Lionel Bringuier - Münchner Philharmoniker
Lionel Bringuier - Münchner Philharmoniker
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<strong>Lionel</strong> <strong>Bringuier</strong><br />
Renaud Capuçon<br />
Mittwoch, 11. Mai 2011, 19 Uhr<br />
Donnerstag, 12. Mai 2011, 20 Uhr
KOMPOSITION AUS GOLD UND BRILLANTEN<br />
FÜR IHRE schönsteN Erinnerungen!<br />
DER Fridrich-Memoire<br />
750/– Gelbgold, Weißgold oder Roségold,<br />
jeder Ring mit Brillanten,<br />
zusammen ca. 0,70 ct. weiß lupenrein<br />
je EUR 1.595,–<br />
seit 1864<br />
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www.fridrich.de
Henri Dutilleux<br />
„Métaboles“ (Wechselspiele)<br />
für Orchester<br />
1. „Incantatoire“ – 2. „Linéaire“<br />
3. „Obsessionnel“ – 4. „Torpide“<br />
5. „Flamboyant“<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy<br />
Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64<br />
1. Allegro molto appassionato – 2. Andante<br />
3. Allegretto non troppo – Allegro molto vivace<br />
Zoltán Kodály<br />
„Galántai táncok“ (Tänze aus Galánta)<br />
für Orchester<br />
Igor Strawinsky<br />
„L’Oiseau de Feu“ (Der Feuervogel)<br />
Orchestersuite (Fassung 1919)<br />
1. Introduction – 2. L’Oiseau de Feu et sa Danse – 3. Variations de l’Oiseau de Feu<br />
4. Ronde des Princesses – 5. Danse infernale du Roi Kastchei – 6. Berceuse – 7. Final<br />
<strong>Lionel</strong> <strong>Bringuier</strong> Dirigent<br />
Renaud Capuçon Violine<br />
Mittwoch, 11. Mai 2011<br />
5. Jugendkonzert<br />
Donnerstag, 12. Mai 2011<br />
5. Abonnementkonzert g5<br />
S pi elzeit 2 010 / 2 011<br />
113 . S pi elzeit seit d er G r ün dung 18 9 3<br />
Christ ia n T hielemann G eneralmusikdir ek tor<br />
Pau l Mü l ler Intendant
Henri Dutilleux<br />
(geboren 1916)<br />
„Métaboles“ (Wechselspiele)<br />
für Orchester<br />
1. „Incantatoire“ (Beschwörend)<br />
2. „Linéaire“ (Linienförmig)<br />
3. „Obsessionnel“ (Besessen)<br />
4. „Torpide“ (Betäubt)<br />
5. „Flamboyant“ (Lodernd)<br />
Hen r i D ut illeu x : „ Mét a boles“<br />
Einzelgänger und Grandseigneur<br />
Martin Demmler<br />
– 4 –<br />
Lebensdaten des Komponisten<br />
Geboren am 22. Januar 1916 in Angers /<br />
Frankreich.<br />
Entstehung<br />
Die fünfsätzigen, aber pausenlos ineinander<br />
übergehenden „Métaboles“ entstanden<br />
1962 bis 1964 als Auftragskomposition zum<br />
40-jährigen Bestehen des Cleveland Orchestra.<br />
Der aus der Rhetorik stammende Begriff<br />
„Metabole“ bezeichnet in einem Text unerwartete<br />
Wechsel in Stil, Wortwahl oder Versart;<br />
Dutilleux übertrug ihn auf die Textur<br />
seiner Musik.<br />
Widmung<br />
George Szell (1897–1970), dem Auftraggeber<br />
und Uraufführungsdirigenten der „Métaboles“.<br />
Uraufführung<br />
Am 14. Januar 1965 in Cleveland, Ohio /<br />
USA (Cleveland Orchestra unter Leitung<br />
von George Szell).
Klangfarbenreichtum und Dezenz<br />
„In meiner Musik besitze ich viel Sinn und Gefühl<br />
für Farbe. Ich bin wahrscheinlich sehr viel<br />
stärker durch die Malerei meiner Epoche als<br />
durch die Literatur beeinflusst.“ Henri Dutilleux,<br />
der große Einzelgänger der französischen<br />
Musik im 20. Jahrhundert, ist ein Meister der<br />
Instrumentation und der Klangfarbe. Seine<br />
Musik wirkt stets wie durch einen dezent farbigen<br />
Glasfilter betrachtet. Pathos oder plakative<br />
Direktheit sucht man in seinem Œuvre vergebens.<br />
Dutilleux übt sich lieber in nobler Zurückhaltung<br />
und einer dezenten Gestik, die<br />
bei ihm stets mit Leidenschaft und einem großen<br />
Farbenreichtum einher geht.<br />
1916 in Angers geboren, hat sich Dutilleux der<br />
Avantgarde ebenso entzogen wie Strömungen<br />
der Neoromantik, des Neoklassizismus oder in<br />
den 50er Jahren der seriellen Musik. Als Pierre<br />
Boulez und Karlheinz Stockhausen in Darmstadt<br />
ihr Ideal einer neuen Musik verkündeten,<br />
gehörte Dutilleux für sie bereits zur Generation<br />
der Väter. „Die Epoche der seriellen oder postseriellen<br />
Musik erwies sich bald als ziemlich unangenehm.<br />
Eine Art ästhetischer Terrorismus<br />
setzte, von den Medien unterstützt, internationale<br />
Maßstäbe.“ Nach Studium und Militärdienst<br />
arbeitete Dutilleux fast 20 Jahre lang<br />
beim französischen Rundfunk. Später übernahm<br />
er eine Professur für Komposition in<br />
Paris. International bekannt wurde er mit<br />
seiner 1951 entstandenen 1. Symphonie.<br />
Musikalische Leuchtfeuer<br />
Zentral für sein Komponieren ist das Spiel mit lediglich<br />
im Un(ter)bewussten wirksamen Motiv-<br />
und Klangvarianten, das Dutilleux einmal so<br />
Hen r i D ut illeu x : „ Mét a boles“<br />
– 5 –<br />
beschrieben hat: „Ich installiere Markierungspunkte,<br />
die sich nur im Unbewussten des<br />
Hörers bemerkbar machen. Sie sind wie die<br />
Befeuerungslichter in der Luftfahrt oder auf<br />
dem Meer – das ist etwas anderes als die<br />
Leitmotive bei Wagner, mit deren Hilfe man<br />
vor allem Personen identifizieren kann. Meine<br />
Methode ist subtiler und erlaubt es mir, ganz<br />
unaufdringlich eine gewisse Stabilität der<br />
Form zu erreichen. Diese Art kaum wahr nehmbarer<br />
Formgestaltung findet sich schon bei<br />
Debussy – und das ist ein großes Mysterium<br />
seines Denkens.“<br />
„Métaboles“ entstand 1964 als Auftrags werk<br />
für die Feierlichkeiten zum 40-jährigen Bestehen<br />
des Cleveland Orchestra und wurde im<br />
darauffolgenden Jahr unter der Leitung von<br />
George Szell uraufgeführt, dem das Werk auch<br />
gewidmet ist. Es ist eine Folge von fünf Orchesterstücken,<br />
klanglich äußerst raffiniert und<br />
von einem Farbenreichtum, wie ihn immer<br />
wieder vor allem die fran zösische Musik hervorgebracht<br />
hat. Der Anlage nach entspricht<br />
„Métaboles“ einem Konzert für Orchester –<br />
den Begriff „Symphonie“ hat Dutilleux in diesem<br />
Fall bewusst vermieden. Dabei sind die<br />
fünf Teile oder Sätze untrennbar miteinander<br />
verbunden. In jedem dieser Abschnitte do miniert<br />
eine andere Instrumentengruppe, im<br />
ersten sind es die Holzbläser, im zweiten die<br />
Streicher. Der dritte Satz stellt die Blechbläser<br />
in den Vordergrund und der vierte das Schlagwerk.<br />
Der letzte Satz bringt die Syn these: Alle<br />
vier zuvor exponierten Instru menten gruppen<br />
vereinigen sich nun zum kompletten Orchester.
Permanente Variation<br />
Der Titel „Métaboles“ stammt aus der Rhetorik.<br />
Dort ist die „Metabole“ eine rhetorische<br />
Figur, die es gestattet, durch die veränderte<br />
Anordnung der Ideen oder der Wörter innerhalb<br />
eines Satzes die Natur oder den Sinn desselben<br />
mehr oder weniger tiefgreifend abzuwandeln.<br />
Musikalisch lässt sich in diesem Zusammenhang<br />
durchaus von einer modernen<br />
Variante des älteren Begriffs der „Variation“<br />
sprechen. In Dutilleux’ Partitur findet das Prinzip<br />
der Metabole nicht nur auf das Verhältnis<br />
der fünf Teile zueinander Anwendung, sondern<br />
auch im Hinblick auf die einzelnen Bestandteile<br />
eines jeden Abschnitts: „In einem jeden wird<br />
die Grundidee – sei sie melodisch, rhythmisch,<br />
harmonisch oder einfach instrumental – einer<br />
Reihe von Abwandlungen unterworfen. In<br />
einem gewissen Entwicklungsstadium, gegen<br />
Ende der einzelnen Stücke, erweist sich die Abwandlung<br />
als so gravierend, dass sie zu einer<br />
neuen Idee führt, die filigran unter dem symphonischen<br />
Gewebe erscheint. Diese musikalische<br />
Idee leitet das folgende Stück ein. Das<br />
gilt für jeden der Sätze, bis im letzten die erste<br />
Grundidee des Werkes in einer lang ansteigenden<br />
Bewegung in die Coda mündet.“ Die Neuansätze<br />
bei Einschnitten bestehen aus engen<br />
Verzahnungen – eine charakteristische Eigenart<br />
von Dutilleux’ Variierungstechnik. Die Verwendung<br />
der musikalischen Elemente, etwa<br />
ausgewählte Intervalle und ihre sich immer wieder<br />
verändernden Konstellationen, sind dabei<br />
von struktureller Bedeutung. So kann ein Motiv<br />
Hen r i D ut illeu x : „ Mét a boles“<br />
– 6 –<br />
fortschreitenden Veränderungen unterworfen<br />
werden, um schließlich am Ende zu seinem<br />
Ursprung zurückzukehren.<br />
Klangliche Beschwörungen<br />
Schon der Beginn des Werks zeigt einige Besonderheiten<br />
der musikalischen Sprache Dutilleux’:<br />
die Verwendung eines Zentraltons, eine<br />
eingängige Linie der Holzbläser, komplexe,<br />
Note für Note aufgebaute Akkorde über spiegelbildartig<br />
