Jahresbericht 2011 - VSP BL
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«Wir schauen, was die Leute brauchen,<br />
dann machen wir es möglich!» – Das Netzwerk<br />
«Arbeit und Tagesstruktur» im <strong>VSP</strong> <strong>BL</strong><br />
Arbeiten ist ein zentraler Bestandteil unseres Lebens. Arbeit<br />
gibt uns Inhalt, Struktur, Identität, finanzielle Absicherung.<br />
Arbeit gibt uns gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz.<br />
Der <strong>VSP</strong> <strong>BL</strong> wurde in den vergangenen Jahren mit einem<br />
konstant steigenden Bedürfnis nach mehr sowie diversifizierteren<br />
Arbeitsangeboten konfrontiert. In einem gemeinsamen<br />
Gespräch versuchen Fredi Kaiser, <strong>VSP</strong>Verbundsleiter unteres<br />
Baselbiet, Fredy Ruch, Standortleiter Tageszentrum Werkhalle<br />
und Thomas Grams, Standortleiter Werkplatz, den Begriff<br />
Arbeit, dessen Bedeutung und das entsprechende Angebot<br />
des <strong>VSP</strong> <strong>BL</strong> genauer zu beleuchten.<br />
Suchen wir nach der ursprünglichen<br />
Herkunft des Wortes Arbeit, stellt sich<br />
vorerst Ernüchterung ein. Wir stossen<br />
auf Begrifflichkeiten wie Mühe, Beschwernis,<br />
Leiden und sehen damit<br />
wohl einen möglichen Aspekt der<br />
Arbeit, der vielleicht<br />
früher<br />
noch mehr und<br />
ausschliesslicher<br />
Bedeutung hatte.<br />
Zu jener Zeit, als<br />
Arbeit noch harte<br />
körperliche Anstrengungbedeutete<br />
und man in<br />
erster Linie diejenige<br />
Arbeit<br />
ausrichtete, die<br />
einem das Leben zutrug. Ganz anders<br />
heute, wo Arbeit – zumindest in unseren<br />
Breitengraden – im direkten<br />
Zusammenhang mit den persönlichen<br />
Interessen, Fähigkeiten und Vorlieben<br />
stehen soll.<br />
So ist es auch ein zentrales Anliegen<br />
des <strong>VSP</strong> <strong>BL</strong>, seine Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter dort abzuholen,<br />
wo ihre jeweiligen Stärken liegen und<br />
dabei jedes Individuum in seinem<br />
10 <strong>VSP</strong> <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2011</strong><br />
Selbstwert und seiner Selbstbestimmung<br />
zu stärken.<br />
Dies versuchen wir unter Anderem<br />
mit einem breiten Angebot an unterschiedlichen<br />
Arbeitsinhalten und<br />
-formen. Es sind hauptsächlich Tätigkeiten<br />
im handwerklichen, admi nistrativen<br />
oder im hauswirtschaftlichen<br />
Bereich, im Betriebsunterhalt aber<br />
auch im kreativ-künstlerischen Bereich.<br />
Die Arbeitsorte verteilen sich<br />
auf alle Standorte des <strong>VSP</strong> <strong>BL</strong>, hauptsächlich<br />
auf den Werkplatz Liestal,<br />
die Werkhalle in Münchenstein, die<br />
Kunstwerkstatt in Liestal sowie auch<br />
vereinzelt auf externe Firmen. Dabei<br />
kennen wir Festanstellungen mit<br />
einem Arbeitsvertrag und Lohn wie<br />
auch die Beschäftigung im Rahmen<br />
einer Tagesstruktur.<br />
Die verschiedenen Angebote an den<br />
unterschiedlichen Standorten sind<br />
untereinander durchlässig und ergänzend.<br />
Wenn der Einsatz an einem Ort<br />
nicht klappt, schauen wir mit der<br />
betroffenen Person gemeinsam für<br />
einen neuen Arbeitsort oder eine andere<br />
Arbeitsform. Setzt zum Beispiel<br />
ein fester Arbeitsvertrag jemanden<br />
zu sehr unter Druck, kann er oder sie<br />
problemlos in die weniger verbindliche<br />
Form der Tagesstruktur wechseln.<br />
Gut möglich, dass sich die betroffene<br />
Person hier wohler und freier fühlt,<br />
dadurch besser ihre Bedürfnisse erkennen<br />
und diesen vielleicht zu einem<br />
späteren Zeitpunkt erneut im Rahmen<br />
eines geregelten Arbeitsverhältnisses<br />
nachgehen kann. Die Begleitung auf<br />
diesem Weg kann für das Umfeld<br />
bisweilen herausfordernd sein.<br />
Beweglichkeit ist gefragt. Durch professionelle<br />
Beziehungsarbeit, das<br />
In-Kontakt-Sein, Ausprobieren und<br />
