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Grußwort von Prof. Dr. Hartmut Schröder zur Eröffnung

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<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />

Symposiums Komplementäre Augenheilkunde – Eine Chance für Patienten und deren Ärzte.<br />

11. September 2010 in Frankfurt am Main<br />

Für Dialog, wissenschaftlichen Pluralismus und Wissenschaftsfreiheit – Der Masterstudiengang<br />

„Komplementäre Medizin – Kulturwissenschaften – Heilkunde“<br />

an der Europa-Universität Viadrina<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Das Thema des heutigen Vormittags ist: „Licht - Ein unterschätztes Therapieprinzip<br />

in der Augenheilkunde?“<br />

Ich möchte zu Beginn der Veranstaltung Licht auf eine Kampagne werfen, die in den Medien<br />

seit einigen Wochen gegen die komplementäre Medizin geführt wird und sich in den letzten<br />

Tagen zugespitzt hat. Dass es bei solchen Kampagnen Entgleisungen und Überspitzungen gibt<br />

sowie Unwahrheiten und Halbwahrheiten verbreitet werden, ist allgemein bekannt. Neu ist<br />

allerdings, dass sich seriöse Blätter wie die Süddeutsche Zeitung und Die Zeit dazu hinreißen<br />

lassen ohne wirkliche Recherchen und im Stil der Boulevardpresse Komplementärmedizin<br />

pauschal zu verurteilen und sogar zu einer Hexenjagd auf Komplementärmediziner zu blasen.<br />

Hier nur einige Blüten der vergangenen Tage: Sebastian Herrmann betitelt seine nachweislich<br />

falschen Behauptungen in der Süddeutschen Zeitung in der Printversion mit „Magie im Hörsaal:<br />

An der Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder lehren Geistheiler und Esoteriker“.<br />

In der Online-Ausgabe der gleichen Zeitschrift heißt es einfach nur noch: „Viadrina: Komplementäre<br />

Medizin – Immer mehr Spinner“. 1<br />

Harro Albrecht nimmt sich in Die Zeit mit seinem Beitrag gleich die gesamte Szene der<br />

Komplementärmedizin vor und sammelt zu einem Kreuzzug gegen alles Alternative, um die<br />

moderne Medizin zu retten. Die Wünsche der Patienten, die mehrheitlich komplementäre<br />

Medizin nachfragen, interessieren dabei nicht und bleiben außen vor: Diese müssen vielmehr<br />

– wenn es nach Harro Albrecht ginge – vor ihren eigenen Bedürfnissen nach einer anderen<br />

Medizin geschützt werden. Sein Artikel titelt warnend: „Wehe! Wehe! Homöopathie, Akupunktur,<br />

Ayurveda – der Aberglaube frisst die moderne Medizin“. 2<br />

Selbst der bekannte Medizinjournalist Werner Bartens <strong>von</strong> der Süddeutschen Zeitung lässt<br />

sich in einem Interview im SWR2 3 dazu hinreißen die komplementäre Medizin pauschal zu<br />

verurteilen und beteiligt sich an der Hetze, indem er auch noch die Keule der Verquickung<br />

mit wirtschaftlichen Interessen aus der Tasche holt. Wie die beiden anderen namentlich genannten<br />

Journalisten hat auch er keinen Versuch unternommen ernsthaft zu recherchieren<br />

oder gar Komplementärmediziner zu Wort kommen zu lassen: Das Konzept unseres Instituts<br />

und Studiengangs scheint er sich jedenfalls noch nicht einmal angesehen zu haben, denn ansonsten<br />

hätte er feststellen können, dass er sich mit seinem neuen Buch „Körperglück“ in außerordentlich<br />

großer Nähe zu unseren Grundpositionen befindet. Wir sind mit ihm sicher der<br />

gleichen Meinung, dass eine gute Beziehung und Kommunikation Grundlage für jede Heilung<br />

ist, und wir wissen auch, dass so manche Erfolge komplementärer Medizin mit dem Placeboeffekt<br />

erklärt werden können. Aber – so <strong>Prof</strong>. Jütte, der Vorstand des Wissenschaftlichen Beirats<br />

der Bundesärztekammer: bei jeder Behandlung tritt ein solcher Effekt auf, und der ist ja<br />

1 Stuttgarter Zeitung, 31. August 2010. Online: http://www.sueddeutsche.de/karriere/studiengangkomplementaere-medizin-immer-mehr-spinner-1.994002<br />

2 Die Zeit, 8. September 2010.<br />

3 http://www.swr.de/swr2/alternative-heilmethoden/-/id=7576/nid=7576/did=6873804/1jg0jdd/index.html


<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />

Symposiums Komplementäre Augenheilkunde – Eine Chance für Patienten und deren Ärzte.<br />

11. September 2010 in Frankfurt am Main<br />

auch durchaus gewünscht. 4 Ich zitiere <strong>Prof</strong>. Jütte aus einer Stellungnahme der Bundesärztekammer<br />

zum Thema „Placebo in der Medizin“: „Die Arzt-Patienten-Interaktion ist ganz zentral.<br />