verwendeten Intervallen. Dieser<br />
1. Satz, „Incantatoire“ (Beschwörend) überschrieben,<br />
erinnert an einen Choral, der durch<br />
pizzicati der Streicher, später auch des gesamten<br />
Orchesters, rhythmisch strukturiert<br />
wird. Nach solistischen Passagen der hohen<br />
Holzbläser wird der choralartige Satz erneut<br />
aufgenommen, nun ausgeschmückt durch<br />
Figurationen der Trompete. Im 2. Satz „Linéaire“<br />
(Linienförmig) herrschen gedämpfte Farben<br />
der tiefen Streicher vor. Das Satzbild ist<br />
außerordentlich transparent, der Gestus fließend<br />
und fast süßlich, wenn eine Sologeige<br />
sich mit kantablen Linien über dem getragenen<br />
Fundament hören lässt. Nach einer dynamischen<br />
Steigerung wird gegen Ende wieder<br />
die ruhige Stimmung des Satzbeginns<br />
erreicht. Die Solo-Violine leitet zum 3. Satz<br />
„Obsessionnel“ (Besessen) über, der vorwiegend<br />
rhythmisch geprägt ist. Die Blechbläser<br />
schieben sich gleich zu Beginn in den Vordergrund,<br />
gezupfte Töne der Kontrabässe verleihen<br />
dem Satz eine rhythmische Elastizität, die<br />
durch die vielen scharfen Akzente noch unter-<br />
Henri Dutilleux, Komponist der „Métaboles“
mauert wird. Den 4. Satz „Torpide“ (Betäubt)<br />
umgibt eine fast geheimnisvolle Aura. Über<br />
dumpfen Tupfern des Schlagzeugs erheben<br />
sich Melodiefragmente, die in sich zu kreisen<br />
scheinen und keine zielgerichtete Entwicklung<br />
erkennen lassen. Dutilleux breitet changierende<br />
Klang flächen aus, die in ihrer Unbestimmtheit<br />
ein Gefühl von Unruhe oder sogar Be drohung<br />
ver mitteln. Das virtuose Finale „Flamboyant“<br />
(Lodernd) nimmt die Idee des Chorals aus<br />
dem 1. Satz wieder auf, der jedoch nun fein<br />
ausfiguriert erscheint. Die glänzende und<br />
wirkungsvolle Instrumentation demonstriert<br />
nicht nur den souveränen Umgang des Komponisten<br />
mit dem großen symphonischen Apparat,<br />
sondern führt das Werk in einer groß<br />
angelegten Steigerung, die alle Parameter<br />
des musikalischen Satzes betrifft, zu einem<br />
letzten Höhepunkt.<br />
In der Tradition Rameaus<br />
Mit „Métaboles“ hatte Dutilleux endgültig seinen<br />
unverwechselbaren Personalstil gefunden.<br />
Das von ihm hier benutzte Variationsprinzip<br />
entwickelte er seitdem konsequent weiter. Es<br />
liegt den meisten seiner großen Orchesterwerke<br />
zugrunde. Entfaltung, Erneuerung und<br />
Wiederkehr der musikalischen Elemente wird<br />
zum vorherrschenden Gestaltungsprinzip. Die<br />
einsätzige Anlage und die fließenden Übergänge<br />
sollen den Hörer, wie Dutilleux es formulierte,<br />
möglichst in keinem Augenblick aus<br />
der „Verzauberung“ durch die Musik entlassen.<br />
Hen r i D ut illeu x : „ Mét a boles“<br />
– 8 –<br />
Die Art seiner Orchesterbehandlung, der<br />
große Reichtum an Klangfarben und die subtile<br />
Form der motivischen Verknüpfung sind<br />
häufig als typisch französisch beschrieben<br />
worden, was Dutilleux, der vor allem Couperin,<br />
Rameau und Debussy bewundert, auch<br />
unumwunden zugibt: „Ich kann nicht leugnen,<br />
dass ich ein französischer Musiker bin.<br />
Aber jeder Musiker, ob Franzose, Deutscher,<br />
Engländer, Japaner, muss sich vollsaugen,<br />
muss neugierig sein auf die Musik, die man<br />
in anderen Ländern macht. Er muss sie kennen,<br />
auch wenn er sie ablehnt. Es gibt so<br />
etwas wie ein Ferment, ein Gärungsmittel,<br />
das erlaubt, dass ein Werk in einem Nationalstil<br />
seine wahre Kraft findet. Ich bin sehr<br />
französisch, aber ich glaube, dass eine nationale<br />
Kunst nur im Kontakt mit ausländischer<br />
Kunst entstehen kann.“<br />
Partiturseite aus dem 5. Satz („Flamboyant“) der „Métaboles“
Felix Mendelssohn Bartholdy<br />
(1809–1847)<br />
Konzert für Violine und Orchester<br />
e-Moll op. 64<br />
1. Allegro molto appassionato<br />
2. Andante<br />
3. Allegretto non troppo – Allegro molto<br />
vivace<br />
Felix Mendelssoh n Ba r t holdy: Violinkon zer t<br />
„Brillant willst Du’s haben ?“<br />
Nicole Restle<br />
– 10 –<br />
Lebensdaten des Komponisten<br />
Geboren am 3. Februar 1809 in Hamburg;<br />
gestorben am 4. November 1847 in Leipzig.<br />
Entstehung<br />
Das von Anfang an für Mendelssohns Jugendfreund<br />
Ferdinand David (1810–1873), seit 1836<br />
Konzertmeister im Leipziger Gewandhaus-<br />
Orchester, bestimmte e-Moll-Violinkonzert<br />
reicht in den Skizzen bis ins Jahr 1838 zurück.<br />
Zu einer Ausarbeitung kam es jedoch erst<br />
während eines Sommeraufenthalts der Familie<br />
Mendelssohn im Jahr 1844 in Bad Soden im<br />
Taunus, wo das Partiturmanuskript am 16. September<br />
1844 abgeschlossen wurde. In den folgenden<br />
Monaten erfuhr das Konzert in enger<br />
Abstimmung mit Ferdinand David noch einige<br />
Abänderungen und Korrekturen, vor allem<br />
im Bereich des Soloparts.<br />
Uraufführung<br />
Am 13. März 1845 in Leipzig im Großen<br />
Gewandhaus-Saal (Gewandhaus-Orchester<br />
Leipzig unter Leitung von Niels Wilhelm<br />
Gade; Solist: Ferdinand David).
Mit dem Geiger Ferdinand David verband Felix<br />
Mendelssohn Bartholdy eine lebenslange, innige<br />
Freundschaft. Beide aus wohlhabenden<br />
Hamburger Familien stammend, beide hochmusikalisch,<br />
beide seit frühester Kindheit von<br />
ehrgeizigen Vätern gefördert, lernten sie sich<br />
1825 in Berlin kennen. Felix war zu diesem<br />
Zeitpunkt 16 Jahre alt, Ferdinand ein Jahr jünger<br />
und machte gerade mit seiner Schwester<br />
Luise, einer hervorragen den Pianistin, seine<br />
erste Konzertreise durch Deu tschland. 1826,<br />
also bereits im folgenden Jahr, kehrte der junge<br />
David in die preußische Haupt stadt zurück,<br />
weil er eine Anstellung am Königsstädter Theater<br />
bekommen hatte. Während seiner Ber liner<br />
Zeit, die bis 1829 dauerte, wurden er und Felix<br />
die besten Freunde. Als Mendelssohn 1835<br />
den Posten eines Musikdirektors am Leipziger<br />
Gewandhaus übernahm, ergab es sich, dass<br />
die Konzertmeisterstelle des Gewandhaus-<br />
Orchesters neu zu besetzten war. Natürlich<br />
kam nach Mendelssohns Auffassung für diese<br />
Aufgabe nur einer in Frage: Ferdinand David,<br />
der seelenverwandte Freund.<br />
„Einig in der Kunst“<br />
Die Zusammenarbeit gestaltete sich sehr<br />
glücklich. David unterstützte Mendelssohn<br />
bei dessen vielfältigen Leipziger Aktivitäten,<br />
bei der Pflege und Aufführung der Kompositionen<br />
Johann Sebastian Bachs, bei den so<br />
genannten „historischen“ Konzerten, in denen<br />
dem Publikum Werke alter Meister nahe gebracht<br />
werden sollten, und nicht zuletzt auch<br />
bei der Gründung des Leipziger Konservatoriums,<br />
an dem David die Violinausbildung<br />
übernahm. Wie sehr Mendelssohn den Geiger<br />
schätzte, belegt ein Brief vom Juni 1838:<br />
„Mündlich wird so etwas nie gesagt: dass es<br />
Felix Mendelssoh n Ba r t holdy: Violinkon zer t<br />
– 11 –<br />
doch nicht viel solche Musiker giebt, wie Du<br />
bist, und dass ich mir am Ende doch keinen<br />
zweiten ausdenken könnte, mit dem ich so einig<br />
wäre in der Kunst ! Ich möchte Dir wohl<br />
auch ein Violinkonzert machen für nächsten<br />
Winter; eins in e-Moll steckt mir im Kopfe, dessen<br />
Anfang mir keine Ruhe lässt.“<br />
Langwieriger Entstehungsprozess<br />
Von der Idee bis zur Fertigstellung des Violinkonzerts<br />
sollten allerdings sechs Jahre vergehen.<br />
In dieser Zeit tauschen sich die beiden<br />
oftmals brieflich über das Werk aus. Im<br />
Juli 1839 – der „nächste Winter“ ist längst<br />
vergangen – schreibt der Komponist: „Aber<br />
leicht ist die Aufgabe freilich nicht, brillant<br />
willst Du’s haben, und wie fängt unsereins das<br />
an ? Das ganze erste Solo soll aus dem hohen E<br />
bestehen.“ Nicht ganz fünf Jahre später erkundigt<br />
sich David scherzhaft nach dem „antediluvianischen<br />
Violinkonzert, welches meine Anwesenheit<br />
und sechs Fuder hohe E’s verlangt“.<br />
Ganz so verschwenderisch ging Mendelssohn<br />
mit dem Spitzenton des viergestrichenen E<br />
dann doch nicht um. Ein Vergleich des Skizzenmaterials<br />
zeigt, dass der Komponist im Laufe<br />
des Arbeitsprozesses innerhalb des 1. Satzes<br />
die „hohen E’s“ reduzierte, um sie dann nur<br />
an drei Stellen sehr effektvoll zu platzieren:<br />
in der Mitte der Solokadenz, als Höhepunkt<br />
einer virtuosen Violinpassage, die in der Coda<br />
auf den Fortissimo-Einsatz des Orchesters hinleitet,<br />
und als triumphalen Schlusston des<br />
Solisten.
