftsraum für Inselbewohner.<br />

In den letzten Jahren hat er sich zum Service-Bereich<br />

für die <strong>Nationalpark</strong>besucher entwickelt.<br />

Fremdenverkehr und Naherholung<br />

Der Fremdenverkehr stellt die bedeutendste Erwerbsquelle der<br />

auf Neuwerk ansässigen Bevölkerung dar. Dieser Erwerbszweig<br />

nimmt jedoch nur einen geringen Anteil der Fläche in Anspruch.<br />

Acht Betriebe bieten Betten für Übernachtungen in unterschiedlichen<br />

Kategorien an, dazu kommen Privatvermieter, Strohlager<br />

und Campingplätze. Weiterhin werden zwei Jugendzeltlager und<br />

zwei Landschulheime dauerhaft auf Neuwerk unterhalten. Die<br />

z.T. langjährigen Dauergäste suchen besonders Erholung im<br />

Naturerlebnis auf der Insel und im Watt. Dieses eher unauffällig<br />

ablaufende Tourismusgeschäft wird an wenigen Stunden am Tage<br />

überlagert, wenn die Tagesgäste eintreffen. Abhängig von der<br />

Tide erreichen die Ausflügler zu unterschiedlichen Zeiten entweder<br />

zu Fuß, mit den Pferdekutschen oder mit dem Fährschiff die<br />

Insel. In Spitzenzeiten prägen bis zu 2000 Tagesgäste, die sich<br />

hauptsächlich im Binnengroden und auf dem Deich aufhalten,<br />

nachhaltig das Bild der Insel.<br />

Landwirtschaftliche Nutzungen<br />

Die Insel Neuwerk ist in ihrer Landschaftsstruktur maßgeblich<br />

von der Landwirtschaft als traditioneller Kulturform geprägt. Die<br />

historische Entwicklung der Landwirtschaft wurde wesentlich<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

von der Eindeichung und Befestigung der Insel seit 1556 bestimmt.<br />

Nach Errichtung der ersten Deiche wurden im Binnengroden<br />

auf den relativ leichten, sandigen Böden Roggen, Weizen,<br />

Gerste, Hafer und Bohnen angebaut. Im Ostteil wurde Heu zur<br />

Winterfütterung gemäht. Die derzeitige Nutzung der landwirtschaftlichen<br />

Flächen weicht jedoch erheblich von der früherer<br />

Jahre ab.<br />

Zur Zeit wirtschaften drei landwirtschaftliche Betriebe auf der<br />

Insel, deren Existenz jedoch nicht ausschließlich auf der Landwirtschaft,<br />

sondern auch auf den Einnahmen aus dem Fremdenverkehr<br />

beruht. Die Viehhaltung ist traditioneller Schwerpunkt<br />

der Landwirtschschaft auf Neuwerk. Sowohl die Kutschpferde<br />

der Neuwerker Kutschen als auch Pensionspferde und Pensionsrinder<br />

weiden derzeit auf den Grünlandflächen.<br />

Der Anteil an Ackerflächen auf der Insel macht mit weniger als<br />

10 ha nur einen geringen Teil der landwirtschaftlichen Flächen<br />

des Binnengrodens aus.<br />

Eine Besonderheit stellt die Ausrichtung eines der Betriebe auf<br />

das Training von Sportpferden (Traber und Galopper) im Watt<br />

sowie die Betreuung und Genesung von Pferden, die an Lunge<br />

oder Bewegungsapparat erkrankt sind, dar.<br />

Naturschutz<br />

Um die von der Landwirtschaft geprägte Kulturlandschaft im<br />

Binnengroden zu erhalten, ist Neuwerk als ein Schwerpunkt des<br />

hamburgischen Programms zum Naturschutz in der Kulturlandschaft<br />

ausgewählt worden. Inzwischen ist es gelungen, mehr als<br />

die Hälfte der landwirtschaftlichen Flächen in die Extensivierungsverträge<br />

dieses Programmes einzubinden, um die<br />

Grünlandflächen im Einvernehmen mit den Landwirten durch<br />

entsprechende Bewirtschaftungsformen für die erfolgreiche<br />

Aufzucht von bedrohten Wiesenvögeln zusätzlich nutzen zu können.<br />

(siehe auch Seite 54)<br />

Verkehr<br />

Neuwerk ist bis auf Traktoren, einem Müllwagen und einigen<br />

Fahrzeugen des Bauhofes eine kraftfahrzeugfreie Insel. Demzu-<br />

folge ist auch das Wegenetz auf der Insel nur gering ausgebaut.<br />

Während die für den Hochwasserschutz wichtigen Rundwege am<br />

binnenseitigen Deichfuß und der ”Mittelweg” mit Betonverbundsteinen<br />

gepflastert sind, wurden die anderen Wege nur als<br />

Fuß- und Fahrwege für Traktoren ausgelegt. Charakteristisch sind<br />

die mit Klinkern ausgebauten Wege an der Turmwurt und auf der<br />

Deichkrone.<br />

Bauen<br />

Die bestehende Bebauung bietet z.T. den Aspekt einer dörflichen<br />

Streusiedlung, wird jedoch durch die Existenz kleingewerblicher<br />

Familienbetriebe der Tourismusbranche überformt.<br />

Einzelne bauliche Anlagen, insbesondere die der Ver- und<br />

Entsorgung dienenden Flächen, stören den Gesamteindruck einer<br />

dörflichen Umgebung.<br />

Jagd<br />

Grundsätzlich ist die Jagd im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> durch das <strong>Nationalpark</strong>gesetz vom 9. April 1990 auf<br />

der Gesamtfläche verboten. Seit Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s werden<br />

jedoch Befreiungen aufgrund des § 48 HmbNatSchG für von<br />

der Stadt bestimmte Jagdbeauftragte auf der Insel Neuwerk für<br />

die Jagd ausschließlich auf Hasen und Fasane erteilt, soweit deren<br />

Bestand die Bejagung zulässt. Mit der Jagderlaubnis ist die<br />

Verpflichtung zur Ausübung des Jadgschutzes verknüpft. So werden<br />

z.B. wildernde Katzen außerhalb der Gehöftflächen erlegt.<br />

Ausblick<br />

Die Bewirtschaftung des Neuwerker Binnengrodens zeigt, dass<br />

die natur- und kulturverträgliche Nutzung von geringen Teilflächen<br />

in einem <strong>Nationalpark</strong> (hier weniger als 1%) sich auf die<br />

Ziele des <strong>Nationalpark</strong>s durchaus positiv auswirken kann. Durch<br />

entsprechende Darstellung und begleitende umweltbildende<br />

Aktionen können ressourcenschonende und ökologisch sinnvolle<br />

Maßnahmen vielen Besuchern verständlich gemacht werden und<br />

so zur Nachahmung anregen. Beispielhaft ist auf Neuwerk bereits<br />

die Extensivierung der Landwirtschaft, ebenso wie die fortschreitende<br />

Nutzung der Solarenergie.


Abb. 2: Landwirtschaftliche Nutzflächen im<br />

westlichen Binnengroden. Im Vordergrund<br />

ragt das Dach vom "Haus Brodkorb” aus<br />

dem Wäldchen nördlich der Turmwurt heraus.<br />

Foto Janke (August 1999).<br />

Flächen im Extensivierungsprogramm<br />

Wegenetz<br />

Biotop- und Nutzungstypen<br />

Grünland<br />

Grünflächen<br />

Gehölze<br />

Ackerland<br />

Landwirtsch. Lagerflächen<br />

Siedlung/Gewerbe<br />

Ver- und Entsorgungsflächen<br />

Grünland<br />

75%<br />

Gewässer<br />

2 %<br />

Gehölze<br />

5 %<br />

sonstige Grünflächen<br />

3 %<br />

Kraut-/Staudenflur<br />

Aufschüttungsflächen<br />

Sumpf<br />

Stillgewässer<br />

Fließgewässer<br />

Verkehrsflächen<br />

Gebäude<br />

100 0 300 m<br />

Abb. 1: Flächenhafte Darstellung der Nutzungen im Binnengroden von Neuwerk (Stand 1999).<br />

Ackerflächen<br />

8 %<br />

Ruderalfluren/Brachen<br />

2,5 %<br />

Siedlungs- u.<br />

Gewerbeflächen<br />

4 %<br />

Verkehrsflächen<br />

0,5 %<br />

Abb. 3: Anteil der Flächennutzungen an der Gesamtfläche des<br />

Binnengrodens (Stand 1999).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 61


Insel Neuwerk/Vorland<br />

62<br />

Als Vorland oder Außengroden wird auf Neuwerk der Bereich zwischen der MThw-Linie und dem seewärtigen Deichfuß des<br />

Ringdeiches bezeichnet. Die in dem etwa 180 ha großen Vorland vorherrschenden Salzwiesen unterscheiden sich deutlich<br />

von allen anderen an der deutschen <strong>Wattenmeer</strong>küste.<br />

Pflanzenwelt und Vegetation im Vorland<br />

Aufgrund der besonderen Strömungsbedingungen rund um<br />

Neuwerk besteht nur im Norden und Osten der Insel ein Vorland.<br />

Ein Sommerdeich umschließt den überwiegenden Teil des Vorlandes.<br />

Der Bodenaufbau wird durch wiederholten Wechsel von Kleiund<br />

Sandauflagen gekennzeichnet; an der Oberfläche dominieren<br />

nährstoffarme und wasserdurchlässige Sande.<br />

Insgesamt besteht im Vorland von Neuwerk ein äußerst bewegtes<br />

Kleinrelief im Meso-Maßstab, das wesentlichen Einfluss auf die<br />

Vegetationsstrukturen nimmt.<br />

Kleinflächige Veränderungen entstehen durch Kleiabbauflächen,<br />

Sodenstichbereiche sowie inzwischen überwachsene Schotterterrassen<br />

und Fahrwege von vormaligen Deichbaumaßnahmen.<br />

Zudem führen in der überwiegend sandigen Auflage Eisgang und<br />

starke Hochwässer leicht zu Bodenverletzungen wie Abschürfungen<br />

und Auskolkungen, Prielverläufe können abgeriegelt oder<br />

geändert werden, Sandaufspülungen treten immer wieder auf und<br />

in einigen Bereichen lagern sich Treibselmengen ab. Natürlich<br />

verlaufende Priele und stellenweise abgedämmte Prielreste sowie<br />

die Entwässerungsgräben des Deichfußes und einzelne tiefliegende<br />

und zeitweilig mit Wasser gefüllte Senken tragen wesentlich<br />

zur Biotop- und Vegetationsvielfalt bei.<br />

Aufgrund der besonderen Boden- und Bewirtschaftungsverhältnisse<br />

besteht keine einheitliche Vegetationsstruktur; da die<br />

kleinräumig wechselnden Standortfaktoren jeweils spezifische<br />

Vegetationseinheiten hervorbringen, die mosaikartig miteinander<br />

verzahnt sind. Neben Brackwasserröhrichten und Knickfuchsschwanz-<br />

oder Straußgras-Flutrasen treten großflächige mit mehr<br />

oder weniger Quecken bestandene Salzwiesen, Magerrasen und<br />

Dünenreste auf. Somit entsprechen die größten Teile des<br />

Vorlandes nicht dem typischen Bild des Vorlandes an den Küsten<br />

des <strong>Wattenmeer</strong>es, sondern eher dem stark mosaikartig verzahnten<br />

Biotopkomplex der Ästuar-Salzwiesen.<br />

Generell sind die Salzwiesen im Vorland durch ein Zurücktreten<br />

von salzzeigenden Pflanzen gegenüber den typischen Wiesen-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

arten von Grünländern mit durchschnittlicher Nährstoffversorgung<br />

gekennzeichnet. Charakteristische Arten sind die in<br />

geringem Maße salztoleranten Arten Erdbeer-Klee, Herbst-<br />

Löwenzahn und Roter Zahntrost. Einen wesentlichen Einfluss auf<br />

die charakteristische Ausprägung des Vorlandes übt der Sommerdeich<br />

aus, da er selbst in sturmreichen Wintern nur noch gelegentliche<br />

Überflutungen gestattet. Vor dem Sommerdeich sind die<br />

Salzwiesen dagegen in charakteristischer Weise ausgeprägt,<br />

wobei sich je nach Beweidungsart und –intensität sowie der<br />

Höhenlage Andelrasen und Rot-Schwingelrasen gebildet haben.<br />

Obwohl die Beweidungsintensität im Vorland stellenweise sehr<br />

hoch ist und zu einem weitgehenden Ausfall charakteristischer<br />

Salzwiesenpflanzen geführt hat, bietet das Vorland von Neuwerk<br />

eine Vielzahl von sehr interessanten Vegetationseinheiten und<br />

bedeutsamen Arten für das <strong>Wattenmeer</strong>. So hat sich in den<br />

lückenhaften, kurzrasigen Bereichen, vor allem auf den nährstoffarmen,<br />

wasserdurchlässigen Sanden und dem Sommerdeich, ein<br />

Mager- und Trittrasen mit dem Dünnschwanz, verschiedenen<br />

Mastkraut-Arten und Dänischem Löffelkraut ausgebreitet. In den<br />

Prielen ist neben der vorherrschenden Meersalde bereichsweise<br />

der Brackwasser-Hahnenfuß vertreten. Vereinzelt wachsen an den<br />

Prielrändern auch Strand-Segge, Entferntährige Segge und<br />

Küsten-Gelb-Segge.<br />

Ein besonders wertvolles floristisches Kleinod stellen die seit<br />

1988 unbeweideten Salzwiesen im Südosten der Insel dar. Aus<br />

den bis dato artenarmen und intensiv verbissenen Andelrasen<br />

haben sich artenreiche Salzwiesenkomplexe aus unteren,<br />

verschiedenen oberen Salzwiesen und Übergängen zu Spülsäumen,<br />

Queller- und Schlickgrasfluren entwickelt. Lediglich an<br />

den immer noch mehr oder weniger geradlinigen Verläufen der<br />

ehemaligen Grüppen kann die künstliche Entstehung erkannt<br />

werden.<br />

Weitere Entwicklung<br />

Im Vorland können inzwischen Entwicklungen beobachtet werden,<br />

die nicht auf die Regeneration der Salzwiesen hindeuten. In<br />

einigen, nur noch sehr selten überfluteten Bereichen sind außer<br />

Rotschwingel inzwischen keine weiteren charakteristischen<br />

Salzpflanzen mehr vorhanden. Andere Gebiete, vor allem im<br />

Bereich der tieferliegenden ehemaligen Kleiabbauflächen entlang<br />

der Priele, sind dagegen noch von typischen Strand-Grasnelken-<br />

Wiesen bestanden, am Rand der Priele erstreckt sich zumeist<br />

noch ein sehr schmales Band eines Andelrasens.<br />

In dem nur zwischen August und Oktober beweideten Ostvorland<br />

breiten sich die für eine extensive oder reduzierte Beweidungsintensität<br />

typischen Brachepflanzen aus. Neben dem Auftreten<br />

von Zeigerpflanzen für nährstoffreiche Böden, wie z.B. Disteln<br />

an den Brutplätzen der Seevögel, sind es starke Queckenbestände<br />

und dichte Gestrüppe des Dornigen Hauhechel, der aufgrund seiner<br />

ab einer bestimmten Größe auftretenden Stachligkeit vom<br />

Weidevieh verschmäht wird.<br />

Ein Vorkommen interessanter Pflanzengesellschaften, das<br />

Auftreten gefährdeter Arten und bereichsweise natürlich anmutende<br />

Pflanzenbestände können aber nicht darüber hinwegtäuschen,<br />

dass im Vorland von Neuwerk zwei Phänomene offensichtlich<br />

werden:<br />

• die intensive Beweidung führt zum Verlust charakteristischer,<br />

aber beweidungsempfindlicher Salzpflanzen (siehe Seite 72),<br />

• die durch den Sommerdeich hervorgerufene geringe Überflutungshäufigkeit<br />

fördert typische Wiesenpflanzen der binnenländischen<br />

Grünländer, die salztoleranten Pflanzen werden<br />

verdrängt.<br />

Obwohl das Vorland von Neuwerk seit jeher wesentlich von<br />

Eingriffen des Menschen bestimmt war, können gezielte<br />

Management-Maßnahmen die Entwicklung zu größerer Naturnähe<br />

steuern. Dabei schlägt der Naturschutz eine Gratwanderung<br />

ein. Die derzeitige Nutzung fördert die Erhaltung eines kurzrasigen,<br />

relativ nährstoffarmen Salzgrünlandes als Standort seltener<br />

und charakteristischer Pflanzen sowie einen wertvollen Brut-,<br />

Rast- und Nahrungsraum für Limikolen und Entenvögel. Für eine<br />

naturnähere Entwicklung der Salzwiesen im Vorland ist eine<br />

engere Verknüpfung von Teilen des Vorlandes mit dem<br />

Tidegeschehen und dem damit verbundenen Eintrag von Salz in<br />

den Boden erforderlich.


Abb. 2: Im Frühsommer blüht weithin<br />

im Vorland das Tausendgüldenkraut.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 3: Dorniger Hauhechel im östlichen Vorland.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 4: Untere Salzwiese auf Neuwerk mit bühendem<br />

Strandflieder. Foto Janke.<br />

Anleger<br />

NORDVORLAND<br />

Turmwurt<br />

Abb. 5: Strand-Grasnelke im<br />

Nordvorland. Foto Janke.<br />

Ostbake<br />

OSTVORLAND<br />

Küstenschutzbauwerke<br />

Deich<br />

Wasser<br />

Küstenwatt ohne Bewuchs<br />

Küstenwatt mit Bewuchs<br />

Untere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />

Untere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />

Obere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />

Obere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />

Salzwiese der Ästuare<br />

Queckenbestände der oberen Salzwiese<br />

Trittrasen auf Schotter im Vorland<br />

Sodenentnahmeflächen<br />

offene Flächen im Vorland<br />

Priel<br />

Ufer- und Verlandungsbereich<br />

100 0 500 m<br />

Abb. 6: Dänisches Löffelkraut.<br />

Foto Janke.<br />

Abb.1:Verteilung der Biotoptypen im Vorland von Neuwerk.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 63


Insel Neuwerk/Vorland<br />

64<br />

Das Neuwerker Vorland ist nicht nur für die Landwirtschaft und die Ausbreitung von Salzwiesen auf der Insel von großer<br />

Bedeutung, auch für die arten- und zahlenreiche Vogelwelt stellt es ein wichtiges Brut-, Rast- und Nahrungsgebiet im Elbe-<br />

Mündungsgebiet dar.<br />

Die Brut- und Rastvögel im Vorland<br />

Seevogelkolonien mit über 2000 Brutpaaren, vornehmlich<br />

Flussseeschwalben, sind bereits seit dem letzten Jahrhundert für<br />

das Vorland von Neuwerk belegt, doch bis zur Mitte dieses<br />

Jahrhunderts schrumpften sie bis auf nur noch wenige Paare<br />

zusammen. Dieser extreme Rückgang führte zu intensiven<br />

Schutzbemühungen. Die Ausweisung als Naturschutzgebiet<br />

Neuwerk/Kleiner Vogelsand im Jahre 1982 war der erste Schritt,<br />

dem nach einer erweiterten Naturschutzgebietsausweisung im<br />

Jahr 1986 die Ausweisung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> im Jahr 1990 folgte. Die im <strong>Nationalpark</strong>gesetz für<br />

das Vorland festgelegten Schutzbestimmungen sollen einerseits<br />

eine landwirtschaftliche Nutzung ermöglichen, andererseits soll<br />

durch ein entsprechendes Bewirtschaftungsmanagement der<br />

Bedeutung des Vorlandes für die Neuwerker Vogelwelt Rechnung<br />

getragen werden. Insbesondere der Schutz der Seevogelkolonien<br />

führte zu einer Regelung, nach der die Beweidung im Ostvorland<br />

– dem Standort der größten Kolonien – erst ab 1. August eines<br />

jeden Jahres ermöglicht wird.<br />

Brutkolonien<br />

Die Schutzbemühungen, das Management und das Wegegebot im<br />

Ostvorland zeigen bereits nach wenigen Jahren Erfolge. Die<br />

Seevogelkolonien haben sich deutlich vergrößert. Dominiert werden<br />

die Kolonien von der Lachmöwe, die mit mehr als 2000<br />

Brutpaaren die Insel bevölkert und damit zahlenmäßig stärkster<br />

Brutvogel der Insel ist. Fluss- und Küstenseeschwalbe brüten<br />

regelmäßig mit über 200 Paaren, die auf mehrere Kolonien verteilt<br />

sind. Die Seeschwalben legen ihre Gelege zumeist am Rande<br />

der Lachmöwenkolonien ab und profitieren so von deren Schutz.<br />

Der Säbelschnäbler - eine Charakterart des <strong>Wattenmeer</strong>es - hat<br />

sich wieder als Brutvogel etabliert. Er nistet in direkter Prielnähe.<br />

Mit der Zwergseeschwalbe brütet eine gegenüber Störungen<br />

hochsensible und sehr seltene Seeschwalbenart im Neuwerker<br />

Vorland, doch tritt sie bislang nur unregelmäßig und dazu in kleinen<br />

Koloniestärken auf. Lediglich zwei bis drei Brutpaare sind in<br />

den letzten Jahren nachgewiesen worden. Ihr besonderes Brutgebiet<br />

sind die offenen Dünenbereiche in dem vom Betreten<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

geschützten Bereich des Ostvorlandes.<br />

Auch für die größeren Möwenarten gewinnt Neuwerk als<br />

Brutgebiet an Bedeutung. In den Bereichen vor dem Sommerdeich<br />

haben sich Silbermöwen angesiedelt. Mehr als 90 Brutpaare<br />

können auf Neuwerk gezählt werden, inzwischen brüten<br />

auch einige Sturmmöwen inmitten der Silbermöwenkolonien, in<br />

manchen Jahren auch Heringsmöwen.<br />

Weitere Brutvögel<br />

Das Artenspektrum in den Salzwiesen vervollständigen Sandregenpfeifer,<br />

Rotschenkel, Austernfischer, Kiebitz, Feldlerche<br />

und Wiesenpieper. Vereinzelt brüten Stockenten, Brandenten und<br />

Bachstelzen im Vorland oder in den Küstenschutzbauwerken. Der<br />

Sandregenpfeifer siedelt vorwiegend in den sandigen, offenen<br />

Erosions- und Aufspülungsflächen in der Nähe offener Sandflächen<br />

am Sommerdeich. Aktuell können jedes Jahr etwa 15 bis<br />

20 Brutpaare gezählt werden. Früher brütete auch der Seeregenpfeifer<br />

auf Neuwerk, doch seit 1991 hat er die Insel verlassen, da<br />

sie seinen Ansprüchen an vegetationsfreie, offene Bruthabitate<br />

offenbar nicht mehr genügte (siehe auch Seite 102).<br />

Der Kiebitz bevorzugt das kurzrasige, intensiv beweidete<br />

Nordvorland und profitiert so von extensiv betriebener Landwirtschaft,<br />

während der Rotschenkel seine Niststandorte in langgrasigeren<br />

Beständen in geschützten Bereichen und im Ostvorland<br />

anlegt. Der auffälligste Brutvogel im Vorland - einmal<br />

abgesehen von den Lachmöwen-Kolonien - ist der Austernfischer,<br />

der fast gleichmäßig im gesamten Vorland verteilt ist.<br />

Sein auffälliges Balzverhalten und seine aggressive Gelegeverteidigung<br />

machen einen Spaziergang durch das Vorland zu einem<br />

"spielfilmreifen Erlebnis". Der Austernfischer ist der Charaktervogel<br />

Neuwerks schlechthin.<br />

Rastvögel<br />

Noch augenfälliger als das Brutgeschäft im Vorland ist das alltägliche<br />

Rastgeschehen zu beobachten. Die Vorländer dienen als<br />

Rastplatz für Wat- und Seevögeln, die ihre Nahrung im Watt um<br />

Neuwerk oder in den nordöstlichen Watten um die Scharhörnplate<br />

suchen. Wenn zur Hochwasserzeit die Vögel sich im Vorland<br />

sammeln, finden sich viele Arten ein, die zumeist traditionelle<br />

Rastplätze beziehen. Besonders tief liegende Bereiche entlang der<br />

Priele werden von Austernfischer aufgesucht, Vorlandbereiche<br />

vor dem Sommerdeich z.B. von Großen Brachvögeln und<br />

Pfuhlschnepfen. Die Nordspitze der Insel erscheint zuweilen<br />

weiß von Tausenden von rastenden Möwen. Buhnen, Lahnungen<br />

und Steinpackungen (Deckwerke) werden z.B. von Steinwälzern<br />

besucht, auch Kormorane trocknen hier ihre Gefieder.<br />

Zuflucht Neuwerk<br />

Besonders bei sehr schlechten Wetterbedingungen fallen in das<br />

Neuwerker Vorland zu Tausenden Vögel auch aus entfernteren<br />

Gebieten ein, die dort die ungünstige Witterung abwarten. Mehr<br />

als 40.000 Austernfischer können dann dichtgedrängt in langen<br />

Reihen oder auf engstem Raum hinter Steindämmen und auf<br />

Buhnen auf der dem Wind abgekehrten Seite stehen und dort ausharren,<br />

bis der Sturm nachläßt. Auch von anderen Watvögeln können<br />

ähnlich hohe Rastzahlen an Sturmtagen im Frühjahr oder<br />

Herbst erreicht werden. So rasteten am 9. September 1997 rund<br />

35.000 Alpenstrandläufer. Die ansonsten bevorzugten Rastplätze<br />

auf den Sandbänken sind dann weitgehend verlassen.<br />

Zugvögel<br />

Zur Zugzeit im Frühjahr und Herbst werden die Vorländer zu<br />

einem wichtigen Trittstein für wandernde Vögel. Ringelgänse<br />

und Pfeifenten nutzen die Vegetation des Vorlandes (und auch des<br />

Binnengrodens), um sich Fettreserven für ihren langen Flug in die<br />

Brut- bzw. Winterquartiere anzufressen (siehe auch Seite 66 ff.).<br />

Während z.B. von diesen Arten häufig einige Tausend beobachtet<br />

werden können, treten andere dagegen immer nur vereinzelt auf<br />

und sind dadurch sehr unauffällig. Regelmäßig kann der aufmerksame<br />

Beobachter z.B. Bruchwasserläufer, Grünschenkel<br />

oder Regenbrachvogel entdecken, die zumeist nur wenige Tage<br />

im Vorland und in den angrenzenden Watten verbringen.<br />

Auch Singvögel nutzen das Vorland auf ihrem Zug als Rastplatz:<br />

Steinschmätzer, Schafstelze und Rotkehlchen sind dann im<br />

Vorland in wesentlich größeren Mengen zu entdecken als im<br />

Neuwerker Binnengroden.


Brutpaare Brutpaare<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

Flussseeschwalbe Küstenseeschwalbe<br />

1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Abb. 2: Brutbestandsschwankungen von Fluss- und Küstenseeschwalbe<br />

auf Neuwerk.<br />

Lachmöwe<br />

Silbermöwe<br />

0<br />

1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Abb. 3: Brutbestandsentwicklung der Möwen im Vorland von<br />

Neuwerk.<br />

NORDVORLAND<br />

Turmwurt<br />

Abb. 1: Brutvogelkolonien und ihre Verteilung im Neuwerker Vorland (Stand 1996)<br />

Abb. 4: Lachmöwenkolonie in den östlichen Salzwiesen<br />

von Neuwerk. Foto Janke.<br />

Ostbake<br />

OSTVORLAND<br />

Seevogelkolonien<br />

Lachmöwen<br />

Lachmöwen/Seeschwalben<br />

Silbermöwen<br />

Zwergseeschwalben<br />

Einzelbrüter (ausgewählte Arten)<br />

Kiebitz<br />

Rotschenkel<br />

Küstenwatt ohne Bewuchs<br />

Küstenwatt mit Bewuchs<br />

Untere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />

Untere Salzwiese, mit Nutzungseinflus<br />

Obere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />

Obere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />

Salzwiese der Ästuare<br />

Queckenbestände der oberen Salzwiese<br />

Trittrasen auf Schotter im Vorland<br />

Sodenentnahmeflächen<br />

offene Flächen im Vorland<br />

Priel<br />

Ufer- und Verlandungsbereich<br />

100 0 500 m<br />

Abb. 5: Nest eines Austernfischers im<br />

Nordvorland. Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 65


Insel Neuwerk/Vorland<br />

66<br />

Ringelgänse zählen im Frühjahr zu den auffälligsten Tieren der Wattenlandschaft.Viele tausend Tiere zählende Schwärme<br />

bevölkern heute wieder die Salzwiesen und demonstrieren die Bedeutung des <strong>Wattenmeer</strong>es im Lebensablauf dieser Tiere.<br />

Durch die Nutzung auch landwirtschaftlich beanspruchter Flächen stehen die Gänse jedoch im Spannungsfeld zwischen<br />

Naturschutz und Landwirtschaft.<br />

Die Ringelgänse im Vorland<br />

Die häufigsten Gänse des <strong>Wattenmeer</strong>es sind die Ringelgänse<br />

(Branta bernicla). Gemeinsam mit den Weißwangengänsen,<br />

Kanadagänsen und Rostgänsen bilden sie die Gruppe der<br />

Meeresgänse, die sich deutlich von den in der Kulturlandschaft<br />

häufigen "Grauen" Gänsen (Anser spec.) unterscheiden.<br />

Die Ringelgänse Europas trennen sich in zwei Unterarten, die<br />

deutlich unterschiedliche Brut- und Überwinterungsgebiete besitzen:<br />

Die im <strong>Wattenmeer</strong> vorkommende Dunkelbäuchige Ringelgans<br />

(Branta bernicla bernicla) hat ihr zentrales Brutgebiet auf<br />

der Taimyr-Halbinsel in Nord-Sibirien. Ihr Überwinterungsgebiet<br />

Abb. 1: Rastender Schwarm von Ringelgänsen im <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Foto Janke.<br />

liegt in Nordwest-Europa, damit ist sie die im deutschen <strong>Wattenmeer</strong><br />

verbreitetste und häufigste Unterart. Die Hellbäuchige<br />

Ringelgans (Branta bernicla hrota) brütet auf Spitzbergen, Grönland<br />

und im Nordwesten Kanadas. Sie überwintert an der amerikanischen<br />

Atlantikküste, in Nordengland, Irland und Dänemark.<br />

Nur gelegentlich lassen sich vereinzelte Tiere dieser hellbäuchigen<br />

Rasse im deutschen <strong>Wattenmeer</strong> beobachten.<br />

Frühere Bestände der Ringelgänse müssen überwältigend groß<br />

gewesen sein, wie zeitgenössische Berichte vermelden, doch gibt<br />

es keine Bestandsangaben aus diesen Zeiten. Zu Beginn dieses<br />

Jahrhunderts wird der Weltbestand noch mehrere hunderttausend<br />

Tiere umfaßt haben. Dann schrumpften die Bestände der<br />

Ringelgänse bis in die fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts auf nur<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

16.500 Vögel. Intensive Bejagung in den Winterquartieren, auf<br />

dem Zug und in den Brutgebieten und das massenhafte Absterben<br />

des Seegrases, ihrer bevorzugten Winternahrung, führte zu diesem<br />

Rückgang. Seit der Einstellung der Verfolgung und aufgrund<br />

verstärkter Schutzbemühungen verzehnfachte sich der Bestand<br />

innerhalb von 30 Jahren und erreichte sein vorläufiges Bestandshoch<br />

1992 mit etwa 300.000 Exemplaren. In den letzten Jahren<br />

sind wieder deutlich weniger Gänse gezählt worden, was auf<br />

einen geringen Bruterfolg in der sibirischen Heimat und sehr<br />

strenge Winter zurückgeführt wird.<br />

Für mehr als ein Viertel des Jahres ist das <strong>Wattenmeer</strong> die Heimat<br />

der Ringelgänse: während des Zuges im Frühjahr und im Herbst<br />

ist nahezu die gesamte paläarktische Population im <strong>Wattenmeer</strong><br />

vertreten. Wesentlich mehr Gänse als im Herbst kann man im<br />

Frühjahr beobachten, wenn von März bis Ende Mai die Ringelgänse<br />

in die Salzwiesen einfallen, um dort Kräfte für den Zug in<br />

ihre arktischen Brutgebiete zu sammeln und sich Nahrungsreserven<br />

anzufressen. Im Winter weichen sie in die Küstenabschnitte<br />

Englands, Frankreich oder der Niederlande aus, in milden<br />

Wintern überwintern einige Tiere auch im <strong>Wattenmeer</strong> selbst,<br />

vornehmlich in den dänischen und schleswig-holsteinischen<br />

Teilen. Im Frühjahr werden die schleswig-holsteinische und niederländische<br />

Küste bevorzugt aufgesucht. Vereinzelt werden auch<br />

übersommernde Exemplare im <strong>Wattenmeer</strong>bereich angetroffen.<br />

Ringelgänse im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Im Bereich des Hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>s sind Ringelgänse<br />

seit jeher eine vertraute Erscheinung. Bereits in alten vogelkundlichen<br />

Berichten wird von großen Schwärmen mit vielen<br />

Tausenden von Tieren auf Neuwerk berichtet. Seit den vierziger<br />

Jahren wurden auf dem Frühjahrszug jedoch lediglich noch etwa<br />

500 Tiere gezählt. Seither hat sich der Bestand auch aufgrund<br />

internationaler Schutzbemühungen zunächst langsam und anschließend<br />

wieder deutlich erholt. So rasten in den letzten Jahren<br />

auf Neuwerk wieder große Bestände. Ringelgansschwärme von<br />

bis 2000 Exemplaren sind im Mai keine Seltenheit mehr<br />

(Tageshöchstzahlen 1996: 1670; 1997: 2850). Die Herbstbe-<br />

stände sind dagegen deutlich kleiner und erreichen lediglich<br />

Stärken von 600-700 Tieren.<br />

Auch in den Watten vor Scharhörn sind die Ringelgänse regelmäßige<br />

Gäste. Konnten in den achtziger Jahren noch große<br />

Schwärme von über 1000 Tieren bei der Nahrungsaufnahme in<br />

den von der Insel abgelegenen Seegras- und Algenwiesen beobachtet<br />

werden, so rasten die Vögel auf den offenen Wattgebieten<br />

jetzt nur noch kurz.<br />

Ringelgänse sind recht ortstreu, doch nutzen sie mehrere<br />

Nahrungsplätze in einem von ihnen leicht zu erreichenden<br />

Radius. Die Ringelgänse Neuwerks nutzen vermutlich auch die<br />

Salzwiesen an der Wurster Küste, von Trischen und die Algenmatten<br />

vor Scharhörn. Wahrscheinlich werden deshalb auf<br />

Neuwerk von Tag zu Tag stark wechselnde Bestandsgrößen beobachtet.<br />

Ein reich gedeckter Tisch<br />

Ringelgänse sind reine Pflanzenfresser. Aufgrund ihres wenig<br />

effizienten Verdauungssystems sind sie auf leicht verdauliche,<br />

eiweißreiche Nahrung angewiesen. Im Herbst bevorzugen sie<br />

Seegras und Algen, die sie in den Wattflächen unterhalb der<br />

Tidewasserlinie abweiden. Im Frühjahr, wenn Seegras und Algen<br />

nicht zur Verfügung stehen, müssen die Gänse jedoch auf andere<br />

Nahrungspflanzen ausweichen. Sie suchen die Salzwiesen auf<br />

und beweiden dort junge Gräser (Andel, Rot-Schwingel) sowie<br />

einige von ihnen besonders bevorzugte Kräuter (z.B. Strand-<br />

Wegerich und Strand-Aster). Aufgrund des großräumigen<br />

Bestandsrückgangs der Seegraswiesen sind die Gänse nun auch<br />

im Herbst gezwungen, auf den Salzwiesen zu fressen. Selten nur<br />

gehen sie jedoch auf binnendeichs gelegene Grünländer und<br />

Ackerflächen, im Gegensatz z.B. zu Pfeifenten oder Weißwangengänsen,<br />

die gerade auf Ackerkulturen beträchtliche<br />

Schäden anrichten können.<br />

Die Gänse nutzen im Frühjahr sowohl ungenutzte als auch beweidete<br />

Salzwiesen. Allerdings werden extensiv beweidete Flächen<br />

in der Regel deutlich bevorzugt. Eine Nutzungsaufgabe oder<br />

deutliche Beweidungsreduzierung intensiv begraster Salzwiesen<br />

verringert demnach nicht deren Attraktivität für die Ringelgänse.<br />

Im Vorland von Neuwerk wählen die Ringelgänse ihre Rastplätze<br />

offenbar nach verschiedenen Kriterien aus. Neben dem Angebot<br />

an nährstoffreichen Nahrungspflanzen bestimmt die Störungsarmut<br />

die Wahl der von ihnen bevorzugten Standorte, obwohl in<br />

den vergangenen Jahren die Fluchtdistanz der Tiere gegenüber<br />

Menschen deutlich geringer geworden ist.


Tageshöchszahlen rastender Tiere<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Januar Jan. 96 96 März 96 96<br />

Mai 96<br />

Juli 96 Juli 96 September Sep. 96 96 November Nov. 96 96<br />

Abb. 3: Bestandsgröße rastender Ringelgänse auf Neuwerk im Jahr 1996.<br />

NORDVORLAND<br />

Turmwurt<br />

Ostbake<br />

OSTVORLAND<br />

beobachtete<br />

Weideflächen<br />

der<br />

Ringelgänse<br />

Kotmenge (g TG/m 2 )<br />

0 - 0,9<br />

1,0 - 4,9<br />

5,0 - 9,9<br />

10,0 - 14,9<br />

15,0 - 19,9<br />

> 20,0<br />

Küstenwatt ohne Bewuchs<br />

Küstenwatt mit Bewuchs<br />

Untere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />

Untere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />

Obere Salzwiese, natürlich/naturnah<br />

Obere Salzwiese, mit Nutzungseinfluss<br />

Salzwiese der Ästuare<br />

Queckenbestände der oberen Salzwiese<br />

Trittrasen auf Schotter im Vorland<br />

Sodenentnahmeflächen<br />

offene Flächen im Vorland<br />

Priel<br />

Ufer- und Verlandungsbereich<br />

100 0 500 m<br />

Abb. 4: Entwicklung des Nahrungsangebots (Biomasse-Entwicklung)<br />

in Abhängigkeit von unterschiedlichen Nutzungsvarianten.<br />

Abb. 2:Weideflächen der Ringelgänse und deren Kotverteilung auf Neuwerk.<br />

Trockenmasse (g/m 2)<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 67


Insel Neuwerk/Vorland<br />

68<br />

Ringelgänse und Landwirtschaft<br />

Pflanzenfressende Entenvögel (neben Ringelgänsen z.B. auch<br />

Pfeifenten, Schwäne, Graue Gänse und Weißwangengänse) nutzen<br />

zu bestimmten Jahreszeiten dieselben Flächen, die auch von<br />

der Landwirtschaft beansprucht werden. Daher kommt es immer<br />

wieder zu Spannungen zwischen Naturschutz und Landwirtschaft.<br />

Die natürliche Beweidung durch die Entenvögel kann<br />

bei starkem Vogelbesatz zu wirtschaftlichen Einbußen führen.<br />

Auch auf Neuwerk kamen die Gänse in den Ruf, die Landwirtschaft<br />

zu schädigen. Die Gänse weiden von März bis Juni im<br />

Vorland und reduzieren dort die zu diesem Zeitpunkt begrenzt<br />

nutzbaren Nahrungsgrundlagen gemeinsam mit dem bereits im<br />

April ausgebrachten Vieh. Außerdem sind seit einigen Jahren<br />

weidende Ringelgänse nicht nur im Außengroden, sondern auch<br />

im Binnengroden zu beobachten.<br />

Allerdings sind die Gänsebestände auf Neuwerk nicht so hoch<br />

wie in anderen Salzwiesenbereichen der deutschen und niederländischen<br />

Küste, in denen es zu starken Ernteausfällen kommt.<br />

Mit durchschnittlich etwa 17 Tieren pro Hektar wird nur eine<br />

relativ geringe Dichte im Vorland Neuwerks erreicht. Die Gänse<br />

verteilen sich jedoch im Vorland nicht gleichmäßig. Sie bevorzugen<br />

die Salzwiesenbereiche entlang der Priele, vermutlich da dort<br />

die bevorzugten Salzwiesenpflanzen in größerer Häufigkeit vorkommen.<br />

Daher ist in diesen Bereichen die Intensität der<br />

Beweidung höher, in anderen hingegen, die von weniger attraktiver<br />

Vegetation bestanden werden, deutlich geringer.<br />

Insgesamt entnehmen die Ringelgänse jedoch nur einen Bruchteil<br />

der Biomasse des Vorlandes. Zur Deckung ihres Energiebedarfes<br />

benötigen sie etwa 10-20% der täglich nachwachsenden Pflanzenmasse.<br />

Da die Gänse jedoch bestimmte Bereiche bevorzugen,<br />

ist in diesen Flächen die Pflanzenentnahme intensiver. Von<br />

Ringelgänsen ist bekannt, dass sie ihre Weidepflanzen "managen"<br />

können. Durch Abweiden derselben Fläche in mehrtägigem Abstand<br />

können sie die Nahrungspflanzen in einer von ihnen bevorzugten<br />

Qualität und Quantität erhalten. Insgesamt entnehmen sie<br />

dann täglich etwa 75% der nachwachsenden Biomasse.<br />

In Teilbereichen im Vorland Neuwerks ist diese Balance zwischen<br />

Abfressen und Nachwachsen jedoch empfindlich gestört, da auch<br />

das sehr früh auf die Weide entlassene Vieh (Ochsen und Pferde)<br />

in die besonders früh wüchsigen und schmackhaften Bereiche<br />

drängt. Dort steht es dann in direkter Konkurrenz zu den Gänsen.<br />

Dadurch wird in diesen bevorzugten Teilflächen die Grasnarbe so<br />

schwer geschädigt, dass sie sich im Sommer kaum noch erholen<br />

kann.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Auf vergleichbaren Flächen im Ostvorland, die während des<br />

Frühjahrs nur von Ringelgänsen beweidet werden können, treten<br />

diese Effekte nicht auf. Im Gegenteil: nach Abzug der Gänse steigert<br />

sich die Produktionsleistung in diesen Flächen, vermutlich<br />

durch die düngende Wirkung des Gänsekots.<br />

Probleme durch Nahrungsverknappung, die den Landwirten im<br />

Laufe des Sommers im Vorland entstehen, sind daher nicht<br />

ursächlich auf die Gänse zurückzuführen, da diese nur in so geringer<br />

Zahl dort auftreten, dass von ihnen keine merkliche<br />

Beeinträchtigung ausgeht. Vielmehr muss berücksichtigt werden,<br />

dass die Produktionsleistung der Vegetationsnarbe in den sandigen<br />

und nährstoffarmen Salzwiesen Neuwerks nur vergleichsweise<br />

gering ausfällt. Der Viehbesatz, auch durch den höheren<br />

Nahrungsbedarf der modernen, schweren Viehrassen, sollte dementsprechend<br />

angepaßt werden.<br />

Methoden zur Ermittlung von<br />

Flächennutzungen durch Ringelgänse<br />

• Kotkartierung<br />

Auszählung von Gänse-Kotwürstchen auf<br />

Probeflächen; deren Menge ist ein Maß für die<br />

Aufenthaltsdauer von Gänsen<br />

• Direkte Beobachtung (Habitatkartierung)<br />

Regelmäßige Zählung der einzelnen<br />

Ringelgansgruppen und Übertragung ihrer<br />

Aufenthaltsorte in Karten<br />

• Rastererfassung<br />

Regelmäßige Beobachtung von im Gelände<br />

festgelegten Probeflächen und Ermittlung der<br />

Gänsezahlen auf diesen Flächen<br />

Ringelgänse und Störungen<br />

Ringelgänse reagieren empfindlich auf sprunghafte Veränderungen<br />

in ihrer Umwelt. Bei Störungen fliegen sie auf, wodurch<br />

sie viel Energie verbrauchen und ihnen Zeit zum Fressen<br />

verloren geht. Den erhöhten Energiebedarf versuchen sie über<br />

Verhaltensänderungen zu kompensieren, indem sie ansonsten für<br />

andere Tätigkeiten (Schlafen, Putzen) verwandte Zeit zusätzlich<br />

zum Fressen nutzen. Für die Gänse ist es überlebenswichtig, sich<br />

eine genügende Fettschicht für ihren anstrengenden Weiterflug in<br />

die sibirischen Brutgebiete anfressen zu können. Auch ist der<br />

Bruterfolg bei wohlgenährten Tieren größer als bei schlecht<br />

ernährten.<br />

Die häufigsten Störreize auf Neuwerk gehen von Fußgängern und<br />

tieffliegenden Flugzeugen und Hubschraubern, vereinzelt auch<br />

von Greifvögeln, aus.<br />

Vermutlich aufgrund der besonderen Exposition gegenüber<br />

Störungen werden deichnahe Bereiche im Frühjahr weitgehend<br />

gemieden. Gänse sind hier nur in den frühen Morgenstunden zu<br />

beobachten, wenn der Ausflugsverkehr noch nicht eingesetzt hat.<br />

In dieser Zeit und in den Herbstmonaten, wenn deutlich weniger<br />

Gäste die Insel besuchen, nutzen die Gänse auch unmittelbar am<br />

Deichfuß liegende Flächen. Schlafplätze befinden sich sogar in<br />

unmittelbarer Nähe der während des Tages häufig benutzten<br />

Wattwagenauffahrt. Damit reagieren die Gänse effektiv auf den<br />

tatsächlichen Störreiz bzw. dessen Ausbleiben. Ähnliche Beobachtungen<br />

sind auch aus dem Vorland von Westerhever in<br />

Schleswig-Holstein bekannt geworden.<br />

Obwohl sich die Gänse auch in begrenztem Umfang an bestimmte<br />

Einflüsse gewöhnen können (z.B. Traktoren), ist die direkte<br />

Annäherung von Fußgängern immer Anlass, aufzufliegen, wenn<br />

die Fluchtdistanz unterschritten wird. Besonders im Nordvorland<br />

entlang des Hauptpriels werden die Gänse immer wieder durch<br />

Spaziergänger aufgescheucht. Neben unvorsichtigen Annäherungen<br />

sind auch ganz bewußte Störungen beobachtet worden:<br />

auffliegende Gänseschwärme wirken auf die Beobachter besonders<br />

eindrucksvoll und attraktiv. Im östlichen Vorland halten sich<br />

die Gänse gern entlang des Sommerdeiches auf, der aber durch<br />

den nahebei führenden Wanderweg zu den störungsintensiven<br />

Zonen zählt. Auf Neuwerk kommt hinzu, dass viele Erholungssuchende<br />

besonders während der Hochwasserzeit in die Vorländer<br />

gehen, da das Ausflugsschiff um den Hochwasserzeitpunkt<br />

vor Anker liegt. Gerade zu dieser Zeit bieten sich den Ringelgänsen<br />

keine Ausweichmöglichkeiten außerhalb der Insel, so dass<br />

sie auf relativ kleinen Flächen zusammengedrängt werden.


Grönland<br />

Island<br />

Abb. 6: Auffliegende Ringelgänse über dem östlichen Vorland<br />

Neuwerks. Foto Janke.<br />

Abb. 5: Zugwege sowie Rast- und Brutgebiete der Ringelgans.<br />

Spitzbergen<br />

Weißes Meer<br />

Tageshöchszahlen rastender Tiere<br />

400.000<br />

300.000<br />

200.000<br />

100.000<br />

0<br />

Jahr<br />

Hellbäuchige Ringelgans<br />

Taimyr-Halbinsel<br />

1961 1966 1971 1976 1981 1986 1991<br />

Abb. 7: Bestandsentwicklung der Ringelgans im <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Winter-/Rastgebiet<br />

Zugweg<br />

Brutgebiet<br />

Dunkelbäuchige Ringelgans<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 69


Insel Neuwerk/Vorland<br />

70<br />

Salzwiesen beheimaten aufgrund ihrer speziellen ökologischen Bedingungen eine charakteristische Tierwelt. Obwohl sich<br />

das Neuwerker Vorland in vielerlei Hinsicht von den typischen Salzwiesen unterscheidet, weicht seine Besiedlung insbesondere<br />

mit wirbellosen Tieren nur wenig von denen anderer Regionen des <strong>Wattenmeer</strong>es ab. Dies bestätigt, dass eine<br />

Regeneration natürlicher Salzwiesen-Lebensgemeinschaft auf Neuwerk durchaus möglich ist.<br />

Die wirbellose Tierwelt im Vorland<br />

Das Vorland Neuwerks wird durch den fast durchgehend verlaufenden<br />

Sommerdeich in zwei Bereiche getrennt. Während vor<br />

dem Sommerdeich der ungehinderte Hochwasserzutritt eine charakteristische<br />

Abfolge einer Salzwiesenvegetation von Quellerfluren,<br />

Schlickgrasrasen, Unterer und Oberer Salzwiese bedingt<br />

(siehe Seite 8), werden die hinter dem Sommerdeich liegenden<br />

Flächen nur noch selten von den extremen Hochwasserständen<br />

vernässt. Die dort vorkommenden Lebensraumtypen der Oberen<br />

Salzwiese, Ästuarwiese, Queckenwiese und Rohbodenstandorte<br />

(offene Sand- und Sodenstichflächen) sind eng miteinander verzahnt.<br />

Die in den tiefer liegenden Arealen entlang der Priele<br />

dominierende Obere Salzwiese entspricht einem artenarmen, vom<br />

Salzwasser beeinflussten Rotschwingelrasen, während Queckenund<br />

Ästuarwiese durch eine erhöhte Anzahl von salzmeidenden<br />

Pflanzen eine Entwicklung zu Süßwiesen anzeigen. In dem sehr<br />

bewegten Geländerelief werden damit Höhen von 30 cm bis 180<br />

cm über MThw erreicht. Zu den besonders gut untersuchten Tiergruppen<br />

der Salzwiesen gehören die Laufkäfer und Spinnentiere.<br />

Beide Gruppen besiedeln den Außengroden in der typischen,<br />

nahezu vollständigen Artengemeinschaft der Küstensalzwiesen.<br />

Obwohl die einzelnen bereits erwähnten Lebensraumtypen<br />

scheinbar bereits deutliche Aussüßungserscheinungen zeigen,<br />

führt dies nur zu graduellen Unterschieden innerhalb der Salzwiesengemeinschaften.<br />

Für die Spinnen scheinen jedoch die<br />

strukturreicheren Vegetationsverhältnisse der Quecken- und<br />

Ästuarwiesen bedeutsamer zu sein, während die an Arten reicheren<br />

und charakteristischen Vorkommen der Laufkäfer in der Rot-<br />

Schwingel-Zone und den offenen Sandbereichen gefunden wurden.<br />

Laufkäfer<br />

Im Vorland Neuwerks treten sowohl die typischen Laufkäferarten<br />

der Nordsee-Küstensalzwiesen, als auch die Arten der sonnenexponierter,<br />

sandiger Böden und offener Lebensräume, ohne eine<br />

enge Anbindung an den von ihnen bekannten Lebensraumtyp, auf.<br />

Der Lebensraumtyp der Oberen Salzwiese ist der bedeutendste<br />

für die lebensraumtypische Laufkäferfauna. Hier wurden alle<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

sechs salzwiesentypischen Arten Neuwerks gefunden (Tab.1),<br />

während in den Ästuarwiesen lediglich zwei dieser Arten auftreten.<br />

Auch die Gesamtartenzahl und die der gefangener Individuen<br />

("Aktivitätsdichte”) sind in den Oberen Salzwiesen wesentlich<br />

höher. Eine noch geringere Bedeutung für die charakteristische<br />

Laufkäferfauna zeigt sich für die Queckenwiesen insbesondere<br />

dadurch, dass hier die Gesamtzahl gefangener Exemplare am<br />

geringsten ist. Auch hier wurden lediglich zwei salzwiesentypische<br />

Arten gefunden. Unspezialisierte Arten überwiegen und zeigen<br />

die höchsten Individuendichten (z.B. Calathus melanocephalus,<br />

Dyschirius globosus).<br />

Einen besonders interessanten Lebensraumtyp für Laufkäfer stellen<br />

offenbar die Rohbodenstandorte dar. Sie werden nicht nur von<br />

fast allen auch in der Salzwiese typischen Laufkäferarten<br />

bewohnt, sondern darüber hinaus auch von einigen auch für offene<br />

Sandböden typischen Arten (z.B. Dyschirius thoracicus,<br />

Calathus erratus). In den Brackwasserröhrichten hingegen ist das<br />

Arteninventar der Laufkäfer sehr stark eingeschränkt.<br />

Spinnentiere<br />

Auch die Spinnenfauna des Vorlandes entspricht in ihrer Zusammensetzung<br />

der eines typischen Salzgrünlandes an der<br />

Nordsee. Von den insgesamt 40 nachgewiesenen Arten gelten<br />

allein sieben als Leitarten der Nordsee-Salzwiesen (Tab. 1), deren<br />

charakteristisches Arteninventar damit fast vollständig erfaßt<br />

werden konnte. Es fehlt lediglich die Zwergspinne Baryphyma<br />

duffeyi, die als charakteristisch für schlickige Substrate der<br />

Unteren Salzwiese (Andel-Zone) angesehen wird.<br />

Die Verteilung der Spinnen auf die Lebensräume der Oberen<br />

Salzwiese, Ästuarwiese, Queckenwiese und Rohbodenstandorte<br />

zeigt nur geringe Unterschiede, während die Brackwasserröhrichte<br />

nur ein merklich eingeschränktes Spinnenvorkommen<br />

aufweisen. Die extensiv beweideten Ästuarwiesen und die<br />

Queckenwiesen stellen hinsichtlich der Artenvielfalt und<br />

Häufigkeit die bedeutendsten Lebensräume für die Spinnentiere<br />

dar. Die Arten, die größere Netze bauen, scheinen im Vorland<br />

allerdings nicht vorzukommen.<br />

Vergleich mit dem Binnengroden<br />

Bei einer gleichzeitigen Erfassung innerhalb der Binnengrodens<br />

und des Vorlandes kann die Nutzung beider Bereiche durch ausgewählte<br />

Tiergruppen verglichen werden.<br />

Obwohl im Vorland viele Gewässer vorhanden sind, werden sie<br />

kaum von Libellen genutzt. Lediglich die Große Pechlibelle tritt<br />

wie auch im Binnengroden sehr individuenreich an den Prielen<br />

auf und paart sich auch dort. Ihre Larven gelten als brackwassertolerant,<br />

sie können bis zu 11 ‰ Salzgehalt ertragen. Bei einem<br />

gemessenen Salzgehalt des Prielwassers von zeitweilig über<br />

20 ‰ im Außendeichsgelände scheint eine erfolgreiche Reproduktion<br />

dort jedoch sehr unwahrscheinlich. Bei einer gezielten<br />

Nachsuche konnten keine Larven oder Larvenhäute der frisch<br />

geschlüpften Libellen gefunden werden.<br />

Die im Binnengroden so charakteristischen Heuschrecken kommen<br />

im Vorland nicht vor, lediglich auf den sehr trockenen Deckwerksbefestigungen<br />

aus Rasengittersteinen konnten einzelne<br />

Exemplare des Braunen Grashüpfers festgestellt werden.<br />

Anders liegen die Verhältnisse bei den Tagschmetterlingen: aufgrund<br />

des Blütenreichtums auf den extensiv beweideten und<br />

ungenutzten Vorlandflächen ist im Aussengroden ein annähernd<br />

identisches Artenspektrum wie im Binnengroden vorhanden. Als<br />

Besonderheit für das Vorland kommt der feuchte Wiesen bevorzugende<br />

Spiegelfleck-Dickkopffalter hinzu.<br />

Für die sehr flugtüchtigen Tagfalter, bei denen Bodenfeuchtigkeit<br />

und -salzgehalt für ihre Verbreitung nur eine untergeordnete Rolle<br />

spielen, besteht kein wesentlicher Unterschied in der Nutzung<br />

zwischen Vorland und Binnengroden. Heuschrecken hingegen,<br />

deren Verteilung in wesentlichem Maße von geeigneten Vegetationsstrukturen<br />

und der Bodenfeuchte bestimmt wird, meiden<br />

das Vorland. Unter ihnen sind typische Salzwiesenarten, d.h. solche<br />

Formen, die schwerpunktmäßig dort vorkommen oder regelmäßig<br />

hier gefunden werden können, daher auch nicht bekannt.<br />

Abb. 1: Die Staaten der Gelben Wiesenameise bauen im Vorland von<br />

Neuwerk ihre flachen Wohnhügel. Foto Krüger-Hellwig.


