Andy Warhol Collages for Ten Portraits of Jews of ... - Jablonka Galerie
Andy Warhol Collages for Ten Portraits of Jews of ... - Jablonka Galerie
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<strong>Andy</strong> <strong>Warhol</strong><br />
<strong>Collages</strong> <strong>for</strong> <strong>Ten</strong> <strong>Portraits</strong> <strong>of</strong> <strong>Jews</strong> <strong>of</strong> the 20th Century<br />
<strong>Jablonka</strong> <strong>Galerie</strong>, Kochstrasse 60, 10969 Berlin<br />
Tel.: 030-212-36890 / Fax: 030-21236891; info@jablonkagalerie.com<br />
19. Januar – 13. Februar 2008<br />
Wir freuen uns, als erste Ausstellung im Jahr 2008 die Collagen für das<br />
Portfolio <strong>Ten</strong> <strong>Portraits</strong> <strong>of</strong> <strong>Jews</strong> <strong>of</strong> the 20th Century von <strong>Andy</strong> <strong>Warhol</strong> zeigen<br />
zu können. Die 14 Collagen aus dem Jahr 1980 bieten einen Einblick in die<br />
Arbeitsweise <strong>Warhol</strong>s bei der Konzipierung und Erstellung einer seiner<br />
kommerziell erfolgreichsten Grafikserien.<br />
Im Büro lautete der Arbeitstitel “Jewish Geniuses”, denn Feldman hatte eine<br />
Liste von über einhundert Kandidaten geschickt, und jeder davon war<br />
zweifellos ein Meister in seinem oder ihrem Feld. “Warum sind sie alle so<br />
schlau, Bob?”, fragte <strong>Andy</strong>. “Könnte es etwas mit ihrer Ernährung zu tun<br />
haben? Möchtest du nicht auch manchmal ein Jude sein?” <strong>Andy</strong> <strong>Warhol</strong> stellte<br />
sich der Heraus<strong>for</strong>derung, <strong>Portraits</strong> dieser historischen Figuren zu machen und<br />
verwendete dazu graphische Techniken, die er schon früher für seine<br />
Darstellungen zeitgenössischer Berühmtheiten wie Mick Jagger (1975) oder<br />
glamouröser Typen von der Straße wie die Ladies and Gentlemen (1975-76)<br />
benutzt hatte. Vor der eigentlichen Arbeit an den Collagen und Drucken hatte<br />
es einen langen Auswahlprozeß gegeben, während dem die mehr als<br />
einhundert Kandidaten eingehend diskutiert wurden, bevor die schlußendliche<br />
Auswahl jüdischer Geistesgrößen aus den Feldern von Literatur, Film,<br />
Philosophie, Musik, Medizin, Rechtsprechung und Wissenschaft getr<strong>of</strong>fen<br />
wurde. Die endgültige Auswahl war eher Feldmans als <strong>Andy</strong>s: Einstein, Freud,<br />
Kafka, Martin Buber, Gertrude Stein, George Gershwin, Louis Brandeis, Golda<br />
Meir, Sarah Bernhardt, und die Marx Brothers. <strong>Andy</strong> wußte nicht genau, wer<br />
Buber und Brandeis waren. Er fand Golda Meir gut, “weil wir schon einen<br />
Siebdruck von ihr haben.” Und auch für das Hollywood-Kontingent, Groucho,<br />
Harpo und Choco sowie für Sarah Bernhardt zeigte er milden Enthusiasmus,<br />
obwohl er nicht glauben mochte, dass Sarah Bernhardt jüdisch war.<br />
Die Collagen sind Vorstudien für eine Mappe mit zehn Siebdrucken, die von<br />
Ronald Feldman Fine Arts publiziert werden sollten. Sie vermitteln einen<br />
Eindruck von der Arbeitsweise bei diesem Projekt. Die Collagen sind<br />
komplexer, aber gleichzeitig auch direkter als die Drucke der Auflage. Sie sind<br />
<strong>of</strong>fener als die Drucke, die nach den Collagen an den Bildrändern eng<br />
ausgeschnitten wurden und ohne den weißen Hintergrund der Collagen<br />
wesentlich dichter wirken. Die Collagen zeigen auch, wie die Motive durch<br />
Hinzufügung von Farbfeldern oder –flecken sowie Überzeichnungen der<br />
photographischen Quellen weiter entwickelt wurden. So zeigt etwa das Bild<br />
der Marx Brothers einen Teilaspekt des Auflagendrucks, indem es sich nur auf<br />
eine Reihe der drei Köpfe von Chico, Harpo und Groucho konzentriert, die
