PDF 2,3 MB - neues - HVV
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Dr. Andreas Huber<br />
Schulberatung des Hamburger Verkehrsverbundes(<strong>HVV</strong>)<br />
Einführung in das Thema<br />
„Faszination Auto – und wo bleibt der ÖPNV?“<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe<br />
Kolleginnen und Kollegen,<br />
vorweg möchte ich einige Worte zum<br />
Thema der diesjährigen Tagung sagen.<br />
„Psychologische Aspekte der Verkehrsmittelwahl<br />
von Jugendlichen“ – warum<br />
beschäftigen wir uns ausgerechnet mit diesem<br />
Thema, das doch auf den ersten Blick so<br />
praxisfern scheint?<br />
Ich möchte von einer Erfahrung berichten,<br />
die in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich<br />
ist. Vor einigen Wochen habe<br />
ich die 11. Klasse eines Hamburger<br />
Gymnasiums besucht, um eine<br />
Lernsoftware zum Thema „Mobilität und<br />
Umwelt“ vorzustellen. Als Einführung hierzu habe ich ein kleines<br />
Assoziationsspiel veranstaltet: Welche Begriffe fallen euch<br />
ein, wenn ihr an „Busse und Bahnen“ denkt – die Schüler/innen<br />
sollten hierzu maximal 3 Begriffe notieren. Die Ergebnisse, die<br />
ich hier nur in Auszügen wiedergeben kann, lauten:<br />
Vorschriften – Lehrer – Schule – Verbote – Eltern – eng – langsam<br />
– unbequem – laut - Streit – Gewalt – u.ä.<br />
Als ein erstes Resümee lässt sich festhalten: Die Verkehrsmittel<br />
des ÖPNV sind mit eher negativen Vorstellungen verknüpft.<br />
Die Schüler/innen denken hier zuerst an Normen und Verbote,<br />
die mit der Welt der Erwachsenen verknüpft sind. Der ÖPNV ist<br />
also – so müssen wir leider feststellen - bei Jugendlichen nicht<br />
allzu populär. Das Image könnte besser sein und - wie wir<br />
gleich sehen werden – eigentlich müsste es auch besser sein!<br />
Es zeigt sich nämlich bei näherer Beschäftigung mit dem<br />
Thema, dass bei den Jugendlichen durchaus Kenntnisse über<br />
die Vorzüge des ÖPNV vorhanden sind. Bleiben wir bei<br />
unserem Beispiel: Bei der konkreten Projektarbeit mit der<br />
erwähnten Lernsoftware wurde deutlich, dass die<br />
Schüler/innen ein z.T. sehr detailliertes Wissen über die ökonomischen,<br />
sozialen und ökologischen Vorteile einer Nutzung<br />
von Bussen und Bahnen haben. Dass der private PKW ein sehr<br />
kostspieliges Verkehrsmittel ist, dass der motorisierte<br />
Individualverkehr immer größere Flächen beansprucht und<br />
damit deren Nutzung für soziale Aktivitäten blockiert, dass<br />
schließlich der ÖV die Umwelt eindeutig geringer belastet und<br />
weniger Ressourcen verbraucht - all diese Argumente für den<br />
öffentlichen Verkehr sind, so meine Erfahrung in dieser Klasse,<br />
den Jugendlichen durchaus vertraut.<br />
Spiegelbildlich hierzu verhält es sich mit der Einstellung<br />
gegenüber dem Auto: Kenntnisse über die umweltschädlichen<br />
Folgen des Individualverkehrs sind vorhanden, die gängigen<br />
Fakten sind bekannt. Im Unterrichtsgespräch zeigte sich sehr<br />
4<br />
klar, dass den meisten Schüler/innen dieser<br />
11. Klasse die Probleme des Autoverkehrs<br />
bewusst sind. Aber…!<br />
All dies ändert offensichtlich nichts an dem<br />
positiven Image des Autos, an seiner<br />
Faszination, der ja – wie wir alle wissen –<br />
nicht nur die Jugendlichen erliegen.<br />
Unabhängigkeit und Selbstständigkeit,<br />
Geschwindigkeit und Dynamik, Abenteuer<br />
und Grenzüberschreitung – das sind die<br />
positiv besetzten Vorstellungen, die sich für<br />
viele Schüler/innen mit dem Automobil verbinden.<br />
Eine erste Schlussfolgerung liegt nahe: Wir<br />
beobachten hier einen Zwiespalt zwischen<br />
rationaler Einsicht und emotionaler Bindung. Zwar spricht das<br />
Wissen für den ÖPNV, für den Umweltverbund, also für eine<br />
nachhaltige, zukunftsfähige Verkehrsentwicklung - das Gefühl<br />
aber geht offensichtlich seine eigenen Wege, es hängt meist<br />
immer noch am Auto, dem ja nicht selten eine ausgesprochen<br />
liebevolle Behandlung zuteil wird.<br />
Hier wird deutlich, was wir alle aus eigener Erfahrung kennen:<br />
Das konkrete Verhalten, also auch das Verkehrsverhalten, wird<br />
eben nicht allein von unserem Bewusstsein, sondern ganz<br />
wesentlich von unseren Gefühlen gesteuert. Vernunft und<br />
Verhalten fallen auch hier, wenn es um die Verkehrsmittelwahl<br />
geht, auseinander – und das gilt nicht nur für Jugendliche.<br />
Wie gesagt: Mit dem Image des ÖPNV ist es nicht zum Besten<br />
bestellt – aber wir wollen natürlich, dass es nicht dabei bleibt.<br />
Zwei sehr einfache, aber ganz entscheidende Fragen stellen<br />
sich in diesem Zusammenhang: 1) Was sind die Gründe für das<br />
eher negative Image des ÖPNV? Und 2) Wie lässt sich das<br />
ändern, also: welche Ansätze und Strategien gibt es, um die<br />
objektiven Vorzüge und Stärken des ÖPNV auch in den<br />
Gefühlswelten der Jugendlichen erlebbar zu machen?<br />
In den vier Workshops dieser Fachtagung werden wir gemeinsam<br />
versuchen, Antworten auf diese Fragen zu finden.<br />
Mir bleibt vorläufig nur eins: Im Namen der <strong>HVV</strong>-<br />
Schulberatung wünsche ich Ihnen allen einen produktiven und<br />
ergiebigen Tagungsverlauf, gewinnbringend für den Kopf –<br />
ganz besonders schön wäre es freilich, wenn Sie diese<br />
Veranstaltung auch mit guten Gefühlen in Erinnerung behalten<br />
werden.