18 Textbuch <strong>PFORZHEIM</strong> <strong>IN</strong> <strong>AUFRUHR</strong> Gösslin. Es ist nicht das meine. Markgraf (schreit und packt Gösslin am Kragen). Aber deine Schuld wird es sein, wenn der andere, den ich schicke, härter dreinfährt. (Pause.) Gösslin. Wenn du das fürchtest, wirst du es verhüten. Mir ist nicht bange. Black
Textbuch <strong>PFORZHEIM</strong> <strong>IN</strong> <strong>AUFRUHR</strong> 9 (Pforzheim, Marktsituation. Lebhaftes Hin- und Hergelaufe. Hauptmann Schornstetten, Leutnant Weinschenk, drei Soldaten mischen sich darunter, Trompetenstoß, Schornstetten besteigt eine erhöhte Position, allgemeine Aufmerksamkeit.) Schornstetten. Bürger Pforzheims! Der Markgraf ist am Ende seiner Geduld. Ihr habt beharrlich alle Befehle und Verordnungen seiner Fürstlichen Gnaden missachtet, euch als eidvergessen und rebellisch erwiesen und somit künftighin jegliche Nachsicht verspielt. - In diesem Schreiben (Zeigt es.) macht der Markgraf allen Bürgern, die sich von der Konspiration lösen wollen, weil sie durch Zwang und Drohung der Rädelsführer und ihres Anhangs und nicht aus freien Stücken sich dem Aufruhr angeschlossen haben, das Angebot, den strengen Weg der peinlichen Halsgerichtsordnung zu vermeiden, indem sie ins Schloss hinaufkommen und ihre Namen in eine Liste eintragen lassen. Dafür, so schreibt der Markgraf, „sind Wir gnädig entschlossen dieselben wiederum zu Gnaden und in Schutz und Schirm aufzunehmen.“ - So, jetzt wisst ihr, woran ihr seid. (Während der Rede Schornstettens haben sich einige Räte, Grieninger, Hans Aichelin, Deimling, auch der Bürgermeister Simmerer und der Advokat Ebertz in seine Nähe geschoben.) Simmerer. Herr Hauptmann von Schornstetten, bevor wir hier zu einer Entscheidung kommen können, bitte ich im Namen des Rates und der Bürger um Aushändigung des markgräflichen Schreibens. Damit wir uns gegen die vielen Irrtümer und Entstellungen verteidigen können, ist es nötig, dass wir den Wortlaut genau studieren können. Schornstetten. Nichts da. Kommt nicht in Frage. Was wichtig ist, habe ich euch gesagt. - Oder wollt ihr mich gar der Verdrehung des markgräflichen Wortes bezichtigen? Deimling. Au letz! Gerwig. Sauhund! Simmerer. Mitbürger, ihr habt es gehört. Es wird verlangt, dass wir klein beigeben und die oder einen sogenannten Rädelsführer ausliefern sollen. Mehrere. Pfui, niemals! Simmerer (der sich kurz mit den Räten verständigt hat). Herr Hauptmann, Rat und Bürger dieser Stadt stellen den Huldigungseid gegenüber Fürstlichen Gnaden in keiner Weise in Frage; unser Widerstand betrifft einzig die Erhaltung der Religion. Der Religionseid ist Gott geschworen, kann also von keinem Menschen aufgelöst werden. Wir bitten dringlich um die Wiedereinsetzung eines lutherischen Superintendenten. Im Übrigen bitten wir erneut um Einsicht in das markgräfliche Schreiben. Schornstetten (flüstert mit Weinschenk). Ich kann dem Wunsch des Rates nicht entsprechen. Anna L. Doktor Ebertz soll reden, der Advokat. Ebertz. Es ist in aller Welt rechtens, dass man den Betroffenen die Anklage oder Botschaft abschriftlich übergibt. Wenn der Herr von Schornstetten sich weigert, so tut er der Ehrlichkeit der Sache einen schlechten Dienst. Es kann vieles vorgelesen werden, was nicht im Text steht und vieles ausgelassen werden, was darin steht. Schornstetten. Ich danke dem Advokaten. Er hat mich mit seiner Einlassung an seine Existenz erinnert und mir gezeigt, wie er hier so die Rolle des Sauerteigs spielt. Das war mir sehr interessant. - Äh - ja, was wollt ich noch sagen: Also heute Nachmittag von zwei Uhr an werdet ihr euch im Schloss einfinden und zur Liste melden. Und ich befehle euch im Namen seiner Fürstlichen Gnaden, euch jeden Verkehrs mit diesem hier anwesenden Doktor Ebertz, dessen Advokatenschliche euch schon tief genug in den Dreck geführt haben zu enthalten. - (Schweigen.) - Wäre sonst noch was? 19