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Absorber in der Ecke - TrockenBau Akustik

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© Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG, Köln 2010. Jede Vervielfältigung und Verbreitung ohne Zustimmung des Verlags ist unzulässig.<br />

TECHNIK | AKUSTIK<br />

AKUSTIK KOMPAKT (39)<br />

<strong>Absorber</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Ecke</strong><br />

Tiefe Frequenzen | Dass Schallabsorber <strong>in</strong> Raumecken und Raumrän<strong>der</strong>n sehr<br />

wirksam se<strong>in</strong> können, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch bei tiefen Frequenzen, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Praxis nicht generell bekannt. Um diesen Effekt verständlich zu machen,<br />

werden <strong>in</strong> diesem Bericht zunächst die physikalischen Zusammenhänge von<br />

unserem <strong>Akustik</strong>-Experten Prof. Dr. Ivar Veit näher erläutert.<br />

In geschlossenen Räumen spielen Eigenresonanzen,<br />

die auf die Ausbildung von<br />

stehenden Wellen zurückzuführen s<strong>in</strong>d,<br />

e<strong>in</strong>e sehr wichtige Rolle. Diese Eigen- o<strong>der</strong><br />

auch Raumresonanzen hängen neben <strong>der</strong><br />

Schallausbreitungsgeschw<strong>in</strong>digkeit c ausschließlich<br />

von den Abmessungen <strong>in</strong> allen<br />

drei Raumrichtungen ab. Geht man davon<br />

aus, dass die Raumwände für den sich ausbreitenden<br />

Schall schallharte Begrenzungsflächen<br />

darstellen, und die wandnormalen<br />

Schallschnellekomponenten dabei gleich<br />

null werden, so bekommt man für e<strong>in</strong>en<br />

qua<strong>der</strong>förmigen Rechteckraum – theoretisch<br />

unendlich viele – Resonanzfrequenzen<br />

(siehe auch [3]):<br />

⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯⎯<br />

c nx ƒ √ Eigen = ƒn , n , n x y z = ·<br />

(1)<br />

2<br />

ny + 2<br />

nz + 2<br />

2 l l l x y z<br />

n , n , n = Ordnungszahl <strong>der</strong> Eigen-<br />

x y z<br />

schw<strong>in</strong>gung (n = 1, 2, 3…)<br />

l , l , l = Raumabmessung <strong>in</strong> den<br />

x y z<br />

Raumrichtungen x, y, z<br />

30<br />

ABBILDUNG 1<br />

( ) ( ) ( )<br />

Genauso wie das von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>dimensionalen<br />

Schallausbreitung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schallhart<br />

abgeschlossenen Rohr, z. B. e<strong>in</strong>em<br />

Impedanzmessrohr, her bekannt ist, wo <strong>der</strong><br />

Schalldruck am Rohrende zu e<strong>in</strong>en Maximalwert<br />

ansteigt [4] (siehe dazu Abbildungen<br />

1a und b), kommt es auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dreidimensionalen<br />

(Rechteck-)Raum zur Ausbildung<br />

erhöhter Schalldruckwerte an allen<br />

Raumbegrenzungsflächen. Abbildungen 1c<br />

und 1d veranschaulichen das recht deutlich<br />

für den zweidimensionalen Fall. (Auf die<br />

grafische Darstellung e<strong>in</strong>es dreidimensionalen<br />

Stehwellenfeldes ist hier aus Gründen<br />

<strong>der</strong> schwierigeren Darstellbarkeit verzichtet<br />

worden).<br />

In sämtlichen E<strong>in</strong>zeldarstellungen <strong>der</strong> Abbildung<br />

1, sowohl für die Grundmode (n =<br />

1) als auch für die Moden höherer Ordnung<br />

(n > 1), durchläuft die Schalldruckverteilung<br />

Maxima und M<strong>in</strong>ima. Die Maxima f<strong>in</strong>det<br />

man dabei stets an den Begrenzungsflächen<br />

und ganz beson<strong>der</strong>s ausgeprägt <strong>in</strong> den <strong>Ecke</strong>n<br />

e<strong>in</strong>es Raumes.<br />

Abb. 1 Beispiele für die Schalldruckverteilung<br />

(p) <strong>in</strong> geschlossenen,<br />

akustisch angeregten Rechteckräumen<br />

mit parallel gegenüberliegenden<br />

Wänden, und zwar<br />

von e<strong>in</strong>- und zweidimensionalem<br />

Schw<strong>in</strong>gungstyp [2].<br />

a) 2. Mode <strong>in</strong> x-Richtung,<br />

b) 4. Mode <strong>in</strong> x-Richtung,<br />

c) 1. Mode <strong>in</strong> x- und <strong>in</strong> y-Richtung,<br />

d) anschaulichere Darstellung des<br />

Teilbildes c).<br />

Noch anschaulicher kommt dieser Sachverhalt<br />

<strong>in</strong> Abbildung 2 zum Ausdruck. Dort<br />

zeigen drei rechnerisch bestimmte Schalldruckverteilungen<br />

für tiefe, für mittlere und<br />

für hohe Frequenzen die räumliche Verteilung<br />

des Schalldrucks bzw. Schalldruckpegels<br />

<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s anschaulicher Form.<br />

