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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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bestenfalls angedeutet werden. Andererseits aber ist es scheußlich, keineswegs heilsame<br />

Askese, sondern peinigend, wenn sich das Wort zurückhalten muß, in einer Hörszene den<br />

ganzen Vorgang, das ganze Bild auszudrücken. Wir müssen min<strong>des</strong>tens einmal<br />

imaginativ, durch das Wort, das Innere <strong>des</strong> Flugzeugs »gesehen« haben, dann darf<br />

vielleicht – vielleicht! – ein sehr leises Motorensurren uns daran erinnern, daß die<br />

Imagination während der weiteren hörbaren Vorgänge immer noch gilt, daß wir uns immer<br />

noch im Flugzeug befinden.<br />

Die fast visionäre Welt, die durch die Suggestionskraft der Sprache in uns ersteht, ist<br />

zwingend <strong>und</strong> stark, sie ist allerdings auch höchst feinkörnig <strong>und</strong> verletzbar. Daten der<br />

äußeren Wirklichkeit – das gilt für photographierte Geräusche wie für photographierte<br />

Bilder – können uns niemals so bis ins Innerste durchdringen, wie diese<br />

Sprach»visionen«, aber die äußeren Daten sind gleichwohl kompakter <strong>und</strong> robuster.<br />

Darum geschieht es stets auf Kosten der imaginären Anschauung, wenn Sprache <strong>und</strong><br />

äußere Realität künstlerisch nebeneinander verwendet werden <strong>und</strong> miteinander<br />

konkurrieren; immer ist bei solcher Kombination der Verlust bei der Sprache.<br />

Jeder Sachverständige weiß, wie weit z. B. in Film <strong>und</strong> Fernsehen wegen der<br />

photographierten Bildrealität das Wort sich freiwillig an Macht <strong>und</strong> Umfang reduzieren<br />

lassen muß, will es nicht töricht <strong>und</strong> geschwätzig wirken: das geht bis zur sprachlichen<br />

Banalisierung. Aber man muß nicht einmal sachverständig, muß nur als Hörer ein wenig<br />

feinfühlig sein, um h<strong>und</strong>ertmal erlebt zu haben, wie die Anwendung von grob-realem<br />

Lärm, von Schritten <strong>und</strong> klappenden Türen im Hörspiel als scheußliche Stilwidrigkeit wirkt,<br />

weil damit materielle Wirklichkeit das höchst empfindliche Gewebe der<br />

Phantasiewirklichkeit schmerzhaft zerreißt.<br />

Hier ergibt sich eine Reihe von handfesten Erfahrungssätzen, die alles, was gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

bereits gesagt worden ist, nachdrücklich bestätigen, <strong>und</strong> die immer wieder die gleiche<br />

f<strong>und</strong>amentale Einsicht in Anspruch <strong>und</strong> Wirkung der Sprache ver<strong>mittel</strong>n:<br />

Dem bei Dilettanten <strong>und</strong> schlechten Hörspielschreibern so beliebten Begriff<br />

»Geräuschkulisse« entspricht nichts oder nur äußerst wenig künstlerisch Brauchbares. Im<br />

Gr<strong>und</strong>e ist ihre Anwendung auf realistische Hörspiele beschränkt, auf solche also, die<br />

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