Dow Jones NE-Metalle Monitor - Inverto
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Donnerstag, 28. April 2011 | Nr. 8<br />
<strong>Metalle</strong>inkauf zwischen globalen Krisen und langfristigen Trends<br />
Mit Indikatorensets den<br />
richtigen Kaufzeitpunkt finden<br />
Von Lars-Peter Häfele<br />
Der falsche Zeitpunkt kann im Einkauf von Nichteisenmetallen teuer<br />
werden. So stehen Einkäufer täglich vor Entscheidungen, die die Unternehmen<br />
bei falschem Timing viel Geld kosten können. Auf den stark<br />
schwankenden Märkten entscheiden oft nur wenige Tage darüber, wie<br />
viel Geld Firmen für die benötigten Rohstoffe ausgeben müssen. Je<br />
nach Branche kann dies erhebliche Auswirkungen auf den Produktpreis<br />
haben. Bei Halbzeugen aus <strong>NE</strong>-<strong>Metalle</strong>n liegt zum Beispiel der Preisanteil<br />
des Rohmaterials am Gesamtpreis bei bis zu 60%.<br />
Der Stellenwert der Beschaffung<br />
von täglich benötigten <strong>NE</strong>-<strong>Metalle</strong>n<br />
für produzierende Unternehmen<br />
steigt. Die zunehmende Ressourcenknappheit<br />
unterstreicht dabei<br />
die Bedeutung des Rohstoffeinkaufs<br />
auch für die Versorgungssicherheit<br />
des Unternehmens. Zusätzlich<br />
wächst die Komplexität der Beschaffung.<br />
Jeder Preisausschlag der – auch<br />
von Spekulation stark beeinflussten –<br />
Metallnotierung an der Metallbörse<br />
London Metal Exchange (LME) hat<br />
dabei schnell spürbare Auswirkungen<br />
auf das Unternehmensergebnis.<br />
Zusätzlich sind Rohstoffeinkäufer<br />
mit den Folgen von Naturkatastrophen<br />
und geopolitischen Umwälzungen<br />
konfrontiert, die sich ebenfalls auf<br />
die Rohstoffmärkte auswirken.<br />
Subjektive Einschätzungen keine<br />
gute Entscheidungsgrundlage<br />
Ein Einkäufer muss daher innerhalb<br />
kürzester Zeit den besten Zeitpunkt<br />
für einen Kauf bewerten und<br />
bestimmen. Das geht aber nur durch<br />
eine realistische Einschätzung des<br />
Preistrends. Oft verlassen sich Einkäufer<br />
dabei auf Erfahrungswerte,<br />
das LME-Preis-Chart oder einzelne<br />
Vorhersageinstrumente. Das heißt,<br />
Kaufentscheidungen werden häufig<br />
noch auf Basis subjektiver Einschätzungen<br />
getroffen. Angesichts der<br />
gewachsenen Komplexität des Roh-<br />
<strong>Dow</strong> <strong>Jones</strong> <strong>NE</strong>-<strong>Metalle</strong> <strong>Monitor</strong><br />
stoffeinkaufs reicht dies jedoch nicht<br />
mehr aus. Für die tägliche Arbeit eines<br />
Einkäufers besteht daher die Notwendigkeit,<br />
den Beschaffungsprozess bei<br />
Rohstoffen wie <strong>NE</strong>-<strong>Metalle</strong>n weiter zu<br />
entwickeln, zu professionalisieren und<br />
so die Planbarkeit zu erhöhen. Mathematische<br />
Prognosemodelle und Chartanalysen<br />
können dabei eine wichtige<br />
Orientierungshilfe geben. Allerdings<br />
stellt sich hier die Frage, welche<br />
davon verlässlich sind. Gefragt sind<br />
Methoden und Werkzeuge, die den<br />
Einkauf konkret bei folgenden Fragen<br />
unterstützen:<br />
Spricht das aktuelle Preisniveau für<br />
eine kurz- oder langfristige Rohstoffabsicherung?<br />
Ab welchem Preis sollte unbedingt<br />
gekauft werden?<br />
Welche Entwicklungen am Rohstoffmarkt<br />
beeinflussen die Kalkulation?<br />
Die Zusammenstellung einer Reihe<br />
von Indikatoren – ein so geanntes<br />