Anzahl Arten<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Abb. 3: Ein Spiegelfleck-Dickkopffalter im<br />

Vorland von Neuwerk hat sich auf dem<br />

Deckel eines Probengefäßes niedergelassen.<br />

Foto Krüger-Hellwig.<br />

Obere<br />

Salzwiese<br />

Artenanzahl<br />

Anzahl gefangener<br />

Individuen<br />

Ästuarwiese<br />

Queckenwiese<br />

Erosionsflächen<br />

offene<br />

Sanflächen<br />

Abb. 4: Verteilung der Laufkäferarten auf die unterschiedlichen<br />

Lebensraumtypen im Ostvorland von Neuwerk<br />

(6 dreiwöchige Fangperioden vom 28.3. - 2.11.1996).<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

Anzahl Individuen<br />

0<br />

NORDVORLAND<br />

Turmwurt<br />

Ostbake<br />

OSTVORLAND<br />

Salzwiesen<br />

offene, vegetationsarme Sandflächen<br />

Queckenwiesen<br />

100 0 500 m<br />

Laufkäfer<br />

Bembidion aeneum<br />

Bembidion minimum<br />

Bembidion normannum<br />

Bledius arenarius<br />

Dicheirotrichus gustavii<br />

Dyschirus salinus<br />

Pogonus chalceus<br />

Spinnen<br />

Agyneta decora<br />

Allomengea scopigera<br />

Argenna patula<br />

Ozyptila westringi<br />

Robertus arundineti<br />

Walckenaeria kochi<br />

Walckenaeria vigilax<br />

Tab. 1: Typische Laufkäfer und<br />

Spinnen der Salziesen im Vorland<br />

von Neuwerk.<br />

Abb. 2: Bedeutsame Lebensraumtypen für wirbellose Tiere im Vorland von Neuwerk.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 71


Insel Neuwerk/Vorland<br />

72<br />

Mit der Einbeziehung der bewohnten Insel Neuwerk in den <strong>Nationalpark</strong> gelten dessen Schutzziele grundsätzlich auch für<br />

dort bewirtschaftete Bereiche. Da traditionell ein Teil des landwirtschaftlichen Einkommens der Neuwerker Bevölkerung im<br />

Vorland erwirtschaftet wird, hier aber ökologisch besonders wertvolle Arten und Lebensgemeinschaften auftreten, sollen die<br />

beschränkten Nutzungen in diesem Bereich im besonderen Maße mit den Anforderungen des Naturschutzes vereinbar sein.<br />

Nutzungen im Vorland<br />

Das Vorland von Neuwerk wird überwiegend landwirtschaftlich<br />

genutzt. Weiterhin ist es auch in einigen Bereichen für den<br />

Fremdenverkehr und für den Hochwasserschutz von Bedeutung.<br />

Mit der Ausweisung als <strong>Nationalpark</strong> wurde das Vorland in zwei<br />

Schutzzonen geteilt. Das sogenannte "Nordvorland” liegt, ebenso<br />

wie der Binnengroden, in Zone II, während im “Ostvorland” die<br />

strengeren Schutzbestimmungen der Zone I gelten. Aufgrund der<br />

wirtschaftlichen Bedeutung sind allerdings auch im Ostvorland<br />

bestimmte Nutzungen unter Auflagen freigestellt.<br />

Landwirtschaft<br />

Der Außengroden Neuwerks wird als Sommerweide für<br />

Pensions- und Eigenvieh genutzt. Bis zu 115 Ochsen und Pferde<br />

können sich auf der ungekoppelten Fläche frei bewegen. Rinder<br />

und Pferde sind gleichgestellt, was sich aus den historisch<br />

bedingten Nutzungsrechten herleitet: Bereits 1576 wurden den<br />

ansässigen Landwirten Grasungsrechte im Vorland bewilligt,<br />

wobei ein “Gras” (eine “Grasung”) einem Pferd oder einem Rind<br />

oder drei Schafen mit Lämmern oder einer Hausgans mit bis zu<br />

zwölf Gösseln entsprach. An dieser Regelung ist bis heute festgehalten<br />

worden, wenn auch derzeitig nur noch Rinder und Pferde<br />

im Vorland grasen. Noch bis in die frühen neunziger Jahre weideten<br />

außer Ochsen und Pferde auch Schafe im Vorland.<br />

Eine Grasung (“ein Gras”) entspricht:<br />

einem Pferd oder einer Kuh oder<br />

einem Stück Jungvieh oder<br />

einem einjährigen Fohlen oder<br />

einer Gans mit bis zu zwölf Küken oder<br />

drei Mutterschafen mit Lämmern.<br />

Das ca. 95 ha große Nordvorland darf ab 1. April jeden Jahres<br />

beweidet werden, ca. 53 ha im Ostvorland hingegen bleiben bis<br />

zum 1. August durch einen Zaun vom Nordvorland abgetrennt<br />

und sind also bis dahin für das Weidevieh nicht erreichbar.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Weitere 23 ha Ostvorlandfläche, vorwiegend vor dem<br />

Sommerdeich gelegen, bleiben seit 1988 vom Vieh gänzlich<br />

unbeweidet. Die Beweidungsintensität im Nordvorland ist im<br />

Abb.1: Badehaus an der Badestelle im nördlichen Vorland. Foto Janke.<br />

Vergleich zur Grasproduktion sehr hoch. Dies führt zur Ausbildung<br />

äußerst kurzer Rasen, in denen charakteristische salzertragende<br />

Pflanzen und beweidungsempfindliche Arten selten<br />

geworden sind. Die Vegetationsentwicklung im Ostvorland verläuft<br />

mit der derzeitigen Bewirtschaftung in Richtung Verbrachung<br />

und Aussüßung der Bestände. Disteln und Dorniger<br />

Hauhechel breiten sich flächenhaft aus, dichte Queckenbestände<br />

etablieren sich, die Grasnarbe verfilzt und die Anzahl an salztoleranten<br />

Pflanzenarten sinkt.<br />

Fremdenverkehr<br />

Die wesentliche Nutzung auf Neuwerk und gleichzeitig wirtschaftliches<br />

Hauptstandbein der Neuwerker Bevölkerung ist der<br />

Fremdenverkehr. Die Besucher können sich nicht nur binnendeichs,<br />

sondern auch im zur Schutzzone II gehörenden Nordvorland<br />

frei bewegen. Durch das Ostvorland hingegen, das in<br />

Schutzzone I liegt, führen ausgepflockte Wege, die nicht verlas-<br />

sen werden dürfen (Wegegebot). Trotzdem bleiben jedoch negative<br />

Auswirkungen auf die Brutkolonien im Nordvorland sowie<br />

auf rastende Limikolen und Gänse nicht aus: Kommen Spaziergänger,<br />

ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt, den Nestern zu nahe,<br />

führt dies, je nach Fluchtdistanz der betreffenden Art, dazu, dass<br />

die Elterntiere die Nester fluchtartig für einige Zeit verlassen.<br />

Während dieser Zeitspanne besteht die Gefahr, dass die Eier auskühlen<br />

oder die bereits geschlüpften Küken an Unterkühlung sterben.<br />

Eine weitere Gefahr liegt im Gelegeverlust durch Nesträuber,<br />

wie z. B. die in der Nähe brütenden Lach- und Silbermöwen.<br />

Diese können ein unbewachtes Nest als günstige Gelegenheit<br />

erkennen, die sie für Beutezüge nutzen.<br />

Auch Rastvögel können durch Spaziergänger unbeabsichtigt aufgescheucht<br />

werden. Das Auffliegen verbraucht sehr viel Energie<br />

und verringert so die Fettreserven, die die Vögel für ihren anstrengenden<br />

Weiterzug dringend benötigen. Zusätzlich werden<br />

durch die Störungen die Zeitspannen verkürzt, die den Vögeln zur<br />

Nahrungsaufnahme zur Verfügung stehen.<br />

Das nördliche Vorland wird in den Sommermonaten besonders<br />

von solchen Besuchern durchwandert, die entweder die im<br />

Norden gelegene Badestelle nutzen, oder aber in unmittelbarer<br />

Nähe zur Zone I die Insel verlassen wollen, um auf den Kleinen<br />

Vogelsand zu gelangen. Für beide Routen gibt es keine vorgeschriebenen<br />

Pfade.<br />

Hochwasserschutz<br />

Eine weitere, für den Erhalt der Insel wichtige Nutzung umfasst<br />

den Hochwasserschutz. Im Nordwesten, Norden und Osten des<br />

Vorlandes verläuft ein Sommerdeich mit einer Höhe von etwa<br />

1,5 m über MThw. Weitere Küstenschutzbauwerke sind Buhnen,<br />

Lahnungen, Deckwerke und eine Eichenpfahlwand im Westen<br />

der Insel.<br />

Aufgaben des Hochwasserschutzes sind von den Einschränkungen<br />

des <strong>Nationalpark</strong>-Gesetzes grundsätzlich freigestellt.<br />

Bereits vor Inkrafttreten des <strong>Nationalpark</strong>-Gesetzes wurde<br />

für Deichbauarbeiten Klei aus dem Vorland entnommen. Dies<br />

führte durch Schaffung tiefer Senken zu landschaftlichen Veränderungen<br />

im Relief des Vorlandes<br />

Seit der Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>es werden die Ziele des<br />

Naturschutzes und die Erfordernisse des Hochwasserschutzes<br />

miteinander koordiniert. So erfolgt z.B. die für den Hochwasserschutz<br />

wichtige Entnahme von Soden und Klei aus dem Vorland<br />

in der Weise, dass zugleich alte verschüttete Prielverläufe<br />

wieder regeneriert werden.


Abb. 3: Rinderbeweidung im Vorland von Neuwerk. Foto Janke.<br />

Abb. 4: Noch bis in die frühen neunziger Jahre begrasten auch Schafe<br />

das Neuwerker Vorland. Foto Janke.<br />

Abb. 5: Im östlichen Vorland hat sich infolge der eingeschränkten Beweidungspraxis<br />

der Dornige Hauhechel weithin ausgebreitet. Foto Janke.<br />

NORDVORLAND (95 ha)<br />

Beweidung ab 1.4. möglich<br />

Badestelle<br />

Deich und Deichvorlage (22 ha)<br />

1 - 2 malige Mahd<br />

Turmwurt<br />

Ostbake<br />

Beweidung ab 1.8. möglich<br />

OSTVORLAND (53 ha)<br />

OSTVORLAND (23 ha)<br />

unbeweidet<br />

Abb. 2: Nutzungen im Vorland von Neuwerk.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 73


Insel Neuwerk/Vorland<br />

74<br />

Die Beweidung der Neuwerker Salzwiesen führt zu deutlichen Veränderungen in der Zusammensetzung und Struktur ihrer<br />

Vegetation und Besiedlung. Die Auswirkungen der Nutzungen zeigen sich besonders offenkundig in der Änderung der Flora<br />

und Vogelwelt.<br />

Auswirkungen der Viehbeweidung auf die Pflanzenund<br />

Tierwelt im Vorland<br />

Entwicklung und heutiges Management<br />

Die Salzwiesen Neuwerks werden bereits seit der Besiedlung der<br />

Insel als Weide für Rinder, Pferde, Schafe und früher auch Gänse<br />

genutzt. Mit der Eindeichung des Binnengrodens 1556-1559 wurde<br />

die Nutzung des Vorlandes durch Verträge geregelt, wobei die<br />

ursprünglich zugelassene Menge an Vieh im Grunde nur geringfügig<br />

von der in der heutigen Zeit abgewichen haben mag.<br />

Mit der Stärkung des Naturschutzgedankens, insbesondere unter<br />

dem Aspekt des Seevogelschutzes, begannen erste Abzäunungsmaßnahmen.<br />

Ein Bereich vor dem Sommerdeich im Osten der<br />

Insel ist seit 1988 von der Beweidung ausgenommen. Mit der<br />

Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>s traten grundsätzliche Veränderungen<br />

im Beweidungsregime ein: Das Vorland wurde in zwei<br />

Schutzzonen geteilt. In der Schutzzone I, dem Ostvorland, wird<br />

die Beweidung seit 1992 erst nach dem 1. August eines jeden<br />

Jahres gestattet. Das Nordvorland (Zone II) kann dagegen bereits<br />

ab dem 1. April beweidet werden. Auf den ungekoppelten<br />

Flächen werden etwa 115 Ochsen und Pferde gehalten (etwa 25%<br />

Pferde).<br />

Vegetationsstrukturen<br />

Die Strukturen der Pflanzenbestände in den beiden Zonen unterscheiden<br />

sich deutlich. Während im intensiv beweideten<br />

Nordvorland während der gesamten Vegetationsperiode ein<br />

äußerst kurzer Rasen mit maximal 5 cm Höhe besteht, ist im<br />

Ostvorland ein vielfältiges Mosaik aus verschieden hohen und<br />

dichten Pflanzenbeständen erkennbar. Hier können mind. 10 charakteristische<br />

Pflanzengesellschaften unterschieden werden, im<br />

nördlichen Vorland dagegen lediglich 8, wovon einige nur noch<br />

fragmentarisch ausgebildet sind (siehe Tab. 1). So sind z.B.<br />

Hauhechel-Fluren nur im Ostvorland vertreten, da der Dornige<br />

Hauhechel durch extensive Beweidung gefördert wird. Diese stachelige<br />

Pflanze wird nur in sehr jungem Zustand vom Vieh<br />

gefressen und ist daher im Nordvorland nur wenig vertreten.<br />

Durch die Aussperrung des Weideviehs bis zum August ist der<br />

Zwergstrauch im Ostvorland jedoch bereits so hart und wehrhaft<br />

herangewachsen, dass er vom Vieh verschmäht wird und sich<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

ohne nennenswerte Verbissschäden entwickeln kann. In den<br />

gänzlich unbeweideten Bereichen tritt der Strauch nicht auf, weil<br />

dort die häufigen Überflutungen ein Aufkommen des salz- und<br />

nässeempfindlichen Gewächses nicht zulassen.<br />

Das Nordvorland wird geprägt durch Rotschwingelrasen und<br />

Grünländer, die viele Gemeinsamkeiten mit den Wiesengesellschaften<br />

der Binnendeichsländer aufweisen.<br />

Pflanzenarten<br />

Die Pflanzengesellschaften im Nord- und Ostvorland unterscheiden<br />

sich grundsätzlich voneinander. Im intensiv beweideten<br />

Nordvorland fehlen einige typische Salzwiesenarten gänzlich,<br />

andere sind nur noch in wenigen Exemplaren vorhanden. Zu diesen<br />

gehören z.B. Strand-Aster und Strandflieder, die bevorzugt<br />

gefressen werden. Sie können nur noch an für das Vieh unerreichbaren<br />

Orten wachsen. Andere Arten, wie z.B. der Strand-<br />

Beifuß, werden zwar aufgrund ihres starken Geruchs und<br />

Geschmacks vom Vieh verschmäht, reagieren aber sehr empfindlich<br />

auf eine Verdichtung des Bodens durch Huftritte. Auch im<br />

extensiv beweideten Ostvorland ist der Strand-Beifuß selten,<br />

wesentlich häufiger wächst er in den unbeweideten Flächen.<br />

Sogar auf das Einzelindividuum wirkt sich die Beweidung aus: so<br />

wird durch den ständigen Abbiss die Entwicklung der Pflanzen<br />

auf die untersten Stängelabschnitte begrenzt, Blüten entwickeln<br />

sich nur selten oder spärlich. Dies begrenzt wesentlich die<br />

Selbstverbreitung der Arten, da sie keine Früchte bilden können.<br />

Arten, die sich über vegetative Fortpflanzung, z.B. mit<br />

Ausläufern, vermehren können, wie die meisten Gräser, werden<br />

dagegen durch das beständige Befressen gefördert, weil sie zur<br />

Bildung neuer Ausläufer angeregt werden.<br />

Kleintiere<br />

Die Verdrängung einzelner Pflanzenarten und die Reduzierung<br />

von Blüten oder oberen Stängelabschnitten wirkt sich gravierend<br />

auf die Insektenfauna der Salzwiesen aus. Die Auswirkungen der<br />

Beweidung auf die Insekten- und Spinnenfauna der Salzwiesen<br />

sind bereits gut untersucht und es haben sich v.a. Einbußen an<br />

Vielfalt und Häufigkeit pflanzenfressender Insekten gezeigt.<br />

Viele der hier lebenden Wirbellosen sind auf wenige oder gar nur<br />

eine einzige Pflanzenart angewiesen. Fällt diese aus oder werden<br />

einzelne für die Insekten wichtigen Strukturteile der Pflanze<br />

(Blüte, Blatt, Stengel etc.) geschädigt, können die Insekten nicht<br />

auf Dauer überleben. Auch auf Neuwerk können Unterschiede<br />

zwischen den intensiv und extensiv genutzten Salzwiesen festgestellt<br />

werden. In den Salzwiesen des nördlichen Vorlandes ist das<br />

Arteninventar der Laufkäfer und Spinnen deutlich eingeschränkt,<br />

und die salzwiesentypischen Arten treten nur mit geringerer<br />

Häufigkeit auf. Einige Arten, wie z.B. die kleine Laufspinne<br />

Erigone longipalpis profitieren allerdings von der intensiven<br />

Beweidung, da sie sich in der kurzen strukturarmen Vegetation<br />

besser fortbewegen kann.<br />

Vogelwelt<br />

Auch die Vogelwelt reagiert auf unterschiedliche Beweidungsintensitäten.<br />

Die kurzen, übersichtlichen Rasen der intensiv beweideten<br />

Flächen bieten Kiebitz und Feldlerche gute Brutbedingungen,<br />

während die Rotschenkel, die ihr Nest in dichter<br />

und höherer Struktur anlegen, deutlich benachteiligt werden. Sie<br />

treten daher in höherer Dichte erst bei extensiver Beweidung auf<br />

(siehe Abb. 3).<br />

Auch für nahrungssuchende Vögel ist die Vegetationsstruktur und<br />

die Artenzusammensetzung der Pflanzenbestände von Bedeutung:<br />

die pflanzenfressenden Entenvögel (z.B. Ringelgans, Pfeifente)<br />

suchen bevorzugt relativ kurzrasige Bestände auf, weil dort<br />

die Pflanzen nahrhafter sind. Da im Winter in extensiv genutzten<br />

und unbeweideten Salzwiesen die Vegetation durch winterliche<br />

Hochwässer und Eisgang abtragen wird, erscheinen im Frühjahr<br />

auch diese Flächen wie geschoren und werden von den Gänsen<br />

mit derselben Intensität genutzt. Im Herbst allerdings sind die<br />

langgrasigen Flächen zur Nahrungsaufnahme unattraktiv und<br />

werden weitgehend gemieden.<br />

Eine sichere Rundumsicht ist für rastende Vögel ein wesentliches<br />

Auswahlkriterium. Möwen rasten z.B. bevorzugt im Nordvorland,<br />

da sie dort gute Übersicht haben und vor potentiellen<br />

Räubern geschützt sind. Andere Arten (z.B. Bekassine) suchen<br />

dagegen bevorzugt langgrasigere Bereiche auf, in denen sie sich<br />

verbergen können.


charakteristische Salzpflanzengesellschaften intensiv extensiv nicht<br />

beweidet beweidet beweidet<br />

Andel-Rasen (Puccinellietum maritimae) X X X<br />

Hauhechel-Salzrasen (Ononido-Caricetum distantis) X<br />

Quecken-Salzrasen (Astero-Agropyretum repentis) (X) X<br />

Rot-Schwingel-Salzrasen (Festucetum litoralis) X X<br />

Salzbinsen-Wiese (Juncetum gerardii) (X) X<br />

Salzmelden-Wiese (Halimionetum portulacoidis) X<br />

Salzschwaden-Rasen (Puccinellietum distantis) X X<br />

Schlickgras-Wiese (Spartinetum) X X X<br />

Strandbeifuß-Flur (Artemisietum maritimae) X<br />

Strandmastkraut-Flur (Sagino-Cochlearietum) X X<br />

Strandquecken-Rasen (Agropyretum litoralis) X<br />

Strandseggen-Rasen (Junco-Caricetum extensae) X<br />

Strandsimsen-Röhricht (Scirpetum maritimae) X<br />

Tab. 1: Charakteristische Salzpflanzengesellschaften und ihr Vorkommen in den Salzwiesen Neuwerks in Abhängigkeit<br />

von der Beweidungsintensität. In Klammern stehende Gesellschaften kommen lediglich in Fragmenten vor.<br />

Artenzahl<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Laufkäfer<br />

Spinnen<br />

intensiv beweidet extensiv beweidet<br />

Abb. 2: Laufkäfer und Spinnen in den Salzwiesen von Neuwerk. Extensiv<br />

beweidete Salzwiesen werden in höheren Artenzahlen besiedelt.<br />

Brutpaare/10 ha<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

Blütenbewohner<br />

Paroxyna plantaginis<br />

(Tryp)<br />

Blütenbesuchende Falter<br />

Gamma-Eule<br />

Kleiner Fuchs<br />

Admiral<br />

Distelfalter<br />

Ind./10 Pflanzen<br />

Ind./10-15qm/d<br />

2<br />

11<br />

Verbisshorizont<br />

26<br />

Agro = Minierfliegen (Agromyzidae)<br />

Col = Käfer (Coleoptera)<br />

Lep = Schmetterlinge (Lepidoptera)<br />

Syr = Schwebfliegen (Syrphidae)<br />

Tryp = Bohrfliegen (Trypetidae)<br />

62<br />

69<br />

Coleophora asteris (Lep)<br />

Paroxyna plantaginis (Tryp)<br />

Eucosma tripoliana (Lep)<br />

Lepidoptera (Lep)<br />

Syrphidae (Syr)<br />

Nitidulae (Col)<br />

Melanagromyza tripolii (Agro)<br />

Phytomyza asteris (Agro)<br />

Bucculatrix maritima (Lep)<br />

Calycomyza humeralis (Agro)<br />

Clepsis spectrana (Lep)<br />

Phalonidia affiniata (Lep)<br />

Abb. 1:Verteilung charakteristischer Insektenarten an der Strandaster. Dargestellt ist die Verteilung der<br />

einzelnen Arten auf die einzelnen Komponenten einer Asterpflanze.<br />

Nordvorland<br />

Ostvorland<br />

Feldlerche Kiebitz Rorschenkel<br />

Abb. 3: Mittlere Brutbestandsdichte charakteristischer Brutvögel im Vorland<br />

von Neuwerk in Abhängigkeit von der Beweidungsintensität.<br />

(Erfassungszeitraum 1993-1997).<br />

Abb. 4: Blüten der Strandaster. Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 75


Insel Scharhörn<br />

78<br />

Die Düneninsel Scharhörn kann seit ihrem jungen Bestehen in den zwanziger Jahren auf eine im wahrsten Sinne des<br />

Wortes stürmische Vergangenheit zurückblicken. Bereits vor mehr als 70 Jahren wurden erste Maßnahmen ergriffen, um die<br />

Insel in ihrer natürliche Entstehung zu unterstützen und sie zu vergrößern.Trotzdem ist Scharhörn ein besonderes Beispiel<br />

dafür geblieben, wie sich eine Watteninsel ohne wesentliche Eingriffe durch den Menschen entwickeln kann.<br />

Die Geschichte der Insel Scharhörn<br />

Die berühmte Untiefe in der äußeren Elbemündung, das<br />

Scharhörnriff, war schon in der Hansezeit ein berüchtigter<br />

Schiffsfriedhof. Bereits frühzeitig wurden deshalb erste<br />

Seezeichen (Tonnen) gesetzt, um die Schifffahrt vor dem Riff zu<br />

warnen und eine sichere Einfahrt in das Elbfahrwasser zu<br />

gewährleisten. 1661 wurde die Scharhörn-Bake als Seezeichen<br />

und zugleich Zuflucht für Schiffbrüchige auf einer Sandbank<br />

errichtet.<br />

Auf den Wattflächen des Scharhörner Watts bildete sich durch<br />

Brandung, Gezeitenströmungen und Windablagerungen eine<br />

große Sandbank, die bereits im 16. Jahrhundert Erwähnung findet.<br />

Erstmalig 1868 wird diese Sandbank, die Scharhörnplate,<br />

kartographisch dargestellt. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich<br />

Lage und Form der Plate beständig verändert, da die exponierte<br />

Lage zur Nordsee starke dynamische Umlagerungsprozesse<br />

bedingt. Andere Autoren vermuten jedoch im Scharhörnsand eine<br />

sehr dauerhafte Erscheinung, die seit etwa 3500 bis 4000 Jahren<br />

an dieser Stelle bestehe.<br />

1926 wurde zum ersten Mal Pflanzenwuchs auf der Sandbank<br />

beobachtet. Waren es zunächst wohl nur Spülsaumgesellschaften<br />

mit Meersenf, Kali-Salzkraut und Salz-Miere, so konnten sich im<br />

Windschatten dieser Spülsäume durch Sandfang erste kleine<br />

Dünen entwickeln (siehe Seite 80).<br />

Der ehemalige Neuwerker Lehrer Heinrich Gechter wollte<br />

damals den hochgelegenen Sand als springflutsicheren Brutplatz<br />

für die von ihm bereits beobachteten Seeschwalben und andere<br />

Seevögel sichern. Durch Zeitungsberichte und Eingaben an den<br />

Hamburger Senat begann das Wasserbauamt Cuxhaven bereits<br />

1927 mit den ersten Arbeiten. Sandfangzäune aus Holz wurden in<br />

großen Parzellen errichtet. Da diese aber nur geringen Erfolg<br />

zeigten, wurden ab 1929 kleinere Felder angelegt und zusätzlich<br />

Netze aus Kokosgarn zum Sandfang gespannt. Jetzt begann man<br />

auch mit ersten Bepflanzungen mit Strandroggen. Wenn auch<br />

Winterstürme zunächst alles zerstörten und nur eine geringfügige<br />

Aufhöhung erreicht wurde, so führte man die Landgewinnungsmaßnahmen<br />

weiter fort. 1930 wurden neue Sandfangzäune<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

errichtet und großflächig Strandgräser gepflanzt, zusätzlich wurde<br />

Strandroggen ausgesät. Die Arbeiten waren so erfolgreich,<br />

dass 1932 bereits Saatgut von der Insel geerntet werden konnte.<br />

Die steigende Bedeutung als Brut- und Rastplatz für Seevögel<br />

führte 1939 zur Ausweisung der Insel als "Vogelfreistätte", deren<br />

Betreuung dem Verein Jordsand und der Vogelwarte Helgoland<br />

übertragen wurde.<br />

Der zweite Weltkrieg brachte gravierenden Veränderungen mit<br />

sich. Während die bis dahin fortgesetzten Dünenschutzmaßnahmen<br />

vernachlässigt wurden, errichtete die Wehrmacht auf der<br />

Insel eine Flakstellung, einen Bunker und sechs Baracken.<br />

Nach dem Krieg nahm man die Landgewinnungsmaßnahmen<br />

wieder auf. Neben dem Pflanzen, Säen und Ernten von Dünenpflanzen<br />

wurden sogar Versuche unternommen, die Insel mit<br />

standortfremden Gehölzen (Grünerlen, Flieder, Weiden) aufzuforsten.<br />

Während der gesamten Aufbauzeit der Insel nagten<br />

Seegang und Stürme an der nordwestlichen Kante, während die<br />

Insel auf der Lee-Seite langsam aufwehte. Verschiedenste Maßnahmen<br />

wurden ergriffen, um den Substanzverlust der Insel aufzuhalten.<br />

Doch weder Abschrägung und Bepflanzung der Westkante<br />

von Hand (1954) oder unter Zuhilfenahme von Planierraupen<br />

(1966) noch das Vorschieben von Sand (1974) erwiesen<br />

sich als geeignet. Die Insel verlagerte sich beständig in südöstliche<br />

Richtung (siehe Abb. 1).<br />

Eine dauerhafte Sicherung der Lage schien nicht möglich zu sein,<br />

so dass die Arbeiten 1975 eingestellt wurden.<br />

In den Folgejahren traten zunächst permanente Flächenverluste<br />

auf, so dass die Sorge bestand, Scharhörn könne als wichtiger<br />

Brutplatz für Seevögel verloren gehen. Dies war einer der Gründe<br />

für die Planungen und Aufspülung der neuen Nachbarinsel<br />

Nigehörn. Dennoch ist Scharhörn bislang nicht untergegangen.<br />

Ganz im Gegenteil, zwischenzeitlich hat sich die Inselfläche wieder<br />

vergrößert.<br />

"Katastrophale" Ereignisse<br />

Die Insel ist in ihrer jungen Geschichte immer wieder von<br />

Katastrophen heimgesucht worden: schwere Sturmfluten wie die<br />

von 1936, 1962 und 1976 haben wiederholt große Teile des<br />

Dünenrings zerschlagen und das Eindringen von Salzwasser ins<br />

Inselinnere ermöglicht. Auch formten Stürme die Dünen in nur<br />

wenigen Tagen gravierend um. Verheerende Brände haben die<br />

gesamte Vegetation der Insel in dem Jahre 1938 sowie mehrfach<br />

zwischen 1950 und 1954 (zur Bekämpfung eingeschleppter<br />

Ratten) vernichtet. Jedes dieser Ereignisse hat seine besonderen<br />

Auswirkungen auf der Insel hinterlassen, bis hin zur fast völligen<br />

Vernichtung der Vegetation. Aufgrund der hohen Dynamik dieses<br />

Ökosystems setzte eine Regeneration im Allgemeinen jedoch<br />

schnell ein.<br />

Bauten auf Scharhörn<br />

Seit den frühen Entstehungsjahren haben im Sommer Menschen<br />

auf der Insel gelebt. Schon 1929 wurde der erste Pfahlbau errichtet,<br />

in dem die Dünenarbeiter wohnten. 1932 kam eine zweite<br />

Baracke hinzu, um den vielen Arbeitern, unter ihnen auch<br />

Arbeiter des Arbeitsdienstes von Neuwerk, sturmflutsichere<br />

Unterkunft gewähren zu können.<br />

Während der Kriegszeit wurden mehrere Gebäude errichtet, von<br />

denen ab 1947 drei durch Treppen verbundene Baracken bestehen<br />

blieben. Hier wohnten gemeinsam mit den Dünenarbeitern auch<br />

die Vogelwarte. Nach dem Brand der Baracken wurde bis 1957<br />

ein Behelfsbau bezogen. Ab 1957 bis 1983 diente ein Pfahlbau<br />

den Vogelwarten als Unterkunft, bis er im Winter 1982/83 durch<br />

schwere Stürme derart in Mitleidenschaft gezogen wurde, dass er<br />

im folgenden Jahr abgerissen werden musste.<br />

1964 wurde im Rahmen der Forschungsarbeiten für den damals<br />

geplanten Tiefwasserhafen das "Hamburger Haus" errichtet, ein<br />

großer Pfahlbau im Zentrum der Insel. Ab 1983 konnten die<br />

Vogelwarte das Gebäude mitbenutzen und wohnten dort während<br />

des Sommers bis 1996.<br />

Im gleichen Jahr wurde ein neuer, moderner Containerbau auf der<br />

Insel im Schutz der mittleren Dünenkette gebaut, der seither den<br />

Vogelwarten als Unterkunft dient. Außerdem ist in dem neuen<br />

Gebäude auch die Windmessanlage untergebracht, die für die<br />

Vorwarnung von Sturmfluten in der deutschen Bucht und<br />

Unterelbe von großer Bedeutung ist.


Abb. 3: Letzte Relikte der Vogelwärterhütte von 1957 bis 1983.<br />

Nur die Stützpfeiler sind heute noch am Strand der Insel zu<br />

erkennen. Foto Janke (1996).<br />

Abb. 4: Das "Hamburger Haus" wurde 1964 als Unterkunft<br />

der Forschungsgruppe für den Tiefwasserhafen Neuwerk<br />

errichtet. Von 1983 bis 1997 beherbergte es auch die<br />

Vogelwärter des Verein Jordsand. Foto Janke.<br />

Abb. 5: Der neue Containerbau im Süden der mittleren<br />

Dünenkette dient seit 1997 als Unterkunft für<br />

die Vogelwärter und Windmessanlage zur Vorwarnung<br />

von Sturmfluten. Foto Körber.<br />

Abb. 2: Erste Scharhörnhütte, 1929. Foto Wagner.<br />

Erste Pfahlbauten seit 1929<br />

Vogelwärterhütte 1957-1982<br />

Hamburger Haus seit 1964<br />

Neuer Containerbau seit 1997<br />

Scharhörn1935<br />

Scharhörn1973<br />

Scharhörnplate<br />

100 0 400 m<br />

Scharhörn1997<br />

Abb. 1: Die Wanderung der Insel Scharhörn von 1935 bis 1997.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

79


Insel Scharhörn<br />

80<br />

Die Insel Scharhörn ist von einer formen- und strukturreichen Vegetation bewachsen. Ihre weitere Entwicklung ist eng verknüpft<br />

mit der natürlichen Wanderung der Insel.<br />

Lebensräume und Vegetation im Wandel der<br />

Entwicklung<br />

Nach den jüngsten Vermessungen aus dem Jahr 1997 ist<br />

Scharhörn rund 20 ha groß. Die Insel hat derzeit die Form eines<br />

in Ost-West-Richtung liegenden Ovals. Besonders auffällig ist ein<br />

in südöstlicher Richtung vorspringender Ausläufer, der Steert.<br />

Nördlich dieses lang ausgezogenen Anwuchsbereiches ragt<br />

zusätzlich ein kleiner Haken vor.<br />

Vor der Insel, insbesondere im Süden und Südwesten, sind ausgedehnte<br />

Spülsäume zu finden, in denen charakteristische, stickstoffliebende<br />

Arten wachsen. Neben ausgesprochenen Spezialisten<br />

wie der Strand-Melde, der Salz-Miere und dem Kali-Salzkraut<br />

sind es immer wieder auch "Allerweltsarten", die den Transport<br />

ihrer Samen oder Fortpflanzungsorgane im Wasser überstanden<br />

haben: Sonnenblumen, Hirtentäschel, Weißklee, Schilf oder<br />

Einjähriges Rispengras können ab und zu aufkommen. Allerdings<br />

sind Spülsäume nicht in jedem Jahr ausgebildet. 1996, nach<br />

einem ruhigen Winter ohne höhere Fluten, waren auf der<br />

Scharhörnplate ausgedehnte Spülsäume mit sehr seltenen Arten<br />

aufzufinden. Im folgenden Jahr dagegen, nach dem Eiswinter<br />

1996/97, waren die Spülsäume nur im äußersten Randbereich der<br />

Insel auf sehr schmale Säume mit wenigen Arten begrenzt.<br />

Südlich des "Steert" kann ein locker von Sandwatt-Queller und<br />

Strand-Soden bewachsener Bereich vom ansonsten vegetationslosen<br />

Strand abgegrenzt werden. Hier sind die Arten Überflutungen<br />

nur noch selten ausgesetzt, viel eher dem Sandanflug. Die<br />

Verzahnung mit den sich anschließenden noch jungen Dünen,<br />

aber auch mit den Spülsaumgesellschaften, zeigt sich durch ein<br />

gelegentliches Vorkommen von Dünenpflanzen und Spülsaum-<br />

Arten.<br />

Erst im Randbereich des Steert beginnt die echte Anwachszone,<br />

in der Primärdünen den Beginn der Dünenbildung anzeigen (siehe<br />

Seite 14). Dieser fast dreihundert Meter lange, dabei nur 20<br />

Meter breite Steert ist eine ganz charakteristische morphologische<br />

Struktur der sandigen Küsten. Die Bildung erfolgt im Windschatten<br />

der Hauptdünen Scharhörns. Sie formt sich durch einen<br />

windbedingten Transport von Sedimenten: Sand wird luvseitig<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

von der abtrocknenden Plate aufgenommen oder bereits von entfernteren<br />

Sänden herantransportiert und sinkt dann im Lee der<br />

hohen Dünenkämme wieder zu Boden. Auch ein Sandfang bei<br />

östlichen Winden kann für die Bildung der Dünen von Bedeutung<br />

sein, da bei diesen Windlagen aufgrund der niedrigeren Wasserstände<br />

im Elbmündungsgebiet die Plate stärker abtrocknet.<br />

Dünen<br />

Weißdünen erstrecken sich ringförmig um die ganze Insel. Die<br />

breitesten Weißdünenkomplexe haben sich im Südosten direkt im<br />

Anschluss an den Steert gebildet und werden hier auch noch fortlaufend<br />

weiter aufgehöht. Im Norden geht die Anwachsphase in<br />

die Abtragsregion über. Hier und weiter im gesamten Nordwesten<br />

und Westen wird die Insel lediglich von einem sehr schmalen<br />

Dünengürtel gegen die Gewalten der anstürmenden See<br />

geschützt, während im Süden und Osten die Primärdünen oder<br />

Quellerfluren für einen langsamen, stetigen Übergang von der<br />

Plate bis zu den Dünenkämmen sorgen. In der Abtragsregion<br />

grenzen die Weißdünen mehr oder weniger abrupt auf dem<br />

Strand, so dass sich eine steile, bis übermannshohe Wand vor dem<br />

Betrachter aufbaut. In einigen Teilen ist dieser Wall bereits durchbrochen,<br />

so dass Wasser in das Innere der Insel strömen konnte.<br />

Der Dünengürtel wird auch hier von Weißdünen gebildet, und an<br />

älteren Durchbrüchen zeigen neu entstandene Strandwälle und<br />

sogar kleine Weißdünen, dass sich in günstigen Jahren wieder<br />

Dünen aufbauen können, die den direkten Wasserzutritt in die<br />

Insel verwehren.<br />

Im Inneren der Insel prägen relativ ebene, hochliegende Bereiche,<br />

die dicht mit Dünen-Rot-Schwingel bewachsen sind, den Aspekt.<br />

Hier tritt bereits eine Beruhigung der Bodenoberfläche ein,<br />

Sandflug ist nur noch von geringem Ausmaß. Abgestorbenes<br />

organisches Material bleibt liegen und durch Humusakkumulation<br />

färbt sich der Boden grau. Allerdings werden in<br />

dem durchlässigen Sandboden die Nährstoffe ausgewaschen und<br />

so entstehen Graudünen, in denen normalerweise niedrigwüchsige<br />

Gräser, Moose und Flechten als Magerkeits- und Trocken-<br />

heitsanzeiger dominieren. Nicht so auf Scharhörn: hier werden<br />

die älteren Dünen überwiegend von relativ dichten Rot-<br />

Schwingelrasen bestanden. Diese sogenannten Rot-Schwingel-<br />

Dünen sind eine für Scharhörn charakteristische dichte Bewuchsform<br />

der Dünen, die auf noch relativ gute Nährstoffversorgung<br />

hinweist und eine Übergangsform zwischen Weiß- und Graudüne<br />

darstellt. Echte Graudünen, d.h. flachere Dünen, in denen eine<br />

lückenhafte niedrigwüchsige Vegetation aus Flechten, Moosen<br />

und reichblühenden Kräutern aspektbestimmend ist, treten auf<br />

Scharhörn selten auf. Der Rot-Schwingel bildet fast überall dichte<br />

Bestände und lässt den lichthungrigen Arten keine Lebensmöglichkeiten.<br />

An einigen Orten wird man aber doch fündig und<br />

kann neben Hasen-Klee, Scharfer Mauerpfeffer und Gras-Sternmiere<br />

auch Sand-Segge, Gewöhnliches Ferkelkraut und einige<br />

Moose ausmachen. Silbergras und Schillergras, wie sie für die<br />

Dünen der ostfriesischen Inseln charakteristisch sind, fehlen auf<br />

Scharhörn.<br />

An den Hängen der älteren Dünen hat sich die aus China überall<br />

an der Nordseeküste eingeschleppte Kartoffelrose angesiedelt. Gebüsche<br />

kennzeichnen den Übergang der Graudüne in die Braundüne,<br />

die schließlich normalerweise dicht von Gebüschen bestanden<br />

ist. Zwar hat es auf Scharhörn einige Ansiedlungen typischer<br />

Dünengebüsche gegeben (manchmal auch unterstützt durch<br />

Pflanzungen), doch auf Dauer konnten sich diese nicht halten.<br />

Dünensenken<br />

Im Inneren der Insel fallen einige Senken auf, die an Dünentäler<br />

erinnern. Diese Senken sind durch unregelmäßig vorrückende<br />

Dünenzüge, zwischen denen niedrigliegende Bereiche bestehen<br />

bleiben oder durch Wassereinbrüche und nachfolgende Ausspülung<br />

oder Auswehung des abtrocknenden Sandes entstanden.<br />

Winterliche Extremhochwässer können den Dünenring im<br />

Norden und Nordwesten überspülen und zerschlagen, anschließend<br />

werden die tiefer liegenden Bereiche überstaut. In<br />

manchen Jahren bleibt das Wasser bis in den Sommer hinein stehen<br />

und der Salzgehalt wird durch Niederschläge so stark verdünnt,<br />

dass schließlich Brackwassertümpel entstehen. Davon<br />

zeugen die tiefsten Senken mit ihren Restbeständen von<br />

Röhrichten aus Meerstrandsimse und Schilf.<br />

Etwa auf Höhe des MThw liegen zwei Senken im Norden und<br />

Südosten von Scharhörn, die früher von strukturreichen<br />

Salzwiesen bestanden waren. Die Vegetation hat sich zwischenzeitlich<br />

deutlich gewandelt: dichte Teppiche des Salzwiesen-Rot-<br />

Schwingels bedecken die Flächen, in denen höchstens noch der


Abb. 2: Blühende Strand-Platterbse in der<br />

Weißdünenvegtation von Scharhörn.<br />

Foto Janke.<br />

Flächengröße (ha)<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1935 1953 1958 1973 1983 1992 1997<br />

Abb. 3: Veränderung der Fläche Scharhörns zwischen<br />

1935 und 1997.<br />

1953<br />

1958 1973<br />

1983<br />

100 0 200 m<br />

1992<br />

Abb. 1: Die Verlagerung der Insel Scharhörn .<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 81


Insel Scharhörn<br />

82<br />

Herbst-Löwenzahn und das Gänse-Fingerkraut einzelne<br />

Farbtupfer setzen. Andere Charakterarten der Salzwiesenvegetation<br />

wie z.B. Strandflieder oder Strand-Aster treten auf<br />

Scharhörn derzeit nicht auf. Die Salzwiesen sind aufgrund seltener<br />

Überflutung und niederschlagsbedingter Aussüßung brackwasserbeeinflusst.<br />

Die etwas höheren Bereiche der Senken, ja sogar Randbereiche<br />

der Dünenkämme, sind überwiegend mit stickstoffliebenden<br />

Hochstaudenfluren bestanden. Vermutlich durch immer wiederkehrenden<br />

Eintrag von Angespül (organisches Material) sowie<br />

reichhaltige Nährstoffversorgung durch Vogelkot konnten sich<br />

dichte Bestände aus Geruchloser Kamille, Gewöhnlichem Beifuß<br />

und Acker-Gänsedistel bilden und in die Röhrichte aus Schilf und<br />

Strandsimse und auch Strand-Quecke und Strandroggen hineinwachsen.<br />

Folgen der Inseldynamik für die Vegetation<br />

Scharhörn wird seit Beginn der neunziger Jahre nur noch von den<br />

Kräften der Natur geformt und gibt daher einen guten Einblick in<br />

die Dynamik der Wattenlandschaft. Erosion an der wasser- und<br />

windexponierten Nord- und Westseite, Sedimentation an der Südostseite<br />

haben in der 70jährigen Geschichte der Insel bereits zu<br />

einer deutlichen Lageveränderung geführt. Von der Insel, wie sie<br />

für 1935 belegt ist, sind heute keine Reste mehr vorhanden, von<br />

der Lage um 1953 zeugt nur noch der nordwestliche Rand mit<br />

einem alten Dünenkomplex, der "Hüttendüne", die Anfang der<br />

50er Jahre aufgeweht wurde. Diese, für Scharhörner Verhältnisse,<br />

alte Düne ist dicht mit Rosen bestanden, die aber durch die fortwährende<br />

Erosion direkt an die Abbruchkante gelangt sind und<br />

nacheinander abrutschen. Die heruntergestürzten Sandmassen<br />

werden im Sommer von Strandroggen und Quecken wieder<br />

durchwachsen und, falls keine starken Stürme im Winter eintreten,<br />

auch bis ins nächste Jahr stabilisiert. Sie verwehren normalen<br />

Hochwässern den Zutritt in das Innere der Insel. Die inmitten der<br />

Düne liegende Hauptdüne ist 1970/71 aufgeweht worden.<br />

Flächengröße<br />

Die Flächengröße der Insel war immer abhängig von den<br />

Witterungsbedingungen und von der Intensität der Dünenschutzmaßnahmen.<br />

Während in den ersten Jahren starke Fluten wieder<br />

große Teile der gerade befestigten Insel wegspülten, waren nach<br />

dem Aufwachsen der Insel über den Flutbereich insbesondere die<br />

Sedimentationsverhältnisse ausschlaggebend. Nach 1935 war die<br />

Flächenbilanz beständig positiv, zwischen 1973 und 1983 verlor<br />

die Insel jedoch nahezu ein Drittel ihrer Fläche.<br />

1997 erreichte die Insel eine Größe von über 20 ha. In den letzten<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Jahren war die Sedimentation im Südosten größer als die relativ<br />

geringfügige Erosion im Nordwesten. Eventuell machen sich<br />

auch die letzten Sandvorspülungen Anfang dieses Jahrzehnts<br />

bemerkbar, die eine gute Sandnachlieferung bewirkten.<br />

Wandel der Vegetation<br />

Die Vegetation der Insel ist durch Untersuchungen in den 1950er<br />

und 1980er Jahren und in neuester Zeit bearbeitet worden, so dass<br />

auch über Veränderungen der Vegetation und der Flora umfangreiche<br />

Kenntnisse vorliegen.<br />

Dabei hat sich gezeigt, dass seit den fünfziger Jahren im wesentlichen<br />

sehr ähnliche Vegetationseinheiten bestehen. Lediglich<br />

ihre Lage und Ausdehnung ist abhängig von den jeweils herrschenden<br />

Sedimentations- und Erosionsbedingungen. Tertiärdünen<br />

und ausgeprägte Graudünen konnten bislang nicht auf der<br />

Insel entstehen. Dazu ist sie einfach zu jung. Bodenbildungsprozesse,<br />

die auf Dauer erst die Grundlage für Nährstoff- und<br />

Wasserversorgung der Gehölze liefern, brauchen Zeit. Soviel Zeit<br />

steht aber auf Scharhörn nicht zur Verfügung. Die ältesten<br />

Dünenbereiche sind hier weniger als 50 Jahre alt, und ehe es zu<br />

einer weiteren Dünen-Alterung kommen kann, werden diese<br />

Bereiche wieder vom Meer fortgespült.<br />

Andererseits haben sich Veränderungen in der Zusammensetzung<br />

der Pflanzengemeinschaften eingestellt. Während seit ihrem Bestehen<br />

über 220 Pflanzenarten auf der Insel nachgewiesen werden<br />

konnten, sind aktuell lediglich etwa 120 Arten regelmäßig auf der<br />

Insel zu finden. Dies zeigt, wie groß die Besiedlungsmöglichkeit<br />

einerseits ist, wie wenige Arten aber andererseits unter den extremen<br />

Bedingungen dort zu leben vermögen.<br />

Abb. 4: Spülsaumgesellschaften an der Westseite Scharhörns mit<br />

Meeresenf (1996). Foto Janke.<br />

Weitere Entwicklung Scharhörns<br />

Die häufig geäußerte Vermutungen, dass die Insel in absehbarer<br />

Zeit vollständig zerschlagen würde, ist anhand der jüngsten Entwicklung<br />

ebenso wenig zu belegen wie eine mögliche weitere<br />

Flächenzunahme. Wie sich die vorhergesagte Meeresspiegelerhöhung<br />

oder der Anstieg des mittleren Tidenhubs auf Scharhörn<br />

auswirken wird, ist nicht abzusehen. Zwar könnten sich dadurch<br />

die erosiven Kräfte an der Nordkante deutlich verstärken,<br />

andererseits können Dünenbildungsprozesse hierdurch gefördert<br />

werden.<br />

Stetiger Wandel ist die Norm in einem derartig dynamischen<br />

System wie dem <strong>Wattenmeer</strong>. Veränderung ist das Merkmal der<br />

Wattenlandschaft, und die Insel Scharhörn ist charakteristisches<br />

Zeichen des Wandels. Nur kurzfristige Konstanz von Lebensräumen<br />

und Besiedlungsmustern sind eng gekoppelt mit räumlicher<br />

Variabilität, so dass die zeitliche Abfolge der Dünenbildung,<br />

die Sukzession, sogar bei einem Rundgang um die Insel deutlich<br />

werden kann. Auf- und Abbau, Umgestaltung, Einwanderung und<br />

Abwanderung von Pflanzen- und Tierarten sind normale Veränderungen.<br />

Auch besonders seltene und schutzbedürftige Tier-<br />

Abb. 5: Steiler Dünenhang im Norden Scharhörns. Foto Janke (1996).<br />

und Pflanzenarten können von diesem Wandel betroffen werden<br />

und Scharhörn verlassen. Dafür werden sie sich an anderer geeigneter<br />

Stelle im <strong>Wattenmeer</strong> niederlassen. Dies setzt allerdings<br />

voraus, dass auch genügend Bereiche vorhanden sind, in denen<br />

sich selbst gestaltende, dynamische Prozesse stattfinden können.<br />

Dynamische Inseln sind durch die weitgehende Küstenfestlegung<br />

im gesamten <strong>Wattenmeer</strong> selten geworden. Gerade ihre frühen<br />

Stadien sind auf Scharhörn gut zu erkennen. Die weitere Entwicklung<br />

der Insel und ihrer Dünen ist daher von großem Wert für<br />

die Wissenschaft.


Abb. 7: Zur typischen Dünenvegetation Scharhörns<br />

gehört auch der Scharfe Mauerpfeffer. Foto Janke.<br />

Abb. 6:. Lebensräume der Insel Scharhörn (Stand 1997).<br />

Brackwasser-Röhricht<br />

Graudüne<br />

Nährstoffreiche Hochstaudenflur<br />

Primärdüne<br />

Queller-Soden-Flur<br />

Rot-Schwingel-Düne<br />

Salzwiese<br />

Spülsaum<br />

Trittflur<br />

Weißdüne<br />

Wuchsorte der Kartoffelrose<br />

Gebäude/Anlage<br />

10 0 150 m<br />

Abb. 8: Blick auf die Dünenvegetation von Scharhörn<br />

vom "Hamburger Haus" aus (Juli 1996). Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 83


Insel Scharhörn<br />

84<br />

Inseln sind für Insekten aufgrund ihrer relativ geringen Mobilität nur schwer zu erreichen. Daher ist die Artenvielfalt dort<br />

zumeist deutlich geringer als auf dem benachbarten Festland. Auch die Insektenwelt der 15 km vom Festland entfernt liegenden<br />

Düneninseln Scharhörn und Nigehörn weist eine relativ geringe Artenvielfalt auf.<br />

Die Insektenwelt der Inseln Scharhörn und Nigehörn<br />

Insekten können sowohl aktiv als auch passiv neue Standorte<br />

erreichen und sich in die Umgebung ausbreiten.<br />

So können die relativ großen Arten unter ihnen wie z.B. die Vierflecklibelle<br />

und der Wanderfalter, wie beispielsweise der Großer<br />

und Kleiner Kohlweißling, der Raps-Weißling, das Tagpfauenauge<br />

und die Gammaeule, die Düneninseln aktiv anfliegen. Von<br />

allen Arten ist bekannt, dass sie jährliche Wanderungen und Ausbreitungsflüge<br />

durchführen.<br />

Kleinere Arten können von einer südöstlichen Windströmung<br />

vom Festland auf die Inseln verdriftet werden. Auch eine passive<br />

Anreise im Gefieder der Vögel, sowie durch das Anschwemmen<br />

mit dem Treibgut sind möglich. So kann man bei einer genauen<br />

Untersuchung des Angespüls leicht fündig werden und große<br />

Mengen verschiedener Käfer und anderer robuster Insektenordnungen<br />

finden. Insbesondere auf Nigehörn sind mit dem von<br />

Scharhörn stammenden Pflanzenmaterial einige kleinere Arten,<br />

wie z.B. Zikaden eingeschleppt worden. Besonders unter den<br />

Nachtfaltern kann es sog. Irrgäste auf den Inseln geben, die durch<br />

Lichtquellen wie die Befeuerung der Elbmündung und den<br />

Schiffsverkehr angelockt werden.<br />

Nur wenige der schließlich die Inseln erreichenden Arten sind in<br />

der Lage, ihren gesamten Lebenszyklus auf der Insel zu vollziehen<br />

und sich dort fortzupflanzen, also bodenständig zu werden.<br />

Zumeist fehlen einige wichtige Teile ihres natürlichen Lebensraumes<br />

wie bestimmte Wirtspflanzen für Eier und Larven oder<br />

Nahrungspflanzen und anderes.<br />

Dennoch sind die Düneninseln durch ihre besondere Biotopstruktur<br />

ein bedeutsamer Lebensraum für einige spezialisierte Insektenarten,<br />

die offene Sandflächen, Trockenheit und Wärme<br />

während ihres Lebenszyklus benötigen. Beispielsweise tritt die<br />

Laufkäferart Calathus ochropterus nur in naturnahen Dünen mit<br />

großer Stetigkeit auf und viele Schmetterlinge, Hautflügler und<br />

Spinnentiere sind auf diese, inzwischen selten gewordenen,<br />

Lebensräume angewiesen.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Gras- und Staudenvegetation<br />

Scharhörn und Nigehörn weisen eine Vielzahl verschiederner Lebensräume<br />

auf, die nach der Vegetationsstruktur und der in ihnen<br />

herrschenden Umweltbedingungen differenziert werden können.<br />

Große Bereiche des Inselkerns von Scharhörn sind mit dichter<br />

Gras- und Staudenvegetation bewachsen. Dicht geschlossene, an<br />

Rotschwingel reiche Weißdünen, Salzwiesen, Röhrichte und Staudenfluren<br />

bieten ähnliche Lebensbedingungen, wie sie auch in<br />

Wiesen und Röhrichten im Binnenland auftreten. So sind in diesen<br />

Vegetationsstrukturen nur wenige spezialisierte Insektenarten zu<br />

finden. Allgemein verbreitete Arten, wie z.B. der Laufkäfer<br />

Harpalus rufipes oder das Große Grüne Heupferd, eine Heuschreckenart,<br />

sind hier häufigere Arten. Ein ähnliches Bild zeigen<br />

der äußere Dünenring und die grasreichen, durch Vogelkot gedüngten<br />

Magerrasen von Nigehörn. Lediglich Röhrichte und Staudenfluren<br />

konnten sich auf der jungen Insel noch nicht entwickeln.<br />

Lückige Magerrasen<br />

Lückige Magerrasen mit Flechten und Moosen, in denen immer<br />

wieder offene Sandbereiche eingestreut sind, finden sich sowohl<br />

auf Scharhörn als auch auf Nigehörn. Auf solchen Flächen, die<br />

auf Scharhörn den Graudünen entsprechen, auf Nigehörn hingegen<br />

durch die Ansaat begründet wurden, leben vor allem lichtund<br />

wärmeliebende Arten wie z.B. der Laufkäfer Amara aena<br />

und der Kleine Feuerfalter, von dem hier mehrfach auch Raupen<br />

gefunden wurden.<br />

Weißdünen<br />

Charakteristisch für beide Inseln sind Weißdünen mit offenem<br />

Sand. Diese jungen Dünen werden durch bewegte Dünensände mit<br />

mehr oder weniger dichtem Bewuchs durch die typischen<br />

Dünengräser Strandhafer und Strandroggen gekennzeichnet, in<br />

denen es bereits innerhalb weniger Stunden zu erheblichen Sandumlagerungen<br />

kommen kann. Typisch für den Lebensraum<br />

Weißdüne ist der Eulenfalter Chortodes elymi, der sowohl auf<br />

Scharhörn als auch auf Nigehörn festgestellt wurde. Diese unscheinbare<br />

Art lebt ausschließlich an Strandroggen und ist daher<br />

eng an die Küstenlebensräume der Nord- und Ostsee gebunden.<br />

Sowohl Scharhörn als auch Nigehörn haben im Südosten einen<br />

sogenannten Steert ausgebildet, der, ebenso wie die östlich angelagerten<br />

Haken, Primärdünenvegetation auf feuchtem, offenem<br />

Sand aufweist. Diese Flächen werden von starken Hochwässern<br />

erreicht. Für diesen Lebensraum sind Laufkäferarten der Gattung<br />

Dyschirius typisch. Auch in der Inselmitte Nigehörns, in Stauwassersenken,<br />

sind offene, feuchte Sande anzutreffen.<br />

Andere ökologische Bedingungen herrschen auf vegetationslosen<br />

Flächen mit offenem Sand. Lediglich Nigehörn besitzt noch solche<br />

Biotope, die durch Ausblasungen entstanden sind. Diese<br />

Strukturen sind im Laufe der Sukzession auf Scharhörn verlorengegangen.<br />

Trockenheits- und wärmeliebende Arten wie z.B. der<br />

hauptsächlich im Küstenbereich vorkommende Laufkäfer Amara<br />

quenseli, bevorzugen diesen Lebensraum. Auf der "Roten Liste"<br />

der gefährdeten Laufkäfer ist die genannte Art bereits als stark<br />

gefährdet eingestuft.<br />

Umfangreiche Gehölzstrukturen, wie sie für alte Dünen (Tertiärdünen)<br />

charakteristisch sind, kommen aufgrund des relativ geringen<br />

Alters beider Inseln nicht vor. Daher finden gehölzbewohnende<br />

Tierarten hier keinen Lebensraum. Lediglich auf Scharhörn<br />

haben sich einige kleinere Rosenbestände aus der allgemein weit<br />

verbreiteten Kartoffelrose etabliert.<br />

Die Lebensräume und ihre Besiedlung im Vergleich<br />

Am Beispiel der verschiedenen Eulenfalter-Arten Scharhörns<br />

kann die Bevorzugung bestimmter Lebensräume aufgezeigt werden.<br />

Etwa 20% der Arten bevorzugen die offenen, trockenen<br />

Lebensräume. Aufgrund der Seltenheit dieser Extrembiotope sind<br />

viele der an diese Lebensbedingungen angepaßten Arten inzwischen<br />

in ihrem Bestand gefährdet und werden auf den "Roten<br />

Listen" geführt. Fast die Hälfte aller gefundenen Eulenfalterarten<br />

können als bodenständig angenommen werden, d.h. sie können<br />

alle Stadien ihrer Entwicklung auf Scharhörn durchlaufen und sich<br />

dort auch fortpflanzen.<br />

Auch für viele andere Insektengruppen werden ähnliche Verhältnisse<br />

vermutet, doch sind bislang zu wenig grundlegende Untersuchungen<br />

durchgeführt worden.<br />

Detaillierte Untersuchungen zum Artenbestand der Insekten auf<br />

Nigehörn liegen bislang noch nicht vor. Bei vergleichenden Untersuchungen<br />

zur Nachtfalter- und Kleinschmetterlingsfauna von<br />

Scharhörn und Nigehörn wurde aber bereits bei einer Erfassung<br />

Ende Juni 1997 ein Anteil von etwa zwei Drittel der Arten<br />

Scharhörns auch auf Nigehörn gefunden, die dort als bodenständig<br />

gelten dürfen. Die Besiedlung Nigehörns mit charakteristischen<br />

Insektenarten scheint damit schon weit fortgeschritten zu sein.


