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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Im Gegensatz zu Dürrenmatt, der es zum Programm erhebt, daß im Theater Raum »zum<br />

Wort hin« gedichtet wird, fühlt sich Ionesco durch die im Raum manifestierte Wirklichkeit<br />

in <strong>seiner</strong> Phantasiewirklichkeit verwirrt. Allerdings sieht er eines nicht, was Musil sofort<br />

erkannt hat: die manifeste Wirklichkeit kann nur neutralisiert werden, wenn sich der<br />

Dichter Souveränität über den Zeitablauf anmaßt <strong>und</strong> so die starre Kontinuität von daher<br />

vernichtet. In diesem Sinne heißt »unzeitliches Drama« bei Musil natürlich nicht: Drama,<br />

in dem die Kategorie der Zeit keine Rolle spielt, sondern im Gegenteil: die Kategorie der<br />

Zeit spielt die erste Rolle, insofern der Dichter gerade mit ihr experimentiert, sie<br />

unchronologisch verwendet, das Hin- <strong>und</strong> Her- <strong>und</strong> Vor- <strong>und</strong> Zurückspringen zum Prinzip<br />

erhebt. Wenn man die Zeitkontinuität so negiert, die Zeit so zum eigentlichen Gegenstand<br />

erhebt, zerfällt stets auch die gegenständliche Realität <strong>des</strong> Bühnenraums <strong>und</strong> die<br />

Leibhaftigkeit der Figuren, die auf der Bühne agieren: ein Phantasietheater anstelle eines<br />

realen entsteht. Musil hätte vielleicht deutlicher nicht von einem »unzeitlichen«, sondern<br />

von einem »antichronologischen«, »unräumlichen«, »nicht-illusionären« Drama<br />

gesprochen. So wie Dürrenmatt, der weniger literarisch als theatralisch denkt, <strong>und</strong> der der<br />

vollblütigere, machtbewußtere, theaterfreudigere Dramatiker ist, vom verräumlichten Wort<br />

spricht.<br />

Wir sind dem Problem <strong>des</strong> Zeitablaufs, <strong>des</strong> Hindurchstoßens durch den Zeitstrom, <strong>des</strong><br />

Festhaltens der Minute im Verrinnen zum ersten Mal im Zusammenhang mit Schäfers<br />

Malmgreen <strong>und</strong> den frühen Features begegnet. Doch auch die Hörspiel<strong>theorie</strong> hat uns<br />

mehrmals darauf hingewiesen. Sogar bei der Theorie der Geräusche stellt sich plötzlich<br />

heraus, daß diejenigen brauchbarer sind, die eine Affinität zur Zeit statt einer Affinität zum<br />

Raum haben. Vor allem aber hat sich die Bedeutung der Eindimensionalität <strong>des</strong> Hörraums<br />

erwiesen.<br />

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