Mit seinem Verhalten kann der Arzt ungemein viel erreichen – mit Empathie, Vertrauen<br />

und dem therapeutischen Setting. All das muss stimmen, damit der Arzt mit seiner Maßnahme<br />

– auch wenn sie noch so evidenzbasiert sein mag – Erfolg haben kann.“ Und weiter: „Es<br />

kommt also nicht selten vor, dass eine Maßnahme mit geringerer Evidenz effektiver ist, weil<br />

die Umstände besser passen und der Gesamteffekt damit größer wird.“<br />

Werner Bartens – der das als gelernter Arzt eigentlich wissen sollte – unterminiert de facto<br />

mit seinem Beitrag das Vertrauen der Patienten zu ihren Ärzten. Er leistet also nicht nur keinen<br />

konstruktiven Beitrag in einer durchaus zu führenden Debatte <strong>zur</strong> Qualitätssicherung der<br />

komplementären Medizin sondern er schadet objektiv all den Patienten, die <strong>von</strong> Komplementärmedizinern<br />

behandelt werden. Auf diesen Umstand hat im letzten Jahr in einem Editorial<br />

der Münchner Medizinischen Wochenschrift selbst <strong>Prof</strong>. Füeßl, der Chefredakteur dieser sicher<br />

nicht unter Esoterik-Verdacht stehen Fachzeitschrift, hingewiesen. Er schreibt:<br />

„Schließlich wird das Befinden eines Patienten und damit die tatsächliche oder empfundene<br />

Besserung seiner Beschwerden ganz wesentlich vom Vertrauensverhältnis zu seinem Arzt<br />

beeinflusst. Doch dieses ist mit wissenschaftlichen Methoden kaum zu untersuchen, da es <strong>von</strong><br />

irrationalen Momenten gefördert oder gestört wird. Die Wirkung alternativer Verfahren anzuzweifeln<br />

könnte genau dieses Vertrauensverhältnis stören und dadurch per se kontraproduktiv<br />

sein.“ 5<br />

Warum also trotzdem diese – im wahrlich doppelten Sinne – schlechte Presse über die komplementäre<br />

Medizin, die nicht nur mehrheitlich <strong>von</strong> Patienten nachgefragt und <strong>von</strong> mehr als<br />

einem <strong>Dr</strong>ittel der niedergelassenen Ärzte praktiziert wird sondern durch zahlreiche Lehrstühle<br />

und Studiengänge an den Hochschulen in den letzten Jahren endlich die zweifellos notwendige<br />

akademische Qualitätssicherung erhält?<br />

Da ich an der Konzipierung des Masterstudiengangs „Komplementäre Medizin – Kulturwissenschaften<br />

– Heilkunde“ an der Europa-Universität Viadrina beteiligt war und in diesem<br />

Studiengang auch lehre, erlaube ich mir in die Kampagne einzugreifen, die Sebastian Herrmann<br />

mit seinem Beitrag „Magie im Hörsaal“ in den Medien losgetreten hat. Dabei sehe ich<br />

in dieser einseitigen Kampagne durchaus eine Chance, wenn sie sich in Richtung einer wirklichen<br />

Debatte weiterentwickelt. Verzichten werde ich daher auf jede Polemik, die natürlich<br />

durchaus möglich wäre. Nur zwei Hinweise seien meinen Ausführungen vorweggeschickt,<br />

damit der Kontext des Ganzen deutlich wird: Bevor sich überhaupt die Medien mit der Thematik<br />

beschäftigten hat die „Gesellschaft <strong>zur</strong> wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaften“<br />

(GWUP), die sich anschickt die moderne Inquisition zu werden, mit gezielten<br />

Verleumdungskampagnen das Feld bereitet. Dafür dass diese Gesellschaft und ihre Zeitschrift<br />

Der Skeptiker es nicht so genau mit der Wahrheit halten sowie mit gezielten Rufmordversuchen<br />

in Verbindung gebracht werden finden sich erdrückend viele Hinweise. 6 Dass seriöse<br />

Journalisten aus dieser Ecke ihre Vorlagen holen spricht leider nicht für professionelle Recherchen.<br />

So wird es Sie nicht überraschen, wenn ich Ihnen an dieser Stelle mitteilen kann,<br />

dass die in den genannten Quellen beanstandeten Inhalte nicht in unserem Studiengang ge-<br />

4<br />

Deutsches Ärzteblatt, 19. Juli 2010.<br />

5<br />

MMW-Online, 3-4/2009, Online: http://www.mmw.de/mmw/fortbildung/cme/uebersichtsarbeiten/content-<br />

134261.html<br />

6<br />

Siehe z.B. das Online-Magazin für ganzheitliches Denken: http://www.psychophysik.com/ sowie GWUP-<br />