Abb. 2: Großes Heupferd. Charakterform der dichten<br />

Gras- & Staudenvegetation. Foto Janke.<br />

Abb. 3: Laufkäfer (Amara aena).<br />

Charakterform der lückigen Magerrasen. Foto Hecker.<br />

Abb. 4: Kleiner Feuerfalter.<br />

Charakterform der lückigen Magerrasen. Foto Borsch.<br />

dichte Gras-/Staudenvegetation<br />

lückiger Magerrasen<br />

offener, feuchter Sand<br />

offener, trockener Sand<br />

Weißdüne mit offenem Sand 100 0 500 m<br />

Scharhörnplate<br />

Nigehörn<br />

Abb. 1:Vegetationsstrukturen der Düneninseln Scharhörn und Nigehörn<br />

als Lebensraum für Insekten.<br />

Scharhörn<br />

Anzahl der Arten<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Abb. 5: Grabhäufchen des Salzkäfers auf dem offenen,<br />

feuchten Sand am Inselrand. Foto Janke.<br />

Abb. 6: Salzkäfer. Foto Janke.<br />

nicht spezifische Arten trockenheitsliebende Arten<br />

Sandbodenarten<br />

Gesamtzahl Bodenständigkeit<br />

feuchtigkeitsliebende Arten<br />

Abb. 7: Ökologische Präferenzen der Eulenfalter (Noctuidae) auf Scharhörn.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 85


Insel Scharhörn<br />

86<br />

Die Insel Scharhörn ist seit ihrer Entstehung ein außerordentlich bedeutsamer Brut- und Rastplatz für Tausende von<br />

Seevögeln. Nur wenige Brutvogelkolonien und Rastvogelbestände sind in ihrer Entstehung und Entwicklung so ausführlich<br />

dokumentiert wie die der Vogelschutzinsel am Rande des Elbfahrwassers.<br />

Die Vogelwelt und ihre Entwicklung<br />

Seit 1938 wird die Insel Scharhörn von Vogelwarten betreut, und<br />

seit dieser Zeit liegen daher kontinuierliche Aufzeichnungen der<br />

Brutvogelbestände vor. Lediglich im 2. Weltkrieg, als Scharhörn<br />

Stützpunkt der Flugabwehr war, konnte die Insel von Zivilpersonen<br />

nicht betreten werden. Seit der Ausweisung als Naturschutzgebiet<br />

1939 oblag die Betreuung gemeinsam der<br />

Vogelwarte Helgoland und dem Verein Jordsand. Bis 1975 war<br />

Scharhörn auch Außenstelle der Vogelwarte Helgoland, wobei der<br />

Schwerpunkt in der Beringung (mehr als 25.000 Flussseeschwalben<br />

wurden in dieser Zeit beringt) und Erfassung der<br />

rastenden Vögel lag. Allerdings wurde, dem Zeitgeist und Naturschutzgedanken<br />

der jeweiligen Zeit entsprechend, nicht nur die<br />

Entwicklung der Bestände beobachtet, sondern es wurden auch<br />

z.T. erhebliche Eingriffe in die natürliche Entwicklung einzelner<br />

Kolonien unternommenen. So wurde z.B. versucht, die Ansiedlung<br />

von Möwen durch Gelegezerstörung und Bejagung zu unterdrücken,<br />

andererseits wurden Nisthilfen für Brandenten in die<br />

Dünen eingebracht (von 1950 bis 1969).<br />

Seeschwalben<br />

Schwerpunkt der Beobachtung und besonderer "Stolz der<br />

Vogelwarte" waren von jeher die großen Kolonien der brütenden<br />

Seeschwalben. Fluss- und Küstenseeschwalbe brüten mindestens<br />

seit 1926 bzw. 1949, die Brandseeschwalbe, allerdings mit Unterbrechungen,<br />

seit 1902 und die Zwergseeschwalbe in kleineren<br />

Beständen ebenfalls fast kontinuierlich seit dieser Zeit. Die Standorte<br />

der Kolonien waren, den jeweiligen ökologischen Bedingungen<br />

angepasst, von Jahr zu Jahr recht lagetreu. Brandseeschwalben<br />

brüteten am Westrand der Insel, die Zwergseeschwalbe<br />

am Südostrand, häufig noch außerhalb der Primärdüne<br />

auf dem Strand, in den siebziger Jahren auch in der nur gering<br />

bewachsenen Ostdüne. Die Fluss- und Küstenseeschwalben bilden<br />

gemischte, lockere Kolonien, vornehmlich im Westen der<br />

Insel in den Weißdünen- und Rot-Schwingel-Dünen, aber auch in<br />

den Salzwiesen und Staudenfluren. Die Küstenseeschwalbe stellte<br />

etwa einen Anteil von 10 bis 20% an den bis zu 4000 Brutpaare<br />

umfassenden Mischkolonien mit der Schwesterart.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

In den achtziger Jahren waren im Mittel fast 5500 Brutpaare der<br />

Seeschwalben auf der Insel versammelt. Das Maximum wurde<br />

1983 mit 8072 Brutpaaren erreicht. Scharhörn stellte zu dieser<br />

Zeit einen der bedeutendsten Brutplätze für Seeschwalben im<br />

gesamten <strong>Wattenmeer</strong> dar. Seit einigen Jahren nehmen die<br />

Seeschwalbenbestände auf Scharhörn jedoch wieder kontinuierlich<br />

ab. In vielen Jahren ist kein nennenswerter Bruterfolg zustande<br />

gekommen. Die Brandseeschwalben haben zuletzt 1998<br />

Scharhörn erfolgreich als Brutplatz genutzt. Im Jahr 2000 haben<br />

sie ihre Gelege vorzeitig aufgegeben.<br />

Pioniere<br />

Ein weiterer Schwerpunkt der Beobachtungen galt den frühen<br />

Besiedlern der Strände, deren Entwicklung zeitgleich mit der<br />

Sukzession der Düneninsel verfolgt werden konnte. So haben<br />

neben den bereits erwähnten Zwergseeschwalben auch<br />

Seeregenpfeifer und Sandregenpfeifer fast in jedem Jahr auf<br />

Scharhörn ihren Nachwuchs aufgezogen. Die Bestände und die<br />

Brutpaare<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

0<br />

1936<br />

Flussseeschwalben Küstenseeschwalben<br />

1942 1948 1954 1960 1966 1972 1978 1984 1990 1997<br />

Abb. 1: Bestandsentwicklung von Fluss- und Küstenseeschwalbe auf<br />

Scharhörn.<br />

Bruterfolge dieser Arten schwanken sehr stark.<br />

Auch der Austernfischer, der bereits auf dem vegetationsarmen<br />

Scharhörnsand seine Gelege errichtete, gehört zu den Brutvögeln<br />

der "ersten Stunde". Sein Bestand stieg bis in die achtziger Jahre<br />

an und erreichte ein kontinuierlich hohes Niveau von 100 bis 120<br />

Brutpaaren. Seit Mitte dieses Jahrzehnts ist eine Abnahme des<br />

Bestandes zu verzeichnen.<br />

Möwen<br />

Die dritte bedeutende Vogelgruppe auf Scharhörn bilden die<br />

Möwen. Nach der erfolglosen Verhinderung von Ansiedlungsversuchen<br />

der Silbermöwe haben sich inzwischen auch Heringsund<br />

Sturmmöwe auf Scharhörn angesiedelt. Die Brutkolonie der<br />

Lachmöwen ist seit 1996 im Rückgang begriffen.<br />

Das sogenannte "Möwenproblem"<br />

Die vermutete negative Auswirkung der Möwenbestände auf konkurrenzschwächere<br />

Seevogelarten durch Brutplatzverdrängung,<br />

Nahrungskonkurrenz und die Erbeutung von Gelegen und Jungvögeln<br />

führte seit den zwanziger Jahren zur großräumigen Reduzierung<br />

der Silbermöwenbestände durch Gift, Gelegevernichtung<br />

und direkte Bejagung. Kurzfristig konnte damit zwar die<br />

Zunahme der Möwenbestände gebremst werden, nach Einstellung<br />

der bestandsregulierenden Maßnahmen stiegen die Möwenbestände<br />

jedoch immer wieder an. Ein Zusammenhang zwischen<br />

wachsendem Großmöwenbestand und Rückgang anderer Seevögel<br />

konnte jedoch nie bewiesen werden, zumal seit den siebziger<br />

Jahren die Bestandszunahme der Möwenpopulationen synchron<br />

mit Bestandserholungen anderer Seevogelarten verlief.<br />

Auch auf Scharhörn, die traditionell als Vogelschutzinsel insbesondere<br />

für Seeschwalben im Interesse des Naturschutzes stand,<br />

wurden Regulierungsmaßnahmen an Silbermöwen seit ihrer<br />

Ansiedlung durchgeführt. Vor allem die Gelegezerstörung stand<br />

zunächst im Vordergrund, konnte aber eine weitere Ausdehnung<br />

der Kolonien nicht verhindern. Im Verlauf der küstenweiten<br />

Bekämpfungsaktionen konnte die Silbermöwe jedoch vorübergehend<br />

von Scharhörn verdrängt werden. Ende der achtziger Jahre<br />

wurden dann sogar gezielte Bejagungsmaßnahmen auf Scharhörn<br />

durchgeführt.<br />

Wie bereits in anderen Bereichen der Nordseeküste nehmen auf<br />

Scharhörn und Nigehörn derzeit die Bestände der Großmöwen<br />

zu. Während andernorts die Silbermöwenbestände wieder im<br />

Rückgang begriffen sind, ist auf Scharhörn und Nigehörn immer<br />

noch eine Zunahme zu verzeichnen gewesen. Die Einstellung der<br />

Verfolgung hatte für die Silbermöwenpopulation einen deutliche<br />

Anstieg der Brutpaare zur Folge. Vergleichsweise jung sind noch


Brutvögel (Auswahl)<br />

10 0<br />

Austernfischer<br />

Rotschenkel<br />

Sandregenpfeifer<br />

Wiesenpieper<br />

Brutkolonien<br />

Fluss-/Küstenseeschwalbe<br />

Heringsmöwe<br />

Lachmöwe<br />

Silbermöwe<br />

Zwergseeschwalbe<br />

Gebäude/Anlage<br />

150 m<br />

Abb. 2:Verteilung ausgewählter Brutvogelarten auf der Insel Scharhörn (Aufnahme 1996).<br />

Brutpaare<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

1935<br />

1945<br />

Lachmöwe<br />

1955<br />

Abb. 3: Bestandsentwicklung des Rotschenkel auf Scharhörn.<br />

1965<br />

1975<br />

1985<br />

1995<br />

Sibermöwe Sturmmöwe Heringsmöwe<br />

Abb. 4: Brutbestandsentwicklung der Möwenkolonien auf Scharhörn.<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

Brutpaare<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 87<br />

0


Insel Scharhörn<br />

88<br />

die Brutbestände der Heringsmöwe, die seit 1989 mit wachsender<br />

Zahl auf Scharhörn brütet, sowie der Sturmmöwe (seit 1994 mit<br />

bis zu 6 Brutpaaren). In den letzten Jahren wachsen wattenmeerweit<br />

die Bestände von Heringsmöwe und Sturmmöwe steil an.<br />

Der beobachtete Rückgang des Bruterfolgs der Silbermöwe wird<br />

in erster Linie auf die Konkurrenz mit Heringsmöwen zurückgeführt,<br />

denen die Silbermöwe während der Phase der Jungenaufzucht<br />

unterlegen zu sein scheint. Für die Bestandsvermehrung<br />

von zunächst Herings- und jetzt auch Sturmmöwe werden<br />

menschliche Aktivitäten verantwortlich gemacht, insbesondere<br />

die bessere Ernährungssituation durch über Bord geworfene<br />

Fischereiabfälle. Anders als die Silbermöwe, die auch auf Müllplätzen<br />

zu finden ist, sind Sturm- und Heringsmöwe überwiegend<br />

Fischfresser, die allerdings auch zusätzlich Gelege und Jungvögel<br />

schwächerer Arten erbeuten können.<br />

Auch die Scharhörner Brutkolonie der Lachmöwe hat noch bis<br />

1996 deutlich zugenommen. Seit Beginn der fünfziger Jahre verlegten<br />

die früher vorwiegend binnenländischen Populationen ihr<br />

Brutgebiet an die Küste und vervielfachten innerhalb kurzer Zeit<br />

ihre Bestände. Auf Scharhörn erfolgte eine dauerhafte Ansiedlung<br />

erst 1972. Von den Vogelwärtern wurde versucht, eine Etablierung<br />

der Lachmöwe auf Scharhörn zu verhindern, weil man in<br />

ihnen eine zu starke Konkurrenz für die Seeschwalben vermutete.<br />

Die Ansiedlung konnte jedoch langfristig nicht unterbunden<br />

werden. Während in den letzten Jahren die Teilpopulation auf<br />

Scharhörn rückläufige Bestandszahlen aufweist, nimmt der Bestand<br />

auf Nigehörn deutlich zu. Für das deutsche <strong>Wattenmeer</strong> insgesamt<br />

ist noch kein Ende des Bestandszuwachses abzusehen,<br />

weil die anpassungsfähige Lachmöwe schnell neue Nahrungsquellen<br />

erschließen kann.<br />

Anders als die großen Möwenarten rauben die Lachmöwen nur<br />

vergleichsweise selten die Nester von Seeschwalben aus. Im<br />

Gegenteil, die Brandseeschwalben suchen zur Brutzeit die Nähe<br />

und den Schutz der gegenüber den großen Möwen äußerst aggressiven<br />

Lachmöwenkolonien.<br />

Während in den frühen Jahren der Inselbetreuung zunächst eine<br />

ernsthafte Bedrohung der Seeschwalben und ihrer Brutplätze in<br />

der Konkurrenz durch die Möwen gesehen wurde, hat sich in den<br />

letzten Jahren immer wieder herausgestellt, dass die direkte<br />

Erbeutung von Gelegen und Jungvögeln durch die Silbermöwen<br />

für die Seeschwalben von größerer Bedeutung ist. Verschärfend<br />

für die Brutsituation der Seeschwalben auf Scharhörn kommt hinzu,<br />

dass die Biotopstrukturen im Bereich der traditionellen<br />

Neststandorte der Fluss- und Küstenseeschwalbe auf Scharhörn<br />

nicht den für sie günstigsten Verhältnissen entsprechen. Die<br />

Vegetation ist vergleichsweise zu hoch und stark verfilzt, wo-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

durch die Erreichbarkeit der Nester und deren Verteidigungsmöglichkeit<br />

gegenüber den zu Fuß durch die Kolonien laufenden<br />

Möwen herabgesetzt wird, und die Küken bei feuchter Witterung<br />

nicht schnell genug trocknen können.<br />

In Kombination mit schlechten Ernährungsbedingungen blieb in<br />

den neunziger Jahren mehrere Jahre nacheinander nennenswerter<br />

Bruterfolg der Seeschwalben auf Scharhörn aus. Flussseeschwalben<br />

weisen große Standorttreue auf und geben ihre<br />

Kolonien erst auf, wenn sie mehrere Jahre hintereinander keinen<br />

Bruterfolg hatten. Beispielsweise hat sich die Kolonie auf<br />

Trischen erst nach mehreren aufeinanderfolgen Jahren ohne<br />

Bruterfolg stark reduziert, dafür ist es andernorts zu einer erfolgreichen<br />

Ansiedlung gekommen.<br />

Im Laufe der natürlichen Dünenentwicklung stellen Silbermöwen<br />

nach den Seeschwalben die folgende Stufe der Besiedlung durch<br />

Brutvögel dar. Der lokale Rückgang der Seeschwalben beruht<br />

also auch auf einer Veränderung der Bruthabitate, durch die Ansiedlung<br />

von Silbermöwenkolonien kann der Bestandsrückgang<br />

der Seeschwalben beschleunigt werden. Die Seeschwalben weichen<br />

in der Regel in andere Gebiete aus, bis die Zahl der Fressfeinde<br />

sich aufgrund populationsökologischer Faktoren wieder<br />

reduziert hat. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, eine Gesamtübersicht<br />

der Seeschwalbenkolonien im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />

vorzunehmen, um deren Entwicklung abschätzen zu können.<br />

Abb. 5: Küken der Silbermöwe. Foto Janke.<br />

Weitere Arten<br />

Schon frühzeitig nach ihrer Entstehung hatten auch weitere Arten<br />

die Insel als Brutplatz entdeckt. Die Brandenten siedelten bereits<br />

auf den ersten kleinen Dünen. Im Rahmen der allgemeinen<br />

Brutbestandszunahme im Küstenraum stieg auch der Brutbestand<br />

auf Scharhörn, der zwischen 1950 und 1969 durch die Anlage<br />

künstlicher Bruthöhlen gefördert wurde. In den siebziger und<br />

achtziger Jahren konnten dann zumeist über 50 Brutpaare auf der<br />

inzwischen über ausreichend natürliche Bruthabitate (dicht<br />

bewachsenen Dünen) verfügenden Insel gezählt werden. In den<br />

letzten Jahren sinkt der Brutbestand wieder. Auch bei der Stockente,<br />

die seit 1960 hier regelmäßig brütet, ist diese Bestandsabnahme<br />

zu verzeichnen.<br />

Der auf Scharhörn brütende Rotschenkel ist eigentlich kein typischer<br />

Brutvogel einer Düne. Er legt seine Nester in dichter<br />

Vegetation an und konnte sich daher erst mit wenigen Brutpaaren<br />

ansiedeln, als diese Biotopstrukturen vorhanden waren (ab 1947).<br />

Er steigerte seinen Brutbestand kontinuierlich auf maximal 28<br />

Brutpaare (1979 und 1981), dieser nimmt in den letzten Jahren<br />

jedoch wieder - wie auch auf dem Festland - rapide ab. Seine<br />

bevorzugten Bruthabitate sind die dicht bewachsenen Salzwiesen<br />

und älteren Dünenkomplexe. Jedoch weist der Rotschenkel im<br />

langjährigen Schnitt nur einen recht geringen Aufzuchtserfolg<br />

auf, was sowohl am Nahrungsmangel auf der Düne als auch in der<br />

ungünstigen Biotopstruktur liegen mag, da die dichten und verfilzten<br />

Grasbestände für Küken nur schwer zu durchdringen sind.<br />

Auch Singvögel sind auf der Insel beheimatet. Regelmäßig seit<br />

1961 brütet der Wiesenpieper mit durchschnittlich etwa 10<br />

Paaren. Von 1948 bis 1995 brütete auch die Feldlerche alljährlich<br />

mit maximal über 30 Brutpaaren. Zu den unregelmäßigen Brutgästen<br />

zählen weiterhin Bachstelze, Elster, Star und Bluthänfling.<br />

Scharhörn als Rastgebiet<br />

Neben der Funktion als Brutstätte ist Scharhörn als Rückzugspunkt<br />

für Limikolen bei Extremhochwässern von großer<br />

Bedeutung. Die hochgelegene Plate ist bedeutender Rastraum für<br />

mehr als 100.000 Vögel. Vornehmlich Alpenstrandläufer, Knutts,<br />

Austernfischer, Kiebitzregenpfeifer, Brachvögel, Pfuhlschnepfen<br />

und Großmöwen suchen den Scharhörnsand bei normal auflaufendem<br />

Wasser auf. Bei hohen Wasserständen werden auch Randbereiche<br />

der Insel genutzt, insbesondere von Möwen und Brachvögeln,<br />

während andere Arten (z.B. Austernfischer) in das Vorland<br />

von Neuwerk abziehen oder die Hochwasserzeit fliegend<br />

überbrücken wie z.B. die Knutts.<br />

Scharhörn dient aufgrund seiner Lage in der inneren Deutschen<br />

Bucht als Rast- und Orientierungspunkt für ziehende Singvögel.<br />

Die Hauptzugwege zumindest im Herbst scheinen allerdings östlich<br />

an der Insel vorbeizulaufen und der Küstenlinie Schleswig-<br />

Holsteins als Landmarke zu folgen. Auch zur Rast wird<br />

Scharhörn von vielen Singvögeln aufgesucht, entweder nur für<br />

eine kurze Stippvisite oder auch für mehrere Tage.


Seeschwalbenkolonien 1990 Seeschwalbenkolonien 1996 Silbermöwen<br />

Brandseeschwalbe<br />

Fluss-/Küstenseeschwalbe<br />

Kolonien 1990 Gebäude/Anlagen<br />

Fluss-/Küstenseeschwalbe Zwergseeschwalbe<br />

Kolonien 1996<br />

Abb. 6:Verteilung und Veränderung ausgewählter Seevogelkolonien auf Scharhörn 1990–1996.<br />

10 0<br />

150 m<br />

Abb. 7: Kopulierende Flussseeschwalben am Strand von<br />

Scharhörn. Foto Helm.<br />

Abb. 8:Austernfischer. Foto Janke.<br />

Abb. 9: Rotschenkel. Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 89


Insel Scharhörn<br />

90<br />

In den Umweltbeobachtungsprogrammen des <strong>Wattenmeer</strong>es werden Seeschwalben als wichtige biologische Anzeiger für<br />

Veränderungen genutzt. Aufgrund ihrer Biologie eignen sie sich in besonderem Maße dafür, die Umweltqualität zusammenfassend<br />

anzuzeigen.<br />

Brut- und Nahrungsbiologie der Fluss- und<br />

Küstenseeschwalben<br />

Bereits in der Mitte der sechziger Jahre wurden die Seeschwalben<br />

als biologische Anzeiger (Indikatoren) für Umweltqualitäten<br />

erkannt. Durch die Einleitungen einer chemischen Fabrik bei<br />

Rotterdam wurde das gesamte Ökosystem des <strong>Wattenmeer</strong>es mit<br />

Pestiziden verseucht. Innerhalb der Nahrungskette kam es zu<br />

einer Anreicherung dieser Giftstoffe im Gewebe der Organismen,<br />

so dass die am Ende des Nahrungsgefüges stehenden fischfressenden<br />

Seeschwalben und Möwen unter akuten Vergiftungserscheinungen<br />

litten. Neben vielfach beobachteten Todesfällen<br />

kam es in der Folgezeit zu Unfruchtbarkeit, zu dünnen, nicht haltbaren<br />

Eischalen und zu geringem Schlupf- und Aufzuchtserfolg.<br />

Die Bestände der Seeschwalben wurden dadurch massiv dezimiert<br />

und haben erst seit 1980 wieder das frühere Niveau erreicht.<br />

Seeschwalben als Bio-Indikatoren<br />

Im Rahmen der vorsorgenden Umweltbeobachtung im Ökosystem<br />

<strong>Wattenmeer</strong> (Monitoring) werden Seeschwalben heute wieder<br />

als hervorragende Indikatoren betrachtet. Flussseeschwalben<br />

sind ausgezeichnet dafür geeignet, in einem speziellen<br />

Bruterfolgs-Monitoring die Umwelt im Ökosystem <strong>Wattenmeer</strong><br />

zu beobachten. Zusammen mit anderen Zeiger-Arten kann die<br />

kontinuierliche Erhebung des Fortpflanzungserfolges in ausgewählten<br />

Standorten als ein Frühwarnsystem für eventuelle<br />

Beeinträchtigungen des Ökosystems dienen.<br />

Neben der Messung von Schadstoffen in Eierschalen macht man<br />

sich insbesondere die Kenntnisse über ihre Brut- und<br />

Nahrungsbiologie als Maß für die Qualität ihrer Umwelt zunutze.<br />

Für die Beobachtung des Fortpflanzungserfolges werden seit vielen<br />

Jahren weitgehend standardisierte Methoden angewendet, die<br />

es erlauben, Brut- und Aufzuchtserfolg verschiedener Jahre miteinander<br />

zu vergleichen. Ebenso können auch verschiedene<br />

Brutgebiete und Nahrungseinzugsgebiete miteinander verglichen<br />

werden. Vereinzelt sind sogar bereits Umweltverträglichkeitsuntersuchungen<br />

mit Hilfe eines Monitoring an Seeschwalben<br />

durchgeführt worden. Bei diesen Untersuchungen werden Koloniebereiche<br />

mit einem kleinem Zaun abgesperrt, so dass die<br />

Küken sich nicht weit vom Nest entfernen können. Durch Be-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

ringungen werden die Küken individuell erkannt. Bis zum Flüggewerden<br />

können sie alle 2-3 Tage gefangen und in speziellen<br />

Vorrichtungen gewogen werden. Die Massengewichtszunahme<br />

der Küken und der Anteil an flüggen Jungvögeln stellen das Maß<br />

für die Aufzuchtsbedingungen und den Aufzuchtserfolg dar.<br />

Abb. 1: Küstenseeschwalbe am Nest. Foto Hecker.<br />

Bruterfolg<br />

Auf den Düneninseln Scharhörn und Nigehörn wurde 1993 eine<br />

Untersuchung zur Brut- und Nahrungsbiologie von Fluss- und<br />

Küstenseeschwalbe durchgeführt. Die zentrale Fragestellung<br />

beschäftigte sich mit den Beweggründen für die Umsiedlung<br />

eines Teils der Seeschwalben von Scharhörn nach Nigehörn.<br />

In dem Untersuchungsjahr war ein sehr geringer Aufzuchtserfolg<br />

zu verzeichnen. Über 70% der Erstgelege wurden von Möwen<br />

erbeutet. Von den geschlüpften Küken überlebte nur ein einziges<br />

(Küstenseeschwalbe auf Nigehörn) bis zum Flüggewerden, alle<br />

anderen Küken wurden von Silbermöwen und Lachmöwen<br />

geraubt.<br />

Das Jahr 1993 war an vielen Standorten in der Deutschen Bucht<br />

jedoch ein Jahr mit geringem oder gar keinem Bruterfolg.<br />

Allerdings sind nicht in allen Gebieten dieselben Ursachen für<br />

den geringen Aufzuchtserfolg zu sehen. Neben einer starken<br />

Dezimierung durch die Freßfeinde Silber- und Lachmöwe scheint<br />

generell im Jahr 1993 die Nahrungsverfügbarkeit für Seeschwalben<br />

eingeschränkt gewesen zu sein.<br />

Für die langfristige Populationssicherung wird ein jährlicher mittlerer<br />

Aufzuchtserfolg von 0,9 bis 1,1 flüggen Küken/Paar angenommen.<br />

Nur an Standorten, wo diese Werte erreicht werden,<br />

kann sich die Population aus eigener Kraft behaupten, ansonsten<br />

wird sie auf Zuwanderung aus anderen Gebieten angewiesen sein<br />

oder früher oder später erlöschen. Bereits im 20jährigen Mittel ist<br />

jedoch der Bruterfolg der Flussseeschwalbe auf Scharhörn mit<br />

0,74 Küken/Paar vergleichsweise gering. Im Vergleich dazu weist<br />

die Küstenseeschwalbe mit 0,9 Küken/Paar einen deutlich höheren<br />

Aufzuchtserfolg auf, was wahrscheinlich auf einer höhere<br />

Flexibilität der Küstenseeschwalbe in ihrer Nahrungszusammensetzung<br />

beruht.<br />

Nahrung der Seeschwalben<br />

Das Nahrungsspektrum der Seeschwalben ist gut bekannt.<br />

Hauptnahrung für die Flussseeschwalbe stellen die kleinen<br />

heringsartigen Fische dar. Hering und Sprotte machen zumeist<br />

über 50% der Nahrung aus; Plattfische und Sandaale sind weitere<br />

wichtige Bestandteile, Garnelen und Krabben sowie andere<br />

Fische werden nur in geringerem Maße aufgenommen. Je nach<br />

Nahrungsangebot weichen Seeschwalben jedoch auch davon ab.<br />

Allerdings sind Plattfische und Krebstiere energetisch ungünstigere<br />

Nahrungstiere, so dass in Jahren mit hohem Anteil an diesen<br />

Arten der Bruterfolg bei den Flussseeschwalben geringer ist. Die<br />

Küstenseeschwalbe hat generell einen höheren Anteil von<br />

Krebstieren in ihrem Nahrungsspektrum. Die Nutzung eines<br />

höheren Wirbellosenanteils durch die Küstenseeschwalbe vergrößert<br />

die nahrungsökologische Spannbreite und erlaubt so eine<br />

größere Flexibilität bei widrigen Umweltbedingungen. Auch auf<br />

Scharhörn und Nigehörn machen Krabben und Garnelen bis zu<br />

2/3 der anteiligen Nahrung der Küstenseeschwalbe aus, während<br />

diese Tiere von den Flussseeschwalbe nur mit weniger als einem<br />

Drittel aufgenommen wurden. Auch konnte ein deutlicher Unterschied<br />

im Beutespektrum der Seeschwalben Nigehörns und<br />

Scharhörns festgestellt werden. Sowohl Küstenseeschwalben als<br />

auch Flussseeschwalben Nigehörns nutzten Krebstiere in höherem<br />

Ausmaß als die Vögel der Scharhörner Kolonien.


Nahrungsgebiete<br />

Der Aktionsradius der Fluss- und Küstenseeschwalben beträgt<br />

mehrere Kilometer. In den Stunden um Niedrigwasser, wenn die<br />

Beutetiere auf die Priele zusammengedrängt sind, finden sie dort<br />

und an den Wasserkanten von Elbe und Till leichter Nahrung und<br />

können dann in großen Schwärmen stoßtauchend beobachtet werden.<br />

Läuft das Wasser wieder auf, werden die Flutsäume des vordringenden<br />

Wassers und die Zonen, wo Wasser an der Wattkante<br />

aus der Tiefe aufsteigt, bevorzugt befischt.<br />

Im Gegensatz zu Flussseeschwalben sind nahrungssuchende<br />

Küstenseeschwalben häufig über dem Watt zu sehen, wo sie in<br />

kleinen Pfützen nach Beute suchen.<br />

Abb. 2: Gelege einer Flussseeschwalbe. Ein Küken ist bereits geschlüpft,<br />

ein zweites (links) hat mit seinen Schnabel die Eierschale duchbrochen.<br />

Foto Janke.<br />

Bevorzugte Nahrungsgebiete für die Seeschwalben Scharhörns<br />

waren die Elbufer, während die Vögel Nigehörns hauptsächlich<br />

südwärts in Richtung Wittsandloch und seine zuführenden Priele<br />

abflogen. Die Kolonien auf Nigehörn nutzten zu weniger als 10%<br />

die traditionellen Nahrungsgebiete an der Fahrwasserkante der<br />

Elbe. Die Unterschiede in der Nahrungszusammensetzung zwischen<br />

den Kolonien von Scharhörn und Nigehörn beruhen daher<br />

aller Wahrscheinlichkeit nach auf dem Nahrungsangebot der beiden<br />

Fanggebiete. Möglicherweise ist die Besiedlung von<br />

Nigehörn durch die bessere Nahrungsverfügbarkeit am<br />

Wittsandloch gefördert worden, da der Flugweg dorthin von<br />

Nigehörn aus deutlich kürzer ist.<br />

Abb. 3: Brutkolonien (rot) und Fanggründe (rosa) der Fluss- und Küstenseeschwalben von Scharhörn und Nigehörn (1993).<br />

W<br />

Scharhörn<br />

N<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

S<br />

Abb. 4a: Abflugrichtungen nahrungssuchender<br />

Seeschwalben von<br />

Scharhörn (1993).<br />

W<br />

Nigehörn<br />

N<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

S<br />

Abb. 4b:Abflugrichtungen nahrungssuchender<br />

Seeschwalben von<br />

Nigehörn (1993).<br />

Scharhörnloch<br />

E<br />

E<br />

Scharhörn<br />

Nigehörn<br />

Wittsandloch<br />

Küstenseeschwalbe<br />

Garnelen<br />

sonstige Fische 9 %<br />

9 %<br />

Sandaale<br />

17 %<br />

Plattfische<br />

7 %<br />

Neuwerker Loch<br />

Bakenloch<br />

Abb. 5a: Nahrungsspektrum der Flussseeschwalbe<br />

auf Scharhörn (1993).<br />

Heringsfische<br />

64 %<br />

Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />

Neuwerk<br />

sonstige Krebse<br />

40 %<br />

Küstenseeschwalbe<br />

Garnelen<br />

7 % Sandaale<br />

sonstige Fische 3 %<br />

1 %<br />

Eitzenbalje<br />

Heringsfische<br />

27 %<br />

Plattfische<br />

22 %<br />

Abb. 5b: Nahrungsspektrum der Küstenseeschwalbe<br />

auf Scharhörn (1993).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 91


Insel Scharhörn<br />

92<br />

Seit Jahren wird weltweit eine Strand- und Küstenverschmutzung sowie eine erhöhte Verunreinigung des Meeresbodens<br />

entlang der Hauptschifffahrtsstraßen festgestellt. Als Hauptquelle dieser Verschmutzung ist die Schifffahrt anzusehen.<br />

Auch die Deutsche Bucht ist erheblich durch Müll von Schiffen belastet.<br />

Die Müllbelastung im Mündungsbereich der Elbe<br />

Die Müllbelastung der im <strong>Nationalpark</strong> “<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>”<br />

gelegenen Insel Scharhörn in unmittelbarer Nähe des<br />

Hauptschifffahrtsweges der Elbe, wurde zum erstem Mal 1980<br />

und im Anschluss daran 1983 und 1989 wissenschaftlich untersucht.<br />

Seit 1991 wird sie jährlich erfasst. Damit liegt eine umfangreiche<br />

Datenreihe über die Vermüllung der Elbemündung<br />

durch die Schifffahrt vor, die Rückschlüsse auf Zu- und Abnahmen<br />

der Belastungen im Mündungsbereich der Elbe zulässt.<br />

Die Müllmengenerfassung<br />

Die angewendete Methode, die Aussagen über Art, Menge und<br />

Herkunft des auf Scharhörn gestrandeten Mülls erlaubt, ist die<br />

Erfassung auf einem repräsentativen, 100 m langen, nach<br />

Nordwesten exponierten Strandabschnitt nach Anzahl der Teile,<br />

Gewicht und Einteilung in acht verschiedene Kategorien (Plastik/<br />

Styropor/Schaumgummi, Papier/Pappe, Metall, Glas/Porzellan,<br />

Fischereigerät, Bekleidung, Nahrungsmittel, Holz).<br />

In der Zeit von Mai bis Oktober werden zwischen 52 und 54<br />

Müllzählungen in dreitägigen Abständen durchgeführt. Dadurch<br />

kann etwa jedes sechste Niedrigwasser erfasst werden. Bei allen<br />

Zählungen handelt es sich um Mindestwerte, da z.B. ein zwischendurch<br />

höher auflaufendes Hochwasser am Strand auch<br />

bereits abgelagerte Müllteile wieder wegspült. Zu berücksichtigen<br />

ist auch, dass natürlich nur schwimmender bzw. treibender<br />

Müll angeschwemmt und damit erfasst werden kann.<br />

Die systematischen Spülsaumkontrollen von Scharhörn wurden<br />

bisher überwiegend in Eigenleistung des Verein Jordsand durchgeführt.<br />

Menge und Zusammensetzung des angespülten Mülls<br />

Der Vergleich der Zusammensetzung des auf Scharhörn angespülten<br />

Mülls der bisher ausgewerteten Jahre von 1980 bis 1995<br />

(Tab. 1) macht folgendes deutlich, dass die Menge der biologisch<br />

schwer abbaubaren Kunststoffe (Plastik, Styropor, Schaumgummi),<br />

die überwiegend als Verpackung aller Art Verwendung<br />

finden, deutlich über 50% liegt und im Jahr 1992 mit 67,6% das<br />

bisherige Maximum erreichte. Dieser hohe Anteil an der Gesamt-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

menge des angespülten Mülls ist deshalb besonders bemerkenswert,<br />

weil mit Inkrafttreten der Anlage V (Schiffsmüll) des MAR-<br />

POL-Übereinkommens zum 1. Januar 1989 und mit der Erklärung<br />

der Nordsee zum Sondergebiet nach Anlage V zum 18. Februar<br />

1991 eigentlich die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen zur Eindämmung<br />

des Müllproblems (Verbot des Einbringens von Plastikmüll<br />

ins Meer; nur noch erlaubtes Einbringen von Lebensmitteln,<br />

aber nicht näher als 12 Seemeilen von Land) geschaffen wurden.<br />

Weitere Auffälligkeiten sind die Abnahme des Anteils von Glas<br />

und Porzellan von 14,4% im Jahr 1980 auf 2,4% im Jahre 1995<br />

und der verhältnismäßig hohe Anteil der Kategorie “Papier/<br />

Pappe” (Tab. 1). Erklärungen für diese Verschiebungen sind nur<br />

unzureichend. So könnte der Rückgang des Anteils von Glas/<br />

Porzellan auf eine stärkere Verwendung von Mehrwegflaschen<br />

gegenüber Einwegflaschen beruhen, ein verhältnismäßig hoher<br />

Anteil von Papier/Pappe auf eine verstärkte Verwendung von Einwegpappbehältern,<br />

in denen zunehmend die verschiedensten<br />

Flüssigkeiten, bis hin zu Wein, verpackt werden.<br />

Auch auf Scharhörn wurden neben Plastikgebrauchsgegenständen<br />

auch Rohplastikpartikel, sogenannte Pellets, gefunden,<br />

die den Rohstoff bei der Herstellung von Plastikgegenständen<br />

darstellen und vermutlich beim Seetransport über Bord gegangen<br />

sind. Bezogen auf eine Erhebung auf 100 m Strand wurden im<br />

Mittel zwischen 539 (1989) und 884 Rohplastikpartikel (1995)<br />

gezählt. Pellets, als Nahrung von Vögeln aufgenommen, können<br />

den Gesundheitszustand der betroffenen Tiere deutlich verschlechtern.<br />

So treten z.B. Verstopfungen im Magen-Darm-<br />

Bereich auf, die direkte negative Auswirkungen auf das Fressverhalten<br />

haben. Mangelnder Appetit und damit eine zu niedrige<br />

Fressaktivität können bei widrigen Witterungsverhältnis schnell<br />

zum Tod der Tiere führen.<br />

Während der vorgenommenen Müllerfassungen wurde besonders<br />

auf verschlossene Behältnisse mit Inhaltsstoffen geachtet. Im<br />

Jahre 1991 wurden Behältnisse mit insgesamt 11,7 Liter Inhalt<br />

registriert (Tab. 2). Die Identifizierung des Inhaltes erfolgte nach<br />

den Etiketten bzw. Augenschein und Geruch. Dabei stellte sich<br />

heraus, dass zahlreiche Behältnisse gefährliche Substanzen ent-<br />

hielten, die bei einem Aufplatzen der Gefäße sowohl zu zusätzlichen<br />

Belastungen des Strandes als auch zur Gefährdung von<br />

Tieren hätten führen können.<br />

Müll als tödliche Falle für Seevögel<br />

Auf Scharhörn ist, wie in den anderen Bereichen der deutschen<br />

Nordseeküste, in den zurückliegenden Jahren zahlreichen<br />

Seevögeln Schiffsmüll und weggeworfenes oder verloren gegangenes<br />

Fischereigerät zum Verhängnis geworden. In der Zeit von<br />

1989 bis 1997 wurden zahlreiche Vögel als Todesopfer durch<br />

Müll auf Scharhörn gefunden (Tab. 3). Besonders betroffen sind<br />

solche Arten, die sich stoßtauchend ernähren und die treibende<br />

Teile als vermeintlich leichte Beute ausmachen. Es ist deshalb<br />

auch nicht verwunderlich, dass unter den Müllopfern allein sieben<br />

Baßtölpel waren, die auf diese Ernährungsweise hochspezialisiert<br />

sind. Die bislang bekannten Funde machen allerdings auch<br />

deutlich, dass derzeit eine akute Bestandsgefährdung bestimmter<br />

Vogelarten durch die Müllbelastung nicht besteht.<br />

Abb. 1: Strangulierter Baßtölpel, Scharhörn. Foto Baer.<br />

Die bisherigen Ergebnisse zur Erfassung der Müllbelastung unserer<br />

Küsten legen jedoch den Schluss nahe, dass systematische<br />

Spülsaumkontrollen, wie sie seit 1980 auf der Insel Scharhörn<br />

durchgeführt werden, auch zukünftig erforderlich sind, um die<br />

Wirksamkeit der vorhandenen internationalen gesetzlichen<br />

Grundlagen zur Eindämmung der Müllbelastung unserer Küsten<br />

überprüfen zu können.


Zusammenstellung von Inhaltsstoffen<br />

Datum Art des Mülls Inhalt Geschätzte<br />

Restmenge<br />

in Litern<br />

27.05.91 Flasche Benzin 0,1<br />

05.06.91 Flasche unbekannt 0,1<br />

08.06.91 Flasche Bier 0,1<br />

26.06.91 2 Tüten Acetylcystein 0,4<br />

Dose unbekannt 0,8<br />

Glas Schokoladenmus 0,1<br />

02.07.91 Glas Apfelmus 0,2<br />

23.07.91 3 Verpackungseinheiten<br />

22 Tabletten<br />

-<br />

Spraydose Insektizid -<br />

10.08.91 Flasche Apfelsaft 0,1<br />

19.08.91 3 Flaschen Limonade 0,5<br />

Konservendose unbekannt 0,8<br />

2 Spraydosen unbekannt -<br />

Flasche Medikament -<br />

Glasröhrchen Tabletten -<br />

22.08.91 Becher Joghurt -<br />

Becher Schokoladenmus 0,1<br />

Flasche Mineralwasser 1,5<br />

2 Flaschen Limonade 2,0<br />

Flasche Medikament 0,2<br />

Dose Cola 0,2<br />

Dose Yachtlack 0,5<br />

25.08.91 Flasche Limonade 0,5<br />

31.08.91 Spraydose Aero-Wax -<br />

06.09.91 Becher Salat 0,2<br />

Dose Handreinigungscreme -<br />

09.09.91 blauer Müllsack Abfall -<br />

Dose Farbe 0,5<br />

12.09.91 Becher Joghurt -<br />

2 Flaschen unbekannt 0,3<br />

Konservendose unbekannt 1,0<br />

4 Ampullen Injektionsdosis Atropin -<br />

24.09.91 Dose Lackfarbe 1,5<br />

Tab. 1: Zusammenstellung von Inhaltsstoffen, die in geschlossenen Behältern<br />

1991 auf der Sammelstrecke Scharhörn gefunden wurden.<br />

Prozentualer Anteil an Müllmenge (n)<br />

Jahr 1980 1983 1989 1991 1992 1993 1994 1995<br />

Gesamtmenge 6912 3306 8875 3652 1524 5937 6601 4927<br />

(in Stück)<br />

Plastik u.a. 28,3 54,5 64,0 54,1 67,6 58,2 65,2 59,6<br />

Papier, Pappe 7,5 7,4 14,2 6,1 16,1 16,9 14,1 7,1<br />

Metall 1,9 1,7 0,9 1,8 0,7 0,6 1,1 0,4<br />

Glas, Porzellan 14,4 13,7 3,2 7,8 4,4 4,1 4,2 2,4<br />

Fischereigerät 3,5 1,7 1,5 4,1 1,8 10,1 2,9 6,5<br />

Bekleidung - 0,7 0,2 0,7 0,9 0,5 0,8 0,4<br />

Nahrungsmittel 3,0 5,8 3,2 2,2 2,9 2,1 1,9 0,9<br />

Holz 41,4 14,4 12,7 23,2 5,6 7,5 9,8 22,7<br />

Prozentsumme 100 100 100 100 100 100 100 100<br />

Tab. 2: Vergleichende prozentuale Zusammenstellung des Mülls von Scharhörn von 1980 bis 1995 (1980: 2 Wochen auf 600 m Strand; 1983-<br />

1995: 52-54 Zählungen = 22 Wochen auf 100 m Strand).<br />

Abb. 2: Angespülte Müllreste am Strand von<br />

Scharhörn (Juli 2000). In den neunziger Jahren<br />

sind die Müllmengen deutlich zurückgegangen.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 3: Treibende und angespülte Netzreste stellen<br />

für viele Seevögel eine tödliche Falle dar.<br />

Foto Janke.<br />

Vogelart Datum Art des Mülls Auswirkung<br />

Prachttaucher 23.06.89 Angelschnur um Hals und Schnabel<br />

Baßtölpel 22.07.89 Plastik-Netzrest im Schnabel<br />

Dreizehenmöwe 10.08.89 Nylonschnur Verstrickung<br />

Stockente 09.04.90 6er-Pack-Plastik um Hals<br />

Haubentaucher 29.04.90 Angelschnur um und im Schnabel<br />

Baßtölpel 15.07.90 Angelschnur total verheddert<br />

Baßtölpel 16.09.90 Plastik-Netzrest im Schnabel<br />

Baßtölpel 18.04.91 Netzrest im Schnabel<br />

Baßtölpel 1994 Netzrest im Schnabel<br />

Flussseeschwalbe 1994 Netzrest Vogel verheddert<br />

Silbermöwe 15.06.95 Netzrest um Hals und Schnabel<br />

Silbermöwe 23.07.95 Netzrest um Hals und Beine<br />

Silbermöwe 23.07.95 Netzrest Hals und Beine verwickelt<br />

Baßtölpel 24.06.96 Angelschnur um Schnabel, Hals u.<br />

Flügel<br />

Baßtölpel 01.07.96 Netzrest um Bauch und Flügel<br />

Silbermöwe 22.08.97 Netzrest um Kopf und Hals<br />

Tab. 3:Todesopfer durch Müll auf Scharhörn von 1989 bis 1997.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 93


Insel Nigehörn<br />

96<br />

Bei einer Überfliegung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> aus größerer Höhe fällt dem Betrachter sofort die auf der südlichen<br />

Scharhörnplate gelegene annähernd kreisförmige Insel Nigehörn auf. Ihre Gestalt ist ganz augenscheinlich nicht von<br />

der Natur geformt worden. Dieses jüngste Eiland des <strong>Wattenmeer</strong>es wurde erst 1989 aufgespült – und zwar ausschließlich<br />

zu Zwecken des Naturschutzes.<br />

Die Aufspülung der Insel Nigehörn –<br />

ein Naturschutzgroßprojekt von nationaler Bedeutung<br />

Eine Vision wird geboren<br />

Die Idee zur Aufspülung einer Düneninsel im hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> wurden nicht erst mit der Errichtung Nigehörns<br />

geboren. Die ersten konkreten Planungsskizzen gehen bereits auf<br />

die Vorbereitungen zum Tiefwasserhafen Scharhörn in den sechziger<br />

und siebziger Jahren zurück. Bereits zu damaliger Zeit wurde<br />

für eine möglicherweise für das Hafenprojekt zu überbauende<br />

Insel Scharhörn eine künstlich angelegte weiter östlich gelegene<br />

Insel "Neu-Scharhörn" als Ersatz für die Brutplätze der Seevögel<br />

vorgesehen. Mit dieser Planung wollte die "Forschungs- und<br />

Vorarbeitenstelle Neuwerk" den besonderen Belangen<br />

Scharhörns als Brut- und Rastplatz für zum Teil seltene und<br />

gefährdete Seevögel Rechnung tragen und deren Lebensraum<br />

durch Verlagerung weitgehend erhalten.<br />

Abb. 1: Planungen zum Tiefwasserhafen Scharhörn I (Ausschnitt):<br />

Darstellung eines Ersatz-Vogelschutzgebiets.Aus Temme (1974).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Eine Insel für die Seevögel<br />

Mit der Zurückstellung der Tiefwasserhafen-Pläne wanderten<br />

auch die Pläne für ein "Neu-Scharhörn" zunächst wieder in die<br />

Schublade. Man erinnerte sich allerdings wieder an diese, als in<br />

der siebziger und achtziger Jahren Scharhörn bei gleichzeitig<br />

zügiger Standortverlagerung rund ein Drittel seiner Größe von<br />

18,3 ha (1973) auf 12,5 ha (1984) verlor. Damals wurden Befürchtungen<br />

laut, Scharhörn könne bei einer großen Sturmflut<br />

gänzlich fortgespült und damit der Sicht des Vogelschutzes international<br />

bedeutsame Brut- und Rastplatz, insbesondere für<br />

Seeschwalben, wieder verloren gehen.<br />

Als vorrangig wurde deshalb aus der Sicht des Naturschutzes<br />

zunächst die Sicherung von Brutplätzen für die auf Scharhörn<br />

brütenden Seevögel angesehen. Gleichzeitig wurde der Versuch<br />

unternommen, eine naturnah gestaltete Insel anzulegen und diese<br />

sich der Dynamik der Naturkräfte folgend ohne Einfluss von<br />

außen entwickeln zu lassen.<br />

Die Baumaßnahmen<br />

Für die Planungen zur Errichtung der Insel durch entsprechende<br />

Aufspülungsarbeiten erwiesen sich die Voruntersuchungen zur<br />

Planung des Tiefwasserhafens als sehr hilfreich. So konnte die<br />

Lage der Insel von vornherein in einem vergleichsweise strömungsarmen<br />

Bereich auf der Südseite der Scharhörnplate<br />

bestimmt werden.<br />

Mit den Bauarbeiten<br />

wurde bereits im Juni<br />

1989 begonnen. Mit<br />

Hilfe eines großen<br />

Saugbaggers wurde<br />

das benötigte Sedimentmaterial<br />

durch<br />

große Stahlrohre aus<br />

Abb. 2: Radlader formen das aufgespülte<br />

Sandmaterial zu einer kreisrunden Insel<br />

(August 1989). Foto Helm.<br />

einem Bereich westlich<br />

des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers<br />

bis<br />

zum vorgesehenen<br />

Standort transportiert. Nach den Aufspülarbeiten von 1,2<br />

Millionen Kubikmeter Sand im Juli bis August 1989 wurde die<br />

Oberfläche der Sandinsel (450 m im Durchmesser) mit Radladern<br />

nach dem Vorbild Scharhörn modelliert. Entsprechend der (damaligen)<br />

Form Scharhörns und Neuwerks wurde eine runde Ausgangsform<br />

gewählt. Zur Verhinderung von starken Erosionserscheinungen<br />

wurden Sandfangzäune rund um die Insel in aufeinander<br />

folgenden Kaskaden quer zur Hauptwindrichtung angeordnet.<br />

Um den feinen lockeren Sand der Insel längerfristig binden<br />

zu können und weiteren Flugsand einfangen zukönnen, wurde<br />

noch im Herbst 1989 in weiten Bereichen der Insel ein Gemisch<br />

aus Raps, Rettich und verschiedenen Salzwiesengräsern ausgesät.<br />

Auf kleineren Flächen wurde zusätzlich Saatgut von auf<br />

Scharhörn gewonnenem Strandhafer, Strandroggen und Strandquecke<br />

ausgebracht. Mit einer Startdüngung von ca. 20 g/m 2 wurde<br />

die Bildung des Wurzelgeflechts so gut unterstützt,<br />

Abb. 3: Ehrenamtliche Helfer des Verein Jordsand begannen schon bald<br />

nach der Aufspülung mit den ersten Pflanzarbeiten, um den lockeren<br />

Sand möglichst auf der Insel zu halten (Mai 1990). Foto Helm.<br />

dass die schweren Sturmfluten im Winter 1989/90 der Insel außer<br />

einer 20-30 cm hohen Abbruchkante keine nennenswerten<br />

Schäden zufügen konnten.<br />

In einem zweiten Bauabschnitt wurden von Juli bis August 1991<br />

abschließende Spülarbeiten auf der Scharhörnplate nordwestlichen<br />

von Nigehörn vorgenommen. Der dort angelegte nierenförmige<br />

Schutzwall wurde so gestaltet, dass er als Wellenbrecher<br />

wirkungsvoll die Insel vor starker Dünung schützte. Das mit der<br />

Erosion abgetragene Sediment sollte direkt auf Nigehörn zugespült<br />

bzw. zugeweht werden und dort die fortschreitende<br />

Dünenbildung fördern. Eine fortschreitende Erosion besonders<br />

des westlichen und nordwestlichen Teils von Nigehörn lässt sich<br />

durch derartige Aufspülungen nicht verhindern. Die ständige


Umlagerung der Sedimente schafft allerdings im Strandbereich<br />

einen ökologisch wertvollen Lebensraum, der von zahlreichen<br />

Pionierarten besiedelt wird (s.u.). Parallel mit der Einrichtung des<br />

Schutzwalls wurden auch auf Scharhörn letztmalig Vorspülungen<br />

im nordwestlichen Bereich vorgenommen, um die Insel zumindest<br />

für ein Übergangszeitraum ausreichend sichern zu können.<br />

Als abschließende Baumaßnahme wurde im August 1991 eine<br />

Beobachtungshütte mit einem angeschlossenen Ausguckstandort<br />

auf Nigehörn fertiggestellt, mit deren Hilfe die notwendigen wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen insbesondere die Zählung der<br />

Vögel ohne große Störungen gewährleistet werden sollen.<br />

Gleichzeitig dient das Gebäude als Schutzhütte für den Vogelwart<br />

von Scharhörn. Von seiner Beobachtungsplattform kann die<br />

gesamte Insel (z.B. für Vogelzählungen) eingesehen werden.<br />

Mit den beschriebenen Baumaßnahmen wurde die Sicherung der<br />

neuen Vogelschutzinsel abgeschlossen. Zur Dokumentation und<br />

Erfolgskontrolle des Projektes wurde ein vorerst auf fünf Jahre<br />

(von 1990-1994) ausgelegtes Untersuchungsprogramm durchgeführt,<br />

um sowohl die geomorphologische Entwicklung und<br />

Modellierung der Insel als auch deren Vegetationsentwicklung<br />

und die faunistische Besiedlung anhand der Vögel und weiterer<br />

ausgewählter Tiergruppen zu dokumentieren.<br />

Finanzierung und Förderung<br />

Das kostenträchtige Projekt wurde vom Bund finanziell in erheblichem<br />

Umfang gefördert. Im Rahmen des Programms zur<br />

Förderung von Naturschutzgroßprojekten von gesamtstaatlich<br />

repräsentativer Bedeutung trug das Bundesministerium für<br />

Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit für das Projekt "Insel<br />

Nigehörn" 60% der Gesamtkosten (1, 8 Mio. DM). Die verbliebenen<br />

40 % entfielen auf die Freie und Hansestadt Hamburg als<br />

Projektträger (1,2 Mio DM).<br />

Abb. 4: Luftbild der Insel Nigehörn, im Hintergrund Scharhörn<br />

(Blickrichtung Nordnordost; Februar 1994). Foto Janke.<br />

Abb. 5: Luftbild der Insel Nigehörn, im Hintergrund Neuwerk und das Festland<br />

(Blickrichtung Südwest, September 1991). Foto Buhs.<br />

Abb. 6: Planungen zum Tiefwasserhafen II (Ausschnitt): Feinplanung zur Errichtung<br />

des Ersatzvogelschutzgebiets "Neu-Scharhörn". Die Anordnung der Windfangzäune<br />

wurde bei der Realisierung Nigehörns weitgehend übernommen.<br />

Aus Temme (1974).<br />

Abb. 7: Kormoran-Kolonie auf einem Dünenkamm im<br />

Norden Nigehörns (Juli 2000). Foto Janke.<br />

Abb. 8: Blick über die Dünenvegetation Nigehörns hinüber<br />

nach Scharhörn (Blickrichtung Nordnordost, Mai 1992).<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 9: An der Nordwestseite nagen die hohen Fluten an<br />

der Substanz der Insel und bilden so größere Abbruchkanten<br />

(Juli 2000). Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 97


Insel Nigehörn<br />

98<br />

Die Sorge um den möglichen Untergang der Insel Scharhörn als wertvoller Brut- und Rastplatz für Seevögel führte zu<br />

einer Naturschutzmaßnahme in bisher nicht gekanntem Ausmaß im deutschen <strong>Wattenmeer</strong>. Ob die Aufspülung der neuen<br />

Insel Nigehörn, nicht nur aus Gründen des Vogelschutzes, sinnvoll sein kann, sondern darüber hinaus auch wertvolle, naturnahe<br />

Küsten-Lebensräume entstehen lässt, wird die weitere Entwicklung von Nigehörn zeigen.<br />

Lebensräume und Vegetation im Wandel<br />

der Entwicklung<br />

Nach Beendigung der Baumaßnahmen erschien die Insel<br />

Nigehörn aufgrund der umfangreichen Bepflanzung und Ansaat<br />

zunächst unnatürlich. Natürliche Entwicklungsprozesse kamen<br />

nur langsam in Gang, wurden jedoch in den folgenden Jahren<br />

durch Sedimentation, Erosion, Eutrophierung und Nährstoffauswaschung<br />

gefördert.<br />

Auch nach mehr als einem Jahrzehnt erscheint die Insel noch in<br />

ihrer künstlichen, runden Ausgangsform. Nach Südosten erstreckt<br />

sich jedoch bereits ein etwa 3 ha großer Anwachsstreifen, der<br />

Steert, nördlich davon ragt ein weiterer, etwa 100 Meter langer<br />

und offensichtlich älterer Haken auf die Sandbank hinaus.<br />

Eine typische Erscheinung an Küsten ist die Ablagerung von<br />

Spülsäumen. Aufgrund der extremen Strömungsdynamik und des<br />

hohen Tidenhubs sind Spülsäume auf der Scharhörnplate jedoch<br />

nur kurzlebig und treten nicht in jedem Jahr auf. Sie werden in der<br />

Regel im Folgewinter wieder fortgeschwemmt. Durch den zeitlichen<br />

Ablauf der Sicherungsmaßnahmen auf Nigehörn sind<br />

jedoch einzelne Spülsäume und deren Vegetation im Osten und<br />

Südosten der Insel von Dünen eingeschlossen worden. Auf diesen<br />

Treibselansammlungen haben sich Salzwiesen entwickelt, die<br />

durch die sie umschließenden Dünen vor dem Angriff der Hochwässer<br />

geschützt wurden. So entstand hier ein Mosaik aus<br />

Dünenpflanzen, Salzwiesenarten und nährstoffliebenden Spülsaumbesiedlern.<br />

Durch küstenparallele Strömungen und schräg zum Strand<br />

wehende Winde können Sedimentumlagerungen zur Bildung<br />

schmaler, zumeist hakenförmiger Halbinseln aus Sand führen<br />

(Nehrungen). Der kleinere nördliche Ausläufer Nigehörns dürfte<br />

ein solcher durch die Wasserströmung geformter Haken sein. Auf<br />

der Binnenseite des Sandhakens konnte sich feines Sediment<br />

ablagern. Auf diesem hat sich in einem schmalen Bereich eine<br />

Salzwiese mit Andel, Strand-Wegerich und Strand-Aster etabliert.<br />

Hinzu treten einige Dünenarten, die aus der direkten Umgebung<br />

einwandern. Vor dieser Salzwiese hat sich ein charakteristisches<br />

Sandqueller-Watt gebildet. Der Haken selbst wird von Primär-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

dünen mit der Binsen-Quecke als dominierender Pflanzenart aufgebaut,<br />

im Inneren des Hakens setzt bereits eine Weiterentwicklung<br />

zu kleinen Weißdünen ein.<br />

Der Steert dagegen wird kaum von dünenbildenden Pflanzen<br />

besiedelt. Hier formen Sandwatt-Queller und Strand-Soden<br />

lockere Pflanzengesellschaften, die nur geringe Überflutung und<br />

Übersandung ertragen. Es ist jedoch ungewiss, ob diese Pflanzengesellschaften<br />

in eine Dünenvegetation übergehen werden.<br />

Während sich die künstlich geformten Dünen im Osten gefestigt<br />

haben, sind, aufgrund der Exposition gegen Hochwasser und der<br />

vorherrschenden Westwinddrift, auf der westlichen Seite Erosionsprozesse<br />

vorherrschend. Der äußere Dünenring ist in teilweise<br />

isolierte Einzeldünen aufgespalten worden. Durch wiederholte<br />

Umlagerungen entstanden allerdings sehr natürlich geformte<br />

Gebilde, die ihre künstliche Entstehung durch den Radlader<br />

kaum mehr verraten.<br />

Bereits im Winter 1992/1993 wurde im Südwesten der<br />

Dünengürtel zerschlagen, Wasser konnte in die Insel eindringen<br />

und eine tiefe Senke auskolken. Das einströmende Wasser hatte<br />

für eine kurzzeitige Überstauung und nachfolgend für eine schüttere<br />

Salzrasenvegetation in der entstandenen Mulde gesorgt.<br />

Im mittleren und östlichen Teil des Inselkerns sind weitere<br />

Senken entstanden. Nach Abschluß der Spülarbeiten im August<br />

1989 sammelte sich an diesen Stellen das Wasser und stand dort<br />

bis zum Frühjahr. Nach Abtrocknung führte Windausblasung zur<br />

Bildung von Wannen. In den Folgejahren konnten dort Fragmente<br />

verschiedener wasserabhängiger Pflanzengesellschaften gefunden<br />

werden, von denen jetzt nur noch an den tiefsten Stellen einzelne<br />

Exemplare des Schilfs und der Einspelzigen Sumpfsimse<br />

geblieben sind.<br />

Das Innere der Insel erscheint auf den ersten Blick sehr gleichförmig.<br />

Hier sind die Sandfangzäune noch weitgehend intakt und<br />

die großflächig mit Grasmischungen eingesäten Flächen werden<br />

von einer Vegetation bestimmt, die wenig typisch für diesen<br />

Lebensraum ist. Moose und vereinzelt Flechten haben sich aus-<br />

gebreitet und bilden relativ dichte Teppiche, in die nur wenige<br />

Blütenpflanzen, wie z.B. Gewöhnliches Ferkelkraut, Scharfer<br />

Mauerpfeffer oder Kleiner Sauermpfer eingestreut sind. Andererseits<br />

entsprechen die Flächen in ihrer Funktion hochliegenden,<br />

nährstoffarmen und hochwasserfreien Graudünen. In kleinräumigem<br />

Maßstab ist auch im Inneren der Insel bereits ein Vegetationswandel<br />

bemerkbar. Insbesondere die Randbereiche der<br />

Senken und freie Sandflächen werden von Magerrasen besiedelt,<br />

in die Arten natürlicher Graudünen wie Sand-Schillergras,<br />

Silbergras und Dünen-Veilchen einwandern. Bereichsweise bildet<br />

das Kleine Filzkraut dichte Rasen. Das Schillergras ist eine<br />

Besonderheit: es kommt in Deutschland nur auf den Dünen der<br />

friesischen Inselkette vor.<br />

Im nordwestlichen Teil des Inselkerns im Bereich der Vogelkolonien<br />

werden die Magerrasen weitgehend durch höherwüchsige<br />

Pflanzenbestände ersetzt. Kanadisches Berufkraut und Hochstauden<br />

wie Schmalblättriges Weidenröschen, Acker-Kratzdistel,<br />

Gewöhnlicher Beifuß und Rainfarn weisen auf gute Stickstoffversorgung<br />

der Standorte (durch Vogelkot) hin.<br />

Weitere Entwicklung<br />

Die weitere Entwicklung der Insel ist nicht zweifelsfrei vorherzusagen.<br />

Inzwischen sind viele Ansätze für natürliche Vegetationsformen<br />

zu erkennen, und großen Teilen der Insel ist ihre künstliche<br />

Entstehung nicht mehr anzusehen. Insbesondere die der<br />

Erosion und Sedimentation am stärksten ausgesetzten Strukturen<br />

wurden durch die gestalterischen Naturkräfte bereits verändert<br />

und werden einen weiteren Wandel erfahren. Aufgrund ihrer bisherigen<br />

Stabilität auch gegen schwere Sturmfluten wird die Insel<br />

bestimmt dauerhaft bestehen bleiben, allerdings nicht in der derzeitigen<br />

Gestalt und Form. Dies war auch nicht beabsichtigt.<br />

Als ausschlaggebend für die weitere Entwicklung werden sich die<br />

Witterungsverhältnisse und die hydrologischen Bedingungen<br />

erweisen. Stärke, Häufigkeit und Richtung der Winde sowie der<br />

Grad der Durchfeuchtung der Plate, der wiederum von der<br />

Niederschlagsverteilung sowie vom Wasserstand abhängig ist,<br />

sind die Basisfaktoren der ablaufenden Prozesse. Intensität und<br />

Frequenz der Hochwässer, in Verbindung mit dem potentiellen<br />

Anstieg des Meeresspiegels, werden weitere Randbedingungen<br />

stellen. Die Vegetation wird sich diesen Entwicklungen anpassen.<br />

Sie kann als Anzeiger dienen für die Dynamik in diesen<br />

Bereichen des <strong>Nationalpark</strong>s.