Überraschende Eröffnung<br />
Während Mendelssohn sehr lange an der endgültigen<br />
Gestalt des Hauptthemas feilte, stand<br />
die Art, wie es eingeführt werden sollte, von<br />
An fang an fest. Nicht im Stil des damals oft<br />
kopierten Beethoven-Violinkonzerts, in dem zuerst<br />
das Orchester, dann der Solist den musikal<br />
ischen Hauptgedanken vorstellt, sondern auf<br />
andere, eher ungewohnte Weise: Nach nur<br />
an derthalb Takten, in denen die Begleitfiguren<br />
der Streicher die Grundtonart ausbreiten, bri ngt<br />
Mendelssohn im 1. Satz (Allegro molto appassionato)<br />
bereits den Solisten ins Spiel. Wie<br />
selbst verständlich entwickelt die Geige leichtfüßig<br />
und elegant aus den Tönen des e-Moll-<br />
Dreiklangs das Hauptthema mit seinem emporstrebenden<br />
Gestus und verliert sich, ausgehend<br />
vom punktierten Kopfmotiv, in brillante<br />
Passagenfortschreitungen, ehe das Tutti die<br />
Hauptmelodie bestätigend aufgreift. Dafür<br />
überlässt die Solovioline bei der Einführung<br />
des lyrischen Seitenthemas – auch das war<br />
damals eher unüblich – zunächst den Flöten<br />
und Klarinetten den Vortritt: Während die<br />
Geige sich nach virtuosen Läufen auf ihrem<br />
tiefsten Ton G ausruht, setzen die Holzbläser<br />
in parallelen Terzen mit der einfachen, aber<br />
sehr kantablen Melodie des zweiten Themas<br />
ein. Für die folgende Durchführung ist diese<br />
Weise allerdings nicht relevant; stattdessen<br />
wertet Mendelssohn dort einen Überleitungsgedanken<br />
der Exposition thematisch auf und<br />
bezieht ihn in die motivische Arbeit mit ein.<br />
Felix Mendelssoh n Ba r t holdy: Violinkon zer t<br />
– 12 –<br />
Unkonventionelle Form<br />
Aber nicht nur hinsichtlich der Themenaufstellung,<br />
sondern auch bezüglich der formalen<br />
Gestaltung hat der Komponist für den 1. Satz<br />
seines Violinkonzerts ganz eigenständige Lösungen<br />
entwickelt. Denn Durchführung und<br />
Coda entsprechen sich musikalisch so stark,<br />
dass die ursprüngliche Dreiteiligkeit der Sonatenhauptsatzform<br />
von einer Art Zweiteiligkeit<br />
überlagert scheint, in der sich Exposition und<br />
Durchführung auf der einen sowie Reprise und<br />
Coda auf der anderen Seite als korrespondierende<br />
Teile gegenüberstehen. Dieser Eindruck<br />
wird noch verstärkt, indem Mendelssohn die<br />
Solokadenz, die normalerweise ihren Platz<br />
zwischen Reprise und Coda hat, bewusst vor<br />
die Reprise setzt. Dadurch bekommt sie die<br />
Funktion einer Mittelachse, welche die beiden<br />
Hälften des Konzerts miteinander verzahnt.<br />
Nahtloser Übergang zum Andante<br />
Wie schon in seinen beiden Klavierkonzerten,<br />
so lässt Mendelssohn auch im Violinkonzert<br />
die einzelnen Sätze ineinander übergehen. Der<br />
Wechsel vom Allegro molto appassionato zum<br />
Andante vollzieht sich ganz unspektakulär:<br />
Es reicht dazu ein einziger Ton, der sich im Fagott<br />
aus dem verklingenden Schlussakkord<br />
des 1. Satzes löst, einen halben Ton höher klettert<br />
und auf diese Weise den Weg nach C-Dur<br />
ebnet, die Grundtonart des 2. Satzes. Diesen<br />
Halbtonschritt macht die Violine später zum<br />
Theodor Hildebrandt: Felix Mendelssohn Bartholdy (1834)
Anfangsintervall des Hauptthemas, das sich<br />
durch eine lyrische, hin und her schwingende<br />
Melodik auszeichnet. Der träumerischen Weise<br />
steht das vom Orchester eingeführte zweite<br />
Thema gegenüber, das ebenfalls liedhaft angelegt<br />
ist, dem aber durch die permanent<br />
tre molierenden Begleitfiguren der Geigen und<br />
Bratschen ein Element der Unruhe innewohnt.<br />
Die pulsierende Begleitung bleibt auch dann<br />
noch aufrecht, wenn der Solist das Hauptthema<br />
wieder aufgreift und so den formalen<br />
Bogen dieses Satzes schließt.<br />
Mit großen Sprüngen ins Finale<br />
Ein kurzes Geigensolo in e-Moll, das melodisch<br />
und harmonisch an den Eröffnungssatz erinnert,<br />
leitet in das E-Dur-Finale (Allegro molto<br />
vivace) über. Traditionsgemäß bekommt in<br />
diesem Satz der Solist nochmals Gelegenheit,<br />
sämtliche Register seines Könnens zu ziehen.<br />
Mit erwartungsvoll empor schnellenden Sechzehntelfiguren<br />
steuert die Solovioline auf das<br />
Hauptthema zu. Es wird ähnlich wie das des<br />
1. Satzes aus dem Dreiklang der Grundtonart<br />
abgeleitet, seine springenden Tonfortschreitungen<br />
verleihen ihm jedoch einen ganz anderen<br />
Charakter: witzig, spritzig, brillant.<br />
Trotz aller Virtuosität des Soloinstruments –<br />
der eigentliche Reiz des Finales besteht im<br />
gekonnten Zusammenwirken von Violine und<br />
Orches ter. Oftmals sind es nur kleine, unauffällige<br />
Details, die große Wirkungen erzielen:<br />
Felix Mendelssoh n Ba r t holdy: Violinkon zer t<br />
– 14 –<br />
So tritt das Kopfmotiv des Hauptthemas fast<br />
immer begleitet von Flöten und Klarinetten<br />
auf. Ihre hüpfenden Achtel verleihen ihm eine<br />
verschmitzte, „koboldhafte“ Haltung. Von<br />
besonderer Raffinesse ist das Miteinander<br />
von Solist und Orchester auch in der Durch -<br />
führung. Dort präsentiert die Violine einen<br />
musikalischen Gedanken, der in den bislang<br />
flinken, sehr beweglichen Satz eine neue lyrische<br />
Quali tät hineinbringt, während die<br />
Streicher diese Melodie mit Motivpartikeln<br />
des Hauptthemas kontrapunktieren.<br />
Inbegriff des romantischen<br />
Violinkonzerts<br />
Der formale und harmonische Einfallsreichtum<br />
des Violinkonzerts zeugt einmal mehr von Mendelssohns<br />
kompositorischer Meisterschaft. Er<br />
adelt das Stück und hebt es aus der Masse der<br />
ausschließlich auf geigerische Brillanz hinzielenden<br />
Konzerte, von denen es damals so viele<br />
gab. Dass das Werk aber zum Inbegriff des<br />
romantischen Violinkonzerts werden sollte, lag<br />
an etwas anderem: an seiner sinnlichen, betörenden<br />
Melodik, die so ganz den Möglichkeiten<br />
der Violine abgelauscht zu sein scheint.<br />
Einen wesentlichen Anteil bei der Ausgestaltung<br />
des Soloparts, aber auch der Orchesterstimmen<br />
hatte Ferdinand David, der wie vorgesehen<br />
der Solist der Uraufführung am 13. März<br />
1845 im Leipziger Gewandhaus war. Ihm gegenüber<br />
gab sich Mendelssohn gelegentlich<br />
Programmzettel der Uraufführung von<br />
Mendelssohns Violinkonzert e-Moll op. 64
sehr bescheiden, wenn er den Freund um seine<br />
Meinung zu einem musikalischen Problem<br />
bat. „Lacht mich nicht aus“, heißt es in einem<br />
Brief vom Dezember 1844, „ich schäme mich<br />
wirklich selbst, aber ich kann’s einmal nicht<br />
besser, ich werde einmal das Tappen nicht<br />
los.“<br />
Felix Mendelssoh n Ba r t holdy: Violinkon zer t<br />
– 16 –
Zoltán Kodály<br />
(1882–1967)<br />
Volksliedforschung im Konzertsaal ?<br />
„Galántai táncok“ (Tänze aus Galánta)<br />
für Orchester<br />
Z olt á n Kodá ly: „Tä n ze aus Ga lá nt a“<br />
Melanie Unseld<br />
– 17 –<br />
Lebensdaten des Komponisten<br />
Geboren am 16. Dezember 1882 in Kecskemét<br />
/ Ungarn; gestorben am 6. März 1967<br />
in Budapest.<br />
Entstehung<br />
Die „Tänze aus Galánta“ entstanden 1933<br />
als Auftragswerk zum 80-jährigen Bestehen<br />
der Philharmonischen Gesellschaft Budapest.<br />
Zoltán Kodály wählte für sein Werk Zigeunermelodien<br />
aus Galánta aus, einem kleinen<br />
ungarischen Marktflecken, in dem er sieben<br />
Jahre seiner Kindheit verbracht hatte; er griff<br />
auf frühkindliches Erinnerungspotential zurück,<br />
benutzte aber als konkrete Vorlage eine<br />
um 1800 in Wien erschienene Sammlung:<br />
„Ungarische Tänze von Zigeunern aus<br />
Galánta“.<br />
Widmung<br />
Der Philharmonischen Gesellschaft Budapest<br />
anlässlich ihres 80-jährigen Bestehens.<br />
Uraufführung<br />
Am 23. Oktober 1933 in Budapest (Orchester<br />
der Philharmonischen Gesellschaft Budapest<br />
unter Leitung von Ernő von Dohnányi).
Volksmusik ohne Korsett<br />
Mit ihrer Form der Volksliedforschung reanimierten<br />
Béla Bartók und Zoltán Kodály nicht<br />
nur die ehemals ambitionierten Volkslied-<br />
Sammeltätigkeiten von Johann Gottfried Herder<br />
und seinen Nachfolgern, sondern schlugen<br />
auch einen neuen Weg ein – nicht zuletzt unterstützt<br />
durch die inzwischen zur Verfügung stehende<br />
Technik der Tonaufzeichnung. Es ging<br />
den modernen Volksliedforschern nicht mehr<br />
um eine nur ungefähre Aufzeichnung von Folklore<br />
bzw. Volksmusik, sondern um ihre genaue<br />
Fixierung und systematische Katalogisierung.<br />
Vor allem sollten die besonderen musikalischen<br />
Eigenheiten der Volksmusik zu ihrem Recht<br />
kommen, und nicht in das ästhetisierte und<br />
ästhetisierende Korsett der Kunstmusik gepresst<br />
werden: Da galt es, die feste Struktur<br />
des vorgegebenen Taktes aufzulösen, um etwa<br />
auch Melodien erfassen zu können, die sich<br />
nicht an das klassische achttaktige Schema<br />
hielten; den Tonvorrat auch um jene Töne zu<br />
erweitern, die in der üblichen chromatischen<br />
Skala nicht notierbar waren (zum Beispiel Vierteltöne);<br />
oder etwa die vielen Verzierungselemente<br />
der Musik zu berücksichtigen und sie<br />
nicht innerhalb einer schlichten Strophenform<br />
zu vernachlässigen.<br />
Die Volksmusik, derart akribisch aufgezeichnet,<br />
hielt für die jungen Komponisten genügend<br />
Materialien bereit, die ihnen halfen, aus der<br />
romantischen Tonsprache auszubrechen und<br />
neue, avantgardistische Wege einzuschlagen.<br />
Z olt á n Kodá ly: „Tä n ze aus Ga lá nt a“<br />
– 18 –<br />
Denn die unregelmäßigen Rhythmen, die „ungeschönten“<br />
Melodien und der archaische<br />
Eindruck der Harmonik durchbrachen das<br />
traditionelle kompositorische System und eröffneten<br />
so die Möglichkeit einer modernen<br />
Tonsprache, die sich alternativ zu den zeitgenössischen<br />
Tendenzen in der Musik, etwa<br />
der Schönberg’schen Dodekaphonie, etablieren<br />
konnte.<br />
Kindheitserinnerungen<br />
Mit den „Tänzen aus Galánta“, die Zoltán Kodály<br />
1933 komponierte, schuf der Komponist<br />
