Freimaurerei in Reutlingen - Loge Aquarius
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24. September 2011<br />
AUSSTELLUNG - »<strong>Loge</strong>n-Leben <strong>in</strong> Reutl<strong>in</strong>gen«. Selbstdarstellung im Treppenhaus des Heimatmuseums<br />
Symbole, Rituale und Absichten<br />
VON HANS A. LASSLOB<br />
REUTLINGEN. »Freimaurer« und »Druidenorden«, Ritter und Novizen, Meister und Gesellen –<br />
das hört sich geheimnisvoll an und wird bis heute oft mit Vorbehalten betrachtet, um nicht<br />
»Vorurteile« zu sagen.<br />
Beim Presseterm<strong>in</strong> im Heimatmuseum. Von l<strong>in</strong>ks: Werner Zey (Freimaurerloge), Helga Widmann und<br />
Barbara Thom-Kollross (Freimaurer<strong>in</strong>nen-<strong>Loge</strong>), Wolfgang-Peter Triebs (<strong>Loge</strong> Achalm) sowie der Museumsleiter<br />
Dr. Werner Ströbele. FOTO: Hans A. Lasslob<br />
Ihr geme<strong>in</strong>sam dreifaches Jubiläum nehmen nun die drei Reutl<strong>in</strong>ger <strong>Loge</strong>n zum Anlass,<br />
sich im Heimatmuseum der Öffentlichkeit zu präsentieren und zu zeigen, was es auf sich<br />
hat mit ihren Symbolen und Ritualen, vor allem aber mit den Zielen dieser Orden von<br />
Druiden oder Freimaurer(<strong>in</strong>nen).
Jawohl, es gibt, wenn auch ke<strong>in</strong>e »gemischte«, so doch e<strong>in</strong>e weibliche, e<strong>in</strong>e Freimaurer<strong>in</strong>nenloge<br />
<strong>in</strong> Reutl<strong>in</strong>gen, seit nunmehr 15 Jahren, »Drei Säulen im Zeichen der Silberdistel«<br />
heißt sie, lehnt sich jedoch nur h<strong>in</strong>sichtlich der symbolischen Distel an den Albvere<strong>in</strong> an.<br />
Fast zehn Mal so alt, nämlich 125 Jahre, ist <strong>in</strong>zwischen das männliche Pendant, die Frei-<br />
maurerloge »Glocke am Fuße der Alb«, und auf immerh<strong>in</strong> schon 100 Jahre blickt <strong>in</strong> die-<br />
sem Jahr der Druidenorden »<strong>Loge</strong> Achalm« zurück.<br />
Im Marchtaler Klosterhof<br />
Alle drei <strong>Loge</strong>n residieren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em der ältesten sakralen Gebäude der Stadt aus dem Mittelalter,<br />
dem unverwechselbaren Marchtaler Klosterhof mit Marienkapelle, direkt gegen-<br />
über des Heimatmuseums. Und auch ihre Ziele s<strong>in</strong>d grundlegend geme<strong>in</strong>same: Toleranz,<br />
Gedanken- und Glaubensfreiheit, Gleichheit und Verantwortung für Mensch und Natur.<br />
Die stete Arbeit an der eigenen Vervollkommnung und an der Verbesserung dieser Welt<br />
gehört zu ihrem Selbstverständnis, das sie mit dieser Ausstellung an die Öffentlichkeit<br />
tragen wollen.<br />
Symbolhaltig wie zahlreiche Darstellungen, Ritual-Gegenstände und Zeichen der <strong>Loge</strong>n<br />
sche<strong>in</strong>t auch der stufenweise nach oben führende Ausstellungsort: Auf acht Ebenen im<br />
Treppenhaus des Heimatmuseums wird die mit der Aufklärung beg<strong>in</strong>nende Geschichte<br />
der Orden gezeigt. Zahlreiche Dokumente und Objekte, dazu Mulitmedia-Darstellungen<br />
sollen dazu beitragen, die vielbeschworenen »Geheimnisse« der <strong>Loge</strong>n transparenter zu<br />
machen und sie <strong>in</strong> ihrem Zusammenhang mit ihrer Herkunft und ihrer <strong>in</strong> die Zukunft wei-<br />
senden Bedeutung zu erläutern.<br />
In der Symbolik wie <strong>in</strong> der Hierarchie, die den <strong>Loge</strong>n eigen ist, spiegelt sich die Herkunft<br />