Watch: http://gwup-skeptiker.blogspot.com/


<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />

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lehrt werden und auch Geistheiler und Esoteriker nicht zu unseren Dozenten gehören. Es handelt<br />

sich vielmehr um Halb- bzw. Unwahrheiten, deren Verbreitung bestenfalls damit erklärt<br />

werden kann, dass nicht sorgfältig recherchiert und nicht nachgefragt worden ist. Wer aber<br />

den rationalen, herrschaftsfreien Diskurs und die Überzeugungskraft der besseren Argumente<br />

nicht scheut, der hat solche Verleumdungen nicht nötig. Sie sind allenfalls nützlich, um die<br />

eigene Diskursverweigerung zu legitimieren. Wir bieten daher auch an dieser Stelle noch<br />

einmal und mit Nachdruck eine öffentliche Debatte sowohl der GWUP als auch den „skeptischen“<br />

Journalisten an. Eine solche Debatte sollte aber als ausschließliches Ziel die Wahrheitsfindung<br />

sowie die Qualitätskontrolle und –sicherung <strong>von</strong> in der Tat noch neuen und nicht<br />

hinreichend beforschten Verfahren und Denkansätzen in der Medizin und im Gesundheitswesen<br />

haben. Nur durch einen solchen nicht ideologischen und offenen Dialog, der notwendig<br />

und sinnvoll zugleich ist, wird man die Spreu vom Weizen trennen und der Sicherheit und<br />

dem Nutzen der Patientinnen und Patienten am besten dienen können. Innerhalb der Medizin<br />

hat ein solcher Dialog längst begonnen wie das Dialogforum Pluralismus in der Medizin 7 unter<br />

der Schirmherrschaft des Präsidenten der Bundesärztekammer, <strong>Prof</strong>essor <strong>Dr</strong>. Hoppe, zeigt.<br />

In Form einer „Fallkonferenz“ wird dieses Dialogforum sogar als „Vorbild für das Medizinstudium“<br />

diskutiert. 8 Die Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern bilden schließlich „einen<br />

quasi ‚amtlichen’ Beleg für die Pluralität <strong>von</strong> Modellvorstellungen in der Medizin“ 9 :<br />

Denn hier sind ja auch Heilverfahren wie Homöopathie und Naturheilkunde aufgenommen,<br />

für die die Landesärztekammern Weiterbildungsziele und -inhalte sowie formale Vorgaben<br />

(Voraussetzungen, Länge etc.) vorgeben und Prüfungen abnehmen.<br />

Die Heilkunde war und ist eine praktische, multidisziplinäre und polyparadigmatische Wissenschaft,<br />

die sich vom Handlungsziel her (Kranken zu helfen) definiert. 10 Sie nutzt naturwissenschaftliche<br />

Erkenntnisse, erschöpft sich aber nie alleine in den Naturwissenschaften. 11<br />

Vielmehr weist Heilkunde immer auch auf die geisteswissenschaftlichen und kulturellen Hintergründe<br />

(Menschenbild, Verhältnis <strong>von</strong> Körper und Geist etc.) der Heilung hin. 12 Nur in der<br />

Auseinandersetzung mit neuen Konzepten behält die Heilkunde ihr schöpferisches Potential<br />

für die ständige Weiterentwicklung im Interesse der Patientinnen und Patienten. Heterogenität<br />

muss ertragen oder diskursiv überwunden werden! Ein medizinisches Weltgericht gibt es genau<br />

so wenig wie ein wissenschaftliches Weltgericht. In der Heilkunde haben wir es trotz<br />

gewaltiger Fortschritte immer noch und in den allermeisten Bereichen mit vagem und unsicherem<br />

Wissen zu tun, wobei verschiedene Wege ans Ziel führen können. Eine hohe Ambiguitätstoleranz<br />

aller Beteiligten ist daher unabdingbar. Die hier nur kurz angedeuteten unqualifizierten<br />

Angriffe und Verleumdungen übersehen diese wichtigen Aspekte und lassen eine<br />

unangenehme Erinnerung an die schwärzesten Episoden der Medizingeschichte wach werden,<br />

wie z.B. die jahrelange Ignoranz der Antiseptik <strong>von</strong> Ignaz Semmelweis durch die geburtshilflichen<br />

Ordinarien, die Tausende <strong>von</strong> Müttern mit ihrem Leben bezahlen mussten!<br />

Was aber machen wir nun wirklich in unserem Institut und Studiengang? Ist nicht doch etwas<br />

dran an den Vorwürfen und Angriffen? Die Viadrina ist in der Tat die erste deutsche Universität,<br />

die einen Masterstudiengang dieser Art anbietet. Und sie knüpft damit an die großen<br />

7 Siehe dazu: http://www.dialogforum-pluralismusindermedizin.de/<br />

8 Siehe dazu: Christian Scheffer, Friedrich Edelhäuser, Diethard Tauschel, Eckhart G. Hahn: Symposium Fallkonferenz<br />