Abb. 2: Dünen-Veilchen. Foto Janke.<br />

Abb. 3: Gänse-Fingerkraut. Foto Janke.<br />

10 0<br />

Brack-Salzwiese<br />

Dünen-Trittflur<br />

Dünental<br />

Erosionsfläche<br />

Graudüne<br />

obere Salzwiese<br />

Primärdüne<br />

Strand mit Bewuchs<br />

untere Salzwiese<br />

Weißdüne<br />

150 m<br />

Abb. 4: Überblick über die Insel-Vegetation. Im<br />

Hintergrund die Insel Scharhörn. Foto Janke (1996).<br />

Abb. 1: Lebensräume auf Nigehörn (Stand 1997).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 99


Insel Nigehörn<br />

100<br />

Unbewachsene und ungestörte Sandinseln sind selten gewordene Lebensräume im <strong>Wattenmeer</strong> und können aufgrund der<br />

von Menschen beeinflussten Veränderungen der gesamten Geomorphologie kaum neu entstehen. Die Besiedlung der neuen<br />

Düneninsel Nigehörn durch die Vogelwelt stellt ein Musterbeispiel für die ohne Zutun des Menschen ablaufenden Prozesse dar.<br />

Die Vogelwelt und ihre Entwicklung<br />

Zeitgleich mit der Beendigung der Aufspülungs- und Sicherungsmaßnahmen<br />

der neuen Insel Nigehörn setzte eine spontane<br />

Besiedlung der Insel durch Vögel ein. Seit 1995 wird der Brutund<br />

Rastvogelbestand durch Kontrollen des auf Scharhörn arbeitenden<br />

Vogelwartes erfasst. Nur für diese Besuche wird die Insel<br />

regelmäßig betreten. Nigehörn gehört damit zu den wenigen<br />

ungestörten Dünenbereichen des <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />

Brutvögel<br />

Bereits im ersten Jahr nach Abschluss der Spülarbeiten konnten<br />

fünf Brutvogelarten auf Nigehörn nachgewiesen werden. Sandregenpfeifer,<br />

Seeregenpfeifer und Zwergseeschwalbe besiedelten<br />

mit insgesamt 19 Brutpaaren die vegetationsarmen, sandigen Innenbereiche<br />

sowie den Randbereich der Insel. Zusätzlich trat der<br />

Austernfischer und, als einzige Singvogelart, die Feldlerche auf.<br />

1991 gründeten bereits Fluss- und Küstenseeschwalbe erste<br />

Kolonien mit 300 bzw. 60 Brutpaaren auf der Insel und auch die<br />

ersten Silbermöwen siedelten sich an.<br />

In den Folgejahren stiegen die Zahlen der Brutvogelarten weiter<br />

an. Mit Bluthänfling, Wiesenpieper und Bachstelze haben drei<br />

weitere Singvogelarten die Insel als Brutplatz angenommen.<br />

Von größerer Bedeutung ist jedoch die zügige Besiedlung<br />

Nigehörns mit charakteristischen Küstenvögeln. Bereits 1991<br />

wurde der Rotschenkel nachgewiesen. Von 1994 bis 1996 siedelten<br />

Kolonien der Brandseeschwalben auf Nigehörn. Ab 1994 ist<br />

die Heringsmöwe auf Nigehörn vertreten, ab 1995 die Lachmöwe<br />

und 1996 erreichte auch die Sturmmöwe Nigehörn.<br />

Vereinzelt brüten Entenvögel auf der neuen Insel, regelmäßig<br />

sind Brandente und Eiderente anzutreffen.<br />

Besonderheiten sind die Bodenbrut eines Wanderfalken 1992, die<br />

Bodenkolonie des Kormoran (seit 1997) und erfolgreiche Bruten<br />

der Sumpfohreule seit 1996.<br />

Insgesamt brüten derzeitig 20 Arten mit weit über 2000<br />

Brutpaaren auf Nigehörn. Die zahlenmäßig größten Kolonien<br />

werden von Lachmöwe, Silbermöwe sowie Fluss- und Küstenseeschwalbe<br />

gebildet.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Herkunft der Brutvögel<br />

Für einige Brutvogelarten ist anzunehmen, dass sie aus der unmittelbaren<br />

Nähe durch Umsiedlungen von der Nachbarinsel<br />

Scharhörn kommen. So sind die Brutkolonien der Brandseeschwalbe<br />

vermutlich durch Vögel von Scharhörn begründet worden<br />

und auch die Ansiedlungen der anderen Kolonien wurden<br />

durch die Nähe der "Mutterkolonien" von Scharhörn begünstigt.<br />

Andere Arten haben Strategien entwickelt, die es ihnen ermöglichen,<br />

sehr schnell neue und potentiell geeignete Brutstandorte zu<br />

erschließen, wie die zügige Besiedlung durch Zwergseeschwalbe<br />

und Seeregenpfeifer zeigt. So wurde ein 1995 auf Nigehörn beobachtetes<br />

Seeregenpfeiferweibchen zwei Jahre zuvor im<br />

Beltringharder Koog beringt.<br />

Rastvögel<br />

Bereits nach Beendigung der Spülarbeiten im August 1989 konnte<br />

eine Nutzung der neu aufgespülten Sande durch Möwen und<br />

verschiedene Limikolen in Beständen von mehreren tausend<br />

Tieren beobachtet werden.<br />

Diese Nutzung setzte sich weiter fort, verlagerte sich jedoch vom<br />

Inselinneren hin zum Inselrand. 1991 und 1993 konnten im Juli<br />

täglich bis etwa 14.000 Möwen während der Hochwasserzeit<br />

gezählt werden. Von den Limikolen nutzen vor allem Pfuhlschnepfe,<br />

Kiebitzregenpfeifer, Alpenstrandläufer und Austernfischer die<br />

Insel. Diese Arten suchen auf den Wattenbereichen um Nigehörn<br />

nach Nahrung und weichen bei auflaufendem Wasser auf die<br />

Scharhörnplate südlich Nigehörn aus. Bei Hochwasser fliegen die<br />

Limikolen meist in die Vorlandbereiche von Neuwerk ab.<br />

Auch für Brandenten stellen Nigehörn und die umgebenden<br />

Wattflächen einen Mauserplatz und wichtigen Hochwasser-<br />

Rastplatz während des Durchzuges dar. Während das westliche<br />

Scharhörner Watt schon seit Ende der 1980er Jahre als Mauserplatz<br />

genutzt wird, wird die Insel Nigehörn und ihre nähere<br />

Umgebung auch von vermauserten Enten an Sturmtagen als<br />

Zuflucht gesucht. Mehr als 19.000 Tiere konnten direkt auf der<br />

Insel oder in unmittelbarer Nähe beobachtet werden.<br />

Inzwischen hat sich Nigehörn als einer der bedeutsamsten<br />

Rastplätze für Seeschwalben herausgestellt. Im August 1994 war<br />

mit 1950 Zwergseeschwalben nahezu der komplette Bestand der<br />

niedersächsischen und hamburgischen Küste zeitweilig auf<br />

Nigehörn versammelt.<br />

Nigehörn: ein Erfolg für den Artenschutz<br />

Die Schaffung hochwassersicherer Brutplätze für stark gefährdete<br />

Küstenvögel zählte zu den Zielen des Naturschutzgroßprojektes.<br />

Schon frühzeitig wurde die Insel von den erwarteten<br />

Arten besiedelt. Insbesondere die Pioniersiedler der offenen<br />

Sande (Zwergseeschwalbe und Seeregenpfeifer) bilden momentan<br />

stabile und relativ große Bestände aus.<br />

Andererseits zeigt die Ansiedlung von zunächst unerwartet auftretenden<br />

Arten (z.B. Bodenbrut von Wanderfalke und Kormoran)<br />

oder das Abwandern der Brandseeschwalben, dass die vogelkundliche<br />

Entwicklung der Insel immer wieder für "Überraschungen"<br />

gut ist.<br />

In der weiteren Entwicklung wird sich vielleicht die sehr schnelle<br />

Ansiedlung der Großmöwen als problematisch für die erhofften<br />

Schutzziele herausstellen. Der Einfluss auf die Seeschwalbenkolonien<br />

kann sich, ebenso wie auf Scharhörn, als gravierend erweisen.<br />

Vorrangiges Ziel auch auf Nigehörn ist der Erhalt der natürlichen<br />

Dynamik. Entstehung, Veränderung und Verlust von Biotopen<br />

werden zur Zuwanderung und zum Ausweichen von Brutbeständen<br />

führen und sollen nicht durch menschliche Eingriffe<br />

beeinflusst werden.<br />

Dynamische, natürliche Prozesse zeigen sich bereits in den deutlichen<br />

Veränderungen in der Brutvogel- und Rastvogelfauna. Der<br />

bisherige Erfolg des Projektes "Nigehörn" ist der Durchsetzung<br />

der Ungestörtheit und der Möglichkeit zur natürlichen Sukzession<br />

und Weiterentwicklung der Biotope zuzuschreiben.<br />

Trotzdem wird die natürliche vogelkundliche Entwicklung<br />

Nigehörns von außen stark belastet. So fördern militärische Tiefflugübungen<br />

und die sofortige Überbord-Entsorgung des Beifangs<br />

durch die Fischerei die Entwicklung der konkurrenzstarken<br />

Möwenkolonien über das natürliche Maß hinaus.


Abb. 1:Verteilung der Brutvögel auf Nigehörn (Stand 1996).<br />

Anzahl derBrutpaare<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Gesamtbrupaare<br />

Artenzahl<br />

10 0<br />

Brack-Salzwiese<br />

Dünen-Trittflur<br />

Dünental<br />

Erosionsfläche<br />

Graudüne<br />

obere Salzwiese<br />

Primärdüne<br />

Strand mit Bewuchs<br />

untere Salzwiese<br />

Weißdüne<br />

150 m<br />

1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Abb. 1: Entwicklung der Brutbestände auf Nigehörn seit der Aufspülung der Insel<br />

1990. Der scheinbare Rückgang in der Artenzahl 1995 ist aller Wahrscheinlichkeit<br />

auf eine geringere Erfassungsgenauigkeit zurückzuführen.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 101<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Artenanzahl


Insel Nigehörn<br />

102<br />

Öde Sandinseln, vegetationsarme Spülsäume und leere Strände erscheinen auf den ersten Blick als unwirtliche<br />

Lebensräume. Für einige Tierarten aber sind sie (über-) lebenswichtige Lebensstätten in ihrer natürlichen Umwelt.<br />

Gefährdete Brutvogelarten auf Nigehörn und Scharhörn<br />

Lebensräume<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> ist ein äußerst dynamisches System: seit<br />

Jahrtausenden zerschlägt die Kraft von Wind und Wellen an<br />

einem Ort das gewachsene Land, an anderer Stelle werden neue<br />

Inseln und Sandbänke aufgespült und zusammengeweht. Diese<br />

neuen, manchmal nur kurze Zeit bestehenden Lebensräume werden<br />

nicht nur von wenigen pflanzlichen Erstsiedlern erobert,<br />

schnell nehmen auch extrem spezialisierte Vogelarten die kargen<br />

Flächen in Besitz.<br />

Seeregenpfeifer und Zwergseeschwalbe legen ihre Nester mit<br />

Vorliebe auf Stränden in Salzwassernähe an. Offene Sandflächen,<br />

wenig bewachsene Primärdünen oder Schillflächen, vereinzelt<br />

auch Spülsäume mit Meersenf oder schütter bewachsene<br />

Weißdünen sind für diese Arten optimale Brutplätze. Die<br />

Brandseeschwalben gründen ihre Kolonien an ähnlichen Standorten,<br />

siedeln aber auch in niedrigen Salzwiesen und gering<br />

bewachsenen Flächen.<br />

Viele der derart ungeschützten, exponierten Gelege können durch<br />

ungünstige Witterungsverläufe, durch Übersandung und durch<br />

Sturmfluten verlorengehen. Wenn dies frühzeitig während der<br />

Brutsaison geschieht, können die Vögel Nachgelege errichten<br />

und so die Verluste dieses Jahres häufig kompensieren. Auch<br />

Jahre ohne Bruterfolg sind für diese Arten charakteristisch und<br />

stellen für den Gesamtbestand der Arten keine Gefahr dar.<br />

Ernsthafte Probleme bereitet ihnen jedoch die natürliche<br />

Veränderung des Brutgebietes, in deren Verlauf die anfänglich<br />

losen Sände festgelegt und von dichterer Vegetation bewachsen<br />

werden. Im Übergang von Primärdüne zur Weißdüne werden viele<br />

traditionelle Brutplätze dieser Arten aufgegeben. Sie sind<br />

jedoch in der Lage, sehr schnell neue, geeignete Brutplätze<br />

andernorts zu erkennen und zu besetzen. Der großräumige<br />

Austausch von Vogelbeständen über das gesamte <strong>Wattenmeer</strong><br />

hinweg war über Jahrtausende die Regel und sicherte den<br />

Gesamtbestand dieser Arten. Die wechselhafte Bruthäufigkeit in<br />

einzelnen Regionen ist daher typisch für sie.<br />

Warum jedoch legen diese Vögel ihre Gelege und Kolonien in<br />

solch exponierten und von der Vernichtung bedrohten Lebensräumen<br />

an? Konkurrenzschwäche zu anderen Arten, die ihre<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Gelege und Kolonien in besser geschützten Bereichen anlegen,<br />

können ursächlich sein. Außerdem ist Brand- und Zwergseeschwalbe,<br />

anders als den nah verwandten Arten Küsten- und<br />

Flussseeschwalbe, kein aggressives gemeinschaftliches Abwehrverhalten<br />

gegen potentielle Nesträuber zu eigen.<br />

Der offensichtliche Vorteil in der außergewöhnlichen Brutplatz-<br />

Wahl von Brandseeschwalbe, Zwergseeschwalbe und Seeregenpfeifer<br />

besteht in der Feindvermeidung. Sie reagieren während<br />

der Phase der Balz und des Brutbeginns äußerst empfindlich auf<br />

potentielle Beeinträchtigungen. Angriffe von Möwen, Störungen<br />

durch den Menschen, selbst Fluglärm während dieser empfindlichen<br />

Phasen führen zum Verlassen des Brutplatzes und zur<br />

Aufgabe der Brut.<br />

Abb. 1: Seeregenpfeifer. Foto Limbrunner.<br />

Lebensraumverlust<br />

Der früher übliche Wechsel von einem Brutplatz zum anderen ist<br />

heute kaum mehr möglich. Natürlich entstehende Sandplaten<br />

oder durch Düneneinbrüche erneut vegetationsarm gewordene<br />

Dünenbereiche sind sehr selten geworden.<br />

Verbliebene weite Strände und Sandinseln werden zudem auch<br />

vom Tourismus beansprucht. So entsteht eine Konkurrenzsituation<br />

zwischen Fremdenverkehr und den Ansprüchen der<br />

Vögel, die aufgrund der Empfindlichkeit der Arten nicht über<br />

Kompromisse geregelt werden kann. Nur der konsequente<br />

Ausschluß jeglicher Nutzungen vermag die Brutbestände in<br />

einem bestimmten Gebiet zu erhalten.<br />

Die besondere Schutzbedürftigkeit der Vogelarten wurden schon<br />

frühzeitig erkannt und Schutzmaßnahmen bereits seit Anfang des<br />

Jahrhunderts eingeleitet. Dennoch haben sich die konservierenden<br />

Maßnahmen letztlich als unzureichend erwiesen, da sich die<br />

geschützten Biotope von selbst im Rahmen ihrer natürlichen<br />

Entwicklung verändern und damit den spezialisierten Pionieren<br />

unter den Vogelarten die Lebensbedingungen entziehen.<br />

Brutpaare<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn<br />

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Abb. 2: Bestandsentwicklung des Seeregenpfeifers im Bereich des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Bestände im deutschen <strong>Wattenmeer</strong><br />

Heutige Bestände erreichen nur noch einen Bruchteil derer aus<br />

dem vergangenen Jahrhundert. Katastrophale Auswirkungen auf<br />

alle Seeschwalbenarten hatte die Verseuchung der Küstengewässer<br />

mit Pestiziden in den sechziger Jahren. Als Fischfresser<br />

waren Seeschwalben besonders davon betroffen. Inzwischen<br />

haben sich die Bestände von diesen Auswirkungen zwar weitgehend<br />

erholt, aber infolge des Lebensraumverlustes sind im deutschen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> nur noch rund 500 Brutpaare der Zwergseeschwalbe<br />

und weniger als 10.000 Brutpaare der Brandseeschwalbe<br />

beheimatet.<br />

Beim Seeregenpfeifer (ca. 600 Brutpaare) erscheint die Entwicklung<br />

momentan nur deshalb nicht so dramatisch, weil er in<br />

Schleswig-Holstein verstärkt in von Menschen geschaffenen<br />

Sekundärhabitaten (Spülfelder, Bodenentnahmestellen und neu<br />

eingedeichte Köge) siedeln kann. In einigen Jahren werden diese<br />

Standorte aufgrund der natürlichen Sukzession aber wieder als<br />

Brutplatz verloren gehen.


Entwicklung der Bestände im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong><br />

Bereits 1902 hat der Neuwerker Lehrer Gechter Seeschwalben<br />

auf dem damals noch vegetationslosen Scharhörnsand beschrieben.<br />

Aber erst 1926, mit der Entstehung von Primärdünen und<br />

schütterer Vegetation, dürften die Gelege der Pionierbesiedler vor<br />

den sommerlichen Hochwässern gesichert gewesen sein.<br />

Zwischenzeitlich siedelten auf Scharhörn zwischen 25 % und 50%<br />

des gesamten Brandseeschwalben-Bestandes des deutschen <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />

Die Dichte der bis fast 5000 Brutpaare umfassenden<br />

Kolonien in den frühen 1980er Jahren war enorm: so waren durchschnittlich<br />

mehr als 5 Gelege auf einem Quadratmeter zu finden.<br />

Abb. 3: Brandseeschwalben auf Scharhörn. Foto Helm.<br />

Brutpaare<br />

5000<br />

4500<br />

4000<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

1936<br />

1939<br />

1942<br />

1945<br />

1948<br />

1951<br />

1954<br />

1957<br />

1960<br />

1963<br />

1966<br />

1969<br />

1972<br />

1975<br />

1978<br />

1981<br />

1984<br />

1987<br />

1990<br />

1993<br />

1996<br />

1999<br />

Abb 4: Bestandsentwicklung der Brandseeschwalbe auf der<br />

Scharhörnplate seit 1936.<br />

Zuletzt haben die Brandseeschwalben auf Scharhörn im Jahr<br />

1998 erfolgreich gebrütet. Die zunehmend dichter werdende<br />

Vegetation der Insel kann ebenso großen Einfluß auf den allgemeinen<br />

Rückgang haben, wie die wachsende Koloniegröße der<br />

Silbermöwe, die als Nesträuber den Nachwuchs der Seeschwalben<br />

vollständig vernichten kann.<br />

Die neue Insel Nigehörn bietet jedoch geeignete Brutplätze an,<br />

die von den Brandseeschwalben zwischen 1994 und 1996 bereits<br />

angenommen wurden. Auch auf Scharhörn haben sich durch<br />

Anwachs im Südosten neue Bereiche als potentielle Brutregionen<br />

entwickelt. Ob die Brandseeschwalben zurückkommen werden,<br />

kann jedoch niemand vorhersagen.<br />

Abb. 5: Gelege einer Zwergseeschwalbe. Foto Klaus Janke.<br />

Brutpaare<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn<br />

0<br />

1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Abb. 6: Bestandsentwicklung der Zwergseeschwalbe im Bereich des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Auch Zwergseeschwalbe und Seeregenpfeifer sind angestammte<br />

Gäste im Bereich des hamburgischen <strong>Nationalpark</strong>es. Neben den<br />

traditionellen Brutplätzen auf Scharhörn haben sie regelmäßig<br />

auch auf Neuwerk gebrütet. Seeregenpfeifer sind seit 1992 jedoch<br />

nicht mehr hier zu finden, während die Zwergseeschwalben fast<br />

alljährlich kleine Brutkolonien im Vorland von Neuwerk gründen.<br />

Wesentlich bedeutsamer für die beiden Spezialisten sind jedoch<br />

die neuen Brutmöglichkeiten auf Nigehörn. Beide Arten haben<br />

die neue Insel sehr gut angenommen und brüten dort seit den letzten<br />

Jahren ständig.<br />

Abb. 7: Brandseeschwalbe im Anflug auf die Scharhörner Brutkolonie.<br />

Foto Helm.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 103


Die Watt- und Wasserflächen<br />

106<br />

Die freien Wattflächen, Priele und die auch bei extrem niedrigen Wasserständen vom Meer überspülte Dauerflutzone<br />

machen den mit Abstand größten Bereich des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es aus. Abgesehen von den viel kleineren naturnahen<br />

Salzwiesen-, Spülsaum- und Dünenbereichen stellen sie die für den Naturhaushalt und Naturschutz besonders wertvollen<br />

Flächen dar. In der Folge der besonders starken Dynamik ihrer Naturkräfte haben sich solche Lebensgemeinschaften<br />

gebildet, die sich durch eine vergleichsweise geringe Formenvielfalt und zugleich eine hohe Besiedlungsdichte auszeichnen.<br />

Die Lebensgemeinschaften der Wattflächen<br />

und Priele<br />

Die im Vergleich zu vielen anderen Wattflächen in Niedersachsen<br />

oder Schleswig-Holstein besondere Kombination aus einer geringer<br />

Artendichte und hoher Siedlungsdichte hat im wesentlichen<br />

drei Ursachen:<br />

• Der vergleichsweise geringe Salzgehalt in der Elbe-Mündung<br />

erlaubt nur wenigen Meerestieren überhaupt eine<br />

dauerhafte Ansiedlung.<br />

• Die dauerhafte Ansiedlung wird durch hohe Strömungsge-<br />

schwindigkeiten und damit verbundene Sedimentumlagerungen<br />

des Bodens erschwert.<br />

• Diejenigen Arten, deren Anpassungsmechanismen eine<br />

dauerhafte Besiedlung erlauben, nutzen den hohen Nährgehalt,<br />

den Elbe und Weser in die deutsche Bucht eintragen,<br />

für eine hohe Besiedlungsdichte und Produktionskraft.<br />

Die Lebensgemeinschaft der freien Wattflächen<br />

Die Besiedlungsstruktur und Dynamik der Lebensgemeinschaften<br />

in und auf den Wattflächen des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es<br />

ist bislang nur in Einzeluntersuchungen beschrieben worden.<br />

Systematisch erhobene Erkenntnisse sollen deshalb durch<br />

das im Jahr 2000 begonnene Umweltbeobachtungsprogramm<br />

(siehe Seite 132) gewonnen werden.<br />

Die Tierwelt besteht im Wesentlichen sowohl hinsichtlich ihres<br />

Artenspektrums als auch ihrer Besiedlungsdichte aus Weichtieren<br />

und Borstenwürmern.<br />

Die auffälligste auf dem Wattboden siedelnde Lebensform des<br />

hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es ist die Miesmuschel, die allerdings<br />

meist nur kurzzeitig und in vergleichsweise geringer Dichte an<br />

solchen Stellen auftritt, die eine Ansiedlung an eine zumindest<br />

vorübergehende feste Unterlage (z.B. leere Muschelschalen,<br />

Schill, Holz oder andere angespülte feste Teile) erlaubt. Bei den<br />

jüngsten Untersuchungen konzentrierte sich ihr Vorkommen rund<br />

um die Insel Neuwerk. Die für die Lebensgemeinschaften des<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es typischen großen und über viele Jahre wachsenden<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Miesmuschelbänke einschließlich einer artenreichen Folgebesiedlung<br />

durch andere Arten treten im hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> nur im Ausnahmefall auf. Meist werden die jungen<br />

Ansiedlungen durch winterliche Stürme frühzeitig abgeräumt.<br />

Kommt es jedoch zu einer dauerhaften Ansiedlung, so lassen sich<br />

auf der Oberfläche der Muschelschalen zusätzlich Strandschnecken<br />

sowie vereinzelt auch Käferschnecken, Seepocken,<br />

und je nach jahreszeitlicher Entstehung auch der Blasentang nieder.<br />

Außerdem nutzen Strandkrabben die Zwischenräumen der<br />

Muschelansammlungen als Rückzugsgebiet. Schlickige Wattoberflächen<br />

- insbesondere im Schutz der Insel Neuwerk - werden<br />

von der Wattschnecke mit einer Dichte von über 20.000<br />

Tieren/m 2 besiedelt.<br />

Die Tierwelt im Wattboden lässt sich weithin durch die an der<br />

Sedimentoberfläche auftretenden Spuren ausmachen, die ganz<br />

überwiegend von der sesshaften Lebensweise verschiedener<br />

Abb. 1: Auf der Oberfläche der Miesmuschelschalen haben sich<br />

Seepocken und Blasentang angesiedelt. Foto Janke.<br />

Arten von Borstenwürmern herrühren. Die mittel- bis grobkörnigen<br />

Bereiche werden von der Charakterart dieses Lebensraums,<br />

dem Watt- oder Pierwurm, in ihrem Erscheinen geprägt. Er fehlt<br />

jedoch auf den hohen Sanden der Scharhörnplate, Teilen der<br />

Wittsande und am Rande des Elbfahrwassers sowie in den wenigen<br />

sehr schlickigen Bereichen im Osten der Insel Neuwerks.<br />

Eine ähnlich weite Verbreitung ist auch von weiteren ortstreu<br />

lebenden und zum Teil auch röhrenbildenden Borstenwürmern<br />

anzunehmen wie z.B. von den Gruppen der unscheinbaren<br />

Spionidae oder Capitellidae. Auch die frei lebende Borstenwurmarten<br />

sind im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> häufig vertreten.<br />

Hierzu gehört insbesondere die Gruppe der Seeringelwürmer<br />

(Nereidae) und Blattfußwürmer (Phyllodocidae). Dagegen zeichnet<br />

sich das Vorkommen des auffälligen Bäumchenröhrenwurms<br />

durch das Auftreten in streng begrenzten Arealen aus.<br />

Die Leitform der besonders schlickigen Bereiche bildet der<br />

Kotpillenwurm, im Übergang zum Mischwatt tritt er auch<br />

gemeinsam mit dem Wattwurm auf.<br />

Abb. 2: Die Kotsandhaufen des<br />

Wattwurms prägen das Bild weiter<br />

Bereiche der Wattoberflächen.<br />

Foto Janke.<br />

Anders als bei den Borstenwürmern<br />

besiedeln nur<br />

wenige Formen der Weichtiere<br />

den Boden. Eine weite<br />

Verbreitung ist zunächst für<br />

die Sandklaffmuschel, die<br />

Gewöhnliche Herzmuschel<br />

und die Baltische Plattmuschel<br />

nachgewiesen worden.<br />

Das dichte Auftreten<br />

der Sandklaffmuschel wird<br />

insbesondere dann deutlich,<br />

wenn umfangreiche Sedimentumlagerungen<br />

die bis<br />

zu 40 cm tief im Boden siedelnden<br />

Tiere freigespült<br />

werden. Da die erwachsenen<br />

Muscheln den muskulösen<br />

Fuß zurückbilden, können<br />

sie sich nicht wieder eingraben<br />

und sterben deshalb in<br />

großer Zahl an der Wattoberfläche ab. Die übrig bleibenden<br />

Schalenansammlungen werden als "Muschelgräber" bezeichnet.<br />

Die umfangreichste Verbreitung findet nach den jüngeren Untersuchungen<br />

die dicht unterhalb der Oberfläche und zeitlebens<br />

beweglich bleibende Gewöhnliche Herzmuschel, die nur auf den<br />

höheren Platenbereichen und an einigen Prielrändern (z.B. am


Abb. 4: Muschelgrab der Sandklaffmuschel<br />

in einem Priel zwischen<br />

Neuwerk und Scharhörn. Foto Janke.<br />

Abb. 3:Verteilung der Lebensräume in der Gezeiten- und Dauerflutzone des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Dauerflutzone<br />

Priele<br />

Freifallende Wattflächen<br />

Sand- und Dünenplaten<br />

(einschl. Düneninseln)<br />

Insel Neuwerk<br />

1 0 3 km<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 107


Die Watt- und Wasserflächen<br />

108<br />

Weser-Elbe-Wattfahrwasser) zu fehlen scheint. Eine annähernd<br />

weite Verbreitung ist auch für die bis zu 6 cm tief im Boden<br />

lebende Baltische Plattmuschel belegt, die eine wichtige Nahrung<br />

für zahlreiche Vogelarten darstellt. Eine völlig unterschiedliche<br />

Verbreitung weist die Gerippte Tellmuschel auf, die nur in sandigen<br />

Bereichen nahe des Elbfahrwasser nachgewiesen werden<br />

konnte.<br />

Neben den genannten Leitformen erscheinen auch Einzel- oder<br />

seltene Funde, zu denen beispielsweise die Pfeffermuschel oder<br />

die Amerikanische Schwertmuschel gehören.<br />

Neben dem direkt auf der Wattoberfläche wachsenden Rasen der<br />

Kieselalgen besiedeln auch Grünalgen der Gattungen<br />

Enteromorpha und Ulva das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Ausgedehnte Algenfelder wurden bislang nicht nachgewiesen.<br />

Als Siedlungsunterlage dienen Schillteile und angespülte<br />

Hartteile.<br />

Die Lebensgemeinschaften der Priele<br />

Mit der Dauer der Überflutung des Lebensraums nimmt die<br />

Formenvielfalt der Besiedlung im Vergleich zu den freien<br />

Wattflächen deutlich zu. Besonders auffällig ist das vermehrte<br />

Auftreten einer Besiedlung auf der Oberfläche des Wattbodens.<br />

Dies ist insbesondere in den von starken Strömungen gekennzeichneten<br />

Prielen der Fall, in deren Bett sich - mit Ausnahme des<br />

Weser-Elbe-Wattfahrwassers - ausgedehnte Schillfelder bilden<br />

und so ein Hartsubstrat anbieten, welches von vielen festsitzenden<br />

Tieren als Lebensraum angenommen wird. Zu den typischen<br />

Besiedlern der Schillfelder zählen Polypen- und Moostierkolonien,<br />

Seepocken oder auch einzeln auftretende Formen<br />

wie z.B. die Seenelke. Zu den auf den Prielböden frei lebenden<br />

Formen gehören neben dem Seestern Strandkrabbe, Schwimmkrabbe,<br />

der Einsiedlerkrebs und die Nordseegarnele. Letztere tritt<br />

in derart hoher Konzentration auf, dass eine wirtschaftliche<br />

Befischung in Teilen der Prielsysteme durchgeführt wird.<br />

(Krabbenfischerei; s.u.).<br />

Die Tierwelt im Wattboden der Priele wird in ihrer Artenzusammensetzung<br />

von Borstenwürmern (mindestens 27 Arten) dominiert,<br />

ohne dass eine stetige Leitform bislang nachgewiesen werden<br />

konnte. Die Zusammensetzung der Weichtiere unterscheidet<br />

sich dagegen nur unwesentlich von der auf den freien<br />

Wattflächen.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Veränderungen in den Lebensgemeinschaften<br />

Die Dichte und Zusammensetzung der Prielbesiedlung kann sich<br />

durch immer wiederkehrende aber auch durch unerwartete<br />

Ereignisse grundsätzlich ändern. Die Struktur der Lebensgemeinschaften<br />

lässt darauf schließen, dass sie an derartige Entwicklungen<br />

durchaus angepasst sind. Als vorhersehbare Veränderung<br />

ist der Rückzug der Garnelenbestände zur werten. Mit dem<br />

Absinken der Wassertemperatur wandern die Garnelenbestände<br />

alljährlich in tiefere Bereich vor der Küste ab.<br />

Eine unregelmäßig auftretende winterliche Ostwindlage mit einsetzender<br />

Kälteperiode führt oftmals zu einem anhaltenden<br />

Abb. 5: Grünalgenbesiedlung auf der Wattoberfläche bei<br />

Scharhörn. Foto Janke.<br />

Abb. 6: Baltische Plattmuscheln treten in den unterschiedlichsten Farbvarianten<br />

auf. Foto Janke.<br />

Trockenfallen der Prielbetten bis zur Sohle und damit zu einem<br />

Rückzug oder sogar Absterben der wirbellosen Tierwelt.<br />

Auch die Verdriftung von Grünalgenteppichen in die Prielsysteme<br />

im Jahr 1992 führte zu einer deutlichen Verarmung der<br />

Prielbesiedlung. Allerdings tritt nach derartigen Naturereignissen<br />

auch wieder sehr zügig eine Wiederbesiedlung insbesondere<br />

durch solche Tierarten ein, die sich über weit verdriftende<br />

Schwimmlarven entwickeln und ausbreiten. Die in den Prielen<br />

nachgewiesenen Tierarten pflanzen sich denn auch fast ausnahmslos<br />

durch derartige Larvenstadien fort.<br />

Abb. 7: Die Röhren des Pygospio-Wurms werden erst sichtbar, wenn sie<br />

freigespült werden. Foto Janke.<br />

Abb. 8: Schalenklappen einer Gewöhnlichen<br />

Herzmuschel. Foto Janke.


Fische im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />

Anders als die wirbellose Tierwelt ist der größte Teil der Fische<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> in ihrer Verteilung deutlich schwerer zu charakterisieren,<br />

weil viele Arten im Jahresgang ausgedehnte Wanderungen<br />

unternehmen oder auch nur kleinräumig mit den Tideströmungen<br />

ihre Standorte wechseln. In den Wintermonaten ziehen<br />

zudem viele Fischarten in tiefere Bereiche zurück.<br />

Abb. 9: Zypressenmoos, eine verzweigte Polypenkolonie,<br />

kann sich im <strong>Wattenmeer</strong> nur auf harten<br />

Untergründen wie z.B. Muschelschalen ansiedeln.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 10: Schollen am Boden eines Priels.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 11: Strandkrabben im Watt vor<br />

Neuwerk. Foto Janke.<br />

Abb.12: Nordseegarnelen. Foto Janke.<br />

Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> sind seit Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

mindestens 37 Fischarten nachgewiesen worden (siehe<br />

Artenliste im Anhang), doch fehlen systematische repräsentative<br />

Aufnahmen sowohl hinsichtlich der räumlichen als auch der jahreszeitlichen<br />

Verteilung. Das Fangen von Fischen ist im <strong>Nationalpark</strong><br />

grundsätzlich verboten (s.u.).Beim Krabbenfischen fallen im<br />

Beifang auch Schollen und andere am Boden lebende Fische an.<br />

Abb. 13: Eine Seenelke hat sich in einem Priel<br />

auf einer Muschelschale niedergelassen.<br />

Foto Janke.<br />

Abb. 14: Einsiedlerkrebs in einem Schneckengehäuse.<br />

Die Oberfläche ist von von einer<br />

Kolonie von Stachelpolypen bedeckt.<br />

Foto Janke.<br />

Fischerei<br />

Das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> gehörte bis zur Ausweisung als<br />

<strong>Nationalpark</strong> zu den traditionellen Fanggründen regionaler<br />

Krabbenfischereibetriebe insbesondere in Cuxhaven, Spieka-<br />

Neufeld und Dorum. Mit der Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>s im<br />

Jahr 1990 wurden die fischereilichen Nutzungen mit den<br />

Interessen des Naturschutzes abgewogen und entsprechend geregelt.<br />

In diesem Zusammenhang wies Hamburg zum ersten Mal<br />

eine großräumigen fischereifreie Zone (Zone I) im deutschen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> aus.<br />

Mit der von der Bürgerschaft am 5. April 2001 beschlossenen<br />

Änderung des <strong>Nationalpark</strong>gesetzes wurden die Regelungen zur<br />

Fischerei erneut gefasst. Nunmehr gilt ein Fischereiverbot<br />

grundsätzlich für den gesamten <strong>Nationalpark</strong> einschließlich des<br />

Erweiterungsgebiets.<br />

Ausgenommen bleiben lediglich<br />

• die Ausübung der Krabbenfischerei in drei bezeichneten<br />

Fahrwassern (siehe oben) auf einer Breite von 100 Metern<br />

sowie im seewärtigen Erweiterungsgebiet (2050 ha),<br />

• das Fangen von Fischen und Speisekrabben sowie das Sammeln<br />

von Muscheln für den eigenen Bedarf in der Zone II.<br />

Das partielle Fischereiverbot ist seit der Einrichtung des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s nicht von allen Fischereibetrieben konsequent<br />

respektiert worden, so dass die zwischen 1990 und 1993 durchgeführten<br />

Untersuchungen, welche mögliche Veränderungen in der<br />

Zusammensetzung der am Boden lebenden Lebensgemeinschaften<br />

in unbefischten Wattbereichen dokumentieren sollten,<br />

abgebrochen werden mussten.<br />

Abb. 15: Krabbenkutter im Elbe-Neuwerk-Fahrwasser.Am<br />

Horizont sieht man die Nordbake. Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 109


Die Watt- und Wasserflächen<br />

110<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> stellt für viele Vogelarten alljährlich eine bedeutsame Station in ihrem Lebenszyklus dar. Zu den schönsten<br />

Vögeln zählen Brandente und Eiderente, für die das <strong>Wattenmeer</strong> zum Rückzugsgebiet während der Mauserzeit geworden ist.<br />

Die Mausergebiete der Brandenten und Eiderenten<br />

Brandenten<br />

Die Brandenten brüten im gesamten Bereich der <strong>Wattenmeer</strong>küsten.<br />

Bereits seit 1939 brüten sie auf Scharhörn und seit<br />

1993 auch auf Nigehörn, wo sich mit den dicht bewachsenen<br />

Weißdünen inzwischen zu geeignete Brutbiotope entwickelt<br />

haben. Daneben finden sich auch einzelne und z.T. kuriose<br />

Brutnachweise auf Neuwerk.<br />

Die Brandenten vollziehen nach ihrer Brutsaison während der<br />

Hochsommermonate eine komplette Großgefiedermauser. Zu diesem<br />

Zweck suchen sie eng begrenzte, traditionelle Mauserplätze<br />

auf. Während der Mauserperiode, die ca. 4 Wochen andauert, sind<br />

die Vögel weitestgehend flugunfähig und daher auf möglichst<br />

störungsfreie Wattbereiche und ein reichhaltiges Nahrungsangebot<br />

im Wattboden, wie z. B. Herzmuscheln und Wattschnecken,<br />

angewiesen. Beim Nahrungserwerb schreiten die Vögel mit seitlich<br />

pendelnden Kopfbewegungen vorwärts, wobei der Schnabel<br />

durch das flache Wasser oder durch den Schlamm gezogen wird.<br />

In tieferem Wasser allerdings gründeln sie, wie viele andere<br />

Entenarten auch. Auf weichem Untergrund erwerben sie ihre<br />

Nahrung durch Trampelbewegungen, was an der Bildung von<br />

Trampelkuhlen, die sie für kurze Zeit im Wattboden hinterlassen,<br />

zu erkennen ist.<br />

Abb. 1: Brandenten-Pärchen auf Nahrungssuche im Watt. Foto Janke.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Abb. 2:Trampelkuhlen der Brandente. Foto Janke.<br />

Das größte und bedeutendste Mausergebiet der westpaläarktischen<br />

Brandentenpopulation erstreckt sich in den vorgelagerten<br />

Watten des Elbmündungsgebietes zwischen dem Großen Knechtsand<br />

und der Halbinsel Eiderstedt. Zählungen vom Flugzeug aus<br />

ergaben, dass seit den achtziger Jahren der westliche Teil des<br />

Scharhörnwatts einen bevorzugten Mauserplatz für die Brandente<br />

darstellt. Während der letzten Jahre mauserten dort durchschnittlich<br />

17.000 Tiere pro Jahr, im Jahr 1991 sogar 25.000. Damit versammelt<br />

sich im hamburgischen <strong>Nationalpark</strong> ein bedeutender<br />

Anteil des Gesamtbestandes dieser Art und macht so die Wattflächen<br />

zu einem "Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung".<br />

Eiderenten<br />

Der lateinische Name für die Eiderente (Somateria mollissima L.)<br />

weist bereits auf ihre weichen Daunen ("Eiderdaunen") hin. Diese<br />

die nordischen Meeresküsten bewohnende Meeresente erreicht<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> ihre südliche Verbreitungsgrenze. Bedeutsam<br />

wird das <strong>Wattenmeer</strong> für die Mauser während der Sommermonate<br />

und als Winterrastgebiet.<br />

Diese große und schwere (ca. 2,3 kg) Entenart kann bis etwa 30<br />

m tief tauchen. Ihre Nahrung besteht in der Hauptsache aus<br />

Muscheln, die vollständig heruntergeschlungen und anschließend<br />

in einem muskulösen Kaumagen zerdrückt werden; Schnecken,<br />

Krebse und Würmer werden ebenfalls erbeutet.<br />

Die an der Nordseeküste im Sommer mausernden Eiderenten<br />

stammen zum überwiegenden Teil aus der Ostsee, der Brutbestand<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> ist mit etwa 6000 Paaren nur gering. Ihre<br />

Hauptbrutgebiete liegen an Schwedens und Finnlands Küsten.<br />

Mauserbestände und Winterrastbestände werden jährlich vom<br />

Flugzeug aus gezählt. Zu Beginn dieses Jahrzehnts lagen die<br />

Mauserbestände im niedersächsischen Teil des <strong>Wattenmeer</strong>es mit<br />

ca. 100.000 Tieren etwa doppelt so hoch wie heute. Vergleichbares<br />

lässt sich für den Teilbereich zwischen Elbe- und Wesermündung<br />

feststellen, wo 1992 die Mauserbestände bei ca. 50.000<br />

Eiderenten lagen, während ihre Zahl bis 1999 auf 20.000 zurückgegangen<br />

ist. Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> lag<br />

der Mauserbestand in den Jahren 1994 bis 1997 im Mittel bei ca.<br />

2.000 Tieren, der Winterrastbestand um 2.300 Tieren, mit z.T.<br />

recht beachtlichen Schwankungen.<br />

Die mausernden Eiderenten halten sich entlang der Prielränder<br />

auf. Im Bereich des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

wurden die größten Ansammlungen von mausernden und rastenden<br />

Tieren im Bereich des Wittsandlochs, des Scharhörnlochs,<br />

des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers und an der Eitzenbalje gezählt.<br />

Abb. 3: Rastende Eiderenten. Diese Aufnahme aus dem späten April<br />

zeigt die Erpel im vollen Prachtkleid. Foto Janke.


Anzahl mausender Enten<br />

6000<br />

5000<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

westl. der Elbe NP HH <strong>Wattenmeer</strong><br />

1994 1995 1996 1997<br />

Abb. 5: Rastbestände mausernder Eiderenten im deutschen <strong>Wattenmeer</strong><br />

westlich der Elbe. Nach Angaben der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>,Wilhelmshaven.<br />

Abb. 4: Mausergebiet von Eiderenten und Brandenten im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Nach Angaben der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>,Wilhelmshaven.<br />

Mausergebiete der Brandente<br />

Mausergebiete der Eiderente<br />

Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

1 0 3 km<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 111


Die Watt- und Wasserflächen<br />

112<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> in seiner Gesamtheit hat eine besondere Bedeutung für die Vogelwelt. Dieser Lebensraum ist sowohl für<br />

den Vogelzug, als auch als Winterrückzugsgebiet und Mauserplatz für Entenvögel, Limikolen (Watvögel) und Möwen unverzichtbar.<br />

Die Rast- und Überwinterungsgebiete der Vogelwelt<br />

Abb. 1: Rastende Möwen am Nordstrand von Scharhörn. Foto Helm.<br />

Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> stellt mit seiner<br />

Vielfalt an Lebensräumen und im Verbund mit den angrenzenden<br />

Wattflächen ein bedeutendes Rast- und Überwinterungsgebiet für<br />

die Vogelwelt dar.<br />

Im Laufe ihres Jahreszyklus nutzen 10-12 Millionen Wat- und Wasservögel<br />

das <strong>Wattenmeer</strong> entlang der Nordseeküste.<br />

Für mindestens 52 geographisch getrennte Bestände von 41 Arten<br />

ist das <strong>Wattenmeer</strong> als Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung.<br />

Während eines Jahres suchen etwa 2-2,5 Millionen Gänse und<br />

Enten das <strong>Wattenmeer</strong> auf, wobei die Höchstzahlen im Herbst<br />

erreicht werden. Am zahlreichsten vertreten sind Pfeifenten,<br />

Brandgänse und Eiderenten. Die Anzahl an Watvögeln, die jährlich<br />

das <strong>Wattenmeer</strong> anfliegen, wird sogar auf 6-7 Millionen<br />

geschätzt. Auch bei dieser Gruppe werden die höchsten Individuenzahlen<br />

im Herbst erreicht. Austernfischer und Alpenstrandläufer<br />

kommen am Häufigsten vor.<br />

Das Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> gliedert<br />

sich für die Vogelwelt in folgende Bereiche:<br />

• die eigentlichen Wattbereiche, in denen Sand- und Mischwatt<br />

vorherrschen,<br />

• die Scharhörnplate und Sände, die bei normalen Hochwässern<br />

nicht überspült werden,<br />

• die Insel Neuwerk.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Watten<br />

Im Scharhörner und Neuwerker Watt gehören Austernfischer,<br />

Sanderling, Knutt, Großer Brachvogel, Pfuhlschnepfe,<br />

Alpenstrandläufer und Kiebitzregenpfeifer zu den häufigsten<br />

Rastvögeln. Alle genannten Arten übertreffen das Mengenkriterium<br />

(mindestens 1% der biogeographischen Population) der<br />

Ramsar-Konvention zum Schutz internationaler Feuchtgebiete<br />

(siehe Seite 126) um ein Vielfaches. Auch die Brandente ist zur<br />

Mauserzeit mit international bedeutsamen Beständen im<br />

Scharhörner Watt präsent.<br />

Die unterschiedlichen Standortbedingungen (Schlickanteil im<br />

Wattboden, Überflutungsdauer, Strömungsgeschwindigkeit etc.)<br />

bewirken die unterschiedlichen Artenzusammensetzungen der<br />

Wattbodenfauna. Je nach Beutespektrum und Mechanismen des<br />

Nahrungserwerbs suchen sich die einzelnen Watvogelarten die<br />

für sie günstigsten Standorte aus.<br />

Platen und Sandbänke<br />

Die Scharhörnplate mit ihren Düneninseln Scharhörn und<br />

Nigehörn besitzt in mehrerer Hinsicht eine bedeutende Funktion<br />

für Rast- und Gastvögel.<br />

• So stellt seine Lage im Inneren der Deutschen Bucht für<br />

Zugvögel, die sich an Leitlinien orientieren, eine wichtige<br />

Landmarke dar.<br />

• Eine weitere wichtige Funktion übt die Scharhörnplate als<br />

hochwassersicherer Rastplatz für die Vögel des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />

aus. Es sammeln sich viele tausend Vögel auf den Sandplaten des<br />

Scharhörnsandes, um die Hochwasserzeit abzuwarten und danach<br />

mit der Nahrungssuche fortzufahren. Die Inseln selbst jedoch<br />

werden von diesen Arten in der Regel nur bei extremen Hochwässern<br />

aufgesucht.<br />

• Ein dritter, für die Vögel wichtiger, Punkt ist die Nahrungsverfügbarkeit<br />

auf den Sänden. Während die meisten Arten ihre<br />

Nahrung auf den Sand- und Mischwatten oder in den Prielen<br />

suchen, stellen für andere die höher gelegenen Sände die attraktiveren<br />

Nahrungsgründe dar. Insbesondere der Sanderling, dessen<br />

Hauptnahrung aus Insekten besteht, sucht vermutlich auf den<br />

relativ festen und trockenen Sänden nach angespülten oder angewehten<br />

Insekten, verschmäht jedoch auch leicht erreichbare<br />

Weichtiere und Krustentiere nicht. Der Sandregenpfeifer bevorzugt<br />

zur Nahrungssuche die relativ trockenen Sände, während die<br />

meisten Arten die feuchteren und dichter besiedelten Sandwatten<br />

und schlickigeren Bereiche nach Nahrung durchsuchen.<br />

Neuwerk<br />

Neuwerk stellt eine Besonderheit für die Vogelwelt dar, da die<br />

Insel beständig hochwasserfrei ist. Sie ist daher Hochwasser-<br />

Rastgebiet für die Watvögel, die in den umgebenden Watten nach<br />

Nahrung suchen. Außerdem stellt sie einen überregional bedeut-<br />

Populations-<br />

größe<br />

(HÄLTER-<br />

LEIN 1995)<br />

Rastzahlen<br />

gesamtes<br />

<strong>Wattenmeer</strong><br />

(MELTOFTE<br />

1994)<br />

Rastzahlen<br />

Niedersachsen<br />

u. Schleswig-<br />

Holstein<br />

(MELTOFTE<br />

1994)<br />

Rastzahlen<br />

hamb.<br />

<strong>Wattenmeer</strong><br />

(DIVERSE<br />

AUTOREN)<br />

Austernfischer 874.000 739.000 310.000 40.000<br />

Sanderling 70.000 20.200 8.000 10.000<br />

Knutt 857.000 433.000 195.000 71.000<br />

Großer Brachvogel 350.000 227.000 64.000 15.000<br />

Pfuhlschnepfe 820.000 341.000 40.000 10.000<br />

Alpenstrandläufer 2.208.000 1.200.000 290.000 171.500<br />

Kiebitzregenpfeifer 168.000 140.000 43.000 6000<br />

Tab. 1: Tageshöchstzahlen rastender <strong>Wattenmeer</strong>vögel im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> (zusammengestellt nach verschied. Autoren).<br />

samen Zufluchtsort bei widrigen Wetterbedingungen dar. Nicht<br />

zuletzt ist die Biotopvielfalt ausschlaggebend für die Bedeutung<br />

als Landmarke und Rastgebiet für ziehende Singvögel.<br />

Überwinterer<br />

Auch in der kalten Jahreszeit werden die Wattgebiete des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> von Vögeln aufgesucht.<br />

Bei milder Witterung harren z.B. Alpenstrandläufer und<br />

Großer Brachvogel so lange aus, bis der Winter auch für diese<br />

Arten zu extrem wird und sie sich weiter Richtung Westen in ihre<br />

Winterquartiere begeben. Die robusten Austernfischer bleiben<br />

auch in kalten Wintern im Gebiet. Andere Arten, wie z.B.<br />

Pfuhlschnepfe, Kiebitzregenpfeifer, Sanderling und Knutt kehren<br />

dagegen erst im Frühjahr aus ihren Winterquartieren in Afrika<br />

oder dem westlichen Europa zurück.