in gewisser Weise musikalische „Kindheitserinnerungen“:<br />
In Galánta, einem kleinen Ort im<br />
ungarisch-tschechischen Grenzgebiet, hatte er<br />
„die schönsten sieben Jahre meiner Kindheit“<br />
verbracht. Von dort stammen auch die ersten<br />
musikalischen Eindrücke des jungen Zoltán:<br />
die Kammermusikabende im Elternhaus ebenso<br />
wie die volkstümliche Alltagsmusik. Zu letzterer<br />
gehörte auch die Zigeunermusik. Im Vorwort<br />
zur Partitur der „Tänze aus Galánta“<br />
heißt es: „Galánta ist ein kleiner ungarischer<br />
Markt flecken an der alten Bahnstrecke Wien-<br />
Budapest. Damals wohnte dort eine berühmte,<br />
seither verschollene Zigeunerkapelle, die dem<br />
Kinde [dem jungen Zoltán Kodály] den ersten<br />
‚Orchesterklang‘ einprägte.“ Während Kodály<br />
sich für die Komposition der „Tänze aus Galánta“,<br />
in frühkindlichen Erinnerungen schwelgend,<br />
durch den spezifischen Klang der Zigeuner<br />
kapelle inspirieren ließ, griff er für das<br />
melodische Material auf eine historische<br />
Die Geschwister Zoltán, Paul und Emilia Kodály<br />
(um 1888 vermutlich in Galánta fotographiert)
Sammlung zurück: „Die Ahnen jener Zigeuner<br />
waren schon hundert Jahre vorher berühmt.<br />
Um 1800 erschienen in Wien einige Hefte ungarischer<br />
Tänze, darunter eines von den verschiedenen<br />
Zigeunern aus Galánta. Sie überlieferten<br />
altes Volksgut. Jenen Heften entstammen<br />
die Hauptmotive dieses Werkes.“<br />
Rund fünf Jahrzehnte nach Liszts „Ungarischen<br />
Rhapsodien“ entsteht wiederum ein „ungarisches“<br />
Werk, dessen Wurzeln in die Zigeunermusik<br />
reichen. Doch welch ein Unterschied<br />
in der kompositorischen Behandlung des volkstümlichen<br />
Materials ! Nichts ist von der reinen<br />
Brillanz und Virtuosität Liszts übrig geblieben –<br />
gleichwohl sprühen Kodálys Tänze vor musikalischer<br />
Leuchtkraft und Temperament. In Liszts<br />
Rhapsodien gehen der „klassische Zigeuner“<br />
und der Virtuose, beides Liszt’sche Selbststilisierungen,<br />
eine impulsive Verbindung ein.<br />
In ihnen dient das musikalische Material der<br />
Zigeunermusik als Spiegel der eigenen Person.<br />
Kodálys Partitur hingegen ist vom Material der<br />
Zigeunermusik vollkommen durchdrungen, der<br />
Komponist ist ausschließlich Vermittler, nicht<br />
Botschafter in eigener Sache. Und während<br />
man bei Liszt den Zigeuner lediglich als Gast<br />
im Konzertsaal zu hören meint – in einen bunten<br />
Sonntagsanzug gekleidet –, entführen Kodálys<br />
Tänze den Zuhörer auf den Dorfplatz in<br />
Galánta, wo die Zigeunerkapelle hemdsärmelig<br />
ihre temperamentvolle Musik zum besten gibt.<br />
Jedes Motiv und seine unzähligen Varianten,<br />
die Behandlung der solistischen Instrumente<br />
Z olt á n Kodá ly: „Tä n ze aus Ga lá nt a“<br />
– 2 0 –<br />
und der Begleitung, alles atmet den Geist<br />
der Zigeunermusik.<br />
Von der Folklore zur Kunstmusik<br />
Auf welche Weise volksmusikalisches Material<br />
in die eigenen Kompositionen einfließen kann,<br />
darüber hatte sich Kodály – zusammen mit<br />
seinem Freund Bartók – schon früh Gedanken<br />
gemacht. Die meisten seiner Kompositionen<br />
sind von der Idee geprägt, jene urtümliche<br />
Musik in immer wieder neuen Varianten für die<br />
Kunstmusik fruchtbar zu machen. Indem Kodály<br />
tief in das Wesen des Volksliedes einzudringen<br />
versuchte, seine Strukturen analysierte,<br />
seine Variantenvielfalt kennen lernte, kam<br />
er als Volksliedforscher dem Wesen des Phänomens<br />
„Volkslied“ immer näher. Der Komponist<br />
Kodály machte sich daraufhin in einem<br />
zweiten Schritt Gedanken über die Weiterverarbeitung<br />
von Volksliedgut in größeren musikalischen<br />
Zusammenhängen.<br />
Er hatte, das wird in vielen seiner Äußerungen<br />
deutlich, eine klare Vorstellung von Wert, Sinn<br />
und Gehalt der Volksmusik. Und er erarbeitete<br />
sich ein System, innerhalb dessen er die Resultate,<br />
die er als Volksliedforscher erzielte, für<br />
seine eigenen Werke fruchtbar machen konnte.<br />
Das volkstümliche Liedgut war für ihn nicht<br />
mehr bloße Inspirationsquelle oder wohlfeiles<br />
Identifikationspotential, sondern Gegenstand<br />
ernsthafter Forschungsarbeit, und in einem<br />
weiteren Schritt dann eigenwertiges Material<br />
Zoltán Kodály (um 1930)
für seine kompositorische Arbeit. Dabei unterschied<br />
Kodály drei Grundprinzipien der Verarbeitung<br />
von Volksmusik in seinen Kompositionen:<br />
einmal die direkte Übernahme eines<br />
Volkslieds, das lediglich arrangiert oder mehrstimmig<br />
ausgesetzt wird, zum zweiten die Integration<br />
von volksmusikalischem Material in<br />
eine eigenständige Komposition, und drittens<br />
die „transsubstantiierte Volksmusik“ – also<br />
Musik, die „die Sprache der Volksmusik verwendet“,<br />
aber in der kein authentisches Material<br />
verarbeitet wird.<br />
Feuerwerk aus Variationen<br />
Die „Tänze aus Galánta“ gehören zur mittleren<br />
Gruppe, derjenigen, in der gewissermaßen der<br />
Volksliedforscher und der Komponist zu gleichen<br />
Teilen beteiligt ist. In ihnen wird authentisches<br />
Material, eben jene um 1800 erschienene<br />
Sammlung ungarischer Tänze, verwendet<br />
und gleichzeitig eigenständig umgeformt und<br />
ausgestaltet. Die äußere Form der Tänze ist<br />
rondoartig, wobei das immer wiederkehrende<br />
Rondothema beständig variiert wird – die Rondoform<br />
wird folglich von einer Variationsform<br />
überlagert. Damit setzt Kodály jenen Gedanken<br />
um, nach dem sich Volksliedmaterial besonders<br />
für Variationsformen eignet: Eine Melodie wird<br />
einmal vorgestellt, erklingt dann aber nie mehr<br />
in der Urgestalt, sondern wird immer wieder<br />
aufs Neue verändert. In den „Tänzen aus Galánta“<br />
geschieht ebendies mit dem Rondothema<br />
(Andante maestoso), nach der langsamen<br />
Einleitung vorgestellt durch die Klarinette. Aus<br />
der Solokadenz der Klarinette löst es sich heraus<br />
und erklingt dann einsam über einer ruhigen<br />
Streicherbegleitung, seine zahlreichen filigranen<br />
Verzierungen genussvoll auskostend.<br />
Wenn das Thema dann zum zweiten Mal er-<br />
Z olt á n Kodá ly: „Tä n ze aus Ga lá nt a“<br />
– 2 2 –<br />
scheint, hat es an Leidenschaft hinzugewonnen:<br />
appassionato intonieren es die Holzbläser und<br />
die hohen Streicher im kräftigen Unisono-Klang.<br />
Seinen überraschendsten Einsatz aber erfährt<br />
das Rondothema kurz vor Schluss. Nach einer<br />
Generalpause, die dem furiosen Stretta-Finale<br />
jäh Einhalt gebietet, erklingt es über dem<br />
grundierenden Flirren der Streicher wehmütig-<br />
leidenschaftlich in den Holzbläsern. Das Thema<br />
verhallt schließlich in einer Solokadenz<br />
der Klarinette und kehrt somit dorthin zurück,<br />
woher es zu Beginn gekommen war.<br />
Entfaltet Kodály also bereits im Rondothema<br />
eine große Variantenvielfalt, so schäumen die<br />
dazwischen eingeschobenen Episoden vor Variationslust<br />
über. Sei es die immer wieder neu<br />
aufgemischte Instrumentation, die immer wieder<br />
anders ondulierten Verzierungselemente,<br />
die immer wieder neu ansetzenden Themen<br />
und Motive – Kodály entfacht ein musikalisches<br />
Feuerwerk auf der Basis von Originalmelodien.<br />
Und neben der allgemeinen Musizierfreude<br />
verweisen auch viele kompositorische<br />
Details auf Kodálys historische Vorlage:<br />
So gehört die Soloklarinette zur Standardbesetzung<br />
einer Zigeunerkapelle, an die auch<br />
ganz bestimmte Rhythmus- und Instrumentaleffekte<br />
erinnern – etwa die häufig wechselnden<br />
Tempi und die unablässige Verwendung<br />
von Synkopen, die zahlreichen Pizzicato-<br />
Passagen und das kecke Auftreten von Triangel<br />
und Tamburin.
Igor Strawinsky<br />
(1882–1971)<br />
„L’Oiseau de Feu“<br />
(Der Feuervogel)<br />
Conte dansé en deux tableaux<br />
(Märchenballett in zwei Bildern)<br />
Suite réorchestrée par l’auteur en 1919<br />
(Orchestersuite in der Fassung<br />
von 1919)<br />
1. Introduction (Einleitung)<br />
2. L’Oiseau de Feu et sa Danse<br />
(Der Feuervogel und sein Tanz)<br />
3. Variations de l’Oiseau de Feu<br />
(Weitere Tanzfiguren des Feuervogels)<br />
4. Ronde des Princesses<br />
(Reigen der Prinzessinnen)<br />
5. Danse infernale du Roi Kastchei<br />
(Höllentanz des Königs Kastschei)<br />
6. Berceuse (Wiegenlied)<br />
7. Final (Finale)<br />
Lebensdaten des Komponisten<br />
Geboren am 5. (17.) Juni 1882 in Oranienbaum<br />
(seit 1948 Lomonossow) bei St. Petersburg<br />
/ Russland; gestorben am 6. April 1971<br />
in New York / USA.<br />
Igor S t raw insky: „ Der Feuer vogel“<br />
Klingende Choreographie<br />
Volker Scherliess<br />
– 2 3 –<br />
Entstehung<br />
Das auf traditionellem russischen Märchengut<br />
basierende Szenarium zum „Feuervogel“<br />
verfasste Michail Fokin, seit 1909 einer der<br />
wichtigsten Tänzer und Choreographen von<br />
Sergej Diaghilews „Ballets russes“. Für die<br />
Komposition war ursprünglich Anatolij Ljadow<br />
vorgesehen; für ihn sprang der damals weitgehend<br />
unbekannte Igor Strawinsky ein. Die<br />
Auftragserteilung an Strawinsky erfolgte im<br />
Dezember 1909; das Particell des im Winter<br />
1909/10 komponierten Werks lag im März<br />
1910 vor; die Partiturreinschrift beendete<br />
Strawinsky am 18. Mai 1910 in St. Petersburg.<br />
Widmung<br />
„À André Rimskij-Korsakow“; mit Andrej Rimskij-<br />
Korsakow, einem der Söhne seines Kompositionslehrers<br />
Nikolaj Rimskij-Korsakow, verband<br />
Strawinsky eine enge Freundschaft, die später<br />
an den „Modernismen“ von Strawinskys Kompositionsstil<br />
zerbrach.<br />
Uraufführung<br />
Am 25. Juni 1910 in Paris im Théâtre National<br />
de l’Opéra durch die Compagnie von Sergej<br />
Diaghilews „Ballets russes“ (Dirigent: Gabriel<br />
Pierné; Choreographie: Michail Fokin; Ausstattung:<br />
Alexander Golowin und Léon Bakst; Feuervogel:<br />
Tamara Karsawina; Zarewitsch: Michail<br />
Fokin; Kastschei: Enrico Cecchetti).