Der dieser Berechnung zugrunde liegende<br />

Raum hat die Abmessungen: 5 × 4 × 3 m [5].<br />

In diesen Grafiken erkennt man für alle drei<br />

Frequenzbereiche e<strong>in</strong>e Erhöhung des Schalldrucks<br />

an den Raumkanten und Raumecken.<br />

Im Bereich tiefer Frequenzen und den damit<br />

verbundenen deutlich größeren Wellenlängen<br />

ragen die Schalldruckerhöhungen viel<br />

weiter <strong>in</strong> den Raum h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, als das bei mittleren<br />

o<strong>der</strong> höheren Frequenzen <strong>der</strong> Fall ist,<br />

so dass es gerade <strong>in</strong> den Raumecken zu entsprechend<br />

ausgeprägten Druckpegelerhöhungen<br />

kommt, siehe dazu Abbildung 2a.<br />

Tiefe Frequenzen lassen sich <strong>in</strong><br />

Raumecken besser absorbieren<br />

Ganz nebenbei: Raumecken s<strong>in</strong>d im Übrigen<br />

auch <strong>in</strong> an<strong>der</strong>er H<strong>in</strong>sicht akustisch sehr bedeutsam.<br />

Dort bilden sich Schalldruckmaxima<br />

nicht nur bei <strong>der</strong> Grundmode (n x = n y<br />

= n z = 1) aus, son<strong>der</strong>n auch bei allen Moden<br />

höherer Ordnung. Aus diesem Grunde sollte<br />

man z. B. die Lautsprecherboxen e<strong>in</strong>er Stereoanlage<br />

nach Möglichkeit nicht <strong>in</strong> Raumecken<br />

aufstellen, da man von dort aus neben<br />

<strong>der</strong> erwünschten Musikdarbietung auch<br />

noch nicht erwünschte Eigenresonanzen des<br />

betreffenden Raumes zu hören bekommt.<br />

Die hier bislang geschil<strong>der</strong>ten Schalldruck-<br />

bzw. Schalldruckpegelerhöhungen entlang<br />

von Raumkanten und ganz beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong><br />

Raumecken lassen sich umgekehrt auch zu<br />

e<strong>in</strong>er gezielten Pegelm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung „umfunktionieren“,<br />

nämlich durch Anbr<strong>in</strong>gung von<br />

geeigneten Schallabsorbern <strong>in</strong> eben diesen<br />

Raumbereichen. Man kann auf diese Weise<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Frequenzbereich zwischen 100 und<br />

315 Hz (um bei den <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bauakustik üblichen<br />

Frequenzen zu bleiben) e<strong>in</strong>e Erhöhung<br />

<strong>der</strong> äquivalenten Absorptionsfläche A um<br />

bis zu 20 % (!) erzielen [5].<br />

So ganz neu ist diese Erkenntnis übrigens<br />

nicht. Sie wurde bislang aber viel zu wenig<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis umgesetzt. E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> ersten Veröffentlichungen,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> auf diesen Effekt h<strong>in</strong>gewiesen<br />

wurde, stammt von Olson und May<br />

[6] bereits aus dem Jahre 1953!<br />

Kommen wir abschließend zur Praxis: An<br />

welchen Stellen e<strong>in</strong>es rechteckigen Raumes<br />

<strong>TrockenBau</strong> <strong>Akustik</strong> � 4.2010


© Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG, Köln 2010. Jede Vervielfältigung und Verbreitung ohne Zustimmung des Verlags ist unzulässig.<br />

Werkfoto <strong>der</strong> Fa. Hanno, 30880 Laatzen<br />

Die Bil<strong>der</strong> stammen aus e<strong>in</strong>er Arbeit von F. Zickmantel [5]; sie wurden dem Autor freundlicherweise zur Verfügung gestellt.<br />

