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Existenz und Humanismus. Sartres und Heideggers - Egon Schütz ...

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sich also nieder in der Verdinglichung des Vergangenen. Das bedeutet<br />

jedoch nichts anderes als: die Vergangenheit des Menschen<br />

zieht sich im Zukunftsvorgriff von Dasein selbst zurück. Sie wird<br />

zu einem abgelebten "Ansich 11 (im Fürsich) , auf das man sich nicht<br />

verlassen kann. Der Griff in die Zukunft tötet die Vergangenheit,<br />

indem er sie zur fossilen Unveränderlichkeit degradiert. Oder<br />

auch anders, die Vergangenheit haucht im Ausgriff auf die Zukunft<br />

ihr Leben aus. Sie wird zu dem, was nicht mehr zu ändern ist, zum<br />

puren Objekt. Nun bedeutet aber diese, jedenfalls für Sartre sich<br />

so darstellende, zwangsläufige Versteinerung der Vergangenheit<br />

im Vorblick auf meine zukünftigen Möglichkeiten nicht, daß ich<br />

meine eigene künftige Wirklichkeit als bestimmte oder gar verläßliche<br />

jederzeit vor mir hätte. Denn so, wie sich die Vergangenheit<br />

unter dem sie negierenden Einfluß der Zukunft von mir entfernt<br />

(<strong>und</strong> darin zur schieren "Gewesenheit" verhärtet), so entzieht sich<br />

letztlich auch die Zukunft. Mein zukünftiges Ich ist ebenso weni g<br />

das Ich, das ich bin, wie das Ich, das ich war. So aber trifft<br />

mich, auf der Suche nach meinem Ich, eine doppelte Verneinung.<br />

Meine Vergangenheit bin ich nicht, denn sie ist nur ein abgestoßenes<br />

Petrefakt; meine zukünftige Möglichkeit bin ich nicht, denn<br />

sie ist gerade dadurch zukünftig, daß sie noch nicht ist. Ich kann<br />

mich weder auf meine Vergangenheit noch auf meine Zukunft verlassen.<br />

In beiden Bemühungen, selbst Stand zu gewinnen, scheitere<br />

ich. Mein Ich entzieht sich mir in der einen wie in der anderen<br />

Richtung. So wäre zu folgern: Mein Ich gibt es gar nicht. Es gibt<br />

nur dieses vor- <strong>und</strong> rückblickende Überschreiten, in dem das Ich<br />

als Frage auftaucht, ohne eine definitive Antwort zu finden. Das<br />

aber kann, im Sinne <strong>Sartres</strong>, nur als notorischer "Seinsmangel 11<br />

des Ich verstanden werden. Und jetzt wird auch klarer, wie bedingungslos<br />

der Satz gelesen werden muß, der Mensch sei, was er<br />

nicht ist, <strong>und</strong> er sei nicht, was er ist. Die eine Formulierung<br />

der Daseinsparadoxie bezieht sich auf das Hinausstehen in die<br />

Vergangenheit (ich bin, was ich nicht mehr bin) <strong>und</strong> die andere<br />

auf den Vorsprung in die Zukunft (ich bin, was ich noch nicht<br />

bin). Also bin ich der Schnittpunkt zweier Negationen. Ich bin,<br />

indem ich nicht mehr bin <strong>und</strong> noch nicht bin. Mein Ich ist aufgerieben<br />

zwischen Vergangenheit <strong>und</strong> Zukunft. Nichts anderes aber

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