Talentschmiede „Ballets russes“<br />
Selten kann man den entscheidenden Augenblick<br />
im Leben eines Künstlers so exakt benennen<br />
wie im Falle Igor Strawinskys: Es war der<br />
6. Februar 1909. In einem St. Petersburger Konzert<br />
wurden zwei kurze Orchesterwerke von<br />
ihm, „Scherzo fantastique“ und „Feu d’artifice“,<br />
aufgeführt. Im Publikum saß Sergej Diaghilew,<br />
der legendäre Förderer neuer Kunst und spätere<br />
Leiter der „Ballets russes“. Dieser Mann,<br />
selbst weder Tänzer noch Choreograph – was<br />
manches Lexikon falsch berichtet –, noch Komponist,<br />
Maler oder Schriftsteller, vereinigte<br />
doch alle diese Künste auf besondere Weise<br />
in sich.<br />
Sein Genie äußerte sich nicht in eigenen Werken,<br />
sondern im Anregen und Entdecken, im<br />
Finden und Verbinden von Persönlichkeiten<br />
und Ideen. Er erkannte die Begabung des jungen<br />
Strawinsky, Schüler des im Vorjahr verstorbenen<br />
Rimskij-Korsakow, auf Anhieb und<br />
stellte ihn auf die Probe: Zwei Klavierstücke<br />
von Chopin sollten für das Ballett „Les Sylphides“<br />
beim Gastspiel der „Ballets russes“ in<br />
Paris orchestriert werden. Und da Strawinsky<br />
die Aufgabe pünktlich und zur vollen Zufriedenheit<br />
Diaghilews erfüllte, beauftragte er ihn für<br />
die nächste Saison mit einer eigenen Ballettmusik:<br />
„L’Oiseau de Feu“ (Der Feuervogel).<br />
Igor S t raw insky: „ Der Feuer vogel“<br />
– 2 4 –<br />
Am Vorabend des Weltruhms<br />
In seinen Erinnerungen „Chroniques de ma vie“<br />
von 1936 berichtet der Komponist: „Gegen Ende<br />
des Sommers 1909 [...] erhielt ich ein Telegramm,<br />
das alle meine Pläne umwarf. Diaghilew<br />
war soeben in St. Petersburg angekommen,<br />
und er schlug mir vor, die Musik zum ‚Feuervogel‘<br />
zu komponieren, der im Frühjahr 1910<br />
an der Pariser Oper vom Russischen Ballett<br />
aufgeführt werden sollte. Obgleich ich zunächst<br />
entsetzt war, weil dieser Auftrag an<br />
eine bestimmte Frist gebunden war, und obgleich<br />
ich fürchtete, ich könne die Zeit nicht<br />
ein halten, denn ich kannte damals meine Kräfte<br />
noch nicht, nahm ich den Vorschlag an.<br />
Dieses Anerbieten war sehr schmeichelhaft<br />
für mich. Man hatte mich unter den Musikern<br />
meiner Generation ausgewählt, und ich sollte<br />
an einem wichtigen Unternehmen mitarbeiten,<br />
zusammen mit Persönlichkeiten, die man als<br />
Meister ihres Faches zu bezeichnen gewohnt<br />
war.“<br />
Diaghilew fand seinen sicheren Griff bestä -<br />
tigt. „Seht ihn euch an, er ist ein Mann am Vorabend<br />
seines Ruhmes“, rief er vor der Pariser<br />
Premiere vom 25. Juni 1910 aus, die den<br />
28-jährigen mit einem Schlage zu einem international<br />
bekannten Komponisten machte.<br />
Aber mehr: Strawinsky wurde zum Ballettkomponisten<br />
par excellence. Denn der „Feuervogel“<br />
bedeutete für ihn ja mehr als irgendeine<br />
Auftragskomposition; hier hatte er, der mit<br />
Wer ken traditionell symphonischer Richtung<br />
Igor Strawinsky im ländlichen Sommersitz<br />
der Familie in Ustilug (1912)
egonnen hatte, seine eigene Sprache gefunden.<br />
Entscheidend dabei war seine schöpferische<br />
Affinität zu den Bedingungen und Möglichkeiten<br />
des Balletts – eine innere Verwandtschaft,<br />
die über alle stilistischen Wandlungen<br />
hinweg sein ganzes Lebenswerk prägen sollte:<br />
Strawinskys Musik ist in ihrem Wesen immer<br />
tänzerisch – auch dort, wo er nicht ausdrücklich<br />
fürs Ballett geschrieben hat. Sie zielt nicht<br />
auf symphonische oder dramatische Entwicklung,<br />
sondern arbeitet in erster Linie mit<br />
ge stischen Elementen.<br />
Russische Märchenwelt ...<br />
Die Handlung des Werks, von dem Tänzer und<br />
Choreographen Michail Fokin entworfen, verbindet<br />
verschiedene typische Märchenmotive:<br />
Der Königssohn Iwan Zarewitsch fängt den geheimnisvollen<br />
Feuervogel und erhält von ihm<br />
für die wiedererlangte Freiheit eine wundertätige<br />
goldene Feder. Iwan begegnet der schönen<br />
Prinzessin Zarewna, die mit ihren Gespielinnen<br />
in der Gewalt des bösen Zauberers Kastschei<br />
steht. Dessen Macht vermag Iwan nur<br />
durch die Feder des Feuervogels zu besiegen:<br />
Die bösen Zauber lösen sich, alle Gefangenen<br />
werden frei, und Iwan und Zarewna verloben<br />
sich feierlich.<br />
Die Partitur des Balletts besteht aus neunzehn<br />
Nummern: Einleitung (Nr. 1), Bild I (Nr. 2 bis<br />
18) und Bild II (Nr. 19). Musikalische Hauptstücke<br />
sind die Einleitung (1), der Tanz des Feuervogels<br />
(4), die flehentliche Bitte des Feuervo-<br />
Igor S t raw insky: „ Der Feuer vogel“<br />
– 2 6 –<br />
gels (6), das Spiel der Prinzessinnen mit den<br />
goldenen Äpfeln („Scherzo“, 8), der Reigen der<br />
Prinzessinnen (russischer Tanz „Chorovod“, 10),<br />
die „Danse infernale“ Kastscheis und seiner<br />
Untertanen (15), das Wiegenlied des Feuervogels<br />
(„Berceuse“, 17) und das hymnische Finale<br />
(19). Die übrigen Nummern sind, sowohl<br />
musikalisch als auch choreographisch gesehen,<br />
Übergänge. 1911 stellte Strawinsky eine<br />
Konzertsuite aus fünf Musiknummern zusammen<br />
(1, 6, 8, 10, 15). 1919 folgte eine zweite<br />
Suite (1, 10, 15, 17, 19), die eine gegenüber der<br />
Originalfassung von 1910 reduzierte Orchesterbesetzung<br />
verwendet, und 1945 schließlich<br />
– aus ausschließlich urheberrechtlichen<br />
Gründen – eine gegenüber der Fassung von<br />
1919 um einige Übergänge erweiterte dritte<br />
Fassung. Überdies wurden einige Stücke in<br />
verschiedenen Arrangements publiziert – am<br />
populärsten sollte die „Berceuse“ für Violine<br />
und Klavier werden.<br />
... in französischen Farben<br />
Strawinskys Partitur markiert nicht nur den Beginn<br />
seiner Meisterschaft, sondern lässt sich<br />
auch als Summe verschiedener Traditionen verstehen.<br />
In der Melodiebildung fällt einerseits<br />
die Nähe zu russischen Volksliedern auf (z. B.<br />
im „Chorovod“ und im Finale), andererseits der<br />
„symbolische“ Einsatz von Diatonik für die „gute“<br />
Welt Iwans und der Mädchen, von Chromatik<br />
für die schillernde des Zauberers und schließlich<br />
von ihrer Mischung für den Feuervogel.<br />
Harmonisch wie auch in der Instrumentation<br />
Michail Larionow: Diaghilew und Strawinsky (um 1925)
sind Anklänge an Rimskij-Korsakow hörbar, darüber<br />
hinaus aber auch Strawinskys intensive<br />
Studien der Partituren Claude Debussys. Neben<br />
solchen „ableitbaren“ Stilmitteln begegnen<br />
aber auch unverwechselbare Eigenheiten<br />
Strawinskys, wie z. B. in der „Danse infernale“<br />
kurze, synkopisch-schlagkräftige Motive, eine<br />
allgemeine Vorliebe für großangelegte Steigerungen<br />
durch Ostinati und motorische Wirkungen<br />
sowie rhythmische Belebung der Musik<br />
durch häufige Taktwechsel.<br />
Besondere Beachtung verdient die Instrumentation,<br />
denn an ihr lässt sich ein charakteristischer<br />
Wandel in Strawinskys Entwicklung erkennen.<br />
In der ursprünglichen Fassung des<br />
„Feuervogels“ erklingen neben einer großen<br />
spätromantischen Bläser- und Streicherbesetzung<br />
einschließlich einer auf der Bühne platzierten<br />
Bläsergruppe noch Triangel, Tambourin,<br />
Becken, Große Trommel, Tamtam, Pauken,<br />
Glocken, Xylophon, Celesta, Klavier und drei<br />
Harfen: Alles flirrt, rauscht und glitzert in der<br />
typischen Farbenpracht des Rimskij-Korsakow-<br />
Orchesters, das ja gerade im Genre des Orientalisierenden,<br />
Märchenhaften eine eigene Tradition<br />
besaß; dem entspricht die Suite von 1911.<br />
Im Gegensatz dazu sind die Besetzungen der<br />
Suiten von 1919 und 1945 deutlich reduziert:<br />
einerseits aus praktischen Gründen – welches<br />
normale Orchester verfügt schon über drei<br />
Harfen ! –, andererseits aus ästhetischen Gründen:<br />
Dem ungeheuren Reichtum an klanglicher<br />
Differenzierung und koloristischen Nuancen in<br />
der frühen Version steht die spätere Tendenz<br />
zu klarerer Zeichnung, zur Betonung des Linearen<br />
und der strukturellen Zusammenhänge<br />
gegenüber.<br />
Igor S t raw insky: „ Der Feuer vogel“<br />
– 2 8 –<br />
Gestische Musik, Bewegungsmusik<br />
Die Pariser Uraufführung des „Feuervogels“<br />
im Jahr 1910 hatte für Igor Strawinsky den internationalen<br />
Durchbruch gebracht. Danach<br />
war es klar, dass er von Sergej Diaghilew, dem<br />
Leiter der berühmten „Ballets russes“, zu weiterer<br />
Zusammenarbeit herangezogen würde.<br />
Die beiden Ballette, die unmittelbar folgten,<br />
setzten Strawinskys Erfolg fort, ja steigerten<br />
ihn sogar noch: „Pétrouchka“ (1911) und „Le<br />
Sacre du Printemps“ (1913). Für sie gilt dasselbe<br />
wie für „L’Oiseau de Feu“: Es handelt<br />
sich um genuine Ballettmusik, die ihrer ursprünglichen<br />
Idee nach nicht in den Konzertsaal,<br />
sondern auf die Bühne gehört.<br />
In Strawinskys Ballettmusiken geht es nicht um<br />
motivisch-thematische Arbeit oder um symphonische<br />
Entwicklungen, sondern um die Kombination<br />
kürzerer oder längerer gestischer<br />
Elemente, d. h. um Musik ausschließlich aus<br />
Bewegungszusammenhängen. Aber – und das<br />
ist bezeichnend für Strawinsky allgemein –<br />
diese Musik bedarf nicht mehr notwendigerweise<br />
der Ergänzung durch die Bühne, sondern<br />
kann auch für sich selbst stehen. Angesichts<br />
ihrer enormen Komplexität kommt sie<br />
im Konzertsaal sogar am Besten zur Wirkung.<br />
Freilich spürt man beim Hören die alte Bestimmung:<br />
Was Strawinsky geschaffen hat, ist<br />
nicht nur ein Spiel „tönend bewegter Formen“,<br />
sondern klingende Choreographie.
