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Schweitzers Ethik der Dankbarkeit - Deutsches Albert-Schweitzer ...

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<strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong> besaß, an<strong>der</strong>s als Einstein, einen in <strong>der</strong> Familie eines gläubigen<br />

evangelisch-reformierten Pastors im Elsass gewachsenen Glauben, <strong>der</strong> sich im Laufe seines<br />

90 Jahre währenden Lebens im humanistischen Denken und humanitären Leben<br />

eines praktizierenden Christen im Dienst an Menschen, Tieren und <strong>der</strong> gottgewirkten<br />

Natur erwies. Sein kirchliches Amt hatte er zugunsten seiner Tätigkeit als Arzt im afrikanischen<br />

Busch in Lambarene (im heutigen Gabun, nahe dem Äquator) aufgegeben.<br />

Als bedeuten<strong>der</strong> Bachkenner und Orgelvirtuose (und Orgelbauer!) und als schreiben<strong>der</strong><br />

und vortragen<strong>der</strong> Philosoph sammelte er in vielen Teilen <strong>der</strong> Welt Gel<strong>der</strong> vor allem<br />

für sein Spital in Lambarene. Er verstand Gott im christlichen Sinne als Schöpfer und<br />

Erhalter seines Werkes, an dem wir Menschen uns zur För<strong>der</strong>ung allen Lebens<br />

(Mensch, Tier und Umwelt) nach Kräften verantwortungsbewusst beteiligt sehen dürfen<br />

und müssen.<br />

Seine <strong>Ethik</strong> gipfelte in <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach „Ehrfurcht vor dem Leben“. Daher<br />

kämpfte er auch gegen die Todesstrafe, auch gegen Tiertötung als Sport (Fuchsjagden in<br />

Großbritannien z.B.) und gegen jeden leichtfertigen Umgang mit <strong>der</strong> uns anvertrauten<br />

Umwelt. In zahlreichen schriftlichen Zeugnissen steht <strong>der</strong> Menschheit auch heute<br />

noch sein lebensför<strong>der</strong>ndes Denken und beispielhaftes Leben zur Verfügung. 2005 gedachte<br />

man seines 130. Geburtstags und seines 40. Todestags. Nach einer zeitgeistbedingten<br />

Abkehr von dem höchst wertvollen Lebensbeispiel in Wort und Wirken <strong>Albert</strong><br />

<strong><strong>Schweitzer</strong>s</strong> nimmt heutzutage auch bei jungen Leuten das Interesse an ihm wie<strong>der</strong> zu.<br />

In Umkehrung des bekannten Ausspruchs von Descartes „Cogito, ergo sum“ (Ich<br />

denke, also bin ich) formulierte er dankbar und dem Sein höchst verpflichtet so: „Ich<br />

bin, also denke ich!“ Er bekannte – und daraus möge man sein Gottesverständnis zu<br />

einem guten Teil ergänzend ablesen –, dass er seine Tätigkeit im Dienste <strong>der</strong> Menschheit,<br />

insbeson<strong>der</strong>e an den Kranken in Afrika, nur „im Geiste Jesu“ tun konnte. So verkündigte<br />

er die „Frohe Botschaft“ in Wort und Tat – ein „notwendiges“ Gegenbild auch<br />

für unseren vorwiegend auf materiellen und leichtlebigen Inhalt gerichteten Zeitgeist.<br />

Die Ausführungen fanden große Zustimmung, und in <strong>der</strong> anschließenden Aussprache<br />

beteiligten sich die aufgeschlossenen Zuhörer sehr engagiert und zahlreich.<br />

Yuval Lapide<br />

Martin Buber und<br />

die Wie<strong>der</strong>entdeckung<br />

des Chassidismus<br />

Thema des Vortragsabends im Gemeindezentrum <strong>der</strong> Ev. Reformierten Kirche in<br />

Frankfurt/Main am 12.9.2005 auf Einladung des <strong>Albert</strong>-<strong>Schweitzer</strong>-Zentrums, <strong>der</strong> Jüdischen<br />

Volkshochschule Frankfurt/Main und des „reformierten forums“ Frankfurt/Main war eine<br />

Gegenüberstellung <strong>Albert</strong> <strong><strong>Schweitzer</strong>s</strong> (Werner Pauli) und Martin Bubers (Y. Lapide).<br />

Dr. Yuval Lapide brachte neben den Lebensdaten Martin Bubers eine Einführung in die<br />

Lehre des Chassidismus, die von Martin Buber wie<strong>der</strong>entdeckt wurde. Das Menschenbild<br />

des Chassidismus betont die Einheit und Einzigartigkeit eines jeden Menschen,<br />

<strong>der</strong> dementsprechend seinen einzigartigen Weg zu Gott hat. Nicht geht es um das Kopieren<br />

vorbildlicher Vorväter, son<strong>der</strong>n um das Finden <strong>der</strong> eigenen Identität. Die eigene<br />

Authentizität bringt Gott nahe. Das ist gleichzeitig ein wichtiger Hinweis auf das<br />

Wesen Gottes, <strong>der</strong> SEINEN Menschen diese individuellen Wege zu sich ermöglicht,<br />

denn nur so gelangt letztlich die gesamte Menschheit zu IHM.<br />

Unbekannt ist dem Wesen des Judentums lediglich <strong>der</strong> Weg zu Gott durch ein Eremitendasein<br />

resp. klösterliches Leben, da das gelebte Leben im Mittelpunkt des jüdischen<br />

und chassidischen Glaubens steht. Es ist lediglich möglich, sich auf Zeit vom<br />

Leben zurückzuziehen, um sich ihm dann – geistig und körperlich erneuert – wie<strong>der</strong><br />

anzuschließen. Die Einsichten des Chassidismus haben das Leben in <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

<strong>der</strong> Menschen im Blick. Es geht um das Wirken des Einzelnen für Gott in <strong>der</strong> Welt<br />

und für die Welt. In dem Sinne darf <strong>der</strong> Einzelne selbst seine Verfehlungen vergessen,<br />

damit er nicht in langes Lamentieren verfällt, son<strong>der</strong>n seine von Gott geschenkte Kraft<br />

für neue Handlungen produktiv einsetzt. Der Mensch ist eine Einheit aus Leib und<br />

Geist. Handeln kann nur in <strong>der</strong> gebündelten Kraft des Leibes und des Geistes gelingen.<br />

Martin Buber war genau wie <strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong> ein Situationsdenker, d.h. er empfahl<br />

seinen Mitmenschen, in je<strong>der</strong> konkreten gelebten Situation zu entscheiden, welche<br />

gottzugewiesenen Aufgaben auf sie zur Lösung warten: Jede Lebenssituation<br />

steckt voller potentieller Begegnungen mit dem Mitmenschen und <strong>der</strong> „Mitmaterie“ –<br />

Begegnungen, die gelebt werden wollen und die für alle Beteiligten einen Zugewinn<br />

an seelischem Wachstum und Selbsterkenntnis darstellen. Der Mensch soll keine noch<br />

<strong>Albert</strong>-<strong>Schweitzer</strong>-Rundbrief Nr. 98<br />

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