lediglich von drei übereinanderliegenden Farbrechtecken akzentuiert werden.<br />
Die vier Varianten von Albert Einstein zeigen, dass die Auswahl des Bildes für<br />
die Druckauflage mit derselben Distanz erfolgte wie die lakonische<br />
Verwendung von Zeichnung und Farbe, die für <strong>Warhol</strong> jenes “bisschen mehr”<br />
bringen sollte, nach dem das Publikum seiner <strong>Portraits</strong> verlange. Die drei<br />
anderen Varianten sind nicht “schlechter” als das ausgewählte Motiv.<br />
Dieses Gefühl der Distanziertheit – ein Schlüsselbegriff für das Werk eines<br />
Künstlers, der einmal von sich behauptete, mit seinem Tonbandgerät<br />
verheiratet zu sein – wird sichtbar in seinem Zeichnungsstil, der so<br />
<strong>of</strong>fensichtlich dem fotografischen Vorbild nachgezogen wurde, dass er<br />
gleichzeitig meisterhaft und mechanisch wirkt. Diese Distanz läßt sich auch<br />
an dem Umstand ablesen, dass es für <strong>Warhol</strong> keineswegs ungewöhnlich war,<br />
an einem Thema zu arbeiten, das ihm von Dritten vorgeschlagen wurde – viele<br />
seiner berühmtesten Motive wurden von Freunden angeregt oder sogar von<br />
Kunsthändlern in Auftrag gegeben. Das Werk von <strong>Andy</strong> <strong>Warhol</strong> hat die<br />
Vorstellungen von Originalität und Qualität immer kraftvoll und auf pr<strong>of</strong>unde<br />
Weise in Frage gestellt, und das Projekt der <strong>Ten</strong> <strong>Portraits</strong> <strong>of</strong> <strong>Jews</strong> <strong>of</strong> the<br />
Twentieth Century ist dahingehend keine Ausnahme. Es überrascht deshalb<br />
kaum, dass die Graphikmappe so<strong>for</strong>t zu einem kommerziellen Erfolg wurde<br />
und für die Kunstkritik ein Problem darstellte. Der konservative Kritiker Hilton<br />
Kramer fühlte sich veranlaßt, den künstlerischen Wert dieses Projekts als<br />
“null” zu bezeichnen. Blickt man jedoch heute auf die Collagen und die<br />
Graphiken, so wird deutlich, dass kritische Kommentare dieser Art am Thema<br />
vorbeigehen, da sie die entscheidende Bedeutung der Distanziertheit bei<br />
<strong>Warhol</strong>s Produktion dieser Bilder außer Acht lassen. Auch mit ihren<br />
“expressionistischen” Oberflächen sind die Darstellungen der <strong>Jews</strong> <strong>of</strong> the 20 th<br />
century genau so “cool” wie <strong>Warhol</strong>s Bilder aus den 1960er Jahren. Die<br />
Collagen für <strong>Ten</strong> <strong>Portraits</strong> <strong>of</strong> <strong>Jews</strong> <strong>of</strong> the 20 th Century zeigen, wie Bilder in<br />
<strong>Warhol</strong>s “Office” entstanden. Die selbstsichere Verwendung von Farbe und<br />
Zeichnung entspricht <strong>Warhol</strong>s Denken.<br />
Er schien peinlich berührt und genervt bei der ersten<br />
Präsentation der <strong>Ten</strong> <strong>Portraits</strong> <strong>of</strong> <strong>Jews</strong> <strong>of</strong> the Twentieth Century, im Jewish<br />
Center <strong>of</strong> Washington in Bethesda, Maryland, im März 1980. „Das sind ja alles<br />
Juden, hier, Bob,“ sagte er. „Es ist ein Jüdisches Zentrum, <strong>Andy</strong>. Was hast du<br />
denn erwartet?“ „Sie fragen mich alle ‚warum’ und ‚wie’, Bob. Was soll ich<br />
sagen?“ „Sag ihnen, dass du die Intelligenz und Kreativität des jüdischen<br />
Volkes bewunderst, das tust du nämlich.“ „Tue ich das?“ Ein Mann sprach<br />
<strong>Andy</strong> an und fragte, „Haben Sie all diese verschiedenen Farbflächen benutzt,<br />
um die verschiedenen Facetten von Gertrude Steins Persönlichkeit zu<br />
zeigen?“ <strong>Andy</strong> sagte: „Ja.“*<br />
Alle Zitate nach: Bob Colacello: Holy Terror. <strong>Andy</strong> <strong>Warhol</strong> Close Up. New<br />
York: HarperCollins, 1990, p. 444 – 445.