Igor S t raw insky: „ Der Feuer vogel“<br />
Über mein Ballett „Der Feuervogel“<br />
Im Laufe des Winters 1908/09 wurden „Scherzo<br />
fantastique“ und „Feuerwerk“ in den Siloti-<br />
Konzerten zum erstenmal gespielt. Der Tag<br />
dieser Aufführung ist ein wichtiges Datum für<br />
die ganze Zukunft meiner musikalischen Laufbahn.<br />
An ihm begannen meine engen Beziehungen<br />
zu Diaghilew, die zwanzig Jahre hindurch<br />
bis zu seinem Tode dauern sollten. Aus<br />
der gegenseitigen Zuneigung entwickelte sich<br />
später eine Freundschaft, die so tief war, dass<br />
nichts sie erschüttern konnte, auch nicht Gegensätze<br />
des Geschmacks und der Ansichten,<br />
die unglücklicherweise während dieser langen<br />
Zeit manchmal zutage traten. Als Diaghilew<br />
die genannten Werke vom Orchester der Siloti-<br />
Konzerte gehört hatte, vertraute er mir, neben<br />
anderen russischen Komponisten, die Orchestrierung<br />
einiger Stücke von Chopin an, die für<br />
das Ballett „Die Sylphiden“ bestimmt waren,<br />
das im Frühjahr 1909 in Paris aufgeführt werden<br />
sollte: das „Nocturno“, mit dem das Ballett<br />
beginnt, und den „Valse brillante“, der den<br />
Tanz beschließt. Ich hatte in diesem Jahr nicht<br />
die Möglichkeit, ins Ausland zu fahren, und<br />
erst ein Jahr später habe ich meine Musik in<br />
Paris gehört.<br />
All diese Kompositionen ebenso wie der Tod<br />
von Rimskij-Korsakow hatten mich gehindert,<br />
mich mit dem ersten Akt der „Nachtigall“ weiter<br />
zu beschäftigen. Während des Sommers<br />
1909 begann ich von neuem mit der Arbeit,<br />
diesmal mit der festen Absicht, die Oper, die<br />
drei Akte haben sollte, zu Ende zu komponie-<br />
Igor Strawinsky<br />
– 2 9 –<br />
ren. Aber noch einmal entschieden die Umstände<br />
gegen mich. Gegen Ende des Sommers<br />
war die Orchesterpartitur des ersten Akts vollendet;<br />
ich kehrte aus den Ferien zurück und<br />
war entschlossen, an dem Werk weiter zu arbeiten.<br />
Da erhielt ich ein Telegramm, das alle<br />
meine Pläne umwarf. Diaghilew war soeben<br />
in St. Petersburg angekommen, und er schlug<br />
mir vor, die Musik zum „Feuervogel“ zu komponieren,<br />
der im Frühjahr 1910 an der Pariser<br />
Oper vom Russischen Ballett aufgeführt werden<br />
sollte. Obgleich ich zunächst entsetzt war,<br />
weil dieser Auftrag an eine bestimmte Frist<br />
gebunden war, und obgleich ich fürchtete, ich<br />
könne die Zeit nicht einhalten, denn ich kannte<br />
damals meine Kräfte noch nicht, nahm ich<br />
den Vorschlag an. Dieses Anerbieten war sehr<br />
schmeichelhaft für mich. Man hatte mich unter<br />
den Musikern meiner Generation ausgewählt,<br />
und ich sollte an einem wichtigen Unternehmen<br />
mitarbeiten, zusammen mit Persönlichkeiten,<br />
die man als Meister ihres Faches zu<br />
bezeichnen gewohnt war.<br />
Zu der Zeit, als ich meinen Auftrag von Diaghilew<br />
erhielt, vollzog sich eine große Wandlung<br />
des Balletts, dank dem Auftreten Fokins, eines<br />
jungen Ballettmeisters und eines ganzen Blütenstraußes<br />
junger Künstler, die voller Talent und<br />
Frische waren – der Pawlowa, der Karsawina<br />
und Nijinskijs. Trotz meiner Bewunderung<br />
für das klassische Ballett und seinen großen<br />
Meister Marius Petipa konnte ich dem Rausch<br />
nicht widerstehen, der mich beim Anblick
der „Tänze des Prinzen Igor“ und des „Karneval“<br />
erfasste; das waren die beiden Ballettaufführungen<br />
Fokins, die ich bis dahin gesehen<br />
hatte. Mich überkam die Sehnsucht, dem engen<br />
Kreise zu entweichen, in den ich bis dahin eingeschlossen<br />
war; mit Begierde ergriff ich die<br />
Gelegenheit, die sich mir bot. Ich wünschte<br />
mich dieser Gruppe fortschrittlicher und tatkräftiger<br />
Künstler anzuschließen, deren Seele<br />
Diaghilew war, zu dem ich mich seit langem<br />
hingezogen fühlte.<br />
Während des ganzen Winters schrieb ich eifrig<br />
an meiner Musik, und durch diese Arbeit kam<br />
ich in ständige Berührung mit Diaghilew und<br />
seinen Mitarbeitern. Sobald ich Teile der Partitur<br />
ablieferte, legte Fokin die Choreographie<br />
fest, und ich war bei jeder Probe der Truppe<br />
zugegen. Hinterher war ich dann mit Diaghilew<br />
und Nijinskij zusammen – der übrigens in<br />
diesem Ballett nicht auftrat – und wir beendeten<br />
den Tag jedes Mal mit einem ausgewählten<br />
Essen, zu dem wir einen guten Bordeaux<br />
tranken.<br />
Die Partitur zum „Feuervogel“ lieferte ich nach<br />
hartnäckiger Arbeit zum vorgesehenen Termin<br />
ab. Dann hatte ich das Bedürfnis, mich einige<br />
Zeit auf dem Lande auszuruhen, bevor ich –<br />
zum erstenmal – nach Paris fuhr.<br />
Diaghilew war mit seiner Truppe und seinen<br />
Mitarbeitern vorausgefahren, und als ich eintraf,<br />
war die Arbeit schon in vollem Gange.<br />
Fokin hatte seine Choreographie mit viel Eifer<br />
Igor S t raw insky: „ Der Feuer vogel“<br />
– 3 0 –<br />
und Liebe durchgearbeitet, denn er war verliebt<br />
in das russische Märchen, und das Szenarium<br />
stammte von ihm. Ich hatte gedacht,<br />
dass die schlanke und gebrechliche Figur der<br />
Pawlowa viel besser zu der Märchengestalt des<br />
Feuervogels passen würde als der weibliche<br />
Charme der Karsawina, der ich gerne die Rolle<br />
der gefangenen Prinzessin anvertraut hätte.<br />
Aber die Umstände ließen dies nicht zu, und<br />
ich brauchte es nicht zu bedauern, denn die<br />
Karsawina war vollkommen in der Rolle des<br />
Vogels. Die schöne und graziöse Tänzerin<br />
hatte einen großen Erfolg.<br />
Die Aufführung wurde vom Pariser Publikum<br />
sehr warm aufgenommen. Ich möchte, dass<br />
man mich nicht missversteht, ich schreibe dies<br />
keineswegs nur meiner Partitur zu. Das lag<br />
ebenso sehr an der szenischen Wiedergabe,<br />
der prächtigen Ausstattung, die der Maler<br />
Golowin entworfen hatte, den wundervollen<br />
Leistungen der Truppe Diaghilews und dem<br />
Können des Regisseurs. Aber ich muss doch<br />
sagen, dass die Choreographie dieses Balletts<br />
mir immer zu kompliziert erschienen ist, zu<br />
überladen mit bildhaften Einzelheiten. Das Ergebnis<br />
war, dass es den Künstlern zu viel Mühe<br />
machte und heute noch macht, ihre Gesten<br />
und Schritte mit der Musik in Übereinstimmung<br />
zu bringen. Und so entsteht häufig ein<br />
ärgerlicher Missklang zwischen den Bewegungen<br />
der Tänzer und den gebietenden Forderungen<br />
der Musik.<br />
Natalia Gontscharowa: Figurine zum „Feuervogel“ (1910)
Bei meinem Aufenthalt in Paris bot sich mir<br />
Gelegenheit, verschiedene Persönlichkeiten<br />
der musikalischen Welt kennen zu lernen –<br />
Debussy, Ravel, Florent Schmitt und Manuel<br />
de Falla. Debussy kam am Abend der Première<br />
auf die Bühne, um mich zu meiner Musik<br />
zu beglückwünschen. Das war der Anfang<br />
freundschaftlicher Beziehungen, die bis zu<br />
seinem Tode dauern sollten. Beifall und Anerkennung,<br />
die ich bei Musikern und anderen<br />
Künstlern, besonders den Vertretern der jungen<br />
Generation fand, ermutigten mich sehr<br />
und waren mir eine große Stütze bei meinen<br />
nächsten Plänen.<br />
Igor S t raw insky: „ Der Feuer vogel“<br />
– 32 –
<strong>Lionel</strong> <strong>Bringuier</strong> ist seit Beginn der Saison<br />
2009/10 Chefdirigent des Orquesta Sinfonica<br />
de Castilla y León in Valladolid / Spanien<br />
und setzt seine Rolle als Associate Conductor<br />
der Los Angeles Philharmonic fort.<br />
1986 in Nizza geboren, wurde er im Alter von<br />
dreizehn Jahren am Conservatoire National<br />
Supérieur de Musique de Paris (CNSM) in die<br />
Cello-Klasse von Philippe Muller aufgenommen<br />
und belegte Kurse in Kammermusik,<br />
Chorgesang und Jazz. Im Jahr 2000 begann<br />
er sein Dirigierstudium bei Zsolt Nagy, beleg-<br />
te Meisterkurse bei Peter Eötvös und Janos<br />
D ie Künst ler<br />
<strong>Lionel</strong> <strong>Bringuier</strong><br />
Dirigent<br />
– 3 3 –<br />
Fürst und schloss im Juni 2004 sein Studium<br />
mit höchsten Auszeichnungen ab.<br />
Seit <strong>Lionel</strong> <strong>Bringuier</strong> beim 49. Besançon Young<br />
Conductors-Wettbewerb im Jahr 2005 als Gewinner<br />
hervorging, dirigierte er zahlreiche<br />
Spitzenorchester, darunter die Staatskapelle<br />
Dresden, die New Yorker <strong>Philharmoniker</strong>, das<br />
Orchestre Philharmonique de Radio France,<br />
das BBC Symphony Orchestra und das City of<br />
Birmingham Symphony Orchestra.<br />
In der aktuellen Saison führen ihn Wiedereinladungen<br />
zum Helsinki und Oslo Philharmonic<br />
sowie zum BBC Symphony Orchestra, mit<br />
dem er in Abonnementkonzerten und bei den<br />
BBC Proms auftreten wird.<br />
Mit seinem Orquesta Sinfonica de Castilla y<br />
León leitet <strong>Lionel</strong> <strong>Bringuier</strong> in dieser Saison<br />
Konzerte mit Angela Denoke und Arcadi Volodos<br />
als Solisten und widmet sich im Rahmen<br />
einer neu gegründeten Orchesterakademie<br />
intensiv dem musikalischen Nachwuchs.<br />
Für die nächsten Spielzeiten sind Konzerte<br />
mit dem Boston Symphony, dem Cleveland<br />
Orchestra, dem NDR Sinfonieorchester Hamburg<br />
und dem Philharmonia Orchestra London<br />
geplant. Das Königliche Opernhaus in<br />
Stockholm hat ihn darüber hinaus für eine<br />
Neuproduktion von „Carmen“ engagiert.