simples Erfragen vorhandener Bedürfnisse<br />
und Interessen wird immer wieder<br />
nach neuen, passenden Lösungen<br />
gesucht.<br />
Unsere Angebote sind<br />
untereinander durchlässig<br />
und ergänzend. Klappt der<br />
Einsatz an einem Ort nicht,<br />
schauen wir gemeinsam<br />
für einen neuen Arbeitsort<br />
oder eine andere Arbeitsform.<br />
Unsere Stellen sind weder fix vordefiniert<br />
noch sind sie statisch.<br />
Wir versuchen, die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter aufgrund ihrer Bedürfnisse<br />
einer ihnen entsprechenden<br />
Arbeit und Arbeitsform zuzuführen,<br />
ganz nach dem Credo «Wir schauen,<br />
was die Leute brauchen, dann<br />
machen wir es möglich». Mit dieser<br />
Haltung können die unterschiedlichsten<br />
Persönlichkeiten mit ihren ganz<br />
eigenen Ressourcen erfolgreich am<br />
Lebensbereich Arbeit teilhaben.<br />
So können auch Menschen, welche<br />
über eine sich stark verändernde,<br />
schwankende Arbeits- und Leistungsfähigkeit<br />
ver fügen, langfristig im<br />
Arbeitsprozess gehalten werden.<br />
Jede und jeder erhält einerseits Gelegenheit,<br />
ihre und seine eigenen<br />
Talente und Vorlieben aufzuspüren<br />
und diesen nachzugehen, andererseits<br />
aber auch, per sönliche Grenzen<br />
auszuloten und zu akzeptieren.<br />
So wie beispielsweise bei jenem<br />
Mitarbeiter, welcher etwa während<br />
einem halben Jahr im Werkplatz tätig<br />
war. Er war zufrieden mit der Arbeit<br />
im Werkplatz, formulierte verschiedene<br />
Male, dass es ein grosser<br />
Wunsch von ihm wäre, mit Büchern<br />
zu arbeiten. Da wir dies im <strong>VSP</strong> <strong>BL</strong><br />
nicht anbieten konnten, machte sich<br />
das Team mit dem Mitarbeiter auf<br />
den Weg, dies zu ermöglichen. Verschiedene<br />
Anfragen und Gespräche<br />
wurden geführt. Durch das gemeinsame<br />
Engagement von Mitarbeiter<br />
und Team konnte zusammen mit<br />
der Kantonsbibliothek ein dreimonatiges<br />
Praktikum für den Mitarbeiter<br />
ermöglicht werden.<br />
Wie es danach weitergeht, wissen<br />
alle Beteiligten heute noch nicht.<br />
Ein neues Türchen wird sich erfahrungsgemäss<br />
aber auch hier wieder<br />
öffnen. Und sonst suchen wir es,<br />
bis wir es finden.<br />
«Meine Kolleginnen<br />
und Kollegen<br />
sind Menschen<br />
wie du und ich.»<br />
Um das Thema Arbeit und<br />
Tagesstruktur möglichst von<br />
allen Seiten zu beleuchten,<br />
haben wir Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter aus allen<br />
Bereichen zu ihrer Arbeit<br />
befragt.<br />
Annamarie Gualzata,<br />
Künstlerin,<br />
Kunstwerkstatt<br />
Mein Arbeitsplatz<br />
bedeutet mir das Beste,<br />
was mir in den letzten<br />
10 Jahren passiert ist. Schutz und<br />
Geborgenheit.<br />
Ich arbeite hier weil es viele Möglichkeiten<br />
bietet, wegen der Vielfalt, weil<br />
ich da dazu gehöre, weil ich da daheim<br />
bin.<br />
Montag ist für mich der beste Tag<br />
nach dem Wochenende. Ich freue mich<br />
jedes Mal auf den Montag.<br />
Mein Chef/meine Chefin ist sensationell,<br />
vorbildlich, gleiche Ebene, kein<br />
Bigboss. Er ist auch einer von uns.<br />
Meine Kolleginnen und Kollegen,<br />
mein Team sind alle OK. Auch neue<br />
Leute sind immer willkommen. Ich freue<br />
mich immer, wenn Neue kommen.<br />
An meiner Arbeit mag ich besonders<br />
dass es auch draussen Aktionen gibt,<br />
in der Öffentlichkeit. Dass wir uns nicht<br />
verstecken, uns zeigen. Es gibt für alle<br />
Möglichkeiten.<br />
An stressigen Tagen kann ich auf das<br />
Personal zugehen und darüber reden.<br />
Stressige Tage kann ich an einer Hand<br />
aufzählen.<br />
Wochenende bedeutet für mich<br />
Besuch bei Leuten im Sophie Blocher<br />
Haus. Ich bin dankbar für die Freizeitangebote.<br />
Ohne «Sophie» ist es kahl<br />
und leer und traurig. Ich freue mich wie<br />
gesagt auf Montag.<br />
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