Integrative Medizin: Vorbild für das Medizinstudium? In: GMS Zeitschrift für Medizinische Ausbildung,<br />

http://www.egms.de/en/journals/zma/2007-24/zma000299.shtml<br />

9 Urban Wiesing: Wer heilt, hat Recht? Über Pragmatik und Pluralität in der Medizin. Stuttgart 2004, S. 32.<br />

10 Urban Wiesing: Wer heilt, hat Recht? Über Pragmatik und Pluralität in der Medizin. Stuttgart 2004.<br />

11 Wieland, W.: Diagnose. Überlegungen <strong>zur</strong> Medizintheorie. Berlin: de Gruyter, 1975.<br />

12 Zum Unterschied <strong>von</strong> Heilkunst und Medizin siehe Paul Unschuld: Was ist Medizin? Westliche und östliche<br />

Wege der Heilkunst. München 2003.


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11. September 2010 in Frankfurt am Main<br />

Traditionen der Medizinischen Fakultät der früheren Alma Mater Viadrina an, wo die Naturheilkunde<br />

einen besonders hohen Stellenwert hatte.<br />

Der Studiengang, der seit ca. zwei Jahren existiert, umfasst bereits fast 100 Studierende und<br />

stellt den Versuch einer akademischen Qualitätssicherung der komplementären Medizin dar –<br />

leistet also genau das, was notwendig und zu Recht angefordert wird: die Verbindung der<br />

komplementären Medizin mit der Forschung. Dazu wurde eigens eine Stiftungsprofessur für<br />

Forschungsmethodik eingerichtet. Die Polemik <strong>von</strong> Albrecht, Bartens, Hermann und Konsorten<br />

entlarvt sich in dieser Hinsicht besonders deutlich: Komplementärer Medizin wird vorgeworfen,<br />

dass sie nicht durch Forschung abgesichert ist, aber der Versuch, sie mit der Forschung<br />

zu verbinden wird mit dem Hinweis diskreditiert, dass so etwas nicht an Hochschulen<br />

gehört. Die Wissenschaftsgeschichte hat leider viel zu viele Beispiele für solche Maulkörbe,<br />

die bisweilen bis hin zu Denkverboten geführt haben.<br />

Die Kosten unseres Studiengangs werden übrigens alleine durch die Studiengebühren gedeckt<br />

– Zuschüsse bzw. Unterstützung aus öffentlichen Haushalten gibt es nicht. Zwei Stiftungsprofessuren<br />

und zwei Gastprofessuren sind durch Zuwendungen <strong>von</strong> Stiftern aus dem Bereich<br />

der komplementären Medizin möglich gemacht worden. Zu Grunde liegen Sponsoring- bzw.<br />

Zuwendungsverträge, die die Unabhängigkeit <strong>von</strong> Forschung und Lehre garantieren. Da es<br />

keine Mittel aus öffentlichen Haushalten gibt, sind solche Stiftungsprofessuren oft die einzige<br />

Möglichkeit, komplementärmedizinische Forschung überhaupt finanzieren zu können.<br />

Die Studierenden unseres Studiengangs sind zu mehr als 90 Prozent Ärztinnen und Ärzte. In<br />

der Zwischenzeit gibt es zahlreiche weitere Masterstudiengänge und Stiftungsprofessuren an<br />

deutschen Hochschulen, die Homöopathie, Naturheilverfahren, Traditionelle Chinesische<br />

Medizin, Komplementäre Gesundheitswissenschaft etc. anbieten. Komplementäre Medizin ist<br />

somit aus den Hochschulen glücklicherweise nicht mehr wegzudenken. Eine <strong>Prof</strong>ilbildung der<br />

einzelnen Studienangebote und Forschungsschwerpunkte hat bereits begonnen. Kennzeichnend<br />

für den Studiengang an der Europa-Universität und Alleinstellungsmerkmal ist die Verbindung<br />

der „sprechenden Medizin“ mit der komplementären Medizin, was bereits im Titel<br />

des Studiengangs zum Ausdruck gebracht wird: Komplementäre Medizin – Kulturwissenschaften<br />

– Heilkunde. Der Studiengang wird vom Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften<br />

getragen, das Teil der Kulturwissenschaftlichen Fakultät ist.<br />

Mit diesem Rahmen soll vor allem ein Beitrag <strong>zur</strong> „Re-Humanisierung“ der modernen Medizin<br />

geleistet werden, die vehement an vielen Stellen angesprochen wird. Ich zitiere hier das<br />

Deutsche Ärzteblatt, in dem der Kinder- und Jugendarzt Heinrich Nolte in der Ausgabe vom<br />

9. August 2010 seinen Artikel wie folgt betitelt: „Der Mediziner mag Naturwissenschaftler<br />

sein, der Arzt aber ist Kulturwissenschaftler, jedoch nie Wirtschaftswissenschaftler.“ 13 Nolte<br />

meint mit „medizinisch“ „die naturwissenschaftliche, rationale und in ihren Kausalitäten eindeutige<br />