Renaud Capuçon begann mit 14 Jahren<br />
sein Studium am Pariser Konservatorium bei<br />
Gérard Poulet und Veda Reynold und setzte<br />
es später bei Thomas Brandis und Isaac Stern<br />
fort.<br />
Schon bald vielfach ausgezeichnet, holte ihn<br />
Claudio Abbado 1997 als Konzertmeister zum<br />
Gustav Mahler Jugendorchester. Nach weiteren<br />
Preisen debütierte er 2002 bei den Berliner<br />
<strong>Philharmoniker</strong>n unter Bernard Haitink<br />
und 2004 beim Boston Symphony Orchestra<br />
unter Christoph von Dohnányi.<br />
D ie Künst ler<br />
Renaud Capuçon<br />
Violine<br />
– 3 4 –<br />
Seither konzertiert er mit weltweit renommierten<br />
Orchestern und spielt unter Dirigenten wie<br />
etwa Semyon Bychkov, Christoph Eschenbach,<br />
Alan Gilbert, Daniel Harding und Robin Ticciati.<br />
Seine besondere Vorliebe für Kammermusik<br />
führte ihn u.a. mit den Pianisten Martha Argerich,<br />
Hélène Grimaud und Daniel Barenboim,<br />
dem Bratscher Yuri Bashmet oder dem Cellisten<br />
Truls Mørk zusammen. Mit seinem Bruder Gautier<br />
Capuçon (Violoncello) bildet er eine feste<br />
Duo-Formation.<br />
Als Exklusivkünstler ist er dem Konzerthaus<br />
Dortmund eng verbunden und zeigt dort über<br />
den Zeitraum von insgesamt fünf Spielzeiten<br />
die Vielfalt seiner künstlerischen Aktivitäten. In<br />
der Saison 2010/11 ist Renaud Capuçon u.a.<br />
zu Gast beim Chicago Symphony Orchestra,<br />
dem Rotterdam Philharmonic Orchestra und<br />
dem Philadelphia Orchestra.<br />
Außerdem geht er als dirigierender Solist mit<br />
der Academy of St. Martin In The Fields auf<br />
Deutschlandtournee. Beim Beethovenfest Bonn<br />
präsentiert er einen Zyklus aller zehn Violinsonaten<br />
Ludwig van Beethovens. Renaud Capuçon<br />
spielt die Guarneri del Gesù „Panette“<br />
von 1737 aus dem Besitz von Isaac Stern.
Generalmusikdirektor<br />
Christian Thielemann<br />
Katrin Schirrmeister<br />
Persönliche Mitarbeiterin<br />
im Büro des General musikdirektors<br />
Ehrendirigent<br />
Zubin Mehta<br />
1. Violinen<br />
Sreten Krstič<br />
Lorenz Nasturica-<br />
Herschcovici<br />
Julian Shevlin<br />
Konzertmeister<br />
Karel Eberle<br />
Odette Couch<br />
stv. Konzertmeister/in<br />
Manfred Hufnagel<br />
Masako Shinohe<br />
Claudia Sutil<br />
Philip Middleman<br />
Nenad Daleore<br />
Peter Becher<br />
Regina Matthes<br />
Wolfram Lohschütz<br />
Da s O rchester<br />
Die <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
Martin Manz<br />
Céline Vaudé<br />
Yusi Chen<br />
Ching-Ting Chang<br />
Helena Madoka Berg<br />
N. N.<br />
N. N.<br />
2. Violinen<br />
Simon Fordham<br />
Alexander Möck<br />
Stimmführer<br />
IIona Cudek<br />
stv. Stimmführerin<br />
Matthias Löhlein<br />
Vorspieler<br />
Josef Thoma<br />
Katharina Reichstaller<br />
Nils Schad<br />
Clara Bergius-Bühl<br />
Esther Merz<br />
Katharina Triendl<br />
Ana Vladanovic-Lebedinski<br />
Bernhard Metz<br />
Namiko Fuse<br />
Qi Zhou<br />
Clément Courtin<br />
Traudel Reich<br />
N. N.<br />
N. N.<br />
– 35 –<br />
Bratschen<br />
Vincent Aucante<br />
N. N.<br />
Solo<br />
Burkhard Sigl<br />
Julia Rebekka Adler<br />
stv. Solo<br />
Max Spenger<br />
Herbert Stoiber<br />
Wolfgang Stingl<br />
Gunter Pretzel<br />
Wolfgang Berg<br />
Dirk Niewöhner<br />
Beate Springorum<br />
Agata Józefowicz-Fiołek<br />
Konstantin Sellheim<br />
Thaïs Coelho<br />
Julio Lopez<br />
Violoncelli<br />
Michael Hell<br />
Konzertmeister<br />
Monika Leskovar<br />
Solo<br />
Stephan Haack<br />
Thomas Ruge<br />
stv. Solo
Herbert Heim<br />
Veit Wenk-Wolff<br />
Sissy Schmidhuber<br />
Elke Funk-Hoever<br />
Manuel von der Nahmer<br />
Isolde Hayer<br />
Sven Faulian<br />
David Hausdorf<br />
Joachim Wohlgemuth<br />
Kontrabässe<br />
Matthias Weber<br />
Sławomir Grenda<br />
Solo<br />
Alexander Preuß<br />
stv. Solo<br />
Stephan Graf<br />
Vorspieler<br />
Holger Herrmann<br />
Stepan Kratochvil<br />
Shengni Guo<br />
Emilio Yepes Martinez<br />
N. N.<br />
N. N.<br />
Flöten<br />
Michael Martin Kofler<br />
Burkhard Jäckle<br />
Solo<br />
N. N.<br />
stv. Solo<br />
Martin Belič<br />
Da s O rchester<br />
Gabriele Schmid<br />
Piccoloflöte<br />
Oboen<br />
Ulrich Becker<br />
Marie-Luise Modersohn<br />
Solo<br />
Lisa Outred<br />
Bernhard Berwanger<br />
Kai Rapsch<br />
Englischhorn<br />
Klarinetten<br />
Alexandra Gruber<br />
Laszlo Kuti<br />
Solo<br />
Annette Maucher<br />
stv. Solo<br />
Matthias Ambrosius<br />
Albert Osterhammer<br />
Bassklarinette<br />
Fagotte<br />
Lyndon Watts<br />
Bence Bogányi<br />
Solo<br />
– 3 6 –<br />
Jürgen Popp<br />
Barbara Kehrig<br />
Jörg Urbach<br />
Kontrafagott<br />
Hörner<br />
Jörg Brückner<br />
N. N.<br />
Solo<br />
David Moltz<br />
Ulrich Haider<br />
stv. Solo<br />
Robert Ross<br />
Alois Schlemer<br />
Hubert Pilstl<br />
N. N.<br />
Trompeten<br />
Guido Segers<br />
Florian Klingler<br />
Solo<br />
Bernhard Peschl<br />
stv. Solo<br />
Franz Unterrainer<br />
Markus Rainer
Posaunen<br />
Dany Bonvin<br />
David Rejano Cantero<br />
Solo<br />
Matthias Fischer<br />
stv. Solo<br />
Bernhard Weiß<br />
Benjamin Appel<br />
Bassposaune<br />
Tuba<br />
Thomas Walsh<br />
Pauken<br />
Stefan Gagelmann<br />
Guido Rückel<br />
Solo<br />
Walter Schwarz<br />
stv. Solo<br />
Schlagzeug<br />
Sebastian Förschl<br />
Solo<br />
Jörg Hannabach<br />
Harfe<br />
Sarah O’Brien<br />
Solo<br />
Da s O rchester<br />
Orchestervorstand<br />
Stephan Haack<br />
Wolfgang Berg<br />
Konstantin Sellheim<br />
Orchester akademie<br />
Martha Cohen<br />
Oleksandra Fedosova<br />
Anne Schinz<br />
Julia Simon<br />
Violine<br />
Magdalena Brune<br />
Barbara Weiske<br />
Viola<br />
Nikola Jovanovic<br />
Kristina Urban<br />
Violoncello<br />
Soohyun Ahn<br />
Johanna Blomenkamp<br />
Kontrabass<br />
Daniela Koch<br />
Flöte<br />
– 37 –<br />
Yukino Thompson<br />
Oboe<br />
Claudia Mendel<br />
Klarinette<br />
Johannes Hofbauer<br />
Fagott<br />
Andreas Schiffler<br />
Posaune<br />
Markus Nimmervoll<br />
Tuba<br />
Claudius Lopez-Dias<br />
Schlagzeug<br />
Severine Schmid<br />
Harfe
Ihre Gründung verdanken<br />
die <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
der Privatinitiative von<br />
Franz Kaim, Sohn eines in<br />
Kirchheim/Teck ansässigen<br />
Klavierfabrikanten.<br />
13. Oktober 1893<br />
Hans Winderstein<br />
Der erste Chefdirigent leitet<br />
das Gründungskonzert.<br />
Herbst 1895<br />
Hermann Zumpe<br />
wird Leiter des Orche sters –<br />
bis 1897.<br />
27. März 1897<br />
Gustav Mahler<br />
Erstes Auftreten als Gastdirigent.<br />
1897<br />
Ferdinand Löwe<br />
Der Bruckner-Schüler und<br />
Begründer der Bruckner-<br />
Tradition der <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
übernimmt die<br />
Chefposition – bis 1898.<br />
1898<br />
D ie Chron ik<br />
Kurze Geschichte der<br />
<strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
Felix von Weingartner<br />
wird zum Chefdirigenten<br />
berufen – bis 1905.<br />
1898<br />
Volkssymphonie-Konzerte<br />
werden eingerichtet, um<br />
allen Bevölkerungsschichten<br />
Konzertbesuche zu ermöglichen.<br />
25. November 1901<br />
4. Symphonie von<br />
Gustav Mahler<br />
Uraufführung unter Leitung<br />
des Komponisten.<br />
3. April 1903<br />
Hans Pfitzner<br />
tritt zum ersten Mal als Komponist<br />
und Dirigent bei den<br />
<strong>Philharmoniker</strong>n auf.<br />
Oktober 1905<br />
Georg Schnéevoigt<br />
übernimmt die Position des<br />
Chefdirigenten – bis 1908.<br />
– 3 8 –<br />
15. Dezember 1905<br />
Max Reger<br />
Erstes Auftreten mit Werken<br />
von Franz Liszt und Hugo<br />
Wolf.<br />
19. Februar 1906<br />
Wilhelm Furtwängler<br />
Der 20-jährige gibt sein<br />
Debüt als Dirigent.<br />
6. April 1907<br />
Edvard Grieg<br />
dirigiert eigene Werke.<br />
Herbst 1908<br />
Ferdinand Löwe<br />
übernimmt zum zweiten Mal<br />
die Chefposition – bis 1914.<br />
12. September 1910<br />
Mahlers „Achte“<br />
Der Komponist leitet die<br />
Uraufführung seiner zweiteiligen<br />
Vokalsymphonie.