Indikatorenset – verbessert dabei<br />
erfahrungsgemäß die Trefferquote<br />
bei Vorhersagen zur Preisentwicklung<br />
verschiedener <strong>NE</strong>-<strong>Metalle</strong> erheblich.<br />
Die Planungssicherheit im Rohstoffeinkauf<br />
steigt dadurch – auch bei<br />
extremen Veränderungen der Märkte.<br />
Ein vollständiges Indikatorenset<br />
Gastbeitrag<br />
umfasst neben Chartanalysetechniken<br />
auch Prognosemodelle sowie<br />
Fundamentaldaten. Das Indikatorenset<br />
sollte individuell passend für das<br />
jeweilige Unternehmen zugeschnitten<br />
werden.<br />
Chartanalyse: Kaufsignale<br />
identifizieren<br />
Die Methoden der Chartanalyse helfen,<br />
das „Timing“ im Rohstoffeinkauf zu<br />
verbessern, indem sie mögliche Trendwenden<br />
aufspüren. Einkäufer betrachten<br />
vor jeder Kaufentscheidung bei<br />
Rohstoffen die Preisentwicklung der<br />
vergangenen Wochen bis Jahre. Chartanalysen<br />
machen diese Prüfung objektiver.<br />
Für die wichtigsten, börsennotierten<br />
<strong>Metalle</strong> wie Aluminium, Kupfer oder<br />
Zink ist die Anwendung einer Chartanalyse<br />
leicht. So werden von verschiedenen<br />
Anbietern kostenfreie Online-Werkzeuge<br />
zur Analyse der Preis-<br />
Charts bereitgestellt. Die richtige Interpretation<br />
der gewonnenen Informationen<br />
bleibt jedoch dem Einkäufer selbst<br />
überlassen.<br />
Trendfolgeindikatoren wie der<br />
Moving Average Convergence-Divergence<br />
(MACD) oder das Momentum<br />
erzeugen Kaufsignale und zeigen<br />
Trendstärken an. Der Relative<br />
Strength Index (RSI) markiert hingegen<br />
überhitzte oder unterkühlte<br />
Marktsituationen und warnt damit vor<br />
Trendwenden. ��<br />
7
<strong>Dow</strong> <strong>Jones</strong> <strong>NE</strong>-<strong>Metalle</strong> <strong>Monitor</strong><br />
Gastbeitrag<br />
�� Unterstützt wird die Suche nach<br />
dem optimalen Kaufzeitpunkt noch<br />
durch ein Gewichten der rund ein Dutzend<br />
Instrumente der Chartanalyse.<br />
Prognosemodelle: Preistrends<br />
erkennen<br />
Prognosemodelle liefern eine Einschätzung<br />
kurz- bis mittelfristiger<br />
Preisentwicklungen. Die Kenntnis<br />
wirtschaftlicher Fundamentaldaten<br />
ermöglicht hingegen eine frühzeitige<br />
Reaktion auf Konjunkturentwicklungen,<br />
globale Krisen und Nachfrageschocks.<br />
Die Bewertung eines Preisniveaus<br />
als „hoch“ oder „günstig“<br />
kann nur auf Basis der zu erwartenden<br />
Entwicklung stattfi nden. Vergangenheitsdaten<br />
bieten lediglich eine<br />
erste Orientierungsgröße. Autoregressive<br />
Methoden wie das 2003 mit dem<br />
Nobelpreis ausgezeichnete GARCH-<br />
Verfahren sowie SETAR oder ARIMA<br />
liefern nach unserer Einschätzung die<br />
besten Ergebnisse bei der Ermittlung<br />
von Preistrends (siehe Grafi k).<br />
Die Preisentwicklung von <strong>NE</strong>-<br />
<strong>Metalle</strong>n hängt auch maßgeblich von<br />
ihrer aktuellen Verfügbarkeit – determiniert<br />
durch Angebot und Nachfrage<br />
– sowie beispielsweise von politischen<br />
Entwicklungen in den Erzeugerländern<br />
ab. So geben zum Beispiel<br />
Wachstumsraten von Schlüsselindustrien,<br />
Produktionskapazitäten der<br />
8<br />
52-Wochen-SETAR Vorhersage Aluminium<br />
1.900<br />
1.700<br />
1.500<br />
1.300<br />
1.100<br />
Hersteller oder Schrottpreise einen<br />
Hinweis auf die zu erwartende Versorgungssituation.Entscheidungsrelevant<br />