Austernfischer<br />

Kiebitzregenpfeifer<br />

Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

1 0 3 km<br />

Scharhörnloch<br />

Wittsandloch<br />

Abb. 2: Hauptnahrungsflächen der Austernfischer und Kiebitzregenpfeifer<br />

im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Großer Brachvogel<br />

Pfuhlschnepfe<br />

Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

1 0 3 km<br />

Wittsandloch<br />

Abb. 3: Hauptsnahrungsflächen von Großem Brachvogel und<br />

Pfuhlschnepfe im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Nigehörn<br />

Scharhörn<br />

Neuwerker Loch<br />

Nigehörn<br />

Bakenloch<br />

Scharhörn<br />

Neuwerker Loch<br />

Bakenloch<br />

Neuwerk<br />

Neuwerk<br />

Eitzenbalje<br />

Eitzenbalje<br />

Alpenstrandläufer<br />

Sanderling<br />

Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

1 0 3 km<br />

Scharhörnloch<br />

Scharhörnloch<br />

Wittsandloch<br />

Abb. 4: Hauptnahrungsflächen von Alpenstrandläufer und<br />

Sanderling im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Nahrungsgebiete<br />

Rastplätze<br />

Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

1 0 3 km<br />

Wittsandloch<br />

Abb. 5: Nahrungsgebiete und Rastplätze des Knutt im<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Nigehörn<br />

Nigehörn<br />

Scharhörn<br />

Neuwerker Loch<br />

Bakenloch<br />

Scharhörn<br />

Neuwerker Loch<br />

Bakenloch<br />

Neuwerk<br />

Neuwerk<br />

Eitzenbalje<br />

Eitzenbalje<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 113


Die Watt- und Wasserflächen<br />

114<br />

Die größten Tiere im <strong>Wattenmeer</strong> sind die Robben.Während die Kegelrobben nur in versprengten Vorkommen in<br />

Nordfriesland und den Niederlanden erscheinen, kommen die Seehunde als Charakterart des Lebensraumes im gesamten<br />

<strong>Wattenmeer</strong> vor.<br />

Bestand und Entwicklung der Seehunde<br />

Biologie und Ökologie des Seehundes<br />

Der Seehund (Phoca vitulina) ist die einzige Robbenart, die im<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> regelmäßig vorkommt.<br />

Die männlichen Tiere erreichen eine Gesamtlänge von bis zu 1,8 m.<br />

Ihr Maximalgewicht beträgt 115 kg. Die Weibchen sind mit 1,6 m<br />

und einem Maximalgewicht von 105 kg etwas kleiner. Der<br />

Weltbestand an Seehunden wird auf 300.000 bis 400.000<br />

geschätzt, davon sind etwa 70.000 Tiere im Ostatlantik beheimatet.<br />

Der Teilbestand im <strong>Wattenmeer</strong> zwischen Den Helder in den<br />

Niederlanden und Esbjerg in Dänemark beläuft sich derzeitig auf<br />

etwa 15.000 Tiere.<br />

Die Seehunde der <strong>Wattenmeer</strong>population verbringen ihre gesamte<br />

Lebensspanne in der Nordsee und im <strong>Wattenmeer</strong>. Im späten<br />

Frühjahr wechseln sie von der offenen See in das <strong>Wattenmeer</strong>, um<br />

auf den Sandbänken ihr Fell zu wechseln und, nach einer Tragzeit<br />

von 11 Monaten, zwischen Ende Mai und Mitte Juli ihre Jungen<br />

zur Welt zu bringen. Es sind fast ausschließlich Einlinge mit einer<br />

Geburtsmasse von 10-15 kg und einer Länge von 80-95 cm.<br />

Sandbänke sind für die Seehunde unverzichtbare Säuge- und<br />

Ruheplätze. Hier werden die Jungen über einen Zeitraum von 3<br />

bis 5 Wochen gesäugt. Leider sind die Tiere während ihres Aufenthalts<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> vielfältigen Störungen ausgesetzt, wie<br />

z.B. Wattwanderern, Ausflugsschiffen und Flugverkehr. Durch<br />

diese menschlichen Aktivitäten werden häufig sogenannte<br />

"Heuler" erzeugt: Wenn die Jungen bei der Flucht vor den<br />

Störungen von der Mutter getrennt werden, stoßen sie einen<br />

Stimmfühlungslaut aus, der wie ein Heulen klingt.<br />

Doch dies sind nicht die einzigen Gefährdungen mit denen der<br />

Seehund konfrontiert wird. Er ist ein sogenannter Top-Predator,<br />

das bedeutet, er ist ein Endglied in der Nahrungskette. Durch die<br />

damit einhergehende Anreicherung von Umweltgiften in seiner<br />

Nahrung kann seine Gesundheit, oder sogar sein Leben oder die<br />

Fortpflanzungsfähigkeit gefährdet sein.<br />

Populationsentwicklung<br />

In früheren Zeiten sollen fast 40.000 Seehunde in der Nordsee<br />

gelebt haben. Regelmäßige Zählungen werden jedoch erst seit<br />

den fünfziger Jahren durchgeführt. Seitdem konnte ein stetiger<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Rückgang der Bestände bis auf weniger als 4.000 Tiere festgestellt<br />

werden, der mit Beginn der sechziger Jahre besonders deutlich<br />

wurde. Als ein entscheidender Faktor gilt die Jagd, außerdem<br />

die Belastungen mit chlorierten Kohlenwasserstoffen und die<br />

Störungen der Tiere auf den Sandbänken. Mit der Einstellung der<br />

Bejagung, in den Niederlanden im Jahre 1963, in den übrigen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>gebieten im Verlauf der siebziger Jahre, konnte eine<br />

Zunahme der Bestände festgestellt werden.<br />

Ein weiterer Tiefpunkt wurde durch die sogenannte Seehund-<br />

"Seuche", eine Seehundstaupe, im Jahre 1988 erreicht. Diesem<br />

Virus fielen innerhalb eines Jahres etwa 2/3 der im <strong>Wattenmeer</strong><br />

lebenden Seehunde zum Opfer. Seitdem steigt ihre Zahl im<br />

gesamten <strong>Wattenmeer</strong> wieder stetig an und hat das Bestandsniveau<br />

von 1988, vor der Epidemie, inzwischen sogar überschritten.<br />

Die aktuelle Größe der gesamten Seehund-<strong>Wattenmeer</strong>population<br />

betrug 1998 bereits wieder 14.400 Tiere, davon entfielen<br />

knapp 20% auf Jungtiere. Die durchschnittliche jährliche<br />

Wachstumsrate seit der Seehund-Epidemie 1988 beträgt etwa<br />

13%. Es wird allgemein angenommen, dass <strong>Wattenmeer</strong> und<br />

Nordsee in der Lage sind, noch weitaus größere Seehundbestände<br />

zu ernähren.<br />

Seehunde im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />

Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> leben, verglichen<br />

mit anderen Wattgebieten, sehr viele Seehunde. So wurden im<br />

Jahr 1999 bei Befliegungszählungen im Mittel 424 Seehunde<br />

gezählt. Die weitaus meisten halten sich an den zum Till ausgerichteten<br />

Prielkanten und auf den dortigen Sandbänken (südlicher<br />

Bereich) auf. Besonders bevorzugt wird dabei die zwischen<br />

Wittsandloch und Scharhörnloch liegende Robbenplate. An den<br />

nördlichen Prielen ist es vor allem die nördliche Prielkante des<br />

Elbe-Neuwerk-Fahrwassers, die regelmäßig von großen Seehund-Rudeln<br />

aufgesucht wird. Die landläufigen topographischen<br />

Namen wie Robbenplate und der frühere Name von Teilen des<br />

Elbe-Neuwerk-Fahrwassers, Hundebalje, lassen vermuten, dass<br />

diese Bereiche schon seit langer Zeit traditionelle Liegeplätze der<br />

Seehunde darstellen.<br />

Die Bestandszunahmen im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> liegen<br />

über dem durchschnittlichen Bestandswachstum im gesamten<br />

<strong>Wattenmeer</strong>. Besonders der südliche, an der Till gelegene,<br />

Bereich zeigt diese deutliche Vergrößerung des Seehund-<br />

Bestandes.<br />

Laut Verordnung über jagdrechtliche Regelungen vom 11. Mai<br />

1993 ist im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> die Jagd<br />

auf Seehunde aufgehoben. Sie sind das ganze Jahr hindurch mit<br />

der Jagd zu verschonen.<br />

Schutz und Gefährdung<br />

Zum Schutz der Robben wurde bereits am 13. November 1991<br />

von den <strong>Wattenmeer</strong>-Anrainerländern Niederlande, Deutschland<br />

und Dänemark ein "Trilaterales Abkommen zum Schutz der<br />

Seehunde im <strong>Wattenmeer</strong>" geschlossen und am 15. März 1996<br />

trat der "Schutz- und Managementplan für die Seehundpopulation<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> 1996-2000" in Kraft, der bestimmte Ziele, Aufgaben<br />

und Maßnahmen zum Schutze der Robben beinhaltet.<br />

Doch auch heute noch wird diese Art sowohl im gesamten<br />

<strong>Wattenmeer</strong>, als auch in der Nordsee als gefährdet eingestuft.<br />

Dafür gibt es mehrere Gründe:<br />

• Schadstoffeinleitungen, z. B. Stoffe wie Quecksilber, PCB<br />

etc. gefährden die Gesundheit der Tiere,<br />

• die Stellnetzfischerei birgt die Gefahr des Ertrinkens in den<br />

Stellnetzen und<br />

• Störungen der Seehunde durch menschliche Aktivitäten<br />

führen zu einem derartigen Stress bei den Tieren, dass ihre<br />

ihre Gesundheit und vor allem ihre erfolgreiche Jungenaufzucht<br />

gefährdet wird.<br />

"Heuler"<br />

Als Heuler werden verlassene oder verlassen erscheinende<br />

Jungtiere bezeichnet, die als Stimmfühlungslaut ein Heulen von<br />

sich geben.<br />

Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> werden verlassene und vermeintlich<br />

geschwächte Tiere – solange dies möglich ist – am Fundort<br />

belassen, um herauszufinden, ob nicht doch das Muttertier das<br />

Junge wiederfindet und es weiter versorgen kann. Mit dieser<br />

Strategie wird sichergestellt, dass das Jungtier alle Chancen auf<br />

eine natürliche Lebensweise in dem ihm heimischen Lebensraum<br />

behält. Erst wenn sich herausstellt, dass das Muttertier den<br />

Nachwuchs ohne Zweifel verlassen hat, kann zur weiteren<br />

Behandlung ein Veterinär eingeschaltet oder das Tier auch direkt<br />

in eine Seehund-Aufzuchtstation gebracht werden.


Anzahl<br />

450<br />

400<br />

350<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Nördlicher Bereich<br />

Südlicher Bereich<br />

Gesamtbestand NPHW<br />

1987 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999<br />

Abb. 2: Entwicklung der Seehundbestände im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Die Werte aus dem Jahr 1987 beruhen<br />

auf groben Schätzungen, alle Angaben aus den Jahren 1991-<br />

1999 beruhen auf sytematischen Zählflügen. Quelle: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>, Wilhelmshaven.<br />

Die Darstellung zeigt Mittelwerte aus jeweils 4 Überfliegungen pro<br />

Standort.<br />

Abb. 3: Seehund-Liegeplatz im <strong>Wattenmeer</strong>. Foto Janke.<br />

Scharhörnloch<br />

Wittsandloch<br />

Nigehörn<br />

Scharhörn<br />

Neuwerker erker Loch<br />

Bakenloch<br />

Abb. 1. Seehundliegeplätze im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Quelle: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>,Wilhelmshaven.<br />

Elbe-Neuwerk-Fahrwasser<br />

Neuwerk<br />

Liegeplätze mit 500 m Störungsdistanz<br />

Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

1 0 3 km<br />

Eitzenbalje<br />

Wattweg<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 115


Die Watt- und Wasserflächen<br />

116<br />

"Wo etwa noch vor einer Stunde geschwoll´ne Segel auf und nieder,<br />

Von tiefer Flut getragen, schwebten: daselbst erblickt man dürren Sand.<br />

Daselbst erblickt man, mit Erstaunen, auf einem öd´und trockenen Strand<br />

Anstatt der Schiff´und stolzer Segel, im schnellen Traben Pferd und Wagen<br />

Oft auf dem aufgedeckten Boden des Meeres hin und wider jagen."<br />

Seit im 17. Jahrhundert der Heimatdichter B. H. Brockes die Stimmung des bei niedrigen Wasserständen über das Watt zwischen<br />

der Insel Neuwerk und dem Festland pendelnde Pferdekutschen beschrieb, hat sich das Bild nur unwesentlich verändert.<br />

Auch heute noch ist der traditionsreiche und von Reisigpricken markierte Wattweg vom Festland nach Cuxhaven die<br />

Lebensader für die Insel Neuwerk.<br />

Die Wattwege im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong><br />

Der Wattweg von Neuwerk zum Festland<br />

Der Weg über das Watt zur Insel Neuwerk gehört seit Jahrhunderten<br />

zum festen Bestandteil des Transportnetzes an der<br />

Wurster Küste. Die Route wird jedes Jahr nach den Frühlingsstürmen<br />

je nach veränderten Verläufen der Priele und Wattrücken<br />

Abb. 1: Auch der Wattweg von Neuwerk nach Scharhörn wird sorgfältig<br />

mit Reisigbüscheln gekennzeichnet. Foto Janke.<br />

neu festgesetzt. Sie führt von Duhnen und Sahlenburg kommend<br />

entlang der Wasserscheide quer zum Weser-Elbe-Wattfahrwasser<br />

auf einer Länge von rund 10 km bis zur südlichen Auffahrt<br />

Neuwerks. Neben seiner traditionellen Funktion als Haupt-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

versorgungsweg (früher) mit traditionellen Pferdewattwagen und<br />

(heute) mit Versorgungstreckern gehört er mittlerweile zu den<br />

großen Touristenattraktionen der Region. Nur an wenigen Stellen<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> kann man sich so weit hinaus auf die freien<br />

Wattflächen wagen. Von den Cuxhavener Seebädern Sahlenburg<br />

und Duhnen werden im Sommer täglich Kutschfahrten, geführte<br />

Wattwanderungen und auch Ausflüge mit Pferden zur Insel<br />

Neuwerk angeboten. Obwohl seit 1950 ein regelmäßiger<br />

Schiffsverkehr zwischen Cuxhaven und Neuwerk besteht, werden<br />

die Versorgungsgüter für die ständigen Einwohner und ihre Gäste<br />

auch heute noch über den Wattweg transportiert. Dies geschieht<br />

ganz überwiegend mit Hilfe von in der Landwirtschaft üblichen<br />

Traktorengespannen. Eine Entsorgung der Insel wird über den<br />

Schiffsweg bewerkstelligt.<br />

Abb. 2:Wattwagenverkehr zwischen Neuwerk und Sahlenburg.<br />

Foto Janke.<br />

Durch den großen Andrang von Tagestouristen und Urlaubern<br />

wird der Wattweg im Sommer intensiv genutzt, bei günstigen<br />

Gezeiten sogar zweimal täglich. An Spitzentagen verkehren 50<br />

Kutschen, davon 11 Kutschen von der Insel Neuwerk, sowie<br />

durchschnittlich zwei Traktoren und unzählige Wattwanderer und<br />

Reiter auf dem ausgeprickten Wattenweg ( Stand 2000).<br />

Für die Sicherheit des Weges ist - soweit das bei einem Wattweg<br />

überhaupt möglich ist – muß Vorsorge getroffen worden. Zunächst<br />

ist die Route durch Reisigbüschel, die in mehreren Metern<br />

Abstand voneinander in den Wattboden gegraben werden, in<br />

ihrem Verlauf für den Wanderer gesichert. Die kurzen Abstände<br />

müssen deshalb eingehalten werden, damit auch bei einem plötzlich<br />

aufkommenden Seenebel immer noch eine Orientierungshilfe<br />

besteht, an der entlang sich der Wegeverlauf verfolgen lässt.<br />

An den Rändern des quer zum Weg verlaufenden Weser - Elbe-<br />

Wattfahrwasser wurden Rettungsbaken eingerichtet, in die sich<br />

von der Flut abgeschnittene Wattwanderer flüchten können.<br />

Schließlich besteht sowohl am Festland als auch auf Neuwerk ein<br />

gut organisiertes Informationssytsem, das wanderfreudigen<br />

Gästen mitteilt, wann genau eine Wanderung unternommen werden<br />

kann und wieder abgeschlossen sein muss. Um sich im Notfall<br />

gegenseitig helfen<br />

zu können sind viele<br />

Wattwagenfahrer sowie<br />

Wattführer und die Einsatzstelle<br />

am Festland<br />

untereinander über Funk<br />

verbunden.<br />

Abb. 3: Der Kotpillenwurm ist auch auf<br />

dem Wattweg noch anzutreffen.<br />

Foto Janke.


Der Wattweg von Neuwerk nach Scharhörn<br />

Der Wattweg von Neuwerk zur Scharhörnplate ist erst mit der<br />

Entstehung der Vogelinsel etabliert worden. Er beginnt an der<br />

südlichen Auffahrt Neuwerks und führt zunächst entlang der<br />

Südseite der Insel, bis er an der Südwestecke in nordwestliche<br />

Richtung von der Insel abschwenkt. Auch hier wird die Route<br />

über die Wasserscheide der hohen Wattrücken auf einer Länge<br />

von ca. 6 Kilometern durch Reisigbüschel gezeichnet, um ein<br />

Abb. 4: Morgenstimmung auf dem Wattweg nach Neuwerk. Foto Janke.<br />

sichere Orientierung zu gewährleisten. Der Weg nach Scharhörn<br />

dient heute in erster Linie der dortigen Inselbetreuung<br />

("Vogelwart") einschließlich deren Versorgung per Wattwagen<br />

sowie als Marschroute für die Besucher der Insel. Ein Betreten<br />

der Insel Scharhörn ist nur nach vorheriger Anmeldung möglich.<br />

Veränderungen im Wattboden<br />

Mit der Nutzung des Wattbodens als Verkehrsweg verdichtet sich<br />

der Wattboden und wird kurzfristig zugleich mehrere Zentimeter<br />

aufgewühlt. Dies hat zur Folge, dass sich die Tierwelt des Wattbodens<br />

spürbar verändert. Untersuchungen der letzten Jahre<br />

haben folgende Ergebnisse gebracht:<br />

• Mit dem Befahren des Bodens werden feinsandige Anteile<br />

nach und nach ausgewaschen und abgetragen, so dass schließlich<br />

grobkörnigere Sedimentanteile überwiegen. Gleichzeitig<br />

nimmt die Dicke der sauerstoffreichen Sediment schicht an<br />

der Oberfläche ab. Dies ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf<br />

die durch den erhöhten Pressdruck hervorgerufene Verringerung<br />

des Porenvolumens zurückzuführen. Dadurch werden<br />

auch die Wege für eine Sauerstoffversorgung im Boden verengt<br />

und im Extremfall auch abgeschnitten.<br />

• Die natürliche Flächendeckung des Kieselalgenrasens auf<br />

der Wattoberfläche nimmt ab.<br />

• Die ursprüngliche Besiedlungsdichte der Tierwelt wird durch<br />

das Befahren deutlich verringert, zusätzlich treten im Artenspektrum<br />

Verschiebungen auf.<br />

Mittlere Besiedlungsdichte: 1300 Tiere /m 2<br />

Wenigborster (Oligochatea) 3%<br />

sonst. Borstenwürmer 0,4% 2% Krebse<br />

Orbinida 2%<br />

Nereida 1%<br />

Phyllacoidae<br />

4%<br />

13%<br />

Cirraculidae<br />

div. Spionidae<br />

Pygospio elegans<br />

10%<br />

7%<br />

13%<br />

div. Capitellidae 2%<br />

BORSTENWÜRMER<br />

(Polychaeta)<br />

9%<br />

Capitella sp.<br />

15%<br />

MUSCHELN<br />

Baltische Plattmuschel<br />

(Macoma balthica)<br />

17%<br />

Sandklaffmuschel<br />

(Mya arenaria)<br />

1%<br />

sonst.<br />

Muschelart<br />

Kotpillenwurm<br />

(Heteromastus filiformis)<br />

Besonders augenscheinlich ist die geringere Siedlungsdichte<br />

durch Charkterformen des Watts, wie z.B. Wattwurm oder Herzmuschel<br />

wahrzunehmen. Der Bäumchenröhrenwurm mit seiner<br />

festen Wohnröhre und die durch Fäden fest an ihren Ort gebundene<br />

Miesmuschel verschwinden gänzlich, können jedoch in<br />

unmittelbarer Nähe des Wattweges durchaus häufiger auftreten.<br />

Aber auch sehr bewegliche Organismen wie z.B. die Meeresringelwürmer<br />

der Gattung Nereis meiden den Fahrweg. Allein der<br />

Kotpillenwurm und die Wurmgruppe der Wenigborster<br />

(Oligochaeta) nehmen an der Gesamtbesiedlung einen höheren<br />

Anteil ein.<br />

Um die Auswirkungen des Wattweges auf die Lebensgemeinschaften<br />

im <strong>Wattenmeer</strong> abschließend bewerten zu können bleiben<br />

noch viele Fragen zu beantworten. Die bislang vorliegenden<br />

Untersuchungen lassen vermuten, dass beispielsweise nach einer<br />

Verlegung der Wattroute zurückdrängte Arten innerhalb eines<br />

überschaubaren Zeitraums wieder in wachsender Besiedlungsdichte<br />

auftreten. Außerdem liegen bislang keine systematischen<br />

Untersuchungen dazu vor, ob und welchem Umfang die Wattwege<br />

auch das Verhalten der Vögel maßgeblich beeinflussen.<br />

Mittlere Besiedlungsdichte: 3700 Tiere /m 2<br />

Wenigborster (Oligochaeta) 1%<br />

sonst. Borsternwürmer3%<br />

Orbinidae2%<br />

Nereida 2%<br />

3% Krebse<br />

11%<br />

Phyllacoidae<br />

Cirraculidae<br />

div. Spionidae<br />

Pygiospio elegans<br />

7%<br />

3%<br />

div. Capitellidae 1%<br />

6%<br />

9%<br />

Capitella sp.<br />

BORSTENWÜRMER<br />

(Polychaeta)<br />

15%<br />

18%<br />

MUSCHELN<br />

Baltische Plattmuschel<br />

(Macoma balthica)<br />

18%<br />

Sandklaffmuschel<br />

(Mya arenaria)<br />

1% div.<br />

Muschelarten<br />

Kotpillenwurm<br />

(Heteromastus filiformis)<br />

Abb. 5: Die Tierwelt im Boden des Wattweges (1996). Abb. 6: Die Tierwelt im Wattboden abseits des Wattweges (1996).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

117


Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />

120<br />

In den letzten 200 Jahren ist der Natur ein größerer Schaden zugefügt worden als in der Menschheitsgeschichte zuvor. Als<br />

ein wichtiger Schritt gegen die globale biologische Verarmung hat sich die Idee zur Ausweisung von <strong>Nationalpark</strong>en erwiesen.<br />

Die Gründung des weltweit ersten <strong>Nationalpark</strong>s, dem Yellowstone <strong>Nationalpark</strong>, erfolgte durch den amerikanischen<br />

Kongress. Dies war die Initialzündung für eine Bewegung, die um die Welt ging. Heute existieren über die ganze Welt verstreut<br />

über 2000 <strong>Nationalpark</strong>e. Ihnen allen gemeinsam ist ein Ziel: Sie schützen unser globales Naturerbe um seiner selbst<br />

willen und für die uns nachfolgenden Generationen.<br />

Grundlagen und Ziele von <strong>Nationalpark</strong>en<br />

<strong>Nationalpark</strong>e sind grundsätzlich großräumige Schutzgebiete, in<br />

denen sich die dort beheimateten natürlichen Ökosysteme und ihre<br />

Lebensgemeinschaften möglichst frei von menschlichen Einflüssen<br />

entfalten sollen. In solchen Rückzugsgebieten der Natur<br />

erhält der Besucher einen Einblick in die Eigendynamik der Natur<br />

und die Kräfte der Evolution mit ihrem ständigen Werden und Vergehen<br />

des Lebens und die in ihrem Verlaufe entstandene Vielfalt.<br />

In Deutschland werden <strong>Nationalpark</strong>e entweder durch einen<br />

Gesetzesbeschluss der Länderparlamente oder durch den Erlass<br />

einer Verordnung vom jeweils zuständigen Minister ausgewiesen.<br />

Vier wesentliche Aspekte bestimmen das Leitbild von <strong>Nationalpark</strong>en.<br />

Abb. 1: Der kleinste <strong>Nationalpark</strong> Deutschlands ist der <strong>Nationalpark</strong><br />

Jasmund auf der Insel Rügen mit seinen beeindruckenden Kreidefelsen.<br />

Foto Janke.<br />

1.) Die Bewahrung des nationalen Erbes<br />

<strong>Nationalpark</strong>e dienen insbesondere der ungestörten Entwicklung<br />

der natürlichen Vielfalt der Arten und ihrer Lebensgemeinschaften<br />

sowie ihrer natürlichen Grundlagen. Sie schützen möglichst<br />

ungestörte und meistens durch besondere Ästhetik ausge-<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

zeichnete Naturräume um ihrer selbst willen als ein nationales<br />

Naturerbe für heutige und die kommenden Generationen. Dieses<br />

Naturschutzziel bezeichnet man als Prozessschutz. Darüber hinaus<br />

können <strong>Nationalpark</strong>e zum sicheren Erhalt gefährdeter wildlebender<br />

Tiere und Pflanzen einen wertvollen Beitrag leisten. In<br />

besonderen Fällen können auch gezielte Maßnahmen zu deren<br />

Erhalt ergriffen und gefördert werden, soweit dadurch die<br />

Abläufe der natürlichen Vorgänge nicht gefährdet werden oder<br />

aber eine solche Maßnahme dazu geeignet ist, diese wieder herzustellen.<br />

Entsprechend den internationalen Richtlinien der<br />

Internationalen Naturschutzorganisation IUCN (ehemals International<br />

Union for Conservation of Nature and Natural Ressources,<br />

heute World Conservation Union) sollen <strong>Nationalpark</strong>e nach<br />

einer zugestandenen Aufbauphase mindestens auf 75 % der<br />

Fläche frei von jeglichen Nutzungen sein, und auch auf der verbliebenen<br />

Restfläche dürfen die dortigen Aktivitäten den Zielen<br />

des <strong>Nationalpark</strong>s nicht entgegenstehen.<br />

2.) Die Erweiterung des Verständnisses für die Natur<br />

In Mitteleuropa existieren nur noch wenige großräumige<br />

Naturräume, die sich weitgehend ohne menschliche Nutzung entwickeln<br />

können. In diesem Zusammenhang sind besonders die<br />

Hochalpen sowie das <strong>Wattenmeer</strong> zwischen Esbjerg und Den<br />

Helder zu nennen. Angesichts der vom Menschen verursachten<br />

globalen klimatischen Veränderungen und der damit verbundenen<br />

Veränderungen im Gefüge der Naturvorgänge wächst die Dringlichkeit,<br />

die Abläufe natürlicher Prozesse und ihrer Wechselwirkungen<br />

innerhalb natürlicher Ökosysteme besser verstehen zu lernen<br />

und heraus entsprechende Handlungserfordernisse für<br />

zukunftsfähige Entwicklungen abzuleiten.<br />

<strong>Nationalpark</strong>e können im besonderen Maße der ökologischen<br />

Forschung dienen, soweit diese nicht in den Ablauf der Naturvorgänge<br />

eingreift. Angewandte Forschung in <strong>Nationalpark</strong>en liefert<br />

Erkenntnisse über den Ablauf natürlicher Prozesse und ihrer<br />

Wechselwirkungen innerhalb natürlicher Ökosysteme. Eine beson-<br />

dere Bedeutung kommt den in <strong>Nationalpark</strong>en eingerichteten Umweltbeobachtungsprogrammen<br />

zu. Sie stellen ein unverzichtbares<br />

Instrument für das Schutzgebietsmanagement und seiner Erfolgskontrolle<br />

dar. Darüber hinaus können die durch sie gewonnenen<br />

Erkenntnisse auch bei der Entwicklung naturnaher, zukunftsfähiger<br />

Wirtschaftsweisen in Kulturlandschaften geeignet sein.<br />

3.) Förderung von Naturbewusstein und Naturerlebnis<br />

<strong>Nationalpark</strong>e können der Bevölkerung bewusst machen, dass der<br />

Mensch als ein Teil der Natur mit ihr in seiner Existenz unmittelbar<br />

verbunden ist. In <strong>Nationalpark</strong>en können die Phänomene der<br />

Naturgeschichte verständlich und erlebbar gemacht werden.<br />

In <strong>Nationalpark</strong>en soll die Natur und ihre ungestörte Entwicklung<br />

den Menschen näher gebracht werden. Mit Hilfe der Öffentlichkeitsarbeit<br />

und Naturbildung sollen gemäß dem Motto "Nur<br />

was der Mensch erkennt, begreift er auch in seiner besonderen<br />

Bedeutung" der besondere Wert der ungestörten Natur und ihre<br />

Funktionen den Besuchern verständlich vermittelt werden.<br />

Darüber hinaus sind <strong>Nationalpark</strong>e dazu geeignet, die besondere<br />

emotionale Verbundenheit der Menschen mit ihrer Heimat und<br />

ihrer Verantwortung für deren zukunftsfähigen Erhalt zu wecken<br />

und zu fördern.<br />

Tabelle 1: Die deutschen <strong>Nationalpark</strong>e und ihr<br />

Gründungsdatum (Stand 4/2001):<br />

<strong>Nationalpark</strong> Gründung Größe<br />

(in km 2)<br />

Bayerischer Wald 11.06.1969 242<br />

Berchtesgaden 01.08.1978 210<br />

Schl.-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> 01.10.1985 4410<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> 01.01.1986 2400<br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 09.04.1990 137<br />

Hochharz 01.10.1990 58<br />

Jasmund 01.10.1990 30<br />

Müritz 01.10.1990 313<br />

Sächsische Schweiz 01.10.1990 93<br />

Vorpommersche Boddenlandschaft 01.10.1990 805<br />

Harz 01.01.1994 158<br />

Unteres Odertal 28.06.1995 224<br />

Hainich 31.12.1997 76


Abb. 2: Naturschutz am anderen Ende der Welt: Der bereits 1894<br />

gegründete Tongariro-<strong>Nationalpark</strong> schützt eine vielfältig strukturierte<br />

Vulkanlandschaft auf der Nordinsel Neuseelands. Die einzigartige<br />

Landschaft ist zugleich auch von der UNESCO als ein Welterbe der<br />

Menschheit anerkannt worden. Foto Janke.<br />

4.) Förderung nachhaltiger regionaler Wirtschaftsweisen<br />

<strong>Nationalpark</strong>e liegen besonders häufig - auch in Deutschland - in<br />

wirtschaftlich benachteiligten Randregionen. Ihre besondere<br />

Anziehungskraft für naturliebende Besucher bietet der örtlichen<br />

Bevölkerung eine Möglichkeit zur Unterstützung der <strong>Nationalpark</strong>ziele,<br />

z.B. durch die Entwicklung nachhaltiger Wirtschaftsweisen<br />

im Umfeld der <strong>Nationalpark</strong>e und eines nachhaltigen<br />

Fremdenverkehrs, der sich mit den Zielen des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

identifiziert und sich so eine langfristige Erwerbsquelle schafft.<br />

<strong>Nationalpark</strong>e und Welterbe<br />

Viele <strong>Nationalpark</strong>e stehen in der von der UNESCO betreuten<br />

"Liste des Welterbes". In diese werden nach einem aufwendigen<br />

Prüf- und Anerkennungsverfahren nur solche besonderen Naturund/oder<br />

Kulturgüter aufgenommen, die im weltweiten Vergleich<br />

von herausragender Einzigartigkeit und von außergewöhnlichem<br />

universellen Wert sind. Ihr Erhaltungszustand muss durch entsprechende<br />

nationale Regelungen (z.B. Gesetze) oder Managementmaßnahmen<br />

gesichert sein. Mit der Aufnahme in die Liste<br />

der Welterbestätten ist eine besondere Anerkennung der<br />

Weltgemeinschaft gegenüber dem Land und seiner Bevölkerung<br />

sowie deren besonderen Bemühungen um den Erhalt der einzigartigen<br />

Schutzgüter verbunden. Welterbestätten zählen zu den<br />

besonders beliebten Fremdenverkehrszielen. Sie stärken damit in<br />

besonderem Maße auch die regionale Wirtschaft.<br />

1 <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

2 <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

3 <strong>Nationalpark</strong> Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

4 <strong>Nationalpark</strong> Vorpommersche Boddenlandschaft<br />

5 <strong>Nationalpark</strong> Jasmund<br />

6 Müritz-<strong>Nationalpark</strong><br />

7 <strong>Nationalpark</strong> Unteres Odertal<br />

8 <strong>Nationalpark</strong> Harz<br />

9 <strong>Nationalpark</strong> Hochharz<br />

0<br />

1<br />

2<br />

3<br />

<strong>Nationalpark</strong> Hainich<br />

<strong>Nationalpark</strong> Sächsische Schweiz<br />

<strong>Nationalpark</strong> Bayerischer Wald<br />

<strong>Nationalpark</strong> Berchtesgaden<br />

Abb. 3: <strong>Nationalpark</strong> Berchtesgaden, der<br />

Watzmann. Foto Körber.<br />

D sseldorf<br />

Saarbr cken<br />

3 2<br />

Mainz<br />

1<br />

<strong>Nationalpark</strong>e<br />

Wiesbaden<br />

Bremen<br />

Stuttgart<br />

Hannover<br />

Kiel<br />

Hamburg<br />

8<br />

9<br />

10<br />

Erfurt<br />

M nchen<br />

Schwerin<br />

Magdeburg<br />

Abb. 4:Verteilung der deutschen <strong>Nationalpark</strong>e (Stand Dez. 2000).Verändert nach einer Vorlage von Europarc Deutschland.<br />

4<br />

Potsdam<br />

13<br />

6<br />

Berlin<br />

Dresden<br />

12<br />

11<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 121<br />

5<br />

7


Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />

122<br />

Das <strong>Wattenmeer</strong> ist Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen und gleichzeitig ein stark von Menschen beeinflusstes<br />

Gebiet. Die Bemühungen, diesen einzigartigen Naturraum zu schützen und zu erhalten, erfordern ein grenzüberschreitendes<br />

Handeln. Seit Ende der siebziger Jahre arbeiten die drei Wattemeeranrainerstaaten Dänemark, Deutschland und die<br />

Niederlande zusammen und wenden dabei gemeinsame Grundsätze und Instrumente für den Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es an.<br />

Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es<br />

Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />

beruht auf einer Absichtserklärung der drei Regierungen. Die so<br />

gewählte Form der Zusammenarbeit hat die erfolgreiche Überbrückung<br />

vieler bestehender Unterschiede begünstigt und die<br />

Voraussetzungen in Richtung eines integrierten Schutzes des<br />

gesamten <strong>Wattenmeer</strong>es geschaffen. Um die Zusammenarbeit zu<br />

intensivieren, wurde 1987 das ”Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>sekretariat”<br />

mit derzeitigem Sitz in Wilhelmshaven eingerichtet.<br />

Eckpunkte trilateraler Politik im <strong>Wattenmeer</strong><br />

Die trilaterale Zusammenarbeit zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es<br />

basiert auf der ”Gemeinsamen Erklärung zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es”<br />

aus dem Jahre 1982. Die trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>politik<br />

baut auf den bestehenden unterschiedlichen nationalen Strukturen<br />

auf und wird in diesem Rahmen umgesetzt. Die gemeinsame<br />

Politik beinhaltet folgende Eckpunkte:<br />

• Gemeinsame Grundsätze (Common Principles),<br />

• Gemeinsame Ziele (Common Targets),<br />

• Gemeinsames Kooperationsgebiet (Trilateral Cooperation Area),<br />

• Trilateraler <strong>Wattenmeer</strong>plan (Trilateral Wadden Sea Plan),<br />

• Trilaterales <strong>Wattenmeer</strong>-Umweltbeobachtungsprogramm<br />

(Trilateral Monitoring and Assessment Program)<br />

Dieses ‘Paket’ gemeinsamer Politik wurde auf den Regierungskonferenzen<br />

zum Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es in Esbjerg, Dänemark<br />

1991, in Leeuwarden, Niederlande 1994 und in Stade, Deutschland<br />

1997 vereinbart und ausgebaut.<br />

1. Gemeinsame Grundsätze<br />

Der leitende Grundsatz der trilateralen <strong>Wattenmeer</strong>politik ist, ”so<br />

weit wie möglich ein natürliches und sich selbst erhaltendes Ökosystem,<br />

in dem natürliche Prozesse ungestört ablaufen können, zu<br />

erreichen”. Im Zusammenhang damit sind gemeinsame Prinzipien<br />

formuliert worden wie z. B. das Vorsorgeprinzip. Sie bilden<br />

die Grundlage für jegliche zu treffende Entscheidung bezüglich<br />

des Schutzes und Managements des <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

2. Gemeinsame Ziele<br />

Die drei Staaten haben vereinbart, die Vielfalt der Biotoptypen<br />

des <strong>Wattenmeer</strong>es, die zu einem natürlichen und dynamischen<br />

Ökosystem gehören, zu erhalten. Dazu gehören Salzwiesen, Tidebereiche,<br />

Ästuare, Strände und Dünen, Offshore-Bereiche und<br />

ländliche Gebiete. Jeder dieser Lebensräume sollte eine bestimmte<br />

Qualität aufweisen, die durch geeignete Maßnahmen erreicht<br />

werden kann. Die Qualität der Biotope, die durch bestimmte<br />

Strukturen, Organismen und abiotische Faktoren (z.B. chemische<br />

Substanzen in Wasser und Sediment) charakterisiert werden, soll<br />

erhalten oder verbessert werden.<br />

3. Gemeinsames Kooperationsgebiet<br />

Um die unterschiedlichen nationalen Strategien und Instrumente<br />

zur Umsetzung gemeinsamer Naturschutzziele zusammenzuführen,<br />

wurde ein Gebiet definiert, in dem die gemeinsamen<br />

Grundsätze und Ziele Anwendung finden: das Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>kooperationsgebiet.<br />

Das Kooperationsgebiet umfasst in<br />

der Regel das Gebiet zwischen der 3-Seemeilenzone und dem<br />

Hauptdeich bzw. der Brackwassergrenze. Dort, wo kein Hauptdeich<br />

vorhanden ist, gehören das Gebiet seewärts der Springtiden-Hochwasserlinie<br />

inklusive der Inseln und Ästuare und der<br />

Binnenlandgebiete dazu, die als Ramsar-Gebiete und EG-Vogelschutzgebiete<br />

ausgewiesen sind. Die bestehenden Schutzgebiete<br />

und <strong>Nationalpark</strong>e im Bereich des Kooperationsgebietes sind als<br />

trilaterales Schutzgebiet (Conservation Area) definiert. Die Vereinbarung<br />

sieht ausdrücklich vor, dass es in dem Kooperationsgebiet<br />

Bereiche gibt, in denen die Nutzung durch den Menschen<br />

Priorität genießt.<br />

4. Der Trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>plan<br />

Der trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>plan basiert auf den gemeinsamen<br />

Zielen, die für jeden Lebensraum und für ausgewählte Arten festgelegt<br />

wurden. Er enthält Vereinbarungen für eine gemeinsame<br />

Naturschutzpolitik sowie trilaterale Aktivitäten und Projekte, um<br />

die angestrebten Zielsetzungen zu erreichen.<br />

Der Plan bezieht sich auf das gesamte Kooperationsgebiet. Er<br />

deckt auch Themen wie landschaftliche und kulturelle Aspekte ab<br />

und bezieht Bereiche mit ein, die außerhalb der nationalen<br />

Schutzgebiete liegen und bisher nicht oder nicht im vollem Umfang<br />

Gegenstand der trilateralen Vereinbarungen waren. Dazu<br />

gehören Ästuare, Dünen und Offshore-Gebiete.<br />

Für nahezu alle menschlichen Aktivitäten wurden gemeinsame<br />

Regelungen vereinbart, um das <strong>Wattenmeer</strong> umfassend zu schützen.<br />

Gleichzeitig wird im <strong>Wattenmeer</strong>plan ausdrücklich betont,<br />

dass auch in Zukunft menschliche Aktivitäten im Sinne einer<br />

nachhaltigen Nutzung möglich sind.<br />

5. Das Trilaterale Umweltbeobachtungsprogramm<br />

Ein wichtiges Werkzeug für die politischen Entscheidungsfindung<br />

ist die Bewertung des Zustandes des <strong>Wattenmeer</strong>ökosystems.<br />

Dazu werden Qualitätszustandsberichte erstellt, die den<br />

aktuellen Zustand von Flora und Fauna und ihrer Lebensräume<br />

analysieren. Nationale Programme zur Umweltüberwachung<br />

(Monitoring) stellen die dazu notwendigen Grundlagen bereit.<br />

Um die Beobachtungsprogramme zu harmonisieren wurde im<br />

Jahr 1994 das sogenannte ”Trilateral Monitoring and Assessment<br />

Program” (TMAP) ins Leben gerufen. Zu den bereits bestehenden,<br />

trilateral abgestimmten Programmen wie Seehund- und<br />

Vogelzählungen, werden in den nächsten Jahren weitere Parameter<br />

hinzukommen. Alle Ergebnisse werden in einem gemeinsamen<br />

Datenverarbeitungssystem gespeichert und damit einfacher<br />

und schneller verfügbar sein als bisher.<br />

Erste erfolgreiche Schritte wurden bereits mit gemeinsamen<br />

Monitoring-Programmen für Seehunde sowie für Brut- und Rastvögel<br />

unternommen. Seit 1990 werden z.B. alle fünf Jahre<br />

Bestandserfassungen von Brutvögeln im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />

organisiert. Sie werden ergänzt um jährliche Zählungen in ausgewählten<br />

Gebieten. Diese Erfassungen sind nur möglich, weil<br />

Hunderte von ehrenamtlichen Zählern sie mit großem<br />

Engagement unterstützen.<br />

Ausblick<br />

Die Erarbeitung eines gemeinsamen Managementplanes und<br />

einer gemeinsamen Umweltüberwachung verstärkt die trilaterale<br />

Zusammenarbeit und gibt Impulse für neue Aktivitäten. Für die<br />

Zukunft soll gemeinsam ein nachhaltiger Schutz sowie eine harmonisierte<br />

Entwicklung und Nutzung des <strong>Wattenmeer</strong>es gewährleistet<br />

und weiterverfolgt werden. Das wiederum ist nur durch die<br />

Weiterentwicklung eines integrierten Ansatzes durch Maßnahmen<br />

auf unterschiedlichen Ebenen möglich.


Meilensteine der trilateralen Zusammenarbeit Trilaterale<br />

Regierungskonferenzen und ihre wichtigsten Ergebnisse<br />

1978<br />

1.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Den Haag, Niederlande<br />

Beschluss zu Intensivierung der Zusammenarbeit zum<br />

Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es.<br />

1980<br />

2.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Bonn, Deutschland<br />

Koordination der wissenschaftlichen Forschung.<br />

1982<br />

3.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Kopenhagen, Dänemark<br />

Verabschiedung der ”Gemeinsamen Erklärung” (Joint Declaration).<br />

1985<br />

4.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Den Haag, Niederlande<br />

Errichtung eines gemeinsamen <strong>Wattenmeer</strong>sekretariates.<br />

1988<br />

5.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Bonn, Deutschland<br />

Vereinbarung zum Schutz der Seehunde im <strong>Wattenmeer</strong> (Seals Agreement).<br />

1991<br />

6.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Esbjerg, Dänemark<br />

Verabschiedung von gemeinsamen Grundsätzen und Zielen<br />

bezüglich menschlicher Nutzungen.<br />

1994<br />

7.<strong>Wattenmeer</strong>konferenz, Leeuwarden, Niederlande<br />

Verabschiedung eines trilateralen Kooperationsgebietes und<br />

gemeinsamer ökologischer Zielsetzungen.<br />

1997<br />

8.Wattenmerkonferenz, Stade, Deutschland<br />

Verabschiedung eines trilateralen <strong>Wattenmeer</strong>plans.<br />

Quelle: Common Wadden Sea Secretariat (1994)<br />

Kartographie: Common Wadden Sea Secretariat<br />

Bearbeitung: ökologie & planung, H. Marencic<br />

Die Trilaterale <strong>Wattenmeer</strong>zusammenarbeit:<br />

so funktioniert sie<br />

Die Trilaterale Regierungskonferenz (TGC) der Umweltminister<br />

der drei <strong>Wattenmeer</strong>staaten ist das höchste Entscheidungsgremium<br />

in der trilateralen Zusammenarbeit.Auf<br />

ihr werden gemeinsame Maßnahmen und Aktivitäten zum<br />

Schutz des <strong>Wattenmeer</strong>es vereinbart. In der Zeit zwischen<br />

den Regierungskonferenzen wird die Arbeit von den Abteilungsleitern<br />

der Ministerien, den Senior Officials (SO), geleistet.<br />

Das Arbeitsgremium der trilateralen Zusammenarbeit<br />

ist die Trilaterale Arbeitsgruppe (Trilateral Working Group,<br />

TWG), die drei- bis viermal im Jahr zusammentritt. In ihr<br />

sind Mitarbeiter der verantwortlichen Ministerien und regionalen<br />

Behörden vertreten. Die TWG ist verantwortlich für<br />

die Umsetzung der Beschlüsse der Regierungskonferenz, für<br />

die Koordinierung der trilateralen Arbeiten und die Vorbereitung<br />

der Regierungskonferenzen. Die TWG hat zu diesem<br />

Zweck eine Reihe von Arbeitsgruppen eingerichtet wie<br />

z.B. die Trilaterale Monitoring- und Bewertungs-Gruppe<br />

(Trilateral Monitoring and Assessment Group, TMAG).<br />

Diese ist verantwortlich für die Durchführung des trilateralen<br />

Monitorings und für die Erstellung der Qualitätszustandsberichte.<br />

Das Gemeinsame <strong>Wattenmeer</strong>sekretariat (Common Wadden<br />

Sea Secretariat, CWSS) wurde 1987 eingerichtet mit<br />

der Aufgabe die Arbeiten innerhalb der trilateralen Zusammenarbeit<br />

zu unterstützen, anzuregen und zu koordinieren.<br />

Trilaterale Koorperation<br />

Nationale Ebene Trilaterale Ebene<br />

Dänemark:<br />

Minister für Umwelt<br />

und Energie<br />

Deutschland:<br />

Bundesminister für<br />

Umwelt, Naturschutz<br />

und Reaktorsicherheit<br />

Niederlande:<br />

Minister für<br />

Landwirtschaft,<br />

Naturschutz und Fischerei<br />

Mitarbeiter der<br />

Ministerien und<br />

regionalen Behörden<br />

Nationale<br />

Experten<br />

Trilaterale<br />

Regierungskonferenzen<br />

(Trilateral Goverment<br />

Conferences, TGC)<br />

Abteilungsleiter<br />

(Senior Officials, SO)<br />

Trilaterale<br />

Arbeitsgruppe<br />

(Trilateral Working<br />

Group, TWG)<br />

Gemeins.<br />

<strong>Wattenmeer</strong>sekretariat,<br />

(CWSS)<br />

Trilaterale<br />

Experten-Arbeitsgruppe<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 123


Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />

124<br />

Watt, Salzwiesen, Dünen, Seegraswiesen und Brandseeschwalbe, Finte, Seehund, Schweinswal - allen diesen Lebensräumen<br />

und Arten des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ist gemeinsam, dass sie europaweit selten und in ihrem Fortbestand<br />

bedroht sind. Um dieses Naturerbe und die biologischen Vielfalt in Europa auch für kommende Generationen zu erhalten,<br />

wurden vom Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft verbindliche Richtlinien zum Schutz gefährdeter Lebensräume<br />

und ihrer Arten verabschiedet.<br />

Europäische Naturschutzrichtlinien im <strong>Wattenmeer</strong><br />

Die Europäische Vogelschutzrichtlinie<br />

Um den Erhalt der natürlichen Artenvielfalt in Europa zu sichern,<br />

hat die Europäische Union bereits 1979 die Richtlinie<br />

79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der<br />

wildlebenden Vogelarten (zuletzt geändert am 29.7.1997) – kurz<br />

benannt als Europäische oder EG-Vogelschutzrichtlinie - verabschiedet.<br />

Diese Richtlinie sieht vor, dass für bestimmte in einem<br />

Anhang aufgelistete Vogelarten besondere Schutzgebiete auszuweisen<br />

sind, um deren Erhalt langfristig zu sichern. Dabei handelt<br />

es sich in der Regel um besonders wichtige Brut- , Rast- , Überwinterungs-,<br />

Nahrungs- oder Mausergebiete für diese Vogelarten,<br />

ggf. auch in Kombination mehrerer der benannten Funktionen.<br />

Bei der Benennung von EG-Vogelschutzgebieten wird darüber<br />

hinaus auch das Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere<br />

als Lebensraum für Wat- und Wasservögel von internationaler<br />

Bedeutung – kurz RAMSAR-Konvention benannt – berücksichtigt,<br />

welchem im Rahmen von Staatsverträgen weltweit bereits<br />

über 100 Länder beigetreten sind. Als wichtiges Kriterium für den<br />

besonderen Wert eines Gebietes im Sinne der Ramsar-Konvention<br />

ist festgelegt, dass sich mindestens 1% des biogeographischen<br />

Bestandes einer Vogelart oder einer ihrer geografischen Unterarten<br />

regelmäßig dort aufhält und sich dort ernährt. Derartige international<br />

bedeutsame Vogelschutzgebiete unterliegen ebenfalls dem<br />

Schutz der Europäischen Vogelschutzrichtlinie.<br />

Die Umsetzung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie im hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong> erfolgte in zwei Phasen. Mit Einführung<br />

der Richtlinie meldete Hamburg bereits 1982 zwei Bereiche des<br />

hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es gegenüber der Europäischen<br />

Union als besonders zu schützende Gebiete im Sinne der Richtlinie<br />

an. Hierbei handelte es sich um die damaligen Naturschutzgebiete<br />

Scharhörn (ausgewiesen 1967, ca. 200 ha) und Neuwerk/<br />

Kleiner Vogelsand (1982, ca. 380 ha). Nachdem der <strong>Nationalpark</strong><br />

kurz nach seiner Gründung im August 1990 unter dem Schutz der<br />

Ramsar-Konvention gestellt wurde, folgte dann in einem zweiten<br />

Schritt die Ausweisung als EG-Vogelschutzgebiet im März 1998.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Europäische Flora – Fauna – Habitat-Richtlinie<br />

Die langjährigen Erfahrungen im Umgang mit der Vogelschutzrichtlinie<br />

machten schon bald deutlich, dass sie nicht in ausreichendem<br />

Maße den gesteigerten Anforderungen an einen gemeinschaftsweit<br />

verbindlichen Schutz von seltenen und gefährdeten<br />

Lebensräumen und Arten in ganz Europa genügen konnte. Aus<br />

diesem Grund erließ der EU-Ministerrat die Richtlinie 92/43/-<br />

EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen<br />

Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (geändert<br />

durch die Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27.10.1997) –<br />

kurz Flora – Fauna - Habitat- Richtlinie (auch FFH-Richtlinie)<br />

genannt. In ihr werden erstmals in Ergänzung des Vogelschutzes<br />

durch die Vogelschutzrichtlinie umfassende Schutzvorschriften<br />

für weitere, in Anhängen zur Richtlinie aufgelistete Tierarten,<br />

Pflanzen und Lebensräume festgeschrieben<br />

Die Ausweisung von FFH-Gebieten folgt im Gegensatz zur<br />

EG-Vogelschutzrichtlinie in einem dreistufigen Verfahren<br />

Phase 1: Die EU-Mitgliedstaaten benennen nach bestimmten<br />

Auswahlkriterien, die in einem gesonderten Anhang der FFH-<br />

Richtlinie aufgeführt sind, ihre Vorschlagsgebiete gegenüber der<br />

EU-Kommission. In Deutschland sind für dieses Verfahren die<br />

Bundesländer zuständig.<br />

Phase 2: Die EU-Kommission bestimmt im Einvernehmen mit<br />

den Mitgliedstaaten diejenigen Gebiete, die in eine gemeinschaftliche<br />

Liste eingetragen werden.<br />

Phase 3: Die Mitgliedstaaten weisen die als FFH-Gebiete ausgewählten<br />

Gebiete bis spätestens 2004 aus.<br />

Im Rahmen der ersten Phase hat Hamburg seine Benennungen<br />

von FFH-Gebieten abgeschlossen. Trotz seiner im Vergleich zur<br />

gesamten Europäischen Union verschwindend geringen Flächengröße<br />

von ca. 870 km 2 kommen hier immerhin 34 Lebensräume<br />

und 20 Arten der FFH-Richtlinie vor. Dies führt dazu, dass 6,3 %<br />

der Hamburger Landesfläche als europäische Schutzgebiete benannt<br />

sind. Mit dem seit Dezember 1998 in dieses Netzwerk integrierten<br />

<strong>Nationalpark</strong> beläuft sich der Anteil sogar auf fast 19 %.<br />

Natura 2000 –<br />

das Verbundsystem europäischer Schutzgebiete<br />

Sinn und Zweck der FFH- Richtlinie ist neben dem Arten- und<br />

Lebensraumschutz insbesondere die Einrichtung eines europäische<br />

ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete. Dieses<br />

umfassende Biotopverbund- und Trittsteinsystem trägt den<br />

Namen NATURA 2000 und schließt auch die Gebiete der<br />

Europäischen Vogelschutzrichtlinie mit ein.<br />

Wie notwendig in der heutigen Zeit die Schaffung eines solchen<br />

staatenübergreifenden Netzwerkes von Schutzgebieten ist, verdeutlichen<br />

insbesondere die großräumig wandernden Tierarten.<br />

So ist ein regionaler Schutz z.B. von bestimmten Vogelarten,<br />

Meeressäugern oder Fischen in ihren Fortpflanzungsbiotopen nur<br />

von wenige Erfolg begleitet, wenn nicht gleichzeitig für diese<br />

Arten auch in ihren Rast- und Überwinterungsgebieten die notwendigen<br />

Überlebensgrundlagen geschaffen werden. Wird nur<br />

eines dieser im komplizierten Ablauf der Lebenszyklus einer Art<br />

bedeutende vernichtet, so kann dies bei fehlenden oder unzureichenden<br />

Ausweichmöglichkeiten zu gravierenden, möglicherweise<br />

existenzbedrohenden Verlusten in den von diesem Lebensraum<br />

abhängigen Tier- oder Pflanzenarten führen. Nur ein europaweiter<br />

Schutz aller Lebensstätten im Sinne des Netzwerkes Natura<br />

2000 kann hier den Fortbestand der Art sichern.<br />

Konsequenzen aus der Ausweisung europäischer<br />

Schutzgebiete<br />

Da mit der Einrichtung von Schutzgebieten nach der Europäischen<br />

Vogelschutzrichtlinie und FFH-Richtlinie der Bewahrung<br />

der Naturgüter, auch als Beitrag für unsere eigene Lebensqualität,<br />

Vorrang eingeräumt wird, sind menschliche Eingriffe in diese<br />

Schutzgebiete eingeschränkt bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />

möglich.<br />

Ganz allgemein gilt zunächst ein Störungs- und Verschlechterungsverbot<br />

für diejenigen Arten und Lebensräume, für die ein Gebiet<br />

als Natura 2000-Gebiet ausgewiesen wurde. Dies schließt auch<br />

negative Einwirkungen von außen auf das Gebiet ein. Daneben<br />

sind für alle Vorhaben, die ein solches Natura 2000-Gebiet erheblich<br />

beeinträchtigen könnten, Verträglichkeitsprüfungen im<br />

Hinblick auf die festgelegten Erhaltungsziele des Schutzgebiets<br />

durchzuführen. Kommt die Verträglichkeitsprüfung zu dem<br />

Ergebnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der FFH-relevanten<br />

Schutzgüter vorliegt oder nicht zweifelsfrei ausgeschlossen<br />

werden kann, so ist das Vorhaben unzulässig. Allerdings dürfen<br />

solche Vorhaben dann durchgeführt werden, wenn keine<br />

Alternativlösung vorhanden ist und für deren Durchführung<br />

zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses


sprechen. Für einen solchen Ausnahmefall sind zwingend<br />

Ausgleichsmaßnahmen vorzunehmen, die den Zusammenhalt des<br />

Netzwerkes Natura 2000 zu gewährleisten haben. Über die vorgenommenen<br />

Ausgleichsmaßnahmen ist die EU-Kommission zu<br />

unterrichten.<br />

Kommen in einem Schutzgebiet dagegen Lebensräume und Arten<br />

mit einem europaweit aufgrund ihrer starken Gefährdung hervorgehobenen<br />

Status vor (in der FFH-Richtlinie besonders gekennzeichnet:<br />

z.B. Graudünen im <strong>Nationalpark</strong>), so sind die Ausnahmevorschriften<br />

für Eingriffe noch strenger gefasst. Für alle<br />

Vorhaben, die nicht der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen<br />

Sicherheit oder der Herstellung günstiger Umweltauswirkungen<br />

dienen, ist in einem solchen Fall vor ihrer Verwirklichung<br />

eine Stellungnahme der Europäischen Kommission einzuholen.<br />

Abb. 1: Geschützter Lebensraum:<br />

das Queller-Watt. Foto Janke.<br />

Abb. 2: Geschützter Lebensraum: Vegetationsfreie<br />

Schlick-, Sand- und Mischwatten. Foto Janke.<br />

Abb. 3: Geschützte Tierart: der Seehund. Foto Janke.<br />

Abb.4:Geschützter Lebensraum:Schlickgrasbestände<br />

im Watt. Foto Janke.<br />

Abb. 5: Geschützter Lebensraum:<br />

Salzwiesen im Vorland<br />

von Neuwerk. Foto Janke<br />

Abb. 6: Geschützte Tierart: der Schweinswal<br />

(tot angespült). Foto Janke.<br />

Abb. 7: Geschützter Lebensraum:<br />

Die Salzmiere besiedelt ganz überwiegend<br />

Spülsäume am Meer.<br />

Foto Janke.<br />

Vogelarten im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> für die<br />

nach der Europäischen Vogelschutzrichtlinie<br />

besondere Schutzmaßnahmen<br />

anzuwenden sind, um ihren<br />

Fortbestand sicherzustellen.<br />

Wanderfalke (B & J)<br />

Säbelschnäbler (B)<br />

Goldregenpfeifer (D)<br />

Kampfläufer (sD)<br />

Bruchwasserläufer (D)<br />

Odinshühnchen (sG)<br />

Brandseeschwalbe (B & D)<br />

Flussseeschwalbe (B & D)<br />

Küstenseeschwalbe (B & D)<br />

Zwergseeschwalbe (B & D)<br />

Trauerseeschwalbe (exB & D)<br />

Sumpfohreule (B & D)<br />

Heidelerche (sG)<br />

Zwergschnäpper (sG)<br />

Abkürzungen:<br />

s = selten<br />

B = Brutvogel<br />

D = Durchzügler (kurze Verweildauer) G<br />

= Gastvogel (verweilt über einen längeren<br />

Zeitraum)<br />

J = Jahresvogel (ganzjährig anwesend),<br />

M = Mausergebiet<br />

Dauerhafte Verpflichtung durch die<br />

Europäische Union<br />

Aufstellung von Maßnahmenplänen zur<br />

Pflege und Entwicklung der Natura 2000-<br />

Gebiete.<br />

Überwachung der Arten und Lebensräume<br />

in den FFH-Gebieten<br />

Berichtspflicht (alle 6 Jahre) über durchgefühte<br />

Maßnahmen und ökologischer<br />

Zustandsentwicklung.<br />

Lebensräume im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>, die<br />

unter dem besonderen Schutz der<br />

Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie stehen.<br />

Vegetationsloses Schlick-, Sand- und<br />

Mischwatt<br />

Flache große Meeresarme und –buchten<br />

(Flachwasserzonen und Seegraswiesen)<br />

Spülsäume des Meeres mit einjährigen<br />

Arten<br />

Queller-Watt<br />

Watt mit Schlickgrasbeständen<br />

Salzgrünland des Atlantiks, der Nord- und<br />

Ostsee mit Salzschwaden-Rasen<br />

Primärdünen<br />

Weißdünen mit Strandhafer<br />

Graudünen der Küsten mit krautiger<br />

Vegetation<br />

Tierarten im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>, die<br />

unter dem besonderen Schutz der<br />

Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie stehen.<br />

Seehund (Phoca vitulina)<br />

Schweinswal (Phocoena phocoena)<br />

Umsetzung im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

(Stand 2000)<br />

Aufstellung eines <strong>Nationalpark</strong>-Plans:-<br />

• Aktuelle Darstellung (<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong>)<br />

• Leitbild<br />

• Entwicklungs-und Maßnahmenkonzeption<br />

Umweltbeobachtungsprogramm<br />

<strong>Nationalpark</strong>-Bericht (alle 6 Jahre).<br />

Dauerhafte Verpflichtungen, die sich aus der Ausweisung von Natura 2000-Schutzgebieten<br />

für das Management des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ergeben.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 125


Naturschutz im <strong>Wattenmeer</strong><br />

126<br />

Nur wenige Jahre nach der <strong>Nationalpark</strong>-Ausweisung des hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong>es wurde das Gebiet von der<br />

UNESCO auch als Biosphärenreservat anerkannt. Mit dieser Ausweisung sollen Möglichkeiten zur Förderung nachhaltiger<br />