Bedingung, unter ärztlich die humane, psychologische, kulturwissenschaftliche und in<br />

ihrer Komplexität undurchschaubare Gesamtsituation.“ Beides ist notwendig, beides ist sinnvoll,<br />

aber nur zusammen genommen wird der Patient den größtmöglichen Nutzen haben.<br />

Transkulturelle Gesundheitswissenschaften knüpfen hier an und zeichnen sich in dieser Hinsicht<br />

– etwas verkürzt dargestellt – durch folgende Sichtweisen aus:<br />

a) sie betrachten den Menschen in seinen Bezügen zu Gesundheit und Krankheit als Einheit<br />

<strong>von</strong> leiblichen und seelischen Prozessen und als historische oder diachrone Einheit;<br />

b) sie lassen sich nicht auf die körperliche und mentale Dimension <strong>von</strong> Gesundheit und<br />

13 Deutsches Ärzteblatt, 9. August 2010.


<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />

Symposiums Komplementäre Augenheilkunde – Eine Chance für Patienten und deren Ärzte.<br />

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Krankheit beschränken, sondern umfassen – wie die Weltgesundheitsorganisation in ihrer<br />

Definition <strong>von</strong> Gesundheit festgelegt hat – gerade auch soziale Aspekte, verstehen sich also<br />

als soziale Wissenschaften;<br />

c) sie gehen <strong>von</strong> einem systemischen Verständnis <strong>von</strong> Heilung und Gesunderhaltung aus und<br />

sehen die Rolle <strong>von</strong> Therapie in einer Unterstützung der Selbstregulation, wobei sie besondere<br />

Aufmerksamkeit den Naturheilverfahren widmen;<br />

d) sie lassen sich nicht auf eine einzige medizinische Sichtweise begrenzen, sondern sehen<br />

ihre Aufgabe darin, andere Medizinsysteme (Ethnomedizin) so vorurteilsfrei wie möglich zu<br />

betrachten und bewährte Verfahren durch einen „kulturellen Transfer“ für die Nutzung in der<br />

eigenen Kultur zu übersetzen;<br />

e) sie sind grundsätzlich pluralistisch sowie pragmatisch und stellen allein den Patienten und<br />

die Orientierung an ihm in den Mittelpunkt aller Erkenntnis- und Anwendungsbemühungen. 14<br />

Mit diesen Sichtweisen befinden wir uns übrigens in bester Gesellschaft mit den größten Köpfen<br />

der Medizingeschichte. Dass der Arzt und Journalist Harro Albrecht sich in seinem<br />

Pamphlet in „Die Zeit“ und der Ablehnung der komplementären Medizin ausgerechnet auf<br />

Rudolf Virchow beruft, zeigt ein weiteres Mal und in trauriger Weise, dass die Geisteswissenschaften<br />

im Medizinstudium keine Rolle mehr spielen und selbst die Geschichte des eigenen<br />

Faches nicht mehr richtig vermittelt wird. Der Medizinhistoriker und Virchowkenner Christian<br />

Andree hat nämlich in einer umfangreichen Archivarbeit nachgewiesen, dass das wirkliche<br />

Schaffen und Denken <strong>von</strong> Virchow keineswegs so banalisiert werden kann, wie das einige<br />

Schulmediziner auf der Suche nach eigenen Gründungsmythen tun. Dazu einige Beispiele aus<br />

den Äußerungen <strong>von</strong> Virchow, der eben sowohl Mediziner als auch Arzt war. 15<br />

Im Jahr 1899 schrieb er:<br />

„Die Theorie der ‚Heilkunst’ geht daher am sichersten aus <strong>von</strong> der sogenannten Naturheilung<br />

oder ‚freiwilligen’ Heilung, wie sie sich schon ohne Zuthun des Arztes und ohne Anwendung<br />

<strong>von</strong> ‚Mitteln’ vollzieht. (...) und wenn es gelingt, ihren Verlauf und ihre Bedingungen zu erkennen,<br />

so ist nichts natürlicher, als dass der Arzt versucht, diesen Verlauf in normaler und<br />

zuträglicher Weise zu gestalten und die Bedingungen dazu herzustellen. Dann wird er nach<br />

der uralten Vorschrift minister naturae, nicht Herr, sondern Diener der Natur.“<br />

Was die Ethnomedizin betrifft, so ist auf Virchows umfassendes Interesse für andere Völker<br />

und – damit einhergehend – sein spezielles Interesse für besondere medizinische Heilungsmethoden<br />

in fremden Kulturen hinzuweisen. Wie die zwischen 1870 und 1902 erschienenen<br />

Veröffentlichungen vieler Mediziner und Naturforscher in den Verhandlungen<br />

der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte sowie in der Zeitschrift<br />

für Ethnologie belegen, hat Virchow alternativ- und ethnomedizinische Studien angeregt<br />

und ihre Erforschung stark gefördert.<br />

14 Weiteres zum grundlegenden Konzept in meinem Beitrag: Transkulturelle Gesundheitswissenschaften: Eine<br />

kulturwissenchaftliche Neurorientierung der Medizin? In: <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong>, Ursula Bock (Hg.): Semiotische<br />