oder Zurückführung auf das (Bau-)Handwerk mit se<strong>in</strong>er Zunftordnung: Lehrl<strong>in</strong>g (oder Novize),<br />
Geselle und Meister s<strong>in</strong>d Stufen der Entwicklung, die alle <strong>Loge</strong>nmitglieder durchlau-<br />
fen sollen. Und es spiegelt sich die Ge- und auch die Verschlossenheit der Handwerker-<br />
Zünfte im obligatorischen <strong>Loge</strong>n-Gelöbnis der »Verschwiegenheit über das <strong>in</strong> der <strong>Loge</strong><br />
Gesagte und Erfahrene«. Durch sie soll dem <strong>Loge</strong>n-Mitglied beim freien Gedanken- und<br />
Ideenaustausch die notwendige Sicherheit gegeben werden; diese Verschwiegenheit trug<br />
den <strong>Loge</strong>n allerd<strong>in</strong>gs da und dort auch den Ruf von womöglich zweifelhaften Geheim-<br />
bünden e<strong>in</strong>.<br />
Erneut symbolträchtig im Keller des Heimatmuseums, e<strong>in</strong>em ehemaligen Luftschutzraum,<br />
ist die Zeit der Verbote und der Diskrim<strong>in</strong>ierung aller <strong>Loge</strong>n <strong>in</strong> der Nazizeit dokumentiert.<br />
Vor allem der »Erf<strong>in</strong>der der Dolchstoß-Legende«, Erich Ludendorff, polemisierte heftig<br />
gegen die <strong>Loge</strong>n. Und die Hetz-Propaganda der Nazis, Freimaurer strebten geme<strong>in</strong>sam<br />
mit »den Juden« nach der Weltherrschaft, wirke bis heute nach und habe dazu geführt,<br />
dass die Orden sich nach ihrem Verbot und ihrer Auflösung <strong>in</strong> den dreißiger Jahren noch<br />
immer nicht vollständig hätten erholen können, so Werner Zey von der Freimaurerloge<br />
und Wolfgang-Peter Triebs vom Druidenorden.<br />
Fragen nach dem S<strong>in</strong>n<br />
Auf der anderen Seite beobachtet Zey e<strong>in</strong> neuerd<strong>in</strong>gs wachsendes Interesse jüngerer<br />
Menschen an den Orden und <strong>Loge</strong>n. Er führt dies darauf zurück, dass heute wieder vermehrt<br />
»der S<strong>in</strong>n des Lebens« gesucht und nachgefragt werde. Positiv sehen auch die
Freimaurer<strong>in</strong>nen Helga Widmann und Barbara Thom-Kohlross <strong>in</strong> die <strong>Loge</strong>n-Zukunft, denn<br />
es gebe <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> mittlerweile »ziemlich flächendeckendes« Netz weiblicher Lo-<br />
gen, <strong>in</strong> denen zwar »selbstbewusst und stark, aber nicht fem<strong>in</strong>istisch« (Widmann) gearbeitet<br />
werde.<br />
Festliches Gefüge<br />
Solche Vernetzung, auch europa- und weltweit, kennzeichnet ebenfalls die Orientierung<br />
und das Selbstverständnis der <strong>Loge</strong>n, deren Mitglieder »h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> die Welt« zu anderen<br />
<strong>Loge</strong>n und deren Meistern ziehen, sobald sie den Gesellen-Status erreicht haben. Alle diese<br />
sozialen, <strong>in</strong>tellektuellen und gesellschaftlichen Tätigkeiten, die Arbeit an sich selbst<br />
und nach außen, s<strong>in</strong>d begleitet von festen Ritualen, die zwar teilweise auf die <strong>in</strong>zwischen<br />
eher als überholt angesehenen Grunde<strong>in</strong>stellungen des 19. Jahrhunderts zurückg<strong>in</strong>gen,<br />
so Zey, der Geme<strong>in</strong>schaft und ihrem Wirken andererseits jedoch e<strong>in</strong> festigendes und si-<br />
cheres, durchaus auch e<strong>in</strong> gewollt festliches Gefüge geben. Auch darüber <strong>in</strong>formiert die<br />
Ausstellung, die noch bis 13. November zu sehen ist.<br />
(GEA)<br />
Satz: spo-26.9.2011