Nutzungen geschaffen werden. Dabei ist der Blick vor allem auf die Insel Neuwerk gerichtet.<br />

Biosphärenreservat: Regionale Chancen nachhaltiger<br />

Ressourcennutzung<br />

Biosphärenreservate und das MAB-Programm<br />

Bereits 1970 wurde von der UNESCO das Programm "Der<br />

Mensch und die Biosphäre" (MAB - 'Man and Biosphere') ins<br />

Leben gerufen. Dieses Programm soll die wissenschaftlichen<br />

Grundlagen für nachhaltige Nutzungen und die wirksame<br />

Erhaltung der Biosphäre erarbeiten. Dabei wird das menschliche<br />

Handeln bewusst in die Untersuchungen einbezogen. Der<br />

Biosphärenreservatsgedanke erfasst neben ökologischen auch<br />

ökonomische, soziale und kulturelle Aspekte.<br />

Biosphärenreservate sind großflächige, repräsentative Ausschnitte<br />

von Natur- und Kulturlandschaften, deren Nutzungsspektrum<br />

von unbeeinflussten Bereichen bis zu mehr oder weniger intensiver<br />

aber nachhaltiger Nutzung reichen. Sie dienen dem Schutz,<br />

der Pflege und der Entwicklung von Landschaften. Die<br />

Anerkennung von Biosphärenreservaten durch die UNESCO<br />

erfolgt seit 1976 auf Antrag des jeweiligen Staates. Inzwischen<br />

gibt es in Deutschland 14 Biosphärenreservate ( siehe Seite 127).<br />

1998 wurden Biosphärenreservate als Schutzgebietskategorie in<br />

das Bundesnaturschutzgesetz aufgenommen.<br />

Entsprechend dem Grad der Nutzung werden Biosphärenreservate<br />

meist in drei Zonen gegliedert:<br />

1. Kernzone: Vom Menschen möglichst völlig unbeeinflusst kann<br />

sich die Natur hier frei entfalten. Die Kernzone soll groß genug<br />

sein, um die Dynamik der in dem Ökosystem natürlicherweise<br />

ablaufenden Prozesse zu ermöglichen.<br />

2. Pflegezone: In der Pflegezone steht die Erhaltung und Pflege<br />

von Ökosystemen im Vordergrund, die durch menschliche<br />

Nutzung entstanden oder beeinflusst sind. In der Regel umgibt<br />

die Pflegezone die Kernzone als Pufferzone als Schutz vor schädigenden<br />

Einflüssen.<br />

3. Entwicklungszone: Die Entwicklungszone ist der Lebens-,<br />

Wirtschafts- und Erholungsraum der Bevölkerung. Sie dient der<br />

Entwicklung und Erhaltung einer "harmonischen Kulturlandschaft"<br />

durch nachhaltige Nutzungen.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Allgemein gelten für Biosphärenreservate folgende Aufgabenschwerpunkte:<br />

• Schutz des Naturhaushaltes mit den Ressourcen Boden,<br />

Wasser, Luft und Lebensgemeinschaften,<br />

• Schutz der genetischen Ressourcen, auch bezogen auf<br />

Haustierrassen und Kulturpflanzen,<br />

• Entwicklung nachhaltiger Nutzungsformen - nachhaltige<br />

Nutzung ist natur- und sozialverträglich und erhält ihre<br />

Grundlagen, so dass sie dauerhaft möglich ist,<br />

• Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit,<br />

• Forschung und ökologische Umweltbeobachtung<br />

§14a Bundesnaturschutzgesetz (Stand Juli 2000)<br />

(1) Biosphärenreservate sind rechtsverbindlich festgesetzte einheitlich<br />

zu schützende und zu entwickelnde Gebiete, die<br />

1. großräumig und für bestimmte Landschaftstypen charakteristisch<br />

sind,<br />

2. in wesentlichen Teilen ihres Gebietes die Voraussetzungen eines<br />

Naturschutzgebietes, im übrigen überwiegend eines Landschaftsschutzgebietes<br />

erfüllen,<br />

3. vornehmlich der Erhaltung; Entwicklung oder Wiederherstellung<br />

einer durch hergebrachte vielfältige Nutzung geprägten Landschaft<br />

und der darin historisch gewachsenen Arten- und Biotopvielfalt,<br />

einschließlich Wild- und früherer Kulturformen wirtschaftlich genutzter<br />

oder nutzbarer Tier- und Pflanzenarten, dienen und<br />

4. beispielhaft der Entwicklung und Erprobung von die Naturgüter<br />

besonders schonenden Wirtschaftsweisen dienen.<br />

(2) Die Länder stellen sicher, daß Biosphärenrerservate unter<br />

Berücksichtigung der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen<br />

Ausnahmen wie Naturschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebiete<br />

geschützt werden.<br />

Das Biosphärenreservat <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />

System der Biosphärenreservate<br />

Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wurde von der<br />

UNESCO im November 1992 offiziell als Biosphärenreservat<br />

anerkannt. Die Wahrnehmung der Biosphärenreservatsaufgaben<br />

erfolgt durch die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung.<br />

Die Zielsetzungen der Kernzone werden in der Zone I umgesetzt.<br />

Die besondere Situation im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> ermöglicht<br />

es, die Ziele von Pflege- und Entwicklungszone in der Zone<br />

II gemeinsam zu verfolgen. Aufgrund vergleichsweise geringer<br />

Nutzungsintensitäten auf der Insel Neuwerk lässt sich die angestrebte<br />

"harmonische Kulturlandschaft" im wesentlichen mit<br />

Pflegenutzungen erreichen.<br />

Im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> nimmt die Zone II (Pflege- und<br />

Entwicklungszone) aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nur<br />

einen geringen Anteil ein und umfasst im Wesentlichen die Insel<br />

Neuwerk sowie Wattflächen in ihrer Umgebung. Da sich hier der<br />

menschliche Einfluss konzentriert, können gemeinsam mit den<br />

hier lebenden und wirtschaftenden Menschen beispielhafte Konzepte<br />

für Schutz, Pflege und Entwicklung des Gebietes mit<br />

Förderschwerpunkt für nachhaltige Nutzungen erarbeitet werden.<br />

Auf Neuwerk kommt die Umsetzung nachhaltiger Nutzungsformen<br />

bisher besonders in der Landwirtschaft zum Tragen (siehe<br />

Seite 54 u. 60). Seit 1999 werden auf Initiative der landwirtschaftlichen<br />

Betriebe ca. 60 % der eingedeichten Inselfläche von<br />

Neuwerk extensiv bewirtschaftet. Das Programm dient gleichzeitig<br />

der Sicherung landwirtschaftlicher Nutzungen.<br />

Abb. 1: Wattwagen - umweltfreundlicher kann man im Biosphärenreservat<br />

kaum reisen. Foto Hecker.<br />

Zur Erhaltung des Landschaftsbildes und Vermeidung von Streubebauung<br />

erfolgt bei Erweiterungsvorhaben eine Konzentrierung<br />

auf bebaute Bereiche. Der Fremdenverkehr als Haupterwerbszweig<br />

im Gebiet setzt auf kleinere, von Familien geführte Pensionsbetriebe<br />

und einfache Übernachtungsformen (Strohlager,


Zelte). In den Restaurationsbetrieben werden zunehmend regionale<br />

Produkte vermarktet. Neben dem Fahrgastschiff ist der<br />

Wattwagen das umweltfreundliche Verkehrsmittel.<br />

Erste Wärmerückgewinnungs- und Solaranlagen für Warmwasseraufbereitung<br />

und Heizung ersetzen heute ehemals stromverbrauchende<br />

Anlagen. Die Ölversorgung erfolgt seit einigen<br />

Jahren umweltfreundlich durch zentrale Anlieferung und Verteilung.<br />

Ebenfalls vorbildlich sind Müllabfuhr und Abwasserbeseitigung<br />

geregelt. (siehe Seite 46).<br />

Abb. 2: Von der Freien und Hansestadt Hamburg gefördert: Solaranlage<br />

auf dem "Nige Hus”. Foto Janke.<br />

Auch die Sicherung des Hochwasserschutzes (siehe Seite 48)<br />

wird den Anforderungen an einen schonenden Umgang mit<br />

Ressourcen in besonderer Weise gerecht. So erfolgte die Deichverstärkung<br />

in den Jahren 1982-1987 unter Schonung der bedeutsamen<br />

Salzwiesen vor dem Deich. Boden- und Sodenentnahmen<br />

erfolgen in Absprache mit der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung bei gleichzeitiger<br />

Renaturierung der Salzwiesen. Großflächige Bodenentnahmen<br />

werden ab dem Jahr 2000 nicht mehr durchgeführt.<br />

Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit bringen den Besuchern<br />

auch die Ziele der Biosphärenreservate nahe. So dienen Veranstaltungen<br />

und Einrichtungen der Vermittlung ökologischer<br />

Zusammenhänge und beispielhafte Projekte regen dazu an, ähnliches<br />

auch daheim umzusetzen (siehe Seite 136)<br />

Nachdem bisher nur Einzel-Forschungsprojekte möglich waren,<br />

wurde im Jahr 2000 die systematische Ökologische Umweltbeobachtung<br />

im Rahmen des Biosphärenreservat-Netzes aufgenommen<br />

(siehe Seite 122).<br />

Düsseldorf<br />

Saarbrücken<br />

3<br />

Mainz<br />

12<br />

Biosphärenreservate<br />

1<br />

2<br />

Wiesbaden<br />

Bremen<br />

Stuttgart<br />

10<br />

Hannover<br />

Kiel<br />

Hamburg<br />

5<br />

Schwerin<br />

6 7<br />

Erfurt<br />

11<br />

München<br />

Magdeburg<br />

Potsdam<br />

14<br />

Berlin<br />

13<br />

Dresden<br />

1 Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

2 Biosphärenreservat <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

3 Biosphärenreservat Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

4 Biosphärenreservat Südost Rügen<br />

5 Biosphärenreservat Saalsee<br />

6 Biosphärenreservat Flußlandschaft Elbe<br />

7 Biosphärenreservat Schopfheide-Clorin<br />

8 Biosphärenreservat Spreewald<br />

9 Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft<br />

10<br />

11<br />

12<br />

13<br />

14<br />

Biosphärenreservat Rhön<br />

Biosphärenreservat Vessertal / Thüringer Wald<br />

Biosphärenreservat Pfläzer Wald<br />

Biosphärenreservat Bayerischer Wald<br />

Biosphärenreservat Berchtesgaden<br />

4<br />

8<br />

9<br />

Schematische Gliederung eines Biosphärenreservates<br />

I<br />

E<br />

Abb. 3: Kleinflächige Nutzung wirkt nachhaltig - Mähdrescher auf<br />

Neuwerk. Foto Körber.<br />

UB<br />

UB<br />

F<br />

F<br />

ÖUB<br />

I<br />

ÖUB<br />

E<br />

I<br />

ÖUB<br />

E<br />

I<br />

I<br />

F<br />

UB<br />

E<br />

ÖUB<br />

Informationszentrum und<br />

Umweltbildungseinrichtung<br />

Forschungsstation<br />

Umweltbildung<br />

Erholung / Tourismus<br />

Ökologische<br />

Umweltbetrachtung<br />

Kernzone<br />

Pflegezone<br />

Entwicklungszone<br />

Siedlung<br />

Abb. 4: Zonierung im Biosphärenreservat <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Die Kernzone entspricht der Zone I des <strong>Nationalpark</strong>s. Die Pflege- und<br />

Entwicklungszone entspricht der Zone II des <strong>Nationalpark</strong>s.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 127


Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

130<br />

Mit der Einrichtung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> bekräftigte die Stadt Hamburg ihre Mitverantwortung<br />

für einen dauerhaften Schutz des Lebensraums <strong>Wattenmeer</strong>. Die Unterschutzstellung basierte auf einem umfangreichen<br />

naturkundlichen Wissen, da bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Bemühungen um eine Sicherung der Naturschätze<br />

rund um die Scharhörnplate und die Insel Neuwerk vorausgingen.<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> -<br />

Entstehung, Grundlagen und Ziele<br />

Von der Vogelfreistätte zum <strong>Nationalpark</strong><br />

Dass das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> zu einem der bedeutendsten<br />

Brut- und Rastgebiete für Seevögel im gesamten <strong>Wattenmeer</strong><br />

gehörte, war spätestens bekannt, nachdem der zwischen 1902 und<br />

1909 auf Neuwerk tätige Insellehrer Heinrich Gechter begann,<br />

hierzu systematische Aufzeichnungen zu erstellen. Seine anhaltenden<br />

Bemühungen, später in seiner Eigenschaft als 2.<br />

Vorsitzender des Vereins Jordsand, um einen dauerhaften Schutz<br />

dieses Gebiets mündeten am 1.12.1939 in der Ausweisung eines<br />

Schutzgebietes für Seevögel, der Vogelfreistätte Scharhörn, welche<br />

ausschließlich den bewachsenen Teil der Insel selbst umfasste.<br />

Die Betreuung wurde zunächst der Vogelwarte Helgoland (bis<br />

1975) und dem Verein Jordsand gemeinsam übertragen, der auch<br />

heute noch diese Aufgabe wahrnimmt. Seither ist die Naturschutzarbeit<br />

im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> unmittelbar verknüpft<br />

mit den Geschicken dieses Vereins. Die sich unmittelbar<br />

an die Schutzgebietsausweisung anschließenden Kriegs- und<br />

Wiederaufbaujahre ließen es zunächst still werden um Scharhörn,<br />

bis das Schutzgebiet der stetig wanderenden Insel 1967 - wiederum<br />

auf Bemühen des Vereins Jordsand - um die sie unmittelbar<br />

umgebenden Wattflächen (ca. 200 ha) erweitert und nunmehr als<br />

Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde. Damit war die seit 1946<br />

stetige Betreuungsarbeit für die Brut- und Rastplätze der<br />

Seevögel auf Scharhörn gesichert, nicht jedoch auf der Insel<br />

Neuwerk. Um auch hier eine nachhaltige Sicherung der wertvollen<br />

Landschaftsbestandteile und die Bedeutung insbesondere des<br />

Vorlandes für die Vogelwelt zu sichern, wurde 1982 das<br />

Landschaftsschutzgebiet Insel Neuwerk (ca. 200 ha) sowie das<br />

Naturschutzgebiet Neuwerk und Kleiner Vogelsand (ca. 380 ha)<br />

eingerichtet.<br />

Ein neues Kapitel der Naturschutzgeschichte im <strong>Wattenmeer</strong><br />

wurde aufgeschlagen, als am 1.10.1985 Schleswig-Holstein und<br />

am 1.1.1986 auch das Land Niedersachsen ihren Teil des<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es als <strong>Nationalpark</strong> auswiesen. Damit erfüllte sich ein<br />

lang gehegter Traum der Naturschützer im <strong>Wattenmeer</strong>, die<br />

bereits 1906 anlässlich der Gründungsvorbereitungen des Vereins<br />

Jordsand unter anderem angeregt hatten, "<strong>Nationalpark</strong>e, wie in<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Yellowstone” einzurichten, um die Natur und die Vögel in ihrem<br />

ursprünglichen Zustand zu bewahren.<br />

Hamburg reagierte auf diese Entwicklung in den Nachbarländern<br />

zunächst mit der Erweiterung des Naturschutzgebiets Neuwerk<br />

und Kleiner Vogelsand sowie mit der Ausweisung des Naturschutzgebiets<br />

Neuwerker und Scharhörner Watt (beide per<br />

Verordnung vom 28.10.1986, zusammen ca. 8200 ha).<br />

Nachdem im Frühjahr und Sommer 1988 eine Virusepidemie die<br />

Seehundbestände im gesamten <strong>Wattenmeer</strong> in bis dahin nicht<br />

bekanntem Ausmaß dezimierte und dies eine weites, besorgtes<br />

Echo in der Bevölkerung um einen verbesserten <strong>Wattenmeer</strong>schutz<br />

auslöste, wies auch Hamburg am 9.4.1990 per Gesetzbeschluss<br />

das hamburgische <strong>Wattenmeer</strong> einschließlich der Inseln<br />

seewärts bis etwa zur mittleren Tidenniedrigwasserlinie als<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> aus (ca. 11700 ha).<br />

Anlässlich des zehnjährigen Bestehen des <strong>Nationalpark</strong>s hat der<br />

Hamburger Senat am 12.12.2000 den Entwurf einer Änderung<br />

des <strong>Nationalpark</strong>rechts verabschiedet und der Bürgerschaft zur<br />

Beschlussfassung zugeleitet. Kernstück der Novellierung ist die<br />

seewärtige Erweiterung des <strong>Nationalpark</strong>s um ca. 2050 ha bis zur<br />

3-Seemeilen-Grenze (siehe Abb.1).<br />

Grundlagen und Ziele des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

Mit dem Beschluss des Gesetzes zur Einführung eines <strong>Nationalpark</strong>s<br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wurden die rechtlichen Grundlagen<br />

für einen flächendeckenden Vorrang des Naturschutzes im<br />

hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> geschaffen. Die seit Oktober 1991<br />

von der Umweltbehörde eingerichtete <strong>Nationalpark</strong>verwaltung ist<br />

für die Umsetzung des <strong>Nationalpark</strong>rechts zuständig. Ihre<br />

Aufgabenschwerpunkte sind insbesondere<br />

• die Verwaltung des <strong>Nationalpark</strong>s und Zusammenarbeit auf<br />

kommunaler, regionaler und nationaler Ebene,<br />

• die Gebietsüberwachung,<br />

• die Förderung der naturkundlichen Bildung und des<br />

Naturerlebnisses der Bevölkerung sowie<br />

• die Umweltbeobachtung und angewandte Forschung.<br />

Es ist das Ziel der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung, die Entwicklung des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s in enger Abstimmung mit den vom <strong>Nationalpark</strong>gesetz<br />

betroffenen Bewohnern des <strong>Nationalpark</strong>s (auf Neuwerk)<br />

und dem den <strong>Nationalpark</strong> betreuenden Verein Jordsand sowie<br />

den weiteren Trägern öffentlicher Belange mit Zuständigkeiten<br />

im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> voranzutreiben.<br />

Näher definierte Naturschutzziele, die über die allgemeinen Ziele<br />

von <strong>Nationalpark</strong>en hinausgehen, sind im <strong>Nationalpark</strong>gesetz als<br />

Schutzzwecke und Gebote genauer festgesetzt.<br />

Vorrangiger Schutzzweck ist es zunächst, das <strong>Wattenmeer</strong><br />

einschließlich der Inseln Neuwerk, Scharhörn und Nigehörn in<br />

seiner Ganzheit und seiner natürlichen Dynamik um seiner selbst<br />

willen und als Lebensstätte der auf diesen einmaligen Lebensraum<br />

angewiesenen Arten und der zwischen diesen Arten bestehenden<br />

Lebensgemeinschaften zu erhalten und zu schützen.<br />

Insbesondere zu erhalten sind:<br />

• die Sand- und Schlickwatten, die Priele, Sande, Platen sowie<br />

Dünen und die diese Landschaftsteile untereinander verbindende,<br />

ungestörte natürliche Entwicklungsdynamik;<br />

• die auf den Lebensraum Watt angewiesenen Arten,<br />

• die geeigneten Fischlaich- und Aufzuchtsgebiete,<br />

• die Liege- und Aufzuchtsplätze der Seehunde auf der<br />

Robbenplate, dem Wittsand und dem Bakenloch,<br />

• die Brut- und Rastplätze der Seeschwalben auf Neuwerk,<br />

Nigehörn und Scharhörn,<br />

• die Brut- und Rastplätze sowie Nahrungsgebiete der verschiedenen<br />

Wattvogelarten und<br />

• die Mauserplätze der Brandente.<br />

Um diese Ziele zu erreichen ist es geboten:<br />

• auf Platen und im Vorland Neuwerks die natürliche Entwicklung<br />

von Salzvegetation zu fördern sowie<br />

• im Bestand gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Tierund<br />

Pflanzenarten des <strong>Wattenmeer</strong>es durch geeignete Maßnahmen,<br />

insbesondere durch verstärkten Schutz sowie<br />

durch verstärkte Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung<br />

ihrer Biotope sowie durch Gewährleistung ihrer sonstigen<br />

Lebensbedingungen zu erhalten und zu fördern.<br />

Die Förderung der Umweltbildung und des Naturerlebnisses der<br />

Bevölkerung sowie der Umweltbeobachtung und angewandten<br />

Forschung ist in dem Umfang möglich, in dem der Erhalt der<br />

natürlichen Dynamik sowie der natürlichen Entwicklung der<br />

Lebensgemeinschaften und ihrer Bewohner gewährleistet bleibt.


Abb. 2: <strong>Nationalpark</strong>beschilderung auf der Insel Scharhörn. Im<br />

Hintergrund das “Hamburger Haus”. Foto Janke (1992).<br />

Abb. 1: Schutzgebietsausweisungen im <strong>Nationalpark</strong> Hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> (einschließlich geplante Erweiterung).<br />

Nigehörn<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 131


Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

132<br />

Für die Entwicklung des <strong>Nationalpark</strong>es ist eine angewandte Forschung und dauerhafte Umweltbeobachtung unerlässlich.Verschiedene<br />

Einzeluntersuchungen der Vergangenheit in Verbindung mit systematischen Grundlagenerhebungen für den <strong>Nationalpark</strong>plan<br />

liefern einen ersten Überblick über die Gegebenheiten im <strong>Nationalpark</strong>. Das Umweltbeobachtungsprogramm ermöglicht<br />

es, zukünftige Entwicklungen zu dokumentieren und den verantwortlichen Ursachen auf die Spur zu kommen.<br />

Forschung und Umweltbeobachtung<br />

Forschung<br />

Forschungsaktivitäten im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> haben<br />

bereits eine lange Tradition. Bereits im Jahre 1911 begann die<br />

Vogelwarte Helgoland mit Untersuchungen zur Vogelwelt auf<br />

Neuwerk und Scharhörn. Ab 1938 erfolgte die Besetzung der<br />

Insel Scharhörn durch einen Vogelwart, der das Brut- und<br />

Zuggeschehen der Vogelwelt in Jahresberichten erfasst. Seit 1939<br />

übernahm der 'Verein Jordsand' die entsprechenden Arbeiten auf<br />

Scharhörn, ab 1946 vorübergehend auch auf Neuwerk. Seit der<br />

Ausweisung des Ostvorlandes als Naturschutzgebiet im Jahre<br />

1982 findet auf Neuwerk eine regelmäßige Erfassung der<br />

Vogelwelt durch den 'Verein Jordsand' als betreuender<br />

Naturschutzverband statt.<br />

Umfassende Erkenntnisse über die Inseln Neuwerk und<br />

Scharhörn sowie die sie umgebenden Wattflächen lieferten in den<br />

Jahren 1963 - 1981 die Voruntersuchungen für ein Tiefwasserhafenprojekt<br />

Scharhörn. Die Ergebnisse der Forschungs- und<br />

Vorarbeitenstelle Neuwerk der Hamburger Wirtschaftsbehörde<br />

wurden in der Schriftenreihe "Hamburger Küstenforschung" veröffentlicht.<br />

Neben verschiedenen Untersuchungen zur Hydrologie<br />

(Strömungen, Wasserstände, Seegang, Salzgehalte), zum<br />

Klima (Wind, Nebel) sowie zu Geologie und Sedimenten einschließlich<br />

geländemorphologischer Veränderungen der Wattflächen<br />

durch Umlagerung wurden auch ökologische Fragestellungen<br />

bearbeitet (z.B. Flora, Nahrungs-, Rast- und Mauserplätze<br />

der Vögel, fischereiliche Fragen). Zwar wurden die Hafenplanungen<br />

für Scharhörn 1981 zurückgestellt; die zusammengetragenen<br />

Fakten haben heute jedoch nach wie vor ihren Wert als<br />

wertvolle Vergleichsdaten behalten.<br />

Seit der Gründung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

wurden zahlreiche Einzeluntersuchungen mit Unterstützung der<br />

<strong>Nationalpark</strong>verwaltung durchgeführt:<br />

So entstand eine Gesamtschau über die Veränderungen auf der<br />

Insel Neuwerk im Zeitraum 1980 - 1993. Einzelne Arbeiten über<br />

das Vorland von Neuwerk lieferten Angaben zur Vegetation, zum<br />

oberflächennahen Bodenaufbau, zu voraussichtlichen ökologischen<br />

Auswirkungen geplanter Kleientnahmen, zu Salzgehalten<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

in den Prielen und zur Entwicklung von Lahnungsflächen vor<br />

dem Sommerdeich in Abhängigkeit von Beweidung und<br />

Begrüppung. Mit einer Einzelbiotop-Kartierung wurden die<br />

Gewässer auf Neuwerk erfasst. Neben den ständigen Vogelbeobachtungen<br />

fand auch vogelkundliche Grundlagenforschung statt.<br />

Ein Vergleich der Seeschwalben-Bestände auf Scharhörn und<br />

Nigehörn lieferte Informationen zur Brut- und Nahrungsökologie<br />

von Fluss- und Küstenseeschwalbe. Ferner fanden Untersuchungen<br />

zur Verteilung und Nahrungsökologie von Brandenten<br />

im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> statt.<br />

Abb. 1: Mit Bodenfallen wird die Kleintierwelt im Vorland erfasst.<br />

Foto Körber.<br />

Die Kenntnisse über die Wattbereiche wurden erweitert durch<br />

Untersuchungen der Sedimentverteilung im Raum Neuwerk/<br />

Kleiner Vogelsand. Vorkommen und Verteilung von Muscheln und<br />

Schnecken im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wurden<br />

genauso erforscht wie die Auswirkungen des Neuwerker Wattweges<br />

auf die im Boden lebende Tierwelt. Daneben wurden auch<br />

die Fischfauna einschließlich fischereibedingter Verletzungen und<br />

anderer Veränderungen an der Haut von Plattfischen und Krebsen<br />

im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> untersucht.<br />

Eine besondere Bedeutung kommt der von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

in den Jahren 1995 bis 1999 veranlassten umfassenden<br />

Erhebung von Datengrundlagen als Grundlage für ein effizientes<br />

Monitoring-Programm im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> durch das<br />

Institut für angewandte Umweltbiologie und Monitoring<br />

(IFAUM) zu. Soweit der vorhandene Kenntnisstand dafür nicht<br />

ausreichte, wurden umfassende neue Bestandsaufnahmen durchgeführt.<br />

Erfasst wurden Grundlagendaten zu Geologie, Boden<br />

und Sedimenten, Hydrologie, Klima und Landschaftsbild sowie<br />

die historischen Entwicklungen im Gebiet des hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es. Auf den Inseln Neuwerk, Scharhörn und Nigehörn<br />

wurden Biotop- und Nutzungstypen, Flora und Vegetation sowie<br />

die Fauna (vor allem Vögel und Insekten) untersucht. Für die<br />

Wattflächen und Priele wurden neben Biotoptypen und -strukturen<br />

besonders Makroalgen und Fauna (Seehund, Brandente,<br />

Eiderente, Fauna der Priele und des Wattbodens) aufgenommen;<br />

besondere Beachtung fanden dabei dynamische Prozesse.<br />

Für Fremdenverkehr und Naherholung, Landwirtschaft,<br />

Fischerei, Jagd, Bauen, Infrastruktur (Hochwasserschutz, Wasserwirtschaft,<br />

Energieversorgung, Abfallentsorgung, Schifffahrt,<br />

Luftfahrt, Wattenwege, Inselverkehr, überregionale Verkehrsanbindung),<br />

Rohstoffgewinnung, industrielle und militärische<br />

Nutzungen wurden die gegenwärtige Situation im <strong>Nationalpark</strong><br />

erfasst, Konflikte mit den Zielen des Naturschutzes ermittelt und<br />

Anforderungen des Naturschutzes formuliert. Dabei erfolgte die<br />

Konfliktanalyse unter besonderer Berücksichtigung des Konfliktfeldes<br />

Naturschutz/Landwirtschaft im Hinblick auf Probleme<br />

mit Ringelgänsen im Vorland von Neuwerk.<br />

Die naturschutzfachliche Zielkonzeption wurde getrennt für die<br />

Insel Neuwerk (Binnengroden, Nordvorland, Ostvorland, Hauptdeich),<br />

für die Düneninseln Scharhörn und Nigehörn sowie für<br />

die Wattflächen und Priele erstellt. Auf deren Grundlage erfolgte<br />

die naturschutzfachliche Bewertung der untersuchten Parameter.<br />

Ergänzt werden die Arbeiten des Institutes für angewandte<br />

Umweltbiologie und Monitoring durch eine Höhenvermessung<br />

mit Hilfe von Luftbildern, die zu einem digitalen Höhenmodell<br />

für den <strong>Nationalpark</strong> führt.


Umweltbeobachtung (Monitoring)<br />

Neben den genannten Einzeluntersuchungen zu bestimmten zeitpunktbezogenen<br />

Fragestellungen konnte in der Vergangenheit ein<br />

Monitoring lediglich in Form befristeter Begleituntersuchungen<br />

zu einzelnen Projekten realisiert werden.<br />

Dies betraf insbesondere in den Jahren 1990 - 1994 das morphologische<br />

und ökologische Monitoring-Programm für die durch<br />

Aufspülung errichtete Insel Nigehörn, das einen Vergleich mit der<br />

Insel Scharhörn einschloss.<br />

Auch wurden in den Jahren 1990 - 1993 Untersuchungen zur<br />

Prielfauna durchgeführt, die die unterschiedliche Entwicklung<br />

der Bodenfauna in den Prielen seit Ausweisung des <strong>Nationalpark</strong>es<br />

dokumentieren sollten. Die Untersuchungen wurden eingestellt<br />

als sich herausstellte, dass die angestammten Krabbenfischereibetriebe<br />

ungeachtet des im <strong>Nationalpark</strong>-Gesetz festgesetzten<br />

Fischereiverbotes auch die gesperrten Prielbereiche des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s stetig befischten und somit die Voraussetzungen<br />

für einen wissenschaftlichen Vergleich befischter und gesperrter<br />

Priele nicht gegeben waren.<br />

Mit der Einrichtung und Durchführung eines integrierten<br />

Umweltbeobachtungs-Programms für den <strong>Nationalpark</strong> im Frühjahr<br />

2000 ist die Grundlage für eine wirksame Überwachung<br />

der<strong>Nationalpark</strong>ziele geschaffen worden.<br />

Neben solchen Daten, die bisher schon von anderen Einrichtungen<br />

übernommen wurden, wie z.B. von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> (Daten zu Seehunden,<br />

Eiderenten, Brandenten) oder vom 'Verein Jordsand' (weitere<br />

Brut- und Rastvogel-Daten), sollen künftig auch weitere<br />

Informationen in die Datenstruktur des <strong>Nationalpark</strong>es<br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> dauerhaft einbezogen werden.<br />

Abb. 2: Erfassung der Vogelbestände im Neuwerker Vorland.<br />

Foto Schneider.<br />

Darüber hinaus integriert das Programm die hamburgischen<br />

Berichtsverpflichtungen hinsichtlich des Trilateralen <strong>Wattenmeer</strong>-Monitoring-Programms<br />

(TMAP) der Staaten Dänemark,<br />

Deutschland und Niederlande, die Berichtspflichten gegenüber<br />

der Europäischen Union hinsichtlich der Umsetzung der Flora-<br />

Fauna-Habitat-Richtlinie und der EG-Vogelschutzrichtlinie sowie<br />

schließlich die Erfolgskontrolle für ein von der Europäischen<br />

Union gefördertes Managementprogramm der Stadt Hamburg zur<br />

Förderung des Naturschutzes in der Landwirtschaft.<br />

Untersuchungsparameter Bearbeiter<br />

Gesamtbetrachtung Neuwerk Kraus (1994)<br />

Vorlandvegetation Hess (1979/80), Ritz (1988)<br />

Bodenaufbau Mathies (1996) Guiard (1997)<br />

Strukturkartierung Eggers & Kraus (1993-1998)<br />

Kleientnahmen Kurz & Martens (1984)<br />

Kleingewässer Kurz, Martens &<br />

Eimicke (1992)<br />

Vogelwelt Temme (1967), Schmid (1988)<br />

Lemke (1982, 1995)<br />

Rastvögel Lammen & Piper (1992)<br />

Seeschwalben Niedernostheide (1993, 1996)<br />

Brandenten Barkow (1996)<br />

Sedimentverteilung Falkus-Seelig (1988)<br />

Muscheln & Schnecken Lammen & Piper (1992)<br />

Benthosfauna Krause (1992), Bölhoff (1997)<br />

Fische & dekapode Krebse Diercking & Breckling (1991)<br />

Fischfauna Lüdemann (1992)<br />

Datenerfassung, Bewertung und graphische Darstellung<br />

Einen zusammenfassenden Überblick über die gesamten vorliegenden<br />

Daten bietet das derzeit im Aufbau befindliche<br />

Fachinformationssystem (FIS) der Umweltbehörde der Freien<br />

und Hansestadt Hamburg. In diesem System laufen alle Daten für<br />

eine vergleichende Auswertung zusammen. Flächenbezogene<br />

Daten werden in einem Geographischen Informationssystem<br />

(GIS) miteinander verknüpft. So sind beispielsweise die meisten<br />

flächenbezogenen Abbildungen und –ausschnitte in dem vorliegenden<br />

<strong>Atlas</strong> auf dieser Grundlage entstanden. Dem direkten<br />

Zugriff auf Informationen, die regelmäßig auch von anderen<br />

Dienststellen benötigt werden, dient der Aufbau eines<br />

Dokumentations- und Abfragesystems (DAS).<br />

Abb. 3: Ausschnitt aus einer Detail-Kartierung (Maßstab 1:100) der<br />

Vorlandstrukturen Neuwerks (1998).<br />

Abb. 4: Raster aus Markierungsschnüren ermöglichen eine exakte<br />

Geländekartierung. Foto Körber.<br />

Abb. 5: Digitales Geländemodell der Insel Nigehörn (Stand 1991).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 133


Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

134<br />

Das Umweltbeobachtungsprogramm für den <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Parameter<br />

Dünen-Vegetation<br />

(Scharhörn/Nigehörn)<br />

Salzwiesen-Vegetation (Neuwerk)<br />

Salzwiesen-Flora<br />

(Neuwerk)<br />

Binnengrünland-Vegetation (Neuwerk)<br />

Tierwelt der freien Wattflächen<br />

Seehunde (Wattflächen)<br />

Brutvögel<br />

(Scharhörn/Nigehörn/Neuwerk)<br />

Schlupferfolg von Wiesenbrütern<br />

(Austernfischer/ Rotschenkel auf<br />

Neuwerk)<br />

Rastvögel<br />

(Scharhörn/Nigehörn/<br />

Neuwerk/Wattflächen)<br />

Rastende/mausernde Eiderenten<br />

(Wattflächen)<br />

Rastende/mausernde Brandenten<br />

(Wattflächen)<br />

Rastende Ringelgänse + Nonnengänse<br />

(Neuwerk)<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Erfassungsmethoden<br />

je 20 Dauerflächen-Vegetationsaufnahmen auf Transekten auf<br />

Scharhörn und Nigehörn<br />

25 Dauerflächen-Vegetationsaufnahmen auf Transekten im Vorland<br />

Erfassung der Wuchsform und Entwicklung bei Strandaster und<br />

Strandflieder (je ca. 50 Exemplaren)<br />

15 Dauerflächen-Vegetationsaufnahmen im Binnengroden<br />

statistisch abgesicherte Probennahme mit Stechzylinder in 6<br />

Transekten 25 Probeflächen, zusätzlich visuelle Schätzung des<br />

Makro-Epibenthos<br />

Übernahme der Fernerkundungsdaten zur Erfassung des<br />

Gesamtbestandes auf den Ruheplätzen von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

Erfassung des Brutbestandes auf den Inseln Neuwerk, Scharhörn<br />

und Nigehörn<br />

kontinuierliche Kontrolle des Schlupferfolgs ausgewählter Gelege,<br />

je ca. 30 Brutpaare<br />

Erfassung des Rastbestandes auf und um Neuwerk, Scharhörn und<br />

Nigehörn ("Springtidenzählungen"; harmonisiert im Rahmen des<br />

TMAP)<br />

Übernahme der Fernerkundungsdaten zur Erfassung des Winterund<br />

Mauserbestandes im <strong>Nationalpark</strong> von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

Übernahme der Fernerkundungsdaten zur Erfassung des Winterund<br />

Mauserbestandes von der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

Erfassung der Rastbestände und Aufenthaltsorte der Ringel- und<br />

Nonnengänse auf Neuwerk in 6-tägigen Zeitabständen<br />

Frequenz<br />

1x jährlich<br />

(Juli/August)<br />

1x jährlich<br />

(Juli/August)<br />

1x jährlich<br />

(August/<br />

September)<br />

1x jährlich<br />

(Mai/Juni)<br />

1x jährlich<br />

(August)<br />

jährlich<br />

jährlich<br />

jährlich<br />

jährlich<br />

2x jährlich<br />

2x jährlich<br />

jährlich<br />

Schutzziel/Berichtspflichten<br />

natürliche Lebensraumentwicklung<br />

- geschützter Lebensraum gem. FFH-RL<br />

- TMAP-Parameter Nr. 14<br />

naturnahe Lebensraumentwicklung; Erfolgskontrolle für<br />

das Salzwiesen-Management<br />

- geschützter Lebensraum gem. FFH--RL<br />

- TMAP-Parameter Nr. 4,5<br />

naturnahe Lebensraumentwicklung<br />

- Erfolgskontrolle für das Salzwiesen-Management<br />

- geschützter Lebensraum gem. FFH-RL<br />

Förderung naturverträglicher Landwirtschaft<br />

- Erfolgskontrolle zum Extensivierungsprogramm<br />

natürliche Lebensraumentwicklung<br />

- geschützter Lebensraum gem. FFH-RL<br />

- TMAP-Parameter Nr. 8<br />

natürliche Entwicklung einer geschützten Art<br />

- geschützte Art gem. FFH-RL<br />

- TMAP-Parameter Nr. 19<br />

natürliche Entwicklung geschützter Arten<br />

besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />

- teilw. geschützte Arten gem. EG-VoRL<br />

- TMAP-Parameter Nr. 15<br />

Bestandsentwicklung geschützter Arten<br />

- Erfolgskontrolle zur Förderung des Bruterfolgs durch<br />

ein Extensivierungsprogramm in der Landwirtschaft<br />

Entwicklung europäisch geschützter Vogelarten<br />

- teilw. geschützte Arten gem. EG-VoRL<br />

- TMAP-Parameter Nr. 17<br />

besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />

- besond. FFH-Schutz (Rast, Mauser)<br />

- TMAP-Parameter Nr. 17<br />

besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />

- besond. FFH-Schutz (Rast, Mauser)<br />

- TMAP-Parameter Nr. 17<br />

besondere Verantwortung für den europäischen Vogelartenschutz<br />

- TMAP-Parameter Nrn. 5, 17<br />

- Kontrollparameter zum Konflikt Naturschutz/Landwirtschaft<br />

TMAP:Trilaterales <strong>Wattenmeer</strong>-Monitoringprogramm; FFH-RL: Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union; EG-VoRL:Vogelschutz-Richtlinie der Europäischen Union.<br />

Symbol


Abb. 5: Parameter des Umweltbeobachtungsprogramms, nähere Angaben zu den Symbolen siehe Tabelle auf Seite 134.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 135


Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

136<br />

<strong>Nationalpark</strong>e dienen nicht nur dem Ziel, die vom Menschen unbeeinflusste Natur zu schützen. Sie sollen den Besuchern<br />

auch das Erleben dieser Natur ermöglichen, soweit es der Schutzzweck erlaubt. Der Öffentlichkeits- und Informationsarbeit<br />

sowie der Umweltbildung kommt für das Erreichen dieses Zieles zentrale Bedeutung zu.<br />

Umweltkommunikation:<br />

Die Natur verständlich machen<br />

Die Umweltkommunikation im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> gliedert sich in drei Bereiche:<br />

1. Öffentlichkeitsarbeit: Sie erklärt Fakten und Zusammenhänge<br />

im Dialog, z.B. im Gespräch bei einer Veranstaltung.<br />

2. Informationsarbeit: Sie dient der einseitig gerichteten<br />

Vermittlung von Wissen beispielsweise durch Medien.<br />

3. Umweltbildung: Sie setzt wie auch die Öffentlichkeitsarbeit<br />

auf die wechselseitige Vermittlung von Inhalten, zielt aber darüber<br />

hinaus auf die ökologische Bewusstseinsbildung.<br />

Im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> findet die<br />

Umweltkommunikation unter besonderen Rahmenbedingungen<br />

statt. Einerseits konzentrieren sich die Besucher auf der Insel<br />

Neuwerk; andererseits bringt ein großer Teil von Ihnen als<br />

Tagesgäste nur wenig Zeit mit. Dies stellt besondere<br />

Anforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit, Informationsarbeit<br />

und Umweltbildung.<br />

Inhalte der Umweltkommunikation<br />

Ziel aller Maßnahmen ist die Vermittlung u.a. folgender Schwerpunkte:<br />

1. Weltweite Bedeutung des <strong>Wattenmeer</strong>es als einzigartiger<br />

Lebensraum,<br />

2. Entwicklung und Dynamik des <strong>Wattenmeer</strong>es,<br />

3. Lebensgemeinschaften im <strong>Wattenmeer</strong> (Watt, Salzwiesen,<br />

Dünen),<br />

4. Anpassung der Pflanzen und Tiere an den Lebensraum<br />

<strong>Wattenmeer</strong>,<br />

5. Vermittlung von Naturerlebnissen,<br />

6. Wert der Natur und Erhalt der Natur um ihrer selbst willen,<br />

7. der <strong>Nationalpark</strong> und seine Bedeutung für den Schutz der<br />

Natur im deutschen Küstenraum,<br />

8. das Verhältnis von Mensch und Natur im <strong>Nationalpark</strong>,<br />

9. Gefährdungen der Natur durch menschliche Aktivitäten,<br />

10. Verhaltensänderungen bei den Besuchern im Interesse<br />

eines funktionierenden Natur- und Umweltschutzes.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Zielgruppen<br />

Die verschiedenen Zielgruppen stellen unterschiedliche Anforderungen<br />

in Bezug auf die Formen der Umweltkommunikation.<br />

So haben die Tagesgäste, die einen hohen Anteil der Besucher<br />

stellen, nur eine beschränkte Zeit während ihres Aufenthaltes auf<br />

Neuwerk zur Verfügung. Dies gilt insbesondere für Kurzzeitgäste,<br />

die die Insel innerhalb derselben Tidephase mit Wattwagen<br />

oder Schiff besuchen und wieder verlassen.<br />

Andererseits besuchen zahlreiche Übernachtungsgäste den<br />

<strong>Nationalpark</strong>. Zu ihnen zählen Erholungsurlauber (Einzelreisende<br />

und Familien), die Neuwerk mit dem Ziel aufsuchen, die Natur zu<br />

erleben. Schüler- und Jugendgruppen halten sich auf Neuwerk<br />

regelmäßig in zwei Schullandheimen und im Zeltlager der Stadt<br />

Salzgitter auf. Erwachsenengruppen nutzen die Übernachtung in<br />

Pensionen und Strohlagern. Intensivere Betreuung erfordern<br />

Fortbildungsgruppen (z.B. Lehrer, Bildungsurlauber, Hochschulexkursionen).<br />

Kooperative Betreuungspraxis<br />

Bereits seit 1939 auf Scharhörn und seit 1982 auch auf Neuwerk<br />

liegt die Durchführung von Veranstaltungen und die Betreuung des<br />

Infozentrums auf Neuwerk in den Händen des “Verein Jordsand<br />

zum Schutz der Seevögel und der Natur”. Die Betreuung wird im<br />

wesentlichen durch Zivildienstleistende, Praktikanten oder<br />

Teilnehmer am Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) geleistet.<br />

Seit ihrem Bestehen hat die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung ihre Arbeit<br />

im Bereich der Umweltkommunikation kontinuierlich auf- und<br />

ausgebaut. Inzwischen wird ihre Arbeit durch eine Stelle im FÖJ<br />

und einen Zivildienstleistenden unterstützt; zusätzlich werden<br />

z.T. Hochschul-Praktikanten eingesetzt.<br />

Eine Zusammenarbeit besteht mit dem <strong>Nationalpark</strong>-Zentrum<br />

Sahlenburg und verschiedenen anderen Institutionen (z.B.<br />

Lehrerfortbildungseinrichtungen in Hamburg und Bremerhaven).<br />

Abb. 1: Informationstafel auf der Turmwurt. Foto: Körber.<br />

Instrumente der Umweltkommunikation<br />

Bei seiner Ankunft auf Neuwerk empfangen den Gast an den entsprechenden<br />

Punkten (Wattweg-Ende, Schiffsanleger, Sportboothafen,<br />

Turmwurt) und am Schulgebäude Informationstafeln<br />

Abb. 2: <strong>Nationalpark</strong>-Infozentrum auf der Turmwurt. Foto: Carstens.<br />

(Abb. 1), die ihn über alles Wesentliche für seinen Aufenthalt orientieren:<br />

Informationen über den <strong>Nationalpark</strong>, Lagekarte,<br />

Service-Informationen (Veranstaltungsprogramm, Sehenswürdigkeiten,<br />

Betriebe auf Neuwerk, Infrastruktur), Regelungen im<br />

<strong>Nationalpark</strong>.<br />

Hauptinformationseinrichtung ist das vom Verein Jordsand<br />

betreute <strong>Nationalpark</strong>-Infozentrum (ca. 55 m 2 Ausstellungs-


Abb. 4: Natur erleben auf Neuwerk. Foto Körber.<br />

Abb. 5: Mitarbeiter der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung bei einer<br />

Veranstaltung. Foto Körber-Nikisch.<br />

Abb. 6: Infopult auf Neuwerk. Foto Janke.<br />

Abb. 7: Die neugestaltete Ausstellung<br />

im Infozentrum lädt den Besucher<br />

zum eigenen Erkunden ein.<br />

Foto: Carstens.<br />

Abb. 3: Instrumente der Umweltkommunikation und ihre Positionierung im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 137


Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

138<br />

Besucherzahl<br />

Abb. 8: Besucherzahlen im Infozentrum Neuwerk 1982 - 1999.<br />

fläche) auf der Turmwurt (Abb. 2,7). Nach einer grundlegenden<br />

Neugestaltung in den Jahren 1996-1999 umfasst es folgende<br />

Themenblöcke: <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> -<br />

Geschichte - Gezeiten - Lebensräume Salzwiese, Watt, Priele -<br />

Dünen und Strände / Scharhörn und Nigehörn - Seehunde -<br />

Vögel - Hochwasserschutz - Gefährdungen - <strong>Nationalpark</strong>e -<br />

Verein Jordsand. Interaktive Elemente laden die Besucher zu<br />

eigenen Entdeckungen ein. Am Informationstresen stehen die<br />

Mitarbeiter des Vereins Jordsand für weitere Auskünfte zur<br />

Verfügung. Das Infozentrum wird sehr gut angenommen, wie die<br />

Besucherstatistik (Abb. 8) zeigt. Es wird jährlich von bis zu<br />

33.000 Gästen aufgesucht.<br />

Dem Bedarf für eine größere Einrichtung sollen Planungen für<br />

ein <strong>Nationalpark</strong>haus auf Neuwerk Rechnung tragen. Dieses soll<br />

nicht nur dem <strong>Nationalpark</strong> Platz für eine größere Ausstellung,<br />

Veranstaltungs- und Arbeitsräumlichkeiten für Gruppen, Lagermöglichkeiten<br />

sowie Unterkünfte für Betreuungspersonal bieten.<br />

Vielmehr sieht die Konzeption des <strong>Nationalpark</strong>hauses auch die<br />

Einbeziehung anderer öffentlicher Belange wie z.B. schulische<br />

Zwecke oder öffentliche Toiletten vor.<br />

Weitere Informationen zu einzelnen Themenbereichen liefern auf<br />

Neuwerk derzeit 5 Infopulte (Abb. 6). Sie enthalten auch eine<br />

Lagekarte des Gebietes und eine Übersicht über die Regelungen<br />

im <strong>Nationalpark</strong>.<br />

Im Dezember 1999 wurde mit der Erarbeitung von Naturerlebnis-<br />

und Erkundungspfaden auf Neuwerk begonnen. Diese<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Anzahl<br />

Abb. 9: Veranstaltungszahlen auf Neuwerk 1987 - 1999.<br />

sollen in besonderem Maße die Tagesgäste ansprechen und neugierig<br />

machen; aber auch den Dauergästen werden sie<br />

Möglichkeiten zu themenbezogener vertiefter Information über<br />

ihre Urlaubsinsel geben.<br />

Geplant ist die zukünftige<br />

Einbeziehung der Infopulte<br />

in das System der Naturerlebnis-<br />

und Erkundungspfade.<br />

Mit fünf rustikalen Ruheund<br />

Beobachtungsbänken<br />

entlang des Neuwerker Vorlandweges<br />

(Abb. 10, 12,)<br />

und einem Bohlenweg<br />

durch die Dünen auf Scharhörn<br />

ermöglicht die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

das Naturerleben<br />

auch Personen,<br />

die weniger gut zu Fuß sind.<br />

Die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

verfolgt damit bei ihrer<br />

Arbeit das Ziel, soweit wie<br />

möglich auch behinderten<br />

Abb. 10: Beobachtungsbank an der<br />

Ostbake. Foto Körber.<br />

Menschen Naturerlebnisse<br />

zu vermitteln.<br />

Neben den festen Ein-<br />

Abb. 11: Veranstaltungsspektrum 1999<br />

richtungen stützt sich die Informations- und Bildungsarbeit im<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> vor allem auf<br />

Veranstaltungen (Abb. 9). Angeboten werden Führungen zu verschiedenen<br />

Themen, geführte Wanderungen auf dem Kleinen<br />

Vogelsand mit Bernsteinsuche und nach Scharhörn, Diavorträge<br />

und Videoveranstaltungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten<br />

sowie Spiel- und Bastelveranstaltungen (Abb. 11).<br />

Die Veranstaltungstermine werden in monatlichen Programmen<br />

bekanntgegeben. Außerdem werden auf Anfrage auch gesonderte<br />

Abb. 12: Markierter Wanderweg im östlichen Vorland. Foto Körber.