Weltmodelle. Mediendiskurse in den Kulturwissenschaften. Festschrift für Eckhard Höfner zum 65. Geburtstag.<br />

(= Semiotik der Kultur/ Semiotics of Culture, Bd. 8). Münster 2010. S. 517-529.<br />

15 Quellen und weiterführende Hinweise dazu in meinem Text: Rudolf Virchow und die transkulturellen Gesundheitswissenschaften.<br />

<strong>Grußwort</strong> zum Symposium Neue Beiträge <strong>zur</strong> Virchow-Forschung aus Anlass des 70.<br />

Geburtstags <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. Christian Andree. In: Rudolf Virchow. Sämtliche Werke. Abt. V - Virchowiana -<br />

Materialien und Dokumente. Herausgegeben <strong>von</strong> Christian Andree. Band V,1: Neue Beiträge <strong>zur</strong> Virchow-<br />

Forschung. Festschrift zum 70. Geburtstag <strong>von</strong> Christian Andree. Mit einem Anhang "Editionen in der Wissenschaftsgeschichte".<br />

Herausgegeben <strong>von</strong> Ingo Wirth. 2010. S. 1-11.


<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />

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11. September 2010 in Frankfurt am Main<br />

Schließlich finden sich bei Virchow außerordentlich zahlreich und deutlich Äußerungen zum<br />

Pluralismus, Pragmatismus sowie <strong>zur</strong> Patientenorientierung in der Medizin. Für Virchow waren<br />

grundsätzlich alle Mittel legitim, die dazu beitragen, das Ziel „Gesundheit“ zu erreichen.<br />

Virchow schrieb 1888:<br />

„In einer so verzweifelten Lage, wie sie durch das Auftreten des Carcinoms für einen Menschen<br />

geschaffen wird, ist man berechtigt, auch solche Mittel zu versuchen, <strong>von</strong> deren Wirksamkeit<br />

man sich kein klares Bild entwerfen kann. Hier ist das Feld für therapeutische Versuche,<br />

natürlich nicht für Versuche mit jedem, <strong>von</strong> irgend einem Schwärmer oder gar Abenteurer<br />

vorgeschlagenen Mittel, aber wohl mit solchen Mitteln, für deren Wirksamkeit einigermaassen<br />

beglaubigte Beobachtungen beigebracht sind. Ausser den frischen und begrenzten<br />

Carcinomen, die man mit dem Messer oder mit einem anderen Zerstörungsmittel<br />

angreifen kann, giebt es eine so grosse Zahl <strong>von</strong> bösartigen Geschwülsten, denen gegenüber<br />

jedes operative Eingreifen hoffnungslos ist, dass es an Gelegenheit <strong>zur</strong> Nachprüfung medicamentöser<br />

Stoffe nie fehlt.“<br />

Nicht zuletzt möchte ich noch darauf hinweisen, wie sehr Virchow um einen Ausgleich der<br />

medizinischen Schulen, eine Verbindung der zentralen Heilungskomponenten Erfahrung und<br />

Wissenschaft, ein gegenseitiges Sich-Befruchten <strong>von</strong> Naturheilkunde und naturwissenschaftlich<br />

ausgerichteter Medizin bemüht war. 1875 erklärte er nämlich:<br />

„Jede äussere Einwirkung ist nur ein Mittel, um die innere Einrichtung des Körpers, die Physis<br />

zu freier und geordneter Thätigkeit <strong>zur</strong>ückzuführen. So löst sich der Gegensatz der Schulen.<br />

Kein Arzt darf nur auf die Natur rechnen, aber auch kein Arzt kann das durch Kunst herstellen,<br />

was <strong>von</strong> selbst im Körper vorgeht. (...) Wie viel in der einzelnen Krankheit die Natur<br />

leisten kann, wie viel der Arzt zu leisten hat, das läßt sich nur aus der Erfahrung ableiten, und<br />

kein Schulsystem vermag das a priori zu berechnen. Wie weit dagegen in dem einzelnen Falle<br />

ärztlich zu handeln, wie weit der natürliche Hergang durch den Arzt zu beeinflussen ist, das<br />

ist nicht bloß eine Sache der Erfahrung, sondern häufig genug eine Sache der wissenschaftlichen<br />

Schätzung, welche nur der gebildete Arzt<br />

vorzunehmen im Stande ist.“<br />

Und weiter: „Mag der eine durch die anatomische Untersuchung des Krankhaften, der andere<br />

durch die klinische Beobachtung der Vorgänge, der dritte durch das pathologische<br />

und der vierte durch das therapeutische Experiment, einer durch chemische oder physikalische<br />

und wieder ein anderer durch historische Forschungen vorwärts zu schreiten suchen: die<br />