können auch hochaggregierte<br />
Maße wie Prognosen zum Wirtschaftswachstum<br />
oder Wechselkurse<br />
sein. Für <strong>Metalle</strong> wie Aluminium,<br />
zu dessen Produktion große Energiemengen<br />
benötigt werden, stellen Öl-<br />
und Energiepreisentwicklung zusätzliche<br />
Indikatoren dar.<br />
Entsprechende Parameter fl ießen<br />
in eine ganzheitliche Bewertung<br />
durch ein Indikatorenset ein und tragen<br />
damit zu einer objektiven Einschätzung<br />
des untersuchten Kaufzeitpunkts<br />
bei.<br />
Methoden sollten kombiniert<br />
in die Bewertung einfl ießen<br />
Sinnvoll ist also, alle genannten<br />
Methoden miteinander zu kombinieren<br />
und so die relevanten Indikatoren<br />
mit möglichst geringem Aufwand<br />
in den Entscheidungsprozess einfl ießen<br />
zu lassen. Die Erfolgsformel lautet<br />
dabei:<br />
Chartanalyse + Prognose + Fundamentaldaten<br />
+ Erfahrung = Kaufentscheidung<br />
Welche Indikatoren in welcher<br />
Gewichtung für den Einkauf des benötigten<br />
Metalls bei einem Unternehmen<br />
Trotz extremer Volatilität des Marktes entspricht der vorhergesagte Trend<br />
den realen Preisen.<br />
3-Month-Buyer Aluminium (EUR/t)<br />
2.100<br />
900<br />
Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov Jan Mrz Mai Jul Sep Nov<br />
2008 2009 2010<br />
Quelle: <strong>Inverto</strong> AG 2011<br />
Donnerstag, 28. April 2011 | Nr. 8<br />
entscheidend sind, muss aber von<br />
Fall zu Fall individuell bewertet werden.<br />
Mithilfe von Indikatorensets wird<br />
dabei eine umfassende Bewertung<br />
von Kaufzeitpunkten auf eine objektive<br />
Grundlage gestellt und die Einkäufer<br />
erhalten so eine verlässliche Basis<br />
für ihre Kaufentscheidungen.<br />
Ein Praxisbeispiel<br />
Ein Aluminiumverarbeiter erhielt ein<br />
individuell auf seine Beschaffungssituation<br />
zugeschnittenes Indikatorenset<br />
und konnte so sein Betriebsergebnis<br />
deutlich verbessern. Das<br />
neue Modell wird von der Einkaufsabteilung<br />
des Unternehmens nun bei<br />
der Bewertung von Kaufzeitpunkten<br />
für einen Jahresbedarf von mehreren<br />
zehntausend Tonnen Guss-,<br />
Walz- und Press produkten aus Aluminium<br />
angewendet. Um sich die<br />
Folgen von Preisfl uktuationen vor<br />
Augen zu führen, hilft eine Modellrechnung:<br />
Beim Kauf von 10.000 t<br />
Aluminium im Jahr hat die Auswahl<br />
der Kaufzeitpunkte einen direkten<br />
Effekt von bis zu 4,2 Mio EUR auf<br />
das Betriebsergebnis (Im vergangenen<br />
Jahr lag die Preisfl uktuation bei<br />
420 EUR/t).<br />
Mittels des Indikatorensets führt<br />
das Unternehmen nun regelmäßige<br />
Bewertungen von Kaufzeitpunkten<br />
auf Basis von mehr als 20 Indikatoren<br />
durch. Qualitative Brancheninformationen<br />
sowie Entwicklungen am Lieferantenmarkt<br />
wurden hierbei standardisiert<br />
einbezogen. Neben Kaufentscheidungen<br />
wird auch die Kalkulation<br />
von Verkaufspreisen gestützt. Das<br />
Indikatorenset verringert die Abhängigkeit<br />
des betreffenden Aluminiumverarbeiters<br />
vom „Bauchgefühl“<br />
sowie von Preisaussagen und Forderungen<br />
von Lieferanten.<br />
Über den Autor<br />
Lars-Peter Häfele ist Experte für<br />
<strong>NE</strong>-<strong>Metalle</strong> im Excellence Center<br />
Rohstoffe der <strong>Inverto</strong> AG, Köln.<br />
LHaefele@inverto.com