Teilnehmeranzahl<br />

Abb. 13: Zahl der Veranstaltungsteilnehmer 1978 - 1999. Abb. 14: Saisonalität des Besucheraufkommens 1999.<br />

Veranstaltungstermine für Gruppen vereinbart. Die Abstimmung<br />

über die Veranstaltungstermine erfolgt in enger Kooperation zwischen<br />

der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung und dem Verein Jordsand.<br />

Nicht nur die Palette der Veranstaltungen sondern auch deren<br />

Gesamtzahl ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich angestiegen<br />

(Abb. 13). Insbesondere zeigte sich bei Gruppen eine starke<br />

Zunahme der Nutzung des Angebotes. Seit 1999 bietet die<br />

<strong>Nationalpark</strong>verwaltung den Gruppen darüber hinaus an, Gerätschaften<br />

in Gruppenstärke für eigene Erkundungen in der<br />

<strong>Nationalpark</strong>station auszuleihen. Weitere besondere Naturbegegnungen<br />

im Rahmen der Führungen ermöglicht das Aufsuchen<br />

von Bereichen der Zone I, die normalerweise für Besucher<br />

gesperrt sind. So führen Exkursionen, wenn es die Bedingungen<br />

erlauben, z.B. in eine renaturierte Salzwiese, um diese mit allen<br />

Sinnen direkt erfahren zu können.<br />

Das Medienangebot der <strong>Nationalpark</strong>verwaltung verfolgt unterschiedliche<br />

Ziele. Ausführliche Broschüren unterrichten umfassend<br />

über den <strong>Nationalpark</strong> und die Insel Neuwerk. Faltblätter<br />

informieren in Kurzfassung über wichtige Punkte, z.B. über<br />

Regelungen und Angebote im <strong>Nationalpark</strong>. Verschiedene Handzettel<br />

geben zum einen Service-Informationen (z.B. Unterkunftsund<br />

Anbieterverzeichnis für Gäste, Tidekalender, Veranstaltungsprogramme).<br />

Andererseits dienen sie als einfache Arbeitsbögen<br />

der schnellen Orientierung z.B. über die vorkommenden Tierund<br />

Pflanzenarten. Ergänzt wird das Medienangebot durch<br />

Poster, eine Postkarten-Serie und Videofilme. Die Medien werden<br />

Teilnehmeranzahl (Veranstaltungen)<br />

teilweise auch in Kooperation mit anderen Institutionen (z.B.<br />

Verein Jordsand, Bezirksamt Hamburg-Mitte, Tourismuszentrale<br />

Hamburg) und Sponsoren herausgegeben.<br />

Eine weitere Breitenwirkung erreicht die <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

durch Veröffentlichungen beispielsweise in Büchern, Zeitschriften,<br />

Kalendern, Branchen-Fernsprechbuch Hamburg<br />

("Gelbe Seiten"). Druck- und Telemedien werden durch Pressemitteilungen<br />

über die Presseabteilung der Umweltbehörde angesprochen.<br />

Für die Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld des <strong>Nationalpark</strong>es<br />

steht ferner eine Wanderausstellung zur Verfügung, die das<br />

gesamte Themenspektrum abdeckt.<br />

Corporate Identity – das gemeinsame Erscheinungsbild der<br />

deutschen <strong>Nationalpark</strong>e<br />

Zur Erreichung eines einheitlichen Erscheinungsbildes aller deutschen<br />

<strong>Nationalpark</strong>e wird schrittweise auch im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> der Gestaltungsrahmen für die<br />

<strong>Nationalpark</strong>e in Deutschland umgesetzt, der von EUROPARC<br />

Deutschland (Dachorganisation der deutschen <strong>Nationalpark</strong>e)<br />

erarbeitet wurde (Abb. 15). Dies gilt auch für die Beschilderung<br />

(z.B. Infotafeln, Beschilderung der Einrichtungen wie<br />

<strong>Nationalpark</strong>station und Infozentrum) und die Ausstattung der<br />

Mitarbeiter. Unterstützt wird dies durch das Schutzgebietslogo<br />

(Abb. 16) und den Sympathieträger "Freddi" (Abb. 17), der für<br />

den Naturschutz im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

werben soll. Logo und Sympathieträger werden rechtlich geschützt,<br />

um sicherzustellen, dass sie nur im Sinne der<br />

<strong>Nationalpark</strong>-Ziele eingesetzt werden.<br />

Abb. 15: das gemeinsame Logo<br />

der deutschen <strong>Nationalpark</strong>e,<br />

EUROPARC.<br />

Abb. 17: Freddi - Sympathieträger des Naturschutzes im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Besucherzahl (Infozentrum)<br />

Abb. 16: Logo des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong>.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 139


Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

140<br />

Dort wo Menschen in hoher Dichte leben, bedarf es einer sorgfältigen Planung und Koordination von verschiedensten<br />

Interessen und Aktivitäten. In Hamburg gibt es zu diesem Zweck drei aufeinander abgestimmte Planungsinstrumente: das<br />

Artenschutzprogramm, das Landschaftsprogramm sowie den Flächennutzungsplan.<br />

Der <strong>Nationalpark</strong> in der räumlichen Planung<br />

Das Artenschutzprogramm als Teil des Landschaftsprogramms,<br />

das Landschaftsprogramm selbst und der Flächennutzungsplan<br />

werden vom Senat und der Bürgerschaft zur Steuerung der räumlichen<br />

Ordnung und Entwicklung verabschiedet und stetig weiterentwickelt.<br />

Sie stehen als eigenständige, sich inhaltlich ergänzende<br />

und aufeinander abgestimmte Planwerke zueinander.<br />

Das Artenschutzprogramm<br />

Das Artenschutzprogramm ist als eigenständiger Teil des<br />

Landschaftsprogramms im Juni 1997 von der Bürgerschaft beschlossen<br />

worden.<br />

Es repräsentiert Hamburgs flächendeckendes und auf die Flächen<br />

bezogenes Naturschutzprogramm. Seine Aufgabe ist es, unsere<br />

Abb. 1: Darstellung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />

Artenschutzprogramm (Apro, Stand 2000).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu sichern. Das<br />

Programm trifft Aussagen zu allen Bereichen der Stadt und legt<br />

Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der<br />

Lebensräume einheimischer Pflanzen- und Tierarten fest. Hierbei<br />

werden Gewässer, Wälder, Moore, Heiden oder Grünland ebenso<br />

einbezogen wie Wohngebiete oder Verkehrsflächen.<br />

Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> wird aufgrund seiner<br />

besonderen Lage und seiner vom Stadtgebiet Hamburg deutlich<br />

abweichenden Biotopausstattung im Artenschutzprogramm<br />

mit einem eigenen Kartenausschnitt und einer eigenen, nur auf<br />

diesen Lebensraum bezogenen Legende dargestellt.<br />

Im Hamburgischen Naturschutzgesetz ist festgelegt, dass das<br />

Artenschutzprogramm zur Vorbereitung, Durchführung und<br />

Abb. 2: Darstellung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />

Landschaftsprogramm (Lapro, Stand 2000).<br />

Überwachung von Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege der<br />

wildwachsenden Pflanzen und wildlebenden Tiere erstellt wird.<br />

Da ein langfristig wirksamer Schutz von Pflanzen- und Tierarten<br />

nur durch den Schutz ihrer Lebensräume, dem Biotopschutz,<br />

erreicht werden kann, stellt das Artenschutzprogramm den<br />

Biotopschutz in den Mittelpunkt. Die Basis zur Entwicklung des<br />

Artenschutzprogramms sind die Arten- und Biotopkartierungen,<br />

die für das gesamte Stadtgebiet erhoben wurden. Fünfzehn verschiedene<br />

Biotopentwicklungsräume wurden auf dieser<br />

Grundlage zusammengefasst und hierzu Ziele und Maßnahmen<br />

formuliert.<br />

Für den Bereich des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

werden Biotope wie Salzwiesen, Küstendünen, Sandplaten,<br />

Küstenwatt, Priele und Rinnen dargestellt. Wegen ihrer besonderen<br />

Bedeutung wurden auch Seehundliegeplätze einbezogen. Die<br />

speziellen Entwicklungsziele für die Biotopentwicklungsräume<br />

innerhalb des <strong>Nationalpark</strong>s ergeben sich aus den Geboten im<br />

<strong>Nationalpark</strong>gesetz (siehe Anhang).<br />

Die Grundlage des Artenschutzprogramms, die Biotopkartierungen,<br />

werden ständig aktualisiert. Für den <strong>Nationalpark</strong> erfolgt<br />

dies im Rahmen des im Jahr 2000 eingerichteten Umweltbeobachtungsprogramms<br />

auf der Basis naturkundlicher Grundlagener-


hebungen in den Jahren 1995 - 1998.<br />

Ein wesentlicher Bestandteil des Artenschutzprogramms ist das<br />

Schutzgebietssystem. Neben dem <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong>, der nach seiner Erweiterung mit ca. 13.750 ha die<br />

mit Abstand größte Fläche einnimmt, besteht das Schutzgebietssystem<br />

Hamburgs aus Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten<br />

und Naturdenkmalen. Allein die 27 Hamburger Naturschutzgebiete<br />

besitzen einen Anteil an der Landesfläche von über 6 %;<br />

zusammen mit dem <strong>Nationalpark</strong> nehmen sie sogar rund 20 % ein.<br />

Das Artenschutzprogramm stellt darüber hinaus wertvolle, kleinflächige<br />

Einzelbiotope sowie vernetzte Biotoptypen (Verbindungsbiotope)<br />

dar.<br />

Das Landschaftsprogramm<br />

Während das Artenschutzprogramm (als eigenständiger Teil des<br />

Landschaftsprogramms) den Arten- und Biotopschutz zur<br />

Aufgabe hat, berücksichtigt das Landschaftsprogramm die fachlichen<br />

Themenschwerpunkte Freiraumverbundsystem und<br />

Erholung, Naturhaushalt und Landschaftsbild.<br />

Das Landschaftsprogramm übernimmt die Schutzgebietsgrenzen<br />

aus dem Artenschutzprogramm und stellt den <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> ebenfalls gesondert dar. Der vom<br />

Hauptdeich umgebene Kernbereich Neuwerks wird dem Milieu<br />

landwirtschaftliche Kulturlandschaft zugeordnet, der übrige Teil<br />

der Insel sowie Scharhörn und Nigehörn sind als Naturnahe<br />

Landschaft dargestellt, die durch die zusätzliche Darstellung als<br />

Vordeichsflächen ergänzt wird. Als wichtiges Entwicklungsziel<br />

für Vordeichsflächen der Insel Neuwerk nennt das Landschaftsprogramm<br />

u.a. den Erhalt der extensiven Grünlandwirtschaft.<br />

Der Flächennutzungsplan<br />

Der Flächennutzungsplan stellt die sich aus der beabsichtigten<br />

städtebaulichen Entwicklung ergebende Bodennutzung in ihren<br />

Grundzügen dar. Für die Stadt Hamburg übernimmt er zugleich<br />

die Funktion der Raumordnungsplanung.<br />

Bezüglich des <strong>Nationalpark</strong>s sind im aktuellen Flächennutzungsplan<br />

zwei Festlegungen getroffen, die zum besseren Verständnis<br />

einer Erläuterung bedürfen.<br />

- Zum ersten sind die Vorlandflächen von Neuwerk als "naturbestimmte<br />

Flächen" festgesetzt. Diese Festsetzung ermöglicht es<br />

jedoch durchaus, dass diese Flächen im Sinne eines nachhaltigen<br />

Erhalts der dort zu schützenden Naturgüter auch genutzt werden<br />

können, soweit dies mit dem <strong>Nationalpark</strong>gesetz vereinbar ist.<br />

- Zum zweiten sind im <strong>Nationalpark</strong>gebiet auch Flächen für einen<br />

am tiefen Fahrwasser der Außenelbe gelegenen Industriehafen<br />

mit einer Ausdehnung von ca. 2975 ha ausgewiesen. Die ursprünglich<br />

geplante Inanspruchnahme dieser Flächen für einen<br />

späteren Hafenbau sind derzeit noch nicht abschließend aufgegeben<br />

worden. Senat und Bürgerschaft sind bei der Ausweisung des<br />

<strong>Nationalpark</strong>es und zugleich der planungsrechtlichen Sicherung<br />

des dargestellten Tiefwasserhafens seinerzeit zu der Auffassung<br />

gelangt, dass die mit dem <strong>Nationalpark</strong> verfolgte Zielsetzung im<br />

Falle einer späteren Realisierung des Tiefwasserhafens aufgegeben<br />

werden muss. Senat und Bürgerschaft waren zudem der Auffassung,<br />

dass die Realisierung des <strong>Nationalpark</strong>es durchaus möglich<br />

sei, ohne dass die planungsrechtliche Sicherung des<br />

Tiefwasserhafens aufgehoben werden muss. Insofern hielten sie<br />

die beabsichtigte Unterschutzstellung des hamburgischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>es als <strong>Nationalpark</strong> mit der Darstellung des Flächennutzungsplans<br />

durchaus für vereinbar. Bei der Ausweisung der<br />

Hafenfläche im <strong>Nationalpark</strong> handelt es sich um eine langfristige<br />

Vorsorgeplanung. Sollte sie zur Umsetzungsreife gelangen, so<br />

müssten die dadurch entstehenden Konflikte mit dem Natur- und<br />

Umweltschutz im Rahmen eines Planverfahrens dargestellt und<br />

abgewogen werden.<br />

Abb. 3: Darstellung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> im<br />

Flächennutzungsplan (FNP, Stand 2000). Abb. 4: Planungsskizze zum Tiefwasserhafen im hamburgischen <strong>Wattenmeer</strong> (Stand 1976).<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 141


Anhang<br />

144<br />

Stand 04/2001<br />

<strong>Nationalpark</strong>-Steckbrief<br />

Schutzstatus<br />

Gesetzliche Grundlage Gesetz zur Einführung<br />

eines <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> vom<br />

09. April 1990;<br />

geändert durch Beschluss der<br />

Bürgerschaft vom 5. April 2001,<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> Naturschutzgesetz<br />

§ 22a vom 2. Juli 1981;<br />

geändert durch Beschluss der<br />

Bürgerschaft vom 5. April 2001,<br />

Ramsar-Konvention UNESCO-Anerkennung<br />

vom 01. August 1990<br />

Biosphärenreservat (MaB) UNESCO-Anerkennung<br />

vom 10. November 1992<br />

Europäisches<br />

Schutzgebiet gemäß:<br />

EG-Vogelschutzrichtlinie gemeldet mit Senatsbeschluss<br />

vom 24. März 1998<br />

Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie gemeldet mit Senatsbeschluss<br />

vom 22. Dez. 1998<br />

Lage<br />

Koordinaten (World Geodetic System; WGS 84)<br />

Beginnend im Süden, mit dem Uhrzeigersinn<br />

Koordinaten*<br />

53°50,69’ N 8°34,50’ E<br />

53°53,1051’ N 8°32,0401’ E<br />

53°53,6051’ N 8°25,7411’ E<br />

53°58,88’ N 8°12,77’ E<br />

53°59,02’ N 8°13,17’ E<br />

53°59,02’ N 8°18,90‘ E<br />

53°58,3599’ N 8°26,3121‘ E<br />

53°57,4174’ N 8°30,2454’ E<br />

53°55,8048’ N 8°32,7401’ E<br />

53°54,3050’ N 8°33,6399’ E<br />

Geographischer Mittelpunkt (am Turm)<br />

54°55,0000’ N 8°30,0000’ E<br />

Flächendaten<br />

Gesamtfläche 13.750 ha<br />

• Zone I (ca. 91,5 %) 12.580 ha<br />

davon Landfläche 130 ha<br />

davon Watt-/Wasserfläche 12.450 ha<br />

• Zone II (ca. 10 %) 1.170 ha<br />

davon Landfläche 224 ha<br />

davon Watt-/Wasserfläche 946 ha<br />

Scharhörnplate (Zone I) 285 ha<br />

(einschl. Düneninseln)<br />

Insel Scharhörn 20 ha<br />

Insel Nigehörn 34 ha<br />

Insel Neuwerk 300 ha<br />

• Zone I 76 ha<br />

Östl. Vorland (Sommerpolder) 53 ha<br />

Östl. Vorland (vordeichs) 23 ha<br />

• Zone II 224 ha<br />

Nördl. Vorland (Sommerpolder) 95 ha<br />

Binnengroden 107 ha<br />

Hauptdeich einschl. Vorlage 22 ha<br />

Landwirtschaftlich genutzte Flächen<br />

Gesamtflächen (Neuwerk) 231 ha<br />

• Binnengroden 83 ha<br />

• Nördliches Vorland 95 ha<br />

• Östliches Vorland 53 ha


Entfernungen<br />

Längenausdehnung<br />

- max. Gebietsausdehnung 28 km<br />

- max. Gebietsbreite 8,6 km<br />

Neuwerk (Abfahrt) - Sahlenburg (Wattweg) 9,1 km<br />

Neuwerk (Abfahrt) - Sahlenburg (Luftlinie) 8,2 km<br />

Neuwerk (Abfahrt) - Scharhörn (Wattweg) 7,8 km<br />

Neuwerk (Anleger) - Scharhörn (Luftlinie) 6 km<br />

Neuwerk - Stadtzentrum Hamburg (Luftlinie) 105 km<br />

Lebensräume<br />

Freifallende Wattflächen und Sandbänke 9.733 ha<br />

Priele und Dauerflutzone 1.613 ha<br />

Düneninseln mit natürlicher Dynamik 54 ha<br />

Salzwiesen (einschl. Sommerdeich) 171 ha<br />

Binnengroden (einschl. Hauptdeich) 129 ha<br />

Bewohnerzahlen<br />

Neuwerk 35<br />

Scharhörn 1 (Vogelwart)<br />

Nigehörn 0<br />

Verkehrsmittel<br />

• Schiffe<br />

MS "Flipper" Fahrgastschiff der Reederei<br />

Cassen Eils; verkehrt<br />

i.d.R. zw. April und<br />

Oktober;<br />

Verkehrt ab Cuxhaven/<br />

"Alte Liebe"; ca. 500<br />

Plätze an Bord.<br />

FS "Nigewark" Dienstschiff der Hamburger<br />

Wirtschaftsbehörde,<br />

Amt Strom und Hafenbau;<br />

verkehrt nach Bedarf der<br />

Stackmeisterei Neuwerk,<br />

Material- und Personen<br />

transport für Dienstzwecke,<br />

z.B. Unterhaltungsarbeiten<br />

auf Neuwerk.<br />

• Pferdewattwagen 50<br />

- Neuwerk 11<br />

- Festland (Sahlenburg, Duhnen) 39<br />

• Traktoren (Landwirtschaft,<br />

Transporte) 8<br />

Einrichtungen auf Neuwerk<br />

Umweltbehörde, <strong>Nationalpark</strong>station Neuwerk<br />

Wirtschaftsbehörde, Amt Strom und<br />

Hafenbau/Stackmeisterei Neuwerk<br />

<strong>Nationalpark</strong>-Informationszentrum,<br />

10 Restaurations- und/oder Pensionsbetriebe<br />

3 landwirtschaftliche Betriebe<br />

1 Schule (1 Lehrer)<br />

2 Schullandheime (Stadt Hamburg)<br />

1 Jugend-Zeltlager (Stadt Salzgitter)<br />

1 Feuerwehrhaus (je 1 Löschfahrzeug, Rettungswagen<br />

und Rettungsboot)<br />

1 Kläranlage (einschl. Schönungsteichen)<br />

1 Inselladen<br />

1 Badestelle<br />

2 Anlegestellen (ohne Infrastruktur)<br />

1 kleiner Hafen für Sportboote (ohne Infrastruktur)<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 145


Anhang<br />

146<br />

Gesetz über den <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong><br />

In der Fassung der Bekanntmachung vom 9. April 1990<br />

(<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungsblatt, Nr.11/1990 vom 12. April 1990, Seite 64 - 66)<br />

geändert durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. April 2001<br />

(<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungsblatt, Nr.13/2001 vom 18. April 2001, Seite 52-53)<br />

§ 1 <strong>Nationalpark</strong><br />

(1) Das in der anliegenden Karte rot und grün eingezeichnete<br />

Gebiet der hamburgischen Exklave Neuwerk wird zum <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> erklärt.<br />

(2) Der <strong>Nationalpark</strong> umfasst das Neuwerker Watt mit seinen<br />

Sänden, Platen und Prielsystemen, bestehend aus dem<br />

Scharhörner Watt, dem Neuwerker Inselwatt, dem Sahlenburger<br />

Watt und dem Kleinen Vogelsand sowie die Inseln Neuwerk,<br />

Nigehörn und Scharhörn. Die Grenze des <strong>Nationalpark</strong>s entspricht<br />

mit Ausnahme der seewärtigen Grenze der Begrenzung<br />

der hamburgischen Exklave Neuwerk. Seewärts verläuft die<br />

Grenze beginnend im Westen der 3-Seemeilen-Grenze folgend<br />

bis zur Südseite der tiefen Rinne der Außenelbe und von dort entlang<br />

der Rinne, bis sie auf die Grenze der Exklave trifft. Die<br />

Eckpunkte der <strong>Nationalpark</strong>fläche sind durch die in der anliegenden<br />

Karte angeführten Koordinaten im World Geodetic System<br />

1984 (WGS-84) bestimmt.<br />

§ 2 Schutzzweck<br />

(1) Schutzzweck ist, das <strong>Wattenmeer</strong> einschließlich der Insel<br />

Neuwerk sowie der Düneninseln Scharhörn und Nigehörn in seiner<br />

Ganzheit und seiner natürlichen Dynamik um seiner selbst<br />

willen und als Lebensstätte der auf diesen einmaligen Lebensraum<br />

Watt angewiesenen Arten und der zwischen diesen Arten<br />

bestehenden Lebensgemeinschaften zu erhalten und vor Beeinträchtigungen<br />

zu schützen. Zudem ist die großflächige und ungestörte,<br />

zwischen den Mündungstrichtern von Elbe und Weser<br />

belegene Naturlandschaft für die Wissenschaft von besonderer<br />

Bedeutung.<br />

(2) Insbesondere sind Sand- und Schlickwatten, Priele, Sande,<br />

Platen sowie Dünen und die diese Landschaftsteile untereinander<br />

verbindende, ungestörte und natürliche Entwicklungsdynamik zu<br />

erhalten. Weiter ist die ursprüngliche Dünen- und Salzvegetation<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

zu schützen und, sofern erforderlich, zu entwickeln. Schließlich<br />

sind für die auf den Lebensraum Watt angewiesenen Arten als<br />

Lebensstätten insbesondere die geeigneten Fischlaich- und Fischaufzuchtgebiete,<br />

die Liege- und Aufzuchtplätze der Seehunde auf<br />

der Robbenplate, dem Wittsand und dem Bakenloch, die Brutund<br />

Rastplätze der Seeschwalben auf Neuwerk, Nigehörn und<br />

Scharhörn, die Brut- und Rastplätze sowie Nahrungsgebiete der<br />

verschiedenen Wattvogelarten und die Mauserplätze der<br />

Brandente zu erhalten.<br />

§ 3 Schutzzonen<br />

(1) Das Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s unterteilt sich in zwei<br />

Schutzzonen, die Zone I und die Zone II.<br />

(2) Die Zone I umfasst die in der anliegenden Karte rot dargestellte<br />

Fläche; zur Zone II gehören die übrigen Flächen des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s. Die Zone II ist in der anliegenden Karte grün dargestellt<br />

und umfasst folgende Bereiche:<br />

1. den eingedeichten Inselkern Neuwerks einschließlich des<br />

Vorlandes westlich einer gedachten geraden Linie zwischen<br />

dem Brack am Nordhamm und dem Ostufer des Nordhafens,<br />

2. die außendeichs belegene Fläche südlich, westlich und nördlich<br />

der Insel Neuwerk, deren Grenze wie folgt verläuft:<br />

Vom Punkt: Inselfuß/Südbuhne 1300 m in gerader Linie in<br />

südlicher Richtung, nach Westen und Norden schwenkend in<br />

1300 m Abstand vom Inselfuß zum seewärtigen Punkt nördlich<br />

des Bracks am Nordhamm und von dort in südlicher<br />

Richtung in gerader Linie auf den Inselfuß,<br />

3. die Fläche zwischen der Küstenlinie und dem Priel Sahlenburger<br />

Loch.<br />

(3) Der Senat wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die<br />

Grenzen zwischen den Zonen I und II geringfügig zu verändern,<br />

wenn sich die natürlichen Gegebenheiten ändern und der mit der<br />

Erklärung zum <strong>Nationalpark</strong> verfolgte Schutzzweck nicht beeinträchtigt<br />

wird.<br />

§ 4 Gebote<br />

Im <strong>Nationalpark</strong> ist es geboten,<br />

1. auf Platen und im Vorland Neuwerks die natürliche Entwicklung<br />

von Salzvegetation zu fördern,<br />

2. im Bestand stark gefährdete oder vom Aussterben bedrohte<br />

Tier- und Pflanzenarten des <strong>Wattenmeer</strong>es durch geeignete<br />

Maßnahmen, insbesondere durch verstärkten Schutz sowie<br />

durch verstärkte Pflege, Entwicklung und Wiederherstellung<br />

ihrer Biotope sowie durch Gewährleistung ihrer sonstigen<br />

Lebensbedingungen zu erhalten und zu fördern.<br />

§ 5 Verbote<br />

(1) Im <strong>Nationalpark</strong> ist es verboten,<br />

1. Pflanzen oder Pflanzenteile abzuschneiden, abzupflücken,<br />

aus- oder abzureißen, auszugraben, zu entfernen oder sonst<br />

zu beschädigen,<br />

2. wildlebenden Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen,<br />

zu töten, sie durch sonstige Handlungen zu stören<br />

oder ihre Eier, Larven, Puppen oder sonstige Entwicklungsformen<br />

oder Nester wegzunehmen, zu zerstören oder zu beschädigen,<br />

3. die Jagd oder die Fischerei einschließlich der Krabben- und<br />

Muschelfischerei auszuüben,<br />

3a. zu angeln oder sonst Fische oder Krabben zu fangen sowie<br />

Muscheln zu sammeln,<br />

4. biotopfremde Pflanzen oder Tiere anzusiedeln oder auszusetzen,<br />

5. die gekennzeichneten Teilflächen des in der Zone II belegenen<br />

Teils des nördlichen Vorlandes Neuwerks in der Zeit<br />

vom 1. April bis zum 31. Juli eines jeden Jahres zu betreten,<br />

5a. Hunde oder Katzen unangeleint umherlaufen zu lassen oder<br />

anders als kurz angeleint zu führen,<br />

5b. mit Ballonen oder sonstigen Luftfahrzeugen zu starten oder<br />

zu landen oder dort mit Drachen oder Flugmodellen jeglicher<br />

Art Modellsport zu betreiben,


6. außerhalb den in der Zone II dafür bestimmten Stellen<br />

zu zelten oder zu lagern oder Campingwagen aufzustellen,<br />

7. das Gebiet durch Abfälle, Abwasser oder auf sonstige Weise<br />

zu verunreinigen,<br />

8. bauliche Anlagen jeglicher Art, Frei- und Rohrleitungen sowie<br />

Wege, Treppen, Brücken oder Stege zu errichten, anzulegen<br />

oder zu verändern,<br />

9. Einfriedungen zu errichten oder zu verändern,<br />

10. die Kulturart zu verändern, insbesondere Dauergrünland umzubrechen,<br />

11. Bäume, Gehölze oder Hecken völlig oder teilweise zu beseitigen,<br />

12. Pflanzenschutzmittel anzuwenden oder Düngemittel auszubringen,<br />

13. Aufschüttungen, Aufspülungen oder Abgrabungen vorzunehmen<br />

oder Bodenbestandteile einzubringen oder die Bodengestalt<br />

auf andere Weise zu verändern,<br />

14. Wasserflächen oder die Gestalt der Gewässer, insbesondere<br />

der Priele oder Bracks und ihrer Ufer oder die Watten durch<br />

Grabungen, den Abbau oder das Einbringen von Bodenbestandteilen<br />

oder auf sonstige Weise zu verändern, zu beseitigen<br />

oder die Gewässer auszutrocknen,<br />

15. Bodenschätze oder Bodenbestandteile abzubauen oder<br />

Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen,<br />

16. Gegenstände wissenschaftlicher, naturgeschichtlicher oder<br />

landeskundlicher Bedeutung zu beschädigen, aufzunehmen,<br />

zu sammeln oder zu verunstalten,<br />

17. die Ruhe der Natur oder den Naturgenuss durch Lärmen oder<br />

auf andere Weise zu stören.<br />

(2) Darüber hinaus ist es in der Zone I verboten,<br />

1. die Flächen außerhalb der gekennzeichneten Wege zu<br />

betreten,<br />

2. auf den Flächen außerhalb der gekennzeichneten Wattenwege<br />

und im Vorland zu reiten,<br />

3. die Flächen außerhalb der gekennzeichneten Wattenwege<br />

und das Vorland mit Landfahrzeugen jeglicher Art oder mit<br />

Amphibien- oder Luftkissenfahrzeugen zu befahren,<br />

4. Wasserfahrzeuge trockenfallen zu lassen oder das Watt von<br />

diesen Fahrzeugen aus zu betreten,<br />

5. im östlichen Teil des Neuwerker Vorlandes die Priele zu<br />

befahren,<br />

6. aufgehoben,<br />

7. zu baden,<br />

8. aufgehoben,<br />

9. das Vorland in der Zeit vom 1. April bis zum 31. Juli eines<br />

jeden Jahres überhaupt und in der übrigen Zeit eines jeden<br />

Jahres mit mehr als zwei Rindern oder einem Pferd oder<br />

sechs Schafen je Hektar zu beweiden,<br />

10. Bild- oder Schrifttafeln anzubringen,<br />

11. Lahnungsfelder zum Zwecke der Vorlandgewinnung anzulegen.<br />

(3) Von den Verboten der Absätze 1 und 2 gelten nicht<br />

1. die Nummern 1, 2, 4, 5, 9, 12 und 17 des Absatzes 1 für die<br />

ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf dem<br />

eingedeichten Inselkern Neuwerks, die Nummern 1, 2, 5 und<br />

17 des Absatzes 1 für die ordnungsgemäße Weidenutzung des<br />

in der Zone II belegenen Teils des nördlichen Vorlandes sowie<br />

die Nummern 1 und 2 des Absatzes 1 und die Nummern<br />

1 und 3 des Absatzes 2 für die ordnungsgemäße Weidenutzung<br />

des östlichen Vorlandes außerhalb der Zeit vom<br />

1. April bis zum 31. Juli eines jeden Jahres,<br />

2. die Nummern 1 und 2 des Absatzes 1 sowie die Nummern 1,<br />

3 und 10 des Absatzes 2 für Maßnahmen der Wasser- und<br />

Schifffahrtsverwaltungen des Bundes zur Erfüllung ihrer<br />

gesetzlichen Aufgaben sowie für Maßnahmen des Katastrophenschutzes,<br />

der Seenotrettung und der Ölbekämpfung,<br />

3. die Nummern 1, 2, 5 und 10 des Absatzes 1 sowie die Nummern<br />

1, 3 und 10 des Absatzes 2 für Maßnahmen des Naturschutzes<br />

und der Landschaftspflege,<br />

4. die Nummern 1, 2, 11 und 13 des Absatzes 1 für die Pflege<br />

und Unterhaltung bestehender Grünanlagen und Gärten,<br />

4a. die Nummer 1 des Absatzes 1 in der Zone II für das<br />

Sammeln von Speisepilzen für den eigenen Bedarf,<br />

5. die Nummer 2 des Absatzes 1 und die Nummern 1 und 10 des<br />

Absatzes 2 für die Bekämpfung von Wanderratten und Schermäusen,<br />

5a. die Nummer 3 des Absatzes 1 für die Krabbenfischerei in den<br />

Fahrwassern Elbe-Weser-Wattfahrwasser, Neuwerker Loch<br />

und Elbe-Neuwerk-Fahrwasser in einem 100 m breiten<br />

Streifen steuerbords der zur Kennzeichnung der Wattfahrwasser<br />

ausgebrachten Bezeichnung der Backbordseite oder<br />

in einem 100 m breiten Streifen backbords der zur Kenn-<br />

zeichnung der Wattfahrwasser ausgebrachten Bezeichnung<br />

der Steuerbordseite sowie in dem in der diesem Gesetz anliegenden<br />

Karte rot-weiß gestreiften Bereich der Zone I,<br />

5b. die Nummer 3 a des Absatzes 1 in der Zone II für das Fangen<br />

von Fischen und Speisekrabben sowie das Sammeln von<br />

Muscheln für den eigenen Bedarf,<br />

5c. die Nummer 5 a des Absatzes 1 für Hunde auf dem Hauptdeich<br />

der Insel Neuwerk sowie auf den Wegen binnendeichs,<br />

5d. die Nummer 5 b des Absatzes 1 für Drachen auf dem<br />

Deichkörper des Hauptdeiches zwischen dem Gerätehaus der<br />

Freiwilligen Feuerwehr im Norden westwärts bis zum<br />

Bauernhafen im Süden der Insel Neuwerk,<br />

6. die Nummern 8 und 9 des Absatzes 1 für die ordnungsgemäße<br />

Unterhaltung vorhandener und rechtmäßig errichteter<br />

baulicher Anlagen, Wege und Einfriedungen auf dem ein<br />

gedeichten Inselkern Neuwerks,<br />

7. die Nummer 13 des Absatzes 1 für die Sandentnahme durch<br />

Bewohner Neuwerks in geringen Mengen zum örtlichen<br />

Gebrauch,<br />

8. die Nummer 15 des Absatzes 1 für Aufsuchungs- und<br />

Gewinnungsrechte an Bodenschätzen sowie sonstige öffentlich-rechtliche<br />

Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse hinsichtlich<br />

des Untergrundes nach Artikel 3 des Durchführungsabkommens<br />

zum "Cuxhaven-Vertrag" vom 14. Juni/<br />

7. August 1967 (<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungs<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 147


Anhang<br />

148<br />

blatt, Seite 285), soweit diese Rechte nach Artikel 3 Absatz<br />

2 des Abkommens im Einzelfall im Einvernehmen mit<br />

Hamburg eingeräumt werden,<br />

9. die Nummern 1, 2 und 3 des Absatzes 2 für die Erholungs-<br />

nutzung und Pferdepensionshaltung für die Wattfläche zwischen<br />

dem Ostufer des Elbe-Neuwerk-Fahrwassers, der<br />

Schutzgebietsgrenze entlang der Stromelbe und einegedachten<br />

geraden Linie zwischen dem neuen Radarturm und<br />

der Ost-Bake sowie über diese hinaus,<br />

10. die Nummern 1 und 4 des Absatzes 2 für die Sportschifffahrt<br />

für den Ufersaum entlang des Elbe-Weser-Wattfahrwassers,<br />

des Neuwerker Lochs und entlang der Ostseite des Elbe-<br />

Neuwerk-Fahrwassers sowie am Scharhörnriff für eine<br />

Fläche mit einem Durchmesser von 100 m um den Punkt mit<br />

den Koordinaten 53° 57,50 N und 8° 21,70 E,<br />

11. aufgehoben.<br />

(4) Die Verbote der Absätze 1 und 2 gelten nicht für Maßnahmen,<br />

die die zuständige Landesbehörde im Benehmen mit der<br />

für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde zur<br />

Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben auf dem Gebiet des Hochwasserschutzes,<br />

der Schifffahrt, der Ver- und Entsorgung, der<br />

Wasserwirtschaft sowie des Wegebaues durchführt.<br />

(5) Das Einvernehmen nach Absatz 3 Nummer 8 darf nur erklärt<br />

werden, wenn der Schutzzweck dieses Gesetzes (§ 2) der Rechtsausübung<br />

nicht entgegensteht.<br />

§ 6 Entschädigung<br />

Soweit Bestimmungen dieses Gesetzes oder Maßnahmen auf<br />

Grund dieses Gesetzes außerhalb der förmlichen Enteignung nach<br />

§ 38 des Hamburgischen Naturschutzgesetzes eine Enteignung<br />

darstellen, hat die Freie und Hansestadt Hamburg angemessene<br />

Entschädigung in Geld zu leisten. § 39 Absätze 2 bis 5 des<br />

Hamburgischen Naturschutzgesetzes gilt sinngemäß.<br />

§ 7 Ordnungswidrigkeit<br />

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig,<br />

den Verboten des § 5 dieses Gesetzes zuwiderhandelt.<br />

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 kann<br />

1. in den Fällen des § 5 Absatz 1 Nummern 5, 5a, 6, 9, 16 und<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

17 sowie Absatz 2 Nummern 1, 2, 7 und 10 mit einer Geldbuße<br />

bis zu zweitausendfünfhundert Euro,<br />

2. in den Fällen des § 5 Absatz 1 Nummern 1 bis 4, 5b, 8, 11<br />

und 12 sowie Absatz 2 Nummern 3 bis 5 und 9 mit einer<br />

Geldbuße bis zu zehntausend Euro und<br />

3. in den Fällen des § 5 Absatz 1 Nummern 7, 10 und 13 bis 15<br />

sowie Absatz 2 Nummer 11 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend<br />

Euro geahndet werden.<br />

§ 8 Einziehung, Ausgleich bei Zuwiderhandlungen<br />

(1) Ist eine Ordnungswidrigkeit nach diesem Gesetz begangen<br />

worden, so können Gegenstände, auf die sich die Ordnungswidrigkeit<br />

bezieht und die zu ihrer Begehung oder Vorbereitung<br />

gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden.<br />

§23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist anzuwenden.<br />

(2) Wer den Verboten des § 5 zuwiderhandelt, hat unbeschadet<br />

der Festsetzung einer Geldbuße auf Anordnung der zuständigen<br />

Behörde angemessene und zumutbare Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen<br />

oder Ausgleichsabgaben zu leisten. § 9 Absätze 4<br />

und 6 des Hamburgischen Naturschutzgesetzes findet entsprechende<br />

Anwendung.<br />

§ 9 Schlussbestimmung<br />

Es treten außer Kraft:<br />

1. die Verordnung zum Landschaftsschutz für die Insel<br />

Neuwerk vom 25. Mai 1982 (<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und<br />

Verordnungsblatt Seite 189),<br />

2. die Verordnung über das Naturschutzgebiet Neuwerker und<br />

Scharhörner Watt vom 28. Oktober 1986 (<strong>Hamburgisches</strong><br />

Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 329),<br />

3. die Verordnung über das Naturschutzgebiet Insel Neuwerk/<br />

Kleiner Vogelsand vom 28. Oktober 1986 (<strong>Hamburgisches</strong><br />

Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 330).<br />

(Auszug)<br />

<strong>Hamburgisches</strong> Naturschutzgesetz (HmbNatSchG)<br />

In der Fassung der Bekanntmachung vom 9. April 1990<br />

<strong>Hamburgisches</strong> Gesetz- und Verordnungsblatt, Nr.11/1990 vom<br />

12. April 1990, Seite 64 - 66<br />

ergänzt durch die vom Hamburger Senat mit Beschluss vom<br />

12.12.2000 vorgelegten Änderungen zur Beschlussfassung durch<br />

die Hamburger Bürgerschaft<br />

§ 22 a <strong>Nationalpark</strong>e<br />

(1) Zum <strong>Nationalpark</strong> können Teile von Natur und Landschaft nur<br />

durch Gesetz erklärt werden.<br />

(2) Das Gesetz bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck,<br />

die zur Erreichung des Zwecks notwendigen Gebote und<br />

Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen<br />

oder die Ermächtigungen hierzu.<br />

(3) <strong>Nationalpark</strong>e sind durch Gesetz festgesetzte einheitlich zu<br />

schützende Gebiete, die<br />

1. großräumig und von besonderer Eigenart sind,<br />

2. im überwiegenden Teil ihres Gebietes die Voraussetzungen<br />

eines Naturschutzgebietes erfüllen,<br />

3. sich in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten<br />

Zustand befinden und<br />

4. vornehmlich den dort heimischen Tier- und Pflanzenbestand<br />

schützen.<br />

(3 a) <strong>Nationalpark</strong>e dienen vornehmlich der Sicherung des möglichst<br />

ungestörten Ablaufs der Naturvorgänge, der Erhaltung des<br />

dort heimischen Tier- und Pflanzenbestandes und dessen ungestörter<br />

Entwicklung sowie, soweit es der Schutzzweck erlaubt,<br />

der Umweltbeobachtung, der naturkundlichen Bildung und dem<br />

Naturerlebnis der Bevölkerung.<br />

(4) Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung , Beschädigung oder<br />

Veränderung des <strong>Nationalpark</strong>s oder seiner Bestandteile oder zu<br />

einer nachhaltigen Störung führen können, sind unter Berücksichtigung<br />

der Großräumigkeit und Besiedlung nach Maßgabe<br />

näherer Bestimmungen nach Absatz 1 verboten.<br />

(5) aufgehoben.


Abb. 1: Ausdehnung des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. (rot, grün) einschließlich der Erweiterung (rot-weiß gestreift).Verkleinerter Maßstab ca. 1 : 93.000<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 149


Anhang<br />

150<br />

Im nachfolgenden Abschnitt sind die vorkommenden Arten ausgewählter Tier- und Pflanzengruppen des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> zusammengetragen.<br />

Soweit sich dies anbot, wurden die Artenlisten nach den gebräuchlichen deutschen Namen geordnet, anderenfalls nach<br />

den wissenschaftlichen Artnamen.<br />

Verzeichnis der Pflanzen und Tiere im <strong>Nationalpark</strong><br />

Pflanzen (Flora)<br />

Algen (Phycophyta)<br />

Grünalgen (Chlorophyceae)<br />

Röhrentang, Breiter Blidingia marginata x<br />

Röhrentang, Kleiner Blidingia minima x<br />

Pinseltang Cladophora rupestris x<br />

Darmtang, Flacher Enteromorpha compressa x<br />

Enteromorpha flexuosa x<br />

Prasiola stipitata x<br />

Meersalat Ulva spp. x<br />

Braunalgen (Phaeophyceae)<br />

Blasentang Fucus vesiculosus x x<br />

Sägetang Fucus serratus x x<br />

Spiraltang Fucus spiralis x x<br />

Rotalgen (Rhodophyceae)<br />

Callithamnion corymbosum x<br />

Hauttang Porphyra spp. x<br />

Farnpflanzen (Pteriodiphyta) und<br />

Blütenpflanzen (Spermatophyta)<br />

Ahorn, Feld- Acer campestre x<br />

Ampfer, Fluß- Rumex maritimus x x<br />

Ampfer, Krauser Rumex crispus x x x<br />

Ampfer, Stumpfblättriger Rumex obtusifolius x<br />

Andel Puccinellia maritima x x x<br />

Apfel, Kultur- Malus domestica x<br />

Aster, Strand- Aster tripolium x x x<br />

Augentrost, Steifer Euphrasia stricta x<br />

Babarakraut Barbarea vulgaris x<br />

Bärenklau, Wiesen- Heracleum sphondylium x<br />

Beifuß, Einjähriger Artemisia annua x<br />

Beifuß, Feld- Artemisia campestris x<br />

Beifuß, Strand- Artemisia maritima x x x<br />

Beinwell Symphytum officinale x<br />

Berufkraut, Kanadisches Conyza canadensis x x x<br />

Binse, Flatter- Juncus effusus x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Legende.<br />

x = Dauerhaftes Vorkommen im <strong>Nationalpark</strong> gesichert,<br />

x? = Dauerhaftes Vorkommen im <strong>Nationalpark</strong> unsicher,<br />

w = wandernde Art; vorübergehendes Vorkommen im <strong>Nationalpark</strong>,<br />

? = Status unsicher.<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Binse, Frosch- Juncus ranarius x x<br />

Binse, Glieder- Juncus articulatus x x<br />

Binse, Knäuel- Juncus conglomeratus x<br />

Binse, Kröten- Juncus bufonius x x<br />

Binse, Salz- Juncus gerardii x x x<br />

Binse, Spitzblütige Juncus acutiflorus x<br />

Binse, Strand- Juncus maritimus x<br />

Binse, Zarte Juncus tenuis x<br />

Binse, Zusammengedrückte Juncus compressus x ?<br />

Birke, Hänge- Betula pendula x<br />

Birne, Kultur- Pyrus communis x<br />

Braunelle, Kleine Prunella vulgaris x<br />

Brennessel, Große Urtica dioica x x<br />

Brennessel, Kleine Urtica urens x<br />

Brombeere, Echte Rubus fruticosus x<br />

Brombeere, Haselblatt- Rubus corylifolius x<br />

Bruchkraut, Kahles Herniaria glabra x<br />

Buche, Rot- Fagus sylvatica x<br />

Distel, Krause Carduus crispus x x<br />

Dreizack, Strand- Triglochin maritimum x x x<br />

Dünnschwanz Parapholis strigosa x x x<br />

Eberesche Sorbus aucuparia x<br />

Efeu, Gewöhnlicher Hedera helix x<br />

Ehrenpreis, Efeu- Veronica hederifolia x<br />

Ehrenpreis, Faden- Veronica filiformis x<br />

Ehrenpreis, Feld- Veronica arvensis x<br />

Ehrenpreis, Gamander- Veronica chamaedrys x<br />

Ehrenpreis, Persischer Veronica persica x<br />

Eiche, Stiel- Quercus robur x x<br />

Erle, Schwarz- Alnus glutinosa x<br />

Esche, Gewöhnliche Fraxinus excelsior x<br />

Faulbaum Frangula alnus x<br />

Ferkelkraut, Gewöhnliches Hypochaeris radicata x x x<br />

Fichte Picea abies x<br />

Filzkraut, Kleines Filago minima x x x<br />

Fingerkraut, Gänse- Potentilla anserina x x x<br />

Flieder Syringa vulgaris x


Flockenblume, Wiesen- Centaurea jacea ssp. jacea x<br />

Frauenfarn, Wald- Athyrium filix-femina x<br />

Froschlöffel, Gewöhnlicher Alisma plantago-aquatica x<br />

Fuchsschwanzgras, Knick- Alopecurus geniculatus x x<br />

Fuchsschwanzgras, Wiesen- Alopecurus pratensis x<br />

Gänseblümchen Bellis perennis x<br />

Gänsedistel, Acker- Sonchus arvensis x x x<br />

Gänsedistel, Kohl- Sonchus oleraceus x x<br />

Gänsedistel, Rauhe Sonchus asper x<br />

Gänsefuß, Graugrüner Chenopodium glaucum x x x<br />

Gänsefuß, Roter Chenopodium rubrum x x<br />

Gänsefuß, Vielsamiger Chenopodium polyspermum x<br />

Gänsefuß, Weißer Chenopodium album x x x<br />

Glatthafer Arrhenatherum elatius x<br />

Giersch Aegopodium podagraria x<br />

Gilbweiderich, Gewöhnlicher Lysimachia vulgaris x<br />

Glanzgras, Rohr- Phalaris arundinacea x x<br />

Goldrute, Kanadische Solidago canadensis x<br />

Grasnelke, Strand- Armeria maritima x x<br />

Greiskraut, Frühlings- Senecio vernalis x x<br />

Greiskraut, Gewöhnliches Senecio vulgaris x x x<br />

Greiskraut, Klebriges Senecio viscosus x x<br />

Greiskraut, Schmalblättriges Senecio inaequidens x<br />

Greiskraut, Wald- Senecio silvaticus x<br />

Gundermann Glechoma hederacea x<br />

Habichtskraut, Dolden- Hieracium umbellatum x<br />

Habichtskraut, Glattes Hieracium laevigatum x x x<br />

Habichtskraut, Kleines Hieracium pilosella x ? ?<br />

Hafer, Saat- Avena sativa x x<br />

Haferschmiele, Frühe Aira praecox x x<br />

Hahnenfuß, Brennender Ranunculus flammula x<br />

Hahnenfuß, Gift- Ranunculus sceleratus x x<br />

Hahnenfuß, Kriechender Ranunculus repens x x<br />

Hahnenfuß, Scharfer Ranunculus acris x x<br />

Hainbuche Carpinus betulus x<br />

Hainsimse, Gewöhnliche Luzula campestris x x<br />

Hainsimse, Vielblütige Luzula multiflora x<br />

Hasenohr, Salz- Bupleurum tenuissimum x<br />

Hauhechel, Dorniger Ononis spinosa x<br />

Hederich Raphanus raphanistrum x x<br />

Herbstlöwenzahn Leontodon autumnalis x x x<br />

Hirtentäschel Capsella bursa-pastoris x x x<br />

Holunder, Schwarzer Sambucus nigra x x<br />

Honiggras, Wolliges Holcus lanatus x x x<br />

Hopfenklee Medicago lupulina x<br />

Hornblatt, Zartes Ceratophyllum submersum x<br />

Hornklee, Gewöhnlicher Lotus corniculatus x x x<br />

Hornklee, Salz- Lotus tenuis x x x<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Hornklee, Sumpf- Lotus pedunculatus x<br />

Hornkraut, Acker- Cerastium arvense x x<br />

Hornkraut, Gewöhnliches Cerastium holosteoides x x<br />

Hornkraut, Knäueliges Cerastium glomeratum x<br />

Hornkraut, Sand- Cerastium semidecandrum x x x<br />

Hornkraut, Viermänniges Cerastium diffusum x<br />

Hornmohn, Gelber Glaucium flavum x<br />

Huflattich Tussilago farfara x x x<br />

Hundskamille, Acker- Anthemis arvensis x<br />

Hundskamille, Stinkende Anthemis cotula x<br />

Hungerblümchen, Frühlings- Erophila verna x<br />

Igelkolben, Ästiger Sparganium erectum x<br />

Johanniskraut, Tüpfel- Hypericum perforatum x<br />

Kalmus Acorus calamus x<br />

Kamille, Echte Matricaria recutita x<br />

Kamille, Geruchlose Tripleurospermum perforatum x x x<br />

Kamille, Küsten- o. Strand- Tripleurospermum maritimum x x x<br />

Kamille, Strahlenlose Matricaria discoidea x x<br />

Kammgras, Wiesen- Cynosurus cristatus x<br />

Kerbel, Wiesen- Anthriscus sylvestris x<br />

Kiefer, Schwarz- Pinus nigra x<br />

Kiefer, Wald- Pinus sylvestris x<br />

Kirsche, Sauer- Prunus cerasus x<br />

Kirsche, Vogel- Prunus avium x<br />

Klappertopf, Großer Rhinanthus angustifolius x x<br />

Klappertopf, Kleiner Rhinanthus minor x x<br />

Klee, Erdbeer- Trifolium fragiferum x x<br />

Klee, Feld- Trifolium campestre x x<br />

Klee, Hasen- Trifolium arvense x x x<br />

Klee, Kleiner Trifolium dubium x x<br />

Klee, Schweden- Trifolium hybridum x<br />

Klee, Weiß- Trifolium repens x x x<br />

Klee, Wiesen- Trifolium pratense x x x<br />

Klette, Große Arctium lappa x<br />

Klette, Kleine Arctium minus x<br />

Knäuel, Ausdauernder Scleranthus perennis x<br />

Knäuel, Einjähriger Scleranthus annuus x<br />

Knäuelgras, Wiesen- Dactylis glomerata x x x<br />

Knopfkraut, Kleinblütiges Galinsoga parviflora x<br />

Knöterich, Ampfer- Persicara lapathifolia x<br />

Knöterich, Breitblättriger Acker- Polygonum aviculare x<br />

Knöterich, Floh- Persicaria maculosa x<br />

Knöterich, Schmalblättriger Acker- Polygonum aviculare<br />

ssp. rectum x x x<br />

Knöterich, Strand- Polygonum oxyspermum<br />

ssp. raii x x<br />

Knöterich, Wasser- Persicaria amphibium x<br />

Krähenbeere, Schwarze Empetrum nigrum x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 151


Anhang<br />

Kratzbeere Rubus caesius x<br />

Kratzdistel, Acker- Cirsium arvense x x x<br />

Kratzdistel, Gewöhnliche Cirsium vulgare x x x<br />

Kratzdistel, Sumpf- Cirsium palustre x<br />

Krummhals, Acker- Anchusa arvensis x<br />

Labkraut, Echtes Galium verum x<br />

Labkraut, Kletten- Galium aparine x x<br />

Labkraut, Moor- Galium uliginosum x<br />

Labkraut, Sumpf- Galium palustre x<br />

Labkraut, Weißes Galium album x<br />

Labkraut, Wiesen- Galium mollugo x<br />

Laichkraut, Kamm- Potamogeton pectinatus x<br />

Laichkraut, Krauses Potamogeton crispus x<br />

Lärche, Europäische Larix decidua x<br />

Leinkraut, Gewöhnliches Linaria vulgaris x x x<br />

Lichtnelke, Kuckucks- Silene flos-cuculi x<br />

Lieschgras, Sand- Phleum arenarium x<br />

Lieschgras, Wiesen- Phleum pratense x<br />

Liguster Ligustrum vulgare x<br />

Löffelkraut, Dänisches Cochlearia danica x<br />

Löffelkraut, Englisches Cochlearia anglica x<br />

Löwenzahn, Dünen- Taraxacum obliquum x<br />

Löwenzahn, Gewöhnlicher Taraxacum sect. ruderalia x x x<br />

Löwenzahn, Nickender Leontodon saxatilis x<br />

Luzerne, Saat- Medicago sativa x<br />

Malve, Weg- Malva neglecta x<br />

Malve, Wilde Malva sylvestris x<br />

Margerite, Wiesen- Leucanthemum vulgare x<br />

Mastkraut, Knotiges Sagina nodosa x x<br />

Mastkraut, Niederliegendes Sagina procumbens x x<br />

Mastkraut, Strand- Sagina maritima x x<br />

Mauerpfeffer, Scharfer Sedum acre x x x<br />

Meerrettich Armoracia rusticana x<br />

Meersenf Cakile maritima x x x<br />

Mehlbeere, Schwedische Sorbus intermedia x<br />

Melde, Gelappte Atriplex laciniata x x<br />

Melde, Spieß- Atriplex prostrata x x x<br />

Melde, Spreizende Atriplex patula x x x<br />

Melde, Strand- Atriplex littoralis x x x<br />

Melde, Verschiedensamige Atriplex micrantha x<br />

Merk, Großer Sium latifolium x<br />

Merk, Schmalblättriger Berula erecta x<br />

Milchkraut Glaux maritima x x x<br />

Milchstern, Dolden- Ornithogalum umbellatum x<br />

Minze, Wasser- Mentha aquatica x<br />

Mohn, Klatsch- Papaver rhoeas x<br />

Möhre, Wilde Daucus carota x x<br />

Nachtkerze, Gewöhnliche Oenothera biennis x x<br />

152 <strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Nachtkerze, Sand- Oenothera ammophila x x<br />

Nachtschatten, Bittersüßer Solanum dulcamara x x<br />

Nachtschatten, Schwarzer Solanum nigrum x<br />

Nelkenwurz, Gewöhnliche Geum urbanum x<br />

Pappel, Grau- Populus x canescens x<br />

Pappel, Silber- Populus alba x<br />

Pastinak Pastinaca sativa x<br />

Pestwurz Petasites hybridus x<br />

Pfeifengras Molinia caerulea x<br />

Pfennigkraut Lysimachia nummularia x<br />

Pflaume, Zwetschge Prunus domestica x<br />

Pippau, Dach- Crepis tectorum x<br />

Pippau, Wiesen- Crepis biennis x<br />

Platterbse, Strand- Lathyrus maritimus x x<br />

Platterbse, Wiesen- Lathyrus pratensis x<br />

Quecke, Bastard-Binsen- Elymus x obtusiusculus x x<br />

Quecke, Binsen- Elymus farctus x x x<br />

Quecke, Dünen- Elymus athericus x x x<br />

Quecke, Gewöhnliche Elymus repens x x<br />

Quecke, Sand- Elymus arenosus x<br />

Queller, Kurzähren- Salicornia europaea<br />

ssp. brachystachya x x x<br />

Queller, Sandwatt- Salicornia procumbens x x<br />

Queller, Schlickwatt- Salicornis stricta x x x<br />

Radieschen Raphanus sativus x x<br />

Rainfarn Tanacetum vulgare x x<br />

Rainkohl Lapsana communis x<br />

Raps Brassica napus x x x<br />

Rauke, Ungarische Sisymbrium altissimum x<br />

Rauke, Weg- Sisymbrium officinale x x<br />

Raygras, Italienisches Lolium multiflorum x<br />

Reiherschnabel Erodium cicutarium x<br />

Reitgras, Land- Calamagrostis epigejos x<br />

Rispengras, Bläuliches Poa humilis x x x<br />

Rispengras, Einjähriges Poa annua x x x<br />

Rispengras, Gewöhnliches Poa trivialis x x x<br />

Rispengras, Platthalm- Poa compressa x x<br />

Rispengras, Sumpf- Poa palustris x<br />

Rispengras, Wiesen- Poa pratensis x x<br />

Roggen, Saat- Secale cereale x x<br />

Rohrkolben, Schmalblättriger Typha angustifolia x<br />

Rose, Bereifte Rosa glauca x<br />

Rose, Bibernell- Rosa spinosissima x x<br />

Rose, Hunds- Rosa canina x x<br />

Rose, Kartoffel- Rosa rugosa x x x<br />

Rose, Lederblättrige Rosa coriifolia x<br />

Rose, Wein- Rosa rubiginosa x<br />

Roßkastanie Aesculus hippocastanum x


Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Rübe, Wilde Beta vulgaris ssp. maritima x<br />

Rübsen Brassica rapa x x<br />

Ruchgras Anthoxantum odoratum x x x<br />

Ruhrkraut, Sumpf- Gnaphalium uliginosum x<br />

Salde, Strand- Ruppia maritima x<br />

Salzkraut, Kali- Salsola kali x x x<br />

Salzmelde, Strand- Atriplex portulacoides x x x<br />

Salzmiere Honckenya peploides x x x<br />

Salzschwaden, Gewöhnlicher Puccinellia distans x x x<br />

Sanddorn Hippophae rhamnoides x x x<br />

Sandglöckchen, Berg- Jasione montana x<br />

Sandkraut, Quendelblättriges Arenaria serpyllifolia x x<br />

Sauerampfer, Großer Rumex acetosa x x<br />

Sauerampfer, Kleiner Rumex acetosella x x x<br />

Schachtelhalm, Acker- Equisetum arvense x<br />

Schachtelhalm, Sumpf- Equisetum palustre x<br />

Schafgarbe, Sumpf- Achillea ptarmica x<br />

Schafgarbe, Wiesen- Achillea millefolium x x<br />

Schaumkraut, Bitteres Cardamine amara x<br />

Schaumkraut, Wiesen- Cardamine pratensis x x<br />

Schilf Phragmites australis x x x<br />

Schillergras, Sand- Koeleria arenaria x<br />

Schlickgras, Englisches Spartina anglica x x x<br />

Schmiele, Draht- Deschampsia flexuosa x<br />

Schmiele, Rasen- Deschampsia cespitosa x<br />

Schuppenmiere Salz-, Spergularia salina x x x<br />

Schuppenmiere, Flügelsamige Spergularia media x x x<br />

Schwaden, Flutender Glyceria fluitans x<br />

Schwaden, Wasser- Glyceria maxima x<br />

Schwanenblume Butomus umbellatus x<br />

Schwertlilie, Sumpf- Iris pseudacorus x<br />

Schwingel, Dünen-Rot- Festuca rubra ssp. arenaria x x x<br />

Schwingel, Haar- Festuca filiformis x<br />

Schwingel, Rohr- Festuca arundinacea x x x<br />

Schwingel, Rot- Festuca rubra ssp. rubra x x<br />

Schwingel, Salzwiesen-Rot- Festuca rubra ssp. litoralis x x x<br />

Schwingel, Schaf- Festuca ovina x x<br />

Schwingel, Wiesen- Festuca pratensis x x x<br />

Seegras, Zwerg- Zostera noltii x<br />

Seerose, Weiße Nymphaea alba x<br />

Segge, Behaarte Carex hirta x<br />

Segge, Entferntährige Carex distans x x<br />

Segge, Hasenfuß- Carex ovalis x<br />

Segge, Küsten-Gelb- Carex viridula x<br />

Segge, Sand- Carex arenaria x x x<br />

Segge, Schlank- Carex acuta x<br />

Segge, Sparrige Carex muricata x<br />

Segge, Strand- Carex extensa x x<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Segge, Wiesen- Carex nigra x x<br />

Segge, Zweizeilige Carex disticha x<br />

Senf, Acker- Sinapis arvensis x<br />

Silbergras Corynephorus canescens x<br />

Sode, Strand- Suaeda maritima x x x<br />

Sonnenblume Helianthus annuus x x<br />

Spark, Acker- Spergula arvensis x<br />

Spitzklette, Elb- Xanthium albinum x<br />

Steinklee Melilotus officinalis x<br />

Sternmiere, Gras- Stellaria graminea x x<br />

Sternmiere, Große Stellaria holostea x<br />

Sternmiere, Sumpf- Stellaria palustris x<br />

Stiefmütterchen, Acker- Viola arvensis x x<br />

Storchschnabel, Schlitzblättriger Geranium dissectum x<br />

Storchschnabel, Weicher Geranium molle x<br />

Stranddistel Eryngium maritimum x<br />

Strandflieder Limonium vulgare x x x<br />

Strandhafer Ammophila arenaria x x x<br />

Strandhafer, Baltischer Calammophila baltica x x<br />

Strandroggen Elymus arenarius x x x<br />

Strandsimse Bolboschoenus maritimus x x x<br />

Strandwinde Calystegia soldanella x<br />

Straußgras, Riesen- Agrostis gigantea x<br />

Straußgras, Rotes Agrostis capillaris x x x<br />

Straußgras, Sumpf- Agrostis canina x x<br />

Straußgras, Weißes Agrostis stolonifera x x x<br />

Sumpfkresse, Wasser- Rorippa amphibia x<br />

Sumpfsimse, Einspelzige Eleocharis uniglumis x x<br />

Sumpfsimse, Gewöhnliche Eleocharis palustris x<br />

Taubnessel, Gefleckte Lamium maculatum x<br />

Taubnessel, Weiße Lamium album x<br />

Tausendblatt, Quirliges Myriophyllum verticillatum x<br />

Tausendgüldenkraut, Strand- Centaurium littorale x x<br />

Tausendgüldenkraut, Zierliches Centaurium pulchellum x x<br />

Teichfaden, Sumpf- Zannichellia palustris ssp.<br />

palustris x<br />

Teichlinse, Vielwurzelige Spirodela polyrhiza x<br />

Teichrose, Gelbe Nuphar lutea x<br />

Topinambur Helianthus tuberosus x<br />

Traubenkirsche, Späte Prunus serotina x<br />

Trespe, Dach- Bromus tectorum x<br />

Trespe, Roggen- Bromus secalinus x<br />

Trespe, Taube Bromus sterilis x<br />

Trespe, Wehrlose Bromus inermis x<br />

Trespe, Weiche Bromus hordeaceus x x x<br />

Tüpfelfarn Polypodium vulgare x x<br />

Ulme, Feld- Ulmus minor x<br />

Veilchen, Dünen- Viola tricolor x x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 153


Anhang<br />

154<br />

Veilchen, Hunds- Viola canina x<br />

Vergißmeinnicht, Acker- Myosotis arvensis x<br />

Vergißmeinnicht, Sumpf- Myosotis scorpioides agg. x x<br />

Vergißmeinnicht, Wald- Myosotis sylvatica x<br />

Vogelfuß, Kleiner Ornithopus perpusillus x x<br />

Vogelmiere, Gewöhnliche Stellaria media x x<br />

Wasserdost Eupatorium cannabinum x<br />

Wasserhahnenfuß, Salz- Ranunculus peltatus ssp.<br />

baudotii x<br />

Wasserhahnenfuß, Schild- Ranunculus peltatus x<br />

Wasserlinse, Bucklige Lemna gibba x<br />

Wasserlinse, Dreifurchige Lemna trisulca x<br />

Wasserlinse, Kleine Lemna minor x<br />

Wassernabel Hydrocotyle vulgaris x<br />

Wasserpest, Kanadische Elodea canadensis x<br />

Wasserstern, Sumpf- Callitriche palustris x<br />

Wegerich, Breit- Plantago major x x<br />

Wegerich, Krähenfuß- Plantago coronopus x x x<br />

Wegerich, Salzwiesen-Breit- Plantago major ssp. winteri x<br />

Wegerich, Spitz- Plantago lanceolata x x x<br />

Wegerich, Strand- Plantago maritima x x x<br />

Weide, Bruch- Salix fragilis x<br />

Weide, Grau- Salix cinerea x x<br />

Weide, Korb- Salix viminalis x x x<br />

Weide, Lorbeer- Salix pentandra x<br />

Weide, Mandel- Salix triandra x<br />

Weide, Ohr- Salix aurita x x<br />

Weide, Purpur- Salix purpurea x<br />

Weide, Sal- Salix caprea x x<br />

Weide, Silber- Salix alba x<br />

Weidelgras, Englisches Lolium perenne x x x<br />

Weidenröschen, Drüsiges Epilobium ciliatum x<br />

Weidenröschen, Kleinblütiges Epilobium parviflorum x<br />

Weidenröschen, Schmalblättriges Epilobium angustifolium x x<br />

Weidenröschen, Sumpf- Epilobium palustre x<br />

Weidenröschen, Zottiges Epilobium hirsutum x x<br />

Weiderich, Blut- Lythrum salicaria x<br />

Weißdorn, Zweigriffeliger Crataegus laevigata x<br />

Weizen, Saat- Triticum vulgare x x<br />

Wicke, Platterbsen- Vicia lathyroides x<br />

Wicke, Rauhhaarige Vicia hirsuta x x<br />

Wicke, Saat- Vicia sativa x x<br />

Wicke, Schmalblättrige Vicia angustifolia x<br />

Wicke, Viersamige Vicia tetrasperma x x<br />

Wicke, Vogel- Vicia cracca x x<br />

Wicke, Zaun- Vicia sepium x x<br />

Winde, Acker- Convolvulus arvensis x<br />

Windenknöterich Fallopia convolvulus x x x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Windhalm Apera spica-venti x<br />

Wolfstrapp, Ufer- Lycopus europaeus x<br />

Wucherblume, Saat- Chrysanthemum segetum x<br />

Wurmfarn Dryopteris carthusiana x<br />

Zahntrost, Roter Odontites vulgaris x x x<br />

Zahntrost, Salz- Odontites litoralis ? ?<br />

Zaunrübe, Weiße Bryonia alba x<br />

Zaunwinde, Echte Calystegia sepium x<br />

Ziest, Sumpf- Stachys palustris x<br />

Zweizahn, Dreiteiliger Bidens tripartita x x<br />

Zweizahn, Nickender Bidens cernua x<br />

Zwiebel Allium cepa x<br />

Tiere (Fauna)<br />

Hohltiere (Coelenterata)<br />

Zypressenmoos Sertularia cupressina x<br />

Stachelpolyp Hydractinia echinata x<br />

Seenelke Metridium senile x<br />

Glockenpolyp Laomedea longissima x<br />

Röhrenpolyp Tubularia indivisa x<br />

Tangrose Sagartia troglodytes x<br />

Moostierchen (Bryozoa)<br />

Zottige Seerinde Electra pilosa x<br />

Flache Seerinde Membranipora membranacea x<br />

Weichtiere (Mollusca)<br />

Käferschnecken (Polyplacophora)<br />

Rändel-Käferschnecke Lepidochitona cinerea x<br />

Schnecken (Gastropoda)<br />

Bäumchenschnecke Dendronotus frondosus x<br />

Fadenschnecke Eubranchus spp. x<br />

Fadenschnecke, Breitwarzige Aeolidia papillosa x<br />

Kopfschildschnecke, Gewölbte Retusa obtusa x?<br />

Pantoffelschnecke Crepidula fornicata x<br />

Strandschnecke, Flache Littorina mariae x (auf Algen) x (auf Algen)<br />

Strandschnecke, Flache Littorina obtusata x (auf Algen) x (auf Algen)<br />

Strandschnecke, Gewöhnliche Littorina littorea x<br />

Strandschnecke, Rauhe Littorina saxatilis x?<br />

Turmschnecke, Gewöhnliche Turritella communis x<br />

Wattschnecke Hydrobia ulvae x<br />

Wellhornschnecke Buccinum undatum x<br />

Muscheln (Bivalvia)<br />

Bohrmuschel, Amerikanische Petricola pholadiformis x<br />

Bohrmuschel, Krause Zirfaea crispata x?