ABBILDUNG 3<br />

man Schallabsorber vorzugsweise<br />

anbr<strong>in</strong>gen sollte,<br />

um auch tiefe Frequenzen<br />

wirksam zu absorbieren,<br />

wurde <strong>in</strong> den vorausgegangenen<br />

Ausführungen<br />

beschrieben. Bleibt nur<br />

noch die Frage nach geeignetemAbsorptionsmaterial<br />

für den praktischen<br />

Abb. 3 Kulissen-Schallabsorber aus offenporigem Schaumstoff auf E<strong>in</strong>satz. E<strong>in</strong> dafür sehr gut<br />

Melam<strong>in</strong>harzbasis, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Abstand von etwa 500 mm leicht an geeignetes Material ist of-<br />

Decken von Werkhallen, Großraumbüros und an<strong>der</strong>en hohen<br />

fenporiger Schaumstoff auf<br />

Räumen nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>hängend montiert werden können und die<br />

sich durch e<strong>in</strong> sehr hohes Absorptionsvermögen bei tiefen, aber auch Melam<strong>in</strong>harzbasis, wie er<br />

im Bereich mittlerer Frequenzen auszeichnen. Je dichter die Kulissen z. B. unter <strong>der</strong> Bezeichnung<br />

nebene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>hängen, desto höher kann ihre Wirkung werden. Basotect von BASF hergestellt<br />

und angeboten wird.<br />

Dieses Material wird <strong>in</strong> di-<br />

ABBILDUNG 2<br />

versen Formen und Ausführungen auch von<br />

an<strong>der</strong>en Firmen bearbeitet und vertrieben,<br />

siehe auch Abbildung 3. So lassen sich aus<br />

diesem o<strong>der</strong> gleichwertigen Materialien <strong>Absorber</strong><br />

gestalten, die sowohl <strong>in</strong> Raumrän<strong>der</strong>n<br />

bzw. Raumkanten als auch <strong>in</strong> Raumecken<br />

e<strong>in</strong>gebracht sehr effektiv zur Geräuschm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

<strong>in</strong> geschlossenen Räumen e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden können.� �<br />

Abb. 2 Berechnete Schalldruckverteilung <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em geschlossenen, akustisch angeregten<br />

Rechteckraum mit schallharten Wänden und<br />

den Abmessungen 5 × 4 × 3 m <strong>in</strong> den<br />

Frequenzbereichen von etwa: a) 20 … 200 Hz<br />

b) 200 … 600 Hz und c) 1 … 2 kHz.<br />

Man erkennt dar<strong>in</strong> sehr deutlich die Erhöhung<br />

des Schalldrucks an den Raumrän<strong>der</strong>n und<br />

ganz beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> den Raumecken. Das gilt vor<br />

allem im Bereich <strong>der</strong> tieferen Frequenzen;<br />

siehe Teilbild a).<br />

<strong>TrockenBau</strong> <strong>Akustik</strong> � 4.2010<br />

LITERATUR<br />

[1] Becker, B.: An den Rän<strong>der</strong>n die Tiefen geschluckt,<br />

Trockenbau <strong>Akustik</strong>, Nr. 11, 2009,<br />

S. 42–44<br />

[2] Veit, I.: Das Phänomen Infraschall, Hörakustik,<br />

Nr. 11, 2009, S. 8–13<br />

[3] Veit, I.: Die Nachhallzeiten RT60, RT30 und<br />

EDT, Trockenbau <strong>Akustik</strong> Nr. 7, 2009, S. 38–39<br />

[4] Veit, I.: Der Schallabsorptionsgrad α,<br />

Trockenbau-<strong>Akustik</strong>, Nr. 2, 2007, S. 34–35<br />

[5] Zickmantel, F.: Vorteile modularer <strong>Akustik</strong>systeme<br />

im Zusammenspiel mit mo<strong>der</strong>nen<br />

Bautrends, Abstract 0708, SilenceSolutions<br />

GmbH, Köln<br />

[6] Olson, H. F. und May, E. G.: Electronic Sound<br />

<strong>Absorber</strong>, Journal of the Acoustical<br />

Society of America, Nov. 1953, S. 1130 ff.<br />

Autor<br />

Prof. Dr.-Ing. Ivar Veit ist <strong>Akustik</strong>er und<br />

Sachverständiger mit Büros <strong>in</strong> Nauheim<br />

(Groß Gerau) und Riga (Lettland). An <strong>der</strong><br />

FH Wiesbaden/Rüsselsheim hat er e<strong>in</strong>en<br />

Lehrauftrag für <strong>Akustik</strong>.<br />

E-Mail: i.veits@gmx.net<br />

www.trockenbau-akustik.de<br />

› Archiv<br />

– Schallabsorption

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