Wissenschaft ist gross genug, alle diese Richtungen gewähren zu lassen, wenn sie nicht exclusiv<br />

sein wollen, wenn sie nicht ihre Grenzen überschreiten, wenn sie nicht<br />

Alles zu leisten prätendiren“.<br />

Soweit Virchow, der – wenn man ihn dann wirklich mal liest – durchaus auch als Urvater<br />

einer integrierten Medizin herhalten kann, der es nicht um Ab- und Ausgrenzung sondern um<br />

das sich gegenseitige Ergänzen geht.<br />

Bezugs- und Ausgangspunkt unseres Studiengangs sind aber nicht nur die Klassiker der Medizin,<br />

sondern wir können uns durchaus auch auf Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation<br />

und des Gesetzgebers in Deutschland berufen. Auch das scheinen die eifrigen Redakteure<br />

irgendwie nicht mitbekommen zu haben und greifen wieder einmal in die Mottenkiste des<br />

Homöopathiestreits, der mittlerweile so alt wie überflüssig geworden ist.


<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />

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Mit unserem Studiengang erfüllen wir Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation, die <strong>von</strong><br />

dieser in ihrer „Bejing Declaration“ <strong>von</strong> der 61. Versammlung als verbindlich beschlossen<br />

wurden. Diese WHO-Erklärung weist mit deutlichen Worten darauf hin, dass natürliche und<br />

traditionelle Medizinsysteme bevorzugt beforscht und auf ihre Nützlichkeit hin untersucht<br />

werden sowie dort – wo sinnvoll – in die medizinische Versorgung der Mitgliedsländer integriert<br />

werden sollen. 16 In § 2 des deutschen Sozialgesetzbuches V wurde der Begriff der „besonderen<br />

Therapierichtungen“ bereits 1989 eingeführt; wörtlich heißt es in Absatz 1: „Behandlungsmethoden,<br />

Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht<br />

ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten<br />

Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu<br />

berücksichtigen“ sowie weiter in Absatz 3: „Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre<br />

Vielfalt zu beachten.“<br />

<strong>Dr</strong>. Ernst Boxberg, Fachanwalt für Medizinrecht, weist darauf hin, dass der Gesetzgeber als<br />

besondere Therapierichtungen zwar ausdrücklich homöopathische, phytotherapeutische und<br />

anthroposophische Arznei- und Heilmittel nennt, aber – wie die Ausschussbegründung zu<br />

diesen gesetzlichen Tatbeständen zeigt – an die Naturheilkunde im weiteren Sinne gedacht<br />

hat, sich also noch nicht wirklich festgelegt, was konkreter Inhalt der komplementärmedizinischen<br />

Elemente sein soll. Boxberg zählt <strong>zur</strong> Komplementärmedizin fünf große Bereiche: a)<br />

Mind Body Medicine als Erweiterung der geistigen Fähigkeit <strong>zur</strong> Beeinflussung körperlicher<br />

Funktionen und Symptome durch Meditation, mentales Heilen und künstlerische Methoden;<br />

b) biologisch fundierte Methoden (natürliche Methoden wie Kräuter, Nahrungsmittel und<br />

Vitamine); c) manipulative körperbezogene Methoden (bei denen Körperteile manipuliert<br />

oder bewegt werden, wie in der Massage, der Osteopathie oder der Chiropraktik); d) energetische<br />

Methoden (die Biofeldtherapien und bioelektromagnetische Therapien anwenden); e)<br />

ganze Medizinsysteme (Homöopathie und Anthroposophie sowie die Systeme der TCM oder<br />

die ayurvedische Medizin). 17<br />

Vor diesem allgemeinen Hintergrund stehen im Fokus unseres Studiengangs Verfahren aus<br />

der komplementären Medizin, die nicht (oder nur zu wenig) im Rahmen der Hochschulmedizin<br />

gelehrt und beforscht werden. Dazu gehören vor allem Naturheilverfahren und Homöopathie<br />

sowie Traditionelle Chinesische Medizin. Unser diesbezügliches Pflichtmodul bieten wir<br />

unter der Bezeichnung „Biologische Medizin“ in Kooperation mit der „Internationalen Gesellschaft<br />

für Biologische Medizin“ an – ein Curriculum das <strong>von</strong> dem WHO-Institut der Universität<br />

Mailand zertifiziert wurde und damit einer entsprechenden Qualitätskontrolle unterliegt.<br />

18 Das andere Pflichtmodul, für das unser Institut ein Curriculum erarbeitet hat, steht<br />

unter dem Namen „Sprache – Kommunikation – Kultur“ und erhebt den Anspruch, die komplementäre<br />

Medizin mit der „sprechenden Medizin“ zu verbinden sowie moderne Medizin<br />

und Heilkunst in ihrer kulturellen Vielfalt miteinander zu verbinden.<br />

Damit greifen wir gerade das auf, was <strong>Prof</strong>. Borasio, der an der Universität München Palliativmedizin<br />

lehrt, am 11. März 2009 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung in seinem Artikel<br />