Herzmuschel, Gewöhnliche Cerastoderma edule x<br />

Islandmuschel Arctica islandica x<br />

Klaffmuschel, Gestutzte Mya truncata x?<br />

Miesmuschel Mytilus edulis x<br />

Pfeffermuschel Scrobicularia plana x<br />

Plattmuschel, Baltische Macoma baltica x<br />

Sägezähnchen Donax vittatus x<br />

Sandklaffmuschel Mya arenaria x<br />

Schwertmuschel, Amerikanische Ensis americanus<br />

(syn. E. directus) x<br />

Strahlenkörbchen Mactra stultorum<br />

(syn. M. corallina) x?<br />

Tellmuschel, Gerippte Tellina fabula<br />

(syn. Angulus f.) x<br />

Tellmuschel, Platte Tellina tenuis<br />

(syn. Angulus t.) x<br />

Trogmuschel, Gedrungene Spisula subtruncata x?<br />

Trogmuschel, Ovale Spisula solida x?<br />

Kopffüßer (Cephalopoda)<br />

Tintenfisch, Sepia Sepia officinalis x?<br />

Kalmar Allotheuthis spec. x (Laich)<br />

Borstenwürmer (Polychaeta)<br />

Blattwurm, Gefleckter Anaitides maculata x<br />

Anaitides mucosa x<br />

Seemaus Aphrodite aculeata x<br />

Wattwurm, Pierwurm Arenicola marina x<br />

Ammenwurm, Kleiner Autolytus prolifer x<br />

Kopfwurm Capitella capitata x<br />

Capitella giardi x<br />

Chaetozone setosa x<br />

Eteone lactea x<br />

Eteone longa x<br />

Eumida punctifera x<br />

Eumida sanguinea x<br />

Gattyana cirrosa x<br />

Fransiger Schuppenwurm Harmothoe impar x<br />

Harmothoe glabra x<br />

Malmgreniella castanea x<br />

Kotpillenwurm Heteromastus filiformis x<br />

Bäumchenröhrenwurm Lanice conchilega x<br />

Flacher Schuppenwurm Lepidonotus squamatus x<br />

Warzenmagelone Magelona papillicornis x<br />

Malacoceros fulginosus x<br />

Malacoceros vulgaris x<br />

Microphtalmus sczelkowii x<br />

Microphthalmus aberrans x<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Microphthalmus listensis x<br />

Opalwurm Nephthys hombergii x<br />

Nephthys incisa x<br />

Nephtys longosetosa x<br />

Seeringelwurm, Schillernder Nereis diversicolor x<br />

Nereis succinea x<br />

Seeringelwurm, Grüner Nereis virens x<br />

Notomastus latericus x<br />

Paraonis fulgens x<br />

Polydorawurm, Gewöhnlicher Polydora ciliata x<br />

Polydorawurm, Holzbohrender Polydora cornuta x<br />

Proceraea cornuta x<br />

Pygospio-Wurm Pygospio elegans x<br />

Sandkoralle Sabellaria spinulosa x<br />

Scolelepis foliosa x<br />

Scolelepis squamata x<br />

Kiemenringelwurm Scoloplos armiger x<br />

Spio filicornis x<br />

Spiophanes bombyx x<br />

Tharyx killariensis x<br />

Spinnen (Arachnida)<br />

Agyneta decora x<br />

Allomengea scopigera x<br />

Alopecosa pulverulenta x x<br />

Argenna patula x<br />

Bathyphantes gracilis x<br />

Bathyphantes parvulus x<br />

Centromerita bicolor x<br />

Ceratinella brevipes x<br />

Dicymbium nigrum x<br />

Diplocephalus latifrons x<br />

Enoplognatha mordax x<br />

Erigone arctica x<br />

Erigone atra x<br />

Erigone dentipalpis x<br />

Erigone longipalpis x<br />

Gnathonarium dentatum x<br />

Gongylidiellum vivum x<br />

Hypomma bituberculatum x<br />

Leptorhoptrum robustum x<br />

Micaria pulicaria x<br />

Micrargus subaequalis x<br />

Oedothorax apicatus x<br />

Oedothorax fuscus x<br />

Oedothorax retusus x<br />

Ozyptila westringi x<br />

Pachygnatha clercki x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 155


Anhang<br />

156<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Pachygnatha degeeri x<br />

Pardosa amentata x<br />

Pardosa purbeckensis x x<br />

Pirata piraticus x<br />

Pocadicnemis juncea x<br />

Porrhoma pygmaeum x<br />

Porrhomma microphthalmum x<br />

Robertus arundineti x<br />

Silometopus ambiguus x<br />

Silometopus reussii x<br />

Stemonyphantes lineatus x<br />

Thomisidae juv. x<br />

Tiso vagans x<br />

Trochosa ruricola x<br />

Troxochrus scabriculus x<br />

Walckenaeria kochi x<br />

Walckenaeria vigilax x<br />

Zelotes electus x<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Krebstiere (Crustacea)<br />

Seepocke, Gekerbte Balanus crenatus x<br />

Seepocke, Brackwasser- Balanus improvisus x<br />

Bathyporeia pilosa x<br />

Bathyporeia sarsi x<br />

Bathyporeira guillamsoniana x<br />

Bathyporeira pelagica x<br />

Taschenkrebs Cancer pagurus x<br />

Strandkrabbe Carcinus maenas x<br />

Corophium arenarium x<br />

Schlickkrebs Corophium volutator x<br />

Antennenkrebs/Maskenkrabbe Corystes cassivelaunus x<br />

Nordseegarnele Crangon crangon x<br />

Wollhandkrabbe Eriocheir sinensis x<br />

Flohkrebs Gammarus spp. x<br />

Flohkrebs, Sand- Haustorius arenarius x<br />

Meerassel, Baltische Idotea baltica x<br />

Meerassel, Flache Jaera albifrons x<br />

Klippenassel, Meeres- Ligia oceanica x<br />

Schwimmkrabbe Liocarcinus holsatus x<br />

Microprotopus maculata x<br />

Kaisergranat Nephrops norvegicus x<br />

Einsiedlerkrebs Pagurus bernhardus x<br />

Pariambus typicus x<br />

Praunus flexuosus x<br />

Pseudocuma gilsoni x<br />

Wurzelkrebs Sacculina carcini x<br />

Seepocke, Gewöhnliche Semibalanaus balanoides x<br />

Strandfloh Talitrus saltator x<br />

Typhlotanais spec. x<br />

Insekten (Insecta)<br />

Libellen (Odonata)<br />

Azurjungfer, Hufeisen- Coenagrion puella x<br />

Binsenjungfer, Gewöhnliche Lestes sponsa x w<br />

Binsenjungfer, Glänzende Lestes dryas w<br />

Binsenjungfer, Südliche Lestes barbarus w<br />

Heidelibelle, Blutrote Sympetrum sanguineum w w<br />

Heidelibelle, Gefleckte Sympetrum flaveolum w w w<br />

Heidelibelle, Gewöhnliche Sympetrum vulgatum x w w<br />

Heidelibelle, Große Sympetrum striolatum w w<br />

Heidelibelle, Schwarze Sympetrum danae w w<br />

Heidelibelle, Südliche Sympetrum meridionale w<br />

Königslibelle, Große Anax imperator x?<br />

Mosaikjungfer, Blaugrüne Aeshna cyanea w<br />

Mosaikjungfer, Herbst- Aeshna mixta w<br />

Mosaikjungfer, Torf- Aeshna juncea w<br />

Pechlibelle, Große Ischnura elegans x w<br />

Prachtlibelle, Gebänderte Calopteryx splendens w<br />

Spitzenfleck Libellula fulva x?<br />

Vierfleck Libellula quadrimaculata w w<br />

Heuschrecken (Saltatoria)<br />

Beißschrecke, Kurzflüglige Metrioptera brachyptera x<br />

Eichenschrecke, Gewöhnliche Meconema thalassinum x<br />

Grashüpfer, Brauner Chorthippus brunneus x<br />

Grashüpfer, DeGeers Chorthippus albomarginatus x x<br />

Heimchen Acheta domestica x<br />

Heupferd, Grünes Tettigonia viridissima x x<br />

Schwertschrecke, Kurzflüglige Conocephalus dorsalis x x<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Schmetterlinge (Lepidoptera)<br />

– Tagfalter -<br />

Admiral Vanessa atalanta w w w<br />

Braundickkopffalter, Schwarzkolbiger Adopaea lineola x<br />

Dickkopffalter, Spiegelfleck- Heteropterus morpheus x?<br />

Distelfalter Vanessa cardui w w w<br />

Eichenzipfelfalter Thecla quercus Irrgast<br />

Feuerfalter, Kleiner Lycaena phlaeas x x w<br />

Fuchs, Kleiner Aglais urticae x w w<br />

Hauhechelbläuling Polyommatus icarus x? x<br />

Kohlweißling, Großer Pieris brassicae x x w<br />

Kohlweißling, Kleiner Pieris rapae x x w<br />

Mauerfuchs Lasiommata megera Irrgast<br />

Ochsenauge Maniola jurtina x<br />

Rapsweißling Pieris napi<br />

Postillon Colias crocea w


Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Schwalbenschwanz Papilio machaon w<br />

Tagpfauenauge Inachis io x w w<br />

Trauermantel Nymphalis antiopa w<br />

Waldvogel, Brauner Aphantopus hyperanthus x?<br />

Zitronenfalter Gonepteryx rhamni w w<br />

- Nachtfalter -<br />

Agrochloa lychnidis x?<br />

Agrotis clavis x?<br />

Gewöhnliche Graseule Agrotis exclamationis x x<br />

Ypsilon-Eule Agrotis ipsilon x?<br />

Agrotis ripae x<br />

Saateule Agrotis segetum x?<br />

Schwarzes C Amathes c-nigrum x?<br />

Amathes rubi x?<br />

Amathes sexstrigata x?<br />

Amathes simulans x?<br />

Amathes xanthographa x<br />

Amphipoea fucosa x<br />

Dreipunkteule Amphipyra tragopoginis x?<br />

Apamea anceps x x<br />

Apamea lateritia x?<br />

Wurzelfresser Apamea monoglypha x x<br />

Apamea oblonga x x<br />

Apamea oculea x?<br />

Apamea remissa x x<br />

Apamea sordens x x<br />

Brauner Bär Arctia caja x?<br />

Arsilonche albovenosa x<br />

Gammaeule Autographa gamma x?<br />

Axylia putris x<br />

Bupalus piniaria Irrgast<br />

Calothysanis griseata x?<br />

Camptogramma bilineata x?<br />

Caradrina morpheus x<br />

Celaena leucostigma x<br />

Graseule Cerapteryx graminis x<br />

Chortodes elymi<br />

(syn.: Photedes e.) x x<br />

Cidaria fluctuata x?<br />

Cleoceris viminalis x?<br />

Colothysanis griseata x<br />

Colotois pennaria x?<br />

Weidenbohrer Cossus cossus x<br />

Schattenmönch Cucullia umbratica x<br />

Kleiner Weinschwärmer Deilephila porcellus Irrgast<br />

Deuteronomos alniaria x?<br />

Diarsia rubi x<br />

Dicestra trifolii x?<br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Diloba caeruleocephala x?<br />

Discestra trifolii x?<br />

Drepana cultraria Irrgast<br />

Eilema depressa Irrgast<br />

Epirrhoe alternata x?<br />

Eremobia ochroleuca x?<br />

Eupithecia centaureata x<br />

Eupithecia goossensiata x?<br />

Eupithecia linariata x<br />

Eupithecia succenturiata x<br />

Euxoa cursoria x?<br />

Weizeneule Euxoa tritici x x<br />

Birkengabelschwanz Furcula bicuspis Irrgast<br />

Gortyna leucostigma x?<br />

Heliophobus reticulata x<br />

Hoplodrina alsines x<br />

Hoplodrina blanda x?<br />

Hoplopodrina octogeneria x?<br />

Hydraecia micacaea x<br />

Hydriomena furcata x?<br />

Labkraut-Schwärmer Hyles galii x?<br />

Laspeyria flexula x?<br />

Leucania comma x?<br />

Luperina testacea x<br />

Macdunnoughia confusa x?<br />

Taubenschwänzchen Macroglossum stellatarum Irrgast<br />

Kohleule Mamestra brassicae x?<br />

Mamestra contigua x?<br />

Gemüseeule Mamestra oleracea x<br />

Mamestra suasa x x<br />

Mamestra thalassina x x<br />

Erbseneule Melanchra pisi x x<br />

Getreidewurzeleule Mesapamea secalis x? x?<br />

Mesoligia furuncula x<br />

Mesotype virgata x<br />

Mythimna favicolor x?<br />

Mythimna impura x<br />

Mythimna littoralis x?<br />

Weißadereule Mythimna pallens x x<br />

Noctua comes x?<br />

Gelbbandeule Noctua fimbriata x?<br />

Noctua orbona x?<br />

Hausmutter Noctua pronuba x x<br />

Erlenzahnspinner Notodonta dromedarius Irrgast<br />

Ochropleura plecta x?<br />

Oligia fasciuncula x x<br />

Oligia latruncula x?<br />

Oligia literosa x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 157


Anhang<br />

158<br />

Halmeulchen Oligia strigilis x x<br />

Pelurga comitata x<br />

Peribatodes rhomboidaria x?<br />

Perizoma alchemillata x?<br />

Perizoma bifasciata x?<br />

Phlogophora meticulosa x?<br />

Plusia chrysitis x?<br />

Polia hepatica Irrgast<br />

Porthesia similis x?<br />

Rhizedra lutosa x<br />

Scopula immutata x<br />

Scopula marginepunctata x<br />

Shargacucullia scrophulariae Irrgast<br />

Sideridis albicolon x<br />

Sideridis impura x?<br />

Spaelotis ravida x?<br />

Weiße Tigermotte Spilosoma menthastri<br />

(= S. lubricipeda) x x<br />

Sterrha dimidiata x<br />

Sterrha seriata x?<br />

Symyra albovenosa x?<br />

Talpophila matura x<br />

Thera obeliscata x?<br />

Bergraseneule Tholera cespitis x<br />

Große Raseneule Tholera decimalis x<br />

Meldeneule Trachea atriplicis x?<br />

Triphanea comes x?<br />

Xanthoroe spadicearia x<br />

- Kleinschmetterlinge -<br />

Aethes francillana x?<br />

Agonopteryx heracliana x?<br />

Agonopteryx nervosa x?<br />

Agriphila deliella x?<br />

Agriphila geniculea x?<br />

Agriphila inquinatella x?<br />

Agriphila selasella x?<br />

Agriphila straminella x?<br />

Anerastia lotella x? x?<br />

Bryotropha affinis x?<br />

Bryotropha desertella x?<br />

Bryotropha similis x?<br />

Bryotropha umbrosella x?<br />

Caryocolum alsinella x?<br />

Caryocolum junctella x?<br />

Wasserlinsenzünsler Cataclysta lemnata x?<br />

Chinodes distinctella x?<br />

Chinodes fumatella x?<br />

Clepsis spectrana x? x?<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Cnephasia communana x?<br />

Cnephasia longana x?<br />

Cnephasia stephensiana x?<br />

Coleophora trochilella x?<br />

Crambus hortuellus x? x?<br />

Weißer Graszünsler Crambus perlella x? x?<br />

Epiblema foenella x?<br />

Epiblema obumbratana x?<br />

Epiblema rosaecolana x?<br />

Etiella zinckenella x?<br />

Eucosma fulvana x?<br />

Eucosma obumbratana x? x?<br />

Eudonia pallida x?<br />

Samenmotte Hoffmannophila<br />

pseudo-spretella x?<br />

Laspeyresia nigricana x?<br />

Lobesia littoralis x?<br />

Melissoblaptes zelleri x? x?<br />

Metriostola betulae x?<br />

Monochroa suffusella x?<br />

Monopis monachella x? x?<br />

Olethreutes siderana x?<br />

Wasseraloe-Zünsler Paraponyx stratiotata x?<br />

Pediasia contaminella x? x?<br />

Pediasia fascelinella x? x?<br />

Phycitodes saxicolum x?<br />

Phylyctaenia perlucidalis x?<br />

Pima boisduvaliella x? x?<br />

Platyptilia pallidactyla x?<br />

Kohlmotte Plutella xylostella x?<br />

Mehlzünsler Pyralis farinalis x?<br />

Olivenbrauner Zünsler Pyrausta cespitalis x?<br />

Scrobipalpa atriplicella x?<br />

Scrobipalpa obsoletella x?<br />

Tinea pallescentella x?<br />

Udea lutealis x?<br />

Traubenkirschengespinst-Motte Yponomeuta evonymella x?<br />

Laufkäfer (Carabidae)<br />

Acupalpus parvulus x<br />

Agonum muelleri x<br />

Agonum sexpunctatum x<br />

Amara aena x<br />

Amara apricaria x x<br />

Amara aulica x<br />

Amara bifrons x<br />

Amara communis x<br />

Amara fulva x x


Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten Neuwerk Scharhörn Nigehörn Watten<br />

Amara quenseli x<br />

Amara spreta x x x<br />

Bembidion aeneum x x<br />

Bembidion femoratum x<br />

Bembidion mannerheimii x?<br />

Bembidion minimum x<br />

Bembidion normannum x<br />

Bembidion properans x x<br />

Bembidion tetracolum x<br />

Bembidion varium x<br />

Bradycellus harpalinus x<br />

Bradycellus verbasci x<br />

Broscus cephalotes x x<br />

Calathus ambiguus x x<br />

Calathus erratus x x x<br />

Calathus fuscipes x x<br />

Calathus melanocephalus x x x<br />

Calathus micropterus x?<br />

Calathus mollis x<br />

Calathus ochropterus x<br />

Clivina fossor x x x<br />

Demetrias monostigma x<br />

Dicheirotrichus gustavi x x<br />

Dromius linearis x x<br />

Dyschirius globosus x x<br />

Dyschirius obscurus x<br />

Dyschirius politus x<br />

Dyschirius salinus x<br />

Dyschirius thoracicus x x<br />

Harpalus affinis x x x<br />

Harpalus rubripes x x<br />

Harpalus rufipes x<br />

Lasiotrechus discus x<br />

Leistus terminatus x?<br />

Loricera pilicornis x?<br />

Nebria brevicollis x<br />

Nebria gyllenhali x?<br />

Ophonus rufibarbis x?<br />

Philorhizus melanocephalus x<br />

Poecilus cupreus x<br />

Poecilus versicolor x<br />

Pogonus chalceus x x<br />

Pterostichus melanarius x<br />

Pterostichus niger x<br />

Pterostichus nigrita x<br />

Pterostichus strenuus x x x<br />

Pterostichus vernalis x<br />

Syntomus truncatellus x<br />

Trechus quadristriatus x x<br />

Stachelhäuter (Echinodermata)<br />

Seestern Asterias rubens x<br />

Wirbeltiere (Vertebrata)<br />

Fische (Pisces)<br />

Aal Anguilla anguilla x<br />

Aalmutter Zoarces viviparus x<br />

Butterfisch Pholis gunnellus x<br />

Dicklippige Meeräsche Chelon labrosus x<br />

Finte Alosa fallax x<br />

Flunder Platichthys flesus x<br />

Flußneunauge Lampetra fluviatilis x<br />

Franzosendorsch Trisopterus luscus x<br />

Glasgrundel Aphia minuta x<br />

Glattbutt Scophthalmus rhombus x<br />

Hering Clupea harengus x<br />

Hornhecht Belone belone x<br />

Kabeljau Gadus morhua x<br />

Kliesche Limanda limanda x<br />

Knurrhahn, Grauer Eutrigla gurnardus x<br />

Makrele Scomber scombrus x<br />

Rotzunge, Echte Microstomus kitt x<br />

Sandaal, Kleiner; Kl. Tobiasfisch Ammodytes marinus x<br />

Sandgrundel Pomatoschistus minutus x<br />

Sardelle Engraulis encrasicolus x<br />

Scheibenbauch, Kleiner Liparis liparis x<br />

Schlammgrundel Pomatochistus microps x<br />

Scholle Pleuronectes platessa x<br />

Seehase Cyclopterus lumpus x<br />

Seenadel, Kleine Syngnathus rostellatus x<br />

Seequappe, Fünfbärtelige Ciliata mustela x<br />

Seeskorpion Myoxocephalus scorpius x<br />

Seezunge Solea solea x<br />

Sprotte Sprattus sprattus x<br />

Steinbutt Psetta maximus x<br />

Steinpicker Agonus cataphractus x<br />

Stichling, Dreistachliger Gasterosteus aculeatus x<br />

Stint Osmerus eperlanus x<br />

Stöcker, Bastardgarnele Trachurus trachurus x<br />

Tobiasfisch, Großer Hyperoplus lanceolatus x<br />

Wittling, Merlan Merlangus merlangus x<br />

Zwergzunge Buglossidium luteum x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 159


Anhang<br />

160<br />

Amphibien<br />

Grasfrosch Rana temporaria x<br />

Brutvögel (Aves)<br />

Amsel Turdus merula x<br />

Austernfischer Haematopus ostralegus x x x<br />

Bachstelze Motacilla alba x x x<br />

Birkenzeisig Carduelis flammea x<br />

Bläßhuhn Fulica atra x<br />

Blaumeise Parus caeruleus x<br />

Bluthänfling Carduelis cannabina x x x<br />

Brandente Tadorna tadorna x x x<br />

Brandseeschwalbe Sterna sandvicensis x x<br />

Braunkehlchen Saxicola rubetra x<br />

Buchfink Fringilla coelebs x<br />

Dohle Corvus monedula x<br />

Dorngrasmücke Sylvia communis x<br />

Eiderente Somateria mollissima x x<br />

Elster Pica pica x x<br />

Fasan Phasanius colchicus x<br />

Feldlerche Alauda arvensis x x x<br />

Feldsperling Passer montanus x<br />

Fitis Phyllosopus trochilus x<br />

Flussseeschwalbe Sterna hirundo x x x<br />

Gartengrasmücke Sylvia borin x<br />

Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus x<br />

Gelbspötter Hippolais icterina x<br />

Grauschnäpper Muscicapa striata x<br />

Grünling Carduelis chloris x<br />

Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros x<br />

Haussperling Passer domesticus x<br />

Heckenbraunelle Prunella modularis x<br />

Heringsmöwe Larus fuscus x x x<br />

Karmingimpel Carpodacus erythrinus x<br />

Kiebitz Vanellus vanellus x<br />

Klappergrasmücke Sylvia curruca x<br />

Knäkente Anas querquedula x<br />

Kohlmeise Parus major x<br />

Kormoran Phalacrocorax carbo x x<br />

Kuckuck Cuculus canorus x<br />

Küstenseeschwalbe Sterna paradisaea x x x<br />

Lachmöwe Larus ridibundus x x x<br />

Löffelente Anas clypeata x<br />

Mauersegler Apus apus x<br />

Mehlschwalbe Delichon urbica x<br />

Misteldrossel Turdus viscivorus x<br />

Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla x<br />

Rabenkrähe Corvus corone x<br />

Rauchschwalbe Hirundo rustica x<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Reiherente Anas fuligula x<br />

Ringeltaube Columba palumbus x<br />

Rohrammer Emberiza schoeniclus x<br />

Rotkehlchen Erithacus rubecula x<br />

Rotschenkel Tringa totanus x x x<br />

Säbelschnäbler Recurvirostra avosetta x<br />

Sandregenpfeifer Charadrius hiaticula x x x<br />

Seeregenpfeifer Charadrius alexandrinus x x<br />

Silbermöwe Larus argentatus x x x<br />

Singdrossel Turdus philomelos x<br />

Star Sturnus vulgaris x x<br />

Stieglitz Carduelis carduelis x<br />

Stockente Anas platyrhynchos x x x<br />

Straßentaube Columba livia x<br />

Sturmmöwe Larus canus x x x<br />

Sumpfohreule Asio flammeus x<br />

Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris x<br />

Teichhuhn Gallinula chloropus x x<br />

Teichrohrsänger Acrocephalus scirpaceus x<br />

Trauerbachstelze Motacilla alba x<br />

Türkentaube Streptopelia decaocto x<br />

Turmfalke Falco tinnunculus x<br />

Waldohreule Asio otus x<br />

Wanderfalke Falco peregrinus x x<br />

Wiesenpieper Anthus pratensis x x x<br />

Zaunkönig Troglodytes troglodytes x<br />

Zilpzalp Phylloscopus collybita x<br />

Zwergseeschwalbe Sterna albifrons x x x<br />

Säugetiere (Mammalia)<br />

Feldhase Lepus europaeus x<br />

Feldmaus Microtus arvalis x<br />

Fledermaus, Breitflügel- Eptesicus serotinus x<br />

Hausmaus Mus musculus x x x<br />

Schermaus Arvicola terrestris x<br />

Schweinswal Phocoena phocoena x<br />

Seehund Phoca vitulina x<br />

Tümmler, Großer; Flaschennase Tursiops truncatus w<br />

Waldspitzmaus Sorex araneus x<br />

Weißschnauzendelfin Lagenorhynchus albirostris w<br />

Aufgenommen wurden Artengruppen, die typisch für das Gebiet des <strong>Nationalpark</strong>s sind und bereits<br />

systematisch erfasst wurden.<br />

Der Erfassungsgrad ist z.T. uneinheitlich (zeitlich, methodisch, regional). Die Artenlisten spiegeln den<br />

bekannten aktuellen Bestand wider. Die ältesten Angaben stammen aus SCHMID (1988).


Bestimmungsliteratur<br />

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<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 161


Anhang<br />

162<br />

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HARTWIG, E. (im Druck): Die Müllbelastung der Insel<br />

Scharhörn 1992-1994. Seevögel .<br />

HARTWIG, E., M. KORSCH & E. SCHREY (1992): Seevögel<br />

als Müllopfer in der Deutschen Bucht. Seevögel 13, 1-4.<br />

HECKENROTH, H. & V. LASKE (1997): <strong>Atlas</strong> der Brutvögel<br />

Niedersachsens 1981-1995. Schriftenreihe Naturschutz und<br />

Landschaftspflege in Niedersachsen 37.<br />

HESS, E.-D. (1980): Vegetationsaufnahme des Vorlandes der<br />

Insel Neuwerk. Unveröff. Gutachten i.A. der Wirtschaftsbehörde<br />

der Freien u. Hansestadt Hamburg, Amt Strom- und Hafenbau.<br />

HEYDEMANN, B. (1967): Die biologische Grenze Land-Meer<br />

im Bereich der Salzwiesen. Steiner-Verlag, Wiesbaden: 200 S.<br />

HEYDEMANN, B. (1998): Biologie des <strong>Wattenmeer</strong>es. In:<br />

Landesamt f.d. <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong><br />

& Umweltbundesamt: Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1:<br />

Nordfriesisches und Dithmarscher <strong>Wattenmeer</strong>. Ulmer-Verlag,<br />

Stuttgart:76-79.<br />

INSTITUT F. ANGEWANDTE UMWELTBIOLOGIE U. MONI-<br />

TORING (IFAUM) (1995-1999): <strong>Nationalpark</strong>plan <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong> Grundlagenerhebungen. Unveröff. Gutachten<br />

i.A. der Umweltbehörde der Freien u. Hansestadt<br />

Hamburg, <strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

INGRISCH, S. & G. KÖHLER (1998): Rote Liste der Geradflügler<br />

(Orthoptera s.l.). Schr.-R. Landschaftspfl. Naturschutz 55:<br />

260-263.<br />

INSTITUT FÜR NATURSCHUTZ UND UMWELTSCHUTZ-<br />

FORSCHUNG (INUF) DES VEREIN JORDSAND (1995):<br />

Begleitendes faunistisches und vegetationskundliches Forschungsprogramm<br />

für die durch Sandaufspülung bei Scharhörn neu<br />

geschaffene Insel Nigehörn. Unveröff. Gutachten i.A. der Umweltbehörde<br />

der Umweltbehörde Hamburg.<br />

HESS, ERNST-DIETMAR, BREHM, KUNO & SCHLEEF,<br />

PETER (1979/80): Vegetationsaufnahme des Vorlandes der Insel<br />

Neuwerk. unveröff. Gutachten, 93 pp.<br />

HOFMANN, KARL-FRIEDRICH (1971): Die Baugrundverhältnisse<br />

im Raum Neuwerk-Scharhörn. Schriftenreihe<br />

Hamburger Küstenforschung, Heft 21.<br />

IRMLER, U. & B. HEYDEMANN (1986): Die ökologische<br />

Problematik der Beweidung von Salzwiesen an der<br />

Niedersächsischen Küste - am Beispiel der Leybucht. Beih.<br />

Natursch. Landschaftspfl. Niedersachs. 15.<br />

JANKE, K. (1997): Sieben Jahre Nigehörn: Läßt sich die Aufspülung<br />

einer Vogelschutzinsel mit den Naturschutzzielen des<br />

<strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> vereinbaren? In: Natürliche<br />

Entwicklung oder Management für den Naturschutz. Schriftenreihe<br />

<strong>Nationalpark</strong> Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 2: 49-53.<br />

JANKE, K. (1999): Aufgaben und Zuständigkeiten im<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. In: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

Niedersächsisches <strong>Wattenmeer</strong> und Umweltbundesamt<br />

(Hrsg.): Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>. Bd. 2: <strong>Wattenmeer</strong> zwischen<br />

Elb- und Emsmündung. Verlag Eugen Ulmer: 170-171.<br />

JANKE, K. & B.P. KREMER (1990): Das Watt. Franckh-<br />

Kosmos, Stuttgart.<br />

JANKE, K. & B.P. KREMER (1993): Düne, Strand und<br />

<strong>Wattenmeer</strong>: Tiere und Pflanzen unserer Küsten. 2., verb. Aufl.,<br />

Franckh-Kosmos, Stuttgart.<br />

JANKE, K. & W. PIPER (1992): Errichtung und Sicherung<br />

schutzwürdiger Teile von Natur und Landschaft mit gesamtstaatlich<br />

repräsentativer Bedeutung - Projekt: Nigehörn - Hamburgs<br />

neue Vogelschutzinsel im Watt. Natur und Landschaft 67: 340-343.<br />

JANKE, K. (2000): 10 Jahre <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong>: Hamburgs größtes Schutzgebiet feiert Jubiläum.<br />

Seevögel 21, 41-46.<br />

JANKE, K. (2000): Der <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>:<br />

Hamburgs größtes Schutzgebiet feiert sein 10-jähriges Jubiläum.<br />

Naturschutz in Hamburg 2/00, 8-11.<br />

JANßEN, W. (1994): Konzept Öffentlichkeitsarbeit für die<br />

Großschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern. Gutachten im<br />

Auftrag des <strong>Nationalpark</strong>amtes Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Bildungswissenschaftliche Hochschule Universität Flensburg,<br />

Institut für Biologie und ihre Didaktik. Flensburg.<br />

KÖRBER, P.(1999): Vorlandmanagement im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. In: <strong>Nationalpark</strong>verwaltung Niedersächsisches<br />

<strong>Wattenmeer</strong> und Umweltbundesamt (Hrsg.):<br />

Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>. Bd. 2: <strong>Wattenmeer</strong> zwischen Elb- und<br />

Emsmündung. Verlag Eugen Ulmer: 130-131.<br />

KNEIS,P. (1991): Zur Gründung des Vereins Jordsand.<br />

Seevögel 12, 1-3.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

163


Anhang<br />

164<br />

KRAUSE, S. (1992): Einfluß anthropogener Verdichtung des<br />

Wattbodens auf die endobenthische Makrofauna im Neuwerker<br />

Watt (<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>). Diplomarbeit,<br />

Zoologisches Institut und Zoologisches Museum der Universität<br />

Hamburg.<br />

LAMMEN; CHR. & PIPER; W: (1992a): Rastvögel im<br />

<strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Gutachten im Auftrage<br />

der Umweltbehörde Hamburg.<br />

LAMMEN; CHR. & PIPER; W: (1992b): Muscheln und<br />

Schnecken im <strong>Nationalpark</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>. Institut<br />

für Natur- und Umweltforschung (INUF) des Verein Jordsand,<br />

Ahrensburg.<br />

LANDESAMT F.D. NATIONALPARK SCHLESWIG-HOL-<br />

STEINISCHES WATTENMEER & UMWELTBUNDESAMT<br />

(1998): Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1: Nordfriesisches und<br />

Dithmarscher <strong>Wattenmeer</strong>. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart.<br />

LEHE, E.V. (1952): Neuwerk im Strom der Zeiten. In:<br />

Dannmeyer, F., E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und<br />

seine Insel.- Verlag Rauschenplat, Cuxhaven: 11-52.<br />

LEMKE, W. (1982): Die Vögel Neuwerks. Verlagsgesellschaft<br />

Cuxhaven.<br />

LEMKE, W. (1995): Die Vögel Neuwerks 1981 – 1993.<br />

Hamburger avifaunistische Beiträge, Band 27.<br />

LINKE, G. (1969): Die Entstehung der Insel Scharhörn und ihre<br />

Bedeutung für die Überlegungen zur Sandbewegung in der deutschen<br />

Bucht. Hamburger Küstenforschung 11: 45 – 84.<br />

LINKE, GERHARD (1969): Bearbeitungsstand, Probleme sowie<br />

neue Arbeitsmöglichkeiten im Faziesbereich des sandigen<br />

Küstenholozäns. Hamburger Küstenforschung, Heft 11:??? .<br />

LINKE, G. (1970): Über die geologischen Verhältnisse im Gebiet<br />

Neuwerk/Scharhörn. Hamburger Küstenforschung 17: 17 – 58.<br />

LÜBBE, T. & G. VAUK (1993): Umweltfolgen der Seeschiffahrt.<br />

Forschungsbericht Ufoplan-Nr. 102 03 229, Umweltbundesamt<br />

(Uba), Berlin.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

LUDWIGS, J.-D. (1998): Kleptoparasitismus bei der Flußseeschwalbe<br />

als Anzeiger für Nahrungsmangel. Vogelwelt 119:<br />

193-204.<br />

MANG, F.W.C. (1982): Alphabetisches Verzeichnis der wildwachsenden<br />

Farn- und Blütenpflanzen von Neuwerk und<br />

Scharhörn. Hamburger Küstenforschung 41: 43-95.<br />

MELTOFTE, H., J. BLEW, J. FRIKKE, H.-U. RÖSNER & C.<br />

SMIT (1994): Numbers and distribution of waterbirds in the wadden<br />

sea. IWRB-Publication 34/Water Study Group Bull. 74,<br />

Special issue.<br />

MEYER, H, H. FOCK, A. HAASE, H.-D. REINKE & I. TULO-<br />

WITZKI (1995): Structure of the invertebrate fauna in salt marshes<br />

of the Wadden Sea coast of Schleswig-Holstein influenced by<br />

sheep grazing. Helgoländer Meeresuntersuchungen 49: 563-589.<br />

MEYER, H. & H.-D. REINKE (1996): Veränderungen in der biozönotischen<br />

Struktur der Wirbellosenfauna von Salzwiesen durch<br />

unterschiedliche Beweidungsintensitäten mit Schafen. Faun.ökol.<br />

Mitt. 7: 109-150.<br />

MICHEL, S. (1999): Umweltkommunikation im <strong>Nationalpark</strong><br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> - Aktuelle Situation und Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Diplomarbeit, Fachhochschule Wiesbaden/<br />

Fachrichtung Landespflege.<br />

MÖLLER, A. (1998): Der Ausflugsverkehr. In: Landesamt f.d.<br />

<strong>Nationalpark</strong> Schleswig-Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> & Umweltbundesamt:<br />

Umweltatlas <strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1: Nordfriesisches und<br />

Dithmarscher <strong>Wattenmeer</strong>.- Ulmer-Verlag, Stuttgart: 188-189.<br />

MÜLLER, H.-O. (1984): Die Leuchtfeuer von Cuxhaven und<br />

Neuwerk. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford.<br />

NEUHAUS, R. &. V. WESTHOFF (1994): Veränderungen und<br />

Gefährdungen der Dünenvegetation. in Lozan, J. L. et al (Hrsg):<br />

Warnsignale aus dem <strong>Wattenmeer</strong>. Blackwell, Berlin: 200-205.<br />

NEß, O. (2001): Zu Besuch auf Neuwerk. Verlag die Hanse,<br />

Hamburg.<br />

NIEDERNOSTHEIDE, N. (1993): Brutökologie von Fluß- und<br />

Küstenseeschwalbe auf den Inseln Nigehörn und Scharhörn.<br />

Unveröff. Gutachten i.A. der Umweltbehörde der Freien u.<br />

Hansestadt Hamburg, Naturschutzamt, 41 S.<br />

NIEDERNOSTHEIDE, N. (1996): Vergleichende nahrungsökologische<br />

Untersuchungen an Fluß- und Küstenseeschwalben auf<br />

Nigehörn und Scharhörn (Elbmündung). Seevögel 17: 40-45.<br />

NIEDERNOSTHEIDE, N. & E. HARTWIG (1998): Die<br />

Müllbelastung der Insel Scharhörn 1991. Seevögel 19: 89-91.<br />

NORDHEIM, H. V. & T. MERCK (1995): Rote Liste der Biotoptypen,<br />

Tier- und Pflanzenarten des deutschen <strong>Wattenmeer</strong>- und<br />

Nordseebereichs. Schr.-R. Landschaftspfl. Naturschutz 44: 83-84.<br />

OHDE, J. (1981): Entstehung von Besiedlungsmustern der<br />

Makro-Endofauna im <strong>Wattenmeer</strong> in der Elbe-Mündung. Dissertation,<br />

Universität Hamburg.<br />

OTT, S. & W. PIPER (1998): Rote Liste der Libellen (Odonata).<br />

Schr.-R. Landschaftspfl. Naturschutz 55: 252-255.<br />

PRATJE, O. (1952): Die geologische Geschichte Neuwerks. In:<br />

Dannmeyer, F., E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und<br />

seine Insel.- Verlag Rauschenplat, Cuxhaven: 123-128.<br />

PREISING, E., H.-C. VAHLE, D. BRANDES, H. HOFMEI-<br />

STER, J. TÜXEN & H. E. WEBER (1990): Die Pflanzengesellschaften<br />

Niedersachsens - Bestandsentwicklung, Gefährdung<br />

und Schutzprobleme. Salzpflanzengesellschaften der<br />

Meeresküste und des Binnenlandes. Naturschutz und Landschaftspflege<br />

in Niedersachsen. 20/7, Hannover.<br />

PRINS, H.H.T., R.C. YDENBERG & R. DRENT (1980): The<br />

interaction of Brent Geese (Branta bernicla) and sea plantain<br />

(Plantago maritima) during spring staging: Field observations and<br />

experiments. Acta Bot. Neerl. 29: 585-596.<br />

REINKE, H.-D. & U. IRMLER (1994): Die Spinnenfauna<br />

(Araneae) Schleswig-Holsteins am Boden und in der bodennahen<br />

Vegetation. Faun.-Ökol. Mitt. Suppl. 17.<br />

REISE, K. & BUHS. F. (1990,92,93): Die Bodenfauna in den<br />

Prielen des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

Unveröffentlichtes Gutachten im Auftrage der Umweltbehörde<br />

Hamburg.


REISE. K. & SCHUBERT, A. (1987): Macrobenthic turnover in<br />

the subtidal Wadden Sea: the Norderaue revisited after 60 years.<br />

Helgoländer Meeresuntersuchungen 41: 69-82.<br />

RIESEN; W: & REISE; K: (1982): Macrobenthos of the subtidal<br />

Wadden Sea: revisited after 55 years. Helgoländer Meeresuntersuchungen<br />

35: 409-423.<br />

RÖSNER, H.-U. (1997): Rastvögel im <strong>Wattenmeer</strong>: Bestand,<br />

Verteilung und Raumnutzung. UBA-Texte 75/97, Berlin.<br />

RÖSNER, H.-U., J. BLEW, J. FRIKKE, H. MELTOFTE & C.J.<br />

SMIT (1995): Anzahl und Verteilung von Wat- und Wasservögeln<br />

im <strong>Wattenmeer</strong>. Natur und Landschaft 70: 412-419.<br />

RÖSNER, H.-U., M. VAN ROOMEN, P. SÜDBECK & L.M.<br />

RASMUSSEN (1994): Migratory Waterbirds in the Wadden Sea<br />

1992/93. Wadden Sea Ecosystem No.2, CWSS & TMAG,<br />

Wilhelmshaven.<br />

SCHELLNHUBER, H.-J. & H. STERR (Hrsg.) (1993):<br />

Klimaänderung und Küste: Einblick ins Treibhaus. Springer-<br />

Verlag, Berlin-Heidelberg-New York: 400 S.<br />

SCHMID, U. (1988): Vogelinsel Scharhörn. Niederelbe-Verlag,<br />

Cuxhaven (=Jordsand-Buch Nr. 7).<br />

SCHULZ, R. & M. STOCK (1993): Kentish Plovers and Tourists:<br />

Competitors on Sandy Coasts?. Water Study Group Bull. 68: 83-91.<br />

SIEFERT, W. (1970): Die Salzgehaltsverhältnisse im Elbmündungsgebiet.<br />

Hamburger Küstenforschung 15.<br />

STÄNDIGE ARBEITSGRUPPE DER BIOSPHÄREN-<br />

RESERVATE IN DEUTSCHLAND (Hrsg., 1995): Biosphärenrerservate<br />

in Deutschland - Leitlinien für Schutz, Pflege<br />

und Entwicklung. Springer-Verlag, Berlin HeideIberg.<br />

STOCK, M. & F. HOFEDITZ (im Druck): Der Einfluß des<br />

Salzwiesen-Managements auf Habitatnutzung und Bestandsentwicklung<br />

von Nonnengänsen und Ringelgänsen im<br />

<strong>Wattenmeer</strong>. J.Orn.<br />

STOCK, M. & F. HOFEDITZ (1997): Grenzen der<br />

Kompensation: Energiebudgets von Ringelgänsen - die Wirkung<br />

von Störreizen. J.Orn. 138: 387-411.<br />

STOCK, M. (1994): Auswirkung von Störreizen auf Ethologie<br />

und Ökologie von Vögeln im <strong>Wattenmeer</strong>. Dissertation FB<br />

Biologie/Chemie Universität Osnabrück; Shaker-Verlag, Aachen.<br />

STOCK, M. ET AL. (1996): Ökosystemforschung <strong>Wattenmeer</strong> -<br />

Synthesebericht: Grundlagen für einen <strong>Nationalpark</strong>plan.<br />

Schriftenreihe des <strong>Nationalpark</strong>s Schleswig-Holsteinisches<br />

<strong>Wattenmeer</strong>, Heft 8.<br />

STOCK, M., HOFEDITZ, F., MOCK, K. & B. POHL (1994):<br />

Einflüsse von Flugbetrieb und Freizeitaktivitäten auf Verhalten<br />

und Raumnutzung von Ringelgänsen (Branta bernicla bernicla)<br />

im <strong>Wattenmeer</strong>. - Corax 16: 63-83.<br />

STREIF, H. (1993): Geologische Aspekte der Klimawirkungsforschung<br />

im Küstenraum der südlichen Nordsee. In:<br />

Schellnhuber, H.-J. & H. Sterr (Hrsg.): Klimaänderung und<br />

Küste. Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York: 77-97.<br />

STÜBING, S. (1995): Säugetiere auf Neuwerk 198 –1993.<br />

Hambuger Avifaunistische Beiträge 27: 141-144.<br />

STÜBINGER, R. (1997): Vergleichende Untersuchungen zur<br />

Schmetterlingsfauna von Scharhörn und Nigehörn Unveröff.<br />

Bericht für die Umweltbehörde Hamburg, <strong>Nationalpark</strong>verwaltung<br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>.<br />

SÜDBECK, P., B. HÄLTERLEIN, W. KNIEF & U. KÖPPEN<br />

(1998): Bestandsentwicklung von Fluß- Sterna hirundo und<br />

Küstenseeschwalbe Sterna paradisaea an den deutschen Küsten.<br />

Vogelwelt 119: 147-164.<br />

TEMME, M. (1974): Vogelfreistätte Scharhörn. Jordsand-<br />

Mitteilungen 3/1-4, Hamburg.<br />

TOUGAARD, S. & CWSS (1999): Common Seals in the Wadden<br />

Sea in 1998. WSNL 1999 (1): 19-21.<br />

TRAUTNER, J., G. MÜLLER-MOTZFELD & M.<br />

BRÄUNICKE (Bearb.) (1998): Rote Liste der Sandlaufkäfer und<br />

Laufkäfer (Coleoptera: Cicindelidae et Carabidae). Schr.-R.<br />

Landschaftspfl. Naturschutz 55: 159-167.<br />

TÜXEN, R. & W. BÖCKELMANN (1957): Scharhörn - Die<br />

Vegetation einer jungen ostfriesischen Vogelinsel. In: Mitt.<br />

Flor.soziol.Arb.Gem. NF 6/7: 183-204.<br />

UHL, J. (1952): Wasserbauten und Deiche. In: Dannmeyer, F.,<br />

E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und seine Insel. Verlag<br />

Rauschenplat, Cuxhaven: 75-86.<br />

VAUK, G. & J. PRÜTER (1987): Möwen. Niederelbe-Verlag,<br />

Otterndorf.<br />

WAGENER, M. (1998): Praktische Hinweise für brutbiologische<br />

Untersuchungen an der Flußseeschwalbe Sterna hirundo.<br />

Vogelwelt 119: 279-286.<br />

WAGNER, P. (1952): Scharhörn. Seine Entwicklung vom Sand<br />

zur Düneninsel. In: Dannmeyer, F., E.v. Lehe & H. Rüther<br />

(Hrsg.): Ein Turm und seine Insel. Verlag Rauschenplat,<br />

Cuxhaven: 163-164.<br />

WALLER, K. (1952): Der Turm auf Neuwerk. In: Dannmeyer, F.,<br />

E.v. Lehe & H. Rüther (Hrsg.): Ein Turm und seine Insel. Verlag<br />

Rauschenplat, Cuxhaven: 53-62<br />

WENDELN, H. & P.H. BECKER (1998): Populationsbiologische<br />

Untersuchungen an einer Kolonie der Flußseeschwalbe Sterna<br />

hirundo. Vogelwelt 119: 209-214.<br />

WINSKOWSKY, U. (1998): Strömungen im nordfriesischen<br />

<strong>Wattenmeer</strong>. In: Landesamt f.d. <strong>Nationalpark</strong> Schleswig-<br />

Holsteinisches <strong>Wattenmeer</strong> & Umweltbundesamt: Umweltatlas<br />

<strong>Wattenmeer</strong>, Bd. 1: Nordfriesisches und Dithmarscher<br />

<strong>Wattenmeer</strong>. Ulmer-Verlag, Stuttgart: 48-49.<br />

ZENTRALE FÜR WASSERVOGELFORSCHUNG UND<br />

FEUCHTGEBIETSSCHUTZ IN DEUTSCHLAND (1993): Die<br />

Feuchtgebiete internationaler Bedeutung in der Bundesrepublik<br />

Deutschland. Eigenverlag, Münster, Potsdam, Wesel: 163-166.<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong> 165


Anhang<br />

166<br />

Schriftenreihe der Umweltbehörde Hamburg<br />

Naturschutz und Landschaftspflege in Hamburg<br />

1/1981 Artenschutzprogramm -Verbreitung und Schutz der Amphibien und Reptilien in<br />

Hamburg<br />

2/1981 Bracks der Hamburger Elbmarschen<br />

3/1981 Artenschutzprogramm - Kartieranleitung - Artenkartierung<br />

4/1981 Ergebnisse des Bioindikatorenmeßprogramms - Finkenwerder - Wilhelmsburg -<br />

Marschlande<br />

5/1982 Chemisch-Analytische Untersuchungen an Stäuben und Aerosolen der Luft in Hamburg<br />

6/1982 Forstlicher Rahmenplan - Waldfunktionen in Harburg<br />

7/1983 Schutzprogramm für Tagfalter und Widderchen in Hamburg<br />

8/1984 Landschaftsrahmenplan Wilhelmsburg, Erläuterungsbericht<br />

9/1984 Gutachten: Werte für die Landschafts- und Bauleitplanung, Grünvolumen- und Boden-<br />

Funktionszahl<br />

10/1985 Schutzprogramm für Heuschrecken in Hamburg<br />

11/1985 Konzepte zur Pflege und Entwicklung schützenswerter Biotope der Vier- und<br />

Marschlande<br />

12/1985 Schutzprogramm für Säugetiere in Hamburg<br />

13/1985 Untersuchung des schadstoffbelasteten öffentlichen Grüns und Erarbeitung eines<br />

Sanierungskonzeptes<br />

14/1985 Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Sanierung umweltgeschädigter Bäume an<br />

Straßen und Plätzen<br />

16/1986 Biotopschutzkonzept Süderelbmarsch<br />

17/1986 Landschaftsrahmenplan Duvenstedt<br />

17/1987 Biotopschutzkonzept Walddörfer/Alstertal<br />

19/1987 Landschaftsrahmenplan Lemsahl - Mellingstedt<br />

20/1986 Untersuchung im öffentlichen Grün<br />

20/1987 Grundlagenuntersuchung für ein Energiekonzept (Fünfhausen)<br />

21/1988 Sanierung umweltgeschädigter Straßenbäume<br />

22/1988 Untersuchung im öffentlichen Grün<br />

23/1988 Untersuchung im öffentlichen Grün (Kurzfassung)<br />

24/1988 Dachbegrünung als stadtökologische Maßnahme zur Umweltverbesserung<br />

25/1988 Bäume brauchen Hilfe - Schutzmaßnahmen für das öffentliche Grün<br />

26/1989 Artenschutzprogramm - Libellen in Hamburg<br />

27/1989 Die neue Flora von Hamburg Teil A: Liste der wildwachsenden Farn- und<br />

Blütenpflanzen<br />

<strong>Nationalpark</strong>-<strong>Atlas</strong> <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

28/1989 Artenschutzprogramm -Rote Liste der gefährdeten Großschmetterlinge in Hamburg<br />

29/1989 Schmetterlingskartierung in Hamburg 1984 -1988 (noch nicht erschienen)<br />

30/1989 Artenschutzprogramm - Armleuchteralgen und Süßwasser-Rotalgen in Hamburg<br />

31/1989 Landschaftsprogramm Hamburg - Landschaftsachsenmodell<br />

32/1989 Dachbegrünung in Hamburg - Workshop<br />

33/1989 Grün und Gewerbe<br />

34/1990 Probleme der Bodenversiegelung in Ballungsräumen<br />

35/1990 Untersuchung im öffentlichen Grün – Sanierung schadstoffbelasteter Grünanlagen<br />

36/1990 Grün und Gewerbe Workshop II - Dokumentation<br />

37/1990 Rechtsgutachten über die Grünvolumen- und Bodenfunktionszahl<br />

38/1991 Artenschutzprogramm Fische und Rundmäuler in Hamburg<br />

39/1991 Baumpflege in Hamburg (4 Bände)<br />

40/1993 Vegetationsuntersuchungen auf stillgelegten landwirtschaftlichen Nutzflächen in<br />

Wulfsdorf und Wulfsfelde<br />

41/1994 Artenhilfsprogramm und Rote Liste der gefährdeten Brutvögel in Hamburg<br />

42/1994 Artenhilfsprogramm Moose in Hamburg, Bestandsentwicklung und Gefährdung<br />

43/1995 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg<br />

44/1995 Die Wälder Harburgs<br />

45/1995 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg – Der Klövensteen - Das Niendorfer<br />

Gehege<br />

46/1995 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg – Der Wohldorfer Wald - Der<br />

Duvenstedter Brook<br />

47/1997 Artenhilfsprogramm und Rote Liste der Binnenmollusken - Schnecken und Muscheln -<br />

in Hamburg<br />

48/1997 Artenhilfsprogramm - Rote Liste und Florenliste der Farn- und Blütenpflanzen von<br />

Hamburg<br />

49/1998 Die Wälder der Freien und Hansestadt Hamburg - Der Volksdorfer Wald - Das<br />

Bergedorfer Gehölz<br />

50/2001 <strong>Nationalpark</strong>atlas <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong>


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt<br />

<strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Billstraße 84, D-20539 Hamburg<br />

unter Mitarbeit von:<br />

- Bezirksamt Hamburg Mitte<br />

- Wirtschaftsbehörde Hamburg<br />

- Verein Jordsand zum Schutz der Seevögel und der Natur e.V.,<br />

Ahrensburg,<br />

- Institut für Umweltbiologie und Monitoring, Wremen<br />

Konzeption und Redaktion:<br />

<strong>Nationalpark</strong>verwaltung, Dr. Klaus Janke<br />

Gestaltung, Karten, Grafik, Satz:<br />

Dipl. Designerin Evelin Graack, Hamburg<br />

Kartengrundlagen (soweit nicht anders angegeben):<br />

Institut für Angewandte Umweltbiologie und Monitoring<br />

Wurster Straße 11, D-27638 Wremen<br />

Umschlaggestaltung:<br />

Evelin Graack, Hamburg<br />

unter Verwendung eines Fotos von Frank Hecker.<br />

Die Aufnahme zeigt einen Austernfischer (Haematopus ostralegus)<br />

im Watt nördlich der Insel Neuwerk.<br />

Bildbearbeitung:<br />

M.D. Creative, Agentur für Realisation und Service GmbH,<br />

Hamburg<br />

Internetbetreuung:<br />

Karin Blasius<br />

Umweltbehörde Hamburg, Zentralabteilung,<br />

Referat für Informationstechnologie, Zentralredaktion für<br />

Internetpräsenz der Umweltbehörde<br />

Stand:<br />

April 2001<br />

Autoren (in alphabetischer Reihenfolge):<br />

Jens Enemark<br />

Trilaterales <strong>Wattenmeer</strong>sekretariat<br />

Virchowstraße 1, D-26832 Wilhelmshaven<br />

Seiten 122-123<br />

Dr. Eike Hartwig<br />

Institut für Umweltschutz- und Naturschutzforschung (INUF) des<br />

Verein Jordsand, "Haus der Natur” Wulfsdorf D- 22926<br />

Ahrensburg, Seiten 92-93.<br />

Ulrich Hellwig und Levinia Krüger-Hellwig<br />

Institut für Angewandte Umweltbiologie und Monitoring<br />

(IfAUM), Wurster Landstraße 11, D-27638 Wremen, Seiten 8-17,<br />

20-27, 32-33, 42-45, 52-75, 78-91, 98-103, 110-115.<br />

Dr. Klaus Janke und Peter Körber<br />

Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt,<br />

<strong>Nationalpark</strong>verwaltung <strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

Seiten 30-31, 34-37, 40-41,46-47, 96-97, 106-109, 116-117, 120-<br />

121, 126-127, 130-139.<br />

Vesna Kruspe (Text) & Margret Jesse (Grafik),<br />

Bezirksamt Hamburg Mitte, Bauamt, Stadtplanungsabteilung<br />

Klosterwall 8, D- 20095 Hamburg, Seiten 38-39.<br />

Christian Michalczyk<br />

Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt, Abteilung Landschaftspflege<br />

und Flächenschutz, Seiten 124-125.<br />

Karl Spring<br />

Wirtschaftsbehörde Hamburg, Amt Strom und Hafenbau;<br />

Dalmannstraße 1-4, D-20547 Hamburg, Seiten 48-51.<br />

Alisa Steinberger<br />

Umweltbehörde Hamburg, Naturschutzamt, Abteilung Arten- und<br />

Biotopschutzprogramm; Biotopkataster, Grundsatzfragen<br />

Seiten 140-141.<br />

Anmerkung zur Verteilung:<br />

Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des<br />

Senats der Freien und Hansestadt Hamburg herausgegeben. Sie<br />

darf weder von Parteien noch von Wahlbewerbern oder Wahlhelfern<br />

während eines Wahlkampfs zum Zwecke der Wahlwerbung<br />

verwendet werden. Dies gilt für Bürgerschafts-, Bundes-<br />

tags- und Europawahlen sowie die Wahlen zur Bezirksversammlung.<br />

Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen,<br />

an Informationsständen der Parteien sowie das<br />

Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen<br />

oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe<br />

an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung.<br />

Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf<br />

die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als<br />

Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer<br />

Gruppen verstanden werden könnte.<br />

Die genannten Beschränkungen gelten unabhängig davon, wann,<br />

auf welchem Weg und in welcher Anzahl diese Druckschrift dem<br />

Empfänger zugegangen ist.<br />

Schutzgebühr DM 10,-<br />

der Sympathieträger “Freddi”<br />

des <strong>Nationalpark</strong>s <strong>Hamburgisches</strong><br />

<strong>Wattenmeer</strong><br />

das Logo des <strong>Nationalpark</strong>s<br />

<strong>Hamburgisches</strong> <strong>Wattenmeer</strong><br />

das gemeinsame Logo der<br />

deutschen <strong>Nationalpark</strong>e<br />

das Logo der UNESCO-<br />

Biosphärenreservate<br />

das Logo der<br />

Freien und Hansestadt Hamburg

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