20. November 1911<br />
„Lied von der Erde“<br />
Uraufführung von Mahlers<br />
nachgelassenem Werk unter<br />
Bruno Walter.<br />
Sommer 1915<br />
Erster Weltkrieg<br />
Stilllegung des Orchesters.<br />
Saison 1919/20<br />
Neubeginn mit Pfitzner<br />
Der Komponist Hans Pfitzner<br />
übernimmt die Leitung des<br />
Orchesters.<br />
Oktober 1920<br />
Siegmund von Hausegger<br />
wird Chefdirigent – bis 1938.<br />
21. Februar 1924<br />
Anton Bruckners<br />
100. Geburtstag<br />
Die <strong>Philharmoniker</strong> feiern<br />
ihn mit einer Reihe von<br />
Sonderkonzerten.<br />
7. Oktober 1924<br />
Ethel Leginska<br />
Zum ersten Mal tritt eine<br />
Frau vor das Orchester –<br />
als Dirigentin, Pianistin<br />
und Komponistin.<br />
D ie Chron ik<br />
13. November 1930<br />
Igor Strawinsky<br />
Der Komponist dirigiert<br />
eigene Werke.<br />
2. April 1932<br />
9. Symphonie von<br />
Anton Bruckner<br />
Uraufführung der Originalfassung<br />
unter Leitung von<br />
Siegmund von Hausegger,<br />
der am 28. Oktober 1935<br />
auch die Uraufführung<br />
der Originalfassung der<br />
5. Symphonie dirigiert.<br />
3. Februar 1937<br />
Oswald Kabasta<br />
stellt sich mit Bruckners<br />
„Achter“ erstmalig in München<br />
vor und wird ab 1938<br />
künstlerischer Leiter<br />
– bis 1944.<br />
Herbst 1938<br />
„Orchester der Hauptstadt<br />
der Bewegung“<br />
Auf Wunsch Hitlers tragen<br />
die <strong>Philharmoniker</strong> fortan<br />
diesen „Ehrentitel“<br />
– bis 1944.<br />
– 39 –<br />
25. April 1944<br />
Katastrophe<br />
Ein Bombenangriff auf München<br />
legt die Tonhalle und<br />
den Odeonssaal in Schutt<br />
und Asche.<br />
9. August 1944<br />
Letztes Konzert<br />
Das Orchester wird zum<br />
zweiten Mal stillgelegt.<br />
8. Juli 1945<br />
Erstes Konzert<br />
Eugen Jochum dirigiert im<br />
Prinzregententheater das<br />
erste Konzert nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg.<br />
Herbst 1945<br />
Hans Rosbaud<br />
wird erster Chefdirigent<br />
der Nachkriegszeit<br />
– bis 1948.<br />
Herbst 1949<br />
Fritz Rieger<br />
wird Chefdirigent<br />
– bis 1966.
Saison 1953/54<br />
„Konzerte für die Jugend“<br />
Die Tradition der heutigen<br />
„Jugendkonzerte“ wird<br />
begründet.<br />
25. März 1953<br />
Herkulessaal<br />
Der Herkulessaal wird vorübergehend<br />
Heimstätte der<br />
<strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>.<br />
1. Januar 1967<br />
Rudolf Kempe<br />
wird Generalmusik direktor<br />
– bis zu seinem Tod 1976.<br />
19. Juni 1979<br />
Sergiu Celibidache<br />
übernimmt die Leitung<br />
des Orchesters – bis zu<br />
seinem Tod 1996.<br />
10. November 1985<br />
Philharmonie im Gasteig<br />
Die <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
beziehen nach über<br />
40 Jahren wieder einen<br />
eigenen Konzertsaal.<br />
25. April 1988<br />
Luigi Nono<br />
leitet die Uraufführung seiner<br />
Komposition „Caminantes …<br />
Ayacucho“.<br />
September 1999<br />
James Levine<br />
wird Chefdirigent – bis 2004.<br />
Juli 2000<br />
„Klassik am Odeonsplatz“<br />
Erstes Open-Air-Konzert<br />
– seit 2002 jährlich.<br />
Januar 2004<br />
D ie Chron ik<br />
Zubin Mehta<br />
wird zum ersten „Ehrendirigenten“<br />
in der Geschichte<br />
des Orchesters ernannt.<br />
29. Oktober 2004<br />
Christian Thielemann<br />
dirigiert sein Antrittskonzert<br />
als neuer Generalmusikdirektor<br />
– bis 2011.<br />
– 4 0 –<br />
20. Oktober 2005<br />
Vatikan-Konzert<br />
Die <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
geben unter Christian<br />
Thielemann ein Konzert vor<br />
Papst Benedikt XVI. in Rom.<br />
Januar 2009<br />
Festspielhaus Baden-Baden<br />
Unter Christian Thielemann<br />
wird Strauss’ „Rosen kavalier“<br />
aufgeführt, dem ein Jahr<br />
später die „Elektra“ folgt.<br />
Oktober 2010<br />
Christian Thielemann<br />
leitet die Festkonzerte zum<br />
100-jährigen Ur auffüh rungsjubiläum<br />
der 8. Symphonie<br />
von Gustav Mahler.
Sonntag, 15. Mai 2011<br />
8. Kammerkonzert<br />
Jean Françaix<br />
Divertissement für Fagott<br />
und Streichquintett<br />
Michael Haydn<br />
Quartett für Englischhorn,<br />
Violine, Violoncello und<br />
Kontrabass C-Dur P 115<br />
Jean Françaix<br />
Quartett für Englischhorn,<br />
Violine, Viola und Violoncello<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Adagio für Englischhorn,<br />
zwei Violinen und<br />
Violoncello KV 580a<br />
Antonín Dvoˇràk<br />
Streichquintett G-Dur op. 77<br />
Bence Bogányi<br />
Fagott<br />
Kai Rapsch<br />
Englischhorn<br />
Qi Zhou<br />
Violine<br />
Namiko Fuse<br />
Violine<br />
Agata Józefowicz-Fiołek<br />
Viola<br />
Sven Faulian<br />
Violoncello<br />
Shengni Guo<br />
Kontrabass<br />
D ie Vor schau<br />
Die nächsten Konzerte<br />
Besuchen Sie uns auch unter www.mphil.de<br />
Mittwoch, 18. Mai 2011<br />
7. Abonnementkonzert a<br />
Donnerstag, 19. Mai 2011<br />
5. Abonnementkonzert e5<br />
Samstag, 21. Mai 2011<br />
5. Abonnementkonzert h5<br />
Sonntag, 22. Mai 2011<br />
4. Abonnementkonzert k5<br />
Wolfgang Rihm<br />
„Ernster Gesang“ für<br />
Orchester<br />
Gustav Mahler<br />
Ausgewählte Lieder aus<br />
„Des Knaben Wunderhorn“<br />
für Bariton und Orchester<br />
Symphonie Nr. 10 „Adagio“<br />
Christian Thielemann<br />
Dirigent<br />
Christian Gerhaher<br />
Bariton<br />
– 41 –<br />
Donnerstag, 26. Mai 2011<br />
6. Abonnementkonzert b<br />
Freitag, 27. Mai 2011<br />
7. Abonnementkonzert c<br />
Sonntag, 29. Mai 2011<br />
7. Abonnementkonzert f<br />
Claude Debussy<br />
„Prélude à ‚L‘après-midi<br />
d‘un faune’“<br />
Wolfgang Amadeus Mozart<br />
Konzert für Klavier und<br />
Orchester A-Dur KV 488<br />
Claude Debussy<br />
„La Mer“<br />
Maurice Ravel<br />
„La Valse“<br />
Christian Thielemann<br />
Dirigent<br />
Radu Lupu<br />
Klavier
Herausgeber<br />
Intendanz der <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
Generalmusikdirektor: Christian Thielemann<br />
Intendant: Paul Müller<br />
Musikdramaturg: Stephan Kohler<br />
Kellerstraße 4, 81667 München<br />
Lektorat und Gestaltung<br />
Auswahl, Zusammenstellung und Gesamt -<br />
redaktion: Stephan Kohler (verantwortlich)<br />
Redaktion dieses Heftes: Christine Möller<br />
Textnachweise<br />
Martin Demmler, Nicole Restle, Melanie Unseld<br />
und Volker Scherliess schrieben ihre Texte<br />
als Originalbeiträge für die Programmhefte<br />
der <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong>. Die lexikalischen<br />
Angaben und Kurzkommentare zu den<br />
aufgeführten Werken redigierte Stephan Kohler,<br />
die Künstlerbiographien Christine Möller.<br />
Alle Rechte bei den Autorinnen und Autoren;<br />
jeder Nachdruck ist seitens der Urheber genehmigungs-<br />
und kostenpflichtig.<br />
Bildnachweise<br />
Abbildungen zu Henri Dutilleux: Hans Jörg<br />
Jans (Hrsg.), Komponisten des 20. Jahrhunderts<br />
in der Paul Sacher Stiftung, Basel 1986;<br />
Abbildungen zu Felix Mendelssohn Bartholdy:<br />
Hans-Günter Klein (Hrsg.), Felix Mendelssohn<br />
Bartholdy – Ein Almanach, Leipzig 2008; Abbildungen<br />
zu Zoltán Kodály: Lásló Eösze, Zoltán<br />
Kodály – Sein Leben in Bilddokumenten,<br />
Budapest 1982; Abbildungen zu Igor Strawinsky:<br />
Theodore Stravinsky, Catherine & Igor<br />
Stravinsky – A Family Album, London 1973;<br />
Kunstmuseum Basel, Strawinsky – Sein Nachlaß.<br />
Sein Bild (Ausstellungskatalog), Basel<br />
1984; Christoph Rueger, Igor Strawinsky –<br />
Für Sie porträtiert, Leipzig 1988. Künstlerfotos:<br />
Anastasia Chernyavksy (<strong>Lionel</strong> <strong>Bringuier</strong>);<br />
Simon Fowler (Renaud Capuçon).<br />
Da s I mpressum<br />
– 4 2 –<br />
Corporate Design<br />
Graphik und Druck<br />
Kosch Werbeagentur GmbH · München<br />
Color-Offset GmbH · München<br />
Marketing und Vertrieb<br />
Tel +49 (0)89/480 98-5100<br />
Fax +49 (0)89/480 98-5130<br />
presse.philharmoniker@muenchen.de<br />
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Ansprechpartnerin: Angela Großmann<br />
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Postfach 20 14 13, 80014 München<br />
Tel 0180 54 81 81 8 (E 0,14 pro Minute)<br />
Fax +49 (0)89/54 81 81 54<br />
Mo–Fr 9:00–20:00 Uhr, Sa 9:00–16:00 Uhr<br />
www.muenchenticket.de<br />
KlassikLine (Kartenverkauf mit Beratung)<br />
Tel 0180 54 81 810 (E 0,14 pro Minute)<br />
Mo–Fr 9:00–18:00 Uhr
Sonntag, 9. Oktober 2011, 15 Uhr<br />
Sonntag, 6. November 2011, 15 Uhr<br />
Philharmonie im Gasteig<br />
Karten bei München Ticket: KlassikLine 0180 / 54 81 810*<br />
Kinder und Jugendliche 9 ¤<br />
Erwachsene 12 ¤ / 20 ¤ / 28 ¤<br />
*0,14 ¤/Min. aus dem dt. Festnetz, max. 0,42 ¤/Min. aus dem Mobilfunk<br />
Das philharmonische Musical<br />
für die ganze Familie<br />
spielfeld-klassik.de<br />
Spitzenklang trifft<br />
Kinderspaß!<br />
Die <strong>Münchner</strong> <strong>Philharmoniker</strong><br />
Dirigent: Ludwig Wicki<br />
Buch, Musik, Realisation:<br />
Regie: Ruth-Claire Lederle<br />
Arrangement: Rainer Bartesch<br />
In freundschaftlicher<br />
Zusammenarbeit mit
113 . S pi elzeit seit d er G r ün dung 18 9 3<br />
Christ ia n T hielemann G eneralmusikdir ek tor<br />
Pau l Mü l ler Intendant