16 Der Wortlaut der Erklärung findet sich unter:<br />

http://www.who.int/medicines/areas/traditional/congress/en/index.html<br />

17 Dies entspricht in etwa dem Ordnungsschema des National Center for Complementary and Alternative Medicine<br />

(NCCAM) am National Institutes of Health (NIH) in den USA.<br />

18 Zertifizierung durch und unter Patronat <strong>von</strong>: WHO-Zentrum für traditionelle Medizin, Universitá degli Studi<br />

di Milano, Direktor: <strong>Prof</strong>essor <strong>Dr</strong>. med. Umberto Solimene. Der italienische Titel lautet: Corso di Perfezionamento<br />

in: „Fondamenti Razionali e Critici delle Tecnologie Biomediche nelle Medicine Complementari“. Informationen<br />

unter: http://www.naturmed.unimi.it/corso_tre.html


<strong>Grußwort</strong> <strong>von</strong> <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Hartmut</strong> <strong>Schröder</strong> <strong>zur</strong> <strong>Eröffnung</strong> des<br />

Symposiums Komplementäre Augenheilkunde – Eine Chance für Patienten und deren Ärzte.<br />

11. September 2010 in Frankfurt am Main<br />

zum Thema „Bildung und ärztliches Handeln“ eingefordert hat, in dem er sich damit beschäftigt,<br />

wie man den Arzt lehrt, Arzt zu sein. Er schreibt, „dass die deutschen Universitäten zwar<br />

technisch einigermaßen gut ausgebildete, aber mehrheitlich ungebildete Mediziner produzieren.“<br />

Borasio formuliert – vielleicht etwas überspitzt: „Bildung ist der Unterschied zwischen<br />

dem Mediziner und dem Arzt.“<br />

Er schreibt weiter: „Während bis etwa <strong>zur</strong> Mitte des vorigen Jahrhunderts eine humanistische<br />

Bildung als die beste Voraussetzung für ein Medizinstudium galt, wurden es nach und nach<br />

immer mehr die Absolventen naturwissenschaftlich ausgerichteter Gymnasien, welche das<br />

Bild prägten. Allgemeinbildung, Interesse für außermedizinische Fachgebiete, die bei der<br />

Aufnahme-Prüfung für die Harvard Medical School eine große Rolle spielten, sind in Zeiten<br />

des heiligen St. Numerus Clausus nicht gefragt. (...) Wie wichtig aber gerade humanistische<br />

Bildung ist, zeigt die Praxis der heutigen Medizin, in der Entscheidungsprozesse so komplex<br />

und <strong>von</strong> so vielen nichtmedizinischen Variablen abhängig sind, dass als höchstes medizinethisch-praktisch<br />

erreichbares Ziel das „muddling through elegantly“ das „elegante Durchwursteln“<br />

bezeichnet wird. Die Determinanten ärztlichen Handelns sind nicht mehr nur medizinische<br />

oder gar wissenschaftlicher Natur, sondern zunehmend auch ethischer, juristischer<br />

und ökonomischer Natur, das Ganze eingebettet in einem zunehmend multikulturellen Kontext<br />

und sich rasch Wandelnde Gesellschaftsstrukturen.“ 19<br />

In diesem Zusammenhang bedauert Borasio „die Abspaltung der medizinischen Fakultäten<br />

hin zu eigenständigen, <strong>von</strong> den Ursprungsuniversitäten losgelösten medizinischen Hochschulen“,<br />

die gravierende Folgen für die Gesundheitsversorgung hat. Mit unserem Studiengang<br />

wächst nun wieder das zusammen, was auch zusammen gehört: die Medizin auf der einen<br />

Seite und die Geistes- bzw. –modern ausgedrückt – die Kulturwissenschaften auf der anderen<br />

Seite. Humanistische Bildung, Gesprächsführung, psychosoziale Kompetenz, die Begegnung<br />

in verschiedenen Lebenswelten bis hin <strong>zur</strong> Entwicklung der Empathiefähigkeit stehen neben<br />

den medizinischen Teilen im Mittelpunkt unseres Studiengangs: ein Studium der humanen<br />

Medizin und Heilkunst, das weit über das Fach Humanmedizin hinausgeht und die Medizin<br />

wieder an ihre Wurzeln führt. 20 Die Viadrina ist dank ihres interdisziplinären und internationalen<br />

Charakters ein ausgezeichneter Ort für die Durchführung eines solchen Studiengangs.<br />

19 Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. März 2009.<br />

20 Eine ausführliche Beschreibung findet sich auf der Homepage des Studiengangs: www.master-kmkh.eu; weiterführende<br />

Hinweise in meinem Artikel Theoretische Aspekte der Arzt-Patienten-Interaktion. In: Der gute Arzt<br />

aus interdisziplinärer Sicht. Ergebnisse eines Expertentreffens. Essen 2010. S. 93-117.

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